Bankrecht

Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse

Aktenzeichen  31 Wx 361/18

Datum:
12.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DB – 2020, 1232
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UmwG § 62 Abs. 5
AktG § 327a, b
ZPO § 287 Abs. 2
SpruchG § 11, § 15, § 17 Abs. 1
GNotKG § 74 S. 1, § 79 Abs. 2 Nr. 2
FamFG § 70 Abs. 2, § 84

 

Leitsatz

1. Bei der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse der Gesellschaft ist es methodisch nicht zu beanstanden, zur Ermittlung des Basiszinssatzes nach der Svensson-Methode auf den auf ¼-Prozentpunkte auf- oder abgerundeten über einen Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung gemittelten Durchschnittswert abzustellen (im Anschluss an Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17). (Rn. 54 – 60)
2. Für einen Stichtag im März 2016 ist eine Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5% (nach persönlichen Steuern) angemessen. (Rn. 70 – 78)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 30.05.2018 aufgehoben.
2. Die Anträge auf Festsetzung einer über € 7,11 je Aktie hinausgehenden Barabfindung werden zurückgewiesen.
3. Die Beschwerden der Antragsteller zu 16), 20), 31) – 34), 57), 58), 61) und 62) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 30.05.2018 werden zurückgewiesen.
4. Die Gerichtskosten für das Verfahren erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin. Ihre außergerichtlichen Kosten für das Verfahren erster und zweiter Instanz tragen die Beteiligten jeweils selbst.
5. Der Geschäftswert für die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz, sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an die gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistenden Vergütung in erster und zweiter Instanz wird jeweils auf € 200.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Outs.
Die Antragsteller waren Aktionäre der … (im Folgenden: … oder die Gesellschaft). Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 16.845.838 war in ebenso viele auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Anteil am Grundkapital von € 1,00 eingeteilt, von denen die … selbst 296.840 Stück (rund 1,76%) hielt. Die Aktien waren zum Handel im qualifizierten Freiverkehr der Börse München sowie im Freiverkehr Berlin, Düsseldorf, Hamburg-Hannover, Stuttgart und Frankfurt zugelassen.
Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der … war die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Informationssicherheit und Risikosicherheit (einschließlich Beratung, Entwicklung und Bereitstellung von Hard- und Software, Realisierung, Implementierung, Projektmanagement, Wartung, Schulung und Managed Service sowie der Erwerb von anderen Unternehmen mit gleichem bzw. ähnlichen Unternehmensgegenständen). Insgesamt war sie an 18 verschiedenen Tochter- und Enkelunternehmen mit entsprechendem Unternehmensgegenstand unmittelbar oder mittelbar zu 100% beteiligt.
Die Antragsgegnerin, die … (vormals: …), eine mittelbare Tochtergesellschaft der … mit Sitz in … veröffentlichte am 30.07.2009 ein freiwilliges, öffentliches Übernahmeangebot, in welchem sie allen Aktionären der … anbot, ihre Aktien zu einem Preis von € 6,75 je Aktie zu erwerben. Nach Erhöhung der Annahmeschwelle und Verlängerung der Annahmefrist hielt die Antragsgegnerin 11.175.032 Aktien der … (rund 78%). Nach Vollzug des Übernahmeangebots beschränkte sich die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin auf die Verwaltung der Beteiligung an der …, den Erwerb weiterer Akten der Gesellschaft, sowie die Vorbereitung der Verschmelzung unter Ausschluss der verbleibenden Minderheitsaktionäre.
Am 19.11.2015 teilte die Antragsgegnerin der Gesellschaft sodann mit, dass sie mittlerweile unter Berücksichtigung eigener Aktien mit einem Anteil von rund 93,01% am Grundkapital der … beteiligt sei und ein umwandlungsrechtliches Squeeze-Out beabsichtige.
Im Dreimonatszeitraum vor dieser Mitteilung lag der umsatzgewichtete Durchschnittskurs der … Aktie bei € 7,11 je Aktie.
Am 12.02.2016 unterzeichneten die Antragsgegnerin und die Gesellschaft einen Verschmelzungsvertrag, nach welchem die … ihr Vermögen mit allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung übertragen sollte.
Am 30.03.2016 fasste die Hauptversammlung der Gesellschaft sodann den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe des genannten Durchschnittskurses von € 7,11 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftrage … Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte im Vorfeld dieser Hauptversammlung in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 12.02.2016 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.07.2016, Bl. 19/20 d.A.) unter Anwendung der Ertragswertmethode einen geringeren Unternehmenswert von lediglich € 106,395 Mio. bzw. € 6,43 je Aktie und erachtete die auf Basis des Börsenkurses festgesetzte höhere Abfindung daher als angemessen.
Dabei ging die Bewerterin von einer zehnjährigen Detailplanungsphase für die Geschäftsjahre 2015/2016 – 2024/2025 aus, die ewige Rente wurde ab dem Geschäftsjahr 2025/2026 abgebildet. Bei der Kapitalisierung der Überschüsse wurde der Basiszinssatz gerundet auf 1,25% festgesetzt. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde unter Berücksichtigung der jeweiligen Finanzierungsstruktur auf Werte zwischen 7,44 und 10,63% in den Planjahren und 6,79% in der ewigen Rente festgesetzt. Ausgangspunkt dieser Berechnung war eine Marktrisikoprämie von 5,5% und ein aus einer Peer Group abgeleiteter unverschuldeter Beta-Faktor von 1,2. In der ewigen Rente ging die Bewerterin darüber hinaus von einem Wachstumsabschlag von 0,75% aus. Sonderwerte bzw. nicht betriebsnotwendiges Vermögen wurden nicht angesetzt.
Die gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin … Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Prüferin) billigte in ihrem Prüfbericht vom 15.02.2016 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.07.2016, Bl. 19/20 d.A.) die Ertragswertermittlung und die auf Basis des höheren Börsenkurses festgelegte Barabfindung von € 7,11 je Aktie.
Die Stichtagserklärungen von Bewerterin und Prüferin vom 30.03.2016 führten zu keinerlei Anpassungen der ermittelten Werte.
Auf die weiteren Ausführungen im Bewertungsgutachten, Prüfbericht und den jeweiligen Stichtagserklärungen wird Bezug genommen.
Der Beschluss über den Squeeze-Out sowie die Verschmelzung wurde am 02.06.2016 in das jeweilige Handelsregister eingetragen und am 03.06.2016 bekanntgemacht.
64 Antragsteller haben die festgelegte Barabfindung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung einer über € 7,11 je Aktie hinausgehenden angemessenen Barabfindung verlangt, wobei zwei Antragsteller ihre Anträge im Laufe des Verfahrens wieder zurückgenommen hat.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2017 und 07.12.2017 die Mitarbeiter der Abfindungsprüferin, … und …, angehört und weitere schriftliche ergänzende Stellungnahmen eingeholt. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung (Bl. 217/240 und 320/340 d.A.), sowie die ergänzenden Stellungnahmen der Abfindungsprüferin vom 06.10.2017 (Bl. 282/306 d.A.) und 11.12.2017 (Bl. 344/345 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.05.2018 hat das Landgericht die an die ehemaligen Aktionäre der … zu leistende Barabfindung auf € 7,78 je Aktie erhöht. Dabei folgte das Landgericht grundsätzlich der Bewertung auf Basis der Ertragswertmethode durch die Bewerterin und Abfindungsprüferin. Die zugrunde gelegten Planannahmen hat das Landgericht ohne Anpassungen übernommen. Im Rahmen der Diskontierung senkte das Landgericht jedoch die Marktrisikoprämie auf 5,0% ab, die übrigen Parameter wurden beibehalten. Sonderwerte wurden nicht angesetzt. Hieraus errechnete das Landgericht zum Stichtag einen Ertrags- bzw. Unternehmenswert von € 128,813 Mio. bzw. eine Abfindung von € 7,78 je Aktie. Auf die Beschlussgründe (Bl. 352/476 d.A.) wird Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Antragsteller zu 16), 20), 31) 33), 34), 57), 58), 61) und 62) sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller rügen neben mehreren Planannahmen insbesondere die einzelnen Parameter des Kapitalisierungszinssatzes. Der Basiszinssatz sei fehlerhaft gemittelt worden und hätte darüber hinaus nicht zu Lasten der Minderheitsaktionäre aufgerundet werden dürfen. Die Absenkung der Marktrisikoprämie von 5,5 auf 5,0% sei noch nicht ausreichend, während der mit 0,75 angesetzte Wachstumsabschlag deutlich zu niedrig sei.
Die Beschwerdegegnerin rügt im Rahmen ihrer Beschwerde hingegen die reduzierte Marktrisikoprämie als zu niedrig. Diese sei wieder auf das von Bewerterin und Prüferin genannte Niveau von 5,5% anzuheben.
Auf die Beschwerdebegründungen, -erwiderungen und weiteren schriftlichen Stellungnahmen der Beteiligten wird Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 18.10.2018 (Bl. 564/575 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
II.
Die Beschwerden sind allesamt zulässig. Während die Beschwerden der Antragsteller darüber hinaus jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen sind, hat die Beschwerde der Antragsgegnerin Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung ist daher aufzuheben und die Anträge auf Festsetzung einer über € 7,11 je Aktie hinausgehenden Abfindung sind zurückzuweisen.
Die Beschwerden sind zunächst zulässig. Sie sind insbesondere fristgerecht eingelegt, §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 63 Abs. 1 FamFG. Weiterhin ist allein durch die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 16) und 20), die zusammen knapp 300.000 Aktien hielten, der gemäß §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von € 600,00 erreicht, wobei die Beschwer aller Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BeckRS 2018, 28290 Rn. 9, 19, 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2016 – 21 W 36/15, NZG 2017, 622 ff.; Spindler/Stilz/Drescher, 4. Aufl. SpruchG, § 12 Rn. 7). Ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt zwar die Beschwerde der Antragsgegnerin. Da sich der durch das Landgericht zugesprochene Erhöhungsbetrag aber auf insgesamt € 590.077,04 beläuft, ist auch insofern die Beschwerdesumme unzweifelhaft erreicht.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet. Die im Rahmen des landgerichtlichen Beschlusses erfolgte Erhöhung der Abfindung um € 0,67 auf € 7,78 je Aktie, die ausschließlich auf einer Reduzierung der Marktrisikoprämie von 5,5% auf 5,0% beruht, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin ist der Beschluss daher aufzuheben. Im Übrigen folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts, wonach die einzelnen Planannahmen plausibel sowie die von der Bewerterin angesetzten und von der Prüferin gebilligten Diskontierungsparameter sachgerecht sind und übernommen werden können. Damit verbleibt es bei dem durch die Bewerterin/Prüferin ermittelten Unternehmenswert von € 106,395 Mio. bzw. € 6,43 je Aktie und der auf Basis des höheren Börsenkurses festgesetzten Barabfindung von € 7,11 je Aktie. Die Anträge auf Erhöhung der Barabfindung sind daher abzuweisen. Die Beschwerden der Antragsteller sind dementsprechend unbegründet.
1. Gemäß §§ 62 Abs. 5 S. 1 UmwG, 327a AktG muss den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären eine angemessene Barabfindung gewährt werden.
Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) ist die Angemessenheit der Abfindung nur dann zu bejahen, wenn ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre gewährt wird. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff., Rn. 23).
(a) Als Untergrenze für die Bestimmung des Unternehmenswerts kann dabei jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften auf den Börsenkurs zurückgegriffen werden, so wie dies hier vorliegend auch gesehen ist. Eine geringere Abfindung würde der Dispositionsfreiheit über das Eigentum und damit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung tragen; die Aktionäre dürfen nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, NJW 1999, 3769 ff.; BVerfG, Beschl v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff.).
Ob eine marktorientierte Bewertung anhand des Börsenwertes nicht nur als Untergrenze, sondern ggf. für sich genommen für die Festsetzung der Barabfindung ausreichen kann, ohne dass es des Rückgriffs auf eine mittelbare Bestimmung anhand einer Unternehmensbewertung bedarf, muss jedenfalls an dieser Stelle nicht entschieden werden. Der BGH hat zwar ausdrücklich klargestellt, dass das alleinige Abstellen auf den Börsenwert durchaus ausreichend sein könne, denn auch bei der zum Schutz der Minderheitsaktionäre gebotenen Berücksichtigung des Börsenwertes werde der Wert seines Anteils nicht unabhängig vom Unternehmenswert ermittelt. Schließlich beruhe die Berücksichtigung des Börsenwertes auf der Annahme, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewerten und sich diese Marktbewertung im Börsenkurs niederschlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff.; so auch OLG Frankfurt a.M., Beschluss. v. 03.09.2010 – 5 W 57/09, AG 2010, 751 ff.; LG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2019 – 31 O 25/13 KfH, NZG 2019, 1300; MüKoAktG/van Rossum, 5. Aufl. , AktG § 305 Rn. 94 ff.).
In der vorliegenden Sachverhaltskonstellation bestehen jedoch durchgreifende Bedenken, ob der vorhandene Börsenkurs tatsächlich Ausdruck einer effektiven Informationsbewertung ist und damit den Wert der Beteiligung zutreffend widerspiegelt (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25/12 (AktE), BB 2017, 2034; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., Rn. 97). Es liegt ein Fall des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Outs vor. Bereits seit dem Jahr 2009 hielt die Antragsgegnerin als Mehrheitsaktionärin über 3/4 der Aktien der NTT CS AG; am Ende des maßgeblichen Referenzzeitraums waren es rund 93%. Zwar hat die Prüferin dezidiert dargelegt, dass nicht von einer fehlenden Marktgängigkeit auszugehen sei (vgl. Prüfbericht S. 85 ff.), doch kann in der vorliegenden Konstellation, in der an weniger als einem Drittel der Börsentage überhaupt ein Aktienhandel stattgefunden hat, auch nicht von einer (hoch) liquiden Aktie ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Aktie lediglich im – wenn auch qualifizierten – Freiverkehr gehandelt wurde, in dem die Zulassungs-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nur eingeschränkt gelten, was wiederum im Hinblick auf die Informationsgewinnung und -bewertung kritisch zu sehen ist. Von einer alleinigen Maßgeblichkeit des Börsenkurses kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden.
(b) Nach welcher Methode der „wahre“ Wert der Beteiligung sodann ermittelt werden muss, schreibt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor. Auch das einfache Recht kennt entsprechende Vorgaben nicht. Das Gericht ist vielmehr gehalten, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Lediglich bei der sich daran anschließenden Frage, ob die vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode den o.g. gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht, handelt es sich um eine Rechtsfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 12; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NJW-RR 2016, 610 ff., Rn. 14). Entscheidend ist demnach allein, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre grundsätzlich anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist, was bei der hier angewandten Ertragswertmethode, bei welcher im Rahmen einer Prognoseentscheidung die zukünftigen Erträge der Gesellschaft ermittelt und sodann mit einem Kapitalisierungszinssatz abgezinst werden, grundsätzlich zu bejahen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, a.a.O. Rn. 33 ff.).
Die Ertragswertmethode beruht auf der Überlegung, dass sich der Wert eines Unternehmens in erster Linie danach bestimmt, welche Erträge es in Zukunft erwirtschaften kann. Bei der Bewertung des Unternehmens ist daher primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen- und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Nach dieser Methode werden somit die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Verfügt das Unternehmen neben dem betriebsnotwendigen Vermögen über nicht betriebsnotwendiges (neutrales) Vermögen, so ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe daraus bildet den Unternehmenswert (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung 7. Aufl. Rn. 1076; Franken/Schulte/Dörschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S. 4).
Die Ertragswertmethode ist in Literatur und Praxis allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenngleich ihre Anwendung nicht zwingend geboten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, BB 2011, 1518 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NZG 2016, 461 ff., Rn. 21; OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2018, 753 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 4/17 (AktE), ZIP 2019, 370 ff.; Großfeld, a.a.O., Rn. 269). Anhaltspunkte dafür, dass sie im konkreten Fall nicht geeignet ist, den wahren Wert des Unternehmens abzubilden bestehen vorliegend nicht und werden seitens der Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen.
(c) Es ist weiter zu berücksichtigen, dass es einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens – unabhängig von der zugrunde gelegten Bewertungsmethode – nicht geben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff., Rn. 36; Senat, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 86). Jede in die Zukunft gerichtete Prognose beinhaltet naturgemäß gewisse Unsicherheiten, die allerdings auch im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen sind. Es muss dementsprechend eine Bandbreite von Werten als (noch) angemessen angesehen werden und eine höhere Barabfindung kann erst dann angenommen werden, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist (vgl. hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.). Das Gericht ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch nicht gehalten, nach dem Meistbegünstigungsprinzip die Bewertungsmethode oder innerhalb einer Bewertungsmethode die Parameter anzusetzen, die für die Antragsteller die größtmögliche Abfindung ergeben, etwa um auf diese Weise auszugleichen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel eher einen niedrigere als eine höhere Abfindungszahlung anbietet. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine angemessene, der Beteiligung am wirklichen Unternehmenswert entsprechende Abfindung, nicht aber auf eine möglichst hohe Abfindung (BGH, a.a.O., Rn. 38). Wenn jede rechnerische Zwischengröße in diesem Sinne zu Gunsten der Aktionäre bestimmt werden würde, käme es im Ergebnis zu einer derartigen Kumulation von Günstigkeitsentscheidungen, dass der „wirkliche“ Wert sicherlich nicht mehr abgebildet werden würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff., Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE), DStR 2016, 2809 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, ZIP 2012, 124 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, BeckRS 2011, 24586).
2. Unter diesen Voraussetzungen hat das Landgericht die von der Bewerterin angesetzten und von der Prüferin gebilligten für die Ertragswertermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens herangezogenen Planannahmen zu Recht nicht korrigiert, wobei sich das Beschwerdegericht in seiner Beschwerdeentscheidung auf die Darlegung und Würdigung der von den Beschwerdeführern konkret erhobenen Einwendungen beschränken kann (vgl. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff.; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 12 Rn. 12). Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen (vgl. Beschluss v. 30.05.2018, S. 39 ff.).
a) Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung der Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheitsanalyse vorzunehmen ist (vgl. Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. Annex zu § 11, Rn. 24). Die Planung ist in erster Linie Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und ist nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar, ob sie auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen beruht, mithin plausibel und auch nicht widersprüchlich ist. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere (für die Antragsteller günstigere) – letztlich aber ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff., Rn. 30; Senat, Beschluss vom 14.07.2009 – 31 Wx 121/06, WM 2009, 1848 Rn. 12 und Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff.; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O., § 8 Rn. 4a; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 121).
b) Ausgehend von diesem Maßstab greifen zunächst die die Planung im allgemeinen betreffenden Rügen nicht durch.
aa) Dabei kann bereits nicht nachvollzogen werden, warum es sich in Bezug auf die „Planung allgemein“ um „völlig nichtssagende Ausführungen der Prüferin“ handeln solle. Die Prüferin hat bei ihrer Anhörung überblicksartig die der vorliegenden Planung zugrunde liegenden Umstände erläutert und im Übrigen bereits in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Planung optimistischer war, als sich die Zahlen letztlich tatsächlich entwickelt haben (vgl. Protokoll v. 07.07.2017, S. 12, Bl. 228 d.A.). Weitere detaillierte Ausführungen zum Planungsprozess finden sich sodann im Gutachten und Prüfbericht.
Ebenso ist nicht ersichtlich, warum die Formulierung, die Unternehmensplanung der … habe „grundsätzlich“ übernommen werden können (vgl. Prüfbericht S. 28), ungenau bzw. kritisch sei. Die Prüferin hat im selben Absatz erläutert, dass und warum welche Modifikationen erfolgt sind. Dabei handelt es sich um Aspekte der Finanzbedarfsrechnung, Steuerberechnung etc., deren Ermittlung für die Überführung der – von der Gesellschaft erstellten – Planung in die letztlich zu diskontierenden finanziellen Überschüsse, notwendig ist (vgl. Großfeld, a.a.O. Rn. 385 ff.). Mit einer durchaus kritisch zu sehenden anlassbezogenen Sonderplanung oder einer Planung durch die Bewerterin/Prüferin hat dies nichts zu tun.
Dabei ist unerheblich, dass die Bilanzplanung tatsächlich durch die Bewertungsgutachterin – in Abstimmung mit der … – erfolgt ist. Die Prüferin hat dargestellt, dass die Planung grundsätzlich auf den – durch die jeweiligen Tochtergesellschaften erstellten Planungsrechnungen – basiere (vgl. Prüfbericht S. 13). Diese wurden – grundsätzlich (s.o.) – unverändert übernommen. Eine den Gesamtkonzern betreffende Bilanzplanung war hingegen nicht vorhanden, weswegen diese in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft von der Gutachterin erstellt wurde. Die Prüferin hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, dass die gesamte Planung vom Vorstand final verabschiedet und vom Aufsichtsrat zur Kenntnis genommen wurde (vgl. Protokoll v. 06.07.2017, S. 16, Bl. 232 d.A.). Diese Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden, handelt es sich damit letztlich gerade nicht um eine Planung der Gutachterin, sondern um eine Planung der Gesellschaft (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.07.2018 – 26 W 6/16 (AktE), AG 2019, 884 ff.).
Soweit in diesem Zusammenhang weiter gerügt wird, dass auch in Bezug auf die ewige Rente keine originären Planannahmen durch die Gesellschaft, sondern das zugrunde gelegt worden sei, was sich die Bewerterin/Prüferin „ausgedacht“ habe, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Phase der ewigen Rente naturgemäß keine detaillierten Planannahmen der Gesellschaft geben kann. Vielmehr obliegt es gerade der Bewerterin/Prüferin, die auf Basis der Erkenntnisse der Vergangenheit und der – von der Gesellschaft – geplanten Entwicklungen in der Detailplanungsphase unter Berücksichtigung von Markt- und Wettbewerbsgegebenheiten abzuleiten, was i.d.R. auf Basis einer Fortschreibung der Überschüsse des letzten Planjahres erfolgt (Dreier/Fritzsche/Verfürth/Dreier, SpruchG, 2. Aufl. 2016, Annex § 11 Rn. 24; Peemöller/Kunowski, a.a.O. S. 312; Fleischer/Hüttmann/Franken/Schulte, a.a.O. § 5 Rn. 53; Großfeld, a.a.O. Rn. 434), wie dies auch hier geschehen (vgl. Prüfgutachten S. 52) und nicht zu beanstanden ist.
bb) Dass es personelle Veränderungen im Vorstand der Gesellschaft wenige Monate vor dem hier zur Rede stehenden Stichtag gab, ist für die Beurteilung der Plausibilität der Planung irrelevant. Auch beschwerdeseits werden keinerlei konkrete Verknüpfungen zwischen einzelnen Planansätzen und bestimmten Vorstandsmitgliedern genannt. Gleiches gilt für die behauptete Einflussnahme durch die Antragsgegnerin auf die …. Es handelt sich vorliegend um eine sog. bottom-up Planung, also eine solche, die grundsätzlich von zahlreichen unteren Hierarchieebenen ausgeht und eben nicht von Vorgaben durch die Unternehmensspitze geprägt ist (vgl. Fleischer/Hüttemann//Franken/Schulte, a.a.O. § 5 Rn. 16). Eine etwaige Einflussnahme hätte entsprechend breit angelegt sein müssen, wofür vorliegend keinerlei Anhaltspunkte bestehen.
Insbesondere in Bezug auf das antragstellerseits angeführte „Master Professional Services Agreement“ und weitere Arbeitnehmerüberlassungen zwischen der Antragsgegnerin und der … hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass bereits aufgrund des sachlich begrenzten Bereichs dieser Verträge bzw. des Umstands, dass die jeweiligen Arbeitnehmer dem jeweiligen Management der Tochtergesellschaften der … unterstanden, konkrete Anhaltspunkte für eine Überwachung bzw. Beeinflussung der Planung nicht bestehen (vgl. Beschluss S. 42 f.). Dies gilt unabhängig von etwaigen Formulierungen im Übertragungsbericht. Gleiches gilt für etwaige Verträge, die mit dem japanischen Mutterkonzern geschlossen und als unternehmerische Entscheidung der jeweiligen Gesellschaften grundsätzlich hinzunehmen sind, zumal die Prüferin diesbezüglich auch ausgeführt hat, dass der vollständige Abhängigkeitsbericht geprüft wurde (vgl. Protokoll v. 07.12.2017, S. 10 f., Bl. 329 f. d.A.). Es ist daher schlicht unzutreffend, dass die Bewerterin die relevanten Unterlagen nicht eingesehen habe.
cc) Zuletzt greift der (pauschale) Einwand einer nicht ausreichenden Plausibilisierung der konsolidierten Unternehmensplanung anhand der wesentlichen regionalen Beteiligungsgesellschaften nicht durch. Die Prüferin hat sämtliche Planungsunterlagen, zu denen insbesondere auch die Planungen der einzelnen Regionen gehören (vgl. Prüfbericht S. 29) auf ihre Plausibilität hin überprüft (vgl. Prüfbericht S. 3). Im Übrigen hat sie auch in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass es für jede Region gesonderte Dateien gab, die eingesehen und überprüft wurden, hat in diesem Zusammenhang aber auch darauf hingewiesen, dass wesentlicher als die Aufteilung nach Regionen, die nach Segmenten war (vgl. Protokoll v. 06.07.2017, S. 14, Bl. 230 d.A.), die sich dementsprechend durch den gesamten Prüfbericht zieht (vgl. Prüfbericht S. 19 ff.). Allein der Vergleich zwischen Umsatzerlösen (als ein Bestandteil der finanziellen Überschüsse) einerseits und dem Ertragswert (als Endergebnis der diskontierten Überschüsse) anderseits ist jedenfalls nicht geeignet, die mangelnde Plausibilität der Unternehmensplanung zu begründen.
c) Auch in Bezug auf die weiteren gegen einzelne Planannahmen gerichteten Einwände ist eine Korrektur durch den Senat nicht veranlasst.
aa) Zunächst kann der Ansatz des geplanten Umsatzwachstums im Detailplanungszeitraum nicht als unplausibel eingestuft werden. Dabei wurde entgegen der bereits erstinstanzlich und nunmehr auch in der Beschwerdeinstanz erhobenen Rügen kein durchschnittliches Wachstum von 6%, sondern von 9,4% angenommen (vgl. Prüfbericht S. 48, Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 06.07.2017, S. 18, Bl. 234 d.A., landgerichtlicher Beschluss S. 47). Dieses liegt innerhalb des für den Markt prognostizierten Wachstums und berücksichtigt die vorliegenden Besonderheiten. Insbesondere wurde aufgrund der strategischen Neuausrichtung nachvollziehbar zunächst mit einem deutlich höheren Wachstum geplant, welches sich im Laufe der Zeit aufgrund der sich abschwächenden Aufholeffekte jedoch auf Normalniveau abschwächt.
bb) Auch die in den ersten Planjahren negativen Ergebnisse sind nicht zu korrigieren. So ist den Antragstellern und Beschwerdeführern zwar darin zuzustimmen, dass der Lagebericht für das Rumpfgeschäftsjahr 2015 in der Tat ein EBITDA zwischen zwei und fünf Millionen Euro prognostiziert hat, doch wurde dies im Lagebericht für das Geschäftsjahr 2015/2016 bereits auf ein unter Umständen negatives EBITDA, allenfalls auf plus/minus Null revidiert. Im Übrigen zeigt ein Vergleich der Plan-/Ist-Bilanzen der Jahre 2011 – 2014, dass die Gesellschaft auch in der Vergangenheit mit deutlich zu ambitionierte Ergebnissen geplant hat und die ohnehin schon negativen Ergebnisse nochmals erheblich nach unten korrigieren musste (vgl. Prüfbericht S. 30). Allein aus dem Lagebericht kann dementsprechend kein zwingender Schluss gezogen werden.
Inhaltlich ist zu berücksichtigen, dass das negative Ergebnis der ersten Planjahre im Wesentlichen auf einen deutlichen Anstieg des Personalaufwands auf 37,1% in eben diesem Geschäftsjahr zurückzuführen ist, der sodann bis zum Geschäftsjahr 2024/2025 sukzessive wieder auf 18,5%, also sogar unter die Werte der Vergangenheitsjahre sinken soll (vgl. Prüfbericht S. 49). Diese Aufwandsplanung stellt sich angesichts der Neuausrichtung der Gesellschaft und des geplanten Wachstums als durchaus angemessen dar. Es bestehen in diesem Zusammenhang auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend Personalkosten der japanischen Konzernmutter auf die … abgewälzt wurden.
cc) Auch der Einwand betreffend den vermeintlich unerklärlichen Anstieg der Umsatzkostenquote von ehemals 60 auf mehr als 80% zu Beginn der Detailplanungsphase greift nicht durch. Hier werden vielmehr zwei verschiedene Ansätze miteinander vermischt. In der externen Rechnungslegung nach IFRS wird das Gesamtkostenverfahren angewandt. Hier belief sich die Materialaufwandsquote in der Vergangenheit stets auf rund 60%. Im internen Berichtswesen nach dem Umsatzkostenverfahren hingegen belief sich die Umsatzkostenquote, die auch Personalaufwendungen enthält, weswegen sie höher ist als die Materialaufwandsquote, in der Vergangenheit zwischen 71 – 79%. Geplant ist sodann aber kein weiterer Anstieg, sondern – trotz steigender Personalkosten, s.o. – ein sukzessiver Rückgang auf bis zu 73% im letzten Planjahr (vgl. Prüfbericht S. 27, Ergänzungsgutachten S. 2, Bl. 283 d.A.). Von einem „unerklärlichen“ Anstieg der Umsatzkostenquote um rund 20% zu Beginn der Detailplanungsphase kann daher keine Rede sein.
dd) Zuletzt wurde auch das Potential der – unechten – Synergien durch das Landgericht zutreffend abgebildet (vgl. Beschluss S. 60 ff.). Inwieweit weitere Synergien aufgrund der engen konzernmäßigen Einbindung der Gesellschaft hätten berücksichtigt werden müssen, ist nicht ersichtlich und wird beschwerdeseits auch nicht konkret vorgetragen.
d) Zusammenfassend sind die für die Ermittlung der finanziellen Überschüsse zugrunde gelegten Planannahmen nach dem vorliegenden eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht zu beanstanden und dementsprechend uneingeschränkt der Ertragswertberechnung zugrunde zu legen. Es wird insofern auf die Darstellung im landgerichtlichen Beschluss (S. 70) verwiesen.
3. Allerdings bedarf der vom Landgericht angesetzte Kapitalisierungszinssatz im Hinblick auf die Marktrisikoprämie der Korrektur. Das Landgericht hat diese von 5,5 auf 5,0% (nach Steuern) herabgesenkt. Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr ist die Marktrisikoprämie für den Stichtag des 31.03.2016 in Übereinstimmung mit den Darstellungen der Bewerterin und Prüferin auf 5,5% festzusetzen. Die finanziellen Überschüsse sind daher mit einem entsprechend höheren Zinssatz von 8,36 – 11,55% in den Planjahren und 6,96% in der ewigen Rente abzuzinsen. Hieraus errechnet sich der bereits seitens der Bewerterin und Prüferin angegebene Ertrags- und Unternehmenswert von € 106,395 Mio. und damit ein Wert je Aktie von € 6,43. Da dieser Wert unterhalb der auf Basis des Börsenkurses festgesetzten höheren Barabfindung von € 7,11 je Aktie liegt, ist eine gerichtliche Erhöhung nicht angezeigt. Die landgerichtliche Entscheidung ist dementsprechend aufzuheben und die Anträge sind abzuweisen.
a) Dabei ist das Landgericht zutreffend von einem auf 1,25% gerundete Basiszinssatz vor Steuern (0,9% nach Steuern) ausgegangen. Insofern bedarf es trotz umfassender Rügen seitens der antragstellenden Beschwerdeführer keiner Korrektur durch den Senat.
aa) Als Basiszinssatz ist der aus Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Ermittlung eines Durchschnittswertes, hergeleitet aus einer Zinsstrukturkurve auf Basis der Svensson-Methode ist eine anerkannte und vom Senat sowie von anderen Obergerichten in ständiger Rechtsprechung für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (vgl. Senat, Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13 m.w.N., NJW-RR 2014, 473 ff. u. Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx, 415/16, AG 2019, 357 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25/12, Rn. 67 nach beck-online; Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, 8. Aufl. AktG § 305 Rn. 67, 67a; Hölters/Deilmann, 3. Aufl. AktG § 305 Rn. 62). Die Durchschnittsbildung dient dem Ausgleich zufällig auftretender Zinsschwankungen sowie etwaiger Berechnungs- und Rundungsfehler und ist auch vor dem Hintergrund des Stichtagsprinzips grundsätzlich nicht zu beanstanden, auch wenn hierdurch etwaige Zinsentwicklungen erst mit Zeitverzögerung bzw. schwächer erfasst werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, AG 2015, 504 ff.; kritisch Peemöller/Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Aufl. S. 383). Vor diesem Hintergrund ist es hinzunehmen, dass der tagesaktuelle Zinssatz unter Umständen deutlich geringer (oder höher) ist, als der über einen längeren Zeitraum ermittelte Durchschnittswert.
bb) Soweit an dieser Stelle gerügt wird, dass bei der Drei-Monats-Durchschnittsbildung unzulässigerweise der Tag der Hauptverhandlung nicht berücksichtigt worden sei, was zur Folge gehabt habe, dass sich der exakte Wert auf 1,1232% und nicht auf 1,13601% beliefe, weswegen nicht auf 1,25% aufsondern auf 1,00% hätte abgerundet werden müsse, kann dem – losgelöst von etwaigen praktischen Schwierigkeiten, die sich ergeben, weil der Tageszinssatz u.U. erst nach der Hauptversammlung feststeht – nicht gefolgt werden.
Ausgangspunkt dieser Diskussion ist, dass die Bewerterin/Prüferin zunächst fälschlicherweise auf die drei Monate bis zum Vertragsschluss am 12.02.2016 abgestellt hat (vgl. Prüfbericht S. 58). Das Landgericht hat die Prüferin sodann mit Beschluss vom 10.07.2017 aufgefordert, den Basiszinssatz nach der Svensson-Methode in einem Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung neu zu berechnen (vgl. Bl. 258 d.A.). Dabei begründete es die Außerachtlassung des Tages der Hauptversammlung mit allgemeinen Grundsätzen zur Fristberechnung allgemein im Aktienrecht und im Speziellen bei der Unternehmensbewertung (vgl. Beschluss v. 30.05.2018, S. 73, sowie Nichtabhilfebeschluss v. 18.10.2018, S. 8).
Ein Verstoß gegen § 327b Abs. 1 S. 1 AktG, wonach die Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigt werden müssen, kann hierin nicht erkannt werden. Der BGH hat insofern ausgeführt, dass dies gerade nicht bedeutet, dass für die Wertfeststellung auf diesen Stichtag abzustellen sei. Vielmehr müsse zwischen dem Zeitpunkt, auf den sich die Wertermittlung beziehen müsse, und dem Zeitpunkt oder Zeitraum, aus dem die Daten für diese Wertermittlung gewonnen werden, unterschieden werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, AG 2010, 629 ff., Rn. 19).
Wie bereits dargelegt, führt schon die Durchschnittsbildung an sich zu einer gewissen Entfernung vom Stichtag, die jedoch aufgrund der genannten Vorteile, die sich aus dieser Vorgehensweise ergeben, hinzunehmen ist. Dies gilt unabhängig von der Tatsache, ob bei der Bildung des 90-Tage-Durchschnitts einen Tag früher oder später anzusetzen ist. Der ehemalige Arbeitskreis Unternehmensbewertung (AKU) und auch der FAUB empfehlen sogar teilweise eine Durchschnittsbildung der vorangegangenen vollen drei Monate (vgl. FAUB, Ergänzende Hinweise des FAUB zur Bestimmung des Basiszinssatzes, FN-IDW 2008, S. 491; Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. S. 145).
Die Außerachtlassung des Tages der Hauptversammlung wurde vom Landgericht unter Rückgriff auf allgemeine Grundsätze des Aktienrechts und Vergleiche mit anderen Bereichen der Unternehmensbewertung überzeugend begründet. Dabei hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es eine gesetzliche Regelung zur Bestimmung der angemessenen Abfindung und erst recht eine gesetzliche Regelung zur Berechnung des Basiszinssatzes als Parameter der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse im Rahmen der Ertragswertberechnung nicht gibt. Es gilt vielmehr das oben Gesagte. Der Unternehmenswert ist unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden zu schätzen. Dies ist hier erfolgt. Das Abstellen auf einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung ist bereits angesichts des Gleichlaufs mit anderen Frist- und Zeitraumberechnungen bei der Unternehmensbewertungen sachgerecht und in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, AG 2015, 504 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.09.2018 – I-26 W 1/18, Rn. 44 nach beck-online; Fleischer/Hüttmann/Franken/Schulte, a.a.O. S. 148; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O. Rn. 657). Auch in der Stollwerck-Entscheidung des BGH, in der als Referenzzeitraum für die Berechnung des Börsenkurses grundsätzlich die drei Monate vor Bekanntmachung der Maßnahme festgelegt werden, ist im Übrigen die Rede von einem dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem Beschluss der Hauptversammlung (vgl. BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, AG 2010, 629 ff., Rn. 26).
Eine Durchschnittsbildung über einen kürzeren Zeitraum, z.B. einen Monat, wie beschwerdeseits gefordert, wird zwar vereinzelt diskutiert, hat sich in der Bewertungstheorie und -praxis und auch in der Rechtsprechung vor dem Hintergrund der beabsichtigten Glättung kurzfristiger Marktschwankungen – soweit ersichtlich – nicht durchgesetzt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.12.2013 – 21 W 36/12, NZG 2014, 464; Fleischer/Hüttmann/Franken/Schulte, a.a.O. S. 147 f.; WP Handbuch 2014, a.a.O. Rn. A 355;). Jedenfalls aber stellt die vorliegende Durchschnittsbildung über einen Zeitraum von drei Monaten eine in der Wirtschaftswissenschaft anerkannte und in der Bewertungspraxis gebräuchliche Methode dar und bildet daher eine taugliche Grundlage für die durchzuführende Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. Steinle/Liebert/Katzenstein, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 5. Aufl. § 34 Rn. 140).
cc) Auch die anschließende Rundung des Drei-Monats-Durchschnittswertes auf 1/4-Prozentpunkte (bzw. auf 1/10-Prozentpunkte bei einem Prozentsatz von unter 1,00) entspricht den aktuellen IDW-Empfehlungen (vgl. IDW, WP Handbuch 2014, Bd. II Rn. A 356 m.w.N. zur methodischen Begründung) und ist in der Rechtsprechung aus Praktikabilitätsgründen und zur Vermeidung von Scheingenauigkeiten allgemein anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, LSK 2015, 320164; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2012 – I-26 W 8/10 (AktE), NZG 2012, 1260). Auch der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass eine solche Rundung – die sich im Übrigen ebenso zu Gunsten der Antragsteller auswirken kann (so beispielsweise in der antragstellerseits erfolgten Alternativberechnung mit dem exakten Wert von 1,1232%, bei welcher sodann eine (Ab-)Rundung auch ausdrücklich gefordert wird) – nicht zu beanstanden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff. u. zuletzt Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, BeckRS 2020, 3428).
(1) Soweit ersichtlich, lehnt in der obergerichtlichen Rechtsprechung lediglich das OLG Frankfurt a.M. eine solche Rundung, jedoch auch nur zu Lasten der Minderheitsaktionäre ab (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.01.2016 – 21 W 70/15, GWR 2016, 143 u. Beschluss vom 18.12.2014 – 21 W 34/12, AG 2015, 241 ff.; so auch Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. § 11 Annex Rn. 85). Dabei stellt sich jedoch die Frage, warum eine derartige Bevorzugung der Antragsteller erfolgen soll, einen entsprechenden Meistbegünstigungsgrundsatz gibt es schließlich gerade nicht (s.o.). Auch das OLG Düsseldorf hat vereinzelt auf eine Rundung verzichtet, da diese nicht zwingend sei, nicht vereinfache und nicht zu einem höheren Erkenntnisgewinn führe (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25712, Rn. 67 nach beck-online). In anderen Verfahren hat es eine Rundung des Basiszinssatzes hingegen für zulässig erachtet (s.o.).
(2) In der Literatur wird die Rundung zum Teil als methodisch fragwürdig beschrieben, die Angabe des exakt ermittelten Wertes sei „theoretisch zu bevorzugen“ (so Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl. S. 85, 88 f.). Die Rundung erfolge „ohne Not“ (so Böttcher/Habighorst/Schulte, UmwandlungsR, 2. Aufl. Anhang § 11 SpruchG Rn. 45).
(3) Der Senat teil diese Bedenken nicht. Würde man tatsächlich auf eine Auf- bzw. Abrundung verzichten, würde dies in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Das Abstellen auf den exakt ermittelten Durchschnittswert hätte im Rahmen der Stichtagserklärung aufgrund der vorhandenen kurzzeitigen Marktschwankungen regelmäßig eine bei Erstellung des Gutachtens bzw. des Prüfberichts nicht exakt vorhersehbare Anpassung des Kapitalisierungszinses und damit des Unternehmenswertes bzw. der angebotenen Abfindung zur Folge. Durch die Rundung (ggf. in Verbindung mit einer vorsorglichen Angabe des nächst höheren bzw. niedrigeren gerundeten Wertes) wird dies regelmäßig – wenn auch nicht in jedem Fall – verhindert. Damit dient die Rundung nicht zuletzt auch der Planungs- bzw. Rechtssicherheit und dem Informationsbedürfnis der Minderheitsaktionäre.
Vor diesem Hintergrund ist auch angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem (z.B. nach der Ertragswertmethode) ermittelten Unternehmenswert gerade nicht um einen mit mathematischer Genauigkeit bestimmten, einzig richtigen Wert, sondern um eine Bandbreite von angemessenen Werten basierend auf einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO handelt (s.o.), die Rundung des Basiszinssatzes nicht zu beanstanden (so auch Steinle/Liebert/Katzenstein, a.a.O.). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insofern nicht.
b) Die vom Landgericht sodann vorgenommene Reduzierung der Marktrisikoprämie um 0,5 Prozentpunkte auf 5,0% (nach Steuern) überzeugt unter Berücksichtung der vorliegenden Niedrigzinsphase jedenfalls für den hier zu beurteilenden Stichtag jedoch nicht. Es ist in Übereinstimmung mit der Bewerterin und Prüferin vielmehr von einer Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5% (nach Steuern) auszugehen.
Die Frage nach der Höhe der Marktrisikoprämie in Zeiten der Niedrigzinsen ist ein in Wirtschaftsliteratur und -praxis höchst umstrittenes Problem. Dieses kann auch im Rahmen eines Spruchverfahrens keiner endgültigen Klärung zugeführt werden, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts in Spruchverfahren, wirtschaftswissenschaftlich umstrittene Fragen der Unternehmensbewertung zu klären (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff. und Beschl. v, 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.2013 – 20 W 3/13, AG 2014, 208 Rn. 133; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71; Katzenstein, AG 2018, 739, 741).
Weiter hat der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es vor diesem Hintergrund methodisch nicht zu beanstanden ist, sich im Rahmen des § 287 ZPO an den Empfehlungen des FAUB des IDW als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2018 – 26 W 4/16, AG 2018, 679 ff., Rn. 40 ff.; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71), auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 45; BGH, Beschluss vom 09.07.2019 – EnVR 41/18, BeckRS 2019, 16439, Rn. 55 f.), innerhalb der Bandbreite aber wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge zurückhaltend zu bleiben (vgl. jüngst 31 Wx 340/17 – Beschluss vom 06.08.2019, AG 2019, 887 ff.), wobei diese Zurückhaltung insbesondere Stichtage betraf, die in zeitlicher Nähe zur Empfehlungsanpassung des FAUB vom 19.09.2012 lagen bzw. bei denen noch von einem vergleichsweise hohen Basiszinsniveau auszugehen war (vgl. z.B. Senat Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff. u. Beschl v. 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.).
So hatte der FAUB für Stichtage ab dem 01.01.2009 zunächst eine Bandbreite der Marktrisikoprämie (nach persönlichen Steuern) von 4,0 bis 5,0% empfohlen. Die Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt ist sodann mit Empfehlung vom 19.09.2012 erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Erhöhung war die anhaltende Niedrigzinsphase (der Basiszinssatz belief sich zu dem Zeitpunkt auf rund 2,25%). Noch am 10.01.2012 hatte sich der FAUB lediglich für eine Orientierung am oberen Rand der ursprünglichen Bandbreite ausgesprochen. Für eine Anhebung habe zu diesem Zeitpunkt (der Basiszinssatz belief sich damals bereits auf lediglich rund 2,75%) noch keine Veranlassung bestanden. In den Ergebnisberichten über die Sitzungen der Folgejahre empfahl der FAUB sodann bis in das Jahr 2018 hinein – trotz weiterhin stetig sinkender Basiszinsen – jeweils keine weitere Anhebung, sondern ggf. wiederum eine Orientierung am oberen Rand der aktuellen Bandbreite (vgl. Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, a.a.O. § 6 Rn. 65; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150). Erst in seiner Sitzung am 22.10.2019 hat der FAUB eine Anhebung der Obergrenze auf 6,5% (nach Steuern) empfohlen. Die Untergrenze der Bandbreite beläuft sich nach wie vor auf einen Nachsteuerwert von 5,0% (vgl. IDW Aktuell, Neue Kapitalkostenempfehlung des FAUB vom 25.10.2019).
Anders als in den bisher vom Senat zu entscheidenden Verfahren liegt der hiesige Stichtag des 31.03.2016 nunmehr sehr deutlich hinter der Empfehlungsanpassung vom September 2012. Der Basiszinssatz beläuft sich vorliegend auf lediglich 1,25% (vor Steuern) und liegt damit ebenfalls sehr deutlich unter dem Basiszinssatz, der der Empfehlung vom 19.09.2012 zugrunde lag. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht angemessen, auch im vorliegenden Verfahren bei der Festsetzung der Marktrisikoprämie innerhalb der Bandbreite derart zurückhaltend zu bleiben.
Gegen eine Marktrisikoprämie am unteren Rand der Bandbreite sprechen auch die sich aus der Begründung der aktuellen Empfehlung vom 22.10.2019 ergebenen Erkenntnisse, die auch den vorliegenden Zeitraum betreffen und die unabhängig von der Frage, ab wann die neue Bandbreitenempfehlung zur Anwendung kommen soll, im vorliegenden Fall Berücksichtigung finden können (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff. Rn. 31 ff.).
Der FAUB hat zur Begründung seiner aktuellen Empfehlung vom 22.10.2019 ausgeführt, dass aufgrund der derzeitigen Entwicklung betreffend den risikofreien Zinssatz, der sich derzeit bei 0,00% belaufe und in absehbarer Zeit drohe, sogar negativ zu werden (wie dies tatsächlich mittlerweile auch geschehen ist), eine neuerliche Anpassung erforderlich gewesen sei. Die Gesamtrenditeerwartung sei zwar tatsächlich bereits in den Jahren 2012/2013 leicht gesunken, der Rückgang stehe jedoch in keinem Verhältnis zu dem Rückgang der Renditen deutscher Staatsanleihen. Ausgehend von einer aktuellen Gesamtrenditeerwartung von 7,0 – 9,0% vor Steuern (rund 5,62 – 7,22% nach Steuern) sei die Marktrisikoprämie auf 6 – 8% (vor Steuern), also einen Nachsteuerwert von 5% – 6,5% anzuheben. Damit liege die Empfehlung zwar eher am unteren Rand der aktuell beobachtbaren Gesamtrenditeerwartung, hierdurch solle jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gesamtrenditen zukünftig weiter nachgeben könnten (vgl. IDW Aktuell a.a.O.).
Zu dem Fazit einer leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung ist der FAUB unter Anwendung verschiedenster Methoden, insbesondere unter Berücksichtigung von historisch gemessenen Aktienrenditen, langfristig realen Aktienrenditen, ex-ante Analysen mittels implizierter Kapitalkosten und aktuellen Beobachtungen gekommen, wie dies im Übrigen jedenfalls zu Plausibilisierungszwecken auch bereits im Rahmen der Empfehlung vom 19.09.2012 geschehen ist (vgl. Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150).
Auch wenn an dieser Stelle sowohl von Antragsteller als auch von Antragsgegnerseite weitere Studien, Gutachten und sonstige mündliche oder schriftliche Ausführungen etwaiger Vertreter der Wissenschaft und Praxis angeführt werden, die auf niedrigere oder höhere Marktrisikoprämien bzw. Gesamtrenditen hindeuten würden, ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft eine zweifelsfreie Klärung dieser Problematik nicht möglich. Viele der genannten Quellen umfassen im Übrigen andere Zeiträume oder nur Teilaspekte der Problematik. Auch die Prüferin hat eingeräumt, dass sie in Übereinstimmung mit der Bewerterin zwar von einer durch Investoren derzeit geforderten erhöhten Risikoprämie ausgehe, in Ermangelung belastbarer Methoden eine exakte Quantifizierung jedoch nicht möglich sei (vgl. Prüfbericht S. 61). Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass verschiedene Ansätze, von denen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft keiner absolut überlegen ist, zu verschiedenen Ergebnissen kommen, erscheint es vorzugswürdig, auf der Linie des FAUBs mehrere Methoden nebeneinander anzuwenden. Das beschwerdeseits ins Feld geführte „Equity Premium Puzzle“, wonach Theorie und Empirie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, fügt sich in ebendiese Argumentation ein, zumal es in dem genannten Monatsbericht der Bundesbank in diesem Zusammenhang ausdrücklich heißt, dass bisher keine Studie eine befriedigende Erklärung über dieses Puzzle habe liefern können (Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, April 2016, S. 27).
Vor diesem Hintergrund ist auch der beantragten Einholung eines vom IDW bzw. des FAUB unabhängigen Sachverständigengutachtens zu diesem Themenkomplex nicht nachzukommen (vgl. auch Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff.). Zum einen ist hierdurch ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten; andere belastbare Studien, die dem Gericht womöglich eine bessere Schätzgrundlage vermitteln könnten, sind nicht vorhanden. Zum anderen besagt die Selbstbindungsklausel des § 4 Abs. 9 der Satzung des IDW gerade nicht, dass die Wirtschaftsprüfer unreflektiert alle IDW Prüfungsstandards, Stellungnahmen und Fachgutachten übernehmen sollen. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, dass die Mitglieder aufgrund ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit in jedem Fall sorgfältig zu prüfen haben, ob die vom IDW aufgestellten Grundsätze tatsächlich anzuwenden sind oder ob hiervon abgewichen werden muss (so auch Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2019, 400 ff.).
Eine Festsetzung der Marktrisikoprämie am unteren Rand der Bandbreitenempfehlung von 5,0 – 6,0% (nach Steuern) würde dieser nur leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung jedoch nicht ausreichend Rechnung tragen. Vielmehr würde gerade im Vergleich zu Festsetzungen betreffend die Jahre 2012 – 2014 das seitdem nochmals deutlich gesunkene Basiszinsniveau uneingeschränkt auf eine gesunkene Gesamtrenditeerwartung weitergegeben werden, was jedoch mit den aktuellen Erkenntnissen kaum in Einklang zu bringen ist.
Bei einer Festsetzung auf den Mittelwert in Höhe von 5,5% (nach Steuern) errechnet sich hingegen ausgehend von dem genannten Basiszinssatz in Höhe von 0,9% (nach Steuern) damit zum hiesigen Stichtag eine Gesamtrendite von 6,4% (nach Steuern), die dem Mittel der Gesamtrenditeerwartung der aktuellen Empfehlung des FAUB entspricht.
Eine darüber hinaus gehende Erhöhung der Marktrisikoprämie erscheint im Hinblick auf die in der Folgezeit noch weiter gesunkenen Basiszinsen bei Annahme einer nur leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung zumindest für den hier zu beurteilenden Stichtag wiederum nicht angemessen.
Abschließend ist dem Landgericht zwar insofern zuzustimmen, als die Höhe der Marktrisikoprämie im Ansatz unabhängig von den Fundamentaldaten der Gesellschaft ist. Doch gerade vor diesem Hintergrund ist der durch die Reduzierung der Marktrisikoprämie um 0,5 Prozentpunkte um gut 20% steigende Ertragswert (nicht: die festgesetzte Abfindung, vgl. auch landgerichtlicher Beschluss S. 107) kritisch zu sehen. Bei sinkenden Basiszinsen führt die unveränderte Annahme einer bestimmten Marktrisikoprämie stets zu – ggf. deutlich – höheren Unternehmenswerten, ohne dass sich sonst etwaige Parameter geändert hätten. Diesem Effekt, für den es jedenfalls in diesem Umfang keine objektiven Anhaltspunkte gibt, wird durch die – moderate – Anhebung der Marktrisikoprämie entgegengewirkt (vgl. auch LG Hamburg, Beschluss vom 12.06.2015 – 403 HKO 43/14, BeckRS 2015, 128030, Rn. 60; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O.).
c) Auch der mit 1,2 aus einer Peer Group ermittelte unverschuldete Betafaktor bedarf keiner Korrektur. Das Landgericht ist insofern der Bewerterin/Prüferin gefolgt und hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass und warum die herangezogenen Peer Group Unternehmen vergleichbar sind (vgl. Beschluss S. 90 ff.). Da in der Beschwerde weder seitens der Antragsteller noch seitens der Antragsgegnerin insofern Einwendungen erhoben werden, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Gleiches gilt für die sodann beim Verschuldungsgrad zu berücksichtigende Finanzierungsstruktur, woraus sich die vom Landgericht zutreffend angesetzten verschuldeten Betafaktoren in Höhe von 1,24 – 1,93 ergeben.
d) Soweit beschwerdeseits zahlreiche Einwendungen gegen den mit 0,75 festgesetzten Wachstumsabschlag erhoben werden, greifen diese jedoch im Ergebnis alle nicht durch.
Zunächst ist diesbezüglich klarzustellen, dass der Wachstumsabschlag das nachhaltige Wachstum in der Phase der ewigen Rente ausdrückt, das – anders als in der Detailplanungsphase – nicht bereits bei der Prognose der finanziellen Überschüsse erfasst ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O. S. 313 ff.; Großfeld, a.a.O. Rn. 1054 ff.). Das künftige Wachstum ergibt sich grundsätzlich aus den Thesaurierungen und deren Wiederanlage, sowie organisch aus Preis-, Mengen- und Struktureffekten. In den Planjahren sind diese Wachstumspotentiale einschließlich des inflationsbedingten Wachstums in der Unternehmensplanung und somit in den finanziellen Überschüssen als nominale Größen abgebildet. Ein Wachstumsabschlag ist insofern nicht erforderlich. Im Rahmen der ewigen Rente scheidet eine Berücksichtigung des thesaurierungsbedingten Wachstums hingegen aus, da die thesaurierten Überschüsse fiktiv unmittelbar zugerechnet werden. Als im Wachstumsabschlag ausgewiesenes Wachstumspotential verbleibt damit nur die branchenübliche Preissteigerung. Addiert man als Hilfsüberlegung das thesaurierungsbedingte Wachstum (durchschnittliche Eigenkapitalrendite x Therausierungsquote), errechnet sich ein Gesamtwachstum in der ewigen Rente von rund 5,92%, das deutlich oberhalb der Inflationsrate liegt (vgl. auch ergänzende Stellungnahme v. 06.10.2017 S. 21).
Vor diesem Hintergrund überzeugt der Einwand, das langfristige durchschnittliche Wachstum aller Unternehmen (verstanden als Wachstumsabschlag) müsse in etwa der langfristigen Inflationsrate entsprechen, liege aber tatsächlich in sämtlichen Spruchverfahren immer deutlich darunter, nicht. Auch die Schlussfolgerung, wenn sämtliche Unternehmen tatsächlich nicht in der Lage wären, allgemeine Preissteigerungen an ihre jeweiligen Kunden weiterzugeben, gäbe es naturgemäß keine Preissteigerungen und damit keine Inflation, ist somit nicht zutreffend.
Zwar liegt in den meisten Spruchverfahren der festgesetzte Wachstumsabschlag tatsächlich (deutlich) unterhalb der Inflationsrate (im Schnitt zwischen 0,5% und 2,0%), doch wird hierdurch unter Berücksichtigung der Gesamtwachstumsrate nach dem oben Gesagten gerade keine (kurz- oder mittelfristige) Liquidation des Unternehmens zum Ausdruck gebracht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, Rn. 80 ff. nach beck-online; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 82 ff. nach beck-online; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.07.2014 – 20 W 3/12, Rn. 136 nach beck-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE) Rn. 59 ff. nach beck-online).
Der unterhalb der Inflationsrate liegende Wachstumsabschlag bringt lediglich zum Ausdruck, dass vorhandene Preissteigerungen nicht 1:1 auf die Endverbraucher abgewälzt werden können (in diesem Kontext ist im Übrigen auch der Hinweis des Landgerichts auf die gesunkene Rohertragsmarge zu verstehen, vgl. Beschluss S. 99), nicht aber, dass das Wachstumspotential insgesamt hinter der zu erwartenden Inflation zurückbleiben und das Unternehmen damit realiter schrumpfen würde. Etwaige empirische Studien, die vermeintlich höhere Wachstumsraten belegen, beziehen sich auf ebendiese Gesamtwachstumsraten, nicht aber auf das im Wachstumsabschlag ausschließlich abgebildete preisbedingte Wachstum (vgl. Fleischer/Hüttmann/ Popp/Ruthardt, a.a.O. § 12 Rn. 126, 135).
Im Übrigen gilt zu berücksichtigen, dass ohnehin nicht auf die allgemeine Inflationsrate, sondern die jeweils branchenübliche Preissteigerung, die zum Teil ganz erheblich voneinander abweichen können, abzustellen ist. Dabei ist abhängig von der individuellen Situation des Unternehmens zu beurteilen, ob und in welcher Weise dieses die erwartete – nicht notwendigerweise mit der Inflation identische – Preissteigerung an die Kunden weitergeben kann. Insofern sind auch Vergleiche mit Wachstums- und Inflationsraten aus anderen Branchen wenig zielführend.
Die erwarteten branchenbezogenen Inflationsraten liegen vorliegend auch nicht etwa bei 2 – 3%, sondern deutlich niedriger bei 1,45 – 2,38% (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 06.10.2017, S. 8, Bl. 289). Unter Berücksichtigung der branchenüblichen Mitarbeiterfluktuation und des zunehmenden Preisdrucks auf Absatz- und Beschaffungsseite ist auch unter Berücksichtigung einer ggf. geringeren Konjunkturabhängigkeit der darunter liegende angenommene Wachstumsabschlag von 0,75 durchaus angemessen.
4. Zuletzt ist es verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht keinen Sachverständigen gerichtlich bestellt und mit der vollständigen Neubewertung bzw. mit einzelnen Bewertungsfragen (u.a. der Marktrisikoprämie, siehe dazu oben) betraut hat. Auch der Senat hatte hierzu keinen Anlass.
Es bestehen weder durch die grundsätzliche gesetzliche Konzeption, noch durch die Mitgliedschaft der Prüferin im IDW e.V. bzw. im FAUB Bedenken gegen ihre Neutralität bzw. Unabhängigkeit (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. ausführlich dazu Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff. u. Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff.). Der sachverständige Prüfer ist gerade nicht mit einem Parteigutachter gleichzusetzen, weswegen auch der Verweis auf eine neuere Entscheidung des BGH zum Arzthaftungsrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2017 – VI ZB 31/16, NJW-RR 2017, 569 ff.) nicht zielführend ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Prüferin vorliegend ihren Prüfungsauftrag „unzureichend und erkennbar tendenziös“ wahrgenommen habe, bestehen nach dem oben Gesagten ebenfalls nicht.
5. Zusammenfassend ist damit lediglich die durch das Landgericht erfolgte Reduzierung der Marktrisikoprämie zu korrigieren. Im Übrigen sind die durch das Landgericht getroffenen Annahmen, die auf den Ausführungen der Bewerterin und Prüferin beruhen, durch den Senat nicht zu beanstanden. Es ist dementsprechend von einem Unternehmenswert in Höhe von € 106,395 Mio. und damit von einem Wert von € 6,43 je Aktie auszugehen. Dieser liegt unterhalb des relevanten Börsenkurses, der nach den obigen Ausführungen als Untergrenze heranzuziehen ist.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin ist die landgerichtliche Entscheidung daher aufzuheben und die Anträge auf Festsetzung einer über € 7,11 je Aktie hinausgehenden Barabfindung sind zurückzuweisen. Die Beschwerden der Antragsteller sind zurückzuweisen.
III.
1. Die Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin. Es besteht kein Anlass, diese ausnahmsweise ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen (vgl. § 15 Abs. 1 SpruchG). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde Erfolg hatte, da der reine Verfahrensausgang nach der Regelung des § 15 Abs. 1 SpruchG für die Frage der Kostentragung gerade nicht ausschlaggebend ist (vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 15 SpruchG Rn. 14; Spindler/Stilz/Drescher, AktG, a.a.O., § 15 SpruchG Rn. 21). Vielmehr sind die Gerichtskosten stets – auch bei Unterliegen der Antragsteller – von der Antragsgegnerin zu tragen, es sei denn Billigkeitserwägungen führten zu einem anderen Ergebnis. Vorliegend beruht der Erfolg der Beschwerde der Antragsgegnerin allein auf der höheren Festsetzung der Marktrisikoprämie. Angesichts der Tatsachen, dass es sich hierbei um einen höchst umstrittenen Themenkomplex handelt und der Senat bisher die niedrigere Festsetzung durch das Landgericht nicht beanstandet hat, sind keinerlei Umstände ersichtlich, die eine ausnahmsweise Kostentragungspflicht der Antragsteller rechtfertigen könnten.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin wird nach der Regelung des § 15 Abs. 2 SpruchG weder für die erste noch für die zweite Instanz angeordnet. Ihre Anträge und Beschwerden sind letztlich erfolglos geblieben. Es erscheint daher angemessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin durch die Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren kommt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 13.12.2016 (31 Wx 186/16, ZIP 2017, 176 ff.) nicht in Betracht. Selbst wenn danach entgegen der Regelung des § 15 SpruchG nach § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 84 FamFG ausnahmsweise eine entsprechende Auferlegung möglich ist, sind vorliegend nach dem oben Gesagten doch keinerlei entsprechende Billigkeitsgründe ersichtlich.
2. Die Festsetzung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren beruht auf § 74 S. 1 GNotKG. Da es zu keinerlei Erhöhung der Abfindung gekommen ist, ist der Mindestgeschäftswert anzusetzen. Insofern konnte nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG auch eine Abänderung des Geschäftswertes für die erste Instanz von Amts wegen erfolgen. Dieser Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG auch als maßgeblicher Gegenstandswert für die Vergütung der gemeinsamen Vertreterin heranzuziehen.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.
Soweit beschwerdeseits ausdrücklich in Bezug auf die Frage der Außerachtlassung des Tages der Hauptversammlung bei der Bildung des Drei-Monats-Durchschnittskurses die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt wurde, wurde bereits dargestellt, dass die hier vertretene Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, sowie in der Betriebswirtschaftslehre allgemein anerkannt ist. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht daher kein Bedürfnis.
Grundsätzlich ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Sie beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis und unterfällt damit dem Schätzermessen des Tatrichters (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, Rn. 12, 13 nach beck-online). Gleiches gilt (erst recht) für die einzelnen Parameter der gewählten Bewertungsmethode, wie z.B. auch für die Höhe der Marktrisikoprämie.


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