Bankrecht

Rente, Beschwerde, Abfindung, Gesellschaft, Beteiligung, Gutachten, Aktien, Vergleich, Spruchverfahren, Barabfindung, Antragsteller, Hauptversammlung, Aktie, Planung, gutachtliche Stellungnahme, konkrete Anhaltspunkte, nicht ausreichend

Aktenzeichen  31 Wx 2/19, 31 Wx 142/19

Datum:
9.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9687
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AktG § 327b

 

Leitsatz

1. Der weitgehende tatrichterliche Überprüfungsmaßstab in Spruchverfahren gebietet es, dass das Gericht die zentralen Planungsprämissen und Planzahlen grundsätzlich selbst überprüft. Diesem Prüfungsauftrag wird es nicht gerecht, wenn es sich ohne entsprechende Darlegung der relevanten Tatsachen auf die Schlussfolgerung des sachverständigen Prüfers, die Planung sei im Ergebnis plausibel, zurückzieht.
2. Bei seiner Prüfung hat das Gericht jedoch zu berücksichtigen, dass Planungen und Prognosen in erster Linie Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung der Gesellschaft und dementsprechend nur eingeschränkt darauf überprüfbar sind, ob sie auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage und realistischen Annahmen beruhen. Plausible Planannahmen der Gesellschaft dürfen nicht durch andere – ggf. für die Aktionäre günstigere – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden.

Verfahrensgang

5 HK O 16585/15 2018-08-29 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 29.08.2018 aufgehoben.
2. Die Anträge der ehemaligen Aktionäre der S… AG auf Festsetzung einer höheren Barabfindung werden zurückgewiesen.
3. Die Beschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) werden verworfen.
4. Die Beschwerden der Antragsteller zu 1), 4), 5), 10), 14) – 18), 24), 28), 29), 36) – 42), 60), 79) – 84), 92), 96), 109), 114), 115), 122) und 123) und die Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) werden zurückgewiesen.
5. Die Gerichtskosten der Verfahren erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten der ersten und zweiten Instanz werden nicht erstattet.
6. Der Geschäftswert für die Verfahren erster und zweiter Instanz, sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistende Vergütung werden jeweils auf € 200.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines Squeeze-Outs.
Die Antragsteller waren Aktionäre der S… AG (im Folgenden: S… oder die Gesellschaft). Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 931.114.937 war in ebenso viele auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Anteil am Grundkapital von € 1,00 eingeteilt. Die Aktien waren zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse, sowie im Freiverkehr an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München, Hannover und Stuttgart zugelassen.
Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der S… war die Veranstaltung, Vermarktung und Verbreitung von Fernsehsendungen durch Übertragungsmedien aller Art, insbesondere im Rahmen des durch Teilnehmerentgelte finanzierten Fernsehens, die Herstellung, Beschaffung, Veräußerung, Vermarktung und Verbreitung von Fernseh-, Film-, Hörfunk- und Medienproduktionen aller Art sowie sonstiger immaterieller Rechte, die Erbringung, Beschaffung und Vermarktung von Dienstleistungen im Bereich der Kommunikation und der elektronischen Medien unter Einschluss der Bereitstellung und Vermarktung von Anschlüssen und Übertragungsleistung, sowie das Merchandising-, Event- und Multimedia-Geschäft und Persönlichkeitsmarketing. Dabei gehörten zur S… Gruppe neben der S… als Muttergesellschaft verschiedene Tochtergesellschaften, an denen diese zu 100% beteiligt war.
Die Antragsgegnerin, die S… GmbH, hatte den Aktionären der S… bereits mit Angebot vom 03.09.2014 den Kauf ihrer Aktien für einen Preis von € 6,75 je Aktie angedient. Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft vertraten in einer gemeinsamen Stellungnahme zu diesem Übernahmeangebot (Anl. AG 20) die auf eine Fairness Opinion der Bank … gestützte Auffassung, dass dieses Angebot nicht angemessen sei.
Am 17.02.2015 veröffentlichte der Vorstand der S… sodann eine ad hoc-Mitteilung über die Übermittlung des förmlichen Verlangens der Antragsgegnerin auf Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine angemessene Barabfindung.
Im Dreimonatszeitraum vor dieser Mitteilung lag der umsatzgewichtete Durchschnittskurs der S… Aktie bei € 6,68 je Aktie.
Am 22.07.2015 fasste die Hauptversammlung der Gesellschaft sodann den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe des genannten Durchschnittskurses von € 6,68 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftrage … Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte im Vorfeld dieser Hauptversammlung in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 05.06.2015 (Anl. AG 2) unter Anwendung der Ertragswertmethode einen geringeren Unternehmenswert von lediglich € 5.864,8 Mio. bzw. € 6,30 je Aktie und erachtete die auf Basis des Börsenkurses festgesetzte höhere Abfindung daher als angemessen.
Dabei ging die Bewerterin von einer vierjährigen Detailplanungsphase bis zum Geschäftsjahr 2019/2020 und einer sich unmittelbar hieran anschließenden ewigen Rente aus. Zur Ableitung der Nettoausschüttungen wurden Annahmen zum Wertbeitrag aus Thesaurierungen und zur Besteuerung auch des inflationsbedingte Wachstums in der ewigen Rente gemacht. Bei der Kapitalisierung der Überschüsse wurde zunächst ein Basiszinssatz von 1% vor Steuern angesetzt. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde unter Berücksichtigung der jeweiligen Finanzierungsstruktur auf Werte zwischen 4,4 und 4,65% in den Planjahren und 4,4% in der ewigen Rente festgesetzt. Ausgangspunkt dieser Berechnung war eine Marktrisikoprämie von 5,5% nach Steuern und ein aus einer P… Group abgeleiteter unverschuldeter Beta-Faktor von 0,8. In der ewigen Rente ging die Bewerterin darüber hinaus von einem Wachstumsabschlag von 1,75% aus. Sonderwerte für drei mittelbare Beteiligungen wurden in Höhe von € 300.000,- angesetzt.
Im Rahmen der Stichtagserklärung vom 22.07.2015 (Anl. AG 17) wurde der Basiszinssatz auf 1,5% vor Steuern angehoben, was sich unter Übernahme der sonstigen Parameter wertmindernd ausgewirkt und zu einem Wert je Aktie von lediglich noch € 5,69 geführt hat (siehe Sensitivitätsberechnung im Bewertungsgutachten S. 96).
Die gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin … AG (im Folgenden: die Prüferin) billigte in ihrem Prüfbericht vom 08.06.2015 (Anl. AG 3) und ihrer Stichtagserklärung (Anl. AG 18) die Ertragswertermittlung und die auf Basis des höheren Börsenkurses festgelegte Barabfindung von € 6,68 je Aktie.
Sowohl im Gutachten als auch im Prüfbericht sind ab dem dritten Planjahr bis hin zur ewigen Rente keinerlei Umsatzerlöse, Programmkosten und Umsatzkosten, sowie Planungsprämissen zur Abonnenten-Zahl, dem Erlös je Abo, der Kündigungsquote und den Mittelfrist- bzw. Langzeiterwartungen zur Entwicklung des Marktes unter Verweis auf Geheimhaltungsinteressen der Antragsgegnerin insbesondere betreffend die Kosten für die Bundesligaübertragungsrechte offengelegt. Bewerterin und Prüferin lagen die Zahlen und Annahmen jedoch vor.
Auf die weiteren Ausführungen im Bewertungsgutachten, Prüfbericht und den jeweiligen Stichtagserklärungen wird Bezug genommen.
Der Beschluss über den Squeeze-Out wurde am 15.09.2015 in das Handelsregister eingetragen und am 16.09.2015 bekanntgemacht.
124 Antragsteller haben die festgelegte Barabfindung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung einer über € 6,68 je Aktie hinausgehenden angemessenen Barabfindung verlangt, wobei drei Antragsteller ihre Anträge im Laufe des Verfahrens wieder zurückgenommen haben.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2017, 19.10.2017, 14.12.2017 und 01.03.2018 die Mitarbeiter der Abfindungsprüferin, Herrn Prof. Dr. J…, Herrn Dr. B… und Herrn H… angehört und weitere schriftliche ergänzende Stellungnahmen zu einzelnen Bewertungsparametern eingeholt. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung (Bl. 414/450, 574/604, 639/673 und 692/734 d.A.), sowie die ergänzenden Stellungnahmen der Abfindungsprüferin vom 25.04.2017 (Bl. 472/486 d.A.), 31.08.2017 (Bl. 556/557 d.A.), 14.11.2017 (Bl. 636/638 d.A.), 09.01.2018 (Bl. 679/686 d.A.) und vom 19.03.2018 (Bl. 747/755 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 29.08.2018 hat das Landgericht die an die ehemaligen Aktionäre der S… zu leistende Barabfindung auf € 6,77 je Aktie erhöht. Dabei folgte das Landgericht grundsätzlich der Bewertung auf Basis der Ertragswertmethode durch die Bewerterin und Abfindungsprüferin. Die zugrunde gelegten Planannahmen hat das Landgericht ohne Anpassungen übernommen und ohne sich die im Bewertungsgutachten und Prüfbericht geheim gehaltenen Planungsprämissen und Planzahlen vorlegen zu lassen. Von einer Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne in der ewigen Rente hat das Landgericht abgesehen. Im Rahmen der Diskontierung senkte das Landgericht darüber hinaus die Marktrisikoprämie auf 5,0% ab, die übrigen Parameter wurden beibehalten. Hieraus errechnete das Landgericht zum Stichtag einen Unternehmenswert von rund € 6.301,4 Mio. bzw. eine Abfindung von € 6,77 je Aktie. Auf die Beschlussgründe (Bl. 796/949 d.A.) wird Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Antragsteller zu 1), 4), 5), 10), 14) – 18), 21) – 24), 28), 29), 36) – 42), 60), 79) – 84), 92), 96), 109), 114), 115), 122) und 123) sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller rügen zunächst sowohl die Nichtvorlage der Fairness Opinion und sodann schwerpunktmäßig der im (z.T. bestrittenen) Zusammenhang mit der Vergabe der Fußballübertragungsrechte stehenden Planannahmen, Planungsprämissen und Zahlen. Im Zusammenhang mit der Planung wird vor allem die Annahme eines eingeschwungenen Zustands am Ende der Detailplanungsphase in Frage gestellt. Im Rahmen der Kapitalisierung rügen die Antragsteller insbesondere den Betafaktor und hier vor allem die Aufnahme eines vermeintlich nicht vergleichbaren Unternehmens in die P… Group. Dabei wird schwerpunktmäßig auf ein von der I… AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Auftrag mehrerer Minderheitsaktionäre erstelltes Privatgutachten samt Ergänzungsgutachten (im Folgenden auch I…-Gutachten) Bezug genommen, welches je nach Variation der einzelnen Parameter zu einem deutlich höheren Unternehmenswert von bis zu € 9.207 Mio. und damit einen Wert je Aktie von bis zu € 9,89 gelangt.
Die Beschwerdegegnerin rügt im Rahmen ihrer Beschwerde hingegen insbesondere die durch das Landgericht vorgenommenen Korrekturen des Bewertungsgutachtens bzw. des Prüfgutachtens, namentlich die Nichtberücksichtigung der inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung und die Reduzierung der Marktrisikoprämie.
Auf die Beschwerdebegründungen, -erwiderungen und weiteren schriftlichen Stellungnahmen der Beteiligten wird Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 20.12.2018 (Bl. 1138/1153 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 04.06.2020 (Bl. 1422/1427 d.A.) wurde die Antragsgegnerin aufgefordert, die bisher nicht offengelegten Planannahmen und Planzahlen, sowie die über die konkrete Planung hinausgehenden Erwartungen der Gesellschaft nach § 7 Abs. 7 S. 1 SpruchG offenzulegen. Dem ist die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10.07.2020 (Bl. 1445/1450 d.A.) nachgekommen. Gleichzeitig hat sie eine entsprechende ergänzende gutachtliche Stellungnahme der Bewertungsgutachterin vorgelegt (Anl. AG 72).
Der Senat hat sodann mit Verfügung vom 30.07.2020 (Bl. 1452 d.A.) eine entsprechende Ergänzung des Prüfberichts durch die sachverständige Prüferin angefordert. Dem ist die Prüferin mit ergänzender Stellungnahme vom 29.01.2021 (Bl. 1446/1450 d.A.) nachgekommen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu.
Mit ebendieser Verfügung vom 30.07.2020 hat der Senat darüber hinaus die Antragsteller zu 21) – 23) darauf hingewiesen, dass deren Beschwerden verfristet seien und auch eine Umdeutung/Auslegung in eine Anschlussbeschwerde nicht möglich sei. Die Antragsteller zu 21) – 23) haben daraufhin mit Schriftsatz vom 25.09.2020 (Bl. 1455/1457 d.A.) unselbständige Anschlussbeschwerde eingelegt und auf den bisherigen Sachvortrag Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind mit Ausnahme der Beschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) allesamt zulässig. Gleiches gilt für die nachträglich erhobenen unselbstständigen Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 21) – 23). Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat darüber hinaus auch in der Sache Erfolg, während die antragstellerseitigen (Anschluss-)Beschwerden unbegründet und daher zurückzuweisen sind. Die landgerichtliche Entscheidung – einschließlich ihrer Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung – ist daher aufzuheben und die Anträge auf Festsetzung einer über € 6,68 je Aktie hinausgehenden Abfindung sind zurückzuweisen.
1. Die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin sind mit Ausnahme der Beschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) zulässig.
a) Mit Ausnahme der genannten Beschwerden sind sie zunächst fristgerecht eingelegt, §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 63 Abs. 1 FamFG.
Die Beschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) sind hingegen verfristet. Die Beschwerdeschrift vom 15.10.2018 ist am 16.10.2018 beim Landgericht eingegangen (Bl. 1041 d.A.). Ausweislich des Empfangsbekenntnisses wurde der landgerichtliche Beschluss vom 29.08.2018 aber bereits am 05.09.2018 zugestellt. Damit ist die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG, die für jeden Beteiligten gesondert mit der jeweiligen schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses beginnt (vgl. BeckOK/Obermann, 35. Ed. FamFG, § 63 Rn. 27; BeckOGK/Drescher, SpruchG, § 12 Rn. 5), nicht mehr gewahrt. Die Beteiligten wurden hierauf mit Verfügung vom 30.07.2018 (Bl. 1452 d.A.) hingewiesen.
Die als Reaktion hierauf eingelegten unselbstständigen Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 21) – 23) sind gem. § 66 FamFG zulässig. Auf die Einhaltung der Beschwerdefrist kommt es dabei nicht an, § 66 S. 1 FamFG. Angesichts der Tatsache, dass auch die Antragsgegnerin eine eigenständige, fristgerechte Beschwerde eingelegt hat, liegt auch unzweifelhaft ein anschließungsfähiges Rechtsmittel, an das sich die Antragsteller zu 21) – 23) anschließen konnten, vor (vgl. MüKoAktG/Kubis, SpruchG, § 12 Rn. 20). Die Frage, ob in Spruchverfahren auch die Anschließung an eine unselbstständige Anschlussbeschwerde des Gegners möglich ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung (str., bejahend: Senat, Beschluss vom 03.12.2020 – 31 Wx 330/16, BeckRS 2020, 34436).
b) Weiterhin ist der gemäß §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von € 600,00 erreicht, wobei die Beschwer aller antragstellerseitigen Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BeckRS 2018, 28290 Rn. 9, 19, 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2016 – 21 W 36/15, NZG 2017, 622 ff.; BeckOGK/Drescher SpruchG, § 12 Rn. 10). Allein bei Berücksichtigung der 10.000 Aktien der Beschwerdeführerin zu 35) ist der genannte Wert bereits bei Geltendmachung einer minimalen Erhöhung der Abfindung deutlich überschritten.
Ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt zwar die Beschwerde der Antragsgegnerin, die darauf gerichtet ist, die durch das Landgericht zugesprochene Erhöhung der Abfindung rückgängig zu machen. Da sich der Erhöhungsbetrag auf insgesamt € 3.203.259,39 beläuft, ist auch insofern die Beschwerdesumme deutlich überschritten.
2. Die (Anschluss-)Beschwerden der Antragsteller zu 1), 4), 5), 10), 14) – 18), 21) – 24), 28), 29), 36) – 42), 60), 79) – 84), 92), 96), 109), 114), 115), 122) und 123) haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Eine weitere Erhöhung der Abfindung hat nicht zu erfolgen. Vielmehr ist auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin die durch das Landgericht erfolgte Erhöhung von ursprünglich € 6,68 je Aktie auf € 6,77 je Aktie rückgängig zu machen, weil bereits der ursprünglich festgesetzte Wert den „wahren“, „wirklichen“ Wert der Beteiligung widerspiegelt bzw. sogar darüber liegt.
Die durch das Landgericht ausgesprochene Erhöhung der Abfindung basiert zum einen auf der Nichtberücksichtigung der Kursgewinnbesteuerung bei inflationsbedingten Wertsteigerungen im Rahmen der ewigen Rente und zum anderen auf der Reduzierung der Marktrisikoprämie von 5,5 auf 5,0%. Im Übrigen ist das Landgericht dem Bewertungsgutachten und Prüfbericht – auch ohne vollständige Offenlegung der Planannahmen – gefolgt. Beide Anpassungen im Bewertungskalkül überzeugen den Senat jedoch nicht. Sie sind dergestalt bei der Ertragswertberechnung nicht vorzunehmen. Im Übrigen folgt der Senat – allerdings erst nach vollständiger Offenlegung der Planannahmen – der Auffassung des Landgerichts, wonach die einzelnen Planannahmen plausibel sowie die von der Bewerterin angesetzten und von der Prüferin gebilligten Diskontierungsparameter sachgerecht sind und für die vom Senat vorzunehmende Schätzung übernommen werden können. Daraus errechnet sich ein Unternehmenswert von rund € 5.298 Mio. und damit ein angemessener Wert je Aktie in Höhe von € 5,69 (vgl. ergänzende Stellungnahme der Prüferin v. 09.01.2018, S. 2, Bl. 680 d.A.). Dieser liegt unterhalb der auf Basis des Börsenkurses festgelegten Barabfindung in Höhe von € 6,68 je Aktie, weshalb die Beschwerden der Antragsteller keinen Erfolg haben. Vielmehr ist auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und die Anträge auf Festsetzung einer höheren Abfindung sind abzuweisen.
a) Gemäß §§ 327a, b AktG muss den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären eine angemessene Barabfindung gewährt werden.
Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) ist die Angemessenheit der Abfindung nur dann zu bejahen, wenn ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre gewährt wird. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff., Rn. 23, BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/20, ZIP 2020, 2230 Rn. 19).
aa) Als Untergrenze für die Bestimmung des Unternehmenswerts kann dabei jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften auf den Börsenkurs zurückgegriffen werden, so wie dies hier vorliegend auch geschehen ist. Eine geringere Abfindung würde der Dispositionsfreiheit über das Eigentum und damit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung tragen; die Aktionäre dürfen nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, NJW 1999, 3769 ff.; BVerfG, Beschl v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff.). Dies setzt jedoch voraus, dass der Aktionär zu dem jeweiligen Kurs auch tatsächlich hätte desinvestieren können, also dass keine Marktenge vorlag und eine ausreichende Markttiefe bestand, was sich grundsätzlich an den Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG beurteilen lässt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17; ZIP 2018, 122 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.03.2014 – 21 W 15/11, AG 2014, 822 ff.). Insofern kann auf die durch die Prüferin bestätigten Ausführungen der Gutachterin verwiesen werden, die bestätigt hat, dass die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG nicht vorgelegen und der Börsenkurs daher als Desinvestitionswert als Untergrenze herangezogen werden muss (vgl. Gutachten S. 14; Prüfbericht S. 11 f.). Auch seitens der Beteiligten wird dies nicht in Frage gestellt.
Ob eine marktorientierte Bewertung anhand des Börsenwertes darüber hinaus nicht nur als Untergrenze, sondern ggf. für sich genommen für die Festsetzung der Barabfindung ausreichen kann, ohne dass es des Rückgriffs auf eine mittelbare Bestimmung anhand einer Unternehmensbewertung bedarf, muss jedenfalls an dieser Stelle nicht entschieden werden. Der BGH hat zwar ausdrücklich klargestellt, dass das alleinige Abstellen auf den Börsenwert durchaus ausreichend sein könne, denn auch bei der zum Schutz der Minderheitsaktionäre gebotenen Berücksichtigung des Börsenwertes werde der Wert seines Anteils nicht unabhängig vom Unternehmenswert ermittelt. Schließlich beruhe die Berücksichtigung des Börsenwertes auf der Annahme, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewerten und sich diese Marktbewertung im Börsenkurs niederschlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff.; so auch OLG Frankfurt a.M., Beschluss. v. 03.09.2010 – 5 W 57/09, AG 2010, 751 ff.; LG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2019 – 31 O 25/13 KfH, NZG 2019, 1300; MüKoAktG/van Rossum, 5. Aufl. , AktG § 305 Rn. 94 ff.; kritisch Ruthardt/Popp, AG 2020, 240 ff.).
Bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche alleinige Anknüpfung an den Börsenwert tatsächlich möglich sein kann, insbesondere wann von einer ausreichenden Informationseffizienz des Kapitalmarktes gesprochen werden kann (vgl. ausführlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht Ruthardt/Popp, AG 2020, 240, 244 f.). Die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG eignen sich hierzu nur bedingt, sie geben Auskunft darüber, ob es dem außenstehenden Aktionär tatsächlich möglich gewesen wäre, seine Aktien schnell, sicher und ohne Abschläge zu verkaufen (vgl. IDW, WPH Edition, Bewertung und Transaktionsberatung, Kap. C Rn. 47 ff.), nicht aber, ob der Börsenkurs als Ergebnis einer effektiven Informationsbewertung tatsächlich den fundamentalen Unternehmenswert widerspiegelt, was wiederum nur der Fall ist, wenn die Aktie hinreichend liquide ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff.).
Ohne an dieser Stelle abschließend darüber zu entscheiden, welche Kriterien mit welchen Grenzwerten im Einzelnen erfüllt sein müssen, um von einer hinreichenden Liquidität auszugehen, ist diese vorliegend – wie dies regelmäßig bei beherrschten bzw. konzernierten Unternehmen, also Kandidaten für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder ein Squeeze-Out der Fall ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.208 – 26 W 20/14, AG 2019, 739, Rn. 94; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., Rn. 97) – unzweifelhaft zu verneinen.
Es kann an dieser Stelle auf die Ausführungen der Prüferin zur mangelnden Belastbarkeit des S… eigenen Betas und dabei insbesondere auf die kritische Auseinandersetzung der Privatgutachterin I… zur Maßgeblichkeit einzelner Belastbarkeitskriterien verwiesen werden (vgl. Prüfbericht S. 43; Privatgutachten S. 115 ff.; kritisch zum t-Test und dem Bestimmtheitsmaß R² auch Peemöller/Meitner/Streitfeld, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 7. Aufl. S. 532). Es besteht vorliegend zwischen allen Beteiligten Einigkeit darüber, dass sich die Aktie der S… derart vom allgemeinen Marktgeschehen abgekoppelt hat, dass von keiner ausreichenden Belastbarkeit des eigenen Betafaktors gesprochen werden kann. Auch die ergänzenden Untersuchungen der Privatgutachterin kommen zu dem Ergebnis, dass sich insbesondere, aber nicht ausschließlich nach dem freiwilligen Übernahmeangebot die Entwicklung des Aktienkurses der S… derart vom allgemeinen Marktgeschehen abgekoppelt hat, dass von einer ausreichenden Belastbarkeit bzw. Liquidität nicht die Rede sein kann (vgl. Privatgutachten S. 122 ff.). Weder kann bei der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse daher das unternehmenseigene Beta (siehe dazu unten), noch kann aus denselben Gründen der Börsenkurs als alleiniger Maßstab für die Beurteilung der angemessenen Barabfindung herangezogen werden.
bb) Nach welcher Methode der „wahre“ Wert der Beteiligung sodann ermittelt werden muss, schreibt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor. Auch das einfache Recht kennt entsprechende Vorgaben nicht. Das Gericht ist vielmehr gehalten, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Lediglich bei der sich daran anschließenden Frage, ob die vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode den o.g. gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht, handelt es sich um eine Rechtsfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 12; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NJW-RR 2016, 610 ff., Rn. 14, BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/20, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 13, 20). Entscheidend ist demnach allein, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft bzw. Betriebswirtschaftslehre grundsätzlich anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist und im konkreten Fall auch fachgerecht und methodensauber umgesetzt wurde (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.06.2013 – 20 W 6/10, NZG 2013, 897; OLG Düsseldorf Beschluss vom 28.10.2019 – 26 W 3/17, AG 2020, 254, Rn. 54; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 305 AktG Rn. 82; Steinle/Liebert/Katzenstein, Münchener Handbuch d. GesR, 6. Aufl. § 34 Rn. 132).
Soweit beschwerdeseits eine „bestmögliche“ Schätzung gefordert wird, ist im Lichte dieses Maßstabs darauf hinzuweisen, dass das Gericht gehalten ist, den „wahren“, „vollen“ Wert der Beteiligung und damit eine angemessene Abfindungshöhe im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei hat es sorgfältig zu prüfen, ob die gewählte Bewertungsmethode tatsächlich allgemein anerkannt, in der Praxis gebräuchlich, für den konkreten Bewertungszweck geeignet und vorliegend auch lege artis angewandt wurde, nicht aber nach dem Meistbegünstigungsprinzip die Bewertungsmethode oder innerhalb einer Bewertungsmethode die Berechnungsweisen anzusetzen, die für die Antragsteller die größtmögliche Kompensation ergeben, etwa um auf diese Weise auszugleichen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel eher einen niedrigere als eine höhere Abfindungs- bzw. Ausgleichszahlung anbietet. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine angemessene, der Beteiligung am wirklichen Unternehmenswert entsprechende Kompensationsleistung, nicht aber auf eine möglichst hohe Abfindungs- oder Ausgleichszahlung (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 38). Wenn jede rechnerische Zwischengröße in diesem Sinne zu Gunsten der Aktionäre bestimmt werden würde, käme es im Ergebnis zu einer derartigen Kumulation von Günstigkeitsentscheidungen, dass der „wirkliche“ Wert sicherlich nicht mehr abgebildet werden würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff., Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE), DStR 2016, 2809 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, ZIP 2012, 124 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, BeckRS 2011, 24586).
Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht nur prüfen darf, ob die von der Gesellschaft bzw. der Bewerterin vorgenommene Bewertung vertretbar bzw. plausibel ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, AG 2012, 513 ff.; OLG Stuttgart, a.a.O.; a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. V. 02.07.2020 – 9 W 1/17, AG 2021, 29, 30). Auch der BGH hat jüngst nochmals auf den im Vergleich zu den Überprüfungsmöglichkeiten betreffend die Auswahlentscheidung der Bundesnetzagentur zum Eigenkapitalzinssatz zur Bestimmung der Erlösobergrenze für die Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze weitergehenden tatrichterlichen Überprüfungsmaßstab in Spruchverfahren hingewiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2020 – EnVR 34/18, BeckRS 2020, 5191, Rn. 19 ff.). Während dort die Auswahlentscheidung der Bundesnetzagentur betreffend das Bewertungsverfahren nur unter engen Voraussetzungen angegriffen werden kann (BGH, a.a.O., Rn. 6 ff.), ist das Gericht in Spruchverfahren grundsätzlich an die vom Abfindungspflichtigen bei der Festlegung der Abfindung zu Grunde gelegte Methode (bzw. einzelne Parameter dieser Methode) nicht gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 34). Es hat nach dem oben Gesagten vielmehr eine eigene Schätzung vorzunehmen, die dem „wahren“, „wirklichen“ Wert der Beteiligung möglichst nahe kommen soll. In diesem Kontext kann nach dem Verständnis des Senats durchaus von einer „bestmöglichen“ Schätzung, verstanden als Schätzung anhand derjenigen Methode bzw. derjenigen Parameter innerhalb einer Methode, die die größte Annäherung an den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert verspricht, ausgegangen werden.
Daraus ist andererseits aber auch nicht zu folgern, dass das Gericht in Spruchverfahren sämtliche umstrittenen Problemfelder der Wirtschaftswissenschaft abschließend aufklären müsste. Abgesehen von der Tatsache, dass sich die Ermittlung der Schätzgrundlagen immer auch in einem verfahrensökonomisch vertretbaren Rahmen bewegen muss und der Gewinn an Genauigkeit gegen den weiteren verfahrens- und kostenrechtlichen Aufwand abzuwägen ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NJW-RR 2016, 231, Rn. 42) ist dies sicher nicht Aufgabe des Spruchrichters (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff. und Beschl. v, 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.2013 – 20 W 3/13, AG 2014, 208 Rn. 133; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71; Katzenstein, AG 2018, 739, 741). Dieser hat nach dem oben Gesagten den „wirklichen“, „wahren“ Wert der Beteiligung und damit eine angemessene Kompensationsleistung zu ermitteln. Dabei hat er sicherzustellen, dass die von ihm gewählte Bewertungsmethode diesem Bewertungsziel möglichst nahe kommt. Bestehen aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht bei bestimmten Punkten unterschiedliche Ansatzpunkte und ist – bei verfahrensökonomisch vertretbarem Aufwand – nicht festzustellen, dass die eine Methode der anderen offensichtlich überlegen ist, obliegt die Wahl der Methode bzw. des jeweiligen Parameters innerhalb der Methode dem Spruchrichter im Rahmen seines Schätzermessens.
Soweit der BGH in einer aktuellen Entscheidung ausdrücklich davon spricht, dass jede Wertermittlung nicht auf ihre Richtigkeit, sondern lediglich auf ihre „Vertretbarkeit“ hin überprüft werden könne (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/2020, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 20), bedeutet dies allerdings auch nicht, dass jedwede Berechnungsweise, die von irgendeinem Standpunkt gerade noch vertretbar ist, dieser Schätzung zugrunde gelegt werden kann. Durch die Formulierung wird lediglich verdeutlicht, dass es einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens bzw. der Beteiligung hieran – unabhängig von der zugrunde gelegten Bewertungsmethode und deren Berechnungsgrundlagen – nicht geben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff., Rn. 36; Senat, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 86). Jede (unmittelbare oder mittelbare) Wertermittlung ist mit zahlreichen Prognosen, Schätzungen und methodischen Einzelentscheidungen verbunden, die nicht auf ihre absolute Richtigkeit, sondern nur auf ihre „Vertretbarkeit“ gerichtlich überprüfbar sind. Keine Bewertungsmethode kann den Wert der Beteiligung mathematisch exakt berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/2020, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 20). Es muss dementsprechend eine Bandbreite von Werten als „wahrer“, „wirklicher“ Wert der Beteiligung angesehen werden und eine höhere Kompensationsleistung kann erst dann angenommen werden, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist (vgl. hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.), was jedoch nicht bedeutet, dass das Gericht nicht gehalten wäre, diejenige Berechnungsweise zugrunde zu legen, die dem „wahren“, „wirklichen“ Wert am nächsten kommt.
cc) Der Senat erachtet unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vorliegend in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts die angewandte Ertragswertmethode, bei welcher im Rahmen einer Prognoseentscheidung die zukünftigen Erträge der Gesellschaft ermittelt und sodann mit einem Kapitalisierungszinssatz abgezinst werden, als eine für seine eigene Schätzung des Unternehmenswertes grundsätzlich geeignete Methode.
Das Ertragswertverfahren beruht auf der Überlegung, dass sich der Wert eines Unternehmens in erster Linie danach bestimmt, welche Erträge es in Zukunft erwirtschaften kann. Bei der Bewertung des Unternehmens ist daher primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen- und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Nach dieser Methode werden somit die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Verfügt das Unternehmen neben dem betriebsnotwendigen Vermögen über nicht betriebsnotwendiges (neutrales) Vermögen, so ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe daraus bildet den Unternehmenswert (vgl. Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung 8. Aufl. Rn. 300, 1178; Franken/Schulte/Dörschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S. 4).
Die Ertragswertmethode ist in Literatur und Praxis allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenngleich ihre Anwendung nach dem oben Gesagten nicht zwingend geboten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, BB 2011, 1518 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NZG 2016, 461 ff., Rn. 21; BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, a.a.O. Rn. 33 ff. OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2018, 753 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 4/17 (AktE), ZIP 2019, 370 ff.; Großfeld, a.a.O., Rn. 301). Anhaltspunkte dafür, dass sie im konkreten Fall nicht geeignet ist, den wahren Wert des Unternehmens abzubilden, bestehen vorliegend nicht und werden seitens der Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen. Soweit dies in Bezug auf die Annahme einzelner Bewertungsparameter (insb. Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne und Höhe der Marktrisikoprämie) in Zweifel gezogen wird, wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
b) Die vom Landgericht für die Ertragswertermittlung angesetzten Jahresüberschüsse und Nettoeinnahmen und die diesen Zahlen zugrunde liegenden Planannahmen sind nicht zu korrigieren, wobei sich das Beschwerdegericht in seiner Beschwerdeentscheidung auf die Darlegung und Würdigung der von den Beschwerdeführern konkret erhobenen Einwendungen beschränken kann (vgl. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff.; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 12 Rn. 17). Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen (vgl. Beschluss v. 29.08.2018, S. 41 ff., Bl. 837 ff. d.A.).
Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung der Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheits- und Gegenwartsanalyse vorzunehmen ist (vgl. Fleischer/Hüttmann/Böcking/Nowak, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. Rn. 4.7 f.; KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 14; Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. Annex zu § 11, Rn. 24). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Planung in erster Linie Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und damit nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar ist, ob sie auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen beruht, mithin plausibel und auch nicht widersprüchlich ist. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere (für die Antragsteller günstigere) – letztlich aber ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff., Rn. 30; Senat, Beschluss vom 14.07.2009 – 31 Wx 121/06, WM 2009, 1848 Rn. 12 und Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff.; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 8 Rn. 6; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 121; KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 17). Insofern beschränkt sich die Prüfung des Gerichts in der Tat auf eine bloße Plausibilitätskontrolle.
Ausgehend von diesem Maßstab greifen sämtliche die Planung betreffenden Rügen nicht (mehr) durch.
aa) Ein Schwerpunkt der Rügen betraf in diesem Zusammenhang die bisherige Nichtoffenlegung weitreichender Planungsprämissen und Planzahlen, die gegebenenfalls Rückschlüsse auf die Kostenkalkulation bezüglich der Vergabe von Fußballübertragungsrechten zugelassen hätten. Der Senat vertritt hier in Übereinstimmung mit den Ausführungen der beschwerdeführenden Antragsteller die Auffassung, dass eine Plausibilitätskontrolle der Planung ohne die Vorlage dieser Daten nicht möglich wäre, weswegen die Antragsgegnerin aufgefordert wurde, diese vorzulegen. Nachdem die Antragsgegnerin dieser Aufforderung nachgekommen ist und auch an ihrem Geheimhaltungsantrag nicht festgehalten hat, hat sich diese Rüge erledigt und weitere Ausführungen des Senats, insbesondere zur Frage der Verwertung im Falle einer Geheimhaltungspflicht, erübrigen sich an dieser Stelle.
Ergänzend sei lediglich darauf hingewiesen, dass der Senat durchaus davon ausgegangen ist, dass dem Prüfer die bislang nicht offen gelegten Planungsprämissen und Planzahlen bereits vorlagen, worauf die Prüferin auch bereits in ihrem Prüfbericht hingewiesen hatte (vgl, Prüfbericht S. 27). Es wurde und wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die bloße Bestätigung des Prüfers, die Planung sei plausibel, ohne Offenlegung der Tatsachen, aus denen sich diese Schlussfolgerung herleitet, weder dem weitgehenden tatrichterlichen Prüfungsmaßstab in Spruchverfahren noch dem Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör gerecht wird. Aus eben diesem Grund wurde eine (formale) Ergänzung des Prüfberichts gefordert, bei der insbesondere auch nochmals auf die Frage des eingeschwungenen Zustands einzugehen war, weil gerade dieser Themenkomplex ohne das entsprechende Zahlenwerk wenig nachvollziehbar war.
bb) Die Vorlage der Planung der M… im Rahmen der Fairness Opinion war zur Plausibilisierung der vorliegenden Planung hingegen nicht erforderlich. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, dass außerbörslich gezahlte Vorerwerbspreise für die Ermittlung der angemessenen Abfindungshöhe irrelevant sind und dass unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zeitlichen Rahmen, Zielsetzungen und Vorgehensweisen gerade keine tragfähigen Rückschlüsse für die hiesige Bewertung gezogen werden können (vgl. Beschluss S. 45 ff., 145 f., Bl. 841 ff., 942 f.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Im Übrigen hat die Prüferin dargelegt, dass entgegen der Erwartungen vieler Analysten der Markt den Angebotspreis von € 6,75 je Aktie als überwiegend attraktiv bewertet hat, die überwiegende Anzahl der Aktionäre hat das Angebot angenommen. Die Prüferin hat in diesem Zusammenhang auch erläutert, wo die Aussage des Vorstands, dieser Angebotspreis sei niedrig, herrührt. Sie hat dargestellt, dass gewisse Kombinationen von hohen Wachstumsraten und niedrigen Betafaktoren theoretisch zu einem höheren Wert führen könnten, hat jedoch auch erläutert, warum dies unplausibel ist (Prüfbericht S. 50, siehe dazu unten). Sämtliche weitere Vorerwerbe nach Abschluss des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots wurden sodann zu Preisen zwischen € 6,08 und € 6,75 je Aktie getätigt (vgl. Prüfbericht S. 53). Dies fügt sich ohne Weiteres in das hier gefundene Endergebnis ein.
cc) Konkrete Anhaltspunkte für eine sog. Anlassplanung bestehen vorliegend nicht. Sie werden auch seitens der beschwerdeführenden Antragsteller nicht dargelegt. Allein der Hinweis darauf, dass es sich „ersichtlich“ um eine Anlassplanung handele, ist insofern nicht ausreichend. Es kann daher auf die Ausführungen der Prüferin zum Planungsprozess, denen sich der Senat anschließt, verwiesen werden. Dort wurde detailliert dargestellt, dass sich die vorliegende Planung aus dem regulären Planungsprozess herleitet (vgl. Prüfbericht S. 21 ff.). Dies wurde auch nochmals im Rahmen der mündlichen Anhörung der Prüferin dezidiert erörtert. Unregelmäßigkeiten, anlassbezogene Einflussnahmen der Konzernmutter o.ä. haben sich nicht ergeben (vgl. Protokoll v. 12.01.2017, S. 16 ff., Bl. 429 ff. d.A.).
dd) Aus den nunmehr vollständig vorliegenden Planzahlen und Planungsprämissen ergeben sich letztlich keine Anhaltspunkte für eine unplausible Planung. Sie sind uneingeschränkt der vorliegenden Bewertung zugrunde zu legen.
(1) Dabei darf die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens, dass die Planung hier in einem auch im Vergleich zu anderen Spruchverfahren sehr großen Umfang mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet ist, nicht außer Acht gelassen werden. Neben den Kosten für die Übertragung der Fußballspiele und der damit verbundenen Frage, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum man sich überhaupt die Rechte hieran sichern kann, betraf dies vorliegend insbesondere die grundsätzlichen Erwartungen betreffend die mittel- bis langfristige Entwicklung der Pay-TV-Branche in Deutschland, die anderen (europäischen und nichteuropäischen Ländern) Ländern noch deutlich hinterherhinkt. Es wären insofern zahlreiche, ebenfalls plausible, Alternativszenarien denkbar, die aber nach dem oben beschriebenen Maßstab der Bewertung nicht zugrunde gelegt werden können, wenn und soweit nicht feststeht, dass die vorhandene Planung nicht (mehr) plausibel ist.
Unerheblich ist an dieser Stelle, ob (einzelne oder die meisten) Alternativszenarien günstiger für die Aktionäre wären. Auch für eine Mittelwertbildung aus sämtlichen (noch) plausiblen Varianten besteht nach dem oben Gesagten kein rechtliches Bedürfnis. Je mehr Unsicherheiten bestehen, desto größer mag die Bandbreite der möglichen Entwicklung sein, dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass plausible Annahmen des Unternehmens nicht durch eigene, ebenfalls nur plausible Annahmen ersetzt werden dürfen. Soweit in diesem Zusammenhang gerügt wird, es hätte jedenfalls aufgeklärt werden müssen, mit welchen Eintrittswahrscheinlichkeiten für welche Entwicklung gerechnet wurde, geht diese Rüge ebenfalls fehl. Die Gesellschaft hat bestimmte Annahmen getroffen und diese ihrer Planung zugrunde gelegt. Solange diese Annahmen und Zahlen realistisch sind, auf zutreffenden Informationen beruhen, in sich konsistent sind und auch sonst keine Widersprüche zu anderen Umweltfaktoren aufweisen, ist diese Entscheidung sowohl vom Spruchgericht als auch von den beteiligten Aktionären hinzunehmen. Ob der ein oder andere Beteiligte eine andere Entwicklung für naheliegender erachtet hätte, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden.
(2) Vorliegend hat die Gesellschaft, wie insbesondere aus dem Papier „long-term expectations“ vom 02.06.2015 ersichtlich ist, damit gerechnet, dass der Pay-TV Markt in Deutschland bei weitem noch nicht erschöpft sei und dass man sich im Laufe der Zeit an die Verhältnisse der anderen europäischen Länder angleichen könne. Insbesondere bis zum Jahr 2020, also bis zum Ende des Detailplanungszeitraums, sei daher mit erheblichen Wachstumspotentialen und darüber hinaus mit einem „moderaten“ Wachstum zu rechnen. Dabei ist die Gesellschaft auch davon ausgegangen, dass sie sich jedenfalls für die nächste Vergaberunde die Exklusivrechte sowohl für die Bundesliga als auch für die Champions League hätte sichern können. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem vom gemeinsamen Vertreter nochmals zitierten Übernahmeangebot (Anl. GV B3). Auch hier wird – ohne dies zeitlich näher einzugrenzen – von einem enormen Wachstumspotential gesprochen, das sich in der vorliegenden Planung durchaus widerspiegelt.
Hinsichtlich der einzelnen Kennzahlen wird auf die – nunmehr – vollständige Darstellung sämtlicher Planzahlen im ergänzten Bewertungsgutachten vom 09.07.2020 (Anl. AG 72, S. 3), das durch die ergänzende Stellungnahme der Prüferin vom 29.01.2021 nochmals bestätigt wurde, verwiesen. Vor dem dargestellten Hintergrund sind an dieser Stelle insbesondere die Kennzahlen zum geplanten Umsatzwachstum und den Abonnentenzahlen bzw. dem ARPU relevant. Die S… ist im Detailplanungszeitrum bis hin zum Geschäftsjahr 2019/2020 mit leicht abnehmender Tendenz von einem Umsatzwachstum von 13,7 – 10,6% ausgegangen. Dabei sollte die Abonnentenzahl kontinuierlich vom letzten Ist-Jahr in Höhe von 4,3 Mio. ebenfalls mit leicht abnehmender Tendenz auf 6,58 Mio. in 2019/2020 wachsen. Auch der Erlös pro Abonnement sollte stetig steigen (von € 34,00 auf € 40,47 im letzten Planjahr).
Diese Annahmen sind in einer Gesamtschau jedenfalls nicht unplausibel. Die hohen Wachstumsraten in den Planjahren sind zwar als sehr ambitioniert anzusehen, können aber vor dem Hintergrund des auf dem relevanten Markt vorhandenen Potentials in Verbindung mit den geplanten Exklusivrechten jedenfalls für die zum damaligen Zeitpunkt unmittelbar bevorstehende Vergaberunde nicht als unerreichbar und damit unplausibel eingestuft werden. Dass nahezu sämtliche Ziele letztlich (deutlich) verfehlt wurden – was nicht zuletzt an der anderweitigen und dergestalt nicht vorhersehbaren Vergabe der Fußballübertragungsrechte gelegen hat – ändert hieran nichts. Maßgebend ist grundsätzlich allein eine vom Stichtag ausgehende ex-ante Betrachtung (vgl. Senat, Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, GWR 2020, 221; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 305 Rn. 117).
Soweit beschwerdeseits dennoch die Auffassung vertreten wird, die Planung sei im Einzelnen nicht ambitioniert, sondern (zu) konservativ gewesen (dementsprechend geht auch das I…-Gutachten durchgängig von noch besseren Zahlen aus), ist dem entgegenzutreten. Sämtliche relevanten Kennzahlen von der Abonnentenzahl über die Kündigungsquote und den durchschnittlichen Monatserlös bis hin zum Umsatz- und Gewinnwachstum sind eher am oberen Rand des Erreichbaren einzustufen und immer auch in Wechselwirkung zueinander und unter Berücksichtigung des mit den Chancen eines noch unreifen Marktes einhergehenden Risiko zu würdigen. So hat bereits die Bewerterin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die gleichzeitige deutliche Steigerung der Abonnentenzahl sowie des durchschnittlichen Monatserlöses je Abo schwierig umzusetzen sei (siehe Bewertungsgutachten S. 49). Wenn beschwerdeseits nunmehr ausgeführt wird, dass beispielsweise die derzeit vorhandene Kundenbindung aufgrund der Exklusivität gewisser Inhalte auch mit einer höheren Akzeptanz für Preissteigerungen einhergehen würde, mag dies im Ansatz zutreffend sein, beleuchtet jedoch nur eine Seite der Medaille. Die Prüferin hat in diesem Zusammenhang ebenso auf das Risiko hingewiesen, dass in Zukunft durch den Eintritt weiterer Wettbewerber ebendiese Exklusivität verloren gehen kann (vgl. Protokoll v. 01.03.2018, S. 24, Bl. 715 d.A.). Vor diesem Hintergrund erscheint auch der von I… alternativ angenommene mittel- und langfristige Marktanteil der S… von 64% als tendenziell eher zu ambitioniert, wobei dies keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Nach dem oben gesagten ist im Ausgangspunkt lediglich zu prüfen, ob die vorliegende Planung der Gesellschaft plausibel ist, nicht ob dies auch für etwaige andere Annahmen zutrifft. Und im Ergebnis ist die Planung der S… durchaus als plausibel, wenn auch als sehr ambitioniert einzustufen.
(3) Da die S… sodann selbst davon ausgegangen ist, dass jedenfalls ab 2020 keine derart hohen Wachstumssteigerungen, sondern nur noch ein „moderates“ Wachstum erzielt werden könne, ist es nicht zu beanstanden, bereits zu diesem Zeitpunkt von einem eingeschwungenen Zustand auszugehen und unmittelbar nach dem in der Praxis absolut üblichen vierjährigen Detailplanungszeitraum (vgl. Peemöller/Kunowski/Peemöller, a.a.O., S. 368) die ewige Rente – mit einem diesem nachhaltigen „moderaten“ Wachstum entsprechendem vergleichsweise hohen Wachstumsabschlag – hieran anzuschließen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme eines solchen Zwei-Phasen-Modells hier nicht sachgerecht sein könnte, bestehen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum stattdessen ein Drei-Phasen-Modell mit einer eingeschobenen Grobplanungsphase, die ein weiteres – deutlich höheres – mittelfristiges Wachstum der S… berücksichtigen sollte, der hiesigen Schätzung zugrunde gelegt werden müsste.
Die Annahme eines eingeschwungenen Zustands setzt eine sog. Gleichgewichts- oder Beharrungssituation, in welcher sich künftige Veränderungen der Zahlungsströme durch eine konstante Wachstumsrate angemessen darstellen lassen, voraus (vgl. Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2018, 753, Rn. 72; Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, a.a.O., § 5 Rn. 5.54 f.). Dabei geht darum, Trendentwicklungen langfristig fortzuschreiben (vgl MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 305 Rn. 119), nicht darum festzustellen, dass am Ende des Detailplanungszeitraums die Trendentwicklung bereits abgeschlossen ist. Insofern steht der Annahme eines eingeschwungenen Zustands nicht zwingend entgegen, dass der Pay-TV Markt in Deutschland am Ende der Detailplanungsphase noch nicht gesättigt sein wird. Dies wird man auch nach Ende einer etwaigen zusätzlich eingeschobenen vierjährigen Grobplanungsphase kaum annehmen können.
Die Modellierung einer zusätzlichen Grobplanungsphase mag im Einzelfall insbesondere bei jungen Unternehmen angezeigt sein, die gerade dabei sind, in einen (schon etablierten) Markt hineinzuwachsen (vgl. MüKoAktG/van Rossum, a.a.O.), wenn zum Ende des Detailplanungszeitraums unverzinsliche kurzfristige Aktiv- oder Passivposten in der Bilanz auftauchen (vgl. Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, a.a.O. Rn. 5.52) oder auch wenn es sich bei dem zu bewertenden Unternehmen um ein solches mit zyklischer Erfolgsentwicklung handelt (vgl. Peemöller/Meitner, a.a.O., S. 725 ff). All diese Besonderheiten sind hier aber nicht gegeben. Vorliegend geht es um einen insgesamt im Vergleich mit anderen Ländern eher unreifen Markt, welcher viele Chancen und Risiken bietet – und zwar nicht nur für die S…, ein Unternehmen, das im Pay-TV Bereich schwerlich als junges Unternehmen eingeordnet werden kann, sondern auch für zahlreiche (zum Stichtag konkret bekannte, aber auch neue, unbekannte) Konkurrenzunternehmen. In diesem Rahmen ist es durchaus sachgerecht anzunehmen, dass die Gesellschaft an dem unzweifelhaft auch langfristig vorhandenen Wachstumspotential nachhaltig partizipieren wird. Angesichts der vielen Unbekannten, die im Laufe der Zeit tendenziell aber noch zunehmen werden (dies gilt vorliegend insbesondere für die Frage der Exklusivrechte für Fußballübertragungen), ist aber nicht ersichtlich, warum das sehr hohe Niveau der Planphase I auch über das Geschäftsjahr 2020/2021 hinweg fortgeschrieben werden müsste.
(4) Auf die Szenarienrechnung der Prüferin (Prüfbericht S. 50) kommt es daher nicht entscheidend an. Die S… ist gerade nicht von derart hohen Wachstumsraten ab dem Geschäftsjahr 2020/2021 ausgegangen. Im Übrigen wäre zu berücksichtigen, dass höheres Wachstum regelmäßig auch mit höherem Risiko einhergeht. Dies gilt insbesondere für den hier inmitten stehenden deutschen Pay-TV Markt, der zum relevanten Stichtag zwar einerseits erhebliche Wachstumspotentiale, aber andererseits eben auch erhebliche Risiken geborgen hat. Je höher die Wachstumsrate, desto höher ist damit auch der Betafaktor, was sich wiederum wertmindernd auswirken würde. Soweit beschwerdeseits ausgeführt wird, bei den hier angenommenen Parametern (insb. Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen, Marktrisikoprämie von 5,5, % und Betafaktor von 0,8) ergäbe sich eine Bandbreite von € 6,89 – € 10,08 je Aktie und damit ein Mittelwert von € 8,49 je Aktie, mag dies rechnerisch zutreffend sein, verkennt aber ebendiesen Zusammenhang zwischen Wachstum und Risiko, zumal keine rechtliche Notwendigkeit besteht auf einen Mittelwert abzustellen. Ein Aktienwert von € 8,49 würde bei den angegebenen Parametern ein geplantes Wachstum von rund 9% bedeuten. Dies entspricht zum einen nicht der tatsächlichen Planung der Gesellschaft ab 2020/2021 und zum anderen wäre eine derartige – nicht vorliegende – Planung auch mit dem angenommenen Betafaktor von 0,8 nicht in Einklang zu bringen. Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang abschließend darauf hinzuweisen, dass in der Szenarienrechnung die Gesamtwachstumsraten angegeben sind, welche im Wachstumsabschlag gerade nicht vollständig abgebildet werden (siehe dazu unten). Es ist daher nicht zutreffend, dass der zugrunde gelegte Basisfall vom Prüfer selbst als wenig plausibel eingestuft wurde.
ff) Soweit beschwerdeseits bei der sich aus den als plausibel einzustufenden Planzahlen ergebenen Planungsrechnung vereinzelt der Ansatz einer Wachstumsthesaurierung im Rahmen der ewigen Rente angegriffen wird, greift auch diese Rüge nicht durch.
Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Gesellschaft in der Phase der ewigen Rente in einem sog. eingeschwungenen Zustand befindet, in dem von einem konstanten (inflationsbedingten) Wachstum in Höhe des Wachstumsabschlags bei konstanter Finanzierungsstruktur ausgegangen wird. Um dieses Wachstum generieren zu können, ohne dass die Fremdverschuldungsquote steigt, müssen Teile des nachhaltigen Wachstums einbehalten und zur Finanzierung dieses Wachstums verwendet werden (vgl. landgerichtlicher Beschluss S. 81 f., Bl. 878 f. d.A.). Diese Grundannahme ist in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2017 – 21 W 37/12, Rn. 92 nach juris, AG 2017, 626 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2012 – 12 W 66/06, AG 2013, 353 ff.; Fleischer/Hüttemann/Popp/Ruthardt, a.a.O., § 12 Rn. 12.56) und wird auch seitens der Beschwerdeführer im Kern nicht in Frage gestellt.
Dabei sind grundsätzlich verschiedene Modellrechnungen zur Darstellung dieser Finanzierung denkbar, die letztlich aber alle zum gleichen Ergebnis führen (sollten). So ist insbesondere entweder eine Einbeziehung in die Cashfloworientierten Größen oder – wie hier – eine Ableitung über gewinn- und ertragsorientierte Größen denkbar (vgl. Prüfbericht S. 83 ff.). Während bei ersteren in der Tat ein ausdrücklicher Posten für wachstumsbedingte Thesaurierungen nicht vorhanden ist, da der aus dem bilanziellen Wachstum resultierende Kapitalbedarf unmittelbar im bewertungsrelevanten Cashflow enthalten ist, ist in einer ertragsorientierten Darstellung die Position wachstumsbedingte Thesaurierung in Höhe des wirtschaftlichen Eigenkapitals des letzten Planjahres multipliziert mit dem Wachstumsabschlag in der Darstellung der zur kapitalisierenden Überschüsse grundsätzlich ausdrücklich ausgewiesen (so auch WP-Handbuch 2014, Bd. II Rn. A 403). Dennoch gelangen beide Ansätze letztlich zum selben Ergebnis.
Eine doppelte Belastung, wie sie beschwerdeseits auch anhand eines vereinfachten Rechenbeispiels und unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.04.2017 – I-26 W 10/15 (AktE), juris Rn. 34 ff.) behauptet wird, kann hierin nicht erkannt werden. Abgesehen davon, dass die dortige Grundannahme (Identität zwischen Abschreibungen und Investitionen und daher Ersetzung der Abschreibungen durch Reinvestitionsrate) nicht den hiesigen Annahmen entspricht, ist dieses Rechenbeispiel insbesondere vor dem Hintergrund der Annahme einer konstanten Kapitalstruktur nicht haltbar (vgl. Popp, Der Konzern 2019, 105 ff.; ausführlich auch Senat, Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, ZIP 2020, 761 ff.).
gg) Anders als das Landgericht beurteilt der Senat jedoch die Frage der Berücksichtung einer effektiven Ertragssteuer auf inflationsbedingte Wertsteigerungen in der ewigen Rente. Ihr Ansatz ist nach Auffassung des Senats nicht nur vertretbar, sondern führt zu einer besseren Annäherung and den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert (vgl. Senat, Beschluss vom 03.12.2020 – 31 Wx 330/16, BeckRS 2020, 34436; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2020 – 21 W 121/15, BeckRS 2020, 29903; a.A. LG München I, Beschluss vom 16.04.2019 – 5 HK O 14963/17 (Creaton; rechtskräftig); LG Dortmund, Beschluss vom 26.08.2019 – 20 O 4/12; beide nicht veröffentlicht). Sie ist daher – auch wenn es grundsätzlich nicht Aufgabe des Spruchgerichts ist, umstrittene Probleme der Wirtschaftswissenschaften zu klären (s.o.) – der vorliegenden Schätzung zugrunde zu legen und es verbleibt mithin bei den Nettoausschüttungen, wie sie bereits im Prüfbericht (S. 38) beziffert waren.
(1) Soweit dort in der ewigen Rente der Wertbeitrag aus Thesaurierung mit € 165,7 Mio. und die Kursgewinnsteuer mit € 38,1 Mio. angegeben ist, kann hieraus entgegen beschwerdeseitiger Ausführungen allerdings nicht gefolgert werden, dass diese Wertbeiträge mit einem Steuersatz von 22,99% belegt wurden. Es wurde ein effektiver Steuersatz von 13,875% (hälftige Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag), wie er in der Praxis allgemein anerkannt ist (vgl. Peemöller/Popp, a.a.O. S. 1436 m.w.N.; Fleischer/Hüttmann/Jonas/Wieland-Blöse, a.a.O. § 17 Rn. 43) und im Grundsatz nach auch hier nicht in Frage gestellt wird, angesetzt.
Die Rüge übersieht, dass die im Bewertungskalkül angegebenen Wertbeiträge aus Wertsteigerungen gerade nicht die inflationsbedingten Wertsteigerungen, die über den Wachstumsabschlag abgebildet werden (siehe dazu auch unten), enthalten. Diese müssen als Hilfsüberlegung hinzugerechnet werden. Bei einem Barwert der ewigen Rente von rund 7.000 Mio. € und einem Wachstumsabschlag von 1,75% errechnen sich inflationsbedingte Wertsteigerungen in Höhe von 122 Mio. € und damit Wertsteigerungen von insgesamt rund 289 Mio. €. Hiervon 13,1875% ergeben die angegebene effektive Steuerlast in Höhe von 38,1 Mio. €.
(2) Diese Vorgehensweise (zusätzliche Berücksichtigung der inflationsbedingten Wertsteigerung) ist in der Wirtschaftsliteratur grundsätzlich anerkannt (vgl. Ruthardt/Popp, AG 2019, 196 ff.; WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, a.a.O. Rn. A 454; Peemöller/Popp, a.a.O. S. 1438; Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2010, S. 356 ff.; Laas, WPg 2020 S. 1 ff.; Popp, Der Konzern 2019, 149 ff.). Entgegenstehende obergerichtliche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex liegt – soweit ersichtlich – nicht vor. Vielmehr hat sich auch das OLG Frankfurt jüngst ausdrücklich für deren Berücksichtigung ausgesprochen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2020 – 21 W 121/15, BeckRS 2020, 29903). Den Beschwerdeführern ist zwar darin zuzustimmen, dass die Unternehmensbewertungspraxis insofern uneinheitlich vorgeht und insbesondere in der Vergangenheit tendenziell keine Berücksichtigung erfolgt ist, doch kann hieraus nicht gefolgert werden, dass die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerung nicht sachgerecht sei – zumal eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Für und Wider der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne hier regelmäßig nicht stattgefunden hat. Wie jede andere Wissenschaft auch, entwickelt sich die Wirtschaftswissenschaft ständig weiter. Neue Ansätze werden diskutiert, etabliert und ggf. wieder verworfen. Ebenso kann nicht argumentiert werden, dass die Kursgewinnbesteuerung (bewusst) nicht zum IDW-Standard gemacht worden sei. Es handelt sich beim IDW S1 um Grundsätze der Unternehmensbewertung, die lediglich allgemeine Leitlinien aufstellen und keine Detailfragen klären. Der Wortlaut des IDW S. 1 i.d.F. 2008, der allgemein „sachgerechte Annahmen“ zu den Ertragssteuern fordert, lässt die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen jedenfalls ohne Weiteres zu.
Der Ansatz einer Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen basiert im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass der Teil des Unternehmenswertes, der auf laufenden operativen Gewinnen beruht, den Anteilseignern über fiktive Ausschüttungen zugerechnet wird. Der Unternehmenswert steigt in der Phase der ewigen Rente aber nicht nur durch diese laufenden operativen Gewinne, sondern auch inflationsbedingt. Auch diese Wertsteigerung steht grundsätzlich dem Anteilseigner zu, sie ist aber konsequenterweise wie die Dividende in der Detailplanungsphase und die thesaurierungsbedingten Wertsteigerungen in der ewigen Rente um die persönlichen Steuern zu kürzen. Soweit Steuern abfließen, kann dieser Teil des Unternehmenswertes schließlich nicht dem Anteilseigner (fiktiv) als Nettozufluss zugerechnet werden.
Soweit das Landgericht seine gegenteilige Auffassung auf die Ausführungen des sachverständigen Prüfers stützt, ist zu berücksichtigen, dass dieser im Rahmen seines Prüfberichts die durch die Bewerterin vorgenommene Besteuerung als sachgerecht bezeichnet (Prüfbericht S. 38) und auch in der mündlichen Verhandlung explizit darauf hingewiesen, dass er die andere Ansicht nicht als falsche erachte (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2017, S. 26). Soweit ersichtlich hat Prof. Dr. J… bislang auch weder in anderen Spruchverfahren noch in etwaigen Publikationen vertreten, dass die Berücksichtigung tatsächlich falsch sei. In der 2019 erschienen Neuauflage des Rechtshandbuchs Unternehmensbewertung schreibt er zu diesem Themenkomplex jedenfalls, dass „daneben in der ewigen Rente ebenfalls noch der Ansatz der steuerlichen Belastungen aus rein inflationsbedingten Wertsteigerungen in Betracht kommen könne“ (Jonas/Wieland-Blöse/Fleischer/Hüttemann, a.a.O., § 17 Rn. 41) und in einem jüngeren Spruchverfahren vor dem LG Stuttgart hat er ausgeführt, dass er Berücksichtigung der inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung, die mittlerweile der Mehrheitsmeinung der wirtschaftswissenschaftlichen Fachwelt entspreche, als vertretbar ansehe (vgl. LG Stuttgart, Beschluss vom 13.08.2019 – 31 O 50/15, BeckRS 2019, 46866).
Im Wesentlichen werden gegen den Ansatz einer inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung sowohl vom sachverständigen Prüfer als auch von anderen Vertretern dieser Auffassung die folgenden Argumente ins Feld geführt, die jedoch bei näherer Betrachtung – auch unter Einbeziehung der Ausführungen in dem beschwerdeseits vorgelegten I…-Gutachtens vom 26.02.2019, in dem die Berücksichtigung nicht nur als nicht sachgerecht, sondern als unvertretbar bezeichnet wird – allesamt nicht überzeugen.
Zunächst geht es um die Frage der Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner im Bewertungskalkül. Tatsächlich führt aber im Gegenteil erst die Berücksichtigung der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne dazu, dass das sog. Steuerparadoxon vermieden werden kann. Die Marktrisikoprämie (Nenner) wird aus nominellen, empirisch am Markt beobachtbaren Aktienrenditen abgeleitet. In diesen Renditen sind sämtliche Wachstumsaspekte enthalten, sie enthalten nicht nur das reale, sondern eben auch das inflationsbedingte Wachstum. Wird der Vorsteuernun in einen Nachsteuerwert umgerechnet, werden implizit auch die inflationsbedingten Kursveränderungen hiervon erfasst (vgl. Peemöller/Popp, a.a.O.; so auch Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.). Diese implizite Berücksichtigung hat nichts mit impliziten Marktrisikoprämien zu tun. Auch der Senat geht vom pluralistischen Ansatz des FAUB, der im wesentlichen auf eine ex-post Betrachtung aufbaut, aus (siehe dazu unten). An der Tatsache, dass bei der Marktrisikoprämie implizit auch inflationsbedingtes Wachstum berücksichtigt wird, ändert dies nichts. Wenn aber im Nenner (implizit) die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen berücksichtigt wird, muss dies konsequenterweise auch im Zähler bei den finanziellen Überschüssen passieren. Der Ansatz führt folglich nicht zu einer Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner und hilft diese zu beseitigen.
Es kann darüber hinaus auch kein Widerspruch zwischen der grundsätzlichen Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens einerseits und der Besteuerung von Kursgewinnen, die tatsächlich nur bei Veräußerung realisiert werden können, andererseits erkannt werden. Es handelt sich hierbei – wie im Übrigen auch bei der Annahme einer fiktiven Vollausschüttung des operativen Wachstums oder einer fiktiven unmittelbaren Zurechnung einer fiktiven kapitalwertneutralen Reinvestition (vgl hierzu ausführlich Fleischer/Hüttemann/ Popp/Ruthardt, a.a.O. § 12 Rn. 56 ff.) – um eine bewertungstheoretische Annahme. Ohne diese Annahmen würden dem Anteilseigner wesentliche Teile der Unternehmenswertsteigerung vorenthalten werden.
Soweit gegen die Berücksichtigung angeführt wird, das „Tschöpel/Wiese/Willershausen“-Modell, auf das der Ansatz zurückzuführen ist, bilde den echten Bewertungsfall nicht zutreffend ab, da sich die steuerliche Belastung in Zähler und Nenner regelmäßig nicht einfach herauskürzen lasse, mag dies zutreffend sein, doch verdeutlicht eben dieser Umstand umso mehr, wie wichtig sachgerechte Annahmen zu den Ertragssteuern – im Zähler und Nenner – sind; und nach dem oben Gesagten erscheint es sachgerechter, auch im Zähler inflationsbedingtes Wachstum zu besteuern.
Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Berücksichtigung der inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung zu einem mathematisch „richtigerem“ Wert führt und damit eine bessere Annäherung an den „wirklichen“, „wahren“ Unternehmenswert verspricht. Dies geht über die bloße Vertretbarkeit ihres Ansatzes, verstanden als von irgendeinem Standpunkt (noch) berechtigt, deutlich hinaus. Die Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne ist daher der vorzunehmenden (in diesem Sinne „bestmöglichen“) Schätzung wie dargelegt zugrunde zu legen.
c) Bei der Kapitalisierung der finanziellen (Netto-)Überschüsse ist in weiterer Abweichung zur den Ausführungen des Landgerichts von einem um 0,5%-Punkte höheren Kapitalisierungszinssatz auszugehen.
aa) Dabei ist das Landgericht zunächst zutreffend von einem auf 1,5% gerundeten Basiszinssatz vor Steuern (1,1% nach Steuern) ausgegangen. Insofern bedarf es keiner Korrektur durch den Senat.
(1) Als Basiszinssatz ist der aus Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Ermittlung eines Durchschnittswertes, hergeleitet aus einer Zinsstrukturkurve auf Basis der Svensson-Methode ist eine anerkannte und vom Senat sowie von anderen Obergerichten in ständiger Rechtsprechung für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (vgl. Senat, Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13 m.w.N., NJW-RR 2014, 473 ff. u. Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx, 415/16, AG 2019, 357 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25/12, Rn. 67 nach beck-online; Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, 8. Aufl. AktG § 305 Rn. 67, 67a; Hölters/Deilmann, 3. Aufl. AktG § 305 Rn. 62). Die Durchschnittsbildung dient dem Ausgleich zufällig auftretender Zinsschwankungen sowie etwaiger Berechnungs- und Rundungsfehler und ist auch vor dem Hintergrund des Stichtagsprinzips grundsätzlich nicht zu beanstanden, auch wenn hierdurch etwaige Zinsentwicklungen erst mit Zeitverzögerung bzw. schwächer erfasst werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, AG 2015, 504 ff.). Vor diesem Hintergrund ist es hinzunehmen, dass der tagesaktuelle Zinssatz unter Umständen deutlich geringer (oder höher) ist, als der über einen längeren Zeitraum ermittelte Durchschnittswert.
(2) Soweit an dieser Stelle gerügt wird, bereits die Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte von 1,0 auf 1,5% im Rahmen der Stichtagserklärung sei nicht sachgerecht, da diese Erhöhung erfolgt sei, ohne dass gegen den niedrigeren – von der durch die Antragstellerin beauftragte Bewerterin selbst angegebenen – Basiszinssatz Einwendungen erhoben worden seien, kann dies nicht überzeugen. Die gutachtliche Stellungnahme und der Prüfbericht wurden bereits Anfang Juni 2015 erstellt, der Basiszins wurde dort dementsprechend für die Monate März – Mai 2015 abgeleitet (vgl. Prüfbericht S. 39). Dementsprechend enthält bereits die gutachtliche Stellungnahme eine Sensitivitätsrechnung u.a. mit verschiedenen Basiszinssätzen (vgl. Gutachten S. 96) Erst in der Stichtagserklärung vom 22.07.2015 war eine Berücksichtigung der Verhältnisse bis zu eben diesem Tag möglich. Unter Berücksichtigung des § 327 b Abs. 1 S. 1 AktG, wonach die Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigt werden müssen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, AG 2010, 629 ff., Rn. 19) war daher – wie im Übrigen auch seitens der Privatgutachterin der Antragsteller nicht in Frage gestellt wird (vgl. IVC-Gutachten S. 103) – eine Anpassung erforderlich.
(3) Auch die anschließende Aufrundung des Drei-Monats-Durchschnittswertes von exakt 1,4182 auf 1,5% vor Steuern ist nicht zu korrigieren.
Die Rundung auf 1/4-Prozentpunkte (bzw. auf 1/10-Prozentpunkte bei einem Prozentsatz von unter 1,00) entspricht den aktuellen IDW-Empfehlungen (vgl. IDW, WP Handbuch 2014, Bd. II Rn. A 356 m.w.N. zur methodischen Begründung) und ist in der Rechtsprechung aus Praktikabilitätsgründen und zur Vermeidung von Scheingenauigkeiten allgemein anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, LSK 2015, 320164; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2012 – I-26 W 8/10 (AktE), NZG 2012, 1260). Auch der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass eine solche Rundung – die sich ebenso zu Gunsten der Antragsteller auswirken kann und dann regelmäßig methodisch nicht in Frage gestellt wird – nicht zu beanstanden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff., Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, BeckRS 2020, 3428 u. Beschluss vom 12.05.2020 31 Wx 361/18, BB 2020, 1458).
Soweit ersichtlich, lehnt in der obergerichtlichen Rechtsprechung lediglich das OLG Frankfurt a.M. eine solche Rundung, jedoch auch nur zu Lasten der Minderheitsaktionäre ab (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.01.2016 – 21 W 70/15, GWR 2016, 143 u. Beschluss vom 18.12.2014 – 21 W 34/12, AG 2015, 241 ff.; so auch Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. § 11 Annex Rn. 85). Dabei stellt sich jedoch die Frage, warum eine derartige Bevorzugung der Antragsteller erfolgen soll, einen entsprechenden Meistbegünstigungsgrundsatz gibt es schließlich gerade nicht (s.o.). Auch das OLG Düsseldorf hat vereinzelt auf eine Rundung verzichtet, da diese nicht zwingend sei, nicht vereinfache und nicht zu einem höheren Erkenntnisgewinn führe (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25712, Rn. 67 nach beck-online). In anderen Verfahren hat es eine Rundung des Basiszinssatzes hingegen für zulässig erachtet (s.o.).
In der Literatur wird die Rundung zum Teil als methodisch fragwürdig beschrieben, die Angabe des exakt ermittelten Wertes sei „theoretisch zu bevorzugen“ (so Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl. S. 85, 88 f.). Die Rundung erfolge „ohne Not“ (so Böttcher/Habighorst/Schulte, UmwandlungsR, 2. Aufl. Anhang § 11 SpruchG Rn. 45). Auch antragstellerseits wird ausgeführt, dass es „kaufmännisch nicht nötig“ sei, eine entsprechende Rundung vorzunehmen. Unbestreitbar ist es mathematisch ohne weiteres möglich, den Ertragswert mit dem exakten Basiszinssatz zu berechnen. Dies würde jedoch in der Folge zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten führen. Das Abstellen auf den exakt ermittelten Durchschnittswert hätte im Rahmen der Stichtagserklärung aufgrund der vorhandenen kurzzeitigen Marktschwankungen regelmäßig eine bei Erstellung des Gutachtens bzw. des Prüfberichts nicht exakt vorhersehbare Anpassung des Kapitalisierungszinses und damit des Unternehmenswertes bzw. der angebotenen Abfindung zur Folge. Durch die Rundung (ggf. in Verbindung mit einer vorsorglichen Angabe des nächst höheren bzw. niedrigeren gerundeten Wertes, wie dies hier auch im Rahmen der Sensitivitätsberechnung geschehen ist) wird dies regelmäßig – wenn auch nicht in jedem Fall – verhindert. Damit dient die Rundung nicht zuletzt auch der Planungs- bzw. Rechtssicherheit und dem Informationsbedürfnis der Minderheitsaktionäre. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rundung bestehen vor diesem Hintergrund nicht.
bb) Die vom Landgericht sodann vorgenommene Reduzierung der Marktrisikoprämie um 0,5%-Punkte auf 5,0% (nach Steuern) überzeugt unter Berücksichtung der vorliegenden Niedrigzinsphase jedenfalls für den hier zu beurteilenden Stichtag jedoch nicht. In Übereinstimmung mit der Bewerterin und Prüferin kommt der Senat vielmehr zu dem Schluss, dass eine Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5% (nach Steuern) für den vorliegenden Stichtag das allgemeine Marktrisiko besser abbildet und damit eine bessere Schätzgrundlage darstellt.
Dabei sei vorangestellt, dass es sich bei der Frage nach der Höhe der Marktrisikoprämie in Zeiten der Niedrigzinsen um ein in Wirtschaftsliteratur und -praxis höchst umstrittenes Problem handelt, das auch im Rahmen eines Spruchverfahrens keiner endgültigen Klärung zugeführt werden kann – oder muss. Wie bereits an anderer Stelle dargestellt, ist es nicht Aufgabe des Gerichts in Spruchverfahren, wirtschaftswissenschaftlich umstrittene Fragen der Unternehmensbewertung zu klären, sondern im Wege der Schätzung bei verfahrensökonomisch vertretbarem Aufwand eine möglichst genaue Annäherung an den „wirklichen“, „wahren“ Anteilswert zu erreichen.
Weiter hat der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es vor diesem Hintergrund methodisch nicht zu beanstanden ist, sich im Rahmen des § 287 ZPO an den Empfehlungen des FAUB des IDW als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2018 – 26 W 4/16, AG 2018, 679 ff., Rn. 40 ff.; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71), auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 45; BGH; jüngst bestätigt durch Beschluss vom 09.07.2019 – EnVR 41/18, BeckRS 2019, 16439, Rn. 55 f., in welchem insofern von einer „alternativ in Betracht kommenden Berechnungsmethode“ gesprochen wird; dass allein die dort genannte Marktrisikoprämie angemessen ist, hat der BGH hingegen gerade nicht entschieden). Innerhalb der Bandbreite der Empfehlung des FAUB hat der Senat dabei wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge eine gewisse Zurückhaltung geübt (vgl. jüngst 31 Wx 340/17 – Beschluss vom 06.08.2019, AG 2019, 887 ff.), wobei diese Zurückhaltung insbesondere Stichtage betraf, die in zeitlicher Nähe zur Empfehlungsanpassung des FAUB vom 19.09.2012 lagen bzw. bei denen noch von einem vergleichsweise hohen Basiszinsniveau auszugehen war (vgl. z.B. Senat Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.: Stichtag Februar 2014 und Basiszinssatz vor Steuern 2,75%; jüngst bestätigt durch Beschluss vom 03.12.2020 – 31 Wx 330/16, BeckRS 2020, 34436: Stichtag August 2014 und Basiszinssatz vor Steuern 2,25%).
Mit Beschluss vom 12.05.2020 (31 Wx 361/18, DB 2020, 1280) hat der Senat hingegen für einen Stichtag im März 2016 wegen des deutlichen Zeitabstands und des deutlich gesunkenen Basiszinsniveaus im Vergleich zur Empfehlungsanpassung aus dem Jahr 2012 entschieden, dass diese Zurückhaltung nicht länger geboten sei und den Mittelwert der Empfehlung des FAUB in Höhe von 5,5% (nach Steuern) zugrunde gelegt.
Gleiches gilt für das vorliegende Verfahren. Dabei ist unschädlich, dass das hiesige Basiszinsniveau nach Aktualisierung im Rahmen der Stichtagserklärung noch (bzw. kurzfristig wieder) minimal höher ist, als im dortigen Verfahren (1,5% vor Steuern im Vergleich zu 1,25% vor Steuern), da die Grundannahmen (deutliche zeitliche Entfernung von der Empfehlungsanpassung und grundsätzlich deutlich niedrigeres Basiszinsniveau) identisch sind.
Ausgangspunkt ist, dass der FAUB für Stichtage ab dem 01.01.2009 zunächst eine Bandbreite der Marktrisikoprämie (nach persönlichen Steuern) von 4,0 bis 5,0% empfohlen hatte. Die Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt ist sodann mit Empfehlung vom 19.09.2012 erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Erhöhung war die anhaltende Niedrigzinsphase (der Basiszinssatz belief sich zu dem Zeitpunkt auf rund 2,25%). Noch am 10.01.2012 hatte sich der FAUB lediglich für eine Orientierung am oberen Rand der ursprünglichen Bandbreite ausgesprochen. Für eine Anhebung habe zu diesem Zeitpunkt (der Basiszinssatz belief sich damals bereits auf lediglich rund 2,75%) noch keine Veranlassung bestanden. In den Ergebnisberichten über die Sitzungen der Folgejahre empfahl der FAUB sodann bis in das Jahr 2018 hinein – trotz weiterhin stetig sinkender Basiszinsen – jeweils keine weitere Anhebung, sondern ggf. wiederum eine Orientierung am oberen Rand der aktuellen Bandbreite (vgl. Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, a.a.O. § 6 Rn. 65; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150). Erst in seiner Sitzung am 22.10.2019 hat der FAUB eine Anhebung der Obergrenze auf 6,5% (nach Steuern) empfohlen. Die Untergrenze der Bandbreite beläuft sich nach wie vor auf einen Nachsteuerwert von 5,0% (vgl. IDW Aktuell, Neue Kapitalkostenempfehlung des FAUB vom 25.10.2019).
Der FAUB hat zur Begründung seiner aktuellen Empfehlung vom 22.10.2019 ausgeführt, dass aufgrund der derzeitigen Entwicklung betreffend den risikofreien Zinssatz, der sich derzeit bei 0,00% belaufe und in absehbarer Zeit drohe, sogar negativ zu werden (wie dies tatsächlich mittlerweile auch geschehen ist), eine neuerliche Anpassung erforderlich gewesen sei. Die Gesamtrenditeerwartung sei zwar tatsächlich bereits in den Jahren 2012/2013 leicht gesunken, der Rückgang stehe jedoch in keinem Verhältnis zu dem Rückgang der Renditen deutscher Staatsanleihen. Ausgehend von einer aktuellen Gesamtrenditeerwartung von 7,0 – 9,0% vor Steuern (rund 5,62 – 7,22% nach Steuern) sei die Marktrisikoprämie auf 6 – 8% (vor Steuern), also einen Nachsteuerwert von 5% – 6,5% anzuheben. Damit liege die Empfehlung zwar eher am unteren Rand der aktuell beobachtbaren Gesamtrenditeerwartung, hierdurch solle jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gesamtrenditen zukünftig weiter nachgeben könnten (vgl. IDW Aktuell a.a.O.).
Zu dem Fazit einer leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung ist der FAUB unter Anwendung verschiedenster Methoden, insbesondere unter Berücksichtigung von historisch gemessenen Aktienrenditen, langfristig realen Aktienrenditen, ex-ante Analysen mittels implizierter Kapitalkosten und aktuellen Beobachtungen gekommen, wie dies im Übrigen jedenfalls zu Plausibilisierungszwecken auch bereits im Rahmen der Empfehlung vom 19.09.2012 geschehen ist (vgl. Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150). Dabei können diese Erkenntnisse unabhängig von der Frage, ab wann die neuen Bandbreiten zur Anwendung kommen sollen, auch im vorliegenden Fall Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff. Rn. 31 ff.).
Auch wenn an dieser Stelle sowohl von Antragsteller als auch von Antragsgegnerseite weitere Studien, Gutachten und sonstige mündliche oder schriftliche Ausführungen etwaiger Vertreter der Wissenschaft und Praxis angeführt werden, die auf niedrigere oder höhere Marktrisikoprämien bzw. Gesamtrenditen hindeuten würden, sei nochmals darauf hingewiesen, dass nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft eine zweifelsfreie Klärung dieser Problematik nicht möglich ist. Viele der genannten Quellen umfassen im Übrigen andere Zeiträume oder nur Teilaspekte der Problematik (siehe dazu auch Prüfbericht S. 64). Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass verschiedene Ansätze, von denen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft keiner absolut überlegen ist, zu verschiedenen Ergebnissen kommen, erscheint es vorzugswürdig, auf der Linie des FAUBs mehrere Methoden nebeneinander anzuwenden.
Zwar wird auch dieser pluralistische Ansatz beschwerdeseits wiederum in Frage gestellt. Dem in diesem Zusammenhang zitierten Beitrag von Knoll/Wenger, SpruchZ 2018, 75 ff. kann jedoch nicht entnommen werden, dass oder warum das gleichzeitige Anknüpfen an mehrere Ansätze nicht sachgerecht sei oder ohne empirische Grundlage erfolge. Ebenso bestehen für das dort in den Raum gestellte Verschleierungsmotiv des IDW (so auch Knoll, DB 2019, 2759 ff. u. DB 2018, 1933 ff.) keinerlei Anhaltspunkte. Bei sinkenden Basiszinsen führt die unveränderte Annahme einer bestimmten Marktrisikoprämie stets zu – zum Teil ganz erheblich – höheren Unternehmenswerten, ohne dass sich sonst etwaige Parameter geändert hätten. Diesem Effekt, für den es jedenfalls in diesem Umfang – auch unter Berücksichtigung etwaiger Refinanzierungsvorteile – keine objektiven Anhaltspunkte gibt, wird durch die moderate Anhebung der Marktrisikoprämie entgegengewirkt (vgl. auch LG Hamburg, Beschluss vom 12.06.2015 – 403 HKO 43/14, BeckRS 2015, 128030, Rn. 60; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O.). Keinesfalls geht es darum, Unternehmenswerte ergebnisorientiert künstlich niedrig zu halten.
Es verbleibt somit dabei, dass kein singulärer Ansatz vorhanden ist, der eine zweifelsfreie, endgültige Klärung der Problematik ermöglichen könnte – zumal dies auch nicht die Aufgabe des Spruchverfahrens ist. Es erscheint daher sachgerecht zur Bestimmung der Höhe der Marktrisikoprämie als ein Bestandteil der richterlichen Schätzung des Unternehmenswertes auf eine breiter angelegte Basis zurückzugreifen.
Wenn Fazit dieser Gesamtschau eine lediglich leicht gesunkene Gesamtrenditeerwartung ist, ist diesem Fazit beim vorliegenden Stichtag und Basiszinsniveau durch eine leichte Anhebung der Marktrisikoprämie Rechnung zu tragen. Auch wenn im Rahmen der Stichtagserklärung das Basiszinsniveau nochmals leicht angehoben wurde, liegt gerade im Vergleich zu Festsetzungen betreffend die Jahre 2012 – 2014 ein deutlich niedrigeres Niveau und ein sich klar nach unten abzeichnender Trend vor, was ohne Anhebung der Marktrisikoprämie uneingeschränkt auf eine gesunkene Gesamtrenditeerwartung weitergegeben werden würde, was jedoch mit den aktuellen Erkenntnissen schwerlich in Einklang zu bringen ist.
Bei einer Festsetzung auf den Mittelwert der Bandbreitenempfehlung aus dem Jahr 2012 in Höhe von 5,5% (nach Steuern) errechnet sich hingegen ausgehend von dem genannten Basiszinssatz in Höhe von 1,1% (nach Steuern) damit zum hiesigen Stichtag eine Gesamtrendite von 6,6% (nach Steuern), die minimal über dem Mittel der Gesamtrenditeerwartung der aktuellen Empfehlung des FAUB liegt, was angesichts des Hinweises, dass sich die Empfehlung eher am unteren Rand der aktuell beobachtbaren Gesamtrenditen bewege, durchaus sachgerecht ist.
Eine darüber hinaus gehende Erhöhung der Marktrisikoprämie erscheint im Hinblick auf die in der Folgezeit noch weiter gesunkenen Basiszinsen bei Annahme einer nur leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung zumindest für den hier zu beurteilenden Stichtag wiederum nicht angemessen.
Ein Widerspruch zu der Senatsentscheidung im Spruchverfahren 31 Wx 340/17 vom 06.08.2019 (AG 2019, 887) ist dabei nicht erkennbar. Dort wurde lediglich ausgeführt, dass der Senat von der Theorie einer gleichbleibenden Gesamtrenditeerwartung und damit einhergehend von der sog. „atmenden Marktrisikoprämie“ nicht überzeugt sei. Dies steht im Einklang mit der vorliegenden Entscheidung. Es wird dem grundsätzlichen Trend Rechnung getragen, ohne jedoch bei jeder noch so geringfügigen Abweichung des Basiszinssatzes nach oben oder nach unten sofort auch eine entsprechende Anpassung der Marktrisikoprämie vorzunehmen.
Gleiches gilt für den beschwerdeseits behaupteten Widerspruch zur Senatsentscheidung im Verfahren 31 Wx 185/17 vom 20.03.2019 (AG 2019, 659). Abgesehen davon, dass Stichtag und Basiszinsniveau mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar sind, wurde dort gerade nicht festgestellt, dass die Überleitung der Vorsteuerin Nachsteuerwerte grundsätzlich falsch sei, sondern lediglich, dass die Bandbreiten nicht vollständig deckungsgleich seien. Für den dortigen Stichtag war daher – anders als vorliegend – die skizzierte Zurückhaltung innerhalb der Bandbreitenempfehlung durchaus sachgerecht.
cc) Die Festsetzung des anhand einer P… Group ermittelten Betafaktors auf 0,8 durch das Landgericht bedarf hingegen keiner Korrektur.
(1) Dabei hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Bewerterin und Prüferin (vgl. Gutachten S. 69 ff.; Prüfbericht S. 43) zunächst zutreffend ausgeführt, dass das unternehmenseigene Beta nicht ausreichend belastbar sei und daher nicht herangezogen werden könne. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Auch die ergänzenden Untersuchungen seitens der Privatgutachterin I… haben die Abkopplung des originären Betafaktors und dessen starke Schwankungen nicht erst seit der Veröffentlichung des freiwilligen Übernahmeangebots von der allgemeinen Marktentwicklung bestätigt. Sie kommen ebenfalls zu dem – für einen Fall des Squeeze-Outs typischen – Ergebnis, dass das zukünftige systematische Risiko der S… nicht anhand des originären Betafaktors bestimmt werden kann (vgl. I…-Gutachten S. 122 ff.).
Soweit seitens der Antragsteller vereinzelt dennoch – in erster Linie rein ergebnisorientiert – die Heranziehung des unternehmenseigenen Betas ausgehend von einem Analysezeitraum von zwei Jahren gefordert wird, werden keinerlei sachliche Argumente hierfür angeführt, zumal insbesondere in dem kurzen Intervall die Abkopplung vom Marktgeschehen besonders evident wird.
(2) Bei der Auswahl der P… Group Unternehmen wird seitens der Antragsteller lediglich die Aufnahme der M… mangels Vergleichbarkeit als nicht sachgerecht angesehen. Die im einzelnen hiergegen vorgebrachten Argumente greifen jedoch allesamt nicht durch.
Dabei ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Unternehmen, die zu 100% vergleichbar sind, nicht existieren. Es sind daher – vor allem wenn man eine breite Vergleichsbasis erreichen möchte – gewisse Abstriche in der Vergleichbarkeit hinzunehmen. So ist grds. zunächst nach Unternehmen zu suchen, die hinsichtlich des Geschäftsmodells, der spezifischen Produktsegmente und der Produktart, der regionalen Abdeckung und seiner Größe mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbar sind. Wenn insofern keine bzw. zu wenige Vergleichsunternehmen vorhanden sind, kann breiter gefächert lediglich auf die Branche bzw. Produktart und die Beschaffungsmärkte und erst in einem nächsten Hilfsschritt lediglich auf vergleichbare Risikotreiber wie z.B. konjunkturelle Abhängigkeit geschaut werden (vgl. Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O. § 11 Annex Rn. 162 ff.; Franke/Schulte/Dörschell, a.a.O. S. 47).
Die Prüferin hat insofern zwar eingeräumt, dass die M… innerhalb der P… Group in der Tat das Unternehmen sei, dass am wenigsten vergleichbar sei (vgl. Protokoll v. 01.03.2018, S. 17, Bl. 708 d.A.), hat sodann aber nachvollziehbar erläutert, dass und warum dennoch von einer ausreichenden Vergleichbarkeit auszugehen sei. So hat sie bereits in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 25.04.2017 (Bl. 472/486 d.A.) ausgeführt, dass das operative Risiko der M… durchaus mit der S… vergleichbar sei: Es handele sich um einen schwedischen Medienkonzern mit einer großen Broadcast-Präsenz in Europa. In 2014 habe das Unternehmen knapp unter 50% ihres operativen Ergebnisses mit ihrer Pay-TV Sparte erzielt. Lediglich gut 10% hiervon seien dem Emerging Markt zuzuschreiben, so dass etwaige negative Entwicklungen hier vernachlässigt werden könnten. Unabhängig von den Ausführungen des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss und der Frage, ob es sich unter Bezugnahme auf den Geschäftsbericht der M… 2014 (Anl. zum Protokoll v. 01.03.2018, Bl. 728r d.A.) tatsächlich um einen Pay-TV Anteile von knapp 50% oder nur um gut 35% oder 38% handelt, weil unklar sei, ob das Segment CTC Media dem Pay-TV oder eher dem Free-TV Bereich zuzuordnen sei, ist der Pay TV Bereich damit doch in jedem Fall prägend für das Geschäftsmodell dieses Vergleichsunternehmens. Dies wird auch durch einen Blick auf die Entwicklung der Zahlen im Bereich Pay-TV Nordic (also dem Segment das am ehesten mit der S… vergleichbar ist) bestätigt. Hier war im Vergleich zwischen 2013 und 2014 ein deutlicher Ergebnisanstieg zu verzeichnen, während die Free-TV Sparte insgesamt rückläufig war.
Soweit beschwerdeseits unter Bezugnahme auf das Privatgutachten der I… in diesem Zusammenhang weiter kritisiert wird, dass die M… deutlich niedrigere Margen erwirtschafte, als die anderen P… Group Unternehmens, mag dies zwar zutreffend sein, allerdings ist diesem Kriterium nach dem oben dargestellten Abstufungsmodell keine allzu große Bedeutung beizumessen, zumal hier bei sämtlichen Vergleichsunternehmen eine recht große Variationsbreite festzustellen ist. Dies gilt namentlich auch für die deutlich höheren Margen des P… Group Unternehmens C…, das einen niedrigeren Betafaktor aufweist. Auch bei diesem Unternehmen ist in einer Gesamtschau im Übrigen von einer geringeren Vergleichbarkeit auszugehen, was auch die Privatgutachterin einräumt (vgl. Privatgutachten S. 127), dessen Aufnahme in die P… Group antragstellerseits naturgemäß aber nicht gerügt wird. Auch in dem Fall wird ein „Weniger“ an Vergleichbarkeit hingenommen, um eine breitere Vergleichsbasis zu gewährleisten.
Auch die Frage der Belastbarkeit des Betas der M… steht nach Auffassung des Senats einer Aufnahme des Unternehmens in die P… Group nicht entgegen. Dies wird zwar beschwerdeseits wiederum unter Verweis auf das Privatgutachten der I… gerügt. Dort wird jedoch im Wesentlichen lediglich ausgeführt, dass das Beta nicht hinreichend stabil sei, da es im Zeitverlauf erheblich schwanke (vgl. Privatgutachten S. 126). Hieraus kann jedoch nicht ohne weiteres die mangelnde Belastbarkeit des Betas abgeleitet werden, zumal auch bei den anderen Vergleichsunternehmen zum Teil erhebliche Schwankungen vorliegen (siehe zu dieser Problematik auch Peemöller/Meitner/Streitferdt, a.a.O. S. 578 ff.). Wie bereits im Zusammenhang mit einer rein marktorientierten Betrachtungsweise ausgeführt, besteht in der Wirtschaftswissenschaft keine Einigkeit darüber, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um tatsächlich von einer ausreichenden Stabilität ausgehen zu können. Allein die Tatsache, dass eine gewisse Bandbreite bei verschiedenen Referenzperioden, -intervallen und -indices zu verzeichnen ist, ist jedoch nicht ausreichend.
(3) Soweit darüber hinaus beschwerdeseits über die Anwendung bzw. Nicht-Anwendung von Filterkriterien und Adjustierungen sowie den anzuwendenden Index, den Zeitraum und das Intervall gestritten wird, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden (vgl. Beschluss S. 111 ff.). Im Ergebnis ändern diese Modifikationen den angenommenen Betafaktor nicht (wesentlich). Sämtliche – plausiblen – Werte bewegen sich um den hier angenommenen Wert von 0,8. Zwar sind rechnerisch Modifikationen denkbar, die in Kumulation zu einem deutlich niedrigeren Betafaktor führen würden (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 19.03.2018, S. 2 ff.), das Ergebnis ist jedoch in einer Gesamtschau zu würdigen. Insofern ist erneut darauf hinzuweisen, dass die Planung der S… als ambitioniert anzusehen ist. Es handelt sich beim deutschen Pay-TV-Markt um einen zum Bewertungsstichtag noch nicht gesättigten Markt, bei dem zwar einerseits erhebliche Wachstumspotentiale, andererseits aber auch erhebliche Risiken bestehen. Diesen Risiken würde die Festsetzung des Betafaktors am unteren Rand einer rechnerisch unter Umständen möglichen Bandbreite nicht mehr gerecht werden. Vielmehr erachtet der Senat den angesetzten Betafaktor von 0,8 auch in einer Gesamtschau als angemessen.
(4) Es sei daher nur am Rande darauf hingewiesen, dass sich selbst bei Annahme eines Betafaktors von unverschuldet lediglich 0,7 (wofür nach dem oben Gesagten jedoch kein Anlass besteht) bei sonst unveränderten Annahmen ein Wert je Aktie von € 6,65 (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 09.01.2018, S. 2, Bl. 680 d.A.) ergeben würde. Dieser Wert liegt immer noch unter der auf Basis des höheren Börsenwertes festgesetzt Abfindung.
dd) Auch der vom Landgericht in Übereinstimmung mit der Bewerterin/Prüferin auf 1,75 festgesetzte Wachstumsabschlag ist nicht zu korrigieren.
Zunächst ist diesbezüglich klarzustellen, dass der Wachstumsabschlag das nachhaltige Wachstum in der Phase der ewigen Rente ausdrückt, das – anders als in der Detailplanungsphase – nicht bereits bei der Prognose der finanziellen Überschüsse erfasst ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O. S. 313 ff.; Großfeld, a.a.O. Rn. 1091 ff.). Das künftige Wachstum ergibt sich grundsätzlich aus den Thesaurierungen und deren Wiederanlage, sowie organisch aus Preis-, Mengen- und Struktureffekten. In den Planjahren sind all diese Wachstumspotentiale in der Unternehmensplanung und somit in den finanziellen Überschüssen als nominale Größen abgebildet. Ein Wachstumsabschlag ist insofern nicht erforderlich. Anders ist dies hingegen im Rahmen der ewigen Rente. Hier kann eine nachhaltige Ergebnissteigerung nur über einen Abschlag auf den Kapitalisierungszinssatz ausgedrückt werden. Dabei scheidet allerdings eine Berücksichtigung des thesaurierungsbedingten Wachstums aus, da die thesaurierten Überschüsse hier fiktiv unmittelbar zugerechnet werden. Als im Wachstumsabschlag ausgewiesenes Wachstumspotential verbleiben damit branchen- und unternehmensspezifische Preissteigerungen, wobei diese nicht ohne weiteres mit der allgemeinen Inflationsrate gleichzusetzen sind (vgl. MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 168). Addiert man als Hilfsüberlegung das thesaurierungsbedingte Wachstum hinzu, errechnet sich so die Gesamtwachstumsrate.
Vorliegend wurde ein Wachstumsabschlag von 1,75% und damit eine Gesamtwachstumsrate von rund 4% angenommen (vgl. Protokoll v. 14.12.2017, S. 22, Bl. 660 d.A. u. Bewertungsgutachten S. 82). Dieser auch im Vergleich zu anderen Spruchverfahren relativ hohe, über dem Inflationsniveau liegende Wachstumsabschlag (vgl. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659; Popp/Ruthardt/Fleischer/Hüttemann, a.a.O. § 12 Rn. 12.130) ist mit der vorliegenden besonderen Marktsituation zu begründen, die bereits im Zusammenhang mit der Überleitung von den Planjahren zu ewigen Rente ausführlich dargelegt wurde. Es liegt ein vergleichsweise junger Markt mit erheblichen Wachstumschancen (und entsprechenden Risiken) vor. Ausgehend von der konkreten ambitionierten Planung der S… (siehe konkret zum entsprechend eingeschränkten Prüfungsmaßstab beim Wachstumsabschlag auch MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 168) ist es sachgerecht anzunehmen, dass das Unternehmen auch nachhaltig in der Lage sein wird Preissteigerungen an seine Kunden weiterzugeben. Deutliche höhere Wachstumsraten von bis zu 14%, wie sie in der Szenariorechnung der Prüferin angenommen wurden, hätten hingegen die Modellierung einer Konvergenzphase vorausgesetzt, wofür es nach dem oben Gesagten aber kein Bedürfnis gab. Auch die Prüferin geht in den Alternativberechnungen hingegen nicht davon aus, dass es im Rahmen der ewigen Rente, also im eingeschwungenen Zustand, derart hohe Wachstumsraten geben könnte.
d) Zuzüglich der vom Landgericht zutreffend festgesetzten und beschwerdeseits nicht monierten Sonderwerte in Höhe von € 300.000 errechnet sich der bereits von der Prüferin ermittelte Unternehmenswert in Höhe von 5.298 Mio. € und damit ein Anteilswert in Höhe von € 5,69 je Aktie. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin (andernfalls würde bereits hier das Verbot der reformatio in peius gelten, vgl. Hüffer/Koch/Koch, SpruchG, a.a.O., § 12 Rn. 6) ist die durch das Landgericht ausgesprochene Anhebung der Abfindung von € 6,68 auf € 6,77 je Aktie daher rückgängig zu machen. Eine weitergehende Verringerung der Abfindung unter den auf € 6,68 festgesetzten Wert kommt aufgrund des Verschlechterungsverbots auch im Beschwerdeverfahren hingegen nicht in Betracht (vgl. BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 11 Rn. 4; MüKoAktG/Kubis, SpruchG, § 11 Rn. 6).
Angesichts dieses Ergebnisses erübrigen sich weitere Ausführungen zu der zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierten Frage der Bagatellgrenze (vgl. ausführlich Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, GWR 2020, 29 u. Beschluss vom 03.12.2020 – 31 Wx 330/16, BeckRS 2020, 34436). Auf diese kommt es nicht entscheidend an. Der vom Senat für angemessen erachtete Anteilswert liegt schließlich nicht (auch nicht geringfügig) über dem zunächst festgesetzten Wert.
e) Die verfahrensbezogenen Rügen der Antragsteller greifen nicht durch. Weder das Landgericht noch der Senat hätten ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Rahmen des Beschwerdeverfahren bestand vorliegend kein Bedürfnis.
aa) Der Unternehmenswert konnte vorliegend allein mithilfe der Ausführungen des sachverständigen Prüfers geschätzt werden. Der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht.
Nach der gesetzlichen Konzeption des Spruchverfahrens kann zur Prüfung der Angemessenheit der festgelegten Kompensationsleistung (zunächst) auf ergänzende Stellungnahmen des Prüfers und auf seine mündliche Anhörung gem. § 7 Abs. 6 und § 8 Abs. 2 SpruchG zurückgegriffen werden; ein gerichtliches Sachverständigengutachten, welches allein aufgrund der Tatsache, dass sich ein gerichtlicher Sachverständiger von Grund auf neu in einen komplexen Sachverhalt einarbeiten müsste, zu einer deutlich längeren Verfahrensdauer und deutlich höheren Kosten führen würde, muss vor dem Hintergrund des in § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatzes nur dann eingeholt werden, wenn gleichwohl weiterer Aufklärungsbedarf besteht und weitere Klärung durch das Sachverständigengutachten zu erwarten ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff. u. Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2014, 453, 454; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2012 – 21 W 14/11 Rn. 36 ff. nach juris m.w.N.; u. Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 40 nach juris; Dreier/Fritzsche/Verfürth a.a.O., § 7 Rn. 62 ff.; MüKoAktG/Kubis, a.a.O. § 8 SpruchG Rn. 5).
Letzteres ist hier nicht der Fall. Der ausführliche Bericht der sachverständigen Prüferin und ihre umfangreichen mündlichen und schriftlichen Ausführungen zu den Fragen des Landgerichts und die weitere vom Senat eingeforderte ergänzende Stellungnahme bieten eine umfassende und ausreichende Grundlage für die gerichtliche Schätzung des Unternehmenswerts gem. § 287 Abs. 2 ZPO, ohne dass weiterer Aufklärungsbedarf angenommen werden müsste.
Die beschwerdeseits geäußerten Bedenken gegen den sachverständigen Prüfer, die durchaus auch in der Literatur geteilt werden, insbesondere die fehlende Unabhängigkeit, die Schwierigkeit, ein eigenes Gutachten zu überprüfen und ggf. zu korrigieren und der unterschiedliche Prüfungsmaßstab (vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 8 SpruchG Rn. 8), greifen allesamt bei näherer Betrachtung nicht durch (so auch BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 8 SpruchG Rn. 11).
So ist es zwar zutreffend, dass der sachverständige Prüfer gemäß § 293d AktG auf Vorschlag der Antragsgegnerin ohne Einflussmöglichkeit der – zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststehenden – Antragsteller bestellt wird. Es handelt sich aber dennoch um eine gerichtliche Bestellung eines neutralen Prüfers zum Schutze der Anteilsinhaber. Er hat seine Prüfung als Teil seiner Berufsausübung unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich durchzuführen und sich dabei unparteiisch zu verhalten, § 43 Abs. 1 S. 1 und 2 WPO. Dabei haftet er bei etwaigen Pflichtverletzungen gemäß §§ 293 d Abs. 2 AktG, 323 HGB auch gegenüber den Aktionären. Insofern kann allein aufgrund dieser äußeren Rahmenbedingungen nicht von einer fehlenden Unabhängigkeit ausgegangen werden. Dass Folgemandate regelmäßig eher seitens der Antragsgegnerin als seitens der Antragsteller zu erwarten sind, gilt im Übrigen unabhängig davon, ob ein Wirtschaftsprüfer als sachverständiger Prüfer oder gerichtlich bestellter Sachverständiger tätig war.
Auch kann nicht von einem im Vergleich zu einem gerichtlich bestellten Sachverständigen grundlegend anderen Prüfungsmaßstab ausgegangen werden. Der sachverständige Prüfer plausibilisiert nicht lediglich den „vom Bewertungsdienstleister der Antragsgegnerin“ ermittelten Unternehmenswert ohne eigenständige Ermittlungen anzustellen.
Dies ist bereits aufgrund der Tatsache, dass es sich regelmäßig – so auch im vorliegenden Fall (vgl. Prüfbericht S. 3) um eine Parallelprüfung von Bewerter und Prüfer handelt, nicht der Fall. Wie die Prüferin vorliegend selbst ausgeführt hat, hat sie die zur Unternehmensbewertung erforderlichen Dokumente selbst eingesehen und zahlreiche Gespräche mit der Antragsgegnerin geführt (vgl. Prüfbericht S. 2 f.). Sie hat die der Ermittlung der Barabfindung zugrunde liegende Bewertung hinsichtlich Angemessenheit der Methode, Vollständigkeit und inhaltlicher Prämissen beurteilt und dabei immer wieder auch eigene, weitergehende Prüfungen und Alternativberechnungen angestellt. Allein aus dem Umstand, dass auch Besprechungen mit der Bewertungsgutachterin erfolgt sind, kann nicht geschlossen werden, dass die sachverständige Prüferin ihre eigene Prüfungskompetenz nicht wahrgenommen und entgegen ihren ausdrücklichen Erklärungen (vgl. Prüfbericht S. 55) keine eigenen Feststellungen zur Beurteilung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung bzw. Barabfindung getroffen hätte. Vielmehr dient diese Vorgehensweise im Sinne eines Austauschs und Diskussion unterschiedlicher Vorgehensweise gerade der Überprüfung der Angemessenheit.
Nach § 327c Abs. 2 AktG i.V.m. § 293e AktG hat der Prüfer die Angemessenheit der Barabfindung als neutraler Prüfer sicherzustellen. Dementsprechend hat er in seinem Prüfbericht unter anderem anzugeben, aus welchen Gründen die Anwendung der gewählten Methode zur Ermittlung der Abfindung und des Ausgleichs angemessen ist, § 293e Abs. 1 Nr. 2 AktG, wozu eine kritische – eigenständige – Auseinandersetzung mit dem Ansatz der Bewerterin, ggf. mit Alternativberechnungen erforderlich ist. Dies bedeutet zwar, dass der sachverständige Prüfer nicht ohne die Feststellung, dass die gewählte Methode unangemessen gewesen sei, in seinem Prüfbericht eine andere Art der Unternehmenswertermittlung wählen darf, hierauf haben die Antragsteller aber auch keinen Anspruch. Wie bereits dargelegt, ist die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Dieser kann zur Schätzung des Unternehmenswertes dabei wiederum – sofern die gewählte Methode dem gesetzlichen Bewertungsziel der Bestimmung des „wahren“ Wertes der Beteiligung entspricht – nach der gesetzlichen Konzeption des SpruchG auf die – vom Prüfer als angemessen bestätigten – Berechnungen der Gutachterin zurückgreifen.
Auch der weitere Kritikpunkt, der sachverständige Prüfer würde eigene Fehler nicht einräumen und dementsprechend sein eigenes Gutachten nicht unkritisch überprüfen können, vermag nicht zu überzeugen. Bereits der Gesetzgeber traut dem sachverständigen Prüfer zu, von einem einmal gefundenen Prüfergebnis abzuweichen, wenn sich dieses als nachträglich falsch herausstellen sollte (vgl. BT-Drucks. 15/371 vom 29.01.2003, S. 15). Dieser muss sich nach der Gesetzeskonzeption des § 8 Abs. 2 SpruchG den Fragen des Gerichts und der Beteiligten stellen. Das Landgericht hat hier unter dem Vorsitz eines mit Spruchverfahren ausgesprochen erfahrenen Richters umfangreiche und durchaus kritische Fragen gestellt. Soweit auf weitere Nachfragen des Senats Ausführungen korrigiert oder ergänzt werden mussten (so z.B. in Bezug auf die zunächst nicht offen gelegten Planannahmen), hat die Prüferin dies anstandslos getan (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 19.01.2021). Im Übrigen würde sich eine vergleichbare Situation auch beim gerichtlich bestellten Sachverständigen ergeben. Auch dieser erarbeitet regelmäßig zunächst ein schriftliches Gutachten, dessen Ergebnisse sodann durch die Beteiligten bzw. das Gericht kritisch hinterfragt und ggf. zu ergänzen oder korrigieren wären.
Es ist daher nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse aufgrund der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu erwarten wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sachverständiger Prüfer und ein etwaiger gerichtlich bestellter Sachverständiger auf dieselben Planungsunterlagen der Gesellschaft zurückgreifen. Keinem von beiden ist es erlaubt, etwaige plausible Planannahmen der Gesellschaft durch eigene Annahmen zu ersetzen. Auch muss grundsätzlich von einem vergleichbaren Fachwissen ausgegangen werden. So würde beispielsweise auch ein weiterer Wirtschaftsprüfer oder ein sonstiger Wirtschaftswissenschaftler, der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt würde, über keine weiteren empirisch belastbaren Daten zur Beurteilung der Frage der Marktrisikoprämie verfügen. Ein weiterer Erkenntnisgewinn wäre daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erwarten.
Auch die Tatsache, dass die Privatgutachterin I… und mit ihr Herr Dr. F… als ein renommierter deutscher Wirtschaftsprüfer zu einem deutlich höheren Unternehmenswert gelangt ist, führt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Das Gutachten wurde ebenso wie die vom Privatgutachter im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen und getätigten Äußerungen als qualifizierter Parteivortrag entsprechend gewürdigt und berücksichtigt. Weiterer Klärungsbedarf ist hiernach nicht verblieben.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Frage der Mitgliedschaft eines Wirtschaftsprüfers im IDW, welchem rund 13.000 Wirtschaftsprüfer, unter anderem auch die Privatgutachterin I… (vgl. www…..com/…/…/), also über 80% aller Wirtschaftsprüfer angehören (vgl. www.idw.de/idw/ueber-uns/Kurzportrait) nach ständiger Rechtsprechung des Senats kein Kriterium für die Eignung als Sachverständiger bzw. sachverständiger Prüfer ist. Die Selbstbindungsklausel des § 4 Abs. 9 der Satzung des IDW besagt gerade nicht, dass die Wirtschaftsprüfer unreflektiert alle IDW Prüfungsstandards, Stellungnahmen und Fachgutachten übernehmen sollen. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, dass die Mitglieder aufgrund ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit in jedem Fall sorgfältig zu prüfen haben, ob die vom IDW aufgestellten Grundsätze tatsächlich anzuwenden sind oder ob hiervon abgewichen werden muss (vgl. Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2019, 400 ff. u. Beschluss vom 12.05.2020 – 31 Wx 361/18, DB 2020, 1280 ff.)).
bb) Soweit beschwerdeseits vereinzelt beantragt wurde, die Beschwerden mündlich zu verhandeln, bestand auch hierfür kein Anlass. Nach § 17 Abs. 2 SpruchG i.V.m. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG kann das Beschwerdegericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 12 Rn. 21; Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O., § 12 SpruchG, Rn. 53; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. SpruchG, § 8 Rn. 2), was angesichts des Umfangs der mündlichen Verhandlung einschließlich der detaillierten Anhörung der Vertragsprüfer zu bejahen ist. Im Rahmen der Beschwerden wurden im wesentlichen die bereits erstinstanzlich erhobenen Einwendungen wiederholt. Soweit in der Beschwerdeinstanz erstmals weitere Planannahmen und Planzahlen offengelegt wurden, war es ausreichend, eine ergänzende schriftliche Stellungnahme der Prüferin diesbezüglich einzuholen. Das nunmehr vorgelegte Zahlenwerk bestätigt das bereits gefundene Ergebnis und unterfüttert die bereits in erster Instanz getätigte und dort – wenn auch unter Ausklammerung bestimmter Planannahmen und Planzahlen – schriftlich und mündliche erläuterte Grundaussage, dass es sich vorliegend um eine sehr ambitionierte, aber durchaus noch plausible Planung handelt. Weiterer Aufklärungsbedarf hat sich danach nicht ergeben. Rechtliches Gehör wurde insofern durch die Einräumung einer Stellungnahmefrist in ausreichendem Umfang gewährt.
III.
1. Die Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin. Es besteht kein Anlass, diese ausnahmsweise ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen (vgl. § 15 Abs. 1 SpruchG). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde Erfolg hatte, da der reine Verfahrensausgang nach der Regelung des § 15 Abs. 1 SpruchG für die Frage der Kostentragung gerade nicht ausschlaggebend ist (vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 15 SpruchG Rn. 14; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 15 Rn. 22). Vielmehr sind die Gerichtskosten stets – auch bei Unterliegen der Antragsteller – von der Antragsgegnerin zu tragen, es sei denn Billigkeitserwägungen führten zu einem anderen Ergebnis. Vorliegend beruht der Erfolg der Beschwerde der Antragsgegnerin allein auf der Frage der Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen und der Höhe der Marktrisikoprämie. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei beiden Parametern der Ertragswertermittlung um sehr umstrittene Themenkomplexe handelt und der Senat sich erstmals mit Beschluss vom 03.12.2020 – 31 Wx 330/16, BeckRS 2020, 34436 ausdrücklich für den Ansatz einer inflationsbedingten Wachstumsbesteuerung ausgesprochen und erstmals mit Beschluss vom 12.05.2020 – 31 Wx 361/18, AG 2020, 629 die niedrigere Festsetzung der Marktrisikoprämie durch das Landgericht beanstandet hat, sind keinerlei Umstände ersichtlich, die eine ausnahmsweise Kostentragungspflicht der Antragsteller rechtfertigen könnten.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin kommt nach der Regelung des § 15 Abs. 2 SpruchG weder für die erste noch für die zweite Instanz in Betracht. Die Anträge der Minderheitsaktionäre auf Festsetzung einer höheren Abfindung sind letztlich erfolglos geblieben, während die Beschwerde der Antragsgegnerin Erfolg hatte. Es erscheint daher angemessen, dass die Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Dies gilt aufgrund des eindeutigen Verfahrensausgangs auch unter Berücksichtigung des vorhandenen Informationsungleichgewichts zwischen den Antragstellern einerseits und der Antragsgegnerin andererseits (vgl. ausführlich Senat, Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, GWR 2020, 221). Eine differenzierte Betrachtungsweise zwischen beschwerdeführenden Antragstellern einerseits und lediglich als Beschwerdegegner beteiligte Antragsteller ist in dieser Konstellation ebenso wenig angezeigt, wie eine Differenzierung zwischen unzulässigen und unbegründeten Beschwerden bzw. Anschlussbeschwerden.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin durch die Antragsteller kommt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 13.12.2016 (vgl. 31 Wx 186/16, ZIP 2017, 176 ff.) nicht in Betracht. Selbst wenn danach entgegen der Regelung des § 15 SpruchG nach § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 84 FamFG ausnahmsweise eine entsprechende Auferlegung möglich ist, sind vorliegend nach dem oben Gesagten doch keinerlei entsprechende Billigkeitsgründe ersichtlich.
2. Die Festsetzung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren beruht auf § 74 S. 1 GNotKG. Da es letztlich zu keinerlei Erhöhung der Abfindung gekommen ist, ist der Mindestgeschäftswert anzusetzen (vgl. BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 15 Rn. 11). Insofern konnte nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG auch eine Abänderung des Geschäftswertes für die erste Instanz von Amts wegen erfolgen. Dieser Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG auch als maßgeblicher Gegenstandswert für die Vergütung der gemeinsamen Vertreterin heranzuziehen.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.
Dabei ist wiederum berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode grundsätzlich keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Sie beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis und unterfällt damit dem Schätzermessen des Tatrichters (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, Rn. 12, 13 nach beck-online; BGH, Beschluss vom 03.03.2020 – EnVR 34/18, BeckRS 2020, 5191, Rn. 22: „weitergehende tatrichterliche Überprüfung“). Gleiches gilt (erst recht) für die Einzelheiten der gewählten Bewertungsmethode (so auch Fleischer, AG 2016, 185, 191), wie z.B. die Höhe der Marktrisikoprämie oder die Frage der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne, zumal sich der Senat hier der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen hat.


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