Bankrecht

Außenhaftung des Kommanditisten auch für gem. § 41 InsO als fällig geltende Forderungen

Aktenzeichen  7 U 3756/17

Datum:
8.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13786
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4
InsO § 41

 

Leitsatz

Der Insolvenzverwalter kann die Außenhaftung des Kommanditisten auch für solche (Gläubiger-) Forderungen geltend machen, die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft als fällig gelten. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

23 O 2423/17 2017-10-05 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 05.10.2017, Aktenzeichen 23 O 2423/17, wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss sowie das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der … mbH & Co. KG [im folgenden: Insolvenzschuldnerin]. Der Beklagte ist Kommanditist der Insolvenzschuldnerin. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückgewähr von Ausschüttungen zur Insolvenzmasse in Anspruch.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 05.10.2017, Az. 23 O 2423/17, der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Klageabweisungsziel vollumfänglich weiter.
Er beantragt:
Das Urteil des Landgerichts München I vom 05.10.2017, hier zugestellt am 11.10.2017, Az. 23 O 2423/17 wird aufgehoben und abgeändert wie folgt:
„Die Klage wird abgewiesen.“
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 15.03.2018 dargelegt, warum er die Berufung des Beklagten für nicht begründet erachtet. Dem Beklagten wurde hierzu Frist zur Stellungnahme bis 18.04.2018, die bis 02.05.2018 verlängert wurde, gesetzt. Der Beklagtenvertreter hat mit Schriftsatz vom 02.05.2018 Stellung genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 05.10.2017, Aktenzeichen 23 O 2423/17, ist durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg im Sinne der genannten Vorschrift hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern. Eine mündliche Verhandlung ist insbesondere auch nicht deshalb geboten, weil die Rechtsverfolgung für den Berufungsführer existentielle Bedeutung hat oder weil das Urteil erster Instanz zwar im Ergebnis richtig, aber unzutreffend begründet ist.
Auf den Hinweis des Senats vom 15.03.2018 wird Bezug genommen. Aus den dort näher ausgeführten Gründen, in denen auch insbesondere auf das Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen eingegangen wird, sieht der Senat die Berufung als nicht begründet an. Die in der Stellungnahme des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 02.05.2018 hiergegen erhobenen Einwände geben zu keiner von der im Hinweis geäußerten Rechtsansicht abweichenden Beurteilung Anlass. Lediglich ergänzend ist folgendes anzumerken.
1. Die in der Verfügung der Vorsitzenden des 9. Zivilsenats des OLG Celle vom 17.04.2018 geäußerte Rechtsmeinung zu den Folgen der angezeigten Masseunzulänglichkeit wird vom Senat aus den im Hinweis vom 15.03.2018 dargelegten Gründen und unter Bezugnahme auf die dort genannten Fundstellen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur nicht geteilt (ergänzend sei auf Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 75. Lieferung 03.2018, Rdnr. 1 zu § 208 InsO, Landfermann in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Auflage, 2016, Rdnr. 17 zu § 208 InsO sowie Ries in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, Rdnr. 35 zu § 208 InsO verwiesen) und ist nicht nachvollziehbar. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob eine Rückkehr zur „Regelinsolvenz“ zu erwarten ist. Eine Veranlassung, mündlich zu verhandeln und gegebenenfalls die Revision zuzulassen, besteht insoweit allein schon deshalb nicht, da die Verfügung vom 17.04.2018 keine abschließende Entscheidung darstellt, von der das Gericht abweichen würde, und deshalb nach wie vor kein Zulassungsgrund i.S.d. § 543 ZPO vorliegt.
2. Die Klageforderung ist auch substantiiert. Insbesondere entspricht sie den Anforderungen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 20.2.2018 (Az. II ZR 272/16). Hiernach genügt es zur substantiierten Darlegung einer Forderung, wenn sich der Insolvenzverwalter auf die Insolvenztabelle bezieht. Dies hat der Kläger vorliegend mit Anlage K 2 getan. Die vorgelegte Insolvenztabelle entspricht den gesetzlichen Anforderungen (§§ 174, 175 InsO); sie sieht nicht anders aus als die vielen Insolvenztabellen, die der Senat bereits gesehen hat. Damit war insolvenzrechtlich eine weitere Substantiierung der Forderungen nicht erforderlich. Da sich der Kläger nach der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Tabelle beziehen darf, musste er auch im laufenden Verfahren keine weitere Substantiierung vornehmen.
Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im streitgegenständlichen Prozess hat der Senat im Hinweis vom 15.03.2018 unter Punkt II.2.a im Einzelnen dargelegt. Dabei hat es auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 02.05.2018 sein Bewenden. Die vom Beklagten aus dem Urteil des OLG Schleswig vom 07.09.2016, Az. 9 U 9/16 sowie dem Urteil des BGH vom 17.04.2012, Az. II ZR 95/10, Rdnr. 48 herausgelesene Verpflichtung des Klägers, „am Tag der mündlichen Verhandlung die weiterhin bestehenden Gläubigerforderungen (Masseunterdeckung) zu berichten“, vermag der Senat den genannten Entscheidungen nicht zu entnehmen, sodass insoweit auch keine Abweichung vorliegt.
3. Der Beklagte haftet auch für Insolvenzforderungen, die nach § 41 InsO als fällig gelten. Entgegen der Auffassung der Berufung ist dies nicht zweifelhaft.
Die vom Beklagten zum Beleg seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 04.02.2013, Az. 1 U 168/12) befasst sich nicht mit der Haftung des Kommanditisten, sondern mit der Haftung des Bürgen. Dort ist (a.a.O. Rz. 21) zu § 41 InsO ausgeführt, dass die Vorschrift nur das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -gläubiger, nicht aber zu Dritten regelt, weil sie auf die Förderung der insolvenzrechtlichen Schuldenbereinigung gerichtet ist. Der Beklagte ist vorliegend nicht „Dritter“ wie ein Bürge, sondern Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin; seine Inanspruchnahme dient gerade der insolvenzrechtlichen Schuldenbereinigung. Damit widerspricht die Entscheidung des OLG Karlsruhe nicht der vom Senat vertretenen Auffassung, sondern stützt sie gerade.
Nicht nachvollziehbar ist die Berufung des Beklagten auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2012 (Az. IX ZR 169/11). Die Entscheidung befasst sich mit Lösungsklauseln bei Dauerschuldverhältnissen, die an die Insolvenzeröffnung anknüpfen, und nicht mit der Kommanditistenhaftung; ein Kommanditist trat im dortigen Sachverhalt nicht in Erscheinung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt. Er entspricht der bezifferten Hauptsacheforderung.


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