Bankrecht

Darlehensvertrag, Widerruf, Beschwerde, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Annahmeverzug, Vertragsschluss, Verbraucherdarlehensvertrag, Pflichtangaben, Darlehen, Darlehensnehmer, Beschwerdeverfahren, Vertragsurkunde, Verbraucher, Art und Weise, Aussetzung des Verfahrens, richtlinienkonforme Auslegung

Aktenzeichen  32 O 12710/19

Datum:
20.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43781
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden.
Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, da er den Kreditvertrag nicht wirksam widerrufen hat.
Dem Kläger stand zwar nach §§ 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht zu, da er einen Verbraucherdarlehensvertrag mit der Beklagten abgeschlossen hatte. Sein Widerruf vom 10.04.2019 ist aber nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt, da der Vertragsschluss bereits am 16.10.2014 erfolgte.
Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage, §§ 355 Abs. 2 Satz 1, 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsschluss, aber nicht bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat und die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erteilt worden sind (§§ 355 Abs. 2 Satz 2, 360 Abs. 1 und Abs. 3 BGB). Dem Kläger wurden bei Vertragsschluss die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB mitgeteilt und eine Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB entsprechende Widerrufsinformation erteilt.
I.
Die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB wurden ordnungsgemäß erteilt.
1. Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 741/16). Für die Einheitlichkeit der Urkunde ist es ausreichend, wenn nicht in den Vertragstext selbst aufgenommene Klauselwerke, deren Einbeziehung nach dem Inhalt des Darlehnsvertrages gewollt ist, der Vertragsurkunde in einer Art und Weise beigeheftet werden, die sie auch äußerlich als Teil der Urkunde erkennbar macht (vgl. Schürnbrand in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 492, Rn. 19). Zudem genügt es, wenn die Zusammengehörigkeit einer Urkunde durch fortlaufende Paginierung oder einheitliche graphische Gestaltung zweifelsfrei erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2002 – XII ZR 253/01).
Die streitgegenständlichen Vertragsunterlagen bestehen aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind (Anlagen K 1 und K 2). Vorliegend wurden die Allgemeinen Darlehensbedingungen (ADB) der Beklagten als Teil der Vertragsunterlagen (Seiten 10 und 11) ausgehändigt und sind daher schon aus diesem Grund in den Vertrag wirksam einbezogen. Auf Seite 7 des Darlehensantrags direkt oberhalb der Unterschriftenzeile wird zusätzlich noch einmal auf die AGB hingewiesen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es weiter auch ausreichend, wenn Pflichtangaben in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ enthalten sind, wenn diese – wie hier – als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. Bei dem als Anlage K 2 vorgelegten Formular handelt es sich nämlich gerade nicht um nur separate vorvertragliche Informationen im Sinne des § 491 a BGB. Sie sind vielmehr Teil der Vertragsurkunde, wie sich klar aus der fortlaufenden Paginierung ergibt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall aber gerade von der gleichzeitigen Übersendung eines separaten Merkblatts, wie es offenbar in dem von dem Kläger zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urteil vom 28.03.2017 – 17 U 58/16) der Fall war. Dem Informationszweck wird durch den Abdruck der „Europäischen Standardinformation“ auf den Seiten 1 bis 3 der Vertragsunterlagen, also gleich zu Beginn und damit nicht übersehbar, auch ohne Weiteres Genüge getan. Insbesondere kann der Verbraucher durchaus damit rechnen, dass sich auf den Seiten 1 bis 3 der ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Informationen befinden (wiederum im Gegensatz zu dem Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Az. 17 U 58/16).
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15. Dort führt der Bundesgerichtshof aus, dass die dortige Beklagte mit der Formulierung in ihrer Widerrufsbelehrung ihren Vertragspartnern antrug, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der Erteilung bestimmter Pflichtangaben in der für gesetzliche Pflichtangaben vorgeschriebenen Form bei Vertragsschluss und nicht lediglich im Zuge der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten abhängig zu machen. Wie oben bereits ausgeführt, sind die „Europäischen Standardinformation“ im vorliegenden Fall fester Bestandteil der dem Kläger ausgehändigten Darlehensvertragsurkunde und daher gerade nicht eine nur vorvertragliche Information. Allgemeine Ausführungen dazu, dass Pflichtangaben nicht in den europäischen Standardinformationen erteilt werden könnten, soweit diese ein Teil der übergebenen Vertragsunterlagen sind, sind dem Urteil daher auch nicht zu entnehmen.
Zudem sind diese in der von der Klageseite vorgelegten Kopien der Dokumente in Originalgröße – auch unter Berücksichtigung der teils komplexen Sprache – noch ohne Weiteres und vor Allem ohne Lupe lesbar. Die Beklagte hat hierbei auch nicht eine derart kleine Schriftgröße verwendet, dass der Vertrag für den durchschnittlichen – also durchschnittlich intelligenten, rechtsunkundigen und über durchschnittliche Sehkraft verfügenden – Verbraucher nicht mehr in zumutbarer lesbarer Form vorläge.
2. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB erforderlichen Angaben zur Art des Darlehens sind in den Vertragsunterlagen enthalten.
Wie unter Ziffer 1 dargestellt, ist es insoweit ausreichend, dass sich diese Angabe in der „Europäischen Standardinformation“ auf der Seite 1 unter dem Stichpunkt „Kreditart“ befindet. Dort heißt es zutreffend „Ratenkredit mit gleichbleibenden Monatsraten, erhöhter Schlussrate und festem Zinssatz“. Zudem sind die Informationen zur Art des Darlehens auch auf der ersten Seite des Darlehensantrages, der in der Überschrift auf einen Ratenkredit hinweist, enthalten. Dort wird unter Überschrift „Zahlungsplan“ ausgeführt, dass das Darlehen in insgesamt 24 monatlichen Raten zurückzuzahlen ist und zwar mit 23 gleichbleibenden Raten in Höhe von je 392,88 EUR sowie einer Schlussrate in Höhe von 2.280,00 EUR. Aus diesen Angaben kann ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher ohne Weiteres entnehmen, dass es sich offensichtlich um ein bis zur Fälligkeit der Schlussrate befristetes Darlehen handelt, dessen Rückzahlung in 23 gleichbleibenden Raten und einer erhöhten Schlussrate erfolgt.
3. Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auch klar und verständlich über die Auszahlungsbedingungen gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB.
Diese Angaben befinden sich sowohl auf der Seite 1 der Darlehensvertragsunterlagen, als auch in dem Darlehensantrag unter der Überschrift „Auszahlung des Darlehens“. Dort wird unter Anderem ausgeführt, dass das Darlehen ausbezahlt werde, sobald die im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen für die Darlehensgewährung erfüllt und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt seien. Die Auszahlung erfolge zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Verkäufer. Diese Hinweise sind ausreichend, um einen durchschnittlichen Verbraucher darüber zu informieren, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensbetrag an den Verkäufer des finanzierten Fahrzeugs bzw. die Versicherung ausbezahlt wird. Die Angaben zu den vereinbarten Bedingungen ergeben sich zudem ohne Weiteres aus dem Darlehensantrag selbst, wonach eine Anzahlung zu leisten ist bzw. ein Fahrzeug unter Anrechnung dieses Betrages in Zahlung genommen wird. Die erforderlichen Sicherheiten werden direkt über den Angaben zu den Auszahlungsbedingungen aufgeführt.
4. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie ggf. anfallenden Verzugskosten sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
Die Angaben sind auf Seite 2 der Vertragsunterlagen unter Ziffer 3 am Ende („Kosten bei Zahlungsverzug“) und insbesondere auch auf dem Darlehensantragsformular (Seite 5) selbst unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es:
„Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“
Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan.
Aus Gründen der Transparenz ist nicht die konkrete Angabe des Verzugszinssatzes erforderlich (LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018 – Ve 6 O 311/17 m.w.N.; Mülller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Auflage 2018, Art. 247 § 3 EGBGB, Rn. 8). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist offen, ob und wann der Darlehensnehmer jemals in Verzug gerät. Die Ermittlung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zinssatzes ist dem verständigen Verbraucher möglich und zumutbar, da der jeweilige Basiszinssatz eindeutig durch die Deutsche Bundesbank festgelegt wird und dem Verbraucher ohne Weiteres zugänglich ist. Selbst die Zwangsvollstreckung aus einem Titel mit einer derartigen Angabe ist möglich. Die Beklagte war nicht gehalten, präziser oder umfassender als der Gesetzgeber zu formulieren (BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15; OLG München, Beschluss vom 30.07.2018 – 17 U 1469/18).
5. Mit der Benennung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Seite 5 der Vertragsunterlagen (Anlage K 1) hat die Beklagte auch die Pflichtangabe hinsichtlich der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erfüllt (vgl. Knops in BeckOGK, Stand 01.09.2018, § 492 BGB, Rn. 18; Roth in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Auflage 2016, EGBGB Art. 247 § 6, Rn. 4).
6. Entgegen der Auffassung des Klägers sind keine Informationen zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Darlehensnehmers gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB erforderlich. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB ist der Darlehensnehmer nicht über sämtliche Kündigungsmöglichkeiten, die das nationale Recht kennt, zu informieren, sondern die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte ist auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt. Eine erschöpfende Aufzählung aller auch nur theoretisch in Betracht kommender Kündigungsmöglichkeiten würde nicht zur klaren und verständlichen Information der Pflichtangaben beitragen. Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Mit Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB wollte der nationale Gesetzgeber die Richtlinienvorgaben aus Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s der Verbraucherkreditrichtlinie umsetzen, wonach der Verbraucher in „klarer, prägnanter“ Form über die „einzuhaltenden Modalitäten bei der Ausübung des Rechts auf Kündigung des Kreditvertrages zu informieren ist“. Das einzige in der Kreditrichtlinie vorgesehene Kündigungsrecht ist jenes aus Art. 13 Verbraucherkreditrichtlinie, welches durch § 500 Abs. 1 BGB umgesetzt wurde. Diese Auslegung des nationalen Rechts steht auch im Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie. Diese erfordert keine Angaben über alle nach nationalem Recht in Betracht kommenden Kündigungstatbestände. In Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s ist von einem bestimmten Kündigungsrecht, über das Angaben zu machen sind, die Rede, nicht aber von einer Mehrzahl von Kündigungsrechten (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
7. Die Beklagte hat die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt. Die erforderlichen Angaben befinden sich unter Ziffer 4 der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“. Sie befinden sich weiter unter Ziffer 4.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten.
Mit der Vorschrift des Art. 247 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB hat der nationale Gesetzgeber Art. 10 Abs. 3 Buchstabe r Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt, wonach in „klarer, prägnanter Form“ im Kreditvertrag „das Recht auf vorzeitige Rückzahlung, das Verfahren bei vorzeitiger Rückzahlung und gegebenenfalls Informationen zum Anspruch des Kreditgebers auf Entschädigung sowie Art und Berechnung dieser Entschädigung“ anzugeben sind. Der Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung ergibt sich aus § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach der Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Weitergehende Angaben zur Berechnungsmethode lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Maßgeblich nach dem Willen des Gesetzgebers ist, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann (vgl. Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, BT-Drs. 16/11643, S. 87). Die Angaben der Beklagten genügen diesen Anforderungen.
Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode ist es ausreichend, wenn der Darlehensgeber für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentliche Parameter in groben Zügen benennt. Dem hat die Beklagte durch die mit dem Wort „insbesondere“ eingeleiteten Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung genügt, indem sie die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof maßgeblichen Parameter benennt und sich damit gleichzeitig auf die Aktiv/Aktiv Methode festgelegt. Die finanzmathematische Bezeichnung der „Aktiv-Aktiv-Methode“ oder der „Aktiv-Passiv-Methode“ bedurfte es daneben nicht, weil dies für den Verbraucher keinen Informationsmehrwert hat.
Die Angaben sind auch im Übrigen geeignet, dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung zu ermöglichen. Die Beklagte hat in Absatz 3 im Wesentlichen wortgleich die Kappungsgrenze des § 502 Abs. 3 BGB übernommen. Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann weder unklar noch unverständliche sein. Des Weiteren hat die Beklagte die Entschädigung zulässig auf 75,00 EUR pauschaliert und den Nachweis der Entstehung eines geringeren Schadens oder dessen Ausbleibens nach Maßgabe des § 502 Abs. 3 BGB eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – 650/18). Aus diesen Angaben ist für den Verbraucher klar ersichtlich, wo die Obergrenze der Vorfälligkeitsentschädigung liegt und dass sich dieser Betrag noch nach Maßgabe des § 502 Abs. 3 BGB reduzieren kann.
8. Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auf Seite 5 unten unter dem Stichpunkt „Ombudsmannverfahren“ klar und verständlich gemäß Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB über den Zugang des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren bei dem Bundesverband deutscher Banken e.V. einschließlich der Anschrift und der Internetadresse. Eine Belehrung über die Voraussetzungen der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens waren hingegen nicht erforderlich. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB fordert im Einklang mit Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s der Verbraucherkreditrichtlinie, dass lediglich „gegebenenfalls“ die Voraussetzungen des Zugangs zu dem Verfahren aufgeführt werden. Da für die Schlichtung vorliegend keine besonderen Zugangsvoraussetzungen bestehen, sondern diese jedem Verbraucher offen steht, war kein weitergehender Hinweis erforderlich.
9. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich darauf, die Beklagte habe den Kläger nicht hinreichend über den Barzahlungspreis im Sinne des Art. 247 § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a EGBGB informiert. Der Barzahlungspreis ist der Preis, den der Käufer zu entrichten hätte, wenn er bei Übergabe der Sache in voller Höhe fällig würde (BT-Drs. 16/11643, S. 132). Die Beklagte hat den Barzahlungspreis unstreitig in den „Europäischen Informationen für Verbraucherkredite“, die gemäß obiger Ausführungen ebenfalls beachtlich sind, genannt. Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Darlehensantrag der Kaufpreis, der ohne Anzahlung und Darlehen zum Erwerb des Kfz zu zahlen wäre. Die Bezeichnung als „Fahrzeugkaufpreis/Reparaturpreis“ schadet hierbei nicht. Die gesetzliche Informationspflicht setzt nicht voraus, dass der Begriff genannt wird.
10. Die Beklagte hat auch klar und verständlich auf den Anspruch auf einen Tilgungsplan hingewiesen, Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB. Auf Seite 5 innerhalb des Darlehensantrags steht in der Mitte der Seite fettgedruckt:
„Tilgungsplan
Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer kann von der Beklagten jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“
Diese Angaben sind ausreichend, um einen durchschnittlich verständigen Verbraucher klar und verständlich darüber zu informieren, dass er von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan verlangen kann. In dem Gesetzestext von Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 14 EGBGB wie § 492 Abs. 3 Satz 2 BGB ist von der Kostenlosigkeit dieses Tilgungsplanes indes nicht die Rede.
Ein weiterer Hinweis in den ADB der Beklagten war daneben nicht erforderlich, sodass offen bleiben kann, ob der dort erfolgte Hinweis dem Deutlichkeitsgebot genügt.
II.
Die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB erfolgten ebenfalls ordnungsgemäß. Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.
Jedenfalls kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion durch unveränderte Übernahme des vorgesehenen Musters nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen. Die Beklagte hat die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB gestaltet. Der Text der Widerrufsinformation ist wortgleich, die Gestaltungshinweise sind zutreffend umgesetzt. Gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB genügt die Belehrung daher den gesetzlichen Anforderungen.
1. Dass die Beklagte den Darlehensnehmer im Gegensatz zum Muster direkt angesprochen hat, ist nach den Gestaltungshinweisen zur Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB ausdrücklich zulässig.
2. Die Widerrufsbelehrung ist auch hinreichend hervorgehoben und von ausreichend großer Schrift. Sie kann bei normaler Sehkraft ohne Hilfsmitttel ohne Schwierigkeiten gelesen werden.
3. Die Belehrung ist auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen nicht fehlerhaft, soweit es darin heißt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe.
Dies entspricht dem Gestaltungshinweis (6c) des Musters (vgl. Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es handelt sich vorliegend auch um einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Überlassung einer Sache, da der Erwerb des Fahrzeugs auch dessen Überlassung an den Erwerber beinhaltet. Die Beklagte hat sich insoweit an die gesetzlichen Vorgaben in Artikel 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB gehalten, der vom Darlehensgeber einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers fordert, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzubezahlen und Zinsen zu vergüten.
Die Besonderheiten der Rückabwicklung bei weiteren Verträgen wird in der Widerrufsinformation unmittelbar im Anschluss dargestellt. Dort ist unter Anderem auch erläutert, dass der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bereits zugeflossen ist. Hiermit hat die Beklagte die Formulierung des Gesetzgebers in § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB übernommen, die der gesetzlichen Musterbelehrung nach Artikel 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB entspricht.
4. Die Widerrufsbelehrung begegnet insoweit keinen Bedenken, als für den Beginn der Widerrufsfrist auf die Erteilung der „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ Bezug genommen wird (sog. „Kaskadenverweisung“).
Die Beklagte kann sich hier auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB berufen, da sie gegenüber dem Kläger in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung durch eine Gegenüberstellung deutlich gemacht, dass sie das Muster übernommen hat.
Dem steht auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26.3.2020 (Rechtssache C-66/19) nicht entgegen.
Zur Formulierung selbst hat der Bundesgerichtshof in der Sache z.B. mit Beschluss vom 19.03.2019 festgestellt, dass eine derartige Formulierung „klar und verständlich“ ist (Az. XI ZR 44/18). Selbst wenn die Musterbelehrung nicht europäischem Recht genügte, könnte sich die Klagepartei hierauf nicht berufen. Die Gerichte sind an das Gesetz und damit auch Art. 247 Abs. 2 Satz 3 EGBGB gebunden. Der Gesetzgeber hat der Musterwiderrufsbelehrung bewusst Gesetzesrang verliehen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Der Text der Musterwiderrufsbelehrung enthält die fragliche Verweisung. Eine Auslegung dahingehend, dass die Musterwiderrufsbelehrung oder einzelne Formulierungen an europäischen Richtlinien zu messen wären oder eine Auslegung im Licht dieser Richtlinie lässt der Gesetzeswortlaut nicht zu. Eine entgegenstehende richtlinienkonforme Auslegung des insoweit eindeutigen deutschen Gesetzes scheidet damit aus (BGH, Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18).
Selbst ein Verstoß gegen europäische Richtlinien würde hieran nichts ändern – derartige Verstöße könnten nur auf europäischer Ebene in einem Vertragsverletzungsverfahren geltend gemacht werden.
5. Das Aufrechnungsverbot in Ziffer 10.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen führt weder dazu, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft wird noch dass ihr die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB verwehrt wird.
a) Soweit die ADB unter Ziffer 10.3. eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen bzw. rechtskräftig festgestellten Forderungen zulassen, ist diese Klausel zwar nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2018, Az. XI ZR 309/16, unwirksam. Wie der Bundesgerichtshof dort ausgeführt hat, hält er an seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung nach erneuter Überprüfung nicht mehr fest.
Diese Entscheidung ist jedoch nicht in einem Widerrufsverfahren ergangen, sondern es handelte sich um die Klage eines Verbraucherschutzverbandes, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKIaG eingetragen war und betraf die Klauselkontrolle der Allgemeinen Darlehensbedingungen. Dass der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 20.03.2018 bei der Klauselkontrolle die Auswirkungen auf einen eventuellen Widerruf überprüft, ist dabei nicht gleichzusetzen mit der Frage, ob hierdurch die Widerrufsinformation fehlerhaft wird.
Die Unwirksamkeit der Klausel hat vielmehr keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung, da die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung als solche zutreffend ist, indem sie die Rechtslage korrekt wiedergibt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 03.07.2018 – XI ZR 758/17). Der Zweck der Widerrufsinformation, nämlich den Darlehensnehmer über sein Widerrufsrecht zu informieren, wird dadurch nicht beeinträchtigt.
So hat der Bundesgerichtshof auch in seinem Urteil vom 16.12.2015 (Az. IV ZR 71/14) im Zusammenhang mit einem Darlehenswiderruf ausgeführt:
„Entgegen dem Vorbringen der Revisionserwiderung war die Widerrufsbelehrung – den Abschluss des Darlehensvertrags als Fernabsatzgeschäft unterstellt – auch nicht in einer Zusammenschau mit dem „Wichtige[n] Hinweis“ undeutlich. Der vorformulierte Hinweis war aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden (…) verständlich. Darüber hinaus wird eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten“.
Die in Ziffer 10.3. der ADB enthaltene Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit auf unbestrittene bzw. rechtskräftige Forderungen bezieht sich zudem (anders als z.B. die Nennung von Pflichtangaben) nicht auf die Widerrufsinformation selbst, sondern kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der Darlehensnehmer mit eigenen Forderungen aufrechnen möchte. Dies kann sich im Falle eines Widerrufs gerade erst nach erfolgter Widerrufserklärung auswirken. Dass ein verständiger Darlehensnehmer sich dadurch von einem Widerruf abhalten lassen würde, sieht das Gericht nicht.
b) Wie bereits oben ausgeführt, kann sich die Beklagte hier außerdem auf die Schutzwirkung des Musters berufen.
Der Gesetzgeber hat die Muster gezielt auf die Ebene des formellen Gesetzes verankert, um einem Streit über ihre Wirksamkeit von vorneherein den Boden zu entziehen. Die Muster dürfen daher von den Gerichten im Grundsatz nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Soweit der Darlehensgeber das einschlägige Muster ordnungsgemäß verwendet, kommt diesem die Gesetzlichkeitsfiktion zu (vgl. Schürnbrand/Weber in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, EGBGB Art. 247 § 6, Rn. 2). Nach diesen Grundsätzen wird die Widerrufsbelehrung nicht durch die von der Beklagten verwendeten ADB beeinflusst, da eine Überprüfung wegen des Gesetzesrangs der Musterwiderrufsbelehrung nicht zulässig ist. Eine Berücksichtigung von Klauseln, die sich außerhalb der Widerrufsbelehrung befinden, würde zudem zu einer für den Verwender unzumutbaren Rechtsunsicherheit führen, die durch die Musterwiderrufsbelehrung gerade vermieden werden soll.
III.
Nachdem der Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen wurde, kann auch ein Verzug der Beklagten mit der Annahme des Fahrzeugs nicht festgestellt werden und besteht kein Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten, die durch die Geltendmachung von Rechten aus dem erklärten Widerruf entstanden sind.
IV.
Auch eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Saarbrücken ist zwischenzeitlich die oben genannte Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 (Rechtssache C-66/19) ergangen. Insoweit scheidet eine Aussetzung von vornherein aus. Auch eine Aussetzung im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Ravensburg ist nicht geboten. Soweit die Widerrufsbelehrung selbst in Frage gestellt wird, folgt dies bereits aus der Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen. Darüberhinaus hat die Klagepartei keinen Punkt aufzeigen können, in welchem die Übereinstimmung mit Europäischem Recht zweifelhaft erscheint. Auch insoweit wird auf obige Ausführungen Bezug genommen.
B.
Da die Klage abzuweisen war, ist die Bedingung, unter der die Hilfswiderklage erhoben worden ist, nicht eingetreten. Somit bedurfte es keiner Entscheidung über den im Rahmen der Hilfswiderklage gestellten Feststellungsantrag der Beklagten.
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.
Verkündet am 20.04.2020


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben