Bankrecht

Schadensersatzanspruch aus Treuhandvertrag im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Medienfonds – Prospektfehler

Aktenzeichen  20 U 2144/16

Datum:
19.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 118207
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7 b, § 312c Abs. 1, Abs. 2
BGB-InfoV § 1

 

Leitsatz

1. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht einer Treuhandkommanditistin aus dem Treuhandvertrag beschränkt sich nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von diesem zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 1814/16 2016-04-13 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.04.2016, Az. 27 O 1814/16, aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74.736,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.05.2015 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
IV. Die Verurteilung zu den Ziffern II. bis III. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV. Er hat sich mit Beitrittserklärung vom 04.05.2005 über die damals als T. Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von 100.000 € zuzüglich 3% Agio beteiligt. Er hat die Einlage in Höhe von 50.000 € auf das Konto der Fondsgesellschaft einbezahlt und über den restlichen Betrag entsprechend dem vorgesehenen Konzept eine Inhaberschuldverschreibung begeben. 2012 hat er die Inhaberschuldverschreibung gegen Zahlung von 1.789,68 € abgelöst. Auf die Beitrittserklärung (Anlage K 1), die Inhaberschuldverschreibung nebst Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Fremdfinanzierung und den Emissionsprospekt vom 11.03.2005 (Anlage K 5) wird Bezug genommen.
Die Beklagte ist am 02.11.2005 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden. Sie war bis 01.08.2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Der Prospekt weise zahlreiche Fehler auf, der Vermittler habe nicht ausreichend über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt. Insbesondere sei das mit Währungsschwankungen und den Inhaberschuldverschreibungen verbundene Risiko nicht hinreichend erläutert.
Die Beklagte meint, dass sie keine Aufklärungspflicht treffe; sie sei erst nach dem Beitritt des Klägers Kommanditistin geworden und habe keinen eigenen Anteil. Der Prospekt sei weder fehlerhaft noch unvollständig. Das gelte insbesondere auch für die Darstellung zu Währungs- und Fremdfinanzierungsrisiko und zur Inhaberschuldverschreibung.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Landgerichts vom 13.04.2016 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für Beratungsverschulden bzw. Prospektfehler komme erst ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung im Handelsregister am 02.11.2005 in Betracht. Sie sei nicht Gründungsgesellschafterin gewesen und könne einer solchen auch nicht im Verhältnis zur Klagepartei gleichgestellt werden. Zu einem früheren Gesellschafterbeitritt habe die Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen. Auch eine Haftung aufgrund der Stellung als Treuhandkommanditistin komme erst ab dem Zeitpunkt nach dem Beitritt zur Gesellschaft in Betracht.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht rügt und seine Klageanträge weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen erster Instanz, welches er durch das Landgericht für fehlerhaft beurteilt hält. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 17.05.2016 (Bl. 169/178 d.A.) Bezug genommen.
Er beantragt daher,
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 74.736,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
3.Die Verurteilung zu den Ziffern II. bis III. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005.
hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt insbesondere aus, die gerügten Prospektfehler lägen nicht vor. Sie treffe keine Aufklärungspflicht. Sie sei nicht Gründungskommanditistin gewesen, habe keine eigenen Anteile gehalten und sei lediglich als Verwaltungstreuhand für die 2.270 Treugeberkommanditisten tätig gewesen. Sie sei weit nach dem Kläger der Gesellschaft beigetreten. Sie habe den Vertrieb nicht beauftragt, etwaige Beratungsfehler könnten ihr nicht zugerechnet werden.
Maßgeblich für die Ausgestaltung ihrer Pflichten sei der Treuhandvertrag, insbesondere §§ 2 und 13. Danach komme eine Haftung für Aufklärungsmängel nicht in Betracht. Die Klausel sei als bloße Leistungsbeschreibung einer Inhaltskontrolle entzogen. Das Treuhandverhältnis habe mit Wirkung zum 01.08.2011 sein Ende gefunden; der neue Treuhänder sei im Wege der Sonderrechtsnachfolge und der Vertragsübernahme in die Rechte und Pflichten der Beklagten eingetreten. Die Beklagte berufe sich auf Verjährung. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30.06.2016 (Bl. 185/205 d.A.) wird verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV entstanden ist. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Treuhandvertrag mit dem Kläger verletzt, da sie ihn nicht über die Risiken aufgeklärt hat, die sich aus dem Finanzierungskonzept ergeben.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts haftet die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages für fehlerhafte Angaben im Prospekt. Es kommt weder darauf an, ob sie Gründungskommanditistin war, noch darauf, ob sie eigene Anteile gehalten hat. Unerheblich ist auch, dass sie weder den Vermittler noch die mit dem Vertrieb betraute Gesellschaft selbst beauftragt hat.
a) Ungeachtet einer etwaigen Stellung als Kommanditistin zum Zeitpunkt des klägerischen Beitritts oder gar als Gründungskommanditistin trifft die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2017 – II ZR 345/15 – Rn. 33; Urteil vom 16.03.2017 – III ZR 489/16 – NJW-RR 2017, 750 Rn. 9; Beschluss vom 26.11.2015 – III ZR 78/15 – BeckRS 2015, 20464, Rn. 16 a.E. m.w.N.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich ihre Aufklärungspflicht als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten. Eine solche Einschränkung lässt sich den einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht des Treuhandkommanditisten nicht entnehmen. Danach trifft einen Treuhandkommanditisten, der die Interessen der Anleger als seiner Treugeber wahrzunehmen hat, die Pflicht, die Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die ihm bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein mussten und die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Diese Pflicht erstreckt sich insbesondere auch auf regelwidrige Auffälligkeiten (vgl. BGH NJW 2002, 1711; NJW-RR 2008, 1129/1130 Tz. 8; NJW-RR 2009, 613 m.w.N), beschränkt sich aber nicht darauf.
b) Fehl geht auch der Einwand der Beklagten, ein Treuhandvertrag mit dem Kläger sei nicht vor ihrem eigenen Beitritt zur Gesellschaft zustande gekommen. Es lässt sich weder der Beitrittserklärung des Klägers vom 04.05.2005 (Anlage K 1) noch der Annahmeerklärung vom 09.05.2005 (Anlage K 2), die die Komplementärin der Fondsgesellschaft in Vertretung für die Beklagte abgegeben hat, auch nur andeutungsweise entnehmen, dass der Treuhandvertrag aufschiebend bedingt abgeschlossen werden sollte. Vielmehr ist in der Beitrittserklärung festgehalten:
„Ich gebe hiermit gegenüber der T.Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH, Berlin (nachfolgend „T.“) ein verbindliches Angebot auf Abschluss des im Beteiligungsprospekt abgedruckten Treuhandvertrages ab, der durch die Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die E. P. Medienfonds GmbH, Grünwald, (nachstehend „Komplementärin“ genannt) im Namen der T. zustande kommt. … Ich bin damit einverstanden, dass das Treuhandverhältnis mit Annahme meines Beteiligungsangebotes durch die Komplementärin im Namen der T. rechtsverbindlich begründet ist. Die Annahme meines Beteiligungsangebotes wird mir durch die Komplementärin im Namen und in Vollmacht der T. bestätigt werden. Auf den Zugang der Annahmeerklärung meines Beteiligungsangebotes als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertragsschlusses verzichte ich hiermit ausdrücklich.“
Abgesehen davon hätte auch ein – hier nicht vereinbarter – aufschiebend bedingter Abschluss des Treuhandvertrags die vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Beklagten als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht entfallen lassen.
2. Der Kläger wurde unstreitig auf der Grundlage des Prospekts beraten, so dass mangels abweichenden Vortrags davon auszugehen ist, dass sich fehlerhafte Prospektangaben in das Beratungsgespräch fortsetzen (BGH, Urteil vom 3.11.2015, II ZR 270/14, juris Tz. 13 m.w.N.).
3. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens zeichnet. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZR 104/13 juris Tz. 8 f. m.w.N.).
4. Der Prospekt informiert den Anleger nicht ausreichend über die Risiken, die durch das Finanzierungskonzept entstehen.
a) Das Finanzierungskonzept wird insbesondere auf den Seiten 45, 56 und 95 des Prospekts (Stand 11. März 2005, Anlage K 6) dahingehend erläutert, dass jeder Treugeber eine Inhaberschuldverschreibung unterzeichnet, die er zum Zwecke der teilweisen Fremdfinanzierung seiner Beteiligung an die E. P. Advance GmbH verkauft, die das dafür fällige Entgelt im Namen und auf Anweisung der Anleger auf ein Mittelverwendungskontrollkonto der Fondsgesellschaft überweist. Der Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Anteilsfremdfinanzierung ist auf Seiten 119 ff. des Prospekts abgedruckt. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Anlegers, den Nennbetrag zzgl. Zinsen am 31.12.2012 zu bezahlen, wobei der Anleger die Gesellschaft beauftragt und bevollmächtigt, die zu den Zahlungsterminen fälligen Leistungen im Namen und für Rechnung des Anlegers aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehenden Entnahmeansprüchen, Auseinandersetzungsguthaben oder Liquidationserlösen zu erbringen.
b) Nicht ausreichend hingewiesen wird auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dieses Risiko besteht ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 25.07.2012 (S. 7/8 der Anlage K 5), wenn die dafür vorgesehenen Distributionsgarantiezahlungen nicht vollständig bei der Gesellschaft eingehen („wenn Schuldner der Distributionszahlungen ausfallen“) oder der Wechselkurs des USD sinkt. Auf Seite 56 des Prospekts wird vielmehr ausgeführt, die Bedienung und Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung. Es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich. Es bestehe grundsätzlich keine Nachschusspflicht. Dadurch wird die Aussage auf Seite 46 des Prospekts, Währungsschwankungen könnten sich negativ auf die Erlöse der Gesellschaft auswirken und die Fondgesellschaft und damit letztlich die Anleger trügen ein entsprechendes Fremdwährungs- und Wechselkursrisiko, relativiert.
c) Auf dem Blatt „Besondere Informationen nach § 312 c Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 1 der BGB-InfoV zur teilweisen Fremdfinanzierung der mittelbaren Beteiligungen der E. P.Medienfonds GmbH & Co. KG IV“ wird unter II. 2. u.a. darauf hingewiesen, es bestehe das Risiko, dass der Anleger die Rückzahlung und den Zins aus der von ihm begebenen Inhaberschuldverschreibung erbringen müsse, obwohl die von ihm mit dem Kaufpreis für die Inhaberschuldverschreibung finanzierte mittelbare Beteiligung an der Gesellschaft keine gleich hohe Rendite erwirtschafte.
Dieser Hinweis ist – isoliert betrachtet – an sich eindeutig. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist jedoch nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil, vom 05.03.2013, II ZR 252/11, juris Tz. 14, m.w.N.). Dieser Hinweis unter II. 2 widerspricht den Ausführungen auf Seite 56 des Prospekts, die Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge ausschließlich durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung, es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich.
d) Nicht explizit hingewiesen wird im Übrigen auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen aufgrund des Wechselkursrisikos nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dies ergibt sich weder aus den Ausführungen auf Seite 45 unter der Überschrift „Fremdfinanzierungsrisiko“, noch aus den Ausführungen auf Seite 46 unter der Überschrift „Währungs- und Wechselkursrisiko“. Gemessen an den oben zitierten Prospekthaftungsgrundsätzen ist der Prospekt bezüglich des die Fremdfinanzierung betreffenden Risikos, einschließlich des Währungsrisikos zumindest widersprüchlich.
5. Auf die Frage, ob der Prospekt auf die Rechtsfolgen der §§ 793 ff. BGB hätte hinweisen müssen, kommt es nicht mehr entscheidend an. Dasselbe gilt für die Darstellung des Risikos des Totalverlustes.
6. Die Haftung der Beklagten für diesen Prospektfehler wird nicht durch § 13 des Treuhandvertrages ausgeschlossen, denn der darin enthaltene Haftungsausschluss ist nach § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7 b BGB nichtig.
a) Die Klauseln des formularmäßigen Treuhandvertrages unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer objektiven Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2015, II ZR 341/14, juris Tz. 24 m.w.N.).
§ 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages, wonach unter der Überschrift „Haftung der Treuhänderin“ geregelt wird, die Treuhänderin habe das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondsstruktur nicht beteiligt, die Anlageberatung oder Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft sei nicht vertragliche Pflicht der Treuhänderin, sind – ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden – dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der Aufklärungspflicht über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll.
Derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Dies gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (§ 309 Nr. 7 b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 193/11 juris Tz. 35 m.w.N.). Jedenfalls soweit – wie hier – der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt, sondern für ihre Tätigkeit nach § 14 des Treuhandvertrages (Seite 116 des Prospekts) eine Vergütung erhält, trifft die Treuhänderin eine Aufklärungspflicht.
§ 14 des Treuhandvertrages stellt keine gesellschaftsvertragliche Regelung dar, so dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 193/11 – juris Tz. 34).
b) Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, die Klausel sei AGB-rechtlich unbedenklich, weil bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegten, einer Inhaltskontrolle entzogen seien. § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages stellen eine Abweichung von der gesetzlichen Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss dar (§ 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) und keine „bloße Leistungsbeschreibung“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen bleibt, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.2014 – IV ZR 295/13 – juris Tz. 27).
7. Der Umstand, dass die Beklagte zum 01.08.2011 als Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin ausgeschieden ist, hat keinen Einfluss auf ihre Haftung für die fehlerhaften Prospektangaben. Ihr Ausscheiden aus diesen Funktionen setzt nicht den Lauf der Verjährung in Gang. Verjährung ist auch nicht nach der Regelung in § 13 des Treuhandvertrages (Haftung der Treuhänderin) eingetreten. Die Bestimmung in § 13 Abs. 3 des Treuhandvertrages, wonach ein Anspruch auf Schadensersatz, soweit gesetzlich keine frühere Verjährung eintritt, in drei Jahren ab Anspruchsentstehung verjährt, ist nach § 309 Nr. 7, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, denn sie stellt eine unzulässige Haftungsbegrenzung dar (vgl. BGH, Urteil vom 29.5.2008 – III ZR 59/07 – juris Tz. 35).
8. Der Kläger hat nach § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Erstattung des eingezahlten Betrages in Höhe von 50.000 € sowie des für den Rückkauf der Inhaberschuldverschreibung aufgewandten Betrages in Höhe von 1.789,68 €, seines Beitrags zur Liquiditätsreserve in Höhe von 4.500 € und auf Erstattung der von ihm konkret vorgetragenen steuerlichen Verzugszinsen in Höhe von 18.447 €. Die Beklagte hat nicht substantiiert bestritten, dass der Kläger diese Zahlungen erbracht hat. Das pauschale Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte ist unsubstantiiert, desgleichen der nicht näher ausgeführte Hinweis auf steuerliche Verlustzuweisungen. Im Übrigen sind steuerliche Vorteile grundsätzlich nicht anzurechnen; für eine Ausnahme hiervon fehlt konkreter Sachvortrag.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Zustellung der Klage ist am 07.05.2015 erfolgt.
Der Kläger hat zudem Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte ihn von Verpflichtungen undsteuerlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung freizustellen hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfragen nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab. Soweit andere Oberlandesgerichte – etwa das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 16.7.2015, Az. 27 U 31/15) – Schadensersatzansprüche von Anlegern verneint haben, die denselben Fonds betroffen haben, haben sich diese weder mit den Prospektmängeln noch mit den Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis befasst, auf die der Senat die Haftung der Beklagten wegen Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht stützt.
Der Senat weicht auch nicht von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.03.2014 (Az. IV ZR 295/13) ab, sondern kommt in Anwendung der dort entwickelten Grundsätze zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine bloße Leistungsbeschreibung vorliegt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Senats vom 06.07.2016 im Verfahren 20 U 1937/16 hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.06.2017 (III ZR 425/16) zurückgewiesen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben