Bankrecht

Geltendmachung rückständiger Kommanditeinlage im Liquidationsstadium einer Publikums-KG

Aktenzeichen  23 U 1843/16

Datum:
19.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 102180
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 149
KWG § 38 Abs. 1
ZPO § 156, § 524, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

1. In der Liquidation der KG werden rückständige Kommanditeinlagen nicht mehr geschuldet, wenn sie für die Zwecke der Abwicklung nicht mehr benötigt werden, wenn also – wie hier – unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten bis zum voraussichtlichen Ende der Liquidation ausweislich der Liquiditätsvorausschau eine positive Liquidität (hier: 375.863,00 Euro) verbleibt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Liquidator ist nicht verpflichtet, den zur Abwicklung benötigten Betrag auf alle Gesellschafter gleichmäßig zu verteilen und die rückständigen Einlagen demgemäß von den Gesellschaftern in der Weise einzufordern, dass alle gleichmäßig belastet sind (ebenso BGH NJW 1980, 1522). (redaktioneller Leitsatz)
3. Grundsätzlich ist der endgültige Ausgleich unter den Gesellschaftern Sache der Gesellschafter nach Beendigung der Liquidation und gehört nicht zu den Aufgaben eines Liquidators nach § 149 HGB; im vorliegenden Fall ist die Anordnung der Liquidation der Gesellschaft durch Bescheid der BaFin aber dahingehend zu verstehen, dass der Abwickler auch für den Ausgleich unter den Gesellschaftern zuständig ist. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine vom Liquidator der Gesellschaft durchzuführende Auseinandersetzungsrechnung auch unter Einbeziehung der einzelnen Treugeberkommanditisten kommt nur in Betracht, wenn die Treugeberkommanditisten nach dem Gesellschafts- und dem Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem Direktkommanditisten gleichgestellt sind, was hier nicht der Fall ist. (redaktioneller Leitsatz)
5. Vgl. auch OLG München BeckRS 2015, 17718 zu einem Direkt-Kommanditisten der Gesellschaft sowie OLG Stuttgart BeckRS 2016, 07641; OLG Frankfurt BeckRS 2013, 22592. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

23 O 21290/15 2016-03-29 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29.03.2016, Az. 23 O 21290/15, in der durch Beschluss vom 11.04.2016 berichtigten Fassung in Ziff. 1 und 2 des Tenors aufgehoben und die Klage auch insoweit abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Kosten Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

II. Die Berufung des Beklagten hat insgesamt Erfolg.
1. Der Hauptantrag auf Zahlung der noch offenen Einlageforderung, dem das Landgericht in Höhe von 10.800,00 Euro stattgegeben hat, ist zulässig, aber derzeit unbegründet.
Ein Zahlungsanspruch der Klägerin nach § 5 des Treuhandvertrags (Anlage K 4) i.V.m. der Beitrittserklärung samt Zusatzvereinbarung (Anlage K 1 und K 2) aus abgetretenem Recht besteht entgegen der Ansicht des Landgerichts nach gegenwärtigem Sachstand nicht mehr.
1.1. Der Liquidator ist nach § 149 HGB auch befugt, rückständige Kommanditeinlagen einzuziehen. Allerdings sind diese nicht mehr geschuldet, wenn sie für die Zwecke der Abwicklung nicht mehr benötigt werden (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 183/75, Juris Tz.10; BGH, Urteil vom 03.07.1978, II ZR 54/77, Juris Tz. 12 ff; BGH, Urteil vom 05.11.1979, II ZR 145/78, Juris Tz. 12 ff). Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Liquidators, ob und in welchem Umfang er gegenüber einzelnen Gesellschaftern rückständige Einlageforderungen geltend macht. Die Darlegungs- und Beweislast, dass die rückständige Einlage nicht mehr zur Abwicklung der Gesellschaft benötigt wird, hat der Kommanditist. Den Liquidator trifft eine sekundäre Darlegungslast bezüglich der Verhältnisse der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 03.07.1978, II ZR 54/77, Juris Tz. 12 ff; BGH, Urteil vom 05.11.1979, II ZR 145/78, Juris Tz. 12 ff).
Unter Anwendung dieser Grundsätze schuldet der Beklagte keine Zahlungen mehr. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte berufen sich auf den als Anlage B 14 vorgelegten Auszug aus dem Statusbericht zum 30.06.2015 (Anlage B 14). Danach bestand zum 30.06.2015 eine Liquidität der Klägerin von 2.149.621,00 Euro. Unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten bis zum voraussichtlichen Ende der Liquidation am 31.12.2018 verbleibt der Klägerin ausweislich der Liquiditätsvorausschau eine Liquidität von 375.863,00 Euro. Diese Vorschau geht ausschließlich von der am 30.06.2015 vorhandenen Liquidität und den danach voraussichtlich noch anfallenden Kosten aus. Zahlungen von Anlegern sind nur berücksichtigt, soweit sie am 30.06.2015 als Liquidität bereits tatsächlich vorhanden waren. Weitere Zahlungseingänge sind dabei nicht berücksichtigt. Auch die vom Beklagten vorgelegten weiteren Statusberichte zum 06.08.2015 (Anlage BB 6) und zum 09.08.2016 (Anlage BB 7) bestätigen jeweils, dass die Liquiditätssituation der Gesellschaft gut sei, die Gesellschaft zum 30.06.2016 über ein Bankguthaben von 2,0 Mio Euro verfügte und mit Ausnahme der laufenden Kosten keine weiteren Verbindlichkeiten bestünden. Soweit im Statusbericht zum 09.08.2016 (Anlage BB 7) angeführt ist, insgesamt 81 Anleger hätten Güteanträge eingereicht und machten Schadensersatzansprüche geltend, werden diese Ansprüche schon nach den Angaben im Statusbericht jedenfalls derzeit nicht gegen die Klägerin erhoben.
Damit steht fest, dass nach derzeitigem Stand für die Liquidation der Gesellschaft keine weiteren Zahlungseingänge mehr erforderlich sind. Für die Abwicklung benötigt wird daher weder die Bezahlung noch offener rückständiger Einlagen noch die Begleichung erst künftig fällig werdender Raten.
Dass aus sonstigen, etwa seit dem letzten Statusbericht eingetretenen Umständen weitere Zahlungen doch – wieder – nötig wären, hat auch die Klägerin nicht behauptet. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 28.11.2016 (S. 2) unter Verweis auf ein Urteil des OLG Stuttgart pauschal behauptet, auch vorliegend mache die Klägerin Ansprüche gegen ehemalige Manager und säumige Leasingnehmer geltend, erschließt sich daraus nicht, dass die vorhandene Liquidität der Gesellschaft – anders als in den vorgelegten Statusberichten erläutert – doch nicht für die Abdeckung dieser laufenden Kosten genügen solle. Anderes trägt die Klägerin auch im Schriftsatz vom 19.12.2016 (S. 11 ff, Bl. 241 ff d. A.) nicht vor. Im Gegenteil verweist die Klägerin selbst darauf (Schriftsatz vom 19.12.2016 S. 13, Bl. 243 d. A.) die hierfür voraussichtlich anfallenden Kosten seien schon in der Liquidationseröffnungsbilanz berücksichtigt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, auch wenn es Anleger gibt, die ihre Einlage bereits auf einmal vollständig erbracht oder auch nach September 2011 weiterhin Raten gezahlt haben. Zum einen ist der Liquidator gerade nicht verpflichtet, den zur Abwicklung benötigten Betrag auf alle Gesellschafter gleichmäßig zu verteilen und die rückständigen Einlagen demgemäß von den Gesellschaftern in der Weise einzufordern, dass alle gleichmäßig belastet sind (BGH, Urteil vom 05.11.1979, II ZR 145/78, Juris Tz. 20). Zum anderen ändert der Wegfall der Zahlungspflicht zum Zweck der Abwicklung nichts daran, dass noch ein Ausgleich unter den Gesellschaftern durchzuführen ist und dadurch die Gleichbehandlung der Gesellschafter gesichert wird (dazu unten Ziff. 1.2).
Der Senat vermag sich auch nicht der vom OLG Stuttgart in den Urteilen vom 19.04.2016, 6 U 155/15, S. 12 f (als Anlage im Berufungsverfahren vorgelegt) und vom 06.04.2016 (14 U 2/15, juris) vertretenen Ansicht anzuschließen. Danach solle der Umstand, dass sich die Liquidität der Gesellschaft im Verlaufe des Rechtsstreits durch die Zahlungen anderer Gesellschafter verbessert habe, jedenfalls dann nicht zur Unbegründetheit der Klage führen, wenn nicht feststehe, dass dem Anleger ein Abfindungsguthaben in Höhe der rückständigen Einlage zustehe. Diese Ansicht steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BGH, dass Einlagen nicht mehr geschuldet sind, wenn sie zur Abwicklung nicht mehr benötigt werden (s.o.). Maßgeblich ist stets der Sachstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. Reichold in Thomas /Putzo, ZPO, 37. Aufl, § 322 Rz. 35). Bei Änderungen während des Verfahrens kann ein Liquidator der negativen Kostenfolge – wie in anderen Verfahren auch – durch eine Erledigungserklärung entgehen. Soweit das OLG Stuttgart darauf abstellt, in welcher Höhe dem Anleger ein „Abfindungsguthaben“ zusteht, vermischt es die Voraussetzungen der Einforderung der Einlage zum Zwecke der Abwicklung mit denen der Einforderung zum Ausgleich unter den Gesellschaftern (dazu unten Ziff. 1.2). Dies verbietet sich aber aufgrund der unterschiedlichen Darlegungs- und Beweislast.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.11.2016 ein weiteres Urteil des OLG Stuttgart vom 23.11.2016 (14 U 43/15) zur MLR Beteiligung-GmbH & Co KG i.L. vorlegt, ergibt sich daraus kein Widerspruch zur Ansicht des Senats. Das OLG Stuttgart geht im vorzitierten Urteil (S. 14 unten) davon aus, die Einforderung der Einlagen sei zur Liquidation noch erforderlich. Daran fehlt es vorliegend, wie ausgeführt.
Weshalb die Klägerin behauptet, das OLG Frankfurt (Urteil vom 07.11.2012, 1 U 64/12, juris) stelle nicht auf die Erforderlichkeit der Einlage für die Liquidation ab, erschließt sich nicht. Vielmehr führt das OLG Frankfurt (a. a. O., Tz. 14) aus, es habe dem Beklagten oblegen, nachzuweisen, dass die von ihm eingeforderte Kommanditeinlage für die Abwicklung der Klägerin nicht benötigt werde, diesen Beweis habe er nicht erbracht.
1.2. Die Zahlungsklage ist auch nicht deshalb begründet, weil die Einlage des Beklagten zum Ausgleich unter den Gesellschaftern erforderlich wäre.
1.2.1. Grundsätzlich gehört es nicht zu den Aufgaben eines Liquidators nach § 149 HGB, den endgültigen Ausgleich unter den Gesellschaftern herbeizuführen und für diesen Zweck rückständige Einlagen einzuziehen. Der endgültige Ausgleich unter den Gesellschaftern ist Sache der Gesellschafter nach Beendigung der Liquidation (Roth in Baumbach /Hopt, HGB, 37. Aufl, § 149 Rz. 3 m.w.N.). Ob für die Liquidation einer Publikumsgesellschaft per se etwas anderes gilt, hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 183/75, Juris Tz.13; BGH, Urteil vom 03.07.1978, II ZR 54/77, Juris Tz. 21; BGH, Urteil vom 11.10.2011, II ZR 242/09, Juris Tz.41).
Nach Ansicht des Senats ist allerdings jedenfalls im vorliegenden Fall dem Abwickler auch der Ausgleich unter den Gesellschaftern übertragen (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 06.04.2016, 14 U 2/15, Juris Tz. 61). Die Liquidation der Klägerin wurde durch Bescheid der BaFin vom 06.10.2011 angeordnet (Anlage K 3). Zweck war es zu verhindern, dass die Klägerin nach Aufhebung der Erlaubnis, Finanzdienstleistungen zu erbringen, weiterhin erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt. Dabei hat die BaFin nicht lediglich die Abwicklung der erlaubnispflichtigen Geschäfte, sondern der Klägerin insgesamt angeordnet (vgl. zu den Möglichkeiten Fischer in: Boos /Fischer /Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl, § 38 Rz. 4 ff). Diese Anordnung erfolgte auch, um im Interesse der Gesellschafter der Klägerin eine ordnungsgemäße Abwicklung sicherzustellen (Bescheid S. 8 letzter Absatz, S. 9 erster Absatz, Anlage K 3). Aufgrund dieses Zwecks erscheint es naheliegend, dass der Abwickler auch für den Ausgleich unter den Gesellschaftern zuständig ist. Ein Ausgleich unter den Gesellschaftern wäre, da es sich bei der Klägerin um eine Publikumsgesellschaft mit einer Vielzahl von Anlegern handelt, andernfalls kaum durchführbar. Im Übrigen entspricht dies auch der eigenen Einschätzung der BaFin vom übertragenen Aufgabenkreis (vgl. Schreiben der BaFin vom 08.12.2015, Anlage BB 4).
1.2.2. Vorliegend hat die Klägerin indessen nicht nachgewiesen, dass die offene Einlagenforderung des Beklagten zum Ausgleich unter den Gesellschaftern erforderlich ist.
Eine Einziehung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern kommt im Regelfall erst dann in Betracht, wenn und soweit nach beendeter Liquidation ein im Rahmen der Auseinandersetzung zu erstellender Ausgleichsplan einen Passivsaldo zulasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters aufweist (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 183/75, Juris Tz. 14; BGH, Urteil vom 03.07.1978, II ZR 54/77, Juris Tz. 27; BGH, Urteil vom 21.11.1983, II ZR 19/83, Juris Tz. 36). Ausnahmsweise kann die rückständige Einlage auch bei Fehlen einer derartigen Auseinandersetzungsrechnung eingezogen werden, wenn ohne eine solche festgestellt werden kann, dass ein Passivsaldo besteht, also der betreffende Gesellschafter in jedem Fall noch einen bestimmten Betrag zum Zwecke des Ausgleichs unter den Gesellschaftern leisten muss (BGH, Urteil vom 21.11.1983, II ZR 19/83, juris Tz. 38; BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 183/75, Juris Tz. 15). Allerdings trifft in diesem Fall nicht den Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast, dass eine Ausgleichspflicht in Höhe des eingeforderten Betrags nicht besteht. Vielmehr muss der Liquidator den geltend gemachten Ausgleichsanspruch dartun und beweisen (BGH, Urteil vom 21.11.1983, II ZR 19/83, juris Tz. 38).
Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend jedenfalls derzeit kein Anspruch der Klägerin: Eine Auseinandersetzungsrechnung und ein Ausgleichsplan wurden bislang auch nach dem Vortrag der Klägerin noch nicht erstellt. Dass die rückständige Einlage des Beklagten in jedem Fall für den Ausgleich der Gesellschafter nötig wäre, hat der Beklagte bestritten. An einem hinreichend konkreten, unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin zum Ausgleich unter den Gesellschaftern fehlt es. Die pauschale Behauptung, ein Ausgleichsplan erübrige sich, da Vorabausschüttungen an die übrigen Gesellschafter nicht in Betracht kämen (Schriftsatz vom 01.08.2016, S. 2, Bl. 164 d. A.), erschließt sich nicht und ersetzt jedenfalls keinen konkreten Vortrag. Ebenso wenig lässt sich aus der Behauptung (nicht nachgelassener Schriftsatz vom 06.10.2016 S. 4, Bl. 208 d. A.), die voraussichtlich zu erreichende Liquidität von 375.00,00 Euro entspräche im Verhältnis zur gesamten Zeichnungssumme einer Quote von 2,8% bzw. unter 3%, ableiten, wie konkret der Ausgleich unter den Gesellschaftern erfolgen soll. Noch weniger lässt sich daraus ersehen, dass und vor allem in welcher Höhe gerade die Einlage des Beklagten zum Ausgleich unter den Gesellschaftern erforderlich wäre.
Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 28.11.2016 auf das beigefügte Urteil des OLG Stuttgart vom 23.11.2016, 14 U 43/15 zu einer Schwestergesellschaft der Klägerin verweist, verkennt sie, dass nach Ansicht des OLG Stuttgart im dortigen Verfahren die Einlage zur Durchführung der Liquidation weiterhin erforderlich ist (S. 14 unten). Die anschließenden Ausführungen beschäftigen sich nur mit der Frage, ob die Einforderung der gesamten Einlage mit der „sogenannten Durchsetzungsperre“ zu vereinbaren sei.
Auch der Hinweis der Klägerin (Schriftsatz vom 06.10.2016 S. 2, Bl. 206 d. A.), die Auseinandersetzung der Publikumsgesellschaft verzögere sich erheblich, wenn der Abwickler erst nach Abschluss der Liquidation und Vornahme der Auseinandersetzungsrechnung ausstehende Einlagen geltend machen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Unterscheidung zwischen Liquidation einerseits und Ausgleich unter den Gesellschaftern andererseits ist im Gesetz angelegt (vgl. § 149 HGB). Im Übrigen ist zur Beschleunigung des Liquidationsverfahrens gerade der Ermessenspielraum des Liquidators, welche Gesellschafter er in Anspruch nimmt, weit und die fehlende Erforderlichkeit der rückständigen Einlagen vom Gesellschafter zu beweisen.
1.2.3. Ergänzend sei darauf verwiesen, dass der Liquidator der Klägerin zwar zur Durchführung des Ausgleich unter den Gesellschaftern der Klägerin befugt ist, aber nicht den Ausgleich unter den Treugeberkommanditisten durchführen kann. Die Treugeberkommanditisten sind vorliegend den Direktkommanditisten nicht gleichgestellt (dazu unten Ziff. 3), werden daher in den Ausgleich der Gesellschafter der Klägerin nicht direkt einbezogen. Vorliegend kann daher die Klägerin die rückständige Einlage des Beklagten auch aus diesem Grund nicht zur Durchführung des Ausgleichs unter den Gesellschaftern einfordern.
2. Der Antrag der Klägerin, den Beklagten zur Zahlung der künftig fällig werdenden Raten zu verurteilen, ist nach § 257, § 258 ZPO zulässig, aber aus den oben Ziff. 1 dargestellten Gründen derzeit unbegründet.
3. Der Hilfsantrag der Klägerin festzustellen, dass die Einlageforderung in Höhe von 13.200,00 Euro nebst Zinsen als unselbstständiger Abrechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist, verbleibt ebenfalls ohne Erfolg.
3.1. Der Senat hat über den Hilfsantrag zu befinden, da er anders als das Landgericht den Hauptantrag für – derzeit – unbegründet ansieht. Ein Hilfsantrag, der im ersten Rechtszug nicht beschieden wurde, weil das Landgericht den Hauptantrag zugesprochen hat, fällt im Berufungsverfahren allein infolge der Einlegung des Rechtsmittels durch den Beklagten zur Entscheidung an (BGH NJW-RR 2013, S. 1335).
3.2. Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, da der Beklagte das Bestehen einer Einlageforderung der Klägerin generell bestreitet. Der Beklagte hat zudem in der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2016 (Protokoll S. 2, Bl. 203 d. A.) klargestellt, dass es nicht um die Einstellung in eine „Abfindungsrechnung“ sondern in die – für den Ausgleich unter den Gesellschaftern nötige – „Auseinandersetzungsrechnung“ geht.
3.3. Der Antrag verbleibt aber in der Sache ohne Erfolg, da die Auseinandersetzungsrechnung bezüglich der Treugeberkommanditisten nicht von der Klägerin (vertreten durch ihren Liquidator) durchzuführen ist (so auch OLG Nürnberg, Urteil vom 13.04.2016, 2 U 630/15, S. 18 f, Anlage BB 5).
Eine vom Liquidator der Klägerin durchzuführende Auseinandersetzungsrechnung auch unter Einbeziehung der einzelnen Treugeberkommanditisten käme nur in Betracht, wenn die Treugeberkommanditisten nach dem Gesellschafts- und dem Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter, mithin einem Direktkommanditisten gleichgestellt wären. Eine derartige Regelung ist grundsätzlich zulässig (BGH, Urteil vom 05.02.2013, II ZR 136/11, juris Tz. 16 f m.w.N). Ob dies gewollt ist, muss anhand einer objektiven Auslegung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrags geklärt werden. Maßgebliche Indizien sind etwa, ob nach dem Gesellschaftsvertrag ausdrücklich alle Regelungen auch dann für Treugeber gelten sollen, wenn im Gesellschaftsvertrag nur von „Gesellschaftern“ die Rede ist, ob für jeden Treugeber genau wie für die Kommanditisten eine Festgeldkonto geführt wird, das seinen Kapitalanteil bildet und maßgeblich ist für die Ausübung der Gesellschafterrecht, ob die Treugeber selbst stimmberechtigt sind und ihnen die gleichen Kontrollrechte zustehen wie den Kommanditisten selbst (BGH, a.a.O., Tz. 19).
3.4. Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze sind vorliegend die Treugeberkommanditisten den Direktkommanditisten nicht gleichgestellt:
Ein Indiz für eine gewollte Gleichstellung könnte § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags (Anlage K 4) sein, wonach die in diesem Vertrag getroffenen Regelungen auch analog für Treugeberkommanditisten gelten solle. Daraus ließe sich u. a. folgern, dass nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags auch für jeden Treugeberkommanditisten eigene Kapitalkonten bei der Klägerin zu führen wären und den Direktkommanditisten auch das Stimmrecht nach § 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags zustehen sollte.
Indessen greift diese Auslegung zu kurz. In § 4 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags ist ausdrücklich geregelt, dass die Rechtsverhältnisse zwischen der Treuhandkommanditistin, dem jeweiligen Treugeberkommanditisten und den übrigen Gesellschaftern der Treuhandvertrag regle. Daraus lässt sich schließen, dass die Regelungen des Gesellschaftsvertrags allenfalls dann analog für Treugeberkommanditisten gelten, wenn sich nicht aus dem Treuhandvertrag etwas anderes ergibt.
§ 3 Abs. 1 des Treuhandvertrags (Anlage K 4) regelt aber, dass der Treuhänder im Außenverhältnis den Kommanditanteil als einheitlichen Gesellschaftsanteil für alle Treugeber gemeinsam hält und Dritten gegenüber im eigenen Namen auftritt. Dies soll nicht nur im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, sondern auch im Verhältnis zur Gesellschaft gelten, § 3 Abs. 1 Satz 3 Treuhandvertrag. Die aus der Kommanditbeteiligung erwachsenen Gesellschafterrechte übt der Treuhänder gegenüber der Gesellschaft im eigenen Namen, aber gemäß Weisung des Treugebers aus, § 3 Abs. 1 Satz 4 Treuhandvertrag. Sofern der Treugeber keine Weisungen erteilt und seine Gesellschafterrechte nicht selbst ausübt, übt der Treuhänder die Gesellschafterrechte nach billigem Ermessen aus, § 3 Abs. 1 Satz 5 Treuhandvertrag. Nach § 4 Abs. 1 des Treuhandvertrags tritt der Treuhänder sämtliche Ansprüche aus dem treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteil, aus dem Jahresergebnis und das, was im Falle des Ausscheidens dem Treuhänder zusteht, an den Treugeber ab. Diese Regelungen zeigen, dass die Treugeberkommanditisten nach den vertraglichen Regelungen gerade nicht unmittelbar selbst Träger der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und Pflichten durch Einbeziehung in das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis werden. Ansonsten stünden ihnen die Gesellschaftsrechte unmittelbar zu, einer Abtretung bedürfte es nicht.
Noch deutlicher wird dies in § 4 Abs. 2 des Treuhandvertrags: Danach ist der Treugeber berechtigt, die dem Treuhänder nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontrollrechte selbst auszuüben. Will der Treugeber seine Kontrollrechte selbst ausüben, erteilt ihm der Treuhänder auf Verlangen eine entsprechende Vollmacht. Auch diese Regelung zeigt deutlich, dass die Kontrollrechte dem Treuhänder zustehen sollen; bei einer gewollten Gleichstellung der Treugeberkommanditistin mit den Direktkommanditisten müssten die Kontrollrechte unmittelbar den Treugeberkommanditisten zustehen, ohne dass es dafür einer Vollmachtserteilung bedürfte.
Die gleichen Überlegungen gelten auch für die Regelung in § 7 des Treuhandvertrags zu den Stimmrechten. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandvertrags erteilt der Treuhänder dem Treugeber Vollmacht zur Wahrnehmung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung. Diese Regelung wäre unverständlich, wenn der Treugeber im Innenverhältnis eine Direktkommanditisten gleichgestellt wäre und ihm somit das Stimmrecht schon aus der gesellschaftsvertraglichen Bindung zustünde. Zudem ist noch nicht einmal ausdrücklich geregelt, dass die Vollmacht unwiderruflich erteilt wird. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 19.12.2016 (S. 15 f, Bl. 245 f d. A.) ausführt, in einem solchen Fall könne der Anleger den Treuhandvertrag nach § 13 Abs. 2 Treuhandvertrag mit einer Frist von drei Monaten kündigen und die Übertragung des Kommanditanteils auf sich verlangen, zeigt dies die schwache Stellung des Treugeberkommanditistin besonders deutlich. Denn bei diesem Vorgehen könnte der Treugeberkommanditist jedenfalls für die Dauer von drei Monaten kein Stimmrecht ausüben.
Dass der Beklagte möglicherweise aufgrund der Zusatzvereinbarung zur Beitrittserklärung (Anlage K 2) – auch – gegenüber der Klägerin zur Zahlung der Einlage verpflichtet ist, genügt für sich genommen nicht, eine Gleichstellung mit den Direktkommanditisten zu bejahen. Die Beitrittserklärung (Anlage K 1), auf die die Klägerin ebenfalls verweist, hat insoweit keine eigenständige Aussagekraft. Nach dieser tritt der Beklagte der Kläger bei „als Treugeber-Kommanditist gemäß gesondertem Treuhandvertrag“.
Ob die Klägerin, wie im Schriftsatz vom 10.01.2017 (Bl. 228 d. A.) behauptet, auch für die Treugeberkommanditisten Anlegerkonten führt, ist angesichts der dargestellten vertraglichen Regelungen nicht entscheidend.
4. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 19.12.2016 (S. 22, Bl. 252 d. A.) nach Schluss der mündlichen Verhandlung einen weiteren neuen Hilfsantrag stellt, bedarf es keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. Die Klägerin beantragt insoweit hilfsweise festzustellen, dass in eine gegenüber der Treuhänderin C. Treuhandgesellschaft mbH zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung die ausstehende Einlagenforderung von 13.200,00 Euro für die Beteiligung der Beklagtenpartei einzustellen ist. Der Senat verkennt nicht, dass dieser neue Antrag Folge des in der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2016 (Protokoll S. 2, Bl. 229 d. A.) vom Senat erteilten Hinweises ist, dass zweifelhaft erscheine, ob der Beklagte einem Gesellschafter gleichgestellt sei. Hierzu wurde der Klägerin auch Schriftsatzfrist eingeräumt. Indessen wäre eine Klageerweiterung in zweiter Instanz nur möglich, wenn die Klägerin selbst Berufung oder Anschlussberufung eingelegt hätte. Ohne Einlegung einer eigenen Berufung oder Anschlussberufung kann der Berufungsbeklagte nicht mehr erreichen als die Verwerfung oder Zurückweisung der gegnerischen Berufung (Reichold in Thomas /Putzo, ZPO, 37. Auflage, § 524 Rz.1). An einer Berufung oder Anschlussberufung der Klägerin fehlt es aber. Insbesondere kann auch der Schriftsatz vom 19.12.2016 nicht mehr als Anschlussberufung ausgelegt werden. Eine Anschlussberufung ist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Berufungserwiderungsfrist. Diese lief vorliegend am 01.08.2016 ab.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
6. Die Revision war nicht zuzulassen. Das Verfahren ist weder von grundsätzlicher Bedeutung i. S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO noch ist die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
6.1. Die Frage, wie der streitgegenständliche Gesellschafts- und der Treuhandvertrag auszulegen ist, insbesondere ob die Treugeberkommanditisten den Direktkommanditisten gleichgestellt werden, ergibt sich nicht in einer unbestimmten Vielzahl von Verfahren. Der Umstand allein, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Urteil vom 09.06.2015, II ZR 227/14, juris Tz. 2; BGH, Beschluss vom 15.01.2013, II ZR 43/12, juris Tz. 3 m. w. N.). Dass ein Oberlandesgericht in einem eine große Anzahl denselben oder vergleichbare Fonds betreffenden Einzelverfahren bei der objektiven Auslegung eines Publikumsgesellschaftsvertrages von derjenigen eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, rechtfertigt ohne Hinzutreten eines – hier nicht dargelegten und auch sonst nicht ersichtlichen – tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewichts für Allgemeininteressen mangels Vorliegens einer abweichend entschiedenen Rechtsfrage die Zulassung wegen Divergenz nicht (BGH, Urteil vom 09.06.2015, II ZR 227/14, juris Tz. 2). Ob und in welchem Umfang der Senat bei der Auslegung des Gesellschafts- und Treuhandvertrags der Klägerin von der Entscheidung anderer Oberlandesgerichte abweicht, ist daher nicht von Bedeutung.
6.2. Ob die Ansicht des OLG Zweibrücken im Urteil vom 28.04.2016, 4 U 171/14 (vorgelegt als Anlage BB 1), die Einlageforderung bestehe nicht wegen Unmöglichkeit, zutrifft, ist für die Entscheidung des Senats nicht entscheidungserheblich.
6.3. Unter welchen Voraussetzungen rückständige Einlageforderungen vom Gesellschafter in der Liquidation und zum Ausgleich unter den Gesellschaftern noch geschuldet werden, ist durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt. Die vom OLG Stuttgart in den oben Ziff. 1 zitierten Entscheidungen (14 U 2/15 und 6 U 155/15) vertretene Ansicht steht nach Auffassung des Senats nicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Anhaltspunkte, dass der Bundesgerichtshof seine diesbezügliche Rechtsprechung geändert hätte, sind nicht ersichtlich und werden auch vom OLG Stuttgart in den vorbezeichneten Verfahren nicht dargetan. Anlass für die Zulassung der Revision sieht der Senat daher auch insoweit nicht.


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