Bankrecht

Angemessene Barabfindung nach Ausschluss von Minderheitsaktionären

Aktenzeichen  31 Wx 122/16

Datum:
30.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 58052
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
SpruchG § 6, § 7 Abs. 7 S. 1, § 8, § 9 Nr. 1, § 15 Abs. 1
AktG § 305, § 327a, § 327 b Abs. 1 S. 1
ZPO § 287 Abs. 2
BGB § 558, § 738 Abs. 2
GNotKG § 74 S. 1

 

Leitsatz

Auf der Grundlage der Ertragswertmethode, die auf Prognosen und Schätzungen beruht, kann es einen exakten stichtagsbezogen, richtigen Wert eines Unternehmens nicht geben (vgl. BGHZ 207, 114, Rn. 36) und deshalb muss eine gewisse Bandbreite von Werten angemessen sein (vgl. OLG Frankfurt, AG 2012, 330). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 2) bis 5), 17), 20), 21), 23), 26), 27), 29), 30), 35), 49), 55) bis 59), 70) bis 77), 80), 87) und 93) sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 29, 30, 70 bis 77 und 86 werden zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Auslagenerstattung findet nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren in zweiter Instanz sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu zahlende Vergütung wird auf € 1.083.965,25 festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die angemessene Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre (§ 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG).
Die Antragsteller waren Aktionäre der … (im Folgenden: die Gesellschaft), die über ein in 54.600.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien aufgeteiltes Grundkapital von € 54,6 Mio. verfügte und sich satzungsgemäß vornehmlich mit der Errichtung, Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen befasste. Ein von der … geführtes Konsortium erwarb im Jahr 2013 die mehr als 90%-ige Beteiligung der … an der … zu einem Kaufpreis von rund € 2,453 Mrd.; der Nettokaufpreis unter Abzug der auf das Aktienpaket entfallenden anteiligen Verbindlichkeiten belief sich auf € 882 Mio.. Am 19.06.2013 veröffentlichte die Gesellschaft eine Mitteilung, wonach der Antragsgegnerin unmittelbar und mittelbar mehr als 95% des Grundkapitals der Gesellschaft gehörten und sie ein förmliches Verlangen nach § 327 a AktG gestellt hätte. Die Aktien der Gesellschaft wurden im Freiverkehr an den deutschen Börsenplätzen in München, Stuttgart und Berlin gehandelt.
Am 28.11.2013 verfügte die Antragsgegnerin über rund 96,95% (52.932.375 Aktien unmittelbar oder mittelbar) des Grundkapitals.
Die Hauptversammlung beschloss am 28.11.2013, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen die Gewährung einer Barabfindung von € 21,32 je Aktie auf die Antragsgegnerin, damals noch firmierend unter … zu übertragen. Der Beschluss wurde am 05.03.2014 in das Handelsregister der Gesellschaft eingetragen und am 06.03.2014 bekannt gemacht.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftragte … Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 7.10.2013 (Anlage 3 zum Übertragungsbericht vom 9.10.2013 (Anlage AG 2)) unter Anwendung der Ertragswertmethode einen Unternehmenswert von € 1,012704 Mrd. oder € 18,55 je Aktie.
Dabei ging sie von einer Detailplanungsphase 2013 bis 2016 aus und bildete für die Zeit von 2017 bis einschließlich 2112 eine Grobplanungsphase mit den sich aus der fortbestehenden Mietpreisbindung, dem Ablauf von Erbbaurechten sowie vertraglich fixierten Darlehensverträgen ergebenden Auswirkungen und anschließend die ewige Rente ab. Sie setzte bei der Kapitalisierung der künftigen Überschüsse den Basiszinssatz mit 2,75% vor Steuern an, den Risikozuschlag jeweils nach Steuern mit 4,6% für 2013, 4,51% für 2014, 4,72% für 2015 und 5,13% für 2016 sowie mit 4,99% für die Jahre ab 2017 und 4,8% für die Jahre ab 2112 (jeweils aus Marktrisikoprämie von 5,5% und einem unverschuldeten Beta von 0,44; verschuldet für 2013 0,84, 2014 0,82, 2015 0,86, 2016 0,93, 2017-2111 0,91, 2112 ff. 0,87), wobei ab 2112 ein Wachstumsabschlag von 1,5% berücksichtigt wurde. Zudem setzte sie Sonderwerte in Höhe von 50.000,- € (Beteiligungen), und € 815.000,- (Steuerersparnisse aus steuerlichem Einlagenkonto) an.
Die Bewerterin ermittelte auf der Basis der Information des Finanzinformationsdienstleisters Bloomberg einen durchschnittlichen Börsenkurs in den 3 Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme am 19.06.2013 von € 21,32 je Aktie.
Die gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin billigte im Prüfbericht vom 10.10.2013 (Anlage AG 3) den von der Bewerterin ermittelten Unternehmenswert und hielt die festgelegte Barabfindung von € 21,32 nach dem höheren durchschnittlichen Börsenkurs für angemessen.
98 Antragsteller haben die festgelegte Barabfindung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung einer über 21,32 € hinausgehenden angemessenen Barabfindung verlangt.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2015 und vom 28.05.2014 die Mitarbeiter der gerichtlich bestellten Abfindungsprüferin, Herrn … und Herrn …, angehört und weitere schriftliche ergänzende Stellungnahmen eingeholt. Insofern wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen (Bl. 338/370, 439/466 d. A.), sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 16.04.2015 (Bl. 377/387 d. A.) und vom 29.06.2015 (Bl. 470/489 d. A.) der Abfindungsprüferin.
Mit Beschluss vom 20.11.2015 hat das Landgericht die an die ehemaligen Aktionäre der Gesellschaft zu leistende Barabfindung auf € 21,97 je Aktie erhöht. Dabei folgte das Landgericht der Bewertung nach der Ertragswertmethode durch die Bewerterin und die Abfindungsprüferin, senkte aber den Diskontsatz durch Reduzierung der Marktrisikoprämie von 5,5% auf 5,0% ab. Der Börsenwert sei richtig ermittelt worden. Der Umstand, dass der festgelegte Abfindungsbetrag von € 21,32 weniger als 5% unter dem nach der Ertragswertmethode festgestellten Wert € 21,97 liege, führe nicht dazu, den Börsenwert für den angemessenen zu halten. Bezugspunkt für die Frage, ob nach der sog. Bagatellrechtsprechung eine Abweichung noch innerhalb der Bandbreite richtiger und angemessener Abfindungswerte liege, könne nur der nach derselben Methode ermittelte Wert sein.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Antragsteller zu 2) bis 5), 17), 20), 21), 23), 26), 27), 29), 30), 35), 49), 55) bis 59), 70) bis 77), 80), 87) und 93). Auch die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt. Die Antragsteller zu 29, 30, 70 bis 77 und 86 haben Anschlussbeschwerde eingelegt.
Die beschwerdeführenden Antragsteller wiederholen und vertiefen im Wesentlichen die bereits erstinstanzlich erhobenen Rügen gegen die Bewertung. Sie greifen die Planannahmen und Diskontsatz hinsichtlich des angesetzten Basiszinssatzes, der Marktrisikoprämie und des Betafaktors (jeweils als zu hoch) sowie hinsichtlich des Wachtumsabschlags (als zu niedrig) an. Insgesamt sei eine wesentlich höhere Abfindung festzusetzen.
Die Antragsgegnerin richtet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Herabsetzung der Marktrisikoprämie durch das Landgericht auf 5,0% sowie dagegen, dass das Landgericht die Anwendung der sog. Bagatellrechtsprechung im Fall abgelehnt hat.
Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 31.3.2018 (Bl. 812/821 dA) nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet.
Das Landgericht hat zu Recht eine Barabfindung von € 21,97 je Aktie festgesetzt.
Gemäß § 327a AktG muss den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären eine angemessene Barabfindung gewährt werden. Dabei hat die Entschädigung den „wirklichen“ oder „wahren“ Wert des Anteilseigentums widerzuspiegeln. Wenn die Abfindung nicht nach dem Anteilswert, der in der Regel dem Börsenwert der gehaltenen Aktien zu entnehmen ist, bestimmt wird, ist der Anteil des Minderheitsaktionärs am Unternehmenswert zugrunde zu legen. Der Unternehmenswert ist dabei im Wege einer Schätzung zu ermitteln, vgl. § 738 Abs. 2 BGB; § 287 Abs. 2 ZPO; zu dieser Schätzung ist bei einem werbenden Unternehmen die Ertragswertmethode eine grundsätzlich geeignete Methode (BGHZ 147, 108, 116 Rn. 21 nach juris; BGHZ 207, 114 Rn. 33).
1. Entgegen der beschwerdeseits geäußerten Auffassung musste der Unternehmenswert weder nach dem Liquidationswert noch nach dem Net-Asset-Value-Ansatz ermittelt werden.
Zur Schätzung des Unternehmenswert ist bei einem werbenden Unternehmen die Ertragswertmethode eine grundsätzlich geeignete Methode (BGHZ 207, 114-135, Rn. 33). Das schließt nicht aus, nach den konkreten Umständen des einzelnen Falles eine andere Methode zur Schätzung des Unternehmenswertes anzuwenden, beispielsweise ihn durch eine marktorientierte Methode nach dem Börsenwert des Unternehmens zu bestimmen, den Unternehmenswert mittels dem der Ertragswertmethode ähnlichen Discounted-Cash-Flow-Verfahren zu ermitteln oder etwa in besonderen Fällen nach dem Liquidationswert (BGH a.a.O.) Entscheidend ist, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist (BGH, a.a.O.)
Das hier gewählte Ertragswertverfahren ist eine anerkannte geeignete Methode, den Unternehmenswert von werbenden Unternehmen zu ermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2015 – II ZB 23/14, BGHZ 207, 114-135, Rn. 33). Dass ein Abstellen auf den Liquidationswert oder den Net-Asset-Value den Wert der zu bewertenden Unternehmen deutlich besser abbilden würde, ist nicht ersichtlich.
Der Liquidationswert kommt grundsätzlich bei Unternehmen in der Abwicklung oder solchen, die langfristig nur negative Einkünfte erzielen, in Betracht. Um ein solches Unternehmen handelt es sich hier nicht. Zudem hat eine Bewertung des Liquidationswerts durch die Bewerterin stattgefunden (S. 62 – 67 des Bewertungsgutachtens), jedoch ergeben, dass der Wert je Aktie mit € 15,85 unter demjenigen nach der Ertragswert lag.
Der Net-Asset-Value-Ansatz kann als ein geeigneter Ansatz bei Unternehmen in Betracht kommen, deren Hauptgeschäftsfeld die Vermögensverwaltung ist. Das kann auf Immobilienunternehmen zutreffen, insbesondere dann, wenn das Investmentgeschäft stärker in den Vordergrund rückt als das operative (vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschluss vom 08. September 2016 – 21 W 36/15 -, Rn. 29-36). Selbst dann ist aber der Net-Asset-Value-Ansatz nicht zwingend heranzuziehen.
Auch ist es nicht geboten, zur Bestimmung des „wahren“ Wertes stets jede denkbare Methode der Unternehmensbewertung heranzuziehen oder die Abfindung nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu berechnen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10 – Rn. 23, NJW 2011, 2497 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. August 2016 – I-26 W 17/13 (AktE) -, Rn. 42, juris).
Verfassungsrechtlich geboten sind nur die Auswahl einer im gegebenen Fall geeigneten, aussagekräftigen Methode und die gerichtliche Überprüfbarkeit ihrer Anwendung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 16.05.2012 – 1 BvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – Rn. 18, AG 2012, 625 ff. – „Übernahmerechtliches Squeezeout“). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Ertragswertmethode unzweifelhaft vor. In der Praxis hat sich diese für die Bestimmung der angemessenen Kompensationsleistungen durchgesetzt (BVerfG, Beschluss v. 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94 – Rn. 61 aaO vgl. auch BGHZ 207 a.a.O.); zudem findet sie regelmäßig Anwendung in Bezug auf Immobilien, die zur Ertragserzielung durch Vermietung und Verpachtung bestimmt sind, da hier der Grundstückswert im Wesentlichen durch den nachhaltig erzielbaren Grundstücksertrag bestimmt wird (vgl. Schulte/Leopoldsberger in: Drukarczyk, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. Aufl, S. 509).(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. August 2016 – I-26 W 17/13 (AktE) -, Rn. 42, juris). Anhaltspunkte dafür, dass gleichwohl vorliegend allein eine Bewertung nach dem Net-Asset-Value richtig wäre, bestehen nicht. Schließlich haben auch die Mitarbeiter der sachverständigen Prüferin überschlägig geschätzt, dass nach dem Net-Asset-Value sich kein höhrerer Unternehmenswert errechnen würde. Dem Vorwurf, die dabei genannten Verbindlichkeiten von 1, 5 Milliarden (Beschluss Seite 106) seien überhöht, muss aber nicht weiter nachgegangen werden, da eine Bewertung nach dieser Methode nicht erfolgen musste.
2. Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, die Planungsannahmen zu korrigieren, die der Prognose der künftigen Erträgen zugrunde gelegt wurden.
a) Anhaltspunkte für eine von einigen Antragstellern und dem gemeinsamen Vertreter der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre behauptete anlassbezogene Planung haben die Mitarbeiter der sachverständigen Prüferin nicht gesehen und auch das Landgericht nicht angenommen. Beschwerdeführende Antragsteller und gemeinsamer Vertreter begründen die Anlassbezogenheit damit, dass der Vorstand die Planung zu einem Zeitpunkt erstellte, als das Übertragungsverlangen der Antragsgegnerin längst bekannt war, und dabei gravierend von dem Geschäftsverhalten der Vergangenheit abwich. Denn in der Vergangenheit hätten Erlöse aus der planmäßigen regelmäßigen Veräußerung von Immobilien erheblich zur Steigerung der Jahresergebnisse (über ca. 20 – 35% zum EBIT) beigetragen. Dieses seit vielen Jahren erfolgreich gepflogene aktive Portfoliomanagement mit regelmäßigen Erwerben und Verkäufen sei nach der neuen Planung ab 2016 eingestellt worden. Dies sei mit nun geplanten außergewöhnlich umfangreichen Veräußerungen in 2013 – 2015 begründet worden und damit, dass deren Fortführung an die Substanz des Unternehmens gegangen wäre. Für diesen rein strategischen außergewöhnlichen Abverkauf hätte es aber keinen sachlichen Grund gegeben. Vielmehr sei mit dieser Planung letztlich strategisch nur die Reduzierung des Unternehmenswertes bezweckt worden. Es hätten deshalb in eine plausible Planung auch Verkaufserlöse in der ewigen Rente berücksichtigt werden müssen.
Das Landgericht hat diese Vorwürfe und Einwendungen ausführlich geprüft und ist nach Anhörung der Mitarbeiter der sachverständigen Prüferin zum überzeugenden Ergebnis gelangt, dass keine anlassbezogene Planung vorliegt und insbesondere auch aus der strategischen Entscheidung eines starken Objektverkaufs in den Jahren 2013 bis 2015 nicht auf eine anlassbezogene, das Ergebnis zu Lasten der Minderheitsaktionäre verschiebende Anlassplanung bzw. -bewirtschaftung geschlossen werden kann. Auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts (Beschluss Seite 35 – 39) wird insofern zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen. Auch der Umstand, dass der geplante Verkauf vieler Objekte in den Jahren 2013 bis 2015 realisiert wurde, zeigt, dass es sich nicht nur um vorgeschobene Pläne handelte, um die künftigen Erträge zu reduzieren. Soweit aber im Übrigen diese Verkäufe – in Planung und Realität – bewirken, dass später diese Objekte für die Grundlage von Verkaufserlösen nicht mehr zur Verfügung stehen, handelt es sich um Konsequenzen strategischer unternehmerischer Entscheidungen, deren Beurteilung nicht Gegenstand der Prüfung einer angemessenen Entschädigung im Spruchverfahren ist.
b) Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung der Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheitsanalyse vorzunehmen ist. Die Planung ist in erster Linie Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar, ob sie auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen beruht, plausibel, konsistent und nicht widersprüchlich sowie rechnerisch richtig ist. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere – letztlich ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (BVerfG, ZIP 2012, 1656 Rn. 30; OLG München ZIP 2009, 2339, 2340). Dies gilt selbst dann, wenn nach Einschätzung eines sachverständigen Bewerters eine Ertragsplanung plausibler erscheint als die herangezogene, welche ihrerseits aber auch plausibel ist.
c) Korrekturen waren mit Rücksicht auf die Planungsprärogative der Gesellschaft nicht veranlasst, weil die Planannahmen nicht unplausibel sind.
aa) Der Einwand, die Vergangenheitsanalyse sei zur Plausibilisierung der Planung hier ungeeignet, weil die Gesellschaft zum Stichtag mit der Gesellschaft, für die die Vergangenheitsanalyse durchgeführt wurde, nicht mehr identisch gewesen sei, überzeugt nicht. Es entspricht den Standards der Ertragswertmethode, dass die den prognostizierten Erträgen zugrundegelegten Planannahmen anhand einer Vergangenheitsanalyse plausibilisiert wird (WP Handbuch 2014 II A Rn. 231, 247). Der Umstand, dass sich ein Unternehmen in seiner Ausrichtung oder Strategie verändert, wie hier antragstellerseits behauptet, führt nicht per se dazu, dass die Plausibilisierung anhand einer Vergangenheitsanalyse entfällt. Vielmehr ist ein solcher Wechsel bei der Plausibilisierung zu berücksichtigen.
Die Antragsteller bringen vor, mit dem Ausscheiden des Freistaats Bayern als mittelbarer Hauptaktionär im April 2013 sei die ehemals sozial ausgerichtete Gesellschaft in ein marktwirtschaftliches Unternehmen transformiert worden. Damit sei die Ertragslage nun nicht mehr wie in der Vergangenheit wegen der Sozialversicherung der Hauptaktionär von geringen Mieterhöhungen, wenig Verkäufen und leicht planbarer Konstanz geprägt.
Die Planannahmen in der Bewertung haben dem aber auch nach Auffassung des Senats hinreichend Rechnung getragen. Es werden darin nicht schlicht die Vergangenheitswerte fortgeschrieben. Vielmehr wird beispielsweise, was die Antragsteller andernorts auch rügen, mit wesentlich höheren Verkäufen in den Jahren 2013 bis 2015 geplant und in den nachfolgenden Jahren und im Terminal Value mit nur noch geringen Erträgen aus Verkäufen. Auch bei den Möglichkeiten der Mieterhöhungen und Steigerungen geht die Planung zwar nicht an die Maximalwerte, sieht aber doch Steigerungen und Erhöhungen in einem für ein marktwirtschaftlich geführtes Unternehmen typischen Umfang vor. Das bestätigt auch die externe Plausibilisierung durch Vergleich mit Unternehmen der Peer Group. Dass diese nicht in jeder Hinsicht vollumfänglich vergleichbar sind, zB ihr Immobilienportfolio sich in abweichender Quote in Gewerbe- und Wohnimmobilien aufteilt oder die Standorte andere sind, kann nicht pauschal entgegengehalten werden, weil die Vergleichbarkeit ausreicht, um jedenfalls verwertbare Trends heranziehen zu können.
bb) Die beschwerdeführenden Antragsteller rügen, die Ertragsplanung habe das erhebliche Potenzial der Gesellschaft nicht hinreichend berücksichtigt, dabei die Steigerungsmöglichkeiten der Sollmieten zu gering und die Leerstandsquoten zu hoch angesetzt. Auch die Grobplanungsphase bis 2112 verzerre die Planung der potenziellen Erträge nach unten. Bei den Planannahmen sei die Marktposition der Gesellschaft als eines der größten bayerischen Wohnungsunternehmen nicht hinreichend berücksichtigt worden einschließlich des erheblichen Potenzials des Immobilienportfolios. Ebenso wenig das schon zum Stichtag vorliegende stete Bevölkerungswachstum und die Möglichkeit von Wohnraumförderung sowie insbesondere in der Landeshauptstadt München Verdichtungs- und Aufstockungsmöglichkeiten bestehender Mietgebäude sowie die Wohnungsknappheit. Realitätsfremd unterstelle die Planung bei den Umsätzen den Fortbestand der Mietverhältnisse über einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren, ohne Mieterwechsel und damit die Möglichkeit einer Mieterhöhung außerhalb der Grenze des § 558 BGB einzukalkulieren. Diese Möglichkeit sei noch dadurch verstärkt, dass die Immobilien vornehmlich in den bayrischen Ballungszentren liegen, in denen mit hohem Mieterwechsel gerechnet werden müsse. Es werde unterstellt, dass das Umsatzpotenzial weder durch Mieterhöhungen noch durch Modernisierungsumlagen voll ausgeschöpft werde. Mietpreisbindungen werden in der Planung bis 2112 zugrunde gelegt, solange sei keine durchschnittliche Lebenserwartung eines Mieters. Die Leerstandsquoten lägen unrealistisch über den Quoten der vergangenen Jahre und dem Durchschnitt der Mietobjekte in Bayern. Die unterstellte Mietpreisbremse funktioniere nicht ohne vorhandenen Mietspiegel, wie etwa in Städten Würzburg und Freising. Die Steigerung der Sollmieten sei deshalb mit 2,7% viel zu gering geplant; allein im Ballungsraum München müsse der Wert viele höher liegen, aber auch in starken Ballungsräumen wie Nürnberg-Fürth-Erlangen sowie Regensburg. Diese zu niedrige Rate könne auch nicht mit den pauschalen Steigerungsraten anderer Immobilienunternehmen, die schon aufgrund des vorgehaltenen Immobiliarvermögens mit hohem gewerblichem Anteil in nicht annähernd vergleichbaren Wachstumsgebieten (außerhalb Bayerns) nicht vergleichbar seien, gerechtfertigt werden.
All diese Rügen hat das Landgericht bereits umfassend behandelt, in der mündlichen Verhandlung auch mit den Mitarbeitern der sachverständigen Prüferin eingehend erörtert und mit ausführlichen zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Hierauf wird zunächst vollumfänglich Bezug genommen. Die Bewertung berücksichtigt durchaus das Potenzial der Gesellschaft mit Immobilienbestand in starken Regionen. Für den Ballungsraum München wird etwa mit einer Steigung der Sollmieten um durchschnittlich 4,0% geplant. Die Objekte der befinden sich auch nicht alle in den bevölkerungsstarken Ballungszentren. Der Gesamtdurchschnitt von 2,7% liegt deutlich über den Mietsteigerungsraten, die das Bayerische Landesamt für Statistik für die Jahre 2013 bis 2015 veröffentlicht hat und die zwischen 1,2% und 1,4% lagen. Die Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Mieterverein …, auf die sich manche Antragsteller beziehen, wurde nach dem Stichtag geschlossen und konnte schon deshalb nicht berücksichtigt werden. Zudem sind dort Höchstgrenzen für einzelne Mieterhöhungen geregelt, die die pauschale Planungsrechnung nicht in Zweifel ziehen können. Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Mietpreisbremse, die zum Stichtag noch nicht als Gesetz verabschiedet war, nicht berücksichtigt wurde. Bevölkerungsentwicklung und Verdichtungs- oder Aufstockungsmöglichkeiten sind hinreichend realistisch zugrunde gelegt worden. Der große Zuzug von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 konnte und musste nicht von Bewerterin und Prüferin vorhergesehen werden. Mieterhöhungsmaßnahmen wurden mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse bei der Gesellschaft hinreichend eingeplant. Insofern ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Planung keine volle Ausschöpfung aller Mietsteigerungsmaßnahmen durch Erhöhungen und Modernisierungsmaßnahmen zugrunde gelegt hat. Es ist nicht unplausibel, dass ein Unternehmen am Markt nicht alle Erlösmaximierungsmöglichkeiten auszuschöpfen vermag; vielmehr ist das eine durchaus realistische Annahme. Die Grobplanungsphase kalkuliert auch nicht mit einer Lebensdauer von heutigen Mietern bis 2112, sondern nimmt insofern im Rahmen der Ertragswertmethode übliche und zulässige Pauschalierungen vor, in welche Mieterwechsel integriert sind. Auch bewegt sich die durchschnittliche Leerstandsquote am unteren Rand derjenigen vergleichbarer Unternehmen aus der Peer Group und ist damit hinreichend plausibel. Gerade weil die Planung sich insofern am unteren Rand bewegt ist auch die Auswahl der Vergleichsunternehmen mit Immobilienportfolios in anderen deutschen Ballungsräumen wie Berlin und Frankfurt nicht zu beanstanden.
cc) Soweit gerügt wird, die Planung der Erlöse aus dem Verkauf von Einheiten sei nicht nachvollziehbar, weil trotz entsprechenden Antrags die Liste der Immobilien zum Verkauf nicht vorgelegt worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Insofern ist die erfolgte stichprobenartige Prüfung durch die Mitarbeiter der sachverständigen Prüferin nicht zu beanstanden. Hierbei haben sich keine Anhaltspunkte für unrealistisch niedrige Erträge gezeigt.
Auch ist die Annahme nicht unplausibel, dass angesichts der geplanten vielen Objektverkäufe in den Jahren 2013 bis 2015 in der ewigen Rente kein erheblicher Erlösanteil durch Veräußerung von Wohneinheiten geplant wurde. Wie bereits ausgeführt handelt es sich um eine strategische unternehmerische Entscheidung, die nicht im Spruchverfahren zu korrigieren ist.
dd) Ebenso wenig ist die Planung des Personalaufwands unplausibel. Die Planung geht von einem Anstieg des Personalaufwands von 2012 auf 2013 aus, der von 2016 auf 2017 wieder absinkt. Der Umstand, dass die Personalkosten trotz des Abverkaufs vieler Immobilien von 2013 bis 2015 nicht stark sinken, hängt auch mit bereits vereinbarten Lohnerhöhungen in 2013 und mit einer Veränderung der Mitarbeiterstruktur zusammen. Es sollten unterdurchschnittliche Einkommen reduziert und Mitarbeiter im Bereich An- und Verkauf mit überdurchschnittlichen Einkommen aufgebaut und nach dem Abverkauf von Immobilien in der Detailplanungsphase wieder reduziert werden, wie in der Grobplanungsphase und in der ewigen Rente berücksichtigt. Zudem sind viele Mitarbeiter nicht objektbezogen eingesetzt.
ee) Schließlich ist auch die Planung der Steuern nicht unplausibel.
Die Bewerterin und die sachverständige Prüferin sind große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die die Bewertung auch steuerlich unternommen bzw. überprüft und für in Ordnung befunden haben. Dem haben die Antragsteller keine überzeugenden Rügen entgegenhalten können, die zu einer Korrektur der steuerlichen Ansätze Anlass gäben. Hierzu wird zunächst bereits auf die Ausführungen im Beschluss des Landgerichts Bezug genommen. Im Einzelnen ist insofern nur noch das Folgende auszuführen:
Das Steuerergebnis ist aus den Steuerbilanzen abgeleitet. Der Körperschaftssteuersatz knüpft nicht an den IFRS-Abschluss an. Die Abfindungsprüfer haben die Richtigkeit der Planannahmen für die Ertragssteuerbelastung bestätigt.
Die Planung ist nicht hinsichtlich der sog. erweiterten Gewerbesteuerkürzungsmöglichkeit nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz unplausibel. Die Kürzung in der geplanten Höhe war nicht unplausibel. Denn es ist auch zu berücksichtigen, dass die Gewerbeerträge der Gesellschaft auch solche der nicht bestandhaltenden Gesellschaften enthalten.
Erfolglos bleibt auch die Rüge, latente Steuern seien unzulässig abgezogen worden, weil hierdurch stille Reserven auf Bestandsimmobilien ohne entsprechende Veräußerungsabsicht abgegolten worden seien. Das Landgericht hat auf der Basis der eingehenden Erläuterungen der sachverständigen Prüferin in der ergänzenden Stellungnahme vom 29.6.2015 überzeugend dargelegt, dass die Ansätze in der Bewertung methodisch und inhaltlich nicht zu beanstanden sind.
Auch steht die Veräußerungsgewinnbesteuerung nicht in Widerspruch zur § 52 Abs. 10 Satz 1 Einkommensteuergesetz. Der Vorwurf, dass hiermit der atypische Fall entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Leitbild der Typisierung zugrunde gelegt, trifft nicht zu. Es handelt sich um hinreichend typisierende Annahmen. Hierzu wird auf die Ausführungen des Landgerichts (Beschluss, S. 64/66) Bezug genommen.
ff) Die geplanten Thesaurierungs- und Ausschüttungsquoten sind nicht unplausibel, nachdem es sich um marktübliche Quoten handelt, die der historisch beobachtbaren durchschnittlichen Ausschüttungsquote deutscher Unternehmen entsprechen. Für weitere Einzelheiten wird auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug genommen (Beschluss, Seite 63 – 68).
gg) Dem pauschalen Einwand, insgesamt zeige die Entwicklung des Aktienkurses, der zwischen Stichtag und Verkündungstermin des Landgerichts um 257% gestiegen sei, dass die Bewertung viel zu niedrig sei, steht schon das Stichtagsprinzip entgegen.
3. Auch die Rügen der Beschwerden beider Seiten gegen die Diskontierung bleiben erfolglos. Der vom Landgericht herangezogene Kapitalisierungszinssatz ist zur Schätzung des Unternehmenswerts geeignet.
a) Der einheitliche Basiszinssatz von 2,75% vor Steuern ist nicht zu beanstanden.
Als Basiszinssatz ist der aus der Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi-)risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Herleitung aus Zinsstrukturdaten ist eine anerkannte und auch vom Senat für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (vgl. Senat, Beschluss vom 18.2.2014, AG 2014, 453 Rn. 19 nach Juris). Die Rundung auf 1/4-Prozentpunkte ist üblich und zulässig (vgl. OLG Karlsruhe, AG 2015, 549 Rn. 77 nach Juris). Ebenfalls üblich und zulässig ist es, den Basiszinssatz einheitlich für den gesamten Beurteilungszeitraum festzulegen (Senat, NJW-RR 2014, 423, 474).
b) Die vom Landgericht angenommene Marktrisikoprämie von 5,0% (nach persönlichen Steuern) ist nicht zu beanstanden. Die Marktrisikoprämie von 5,0% (nach persönlichen Steuern) bildet für den vorliegenden Stichtag 28.11.2013 das allgemeine Marktrisiko besser ab als eine solche von 5,5%, wie von den Bewerterin und der sachverständigen Prüferin zugrunde gelegt.
Antragstellerseits wird im Wesentlichen eingewandt: Sie hätte wesentlich geringer festgesetzt werden müssen. Man hätte sich an der Stehle-Studie und dem Gutachten … orientieren müssen, die Finanzkrise hätte nicht die Auswirkungen auf die Prämie haben dürfen, die Zahlen des IDW hätten als verfehlt nicht berücksichtigt werden dürfen. Antragsgegnerseits wird im Wesentlichen eingewandt, dass die Marktrisikoprämie vom Landgericht nicht von 5,5% auf 5,0% abgesenkt hätte werden dürfen, nachdem es sich um den Mittelwert der aktuellen Empfehlung des FAUB der IDW handele.
Der Senat hat für einen Stichtag am 6.6.2013 eine Marktrisikoprämie von 5,0% für angemessen gehalten (Senat, Beschluss vom 26.6.2018 – 31 Wx 382/15, BeckRS 2018, 13474, Rn. 95-113). Der Wert bewegt sich innerhalb der Bandbreite der vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW am 12.9.2012 empfohlenen Bandbreite von 5,0% bis 6,0% (nach persönlichen Steuern), wenn auch am unteren Rand. Regelmäßig ist anzunehmen, dass die Bandbreite der Empfehlung des FAUB des IDW als der größten Vereinigung deutscher Wirtschaftsprüfer auch angemessen für die gerichtliche Schätzung eines Unternehmenswerts ist, auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist; es handelt sich weder um Rechtsnormen noch um etwas Ähnliches (BGHZ 207, 114 Rn. 45 nach Juris). Nachdem das Gericht im Spruchverfahren den Auftrag hat, selbst den wahren angemessenen Wert des entzogenen Unternehmensanteils und dementsprechend die Höhe der angemessenen Kompensation zu ermitteln und es insbesondere nicht auf eine reine Vertretbarkeitsprüfung beschränkt ist (vgl. BGHZ 207, 114 Rn. 37 nach Juris), folgt aber umgekehrt aus der regelmäßigen Angemessenheit der FAUBempfohlenen Bandbreite nicht, dass die Annahme des Mittelwerts der FAUBempfohlenen Bandbreite das Marktrisiko ausnahmslos angemessen oder vertretbar abbilde und vom Gericht im Spruchverfahren stets zu akzeptieren sei.
Vorliegend spricht für einen Wert von 5,0% zum einen, dass er auch in der Bandbreite der Werte liegt, die in der Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte für Stichtage in den Jahren 2012/2013 als angemessen angesehen worden sind. Der Senat nahm in anderen Spruchverfahren für den Stichtag 13.8.2012 eine Marktrisikoprämie von 4,5 – 4,75% (Beschluss vom 22.4.2015, 31 Wx 294/14) und für den Stichtag 27.8.2012 eine solche von 4,0% – 5,0% an (Beschluss vom 23.4.2015, 31 Wx 413/14). Das OLG Frankfurt erachtete für einen Stichtag im Dezember 2012 eine Marktrisikoprämie von 5,0% als angemessen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 08. September 2016 – 21 W 36/15 Rn. 60, juris). Der Senat hielt für einen Stichtag am 6.6.2013 eine Marktrisikoprämie von 5,0% für angemessen (Senat, Beschluss vom 26.6.2018 – 31 Wx 382/15, BeckRS 2018, 13474, Rn. 95-113). Für Stichtage im Jahr 2013 haben indes zwischenzeitlich das OLG Frankfurt, (AG 2017, 790 Rn. 73 nach Juris) und OLG Düsseldorf (BeckRS 2018, 15464, Rn 39-43) eine Marktrisikoprämie von 5,5% gebilligt.
Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW hatte für Stichtage ab dem 1.1.2009 eine Bandbreite der Marktrisikoprämie (nach persönlichen Steuern) von 4,0% bis 5,0% empfohlen. Die Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt ist dann mit Empfehlung vom 12.9.2012 erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Erhöhung war die anhaltende Niedrigzinsphase. In den Ergebnisberichten über die Sitzungen der Folgejahre empfahl der FAUB jeweils keine weitere Anhebung. Die Erhöhung der Marktrisikoprämie wegen langanhaltender niedriger Basiszinsen ist in den Wirtschaftswissenschaften und unter den Wirtschaftsprüfern umstritten. Hierzu kann auf die Ausführungen des Landgerichts und die auch im vorliegenden Verfahren von beiden Seiten zitierten Veröffentlichungen und Gerichtsentscheidungen verwiesen werden. Insbesondere die zugrundeliegende Annahme gleichbleibender Gesamtrenditeerwartungen der Kapitalmarktteilnehmer trotz eines erheblich gesunkenen Basiszinses und damit niedrigerer Kreditkosten ist umstritten und bislang weder wirtschaftstheoretisch noch durch fachlich anerkannte empirische Studien geklärt. Vor diesem Hintergrund hält es auch der Senat jedenfalls für einen Stichtag, der erst im Folgejahr der Empfehlungsanpassung liegt, für angebracht, an der unteren Grenze der FAUB-Bandbreite zu bleiben. Zu beachten ist ferner, dass bereits die vorherige Empfehlung des FAUB von 2009 während niedriger Zinsen ausgesprochen worden war und eine Bandbreite von nur 4,0% bis 5,0% angab.
Ein niedrigerer und damit außerhalb der empfohlenen Bandbreite liegender Wert, wie antragstellerseits begehrt, ist allerdings nicht anzunehmen. Es ist methodisch nicht zu beanstanden, sich im Rahmen des § 287 ZPO einerseits an den Empfehlungen des FAUB als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren, innerhalb der Bandbreite aber wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge zurückhaltend zu bleiben.
Entgegen der Auffassung mancher Antragsteller ist aus der Wertung des § 203 Abs. 1 BewG mit einer Marktrisikoprämie von 4,5% der Ansatz einer höheren Marktrisikoprämie nicht
ausgeschlossen, weil die Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren nicht mit der Bewertung nach der Ertragswertmethode gleich gesetzt werden kann.
Eine niedrigere Marktrisikoprämie ist auch weder aus der Stehle-Studie noch aus dem …-Gutachten – wie antragstellerseits gefordert – zur Überzeugung des Senats begründbar, schon weil sie andere Zeiträume betrafen.
c) Der (verschuldete) Betafaktor von 0,44 bedarf keiner Korrektur. Es ist nicht zu beanstanden, dass er aus einer Peer Group ermittelte wurde, weil für ein unternehmenseigenes Beta kein hinreichendes Zahlenmaterial vorliegt. Auch die Peer Group ist nicht zu beanstanden. Die Unternehmen sind, wie auch von der sachverständigen Prüferin bestätigt, durchaus vergleichbar, auch wenn sich einzelne Abweichungen im Portfolio ergeben. Im Durchschnitt ist aber eine ausreichende Vergleichbarkeit vorhanden.
Auch der angenommene Verschuldungsgrad ist nicht deshalb unplausibel, weil bei sinkendem Verschuldungsgrad von 2014 auf 2015 das Beta steige, bei stagnierendem Verschuldungsgrad von 2015 auf 2016 das Beta steige. Dabei wird offenbar die negative Korrelation zwischen Fremdverschuldung und Eigenkapitalrisiko verkannt (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Auf., S. 205 ff.; WP Handbuch Band II 2014 Rn. 371 f.).
Zurückzuweisen ist auch der Einwand, im Squeeze-Out-Verfahren sei die Adjustierung des Betafaktors abzulehnen und es dürfe bei Immobilienunternehmen der Fremdfinanzierung nicht dieser hohe Stellenwert eingeräumt werden. Denn gerade bei Immobilienunternehmen spielt die Fremdfinanzierung eine besonders wichtige Rolle, so dass die Finanzierungsstruktur durchaus auch das Risiko des Eigenkapitalgebers beeinflusst.
d) Auch der Wachstumsabschlag ist nachvollziehbar begründet und als angemessen anzusehen. Weshalb er den Besonderheiten eines Unternehmens, das fast alle Erträge aus längerfristigen Miet- und Nutzungsverträgen mit Erhöhungsmöglichkeiten bezieht, nicht gerecht werde, ist nicht ersichtlich. Denn grundsätzlich stehen steigenden Mieten auch steigende Kosten gegenüber.
e) Auf der Grundlage des durch die auf 5,0% reduzierte Marktrisikoprämie veränderten Kapitalisierungszinssatzes ermittelte das Landgericht einen Wert je Aktie von 21,97 €
(Beschluss S. 91/94) und hat die angemessene Abfindung auf diesen Wert festgesetzt.
4. Das Landgericht musste entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht deshalb von der Erhöhung absehen, weil der im Beschluss vorgesehene Abfindungsbetrag von 21,32 €, der auf der Grundlage des Börsenwertes ermittelt worden war, nur weniger als 5% niedriger als der nun nach der Ertragswertmethode ermittelte höhere Wert. Zu Recht hat das Landgericht eine sog. Bagatellgrenze oder Bandbreite im Vergleich zwischen Ertragswert und Börsenwert abgelehnt, weil sie Werte voraussetzt, die nach derselben Methode oder auf vergleichbarer Grundlage ermittelt wurden.
Zwar vertritt auch der Senat die Auffassung, dass es auf der Grundlage der Ertragswertmethode, die auf Prognosen und Schätzungen beruht, stichtagsbezogen einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens nicht geben kann (vgl. BGHZ 207, 114, Rn. 36), und deshalb eine gewisse Bandbreite von Werten angemessen sein muss (vgl. OLG Frankfurt, AG 2012, 330 Rn. 108 ff.: Abweichung bis zu 5%; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. März 2011 – 21 W 12/11 Rn. 39, juris: Abweichung von knapp 4%; OLG Stuttgart, AG 2011, 205 Rn. 256 nach juris: Abweichung von 5 – 10%; vgl. ferner: OLG Karlsruhe, NZG 2008, 791 Rn. 33; BayObLG NZG 2006, 156 Rn. 21; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06. April 2011 – I-26 W 2/06 (AktE), Rn. 23, juris; Stephan in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl. , § 305 AktG, Rn. 61; Puszkajler, ZIP 2010, 2275, 2279). Auch für den durchschnittlichen umsatzgewichteten Kurs in den 3 Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme auf der Basis der Informationen von anerkannten Finanzinformationsdienstleistern gewonnene Börsenkurs können Unschärfen schon durch die Zahlenermittlung durch unterschiedliche Finanzinformationsdienstleister nicht ausgeschlossen werden.
Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass diese zu vernachlässigende Bandbreite von Abweichungen dann nicht angenommen werden kann, wenn die Werte – wie hier – nicht nach derselben Methode ermittelt wurden. In einem solchen Fall unterschiedlicher Methodik erscheint es angesichts der geschuldeten echten vollen Entschädigung und der Heranziehung des Börsenkurses als Untergrenze nicht sachgerecht, eine Bandbreite von Abweichungen zuzulassen. Denn, wie das Landgericht zutreffend ausführt, wäre der Unternehmenswert nach der Ertragswertmethode so wie vom Landgericht als angemessen erachtet ermittelt worden, wäre ein Rückgriff auf den niedrigeren Börsenwert nicht in Betracht gekommen. Das entspricht auch dem sog. Grundsatz der Methodengleichheit (vgl. z.B. OLG München AG 2007, 701, 705). Demgegenüber überzeugt das Argument der Antragsgegnerin nicht, einer solchen Rechtsprechung würde in der Bewertungspraxis mit einer Bewertung begegnet werden, nach der der höhere Börsenkurs-Wert auch nach der Ertragswertmethode erreicht werde. Der Senat geht davon aus, dass Unternehmensbewertungen lege artis und nicht vornehmlich strategisch erfolgen.
5. Im Übrigen sieht der Senat weder das rechtliche Gehör noch den Amtsermittlungsgrundsatz durch das Landgericht insofern verletzt, als es die Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen mit einer kompletten Neubewertung oder mit der Bewertung einzelner Aspekte unterlassen hat. Hierzu ist das Landgericht nach dem gesetzlichen Konzept des SpruchG nicht verpflichtet gewesen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der gerichtlich bestellte sachverständige Prüfer über identisches Fachwissen wie ein erst im Spruchverfahren gerichtlich bestellter Sachverständiger verfügt und auch entsprechend vergütet wird (vgl. Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. § 8 SpruchG Rn. 9). Er nimmt daher im Rahmen des Spruchverfahrens eine dem Sachverständigen ähnliche bzw. gleichgestellte Rolle ein. Die Befragung des gerichtlich bestellten Prüfers als sachverständigen Zeugen ist dabei der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfall des § 8 Abs. 2 SpruchG, von dem nur abgewichen werden soll, „wenn das Gericht nach seiner freien Überzeugung zu dem Schluss kommt, dass die mündliche Anhörung keine weitere Aufklärung verspricht. Dies wird nur selten der Fall sein.“ (vgl. BT-Drucks. 15/371 vom 29.1.2003, S. 15). Auch betont die Gesetzesbegründung zum SpruchG die herausragende Bedeutung des gerichtlich bestellten Prüfers, indem der Gesetzgeber ihm zutraut, von einem einmal gefundenen Prüfergebnis abzuweichen, wenn sich dieses als nachträglich falsch herausstellen sollte (vgl. BT-Drucks. 15/371 a.a.O.). Das Landgericht hat unter dem Vorsitz eines mit Spruchverfahren ausgesprochen erfahrenen Richters nach zwei Verhandlungstagen, in denen umfangreiche Fragen an die Mitarbeiter der sachverständigen Prüferin gestellt und diese erörtert wurden und ergänzende schriftliche Stellungnahmen eingeholt und erörtert wurden, fortbestehendem Klärungsbedarf bewusst und mit Recht verneint. Auch der Senat sieht keinen weiteren Aufklärungsbedarf.
Zu Recht hat das Landgericht auch die Voraussetzungen für die Anordnung der Vorlage von Unterlagen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Hierauf kann Bezug genommen werden. Der Senat teilt diese Auffassung.
III.
1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin; es besteht kein Anlass, diese ausnahmsweise ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen (§ 15 Abs. 1 SpruchG). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin wird nicht angeordnet. Die Beschwerden der Antragsteller sind erfolglos geblieben. Es erscheint deshalb angemessen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst tragen (§ 15 Abs. 2 SpruchG).
2. Die Festsetzung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren beruht auf § 74 S. 1 GNotKG.
3. Der Gegenstandswert der Vergütung des gemeinsamen Vertreters für das Beschwerdeverfahren folgt gem. § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG dem Gegenstandswert für die Gerichtsgebühren.


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