Bankrecht

Haftung des Insolvenzverwalters

Aktenzeichen  30 O 13615/13

Datum:
20.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 127492
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO § 60, § 62, § 169
ZPO § 167, § 240
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 14, § 730
AktG § 269 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Die Aufnahme eines zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängigen Rechtsstreits steht im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzverwalters. (Rn. 176) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Aufforderung durch den vorläufigen Gläubigerausschuss verpflichtet den Insolvenzverwalter nicht zur Aufnahme eines Rechtsstreits. Diese begründet für sich gesehen auch keine ermessensfehlerhafte Entscheidung. (Rn. 178) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.940.533,63 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil Ansprüche der Klägerinnen gegen den Beklagten nicht bestehen.
A. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht München I sachlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, 1 ZPO. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO (Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, 2013, § 32, Rz. 10).
Die vorliegende Sache war auch zur Entscheidung reif. Die nachgelassenen Schriftsätze der Parteien veranlassten nicht zu einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. Der Schriftsatz der Klägerseite vom 11.05.2016 konnte nach § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.
B. Die Klage ist unbegründet. Den Klägerinnen stehen keine Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Beklagten zu.
I. Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind prozessführungsbefugt.
1. Die Klägerin zu 1) stellt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar, die wirksam vor Gericht vertreten ist.
a) Darlegungs- und beweisbelastet für den Umstand, dass die Klägerin zu 1) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts darstellt, die wirksam vor Gericht vertreten ist.
b) Diesen Nachweis konnte die Klägerseite führen. Im Einzelnen:
aa) Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt dadurch zustande, dass der rechtsgeschäftlich relevante Wille der Parteien der Parteien des Gesellschaftsvertrages vorliegt, wechselseitige Leistungspflichten zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks zu begründen (Ulmer/Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, 2013, § 705, Rz. 17). Im vorliegenden Fall kann aus den Beitrittserklärungen zu der Klägerin zu 1) (vgl. Anlage LD 54) entnommen werden, dass die Beitretenden einen gemeinsamen Zweck verfolgen, nämlich die Klägerin zu 2) zu sanieren und als Interessensgemeinschaft die Forderung der Klägerin zu 2) bzw. auch ihre eigenen Forderungen gegenüber der E. GmbH geltend zu machen und diesbezüglich auch bereit sind, diesen gemeinsamen Zweck dadurch zu fördern, dass sie ihre Forderungen gegen die Klägerin zu 2) gegenüber der Klägerin zu 1) abtreten einschließlich der damit zusammenhängenden Sicherungsrechte.
bb) Die Voraussetzungen für den wirksamen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages liegen vor.
Ist von den Beteiligten eine rechtsgeschäftliche Bindung gewollt, so gelten die Vorschriften der §§ 145 ff. BGB über den Vertragsschluss grundsätzlich auch für den Gesellschaftsvertrag. Der Vertrag kommt dabei bei mehreren Gesellschaftern grundsätzlich erst dann zu Stande, wenn die entsprechenden Beitrittserklärungen sämtlicher als Gesellschafter vorgesehenen Personen vorliegen. Die einzelnen Beitrittserklärungen können auch nacheinander abgegeben werden. Sie müssen grundsätzlich nach § 130 Abs. 1 BGB allen anderen Vertragspartnern zugehen, soweit diese nicht einen Zugangsbevollmächtigten bestellt oder nach § 151 S. 1 Alt. 2 BGB auf den Zugang verzichtet haben (dazu insgesamt Ulmer/Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 705, Rz. 20).
Im vorliegenden Fall wurde nicht behauptet, dass die Beitrittserklärungen sämtlicher Gesellschafter auch allen anderen Gesellschaftern zugegangen wären. Es kommt daher darauf an, ob ein Zugangsbevollmächtigten bestellt oder nach § 151 S. 1 Alt. 2 BGB auf den Zugang verzichtet wurde.
Ausdrücklich wurde vorliegend kein Zugangsbevollmächtigter bestimmt. Als konkludenter Zugangsbevollmächtigter käme hier aufgrund des Wortlautes der Beitrittserklärungen lediglich der Zeuge Rechtsanwalt U. in Betracht. Da nicht vorgetragen ist, an wen die Beitrittserklärungen übersandt worden sind, ist aber von einer konkludenten Bestellung nicht auszugehen.
Es liegt auch kein Verzicht auf den Zugang der anderen Beitrittserklärungen vor. Ein ausdrücklicher Verzicht wurde nicht erklärt. Ein solcher Verzicht ist auch der Verkehrssitte nicht zu entnehmen. Von einer Verkehrssitte kann gesprochen werden, wenn bei Geschäften der betreffenden Art unter vergleichbaren Umständen auf den Zugang der Annahmeerklärung üblicherweise verzichtet wird. In Fällen wie dem vorliegenden, in welchen der Beitritt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einem weitreichenden Verzicht auf die Ausübung der eigenen Rechte verbunden ist, kann eine solche Verkehrssitte nicht angenommen werden, zumal hier der vorrangige Zweck die Sanierung der Klägerin zu 2) war und mithin kein – jedenfalls direkter – Zweck zugunsten der Gesellschaft oder der Gesellschafter verfolgt werden sollte.
Es ist aber ein konkludenter Verzicht anzunehmen. Zwar ist umso Zurückhaltung bei der Annahme eines konkludenten Verzichts geboten, je bedeutsamer ein Geschäft ist. In der Regel kann ein solcher angenommen werden, wenn der Antragende ausdrücklich sofortigen Vollzug des Vertrags verlangt, es sich um ein lediglich vorteilhaftes Rechtsgeschäft handelt oder sich der Antragende damit einverstanden erklärt, dass der Antragsempfänger die Annahme einem Dritten erklärt (Ulmer/Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 705, Rz. 7). Im vorliegenden Fall war der Zusammenschluss der Gläubiger für diese unter ihren Gesichtspunkt nicht nur nahezu risikolos, da sie ihre Forderung in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts einbrachten, aber sowohl jederzeit kündigen konnten als auch ihre Forderung in dem Moment der Insolvenz wiedererlangten, sondern im Übrigen aus ihrer Sicht auch nur vorteilhaft, weil sie durch eine Sanierung der Klägerin zu 2) die Chance hatten, ihre Forderungen gegen diese komplett zu realisieren, anstatt nur eine Quote im Rahmen einer Insolvenz zu erhalten. Auch aus dem Umstand, dass hier „Beitrittserklärungen“ unterzeichnet wurden, ergibt sich, dass die Beitretenden davon ausgingen, dass sie mit Unterzeichnung dieser Teil der Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden würden und zwar ohne eine gesonderte Bestätigung.
cc) Unerheblich ist, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglicherweise nach § 730 BGB aufgelöst ist.
(a) Nicht ersichtlich ist, dass eine Auflösung bereits beim Austritt eines Gesellschafters erfolgen sollten, weil in den Beitrittserklärungen ausdrücklich enthalten ist, dass es jederzeit für den einzelnen Gläubiger möglich ist, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu verlassen.
(b) Allerdings steht eine Auflösung wegen Unmöglichwerdens der Zweckerreichung, § 726 BGB, im Raum. Ausweislich der Beitrittserklärungen „leben die Forderungen und Darlehen“ im „Fall der Insolvenz“ wieder auf. Dies ist nach Auffassung des Gerichts – auch aufgrund der Aussage des Zeugen Rechtsanwalt U. am 27.07.2015 – so zu verstehen, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich so lange besteht, wie eine Sanierung der Klägerin zu 2) erfolgen kann, für den Fall der Insolvenz leben alle eingebrachten Forderungen als solche wieder auf und fallen an die jeweiligen Gesellschafter zurück, die diese dann wieder selbst geltend machen können. Im vorliegenden Fall wurde ein Insolvenzantrag gestellt und das Insolvenzverfahren eröffnet, so dass davon auszugehen ist, dass aufgrund des Zweckfortfalls die Gesellschaft aufgelöst ist. Nicht ersichtlich ist, dass die Gesellschafter einen gemeinsamen Willen dahingehend gebildet haben, dass sie auch nach Insolvenzantragsstellung ihre Forderungen weiterhin in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts belassen wollten. Zwar liegen hier in der Anlage LD 54 die Vollmachten der einzelnen Gläubiger an den Gläubigerausschuss vor, aber aus diesen ergibt sich, dass alle Forderungen der Gläubiger einzeln angemeldet werden sollten und nicht die Forderung der Klägerin zu 1), was zwingende Konsequenz gewesen wäre, wenn die Gläubiger weiterhin eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet hätten. Folgerichtig mit der Auflösung der Gesellschaft haben auch alle Gläubiger ihre Forderungen einzeln im Rahmen des Insolvenzverfahrens angemeldet.
Allerdings besteht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch dann gegenüber Dritten noch weiter, wenn der Zweck der Auseinandersetzung dies erfordert, § 730 Abs. 2 S. 1 BGB.
Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin zu 1), dass ihr eine Forderung gegen den Beklagten zusteht. Um diese Forderung geht es in dem vorliegenden Verfahren. Es ist daher davon auszugehen, dass jedenfalls noch ein schwebendes Geschäft besteht, dessen Abschluss erforderlich ist, um die Auseinandersetzung durchführen zu können. Daher ist von einem Fortbestand der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auszugehen.
dd) Die Klägerseite konnte auch nachweisen, dass die Klägerin zu 1) wirksam im Prozess vertreten ist.
Die Anlagen LD 55 führen zwar nicht dazu, dass hier nachgewiesen wäre, dass von einer wirksamen Vertretung der Klägerin zu 1) auszugehen wäre, da es insofern an dem in den Beitrittserklärungen genannten erforderlichen „Summenmehrheit“ fehlt, um statt dem Zeugen Rechtsanwalt U. den jetzigen Vertreter Dr. H. einzusetzen. Keinesfalls kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Beklagte diese Unterlagen kannte, weil diese erst 2007 und später erstellt worden sind.
Allerdings ergibt sich aus dem Umlaufbeschluss, der als Anlage LD 80 vorgelegt worden ist, dass der jetzigen Vertreter Dr. H. als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer mit der erforderlichen „Summenmehrheit“ eingesetzt wurde.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der Einsetzung der beiden einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer Dr. Hartwig und B. B.-R. im Umkehrschluss ergibt, dass die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein sollen, § 710 S. 1 BGB. Aus diesem Grund waren die Gesellschafter der Klägerin zu 1) V., von G., U. und Gr. als Zeugen zu vernehmen (BGH NJW 1965, 2253).
2. Die Klägerin zu 2) ist prozessführungsbefugt, § 51 ZPO, und ordnungsgemäß im Prozess vertreten.
Die Klägerin zu 2) ist die Schuldnerin aus dem Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht München, Az.: 1501 IN 2101/02, und wird als AG i.L. von der Abwicklerin vertreten, § 269 Abs. 1 AktG. Die Klägerin zu 2) macht nunmehr zwei Schadenersatzpositionen gegenüber dem Beklagten geltend. Bei der ersten Position handelt es sich um den sog. „B.-Auftrag“, von welchem die Klägerin zu 2) behauptet, dass ihr dieser erteilt worden sie. Da sie hinsichtlich dieses Auftrages selbst Vertragspartnerin gewesen wäre, ist eine Prozessführungsbefugnis unproblematisch gegeben.
Bei der zweiten geltend gemachten Position handele es sich – so der Vortrag der Klägerseite – um die Forderungen der Gläubiger, die nicht der Klägerin zu 1) beigetreten seien (Bl. 32 d.A.), wobei die Klägerin zu 2) dies dahingehend modifiziert, dass sie nicht die Ansprüche anderer Gläubiger geltend machen würde, sondern die Klägerin zu 2) habe ihre Ansprüche gegen die E. GmbH erfüllungshalber abgetreten. Da der geltend gemachte Schaden allerdings die Ansprüche der Gläubiger der Klägerin zu 2) übersteige, werde der überschießende Betrag unmittelbar selbst geltend gemacht (Bl. 172 d.A.).
Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin zu 2) nicht die komplette Forderung gegen die E. GmbH an die Klägerin zu 1) abgetreten hat, so dass jedenfalls eine Prozessführungsbefugnis der Klägerin zu 2) hinsichtlich des überschießenden Teils der Forderung gegen die E. GmbH nicht ausgeschlossen erscheint.
II. Die Forderungen der Klägerseite sind nicht nach § 62 InsO verjährt
1. Nach § 62 S. 1 InsO richtet sich die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der aus einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters entstanden ist, nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Nach S. 2 der Vorschrift verjährt der Anspruch spätestens in drei Jahren von der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens an.
2. Im vorliegenden Fall endete das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin zu 2) durch Einstellung des Verfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 29.07.2008 (Anlage B 33). Dieser Einstellungsbeschluss wurde durch Veröffentlichung im Internet bekannt gemacht, § 215 Abs. 1 InsO. Dies geschah ebenfalls am 29.07.2008, so dass nach § 9 Abs. 1 S. 3 InsO die Einstellung am 01.08.2008 als öffentlich bekanntgemacht galt (so auch Beschluss des Landgerichts München I vom 07.10.2008, Aktenzeichen 14 T 16868/08, Anlage B 35). Die öffentliche Bekanntmachung ersetzt dabei die Zustellung und setzte den Lauf der Beschwerdefrist in Gang, §§ 9 Abs. 3, 6 Abs. 2 InsO. Die Beschwerdefrist gegen die Einstellung betrug zwei Wochen, § 569 Abs. 1 i.V.m. § 4 Inso und lief somit am 18.08.2008 ab. Mit Ablauf des 18.08.2008 trat somit Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses (Anlage B 33) ein. Mit Ablauf dieses Tages begann auch die der Lauf der Höchstfrist des § 62 InsO. Die Verjährung trat mithin mit Ablauf des 18.08.2011 ein.
3. Die Verjährung wurde allerdings rechtzeitig gehemmt sich durch die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages bei dem Landgericht Dresden am 26.07.2011, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB.
a) § 204 Abs. 1 Ziffer 14 BGB stellt dabei auf die Veranlassung der Bekanntgabe des PHK-Antrags ab und verlagert den Hemmungszeitpunkt auf die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags zurück, sofern die Veranlassung der Bekanntgabe „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO nach der Einreichung erfolgt ist. Auch der unzulässige, unschlüssige oder unbegründete Antrag begründet eine Hemmung (Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Auflage, 2015, § 204, Rz. 30 m.w.N.). Insbesondere schadet nach h.M. auch die Nachreichung der Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht (Palandt a.a.O.). Als Zeitpunkt der „Veranlassung der Bekanntgabe“ ist im vorliegenden Fall auf das Datum der richterlichen Verfügung der PKH-Antragsübersendung, mithin den 29.07.2011, abzustellen. Ausgehend vom Antragseingang am 26.07.2011 ist die Veranlassung der Bekanntgabe dann „demnächst“ erfolgt, so dass sich die Hemmungswirkung rückwirkend auf das Datum der Antragseinreichung erstreckt hat und die Höchstfrist nicht am 19.08.2011 abgelaufen, sondern gehemmt worden ist.
b) Doch auch wenn man für die „Veranlassung der Bekanntgabe“ auf das Datum der Ausführung der richterlichen Verfügung durch die Geschäftsstelle des Landgerichts und damit den 24.10.2011 abstellen wollte, wäre die Veranlassung der Bekanntgabe wohl noch als „demnächst“ i.S.v. § 204 Abs. 1 Ziffer 12 BGB, 167 ZPO erfolgt anzusehen, so dass auch hiernach die Verjährung gehemmt worden wäre. Denn die dann anzunehmende Verzögerung der Veranlassung der Bekanntgabe von mehreren Wochen ist – nach den zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätzen, wie sie etwa im Urteil des BGH vom 12.07.2006, Az. IV ZR 23/05 dargelegt worden sind – durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht worden und ist der Klägerseite damit grundsätzlich nicht zuzurechnen. Da die Klägerseite bei Einreichung des Antrags alle für den Eintritt der Hemmungswirkung erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht haben, waren sie im weiteren Verlauf nicht mehr gehalten, das gerichtliche Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf eine beschleunigte Veranlassung der Bekanntgabe hinzuwirken (vgl. BGH a.a.O.), dies insbesondere angesichts der zeitnah erfolgten Eingangsbestätigung des Landgerichts. Die Klägerseite, die nicht anwaltlich vertreten war, durfte sich darauf verlassen, dass die gerichtsinternen Vorgänge ordnungsgemäß ablaufen würden, zumal im PKH-Antrag der Hinweis auf den drohenden Eintritt der Verjährung enthalten und darauf hingewiesen worden war, dass der PKH-Antrag eine „Unterbrechung“ der Verjährung bewirken solle. Nachforschungen, ob und wann die Bekanntgabe des Antrags an die Gegenseite veranlasst worden sei, waren demzufolge entbehrlich. Dass die Klägerseite nicht ausdrücklich die Bekanntgabe oder Zustellung des PKH-Antrags (sondern lediglich der „beigefügten Schadensersatzklage“) beantragt hatte, schadet angesichts des für das Landgericht Dresden klar erkennbaren – und überdies auch erkannten – Rechtsschutzziels nicht. Ursächlich für die eingetretene Verzögerung war hier gerade nicht der unterbliebene Antrag auf Veranlassung der Bekanntgabe des PKH-Antrags, sondern ein gerichtsinternes Versäumnis (Nichtausführung der richterlichen Verfügung), den auch eine gezielte Antragstellung nicht hätte verhindern können. Erforderlich ist nach h.M. für den Eintritt der Hemmungswirkung in jedem Fall, dass der PKH-Antrag der Gegenseite tatsächlich bekannt gegeben wurde (vgl. Staudinger-Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2009, § 204 Rn. 117 m.w.N.), wie hier am 26.10.2011 durch Zustellung unstreitig geschehen. Wenn in der Kommentarliteratur zum Teil weitergehend (so wohl Ellenberger in Palandt, a.a.O., § 204 Rz. 32) gefordert wird, dass auch die Bekanntgabe „demnächst“ bzw. innerhalb der noch laufenden Verjährungsfrist (zumindest missverständlich Staudinger a.a.O.) erfolgen müsse, so kann das Gericht dieser Ansicht angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 204 Abs. 1 Ziffer 14 BGB unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24.01.2008, Az. IX ZR 195/06) nicht folgen. Denn in Abweichung von § 167 ZPO kommt es nicht darauf an, dass der Antrag den Schuldner demnächst erreicht, sondern es genügt die „demnächstige“ Veranlassung der Bekanntgabe.
III. Der Klägerin zu 1) stehen keine Ansprüche nach § 60 Abs. 1 InsO zu. Zum einen hat der Beklagte keine Pflichten verletzt, die ihm nach dem Gesetz obliegen, und zum anderen konnte die Klägerin zu 1) auch einen kausaler Schaden der behaupteten Pflichtverletzungen nicht nachweisen. Im Einzelnen:
1. Der Beklagte hat keine ihm obliegenden Pflichten verletzt.
a) Der Beklagte hat keine Pflicht dadurch verletzt, dass er Unterlagen, insbesondere die Schlussrechnung der Klägerin zu 2) an die E. GmbH, dadurch „unterdrückt“ hätte, dass er sie an sich genommen und nicht wieder herausgegeben hätte.
aa) Die Klägerinnen tragen insoweit vor, der Zeuge P. habe für den Beklagten am 08.11.2002 Unterlagen beschlagnahmt, bei welchen sich auch die Schlussrechnung der Klägerin zu 2) an die E. GmbH im Original befunden habe, die ihr dann im Verfahren gegen die E. GmbH nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, weswegen sie ihre Forderung nicht in voller Höhe habe durchsetzen können. Die E. GmbH habe nämlich in dem Verfahren die Authentizität der Unterschriften auf den Auftragsbestätigungen angezweifelt und die Klägerseite habe die Originale nicht vorlegen können.
bb) Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Beklagtenseite die Schlussrechnung im Original „unterdrückt“ hat, ist die Klägerseite. Die Klägerinnen konnten allerdings weder zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass die Schlussrechnung Teil der beschlagnahmten Unterlagen war noch, dass die Beklagtenseite diese zu einem Zeitpunkt in Besitz gehabt und nicht an die Klägerseite herausgegeben habe.
(1) Zum einen ist schon der diesbezügliche Sachvortrag widersprüchlich, weil die Klägerin zu 2) zunächst behauptet hatte, dass die Schlussrechnung 87 Seiten und acht Belegordner umfasse (Anlagen B 50, LD 68) und nunmehr im vorliegenden Verfahren behaupten, es handele sich um 16 Belegordner und Teil der Schlussrechnung seien auch farbige Booklets gewesen. Außerdem wird auf S. 12 des Schriftsatzes der Klägerseite vom 17.02.2014 (Bl. 176 d.A.) vortragen, die Klägerinnen hätten nie behauptet, der Beklagte habe die Schlussrechnung am 08.11.2002 in den Räumen der Klägerin zu 2) beschlagnahmt, sondern vielmehr, dass der Beklagte die umfangreichen Prozessakten, die die Klägerinnen im Dezember 2001 den 87 Indexseiten der Schlussrechnung in 16 Leitz-Ordnern zugeordnet haben, beschlagnahmt und bis heute nicht herausgegeben habe.
(2) Zum anderen ist für das Gericht bereits nicht hinreichend klargestellt und auch nach der durchführten Beweisaufnahme nicht hinreichend klar geworden, welche Form die sog. „Schlussrechnung“ zu welchem Zeitpunkt eigentlich hatte.
Zwar hat die Klägerseite im Termin vom 27.07.2015 drei Kartons übergeben, die laut Aussage der Klägerseite mit Ordnern gefüllt seien, die von der Kanzlei N. an die Klägerin übersandt worden sei (die sog. „N.-Kopie“). Dies sei die Schlussrechnung in Kopie. Darüber hinaus übergab die Klägerseite auch zwei bunt bedruckte Booklets, die ebenfalls Teil der Schlussrechnung sein sollen. Der Zeuge U. aber z.B. gab in seiner Vernehmung am 27.07.2016 an, für ihn sei die Anlage LD 6 die Schlussrechnung, die Booklets hätte er nicht als Schlussrechnung bezeichnet. Die Zeugin K-B., die Tochter der Abwicklerin der Klägerin zu 2), sagte in ihrer Vernehmung am 27.07.2015, sie wisse, dass es eine Schlussrechnung gegeben habe, aber was da genau drin gestanden habe, könne sie nicht mehr sagen. Zum Umfang der Schlussrechnung könne sie ebenfalls nichts sagen. Die Zeugin V., auch Tochter der Abwicklerin der Klägerin zu 2), hingegen gab an, die Schlussrechnung habe so ausgesehen „wie diese Ringbücher“, die der Zeugin vorgehalten wurden, wobei sie dabei die Booklets meinte. Die Zeugin gab weiter an, sich nicht daran erinnern zu können, ob sie „solche Ringbücher an dem Tag der Beschlagnahme gesehen habe“. Auch der Zeuge P. gab in seiner Vernehmung am 07.09.2015 an, es habe sich die Frage gestellt, was die Schlussrechnung gewesen sei. Wenn es ein Konvolut aus Aktenordnern gewesen sein sollte, dann habe es so ein Konvolut nicht gegeben. Es habe irgendwelche Rechnungen auf Briefpapier und auch welche ohne gegeben. Ob das die Rechnungen an die E. gewesen seien, das wisse er nicht mehr. Keiner habe genau gewusst, was die Schlussrechnung genau sei. Der Zeuge Dr. R. habe dann irgendwann damit angefangen, danach zu fragen. Der Zeuge P. habe dann die Abwicklerin der Klägerin zu 2) befragt. Die ihm vorgelegten Booklets kannte der Zeuge nicht und konnte sich auch nicht an Ordner mit gründen Rücken erinnern.
Auch der Zeuge Dr. R. erklärte, Booklets wie die ihm im Termin am 07.09.2015 vorgelegten, habe er vorher noch nie gesehen.
(3) Auch der vorgelegte Schriftverkehr spricht dafür, dass der Beklagtenseite die Schlussrechnung nicht vorlag.
(a) Aus der Anlage B 24, einem Schreiben der Beklagtenseite an die Abwicklerin der Klägerin zu 2) vom 2. Mai 2003 (Anlage B 24) ergibt sich, dass die Beklagtenseiten nachfragt, wie sich diverse Auftragsbestätigungen zueinander verhalten würden. Außerdem wird gefragt, welche Schlussrechnung maßgeblich sei. In der Folge wird mitgeteilt, dass die Klägerseite mitgeteilt habe, dass die Schlussrechnung 87 Seiten und 8 Belegordner umfasse. Diese Unterlagen seien die Beklagtenseiten ausweislich des Schreibens nicht übergeben worden. Die Klägerseite wird in dem Schreiben aufgefordert, die von ihr erwähnten 87 Seiten der Schlussrechnung, die Belegordner und etwaige sonstige Bestandteile der Schlussrechnung unverzüglich an die Beklagtenseite herauszugeben. In der Folge werden noch weitere Detailfragen zu dem Vertrag mit der E., dessen Durchführung und u.a. zur Abnahme der einzelnen Gewerke gestellt.
Für das Gericht ist weder ersichtlich noch nachvollziehbar, warum die Beklagtenseiten solches Schreiben an die Klägerseite hätte schicken sollen, wenn die Schlussrechnung der Beklagtenseite die ganze Zeit vorgelegen hätte. Hierfür konnte auch die Klägerseite keine plausible Erklärung anbieten.
(b) Keine andere Bewertung ergibt sich aus der Anlage LD 68. Zwar behauptet die Abwicklerin der Klägerin zu 2) in der Folge in diesem Schreiben vom 13.06.2003 (Anlage LD 68), dass sie keine Schlussrechnung mehr besitze. Es gäbe jedoch genügend Gläubiger der Klägerin zu 2), die noch eine Schlussrechnung besitzen würden, diese befänden sich jedoch ausnahmslos bei dem Treuhandfonds. In der Folge wird ausgeführt, dass die Beklagtenseite behauptet, dass die Abwicklerin der Klägerin zu 2) die Schlussrechnung nicht übergeben habe, es wird jedoch der mitgeteilt, dass diese Mitteilung auf einem Irrtum beruhen müsse, weil die Beklagtenseite die Schlussrechnung ja für das Gutachten ausgewertet habe. Mehr als naheliegend wäre allerdings aus Sicht des Gerichtes gewesen, die Beklagtenseite darauf hinzuweisen, dass sie selbst die Schlussrechnung am 8.11.2002 mitgenommen habe, wenn dies der Fall gewesen wäre. Gerade dieser Hinweis, der nach Auffassung des Gerichtes auch aufgrund der Ausführlichkeit des Schreibens im Übrigen, zwingend hätte erfolgen müssen, ist unterblieben, was jedenfalls dazu beiträgt, dass sich das Gericht nicht davon überzeugen kann, dass die Schlussrechnung tatsächlich am 08.11.2002 von der Beklagtenseiten mitgenommen worden ist.
(c) Im Übrigen behauptet die Klägerseite im Schriftsatz vom 03.04.2003 (Anlage B 50) an das Insolvenzgericht selbst, dass die Schlussrechnung bis zum 06.12.2002 dem Beklagten nicht vorgelegen habe. Erst am 05.12.2002 habe die Abwicklerin der Klägerin zu 2) dem Zeugen P. in einem Telefonat mitgeteilt, dass die Schlussrechnung 87 Seiten und acht Belegordner umfasse. Außerdem wird ausgeführt, dass der Beklagten bis zum 06.12.2002 die Schlussrechnung nie gesehen geschweige denn bewertet habe und auch bis zum 05.12.2002 die Schlussrechnung nie von der Klägerin zu 2) angefordert habe. Diese Behauptungen stehen im krassen Widerspruch zu dem jetzigen Vortrag, dass der Beklagte die Schlussrechnung bereits am 08.11.2002 aus den Räumlichkeiten der Klägerin zu 2) mitgenommen habe.
(d) Zuletzt kann auch durch die behauptete Erstellung einer Inventarliste und den bestätigenden Aussagen der Zeugen K-B., V. und Gr. nichts entnommen werden. Keiner der Zeugen konnte angeben, welchen Inhalt die Inventarliste hatte und keine der beiden Parteien hat eine entsprechende Liste vorgelegt.
(4) Darüber hinaus kann sich das Gericht aufgrund der Aussagen der Zeugen nicht davon überzeugen, dass am 08.11.2002 diese Ordner samt bunt bedruckten Bocklets vorgelegen haben, und diese von der Beklagtenseite mitgenommen worden sind.
(3) Die Zeugen können diesen Vorgang nicht zur Überzeugung des Gerichts bestätigen.
(a) Der Zeuge P. gab in seiner Vernehmung am 07.09.2015 an, dass der Zeuge Dr. R. mehrfach nach der Schlussrechnung gefragt habe. Im Zuge dessen habe der Zeuge P. keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie in München im Büro nicht habe. Wenn die Schlussrechnung mehrere Aktenordner umfasse, dann könne er ausschließen, dass er die übersehen habe. Der Zeuge erklärte sodann auf Vorhalt der Anlagen LD 68 und B 24, dass der Begriff „Schlussrechnung“ in den Anlagen seines Erachtens in zwei verschiedenen Varianten verwendet werde. Beim ersten Absatz würde er meinen, dass es hier um ein 2- bis 3-seitiges Dokument geht. Später werde dann gesagt, dass es 87 Seiten und Belegordner seien.
Der Zeuge besah sich in der Folge intensiv die von der Klägerseite im Termin vom 27.07.2015 vorgelegten Ordner, konnte aber nicht angeben, dass ihm diese Ordner vorlagen. Er erklärte dazu, dass wenn ihm gesagt werde, dass die Rücken der Leitzordner grün gewesen seien und die Beschriftung die gleiche gewesen sei wie auf den ihm nunmehr vorgehaltenen Ordnern, dann könne er dazu sagen, dass ihm Ordner mit grünen Rücken und dem Wort Schlussrechnung in der Kanzlei nicht vorgelegen hätten. Der Zeuge P. gab in der Folge an, dass er nicht ausschließen könne, dass solche Ordner, wie sie ihm hier vorgelegt seien, bei den Ordnern dabei gewesen seien, die er bekommen habe, aber alle Vernunft spreche dagegen. Wenn er die ihm vorgelegten Ordner hier in die Hand nehme, so seien sie hoch spannend.
Der Zeuge P. war glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft. Der Zeuge ist nicht mehr für den Beklagten tätig, sondern Inhaber einer eigenen Insolvenzverwalterkanzlei, weswegen ihm auch keine Unterlagen mehr vorlagen. Ein Interesse des Zeugen am Ausgang des Verfahrens ist nicht erkennbar gewesen. Der Zeuge war vielmehr sehr bemüht, zur Aufklärung beizutragen, indem er nicht nur angab, woran er sich erinnern kann, sondern auch jeweils versuchte, den Sachverhalt plausibel nachzuvollziehen und – wenn keine konkreten Erinnerungen vorlagen – darzulegen, wie es aus seiner Sicht gewesen sein könnte oder müsste, wobei er stets kenntlich machte, ob er eine Angabe aufgrund einer Vermutung oder einer konkreten Erinnerung machte. Der Zeuge zeigte keinerlei Tendenzen zugunsten der einen oder anderen Richtung und berichtete sehr sachlich von den zwischen den Parteien aufgetretenen Spannungen.
(b) Der Zeuge Gr. gab zum Termin am 08.11.2002 an, die Ordner mit den Schlussrechnungen und mit den Anlageordnern hätten in dem Raum, wenn man rein kam, rechter Hand gestanden. Die Schlussrechnung habe er an diesem Tag nicht genau angeschaut, er sei in der Wohnung gewesen. Der Zeuge gab an, er habe zu einem früheren Termin Klebeschildchen an die Seiten gemacht, von denen er sich eine Kopie gemacht habe, damit man die Seiten wiederfinde, die kopiert werden sollten. Das sei an dem vorherigen Termin zur Vorbereitung der Unterlagen für den Prozessfinanzierer gewesen. Die Ordner mit der Schlussrechnung habe er durchgearbeitet, das sei die Vorbereitung für die Aufarbeitung der Unterlagen für den Prozessfinanzierer gewesen. An dem 08.11.2002 seien die Ordner aufgelistet und dann mitgenommen worden. Die Originalunterlagen hätten auf dem Besprechungstisch gestanden. Er habe die Ordner gesehen, die er gekannt habe. Reingeschaut habe er an diesem Tag nicht. Der Zeuge gab weiter an, er gehe davon aus, dass die Ordner erfasst worden sind, da sie im Büro gestanden hätten. Der Zeuge erklärte auch auf Vorhalt der von der Klägerseite im Temin vorgelegten Spiralordner, dass er diese gesehen habe.
Der Zeuge war grundsätzlich glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft. Der Zeuge gab an, dass er kein Interesse an der vorliegenden Sache habe, er besitze allerdings Aktien im Wert von ca. 5.000,00 € an der Klägerin zu 2). Der Zeuge machte detailreiche Angaben, gab allerdings auch Erinnerungslücken zur Protokoll.
(c) Der Zeuge K. gab an, er habe damals die Unterlagen, die seitens der Beklagtenseite zurückgesandt worden sind, durchgesehen. Es seien zwar Originale dabei gewesen, aber u.a. keine Auftragsbestätigungen im Original. Der Zeuge gab weiter an, er habe keine Originalunterlagen gesehen, er habe gedacht, diese habe die Abwicklerin der Klägerin zu 2) in ihrem Büro.
Der Zeuge K. war glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft. Der Zeuge war Richter am Oberlandesgericht und deutlich bemüht, trotz des Umstandes, dass der Sachverhalt, über den er sich äußern sollte, bereits lange zurückliegt, präzise und detaillierte Angaben zu machen und die Fragen des Gerichtes möglichst genau zu beantworten. Nicht erkennbar war, dass der Zeuge irgendeinen Interesse am Ausgang des Verfahrens gehabt hätte.
Seine Aussage mag zwar darauf schließen lassen, dass seitens der Beklagten keinen Unterlagen der Schlussrechnung und auch nicht die Schlussrechnung im Original zurückgesandt worden ist, allerdings hat der Zeuge auch gesagt, die Schlussrechnung als solche in ihrer Gesamtheit habe er nie gesehen. Er habe Tabellen und Aufstellungen gesehen und habe nur die Listen mit den einzelnen Projekten gehabt. Daraus ergibt sich für das Gericht nicht, dass dem Beklagten die Schlussrechnung im Original vorgelegen hätte. Der Umstand, dass die Originale nicht durch den Beklagten zurückgesandt wurden, kann ebenfalls darauf zurückzuführen sein, dass er diese nicht in Besitz hatte.
(d) Die Zeugin K-B. sagte nach Vorhalt der von der Klägerseite im Termin übergebenem Ordner aus, dass sie so etwas gesehen habe, sie habe Faxe gesehen, ob sie auch die Originale gesehen habe, wisse sie nicht mehr. Im Besprechungsraum seien Ordner dieser Art waren, die hätten einen grünen Rücken gehabt. Ob da Originale drin gewesen seien, wisse sie nicht mehr. Sie habe nur sporadisch mitgeholfen. Diese Ordner mit den grünen Rücken seien dann auch eingepackt und mitgenommen worden, wobei sie nicht angeben konnte, was in den Ordnern zu diesem Zeitpunkt enthalten war. Zu den Booklets sagte die Zeugin aus, sie kenne diese und habe diese anhand der Originalunterlagen geprüft.
Die Zeugin war grundsätzlich glaubwürdig und ihre Aussage im Wesentlichen glaubhaft. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Zeugin die Tochter der Abwicklerin der Klägerin zu 2) ist, zum damaligen Zeitpunkt hochschwanger und dementsprechend angestrengt war, und auch durch ihre Aussage deutlich machte, auf dass sie auf der Seite ihrer Mutter steht. Dies zeigt sich insbesondere an den eindeutigen Aussagen zu den Abläufen rund um die Verwahrung der Unterlagen und die Abholung ihrer Unterlagen. Die Zeugin zeigt dabei unverhohlen ihre Missbilligung über die Art der Verwahrung und schilderte diese in teilweise drastischen Worten („Gelump“; Unterlagen für „Hinz und Kunz“ zugänglich; sie sei „extrem schockiert“ gewesen).
(e) Die Zeugin V., die in der gleichen Wohnung, in welcher die Klägerin zu 2) ihr Büro hatte, ebenfalls ein Büro hatte und dort ihren Veranstaltungsservice „Mälzerei GmbH“ betrieb, gab an auf Vorhalt der im Termin übergebenen Ordner an, sie könne sich nicht daran erinnern, ob auf den Ordnern in dem Büro die gleichen Bezeichnungen draufgestanden hätten wie auf den vorgehaltenen Ordnern. Die Zeugin gab allerdings an, die Abwicklerin der Klägerin zu 2) habe immer mit den Ordnern gearbeitet, die in ihrem Büro gestanden hätten, es hätte sich um Ordner mit gründen Rücken gehandelt. In diesen Ordnern seien jedenfalls zum Zeitpunkt eines Gesprächs zwischen der Abwicklerin der Klägerin zu 2) und dem Beklagten im Sommer 2002 Originalunterlagen gewesen. Die Ordner seien alle gleich gewesen und hätten sich nicht voneinander und auch nicht von anderen Ordnern unterschieden. Diese Ordner seien dann auch von der Beklagtenseite mitgenommen worden.
Die Zeugin war grundsätzlich glaubwürdig und ihre Aussage im Wesentlichen glaubhaft. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Zeugin die Tochter der Abwicklerin der Klägerin zu 2) ist und darüber hinaus laut ihrer eigenen Aussage in einem höchst angespannten Zustand war. Die Zeugin gab an, sie habe damals einen schweren Nervenzusammenbruch, direkt nach der Räumung und dann nochmal nach dem Termin mit der einstweiligen Verfügung, gehabt. Sie sei völlig außer sich gewesen und habe kein Verständnis dafür gehabt, dass ihr so Unrecht getan werde, diese sei nicht nachvollziehbar gewesen. Es erscheint daher fraglich, ob die Zeugin tatsächlich das wiedergab, was sich tatsächlich zugetragen hat oder ob sie im Nachhinein – als sich ihr Zustand wieder normalisierte – lediglich aufgrund von Gesprächen meinte, dass sich alles so zugetragen hat., zumal die Zeugin in ihrer Aussage auch einige Dinge wie z.B. Landgericht und Amtsgericht durcheinenanderbrachte.
(f) Die Zeugin Gr. bestätigt zwar den Vortrag der Klägerseite, allerdings kann das Gericht der Aussage der Zeugin keine nennenswerte Bedeutung beimessen. Die Zeugin las überwiegend ihre Aussage aus mitgebrachten Unterlagen ab und erklärte dazu in ihrer Vernehmung am 11.01.2016 auf Nachfrage der Beklagtenseite, sie habe sich zwei Monate auf diese Aussage vorbereitet. Sie sei einmal bei der Abwicklerin der Klägerin zu 2) in den Keller gegangen und habe alle Unterlagen angesehen. In ihrem Fundus habe sie auch die Unterlagen angesehen. Sie habe auch in meinem Tagebuch nachgelesen und viele Gespräche mit der Abwicklerin der Klägerin zu 2) geführt und diversen Bekannten, unter anderem mit dem jetzigen Prozess L. und dem Zeugen K.. Es sei so gewesen, dass sie Bilder gehabt habe und mit den Terminen, die sie dann erfahren habe, ergäbe sich ein Gesamtbild.
Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die vorliegenden Vorgänge bereits Jahre zurückliegen und die Erinnerungen zum Teil verblasst sein dürften. Ebenfalls ist es zulässig, sich auf Vernehmungen mit Unterlagen vorzubereiten. Bei einer Vorbereitungszeit von zwei Monaten und vielen Gesprächen mit der Vertreterin einer Partei besteht aber durchaus die Gefahr, dass vermeintliche Erinnerungen generiert werden. Dass hier offenbar genau dies eingetreten ist und die Zeugin nicht das wiedergab, was sich selbst noch wusste, sondern dass, was ihr gesagt worden ist, zeigt sich daran, dass mehrfach unterbrochen werden musste, die Zeugin weinte und außerhalb des Sitzungssaales erklärte, sie habe sich so lange vorbereitet und stehe unter einer starken Anspannung. Auch war die Aussage insgesamt sehr viel detaillierter, als die Aussage der anderen Zeugen und enthielt Elemente aus anderen Aussagen, wie z.B. die grünen Ordnerrücken. Darüber hinaus konnte die Zeugin Gr. allerdings keine eigenen Angaben machen, wenn z.B. von der Chronologie ihrer Aufzeichnungen abgewichen wurde oder die Zeugin andere Sachen gefragt wurde, auf die sich nicht vorbereitet war oder wenn sie Dinge mit eigenen Worten erläutern musste.
(g) Aufgrund der Aussagen kann sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass dem Beklagten die Schlussrechnung, die 87 Seiten Rechnung, die Spiralhefte oder die Belegeordner vorlagen und dass er die Unterlagen im Termin am 08.11.2002 mitgenommen und nicht wieder an die Klägerseite herausgegeben hat. Die Aussage des Zeugen P. war insofern eindeutig und das Gericht entnimmt dieser, dass ihm die entsprechenden Unterlagen nicht vorlagen. Soweit die anderen Zeugen angegeben haben, dass bestimmte Ordner, in denen sich ihrer Ansicht nach Unterlagen zu dem streitgegenständlichen E.-projekt befanden, an dem besagten Termin seitens der Beklagtenseiten mitgenommen worden sein, so kann sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass dies die hier fraglichen Unterlagen waren, weil die Zeugen alle nicht bestätigen konnten, dass diese auch in der Unterlagen tatsächlich in den Ordnern vorhanden waren. Zwar mögen gewisse Indizien darauf hindeuten, dies reicht aber nicht Überzeugungsbildung des Gerichtes aus.
(h) Im Übrigen ist auch nicht nachgewiesen, dass die Durchsetzung der E.-Forderung dadurch erschwert oder gar verhindert wurde, dass die Unterlagen nicht im Original vorlagen. So gab sogar der Zeuge der Klägerseite U. in seiner Vernehmung am 27.07.2015 an, der Rechtsanwalt der E. GmbH, Rechtsanwalt K. habe nicht explizit die Auftragsbestätigungen sehen wollen. Es sei nie darum gegangen, ob diese in Original vorliegen oder nicht, der Streitpunkt sei vielmehr gewesen, ob die Zusatzaufträge erteilt worden sind und ob diese Leistungen unter den Standard-Rahmenvertrag fallen sollten.
(5) Im Übrigen ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Beklagte oder auch der Zeuge P. die Unterlagen nicht an die Klägerseite hätte herausgeben wollen. Die Spekulationen der Klägerseite über den in seiner Berufsehre gekränkten Beklagten sind unsubstantiiert und durch nichts nachgewiesen. Ein stichhaltiges Motiv für eine Urkundenunterdrückung, wie die Klägerseite sie dem Beklagten vorwirft, ist nicht ersichtlich. Auch ist weder dargelegt noch nachgewiesen, dass der Beklagte irgendwelche Vorteile hiervon gehabt hätte oder wie diese sich dargestellt hätten.
b) Der Beklagte hat keine ihm obliegenden Pflichten dadurch verletzt, dass er die Stimmrechtsverteilung auf der Gläubigerversammlung „hintertrieben“ oder „manipuliert“ hätte.
aa) Darlegungs- und beweisbelastet für eine solche Pflichtverletzung ist die Klägerseite.
bb) Einen solchen Nachweis konnte sie nicht zur Überzeugung des Gerichts erbringen.
(a) Die Ausführungen in der Klageschrift hierzu (Bl. 6 d.A.) sind unsubstantiiert und ohne Beweisangebot.
(b) Die neuerlichen Ausführungen hierzu in der Klageerwiderung (Bl. 72-74 d.A.) sind überwiegend ohne Beweisangebot und werden auch durch die vorgelegten Unterlagen widerlegt bzw. jedenfalls nicht belegt. Im Einzelnen:
(aa) Die Behauptung, der Beklagte habe vor der Stimmrechtsfestsetzung mit Gläubigern telefoniert und es habe dementsprechend zwei Listen von Gläubigern gegeben, nämlich eine solche mit Gläubigern, die sich für den Beklagten ausgesprochen und eine mit den Gläubigern, die sich gegen den Beklagten ausgesprochen hätten, ist nicht nachgewiesen.
Es liegen weder Unterlagen vor, die solche Telefonate belegen noch konnte die angeblichen Listen vorgelegt werden. Zeugen für den Vortrag wurden nicht angeboten.
(bb) Die Behauptung, es hätten nur solche Gläubiger Stimmrechte erhalten, die sich für den Beklagten ausgesprochen hätten, ist ebenfalls nicht nachgewiesen, sondern wird wiederlegt durch die Anlage B 7. Aus der Anlage B 7, dem Beschluss zur Stimmrechtsfestsetzung vom 11.12.2002, ergibt sich, dass von den vier Gläubigern, die volles Stimmrecht erhielten, zwei der Klägerin zu 1) angehören, nämlich der Vertreter der Klägerin zu 1) Dr. T. und Herr K. (vgl. Liste der Gesellschafter der Klägerin zu 1 – Anlage LD 1). Im Übrigen erhielten nur fünf weitere Gläubiger ein Stimmrecht, wobei die Klägerseite nicht konkret dargelegt und bewiesen hat, dass es sich bei diesen allesamt um solche Gläubiger handelt, die sich gegen den Beklagten ausgesprochen hätten und bei den übrigen um solche, die sich gegen den Beklagten ausgesprochen hätten.
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die Stimmrechtsfestsetzung nicht seitens des Beklagten erfolgte, sondern durch das Gericht in Form des Rechtspflegers N. (vgl. Anlage B 7). Es wurde weder darlegt noch bewiesen, dass die Stimmrechtsfestsetzung nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Insolvenzordnung erfolgt wäre. Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass hinsichtlich der einzelnen Gläubiger die Voraussetzungen des § 77 InsO erfüllt waren und der Beklagte – soweit überhaupt er es war, der die Forderungen jeweils bestritten hat – die Forderungen zu Unrecht bestritten hätte.
(c) Soweit dann nochmals Ausführungen hierzu im Schriftsatz vom 08.12.2014 (Bl. 333-340 d.A.) gemacht werden, sind diese unerheblich und im Hinblick auf das Bestreiten der Forderungen unsubstantiiert. Selbst wenn man aber unterstellt, dass die unsunstantiierten Ausführungen auf S. 80 des Schriftsatzes vom 08.12.2014 (Bl. 334 d.A.) wahr sind, so erschließt sich daraus keine Pflichtverletzung des Beklagten. Es wird weder dargelegt, bei welchen Gläubigern hier „wird bestritten“ in den „Raum“ gerufen werden sollte, noch bei welchen dies auch tatsächlich passiert ist und dass dies zu Unrecht geschehen ist. Eine Einvernahme der genannten Zeugen hatte daher zu unterbleiben.
Soweit angebliche andere Fälle hier herangezogen werden, die ein „systematisches Vorgehen“ des Beklagten belegen sollen, sind die Ausführungen ungeeignet, um im vorliegenden Fall nachzuweisen, dass der Beklagte Pflichtverletzungen begangen hat. Solche sind konkret nachzuweisen. Das Gericht ist nicht gehalten, Indizien und Vermutungen, die mit Presseartikeln zu anderen Insolvenzfällen belegt werden sollen, nachzugehen.
Soweit dann zuletzt noch ausgeführt wird (Bl. 83 ff des Schriftsatzes; Bl. 337 ff. d.A.), dass der Zeuge Rechtsanwalt U. „auf Druck des Beklagten“ sein Amt als Vertreter des Treuhandfonds niedergelegt habe, so ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, wozu es geführt hätte, es der Zeuge sein Amt nicht niedergelegt hätte. Selbst wenn man also die Sachverhalt als wahr unterstellt, ist ein kausaler Schaden deswegen jedenfalls nicht dargelegt.
(cc) Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die beantragte Eigenverwaltung seitens der Gläubigerversammlung aufgrund einer durchgeführten Abstimmung nach § 270 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 InsO abgelehnt wurde. Es wurde weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Abstimmung anders ausgefallen wäre, wenn die Stimmrechtsfestsetzung anders erfolgt wäre, da bereits nicht dargelegt wurde, wie sich die Stimmrechtsverhältnisse dann dargestellt hätten.
c) Der Beklagte hat keine ihm obliegenden Pflichten dadurch verletzt, dass er die Forderung gegenüber der E. GmbH „verspätet“ erst am 16.11.2004 freigegeben habe.
aa) Aus § 47 S. 1 InsO ergibt sich, dass kein Insolvenzgläubiger ist, wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Die Feststellung der Aussonderungsberechtigten ist ein Teil der Masseverwaltung, sodass die Prüfung durch den Verwalter, ob Absonderungsrechte bestehen, eine originäre Verwalterpflicht ist (Brinkmann in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage, 2015, § 47, Rz 127). Stellt der Insolvenzverwalter fest, dass Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, muss er das Aussonderungsrecht anerkennen, was in der Regel dadurch geschieht, dass der Insolvenzverwalter die Forderung „freigibt“. Einen bestimmten Prüfungszeitraum für die Prüfung von Aussonderungsrechten sieht das Gesetz nicht vor.
bb) Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Freigabe verspätet war, ist die Klägerseite. Der Beklagte hat lediglich im Rahmen einer sekundären Darlegungslast darzulegen, warum er wie lange für die Prüfung gebracht hat.
cc) Die Klägerseite konnte nicht nachweisen, dass der Beklagte die Forderung früher hätte freigeben können und müssen.
(a) Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass sich im Laufe des Insolvenzverfahrens zahlreiche weitere Forderungsabtretungen und Pfändungen ergeben hätten, die zu immer wieder neuen Fragen geführt hätten. Zum einen hätten diverse Einzelabtretungen über Teilbeträge an verschiedene Gläubiger existiert, zum anderen hätte es zwei Forderungsabtretungen an den Prozesskostenfinanzierer S. AG gegeben. Die eine Abtretung datiere auf den 25.11.2001 (Anlage LD 36) und die anderen sei mit gesonderter Vereinbarung vom 20.12.2011 erfolgt ist (Anlage BA 18). Das Verhältnis der beiden Abtretungen zu einer anderen sowie die Auswirkungen des Bedingungseintrittes der eine Abtretung auf die andere Abtretung seien äußerst umstritten gewesen.
Darüber hinaus hätte es eine weitere Abtretungserklärung vom 17.07.2001 an den Zeugen Rechtsanwalt U. gegeben, wobei nicht klar gewesen sei, ob der Zeuge U. für die Klägerin zu 2) oder für die Gläubigergemeinschaft aufgetreten sei. Außerdem habe eine weitere Abtretung an die Zeugin V. vorgelegen, die sich auf einen Teilbetrag über 15.000,00 € belaufen habe. Im November 2003 sei überdies eine weitere Abtretung an die Zeugin V. im Rahmen eines sogenannten Forderungsverkaufs vom 01.07.2001 aufgetreten. Diese Abtretung sei seitens der Liquidatorin der Klägerin zu 2) vorher noch nie erwähnt worden und habe sich auch nicht in den Geschäftsunterlagen oder der geführten Korrespondenz befunden. Es hätten daher Zweifel an der Echtheit der Urkunde bestanden. Hinzugekommen seien letztendlich auch noch Verpfändungen in Höhe von ca. 34.000,00 €.
Darüber hinaus habe die Klägerseite sich nicht mitwirkungsbereit gezeigt und die Information abgeblockt, was die Prüfung der Forderung erschwert habe.
(b) Die Klägerseite hingegen legte dar, dass es lediglich eine Abtretung an den Prozessfinanzierer S. gegeben habe, was sich aus § 7 der Anlage B 18 ergebe.
Tatsächlich ist in Ziffer 1 des § 7 der Anlage B 18 ausgeführt, dass zur Sicherung der Ansprüche aus diesem Vertrag (gemeint ist Anlage B 18) der Anspruchsinhaber (also die Klägerin zu 2)) die „streitigen Ansprüche“ sowie sämtliche Ansprüche auf Prozesskostenerstattung gegen den Anspruchsgegner und Dritte in einer separaten Urkunde an S. abgetreten werden. Allerdings ist am Ende der Ziffer 1 weiter ausgeführt: Die Abtretung wird mit Abschluss dieses Vertrages wirksam. Der Abschluss des Vertrages erfolgte ausweislich der Anlage B 18 am 20.12.2001.
Aus der Anlage LD 36, welche mit „Abtretungsvereinbarung“ überschrieben ist, ist hingegen ausgeführt, dass der Anspruchsinhaber (die Klägerin zu 2) mit der S. einen Vertrag zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten geschlossen habe. Weiter ist der Anlage zu entnehmen, dass hiermit die „streitigen Ansprüche“ und weitere Ansprüche an S. abgetreten werden. Die Vereinbarung datiert auf den 25.11.2001/20.12.2001. Handschriftlich ist ergänzt: „Vorbehaltlich der Nichtgewährung von PKH: Antrag ist gestellt, aber noch nicht entschieden.“
Das Gericht kann aus den vorgelegten Unterlagen nicht ohne Weiteres entnehmen, dass die Anlagen LD 18 und LD 36 eine Abtretungsvereinbarung darstellen sollen, da sie unterschiedliche Daten aufweisen und auch die „Abtretungsvereinbarung“ (Anlage LD 36) nicht als „Anlage 2“ gekennzeichnet ist, wie es in Ziffer 1 des § 7 der Anlage B 18 ausgeführt ist. Außerdem enthält Anlage B 18 im Gegensatz zu LD 36 auch keine Bedingung.
Die Klägerseite legte dazu noch die Anlage LD 58 vor, die den angeblich vollständigen Vertrag der Klägerin zu 2) mit der S. darstellt. Dieser Vertrag ist allerdings nicht seitens der S. unterzeichnet und enthält neben der Unterschrift der Abwicklerin der Klägerin zu 2) kein Datum. Aus dieser Anlage lässt sich nichts zugunsten der Klägerseite herleiten.
Darüber hinaus ist auszuführen, dass auf der Anlage LD 36 vermerkt ist, dass die Vereinbarung unter dem Vorbehalt der Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt ist. Der Zeuge Dr. R. führte dazu in seiner Vernehmung am 07.09.2015 aus, dass für sie als Nichtverfasser nicht ganz klar gewesen sei, wie das zu verstehen gewesen sei. Es habe nämlich mehrere Prozesskostenhilfeverfahren gegeben, und es der Vereinbarung nicht zu entnehmen gewesen, welches Prozesskostenhilfeverfahren gemeint gewesen sei.
Es kann seitens des Gerichts bis heute nicht nachvollzogen werden, wie sich der Sachverhalt betreffend die Prozesskostenhilfeverfahren tatsächlich dargestellt haben, so dass dieser Punkt hier erschwerend bei der Prüfung hinzukam.
(c) Die Klägerseite legte weiter dar, die Abtretung an S. sei außerdem „ins Leere“ gegangen, weil es vorher eine Abtretung an die Klägerin zu 1) gegeben habe und legt zum Beweis dieser Tatsache die Anlage LD 5 vor.
Tatsächlich gab es jedoch nicht nur eine Forderungsabtretung an die Klägerin zu 1), sondern mehrere. Dies ergibt sich aus dem Anlagenkonvolut B 39. In diesem Anlagenkonvolut finden sich Abtretungsvereinbarungen an die Klägerin zu 1) vom 14.07.2001, 17.07.2001 und 01.07.2002. Die Klägerseite konnte bereits im vorliegenden Verfahren nicht schlüssig und nachvollziehbar erklären, wie sich diese Abtretungen zueinander verhalten und auch nicht, wie sich die verschiedenen Beträge zusammensetzen. Nicht vorgetragen ist insbesondere, dass dies dem Beklagten im Rahmen des Insolvenzverfahrens dargelegt worden wäre oder ihm sonst hätte klar sein müssen, wie sich die Abtretungen zueinander verhalten.
(d) Hinzu kommt, dass es weitere – zeitliche vorausgehende – Abtretungen und Forderungsverkäufe der Klägerin zu 2) an die Zeugin V. gegeben hat und somit entgegen der Behauptung der Klägerseite Einzelabtretungen außerhalb der Treuhand vorgelegen haben. So ergibt sich aus den Anlagenkonvolut B 39, dass die Klägerin zu 2) der Zeugin V. eine Forderung verkauft und hierfür einen Geldbetrag in Höhe von 20.000,00 DM in Empfang nimmt. Ausweislich des Vertrages ersetzt diese eine formlose Forderungsabtretung, welche der E. GmbH gegenüber offengelegt worden sei. Diese Vereinbarung datiert vom 01.07.2001. Außerdem liegt ein Darlehensvertrag zwischen der Klägerin zu 2) und der M., der Firma der Zeugin V., über 140.000,00 € vor, wobei vereinbart wurde, dass die Klägerin zu 2) das Darlehen mit seinen Forderungen an die E. GmbH sichere.
Die Zeugin V. selbst konnte in ihrer Vernehmung am 27.07.2015 nicht erklären, warum mit ihr ein spezieller Vertrag mit Abtretung gemacht worden ist. Sie konnte die Zusammenhänge, die Höhe der Forderungen und den Zweck der verschiedenen Verträge nur äußerst vage und nicht nachvollziehbar darstellen. Deutlich wurde nur, dass aus ihrer Sicht die Verträge als Sicherheiten dienen sollten für ihre Leistungen, die sich in Höhe von ca. 140.000,00 € erbracht habe. Wenn bereits die Zeugin, die diese Vorgänge persönlich betrifft, die Zusammenhänge nicht nachvollziehbar schildern kann und die Klägerseite diese Vorgänge ebenfalls nicht nachvollziehbar und plausibel darstellen kann, dann kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte als Insolvenzverwalter oder auch der Zeuge P. als sein Mitarbeiter die Vorgänge hätten nachvollziehen müssen.
Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass der Zeuge Rechtsanwalt U. angab, „dieses Dokument“ – gemeint ist der Forderungsverkauf vom 01.07.2001 – habe er später mal gesehen. Zum Zeitpunkt der Berichterstellung zum 31.07.2001 habe er es nicht gesehen, sonst hätte er es berücksichtigt. Obwohl der Forderungsverkauf also im gleichen Monat stattgefunden hat wie die Berichterstellung durch den Zeugen Rechtsanwalt U. hat die Klägerin zu 2) offenbar dem Zeugen den Forderungsverkauf nicht offengelegt, was nicht dafür spricht, dass die Verträge alle transparent und für jeden erkennbar nebeneinander bestanden hätten.
Soweit die Klägerseite ausführt, dass diese Abtretung irrelevant sei, weil die Zeugin V. „diese Forderung“ in die Treuhand eingebracht habe und sich dabei auf Anlage LD 54 beruft, so kann sie damit nicht durchdringen. Zwar ergibt sich aus der Beitrittserklärung der Zeugin V. (Anlage LD 54/24), dass sie ihre Forderung einschließlich der Sicherungsrechte in die Treuhand einbringe, woraus sich ergibt, dass hier möglicherweise auch die zur Sicherheit abgetretene Forderung gegen die E. GmbH in die Klägerin zu 1) eingebracht ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Konstruktion der Klägerin zu 1) auch im vorliegenden Verfahren einen erheblichen Streitpunkt darstellte und sich sowohl die Beweisaufnahme als auch der Vortrag der Klägerseite hierzu schwierig gestalteten. Es kann daher nicht angenommen werden, dass die Prüfung der Abtretung der Forderung durch die Beklagtenseite sich durch das Einbringen der Forderung in die Klägerin zu 1) in irgendeiner Weise vereinfacht hätte.
(e) Darüber hinaus lag entgegen dem Vortrag der Beklagtenseite eine Vielzahl an Pfändungen vor, wie sich ebenfalls aus dem Anlagenkonvolut B 39 ergibt. Es mag sein, dass einige dieser aus verschiedenen Gründen unproblematisch zu prüfen waren, dies kann aber dahinstehen, genauso wie die Frage, ob eine einzelne Abtretung wie die hinsichtlich des Finanzamtes zurückgenommen war oder nicht.
Vielmehr ist hier festzuhalten, dass sich die Unterlagen der Klägerseite – wie auch im vorliegenden Verfahren – ungeordnet und nur schwer prüfbar darstellten und die Abwicklerin der Klägerin zu 2) nur eingeschränkt zur Mitwirkung bereit war. Dies ergibt sich ohne weiteres aus den Anlagen B 24, B 25 und in der Folge aus Anlage LD 68, einen Schreiben vom 16.03.2003, in welchem die Abwicklerin der Klägerin zu 2) eine Bezahlung für ihre Mitwirkung verlangt. Auch der Zeuge Dr. R. bestätigte, dass die Unterlagen ungeordnet und zum Teil unvollständig waren, und mehrfach schriftlich bei der Vertreterin der Schuldnerin Fragen gestellt worden seien, Antworten auf diese hätten sie nicht bekommen. Der Zeuge Dr. R. war glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft. Der Zeuge gab seine Aussage ruhig und ohne Tendenzen zu Protokoll. Er wies auf Erinnerungslücken hin, war aber deutlich bemüht, detaillierte und konkrete Angaben zu machen, die für eigenes Erleben sprechen.
Auch der von der Beklagtenseite vorgelegte Schriftverkehr (Anlage B 41 bis B 43) zeigt deutlich, dass auch zwischen den weiteren Beteiligten, so z.B. dem Rechtsanwalt der E. GmbH K. und dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zeugin V., Unklarheit über die einzelnen Abtretungen herrschte.
(f) Letztendlich zeigt sich auch in dem Umstand, dass zuletzt die E. GmbH einem Vergleich nur zustimmen wollte, wenn die Forderung von Drittrechte freigestellt wird, dass während der gesamten Dauer des Insolvenzverfahrens unklar war, welche Rechte an der Forderung bestanden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auch in dem vorliegenden Verfahren die Abtretungen ihrer Reihenfolge und Höhe nach nicht zu klären waren. Aus diesem Grund konnte von dem Beklagten nicht verlangt werden, zu einem – durch die Klägerseite nicht näher bestimmten – Zeitpunkt vor dem 16.11.2004 die Freigabe zu erklären. Insbesondere war keine Freigabe am 09.09.2002 möglich, weil zu diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet war. Auch dass eine Freigabe spätestens nach dem „Berichtstermin“ veranlasst gewesen wäre, ist nach obigen Ausführungen nicht nachgewiesen.
d) Der Beklagte hat keine Pflicht aus § 60 InsO dadurch verletzt, dass er die Forderung gegen die E. GmbH nicht verwertet oder gegenüber der E. GmbH keine ausreichenden Bemühungen entfaltet hat, die Forderung zu realisieren.
aa) Der Beklagte durfte die Forderung nicht nach § 166 Abs. 2 InsO verwerten, weil die Abtretung der Forderung an die Klägerin zu 1) nach ihrem eigenen Vortrag erfüllungshalber erfolgte.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Vortrag der Klägerinnen betreffend die Frage, ob die Abtretung der E.-Forderung erfüllungshalber oder zur Sicherheit erfolgte, widersprüchlich ist. Die Klägerseite trägt in ihren Schriftsätzen vom 19.06.2013 (Klageschrift, Bl. 5, 9, 17 d.A.) und 17.02.2014 (Bl. 171 d.A.) vor, die Forderung sei erfüllungshalber an die Klägerin zu 1) abgetreten worden. Aus den von der Klägerseite selbst vorgelegten Anlagen LD 4 und LD 5 ergibt sich ebenfalls, dass die Abtretung erfüllungshalber erfolgte. Die Anlage LD 4 hat dabei ein Rechtsanwalt, nämlich der Zeuge Rechtsanwalt U. entworfen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass wenn dieser „erfüllungshalber“ aufnimmt (§ 4 der Anlage LD 4), dies auch so gelten soll.
Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass entgegen der schriftlichen Vereinbarung eine Abtretung sicherheitshalber erfolgt sein soll, ist die Klägerseite, da sie sich auf eine Abweichung von den schriftlichen Unterlagen beruft.
In ihrem Schriftsatz vom 08.12.2014 (Bl. 344 d A.) beantragt die Klägerin zu 2) sodann die Einvernahme von Zeugen zu der Behauptung, die Gesellschafter der Klägerin zu 1) hätten die Abtretung als Abtretung zur Sicherheit verstanden haben wollen, ohne jedoch konkret mitzuteilen, woraus sich dieses Verständnis der Zeugen ergeben soll, so dass die Zeugen hierzu nicht zu vernehmen waren. Der Zeuge Dr. von G., dem diese Frage allerdings dann trotzdem gestellt wurde, konnte in seiner Vernehmung vom 07.09.2015 nichts dazu angegeben, ob eine Abtretung erfüllungshalber oder zur Sicherheit erfolgt sein soll.
Das Verwertungsrecht des Verwalters hängt aber davon ab, dass eine Sicherheit im Wege einer Forderungsabtretung bestellt wurde; eine Abtretung erfüllungshalber fällt nicht hierunter (BGH, Beschluss vom 07.05.2009 – IX ZR 194/08, BeckRS 2009, 12972). Eine Verwertung der Forderung im insolvenzrechtlichen Sinn war dem Beklagten daher verwehrt.
Lediglich der Vollständigkeit halber wird ausgeführt, dass somit folglich auch der Anwendungsbereich des § 169 InsO nicht eröffnet ist, weil dem Gläubiger vom Berichtstermin an laufend die geschuldeten Zinsen aus der Insolvenzmasse nur dann zu zahlen sind, wenn und solange ein Gegenstand, zu dessen Verwertung der Insolvenzverwalter nach § 166 InsO – wie hier eben nicht – berechtigt ist, nicht verwertet ist. § 169 InsO ist bei Aussonderungsrechten nur über die Verweisung des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO anwendbar. Soweit die Klägerseite ausführt, dass keine Bedenken bestünden, entsprechende Ansprüche erst Recht im eröffneten Verfahren zu gewähren, wenn diese bereits über § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO im Eröffnungsverfahren gewährt werden, kann dem nicht gefolgt werden, weil der Wortlaut des § 169 InsO eindeutig ist und § 169 InsO gerade nur über die Verweisung des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO auch bei Aussonderungsrechten anwendbar ist, so dass deutlich wird, dass der Anwendungsbereich auf diesen Fall beschränkt ist.
Auch das als Anlage LD 86 vorgelegte Rechtsgutachten führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus diesem ergibt sich nicht, dass § 169 InsO auch bei Aussonderungsrechten anwendbar wäre, es beschäftigt sich mit dieser Frage überhaupt nicht.
bb) Der Beklagte hat auch hinreichende Bemühungen entfaltet, um die Forderung bei der E. GmbH durchzusetzen.
a) Die Beklagtenseite hat ihre Bemühungen um die Realisierung der Forderung substantiiert dargestellt. Der Zeuge Dr. R. bestätigte in seiner Vernehmung am 07.09.2015 die Verhandlungen mit der E. GmbH. Außerdem bestätigte er, dass es von Seiten der E. GmbH Einwände „gehagelt“ habe, da sei gekommen, was zu erwarten gewesen sei. Es sei eingewendet worden, dass keine Abnahme vorgelegen habe, dass es Mängel gegeben habe und auch keine Schlussrechnungen vorliegen würde. Man habe sich mehrfach in Köln getroffen, von der E. seien das zwei Personen gewesen, ein Herr und eine Dame, diese hätten den Rest der E. abgewickelt. Weitere Einwendung der E. sei ein Preisdeckel gewesen und es sei auch behauptet worden, dass die Schuldnerin diverse Leistungen in Rechnung gestellt habe, die nicht verabredet gewesen seien. Man habe dann einen Vergleichsstand erreicht, bei welchem die E. 150.000,00 € in den Raum gestellt habe.
Auch der Zeuge P. bestätigte die Verhandlungen mit der E. GmbH. Er gab an, der Zeuge Dr. R. habe die Vergleichsverhandlungen geführt mit der E., er sei jedenfalls im Gespräch mit der E. gewesen. Dem Ganzen sei ja auch die Prüfung der Erfolgsaussichten vorausgegangen. Das Problem in diesem Zusammenhang sei gewesen, dass es derart undurchsichtig und komplex gewesen, dass die Schlussrechnung nicht vorgelegen habe und dass die Abtretungsrechte unklar gewesen seien. Auf weitere Nachfrage erklärt der Zeuge, es habe Telefonate zwischen der E. GmbH und ihm gegeben. Der Zeuge Dr. R. habe Vororttermine gehabt, er selbst sei auch ein- oder zweimal mit E.-Vertretern beim Gespräch gewesen. Der Zeuge P. bestätigte auch vage die Einwendungen der E., dass die vorgeblich erbrachten Leistungen nicht von dem versprochenen Entgelt abgedeckt gewesen seien, dass auch Mängel eingewendet worden seien, das sei immer der Fall. Dunkel erinnerte er sich auch daran, dass es ein Problem mit der Vertretungsbefugnis gegeben habe.
Die Aussagen der Zeugen werden gestützt durch die Anlagen B 24, B 47, B 48.
b) Demgegenüber hat sich die Klägerseite auf den Vorwurf beschränkt, dass der Beklagte nicht ausreichende Bemühungen entfaltet habe. Sie hat aber weder vorgetragen, zu welchen weiteren Bemühungen der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, noch haben sie dargelegt und unter Beweis gestellt, dass diese Bemühungen auch in dem Maße erfolgreich gewesen wäre, dass die Forderung ganz oder jedenfalls teilweise bei der E. GmbH hätte realisiert werden können. Dagegen spricht im Übrigen der Ausgang des Verfahren vor dem Landgericht Hannover mit dem Az.: 14 O 466/04, in welchem die Klägerin zu 2) und die E. GmbH lediglich einen Vergleich über einen Teilbetrage der eingeklagten Summe schlossen.
e) Der Beklagte hat keine Pflichten dadurch verletzt, dass er das Verfahren vor dem Landgericht Hannover, Az.: 23 O 70/02 (sog. „Medienklage“), nicht aufgenommen hat. Vielmehr war der Beklagte aufgrund der Prozess- und damit verbundenen Kostenrisiken nicht gehalten, das Verfahren aufzunehmen.
Nach § 85 Abs. 1 S. 1 InsO können Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Dabei steht die Aufnahme im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzverwalters (Schumacher in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Auflage 2013, § 85, Rz. 32). Von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung ist, ob die Fortführung des unterbrochenen Rechtsstreits dem Interesse der Insolvenzmasse entspricht, wobei die mögliche Vermehrung der Insolvenzmasse einerseits und Prozesskostenrisiko andererseits in die Überlegung einzustellen sind. Für die Entscheidung steht dem Verwalter eine den Umständen nach angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist zu (Schumacher in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, a.a.O., § 85, Rz. 32).
Darlegungs- und beweisbelastet für eine ermessensfehlerhafte Entscheidung des Beklagten bzw. des Zeugen P. ist die Klägerseite. Diese konnte den Nachweis nicht führen. Die Klägerseite beschränkt sich darauf, vorzutragen, dass der vorläufige Gläubigerausschuss den Beklagten bzw. den Zeugen P. mit Schreiben vom 07.11.2002 (Anlage LD 98) aufgefordert habe, das Verfahren fortzuführen und dass die Gerichtskosten für das Verfahren bereits eingezahlt gewesen seien, so dass ein finanzielles Risiko nicht mehr bestanden habe (vgl. auch Schreiben vom 07.11.2002, Anlage LD 100).
Diese Aufforderung durch den vorläufigen Gläubigerausschuss reicht weder aus, um den Insolvenzverwalter zu verpflichten, einen Prozess aufzunehmen noch, um eine ermessensfehlerhafte Entscheidung zu begründen. Dem Gläubigerausschuss steht – und dies ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften – gegenüber dem Insolvenzverwalter kein Weisungsrecht zu und der Insolvenzverwalter bleibt das entscheidende Organ, der die Entscheidungen über die Art und Weise der Masseverwertung eigenverantwortlich trifft. Nur soweit das Gesetz Zustimmungsbefugnisse vorschreibt, ist der Verwalter gehalten, die Zustimmung zu erwirken. Dies ist z.B. der Fall in § 160 InsO. Aus dem Umstand, dass in anderen Vorschriften gerade keine Zustimmungserfordernisse enthalten sind, ist daher zu schließen, dass diese nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen bestehen. Auf keinen Fall hat der Gläubigerausschuss dagegen die Befugnis, dem Verwalter bestimmte Verwaltungshandlungen zu gebieten oder etwa Details bei der Führung eines Masseprozesses vorzuschreiben. Aus den gesetzlichen Kontrollbefugnissen lässt sich eine generelle Bindung des Insolvenzverwalters an Gläubigerausschussbeschlüsse nicht herleiten (vgl. zu allem Knof in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage, 2015, § 69, Rz. 10). Die Klägerseite hat nicht dargelegt, woraus sich die Erfolgsaussichten der Klage ergeben. Die Klägerseite hingegen trägt lediglich vor, dass die Klage gut vorbereitet, die Rechtsanwälte eingearbeitet und keine Kostenrisiken ersichtlich gewesen seien. Es wird weder vorgetragen, was genau Inhalt der Klage war, was die Einwendungen der Gegenseite waren und wie sich der Verfahrensstand darstellte. Eine Prüfung, ob die Klage mit Erfolg hätte aufgenommen werden können, konnte daher nicht erfolgen.
Der Beklagte hat jedoch hierzu vorgetragen, der Zeuge P. habe mit dem zuständigen Richter telefoniert und dieser habe angegeben, die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, weil die Klägerin ihren Tatsachenvortrag bereits mehrfach gewechselt habe. Die Beklagtenseite hat zum Nachweis hierfür einen Aktenvermerk des Zeugen P. vom 29.11.2002 (Anlage B 46) vorgelegt. Der Zeuge P. hat in seiner Vernehmung am 07.09.2015 ausgesagt, dass das Verfahren nach § 240 ZPO unterbrochen worden sei. Er könne sich nicht daran erinnern, dass er aufgefordert worden sei, das Verfahren aufzunehmen, wobei die Aufforderung auch nur von der E. GmbH habe kommen können.
Aufgrund der Aussagen der Zeugen und den vorgelegten Unterlagen steht für das Gericht fest, dass der zuständige Richter die Erfolgsaussichten der Klage vor dem Landgericht verneint hat. Eine Aufnahme wäre damit auf jeden Fall mit einem Kostenrisiko behaftet gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerseite kommt es dabei nämlich nicht nur auf die Gerichtskosten an, die bereits eingezahlt waren. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass auch außergerichtliche Kosten für die Tätigkeit der eigenen und der gegnerischen Rechtsanwälte anfallen, die die Masse belastet hätten. Einen Ermessensfehler ist daher nicht nachgewiesen. Der Beklagte hätte daher weder den Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.11.2002 wahrnehmen, noch das Verfahren aufnehmen müssen.
f) Der Beklagte hat keine ihm obliegende Pflicht auf ordnungsgemäße Erstellung des Gutachtens nicht verletzt. Die Verpflichtung des Beklagten zur ordnungsgemäßen Erstellung eines Gutachtens ergibt sich aus § 22 InsO.
Die Klägerseite ist für die von ihr behauptete fehlerhafte Erstellung des Gutachtens darlegungs- und beweisbelastet.
Soweit die Klägerin behauptet, es sei fehlerhaft gewesen, die Gläubiger der Klägerin zu 2) und die Klägerin zu 1) nicht als Massegläubiger in das Vermögensverzeichnis unter „sonstige Masseverbindlichkeiten“ aufzunehmen, so ist dazu auszuführen, dass die Forderungen dieser Gläubiger nicht solche nach § 55 InsO sind, aber nur solche sind ausweislich des Gutachtens unter diesem Punkt aufgeführt.
Sie hat im Übrigen nicht substantiiert dargestellt, woraus sich Fehler bei der Gutachtenserstellung ergeben sollen und was stattdessen in dem Gutachten enthalten hätte sein müssen. Darüber hinaus ist nicht dargelegt, zu welchem kausalen Schaden eine solche Pflichtverletzung geführt hätte.
g) Eine Pflichtverletzung liegt nicht in dem Umstand, dass der Beklagte mit unzutreffenden Behauptungen die Eigenverwaltung nicht empfohlen habe.
Die Klägerseite hat weder substantiiert dargelegt, welche unzutreffenden Behauptungen der Beklagte aufgestellt hat noch was tatsächlich aus ihrer Sicht zutreffend gewesen wäre.
Auch hat sie nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen der Eigenverwaltung, § 270 InsO, hier erfüllt worden wären. Eine der Voraussetzungen ist dabei, dass die nach den Umständen zu erwarten ist, dass den Gläubigern die Anordnung der Eigenverwaltung nicht zum Nachteil gereichen wird. Darlegungs- und beweisbelastet für die Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO. Die Klägerseite hat hierzu nichts vorgetragen, allerdings gab der Zeuge P. an, es handele sich auch aus seiner heutigen Sicht nicht um einen Fall für eine Eigenverwaltung. Indizien, die gegen eine solche sprechen sind vorliegend bereits der Umstand, dass die Abwicklerin der Klägerin zu 2) nur eingeschränkt mitwirkungsbereit war (Anlage LD 68).
i) Die sonstigen in der Akte seitens der Klägerinnen angedeuteten Pflichtverletzungen sind nicht hinreichend substantiiert. So ist bereits nicht ersichtlich, welches fremde Unternehmen der Beklagte geschädigt haben soll, in Betracht kämen sowohl die „M. Veranstaltungen“ als auch die Firme „Roh.“ oder „Ro.“ (die Schreibweise in der Akte ist unterschiedlich). Ebenfalls unsubstantiiert ist der Vortrag der Klägerseite, der Beklagte habe gegenüber den Instanzgerichten falsch vorgetragen, da hierzu lediglich schlagwortartige Ausführungen gemacht werden (Bl. 107 d.A.) und das Gericht nicht gehalten ist, sich den Sachvortrag selbst zusammenzusuchen.
2. Den Klägerinnen ist auch – bei unterstellter Pflichtverletzung – kein kausaler Schaden durch diese entstanden.
a) Darlegungs- und beweisbelastet für einen entstandenen kausalen Schaden ist die Klägerseite.
b) Die Klägerseite konnte den Nachweis, dass der Klägerin zu 2) ein Schaden entstanden sein soll, nicht führen.
aa) Ein eigener Schaden der Klägerin zu 2) in Höhe von 191.917,66 € liegt nicht vor. Vielmehr behauptet die Klägerin zu 2), die „übrigen Gläubiger“ der Klägerin zu 2), die nicht in der Klägerin zu 1) vertreten seien, hätten diese Summe zur Tabelle angemeldet und ebenfalls einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Insolvenzverwaltung, so dass sie wohl einen Schaden der „übrigen Gläubiger“ geltend macht.
Bereits nicht nachvollziehbar dargestellt ist, welche Gläubiger diese „übrigen Gläubiger“ sein sollen. Das Gericht ist nicht gehalten, sich diese selbst aus der Tabelle zusammenzusuchen. Darüber hinaus ist aber auch nicht ersichtlich, auf welcher vertraglichen und/oder gesetzlichen Grundlage die Klägerin zu 2) berechtigt sein sollte, die Forderungen ihrer eigenen Gläubiger durchzusetzen. Darauf haben sowohl das Gericht als auch die Beklagtenseite mehrfach hingewiesen, ein substaniierter Vortrag hierzu erfolgte nicht. Zuletzt ist aber auch nicht nachvollziehbar, wie sich die einzelnen Schadenspositionen der einzelnen Gläubiger zusammensetzen würden.
Sollte der Vortrag der Klägerseite so zu verstehen sein, dass sie nicht den Schaden der übrigen Gläubiger geltend macht, sondern den Teil der Forderung gegen die E. GmbH, den sie – unterstellt, genauer Vortrag hierzu ist nicht erfolgt – nicht an die Klägerin zu 1) abgetreten hat, der sich in der Höhe auf den Betrag beläuft, den die übrigen Gläubiger zur Tabelle angemeldet haben, so ist nicht hinreichend vorgetragen, welchen Teil der Forderung die Klägerin zu 2) an die E. GmbH abgetreten hat und welchen Teil sie überschießend selbst geltend macht und wie sich dieser zusammensetzt.
Soweit die Klägerseite zu diesem Komplex ein Sachverständigengutachten beantragte (S. 100 d. Schriftsatzes vom 08.12.2014; Bl. 354 d.A.) war dem nicht nachzukommen, weil ein solchen nur zum Beweis konkret benannter Tatsachen eingeholt werden kann. An solchen fehlt es hier.
bb) Ein Schaden in Höhe von 350.000,00 € liegt hinsichtlich des sog. „B.-Auftrages“ nicht vor.
aa) Die Klägerseite behauptet dass die Klägerin zu 2) den Auftrag nicht habe durchführen können, weil der Beklagte die Insolvenz der Klägerin zu 2) nicht zeitnah aufgehoben habe.
(1) Die Klägerseite konnte bereits nicht nachweisen, dass die Klägerin zu 2) überhaupt von der B. scrl. beauftragt worden ist, das Projekt durchzuführen und somit auch nicht, dass ein kausaler Schaden in Höhe der behaupteten 350.000,00 € (basierend auf Anlage LD 75) entstanden ist. Das Gericht hat insofern erhebliche Zweifel an dem Vortrag der Klägerseite und der Glaubwürdigkeit des Zeugen S.. Im Einzelnen:
Der Zeuge S. gab in seiner Vernehmung am 31.03.2016 an, dass der Vertrag schriftlich und nicht mündlich geschlossen worden sei. Weder er noch die Klägerseite konnten allerdings einen solchen Vertrag vorlegen, obwohl der Zeuge am Tage seiner Vernehmung einen kompletten Ordner mit Unterlagen mitbrachte, die sich auch im Wesentlichen alle in der hiesigen Akte befinden. Die Klägerseite legte diesbezüglich lediglich die Anlage LD 73 vor. Aus dem Schreiben der B. scrl. vom 11.10.2001 ergibt sich ausweislich des Wortlautes, dass beabsichtigt werde, die Durchführung der Vermarkung des Projektes „Ba.“ von „internationalem Prestige“ zu übertragen, wobei nicht aus dem Wortlaut oder auch den sonstigen Umständen des Schreibens hervorgeht, ob die Beauftragung der Liquidatorin der Klägerin zu 2) persönlich oder der Klägerin zu 2) beabsichtigt war. Es handelt sich jedoch auch lediglich um eine Absichtserklärung, was sich auch daraus ergibt, dass weiter in den Schreiben ausgeführt wird, dass für die vertraglichen Vereinbarungen ein Termin bis zum 30.11.2001 gesetzt worden sei, was – zusammen mit dem Umstand, dass ein Vertrag dieser Größenordnung nicht vorgelegte werden konnte – darauf hinweist, dass es solche gerade noch nicht gegeben hat. Anhaltspunkte dafür, dass es einen solchen Vertrag gegeben hat und der Beklagte den Originalvertrag in seinem Besitz gehabt hätte, wie es die Klägerseite behauptet, wurden nicht vorgetragen, es wurde lediglich die diesbezügliche Behauptung aufgestellt.
Keine andere Bewertung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 2) als Anlage K 74 ein Angebot vom 01.05.2001 und als Anlage K 75 eine Rechnung vom 14.08.2001 vorgelegt hat. Aus diesen Anlagen kann nicht ohne weitere Anhaltspunkte, die nicht vorliegen, auf einen Auftrag geschlossen werden, wobei auch die Konditionen des Vertrages unklar bleiben würden. Auch aus den Anlagen K 76 und K 77 ergibt sich nicht, dass eine verbindliche Beauftragung stattgefunden hat. Soweit die Klägerseite vorgetragen hat, es seien der B. scrl. laufend Rechnungen gestellt worden, mag dies zutreffen. Die Rechnungen allein können allerdings eine noch offene Forderung nicht nachweisen.
Soweit die Klägerseite eine mündliche Vereinbarung behauptet, konnte sie diese ebenfalls nicht nachweisen. Einen mündlichen Vertrag bestätigte der Zeuge nicht.
Auch ist unklar, welche Rolle in diesem Zusammenhang die B. U. GmbH & Co. KG spielt. Der Zeuge S. erklärte dazu in seiner Vernehmung, die Abwicklerin der Klägerin zu 2) habe die B. U. GmbH & Co. KG zur Vermarktung in München gegründet. Es könne aber auch sein, dass die Klägerin zu 2) die Gründung übernommen habe. Gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen der deutschen und der italienischen B. habe es nicht gegeben. Ähnliches bestätigt der Zeuge St. Er gab an, die B. GmbH & Co. KG etwas sei die deutsche Beteiligungsgesellschaft gewesen. Er denke, dass die Abwicklerin der Klägerin zu 2) stellvertretend in dieser Gesellschaft gewesen sei. Der Zeuge St. gab auch mehrfach an, dass aus seiner Sicht die Abwicklerin der Klägerin zu 2) Vorstand der B. gewesen sei.
Aus beiden Aussagen geht hervor, dass die Abwicklerin der Klägerin zu 2) mit der B. U. GmbH & Co. KG gesellschaftsrechtlich verbunden war. Es liegen des Weiteren Rechnungen dieser Gesellschaft an die B. scrl. vor (Anlage B 51), die ebenfalls „Vorarbeiten Marketing“, „Projektentwicklung“, „Vertrieb und Verkauf“ und „Finanzen und Controlling“ beinhalten und immerhin ein Volumen von 250.700,00 € haben, so dass mehr als fraglich ist, ob es hier zwei Aufträge gab oder es sich um den gleichen Auftrag gehandelt hat. Eine plausible Erklärung hierzu konnte die Klägerseite nicht anbieten. Das Gericht kann sich daher nicht davon überzeugen, dass es einen verbindlichen Auftrag zwischen gerade der Klägerin zu 2) und der B. scrl. gegeben hat und aus diesem offene Forderungen resultierten. Es erscheint nämlich aufgrund der Aussage des Zeugen St. genauso wahrscheinlich, dass nicht die Klägerin zu 2), sondern die B. U. GmbH & Co. KG Vertragspartnerin der B. scrl. gewesen ist.
Zuletzt gab auch noch der Zeuge P. auf Vorhalt der Anlage LD 33 an, dass es wohl so gewesen sein werde, dass die Klägerin zu 2) eine Forderung gegen die B. U. GmbH & Co. KG gehabt habe und diese wiederum eine Forderung gegen die B. scrl. Aus dieser Aussage, die auf den lediglich vagen Erinnerungen des Zeugen P. beruhte, lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass es einen Vertrag zwischen der B. scrl. und der Klägerin zu 2) gegeben hat, so dass letztendlich der Auftrag nicht nachgewiesen ist (weswegen bezüglich einer möglichen Nichtdurchsetzung dieser Forderung auch keine Pflichtverletzung besteht).
(2) Weiter konnte die Klägerseite nicht nachweisen, dass eine Forderung in Höhe von 350.000,00 €, wenn man eine solche unterstellt, durch die B. scrl. auch bezahlt worden wäre, wenn das Insolvenzverfahren zeitnah aufgehoben worden wäre.
Der Zeuge S. gab dazu in seiner Vernehmung am 31.03.2016 an, die Rechnungen, die die Abwicklerin der Klägerin zu 2) an die B. scrl gestellt habe, habe er nicht bezahlt, weil sie nicht angemahnt worden seien. Die Rechnungen hätte die B. scrl. aber bezahlen können. Sie hätten damals einen Kredit über 1,4 Mio. € der Banca C. in I. und außerdem Eigenkapital in Höhe von 600.000,00 € verfügt. Im Jahr 2006 hätten sie von der U. einen Kredit über 4 Mio. € erhalten.
Der Zeuge S. war grundsätzlich glaubhaft und seine Aussage auch glaubwürdig. Seine Angaben zu dem Projekt an sich stimmten mit dem von ihm konsultierten und auch z.T. in der Akte befindlichen Unterlagen überein und er gab seine Aussage detailliert zu Protokoll. Die Aussage des Zeugen S. war im Hinblick auf diesen Punkt der Zahlungsfähigkeit unglaubwürdig. Der Zeuge beharrte geradezu darauf, dass die Zusammenarbeit mit Klägerin zu 2) sehr produktiv und gut gewesen sei. Dazu passt aber die weitere Aussage des Zeugen nicht. Er gab nämlich weiter an, die Klägerin zu 2) habe sehr gute Arbeit gemacht, es habe aber auch weitergearbeitet werden müssen. Die Vorarbeit sei geleistet worden, aber die Arbeit habe ja auch fertiggestellt werden müssen. Sie hätten bezahlt, wenn die Klägerin zu 2) weitergemacht hätte, aber sie haben ja nichts mehr davon gehört.
Die streitgegenständliche Rechnung datiert vom 14.08.2001 (Anlage B 51), die übrigen Rechnungen aus Anlagenkonvolut LD 77 überwiegend aus dem ersten Halbjahr 2001. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal der Insolvenzantrag der Klägerin zu 2) absehbar, so dass es nicht nachvollziehbar ist, dass der Zeuge angibt, er habe nach der Rechnung nichts mehr von der Klägerin zu 2) gehört. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass tatsächlich finanzielle Schwierigkeiten bei der B. scrl. bestanden haben. Der Zeuge gab nämlich, wenn auch widerwillig, an, das Projekt sei „still“. Die Firma habe man in Liquidation geschickt. Die Immobilien stünden noch im Rohbau, die Bank habe aber aufgrund der Immobilienkrise die Immobilien bisher nicht veräußern können. Auch der Zeuge St. gab an, dass seine Genossenschaft letztendlich nicht bei der B. scrl. investiert habe, was an der Insolvenz der Klägerin zu 2) gelegen habe.
Überdies gab der Zeuge P. in seiner Vernehmung am 31.03.2016 an, er meine, dass der Drittschuldner kein Geld gehabt habe. Irgendjemand habe kein Geld gehabt, entweder die beiden nicht oder die deutsche B. nicht. Die Forderung seien nach Angaben der Abwicklerin der Klägerin zu 2) nicht einbringlich gewesen, weil die Drittschuldnerin nicht hinreichend liquide gewesen sei. So erschließe er sich das jedenfalls aus der Erinnerung. Fakt sei jedenfalls, dass während er in der Sache tätig gewesen sei, die Forderung nicht einbringlich gewesen sei. Ob dies jetzt daraus resultierte, dass die Forderung an sich nicht einbringlich gewesen sei, oder daraus, dass sie nicht bestanden habe, könne der Zeuge nicht mehr genau sagen. Der Zeuge gab weiter an, dass er meine, die Information über die Nichteinbringlichkeit der Forderung von der Abwicklerin der Klägerin zu 2) zu haben. Er könne sich nicht daran erinnern, dass ihm jemand anders dazu Informationen gegeben hätte.
Diese Aussage deckt sich mit der Annahme, dass entgegen der Aussage des Zeugen S. die Rechnungen nicht bezahlt worden sind, weil sie nicht angemahnt worden sind, sondern weil einfach keine finanziellen Mittel vorhanden waren. Außerdem würde sich die Aussage, dass die Forderung uneinbringlich sei auch mit dem Umstand decken, dass keine Mahnungen erfolgt sind bzw. solche nicht vorgelegt worden sind.
Da zu einem Zeitpunkt, zu dem die Insolvenz noch nicht im Raum stand, bereits Rechnungen nicht bezahlt worden ist, ist – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – davon auszugehen, dass auch spätere Rechnungen bzw. der nagebliche Pauschalpreis von 350.000,00 € nicht bezahlt worden wären.
Selbst wenn man aber davon ausgehen möchte, dass der Zeuge S. hinsichtlich seiner Aussage glaubwürdig war, so müsste man entweder davon ausgehen, dass – nicht nur, aber auch – die Rechnung 14.08.2001 (Anlagen B 51) falsch datiert ist und eigentlich ein späteres Datum aufweisen müsste, weil sich nur so erklären würde, warum nach der Rechnung keine weiteren Tätigkeiten erfolgt sein sollen. Auch könnte man dann keinesfalls einen weitergehenden Auftrag mit einer weitergehenden Zahlungspflicht über insgesamt 350.000,00 € annehmen, weil offenbar die Klägerin zu 2) selbst nicht annahm, dass es diesen Auftrag gegeben hat und diesen Auftrag nicht mehr ausführte.
Insgesamt kann sich daher das Gericht nicht davon überzeugen, dass bei einer früheren Aufhebung des Insolvenzverfahrens (wann?) die B. scrl. einen Betrag in Höhe von 350.000,00 € bezahlt hätte.
c) Der Klägerin zu 1) ist ebenfalls kein kausaler Schaden durch die angeblichen Pflichtverletzungen des Beklagten entstanden.
aa) Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass hier eine Forderung gegen die E. GmbH in Höhe von 503.760,00 € zusteht und diese erfolgreich im Klageweg geltend gemacht hätte werden können. Die Klägerin hatte insofern behauptet, dass sie bei einer früheren Forderungsfreigabe die Forderung gegen die E. GmbH in voller Höhe hätte realisieren können.
Voraussetzung für Fälligkeit einer Werklohnforderung ist grundsätzlich, dass das Werk mangelfrei erbracht wurde und eine Abnahme erfolgt ist, § 641 BGB. Hierfür hat die Klägerin Beweise angeboten. Es kann aber dahinstehen, ob diese Voraussetzungen vorliegen.
Hinzu kommt nämlich im vorliegenden Fall, dass geprüft werden muss, ob die Forderung mit Erfolg gegen die E. GmbH hätte geltend gemacht werden können. Hierzu ist eine prüffähige Schlussrechnung erforderlich. Eine solche liegt nicht vor. Die Beklagtenseite hat insofern mehrfach darauf hingewiesen, dass die Zahlen in der als Schlussrechnung vorgelegten Anlage LD 6, LD 34, der Booklets und der in der mündlichen Verhandlung am 27.07.2015 übergebenen Ordner nicht in Übereinstimmung zu bringen seien. Ein nachvollziehbarer Vortrag der Klägerseite zu dem Inhalt der Schlussrechnung und eine Erklärung der Rechnungsposten erfolgte nicht. Die Zeugin Gr., die nach eigener Aussage maßgeblich an der Erstellung der Schlussrechnung beteiligt war, konnte ebenfalls – auch nach zweimonatiger Vorbereitung auf die Vernehmung und einer 20 minütigen Unterbrechung der Verhandlung zur Durchsicht der genannten Anlagen – die Zahlen nicht in Einklang bringen und diese erläutern.
bb) Auch ist weder hinreichend vorgetragen noch nachgewiesen, dass die E. GmbH bei einer früheren Freigabe die Forderung ganz oder überwiegend bezahlt hätte. Vielmehr gab es seitens der E. GmbH keine Bereitschaft, die Forderung in voller Höhe zu begleichen. Der Zeuge Dr. von G. gab in seiner Vernehmung am 11.01.2016 an, es habe ein „aberwitziges“ „1/3-Angebot in H.“ gegeben, d.h. die E. GmbH habe der Klägerin zu 2) ein Drittel ihrer Forderung angeboten. Auch der Zeuge Dr. R. schilderte, mit welchen Einwendungen seitens der E. GmbH die Beklagtenseite konfrontiert gewesen sei. Selbst die Klägerin trägt vor, die E. GmbH hätte ein Vergleichsangebot von 150.000,00 € gemacht. All diese Umstände deuten darauf hin, dass die E. GmbH unter keinen Umständen die Forderung der Klägerin zu 2) vollständig bezahlen wollte.
C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
D. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Abs. 1 S. 1 ZPO.


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