Bankrecht

Berufung, Marke, Annahmeverzug, Kommission, Widerrufsfrist, Verwirkung, Verfahren, Rechtsmittel, Darlehen, Bank, Darlehensnehmer, Berufungsverfahren, Verletzung, Verbraucher, Urteil des EuGH, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  19 U 5456/20

Datum:
22.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 46327
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

29 O 7052/20 2020-08-27 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.08.2020, Aktenzeichen 29 O 7052/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 22.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten weiter.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 27.08.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, welcher beantragt,
1.Das am 27. August 2020 verkündete Urteil des Landgerichts München I – Az. 29 O 7052/20- wird abgeändert,
2.die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 22.862,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, nach Rückgabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke … mit der Fahrgestellnummer …,
3.die Beklagte wird ferner dazu verurteilt, an den Kläger weitere 50,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
4.festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem Tage der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 15.12.2020 (Bl. 236/239 d.A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 30.01.2021 (Bl. 240/249 d.A.) nahm der Kläger Stellung. Er führt aus, dass die Europäische Kommission in den beim EuGH anhängigen Verfahren C-187/20 und C-155/20 jeweils eine Stellungnahme abgegeben habe. Darin habe diese den Verweis auf die finanzmathematische Berechnungsmethoden des Bundesgerichtshofs nicht als ausreichend erachtet, um den Verbraucher in die Lage zu versetzen, die konkrete Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen (Verfahren C-187/20). Zur Verwirkung habe diese klargestellt, dass die Annahme einer Verwirkung vor Informationspflichterfüllung der Bank zu einer Aushebelung der vom Unionsrechtsgeber in der Verbraucherkreditrichtlinie statuierten Rechtsfolgen (nämlich Nichtanlauf der Widerrufsfrist) führen würde. Der Kläger beantragt die Stellungnahmen der Europäischen Kommission beizuziehen und hilfsweise, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.
Desweiteren hält der Kläger die Entscheidungen des XI. Zivilsenats aus dem Jahr 2020 für verfassungswidrig (Stellungnahme vom 10.02.2021, Seite 2), was sich aus dessen vorangegangenen Entscheidungen zum sog. Kaskadenverweis ergebe. Das hiesige Gericht sei bei einer Ermessensreduzierung auf Null gehalten, zumindest abzuwarten bis der EuGH über die Vorlagefragen des LG Ravensburg (Beschlüsse vom 07.01.2020 – 2 O 315/19; vom 05.03.2020 – 2 O 328/19, 2 O 280/19, 2 O 334/19 und vom 07.07.2020 – 2 O 84/20; EuGH Verfahren C-33/29, C-155/20 und 187/20) entschieden habe. Der Verweis auf die Entscheidungen des XI. Zivilsenats sei nicht hinreichend und verletze den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör.
Im Übrigen und ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 29 O 7052/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts München I für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 15.12.2020, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält.
Ergänzend ist noch auszuführen:
1. Der Kläger stellt in seiner Stellungnahme vom 30.01.2021 nicht in Frage, dass die streitgegenständliche Widerrufsinformation wörtlich dem Muster aus Anlage 7 zu Art. 247 §§ 6 Abs. 2 Satz 3, 12 Abs. 1 EGBGB mit den gesetzlich vorgesehenen Gestaltungshinweisen entspricht. Damit greift zugunsten der Beklagten die Gesetzlichkeitsfiktion (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB) und zwar unabhängig davon, ob der sog. Kaskadenverweis zum Beginn der Widerrufsfrist klar und verständlich bzw. prägnant ist (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Ziffer 2 des Hinweises vom 15.12.2020).
Dies lässt der Kläger bei seiner Stellungnahme außer acht. Seine Ausführungen zur Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend den sog. Kaskadenverweis gehen daher ins Leere, zumal der Kläger nicht bei den Entscheidungen des BGH nicht differenziert, ob sie Darlehen betreffen, welche in den Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie fallen, und oder ob sie Darlehen betreffen, welche nicht in den Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie fallen. Nur bei ersteren hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zum sog. Kaskadenverweis im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 – C-66/19 aufgegeben.
Soweit der Kläger sich gegen den Beschluss des BGH vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19 wendet (Schriftsatz vom 10.02.2021, Seite 7), ignoriert er zudem, dass das BVerfG die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 04.08.2020 – 1 BvR 1138/20 nicht zur Entscheidung angenommen hat.
2. Es ist nicht geboten, die Stellungnahmen der Europäischen Kommission in den beim EuGH anhängigen Verfahren C-187/20 und C -155/20 beizuziehen noch auf den Hilfsantrag des Klägers hin, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.
2.1. Eine Verwirkung des Widerrufsrechts des Klägers hat der Senat ebensowenig wie das Erstgericht angenommen. Weshalb eine Entscheidung des EuGH zu dieser Frage im streitgegenständlichen Verfahren Relevanz haben sollte, vermag der Kläger daher nicht aufzuzeigen.
2.2. Im Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 hat der Bundesgerichtshof ausführlich zu den von der Beklagten erteilten Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung Stellung genommen und deren Klarheit, Deutlichkeit und Prägnanz bejaht. Auf die ausführliche Begründung nimmt der Senat erneut Bezug. Desweiteren hat der BGH ausgeführt, dass die Erteilung einer ordnungsgemäßen Pflichtangabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung nur insoweit Bedeutung hat, soweit der Darlehensnehmer beabsichtigt, den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen. Dies ergebe sich aus der Systematik des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers, ohne dass dem Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie entgegenstehen (BGH, Urteil vom 28.07.2020 – XI ZR 288/19). Dem schließt sich der Senat ausdrücklich an und verweist im Übrigen auf die ausführliche Begründung des Bundesgerichtshofs.
Den vom Kläger gestellten Anträgen ist daher nicht nachzukommen.
3. Soweit der Kläger meint, es liege eine Verletzung rechtlichen Gehörs darin, dass der Senat unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abgelehnt hat, liegt dieser Verstoß nicht vor. Der Senat hat sich mit diesem Argument unter Hinweis auf die Begründungen des Bundesgerichtshofs, weshalb keine Vorlage geboten ist, auseinandergesetzt; der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass seiner Rechtsauffassung gefolgt werden muss.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert von bis zu 22.000,00 € (Nettodarlehensbetrag und Anzahlung in Höhe von 21.890,00 €) für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, § 3, 4 ZPO bestimmt.


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