Bankrecht

Spruchverfahren – Anschließung an unselbständige Anschlussbeschwerde – Ermittlung der Bagatellgrenze

Aktenzeichen  31 Wx 330/16

Datum:
3.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 34436
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AktG § 304, § 305
SE-VO Art. 9 Abs. 1 Nr. c Nr. ii
GG Art. 14 Abs. 1
ZPO § 287

 

Leitsatz

1. Die Anschließung eines Antragstellers an die unselbstständige Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist in Spruchverfahren aus Gründen der Chancengleichheit zulässig. Soweit zunächst nur einzelne Antragsteller Beschwerde eingelegt haben, sind die übrigen Antragsteller erst durch die unselbstständige Anschließung seitens der Antragsgegnerin formell Beteiligte des Beschwerdeverfahrens geworden. Diese müssen sich sodann ihrerseits gegen den Angriff der Antragsgegnerin verteidigen können. (Rn. 31 – 33)
2. Für die Frage, ob eine nur unerhebliche und damit unbeachtliche Wertabweichung vorliegt (sog. Bagatellgrenze), kommt es allein auf die Abweichung zwischen dem ursprünglich festgesetzten Unternehmenswert und dem im Rahmen des Spruchverfahrens ermittelten Wert an. Ob die sich hieraus ergebenen einzelnen Kompensationsleistungen erheblich von den zuvor festgesetzten Leistungen abweichen, ist hingegen irrelevant. (Rn. 138)
Die Bestimmung des Unternehmens- bzw. Anteilswerts allein am Börsenkurs kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die Entwicklung des Aktienkurses durch eine geplante Übernahme deutlich vom allgemeinen Marktgeschehen abgekoppelt hat und deshalb von einer hinreichenden Liquidität bzw. einer ausreichenden Informationseffizienz des Kapitalmarktes nicht ausgegangen werden kann (Abgrenzung von BGH BeckRS 2016, 6216).  (Rn. 40 – 42) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 HK O 20672/14 2016-04-25 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1), 23), 34), 35), 46) und 58) – 61) und die Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 29) und 30) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 25.04.2016 wird der von der Antragsgegnerin gem. Ziff. 6.3 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der M. und der P. zu zahlende jährliche Ausgleich auf € 1,04 brutto abzüglich etwaiger Körperschaftssteuer und etwaigem Solidaritätszuschlag in Höhe des jeweils geltenden Steuersatz festgesetzt.
2. Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller zu 1), 23), 34), 35), 46) und 58) – 61) und die Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 29) und 30) zurückgewiesen.
3. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 25.04.2016 wird zurückgewiesen.
4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin.
5. Der Geschäftswert für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahren, sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten außenstehenden Aktionäre zu leistende Vergütung in zweiter Instanz wird auf € 2.221.601,36 festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens sind die Barabfindung und der Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der P. (im Folgenden: P. oder die Gesellschaft) und der Antragsgegnerin, der M. (im Folgenden auch: M.).
Die P. ist ein Medizintechnikunternehmen, dessen Schwerpunkt in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von medizinischen Geräte, Einmalartikeln, Diagnostika und Therapeutika liegt. Ihr Grundkapital beträgt € 8.250.000,00 und ist in ebenso viele auf den Inhaber lautende nennwertlose Stückaktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von € 1,00 je Aktie eingeteilt. Ihre Aktien waren bis zum 30.12.2014 im regulierten Markt an den Wertpapierbörsen in Frankfurt, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart und München sowie im Xetra-Handel zugelassen. Seit dem 31.12.2014 werden die Aktien nur noch im Freiverkehr gehandelt.
Am 14.01.2014 hat die Antragsgegnerin ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb sämtlicher Aktien der P. veröffentlicht und gleichzeitig mitgeteilt, dass sie beabsichtige, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abzuschließen, sofern sie zum Ablauf der Annahmefrist am 12.02.2014 über mehr als 75% der Anteile verfügen werden sollte. Letztlich hat die Antragsgegnerin im Rahmen dieses Übernahmeangebots 78% der Anteile der P. erworben. Dies wurde mit der 1. Schlussbekanntmachung am 17.02.2014 mitgeteilt.
In den drei Monaten vor der Schlussbekanntmachung belief sich der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ermittelte gewichtete Durchschnittskurs auf € 17,03 je Aktie.
Per Adhoc Meldung vom 15.05.2014 wurde sodann die Absicht des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mitgeteilt.
Am 03.07.2014 schlossen die Antragsgegnerin und die P. einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, nach dessen Ziff. 1.1 die P. die Leitung ihrer Gesellschaft der Antragsgegnerin unterstellt, die dementsprechend berechtigt sein soll, dem Verwaltungsrat bzw. geschäftsführenden Direktor hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft allgemeine oder einzelfallbezogene Weisungen zu erteilen.
Ziff. 3.1 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags verpflichtet die P. zur Abführung ihres gesamten Gewinns, höchstens jedoch den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr sowie um den ggf. nach § 300 AktG in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag.
In Ziff. 6.3 des Vertrags verpflichtet sich die Antragsgegnerin sodann zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichs von brutto € 1,02 (netto € 0,86) je Aktie an die außenstehenden Aktionäre der P. bzw. in Ziff. 7.1 auf Verlangen eines jeden außenstehenden Aktionärs zur Zahlung einer Barabfindung in Höhe von € 17,03 je Aktie.
Die Hauptversammlung der P. stimmte dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag am 14.08.2014 zu. Der Beschluss wurde am 02.10.2014 in das Handelsregister der P. eingetragen und am 03.10.2014 bekannt gemacht.
Die von der Antragsgegnerin und der P. im Vorfeld der Hauptversammlung beauftrage Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K… (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 02.07.2014 (Anlage AG 2) zum Stichtag des 14.08.2014 nach dem Ertragswertverfahren einen Unternehmenswert der Gesellschaft von € 133.725.000 bzw. bezogen auf die 8.244.914 Aktien einen Wert von € 16,22 je Aktie, welcher sich deutlich unterhalb der auf Basis des höheren Börsenkurses festgelegten Abfindung von € 17,03 je Aktie belief.
Dabei ging die Bewerterin von einer Detailplanungsphase 2014 bis 2019 und einer sich unmittelbar hieran anschließenden ewigen Rente aus. Bei der Kapitalisierung wurden Zinssätze zwischen 6,75% und 4,53% angesetzt. Dabei setzte die Bewerterin den Basiszinssatz mit 2,5% vor Steuern bzw. 1,84% nach Steuern und die Marktrisikoprämie mit 5,5% nach Steuern an. Der aus einer Peer Group ermittelte verschuldete Beta-Faktor (unverschuldet 0,9) wurde mit 0,89 im Jahr 2014 bis hin zu 0,72 in der ewigen Rente angegeben. Dort wurde weiter ein Wachstumsabschlag von 1,25% angenommen. Sonderwerte wurden mit insgesamt € 1.184.000,00 angesetzt.
Ausgehend von dem genannten Ertragswert errechnete die Bewerterin sodann mittels eines Verrentungszinssatzes von 3,87% (Mittelwert aus Kapitalisierungszinssatz und Basiszinssatz) eine Bruttoausgleichszahlung von € 1,02 je Aktie (netto € 0,86 je Aktie).
Die gerichtlich bestellte sachverständige Vertragsprüferin W. (im Folgenden: die Vertragsprüferin oder sachverständige Prüferin) hielt in ihrem Prüfbericht vom 07.07.2014 (Anlage AG 3) Abfindung und Ausgleichszahlung für angemessen.
Im Rahmen einer zum Tag der Hauptversammlung der P. am 14.08.2014 gefertigten Aktualisierungserklärung (Anlage AG 9) gelangte die Bewerterin in Übereinstimmung mit der Vertragsprüferin (Anlage AG 10) zu dem Ergebnis, dass sich der Unternehmenswert der P. aufgrund einer Verringerung des Basiszinssatzes von 2,5% auf 2,25% vor Steuern bzw. von 1,84% auf 1,66% nach Steuern auf € 138.228.000,00 bzw. € 16,77 je Aktie, also einen Betrag der nach wie vor unterhalb der festgelegten Abfindung liege, erhöhe und den Ausgleich rechnerisch auf nunmehr € 1,01 brutto je Aktie reduzierte, da nunmehr ein Verrentungszinssatz von 3,71% angesetzt wurde. Der Vertrag wurde dennoch unverändert mit einem Ausgleich von € 1,02 brutto je Aktie zur Beschlussfassung vorgeschlagen und angenommen.
67 Antragsteller haben die vertraglich vorgesehene Barabfindung und Ausgleichszahlung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung höherer Werte vor dem Landgericht München I verlangt.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2015 (Protokoll Bl. 261/293 d.A.) zwei Mitarbeiter der Vertragsprüferin, die Herren W. und G. angehört. Es hat die Vertragsprüferin mit Beschluss vom 15.10.2015 (Bl. 292 d.A.) beauftragt, zu bestimmten Einwendungen und Einzelfragen ergänzend schriftlich Stellung zu nehmen. Dem ist die Vertragsprüferin mit ihren Ausführungen vom 21.03.2016 (Bl. 351/359 d.A.) nachgekommen.
Mit Beschluss vom 25.04.2016 (Bl. 362/465 d.A.) hat das Landgericht die Abfindung auf € 18,27 je Aktie erhöht und die Anträge auf Festsetzung eines höheren Ausgleichs zurückgewiesen. Dabei hat es eine im Ausgangspunkt zutreffende Ermittlung des Unternehmenswerts unter Anwendung der Ertragswertmethode durch die Bewerterin und Vertragsprüferin angenommen, jedoch die Marktrisikoprämie von 5,5% auf 5,0% herabgesenkt und dementsprechend die Barabfindung von € 17,03 auf € 18,27 je Aktie erhöht. Hinsichtlich des Ausgleichs hat es sodann ausgeführt, dass der höhere Unternehmenswert rechnerisch zwar zu einem höheren Ausgleich in Höhe von 1,06 brutto je Aktie führe, daraus folge jedoch unter Beachtung der Bagatellrechtsprechung keine Erhöhung des festgesetzten Ausgleichs in Höhe von € 1,02 brutto je Aktie.
Gegen diese Entscheidung haben zunächst die Antragsteller zu 1), 23), 34), 35), 46) und 58) – 61) Beschwerde eingelegt. Sie greifen sowohl die grundsätzliche Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs als auch die Erhöhung der Barabfindung als nicht ausreichend an. Dabei wiederholten sie im Wesentlichen ihre bereits erstinstanzlich erhobenen Rügen. Neben verschiedenen Planannahmen rügen sie insbesondere die Reduzierung der Marktrisikoprämie auf nur 5,0%. Darüber hinaus sei die sog. Bagatellrechtsprechung in dieser Konstellation nicht anwendbar. Die Erhöhung der Barabfindung müsse konsequenterweise auch zur Erhöhung des Ausgleichs führen.
Das Landgericht hat den genannten Beschwerden mit Beschluss vom 01.09.2016 (Bl. 521/525 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 24.02.2017 (Bl. 540/596 d.A.) sodann Anschlussbeschwerde beim Senat eingelegt. Die ursprünglich festgesetzte Barabfindung von € 17,03 je Aktie bewege sich bereits am oberen Rand des Unternehmenswertes. Für die Absenkung der Marktrisikoprämie und damit für die Erhöhung der Abfindung gebe es keine Rechtfertigung.
Mit Schriftsatz vom 25.06.2019 (Bl. 653/672 d.A.) haben darüber hinaus die Antragsteller 29) und 30) Anschlussbeschwerde eingelegt und beantragt Abfindung und Ausgleich angemessen zu erhöhen. Neben den bereits durch die anderen Beschwerdeführer erhobenen Rügen wird unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des LG München I insbesondere die Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne in der ewigen Rente gerügt.
Die Antragsgegnerin zweifelt bereits an der Zulässigkeit der Anschließung an eine unselbstständige Anschlussbeschwerde. Im Übrigen sei aber auch in inhaltlicher Sicht die Kursgewinnbesteuerung in der ewigen Rente nicht zu beanstanden.
Auf die weiteren Ausführungen der Beteiligten in den (Anschluss-)Beschwerdebegründungen, -erwiderungen und weiteren Schriftsätzen wird Bezug genommen.
Der Senat hat die Prüferin mit Verfügung vom 10.12.2018 (Bl. 635/640 d.A.), mit Hinweis- und Aufklärungsbeschluss vom 24.10.2019 (Bl. 714/727 d.A.) und mit Verfügung vom 15.07.2020 (Bl. 784 d.A.) um weitere Erläuterung einzelner Teilaspekte der Bewertung gebeten. Auf die schriftlichen Stellungnahmen der Prüferin vom 04.04.2019 (Bl. 650+ Anl. d. A.), 08.05.2020 (Bl. 735/742 d.A.) und 02.10.2020 (Bl. 785/790 d.A.) wird Bezug genommen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine mündliche Verhandlung hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht stattgefunden.
II.
Sämtliche Beschwerden und Anschlussbeschwerden sind zulässig. Die antragstellerseitigen (Anschluss-)Beschwerden sind darüber hinaus in Bezug auf den jährlichen Ausgleich auch begründet. Dieser ist auf € 1,04 brutto je Aktie zu erhöhen. Eine Erhöhung der vom Landgericht auf € 18,27 je Aktie festgesetzten Barabfindung ist hingegen nicht angezeigt. Insofern sind die Beschwerden und Anschlussbeschwerden unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist insgesamt unbegründet.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
a) Die Beschwerden sind insbesondere fristgerecht eingelegt, §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 63 Abs. 1 FamFG. Soweit unselbständige Anschlussbeschwerden vorliegen (Anschließung seitens der Antragsgegnerin und den Antragstellern zu 29) und 30)), kommt es auf die Einhaltung einer Frist nicht an, §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 66 FamFG.
b) Weiterhin ist der gemäß §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von € 600,00 erreicht, wobei die Beschwer aller antragstellenden Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BeckRS 2018, 28290 Rn. 9, 19, 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2016 – 21 W 36/15, NZG 2017, 622 ff.; BeckOGK/Drescher SpruchG, § 12 Rn. 10). Allein bei Berücksichtigung der 170.000 Aktien der Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 35) ist der genannte Wert bereits bei Geltendmachung einer minimalen Erhöhung von Abfindung und/oder Ausgleichs deutlich überschritten.
Ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt zwar die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin, die darauf gerichtet ist, die durch das Landgericht zugesprochene Erhöhung der Abfindung rückgängig zu machen. Da sich der Erhöhungsbetrag aber auf insgesamt € 2.221.601,36 beläuft, ist auch insofern die Beschwerdesumme deutlich überschritten.
c) Die Anschließung der Antragsteller zu 29) und 30) an die unselbstständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist entgegen der seitens der Antragsgegnerin geäußerten Zweifel auch statthaft.
Die Frage der Zulässigkeit der Anschließung an eine (unselbstständige) Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners ist obergerichtlich für Spruchverfahren zwar noch nicht entschieden, in der Literatur für FamFG-Verfahren aber vor dem Hintergrund der Wahrung der Chancengleichheit der Beteiligten allgemein anerkannt (vgl. MüKo/Fischer, FamFG, 3. Aufl. § 66 Rn. 12; Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. § 66 Rn. 1; allg. zum Normzweck der Anschlussbeschwerde: Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. § 66 Rn. 1). Diese Erwägungen gelten ebenso für das vorliegende Spruchverfahren.
Vorliegend haben zunächst nur einige Antragsteller Beschwerde eingelegt. Eine Verschlechterung in Form einer Rückgängigmachung der durch das Landgericht ausgesprochenen Erhöhung der Abfindung, die durch die inter omnes Wirkung (vgl. § 13 SpruchG) für sämtliche Aktionäre gelten würde, war durch das Verbot der reformatio in peius ausgeschlossen (vgl. MüKo/Kubis, 5. Aufl. , SpruchG, § 11 Rn. 17; Hölters/Simons, 3. Aufl. SpruchG, § 12 Rn. 27). Dementsprechend wäre auch die Anschließung weiterer Antragsteller an diese Beschwerden nicht statthaft (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006 – 20 W 25/05, NZG 2007, 237 ff; Emmerich/Habersack/Emmerich, Aktien-/GmbH-KonzernR, 9. Aufl. § 12 SpruchG, Rn. 5). Eine solche Anschließung liegt jedoch auch nicht vor.
Durch die (unselbstständige) Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin an diese antragstellerseitigen Beschwerden sind aber nunmehr sämtlich Antragsteller, also auch die, die bis dato nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt waren, zu Anschlussbeschwerdegegnern und damit formell zu Verfahrensbeteiligten geworden (BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 12 Rn. 15 m.w.N.; KK/Wilske, SpruchG, 3. Aufl. § 12 Rn. 43) und eine Änderung des Ausgangsbeschlusses zum Nachteil sämtlicher Antragsteller ist nunmehr möglich (vgl. Hüffer/Koch/Koch, 14. Aufl. , SpruchG, § 12 Rn. 6). Daher muss sämtlichen Antragstellern, auch den bis zur Anschließung durch die Antragsgegnerin nicht beteiligten, die Möglichkeit gegeben werden, sich ihrerseits gegen diesen neuen Angriff zu verteidigen.
Soweit in der Literatur konkret bei Spruchverfahren die Anschließung an eine unselbstständige Anschlussbeschwerde unter Verweis auf eine Entscheidung des BayObLG abgelehnt wird (so BeckOGK/Drescher, a.a.O. § 12 Rn. 14; KK/Wilske, a.a.O. Rn. 26), überzeugt dies nicht. In seinem Beschluss vom 11.09.2011 – 3Z BR 101/99, BayObLGZ 2001, 258 hat das BayObLG ausgeführt, dass insofern die gleichen Grundsätze gälten wie im Zivilprozess. Ein Bedürfnis für eine andere Handhabung bestünde bei Spruchverfahren nicht. In dem Zivilverfahren, auf das in der Entscheidung verwiesen wird (BGH, Urt. v. 27.10.1983 – VII ZR 41/83, NJW 1984, 437), lag jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation vor, in der zwischen den Beteiligten durchgängig Personenidentität bestand, in der sich also von Anfang an dieselben Beschwerde-/Berufungsführer und Beschwerde-/Berufungsgegner gegenüberstanden. Insofern hatte der BGH zutreffend ausgeführt, dass es der Berufungsführer, der aus eigenem Entschluss das Rechtsmittel führe, selbst in der Hand habe, den Umfang des Rechtsmittelangriffs zu bestimmen. Daher bedürfe es an dieser Stelle keines Ausgleichs seiner Verfahrensposition. Dies ist jedoch mit der vorliegenden Situation, in der erst durch die unselbstständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin die übrigen Antragsteller zu Beteiligten des Beschwerdeverfahrens geworden sind, nicht vergleichbar. Zur Wahrung der Chancengleichheit ist deren Anschließung an die unselbstständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin vorliegend statthaft.
2. Die Beschwerden und Anschlussbeschwerden der Antragsteller sind darüber hinaus in Bezug auf den jährlichen Ausgleich auch begründet. Dieser ist auf € 1,04 brutto je Aktie zu erhöhen. Im Übrigen sind sie, ebenso wie die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin, unbegründet.
a) Die Barabfindung wurde mit € 18,27 je Aktie zutreffend festgesetzt.
aa) Gemäß Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i.V.m. § 305 Abs. 1 AktG muss ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag eine angemessene Abfindung enthalten, wobei in der vorliegenden Konstellation gemäß Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i.V.m. § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG ein Wahlrecht zwischen der Gewährung von Aktien der Antragsgegnerin oder der Gewährung einer Barabfindung besteht. Die hier gewählte Barabfindung muss gemäß Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i.V.m. § 305 Abs. 3 S. 2 AktG die Verhältnisse der Gesellschaft in Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) ist die Angemessenheit der Abfindung nur dann zu bejahen, wenn ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre gewährt wird. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff., Rn. 23, BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/20, ZIP 2020, 2230 Rn. 19).
(1) Als Untergrenze für die Bestimmung des Unternehmens- bzw. Anteilswerts kann dabei jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften auf den Börsenkurs zurückgegriffen werden, so wie dies hier vorliegend auch geschehen ist. Eine geringere Abfindung würde der Dispositionsfreiheit über das Eigentum und damit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung tragen; die Aktionäre dürfen nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, NJW 1999, 3769 ff.; BVerfG, Beschl v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff.). Dies setzt jedoch voraus, dass der Aktionär zu dem jeweiligen Kurs auch tatsächlich hätte desinvestieren können, also dass keine Marktenge vorlag und eine ausreichende Markttiefe bestand, was sich grundsätzlich an den Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG beurteilen lässt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17; ZIP 2018, 122 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.03.2014 – 21 W 15/11, AG 2014, 822 ff.). Insofern kann auf die Ausführungen der sachverständigen Prüferin verwiesen werden, die bestätigt hat, dass die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG nicht vorgelegen hätten und der Börsenkurs daher als Desinvestitionswert als Untergrenze herangezogen werden müsse (vgl. Prüfbericht S. 47 f.). Auch seitens der Beteiligten wird dies nicht in Frage gestellt.
Ob eine marktorientierte Bewertung anhand des Börsenwertes darüber hinaus nicht nur als Untergrenze, sondern ggf. für sich genommen für die Festsetzung der Barabfindung ausreichen kann, ohne dass es des Rückgriffs auf eine mittelbare Bestimmung anhand einer Unternehmensbewertung bedarf, muss jedenfalls an dieser Stelle nicht entschieden werden. Der BGH hat zwar ausdrücklich klargestellt, dass das alleinige Abstellen auf den Börsenwert durchaus ausreichend sein könne, denn auch bei der zum Schutz der Minderheitsaktionäre gebotenen Berücksichtigung des Börsenwertes werde der Wert seines Anteils nicht unabhängig vom Unternehmenswert ermittelt. Schließlich beruhe die Berücksichtigung des Börsenwertes auf der Annahme, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewerten und sich diese Marktbewertung im Börsenkurs niederschlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, DStR 2016, 974 ff.; so auch OLG Frankfurt a.M., Beschluss. v. 03.09.2010 – 5 W 57/09, AG 2010, 751 ff.; LG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2019 – 31 O 25/13 KfH, NZG 2019, 1300; MüKoAktG/van Rossum, 5. Aufl. , AktG § 305 Rn. 94 ff.; kritisch Ruthardt/Popp, AG 2020, 240 ff.).
Bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche alleinige Anknüpfung an den Börsenwert tatsächlich möglich sein kann, insbesondere wann von einer ausreichenden Informationseffizienz des Kapitalmarktes gesprochen werden kann (vgl. ausführlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht Ruthardt/Popp, AG 2020, 240, 244 f.). Die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG eignen sich hierzu nur bedingt, sie geben Auskunft darüber, ob es dem außenstehenden Aktionär tatsächlich möglich gewesen wäre, seine Aktien schnell, sicher und ohne Abschläge zu verkaufen (vgl. IDW, WPH Edition, Bewertung und Transaktionsberatung, Kap. C Rn. 47 ff.), nicht aber, ob der Börsenkurs als Ergebnis einer effektiven Informationsbewertung tatsächlich den fundamentalen Unternehmenswert widerspiegelt, was wiederum nur der Fall ist, wenn die Aktie hinreichend liquide ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff.).
Ohne an dieser Stelle abschließend darüber zu entscheiden, welche Kriterien mit welchen Grenzwerten im Einzelnen erfüllt sein müssen, um von einer hinreichenden Liquidität auszugehen, ist diese vorliegend – wie dies regelmäßig bei beherrschten bzw. konzernierten Unternehmen, also Kandidaten für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder ein Squeeze-Out der Fall ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.208 – 26 W 20/14, AG 2019, 739, Rn. 94; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., Rn. 97) – unzweifelhaft zu verneinen. Insofern kann auf die Ausführungen der Prüferin zur mangelnden Belastbarkeit des unternehmenseigenen Betas verwiesen werden (vgl. Prüfbericht S. 43 f.). Die Prüferin hat ausführlich dargelegt, dass sich die Entwicklung des Aktienkurses der P. durch die geplante Übernahme deutlich vom allgemeinen Marktgeschehen abgekoppelt habe und dass dementsprechend von einer hinreichenden Liquidität (bzw. einer ausreichenden Informationseffizienz des Kapitalmarktes) nicht ausgegangen werden könne. Weder kann daher bei der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse das unternehmenseigene Beta (siehe dazu unten), noch kann aus denselben Gründen der Börsenkurs als alleiniger Maßstab für die Beurteilung der angemessenen Barabfindung herangezogen werden.
(2) Nach welcher Methode der „wahre“ Wert der Beteiligung sodann ermittelt werden muss, schreibt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor. Auch das einfache Recht kennt entsprechende Vorgaben nicht. Das Gericht ist vielmehr gehalten, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Lediglich bei der sich daran anschließenden Frage, ob die vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode den o.g. gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht, handelt es sich um eine Rechtsfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 12; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NJW-RR 2016, 610 ff., Rn. 14, BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/20, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 13, 20). Entscheidend ist demnach allein, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft bzw. Betriebswirtschaftslehre grundsätzlich anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist und im konkreten Fall auch fachgerecht und methodensauber umgesetzt wurde (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.06.2013 – 20 W 6/10, NZG 2013, 897; OLG Düsseldorf Beschluss vom 28.10.2019 – 26 W 3/17, AG 2020, 254, Rn. 54; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 305 AktG Rn. 82; Steinle/Liebert/Katzenstein, Münchener Handbuch d. GesR, 6. Aufl. § 34 Rn. 132).
Soweit beschwerdeseits eine „bestmögliche“ Schätzung gefordert wird, ist im Lichte dieses Maßstabs darauf hinzuweisen, dass das Gericht gehalten ist, den „wahren“, „vollen“ Wert der Beteiligung und damit eine angemessene Abfindungshöhe im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei hat es sorgfältig zu prüfen, ob die gewählte Bewertungsmethode tatsächlich allgemein anerkannt, in der Praxis gebräuchlich, für den konkreten Bewertungszweck geeignet und vorliegend auch lege artis angewandt wurde, nicht aber nach dem Meistbegünstigungsprinzip die Bewertungsmethode oder innerhalb einer Bewertungsmethode die Berechnungsweisen anzusetzen, die für die Antragsteller die größtmögliche Kompensation ergeben, etwa um auf diese Weise auszugleichen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel eher einen niedrigere als eine höhere Abfindungs- bzw. Ausgleichszahlung anbietet. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine angemessene, der Beteiligung am wirklichen Unternehmenswert entsprechende Kompensationsleistung, nicht aber auf eine möglichst hohe Abfindungs- oder Ausgleichszahlung (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 38). Wenn jede rechnerische Zwischengröße in diesem Sinne zu Gunsten der Aktionäre bestimmt werden würde, käme es im Ergebnis zu einer derartigen Kumulation von Günstigkeitsentscheidungen, dass der „wirkliche“ Wert sicherlich nicht mehr abgebildet werden würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, NZG 2011, 869 ff., Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE), DStR 2016, 2809 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, ZIP 2012, 124 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, BeckRS 2011, 24586).
Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht nur prüfen darf, ob die von der Gesellschaft bzw. der Bewerterin vorgenommene Bewertung vertretbar bzw. plausibel ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11, AG 2012, 513 ff.; OLG Stuttgart, a.a.O.). Auch der BGH hat jüngst nochmals auf den im Vergleich zu den Überprüfungsmöglichkeiten betreffend die Auswahlentscheidung der B… zum Eigenkapitalzinssatz zur Bestimmung der Erlösobergrenze für die Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze weitergehenden tatrichterlichen Überprüfungsmaßstab in Spruchverfahren hingewiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2020 – EnVR 34/18, BeckRS 2020, 5191, Rn. 19 ff.). Während dort die Auswahlentscheidung der B… betreffend das Bewertungsverfahren nur unter engen Voraussetzungen angegriffen werden kann (BGH, a.a.O., Rn. 6 ff.), ist das Gericht in Spruchverfahren grundsätzlich an die vom Abfindungspflichtigen bei der Festlegung der Abfindung zu Grunde gelegte Methode (bzw. Einzelne Parameter dieser Methode) nicht gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, BGHZ 207, 114 ff., Rn. 34). Es hat nach dem oben Gesagten vielmehr eine eigene Schätzung vorzunehmen, die dem „wahren“, „wirklichen“ Wert der Beteiligung möglichst nahe kommen soll. In diesem Kontext kann nach dem Verständnis des Senats durchaus von einer „bestmöglichen“ Schätzung, verstanden als Schätzung anhand derjenigen Methode bzw. derjenigen Parameter innerhalb einer Methode, die die größte Annäherung an den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert verspricht, ausgegangen werden.
(3) Soweit der BGH in einer aktuellen Entscheidung ausdrücklich davon spricht, dass jede Wertermittlung nicht auf ihre Richtigkeit, sondern lediglich auf ihre „Vertretbarkeit“ hin überprüft werden können (BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/2020, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 20), bedeutet dies keinesfalls, dass jedwede Berechnungsweise, die „von einem bestimmten Standpunkt aus für berechtigt und gut gehalten werden kann“, der richterlichen Schätzung zugrunde gelegt werden kann. Durch die Formulierung wird lediglich verdeutlicht, dass es einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens bzw. der Beteiligung hieran – unabhängig von der zugrunde gelegten Bewertungsmethode und deren Berechnungsgrundlagen – nicht geben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, NZG 2016, 139 ff., Rn. 36; Senat, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 86). Jede (unmittelbare oder mittelbare) Wertermittlung ist mit zahlreichen Prognosen, Schätzungen und methodischen Einzelentscheidungen verbunden, die nicht auf ihre absolute Richtigkeit, sondern nur auf ihre „Vertretbarkeit“ gerichtlich überprüfbar sind. Keine Bewertungsmethode kann den Wert der Beteiligung mathematisch exakt berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – II ZB 6/2020, ZIP 2020, 2230 ff. Rn. 20). Es muss dementsprechend eine Bandbreite von Werten als „wahrer“, „wirklicher“ Wert der Beteiligung angesehen werden und eine höhere Kompensationsleistung kann erst dann angenommen werden, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist (vgl. hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.; siehe dazu auch unten), was jedoch nicht bedeutet, dass das Gericht nicht gehalten wäre, diejenige Berechnungsweise zugrunde zu legen, die dem „wahren“, „wirklichen“ Wert am nächsten kommt.
(4) Der Senat erachtet vorliegend in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts die angewandte Ertragswertmethode, bei welcher im Rahmen einer Prognoseentscheidung die zukünftigen Erträge der Gesellschaft ermittelt und sodann mit einem Kapitalisierungszinssatz abgezinst werden, als eine für seine eigene Schätzung des Unternehmenswertes grundsätzlich geeignete Methode.
Das Ertragswertverfahren beruht auf der Überlegung, dass sich der Wert eines Unternehmens in erster Linie danach bestimmt, welche Erträge es in Zukunft erwirtschaften kann. Bei der Bewertung des Unternehmens ist daher primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen- und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Nach dieser Methode werden somit die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Verfügt das Unternehmen neben dem betriebsnotwendigen Vermögen über nicht betriebsnotwendiges (neutrales) Vermögen, so ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe daraus bildet den Unternehmenswert (vgl. Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung 8. Aufl. Rn. 300, 1178; Franken/Schulte/Dörschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S. 4).
Die Ertragswertmethode ist in Literatur und Praxis allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenngleich ihre Anwendung nach dem oben Gesagten nicht zwingend geboten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10, BB 2011, 1518 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, NZG 2016, 461 ff., Rn. 21; BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, a.a.O. Rn. 33 ff. OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2018, 753 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 4/17 (AktE), ZIP 2019, 370 ff.; Großfeld, a.a.O., Rn. 301). Anhaltspunkte dafür, dass sie im konkreten Fall nicht geeignet ist, den wahren Wert des Unternehmens abzubilden, bestehen vorliegend nicht und werden seitens der Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen. Soweit dies jedenfalls in Bezug auf die Annahme einzelner Bewertungsparameter (insb. Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne und Höhe der Marktrisikoprämie) in Zweifel gezogen wird, wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
bb) Unter diesen Voraussetzungen sind die vom Landgericht für die Ertragswertermittlung angesetzten Jahresüberschüsse und Nettoeinnahmen und die diesen Zahlen zugrunde liegenden Planannahmen nicht zu korrigieren, wobei sich das Beschwerdegericht in seiner Beschwerdeentscheidung auf die Darlegung und Würdigung der von den Beschwerdeführern konkret erhobenen Einwendungen beschränken kann (vgl. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff.; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 12 Rn. 17). Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
Aus Klarstellungsgründen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Landgericht im Rahmen der Darstellung der Nettoeinnahmen auf S. 52/53 seines Beschlusses versehentlich auf das Zahlenwerk vor Änderung der Kapitalisierungsparameter zurückgegriffen hat, letztlich ist es bei seiner Schätzung aber von den zutreffenden Zahlen ausgegangen (vgl. Beschluss S. 78). Es handelt sich insofern um einen schlichten Übertragungsfehler. Auch die Prüferin hat auf Nachfrage des Senats nochmals bestätigt, dass eine Änderung der Planungsrechnung durch das Landgericht nicht erfolgt ist (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 04.04.2019, S. 2).
Es ist von folgenden Zahlen auszugehen:
Plan
Plan
Plan
Plan
Plan
Plan
ER
Werte in TEUR
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020 ff.
Jahresüberschuss nach Minderheiten
7.373
7.151
7.592
8.383
9.104
10.241
10.381
Thesaurierung
5.161
5.005
5.314
5.868
6.373
7.169
645
Wertbeitrag aus Wertsteigerungen
0
0
0
0
0
0
6.622
Effektive Ertragsteuer auf Wertsteigerungen
0
0
0
0
0
0
1.185
Wertbeitrag aus Ausschüttung
2.212
2.145
2.278
2.515
2.731
3.072
3.114
Ertragsteuer auf Ausschüttung
583
566
601
663
720
810
821
Ausschüttungsquote
30,0%
30,0%
30,0%
30,0%
30,0%
30,0%
30,0%
Nettoeinnahmen
1.629
1.579
1.677
1.852
2.011
2.262
7.729
Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung der Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheits- und Gegenwartsanalyse vorzunehmen ist (vgl. Fleischer/Hüttmann/Böcking/Nowak, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. Rn. 4.7 f.; KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 14; Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. Annex zu § 11, Rn. 24). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Planung in erster Linie Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und damit nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar ist, ob sie auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen beruht, mithin plausibel und auch nicht widersprüchlich ist. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere (für die Antragsteller günstigere) – letztlich aber ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, NZG 2012, 1035 ff., Rn. 30; Senat, Beschluss vom 14.07.2009 – 31 Wx 121/06, WM 2009, 1848 Rn. 12 und Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff.; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 8 Rn. 6; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 121; KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 17). Insofern beschränkt sich die Prüfung des Gerichts in der Tat auf eine bloße Plausibilitätskontrolle.
Hieran gemessen sind vorliegend Korrekturen an den Planannahmen nicht veranlasst.
(1) Zunächst kann entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Antragsteller nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der vorliegenden Planung um eine rein anlassbezogene Planung zum Zwecke der Unternehmensbewertung handelt, bei welcher im Gegensatz zur ursprünglichen Planung Planannahmen derart verändert wurden, dass sich ein geringerer Unternehmenswert und damit eine geringere Kompensationsleistung ergibt. In diesem Zusammenhang ist weder von einer mangelnden Planungstreue, noch von einer (mittelbaren) Einflussnahme durch die Antragsgegnerin auszugehen.
Die Vertragsprüferin hat in Übereinstimmung mit den schriftlichen Ausführungen der Bewerterin (Anlage AG 2, S. 30) in ihrer mündlichen Anhörung (Protokoll S. 10/11, Bl. 270/271 d.A.) dazu ausgeführt, dass die Gesellschaft grundsätzlich über eine Fünf-Jahres-Planung verfüge, die aus dem Jahr 2011 stamme (P5), wobei es sich jedoch nicht um eine vollintegrierte Planung handele und sie nicht alle Daten, die für eine Unternehmensbewertung notwendig seien, enthalte. Vielmehr finde auf Basis dieser Grundlage eine jährliche Aktualisierung und Vervollständigung statt. Dabei erstelle die P. grundsätzlich zum Ende des dritten Quartals ein Budget für das Folgejahr. Aufgrund des beabsichtigten Abschlusses des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages sei das Budget für 2014 auf Basis neuester Erkenntnisse aktualisiert und um eine Mittelfristplanung für die Jahre 2015 – 2019 erweitert worden. Die der hiesigen Unternehmensbewertung zugrunde liegende Planung sei im Mai/Juni 2018 erstellt und vom Verwaltungsrat der P. verabschiedet worden.
Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Insofern kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden (Beschluss S. 31 ff., Bl. 393 d.A.). Die Unternehmensbewertung muss stichtagsbezogen erfolgen. Nur durch Aktualisierungen können jüngste Entwicklungen in die Bewertung einfließen und nur auf diese Weise kann der „wahre“, „wirkliche“ Wert des Unternehmens abgebildet werden, wobei etwaige anlassbezogene Planaktualisierungen in der Tat kritisch hinterfragt und auf ihre Planungstreue im Vergleich zu ursprünglichen Planung überprüft werden müssen. Allein der Umstand, dass die Planung anlässlich einer geplanten Strukturmaßnahme aktualisiert wird, führt jedoch nicht dazu, dass es sich um eine unzulässige Sonderplanung handelt, die in der Tat nur bedingt durch unternehmerische Planungsfreiheit gedeckt wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.05.2016 – 12 aW 2/15, GWR 2016, 318 ff.; Simon/Leverkus, SpruchG , Anh. § 11, Rn. 76).
Die Vertragsprüfer haben in diesem Zusammenhang ausführlich erläutert, dass grundsätzlich von einer hohen Planungstreue auszugehen sei, die im weiteren Zeitverlauf abnehme (Protokoll S. 10/11, Bl. 270/271 d.A.; ergänzende Stellungnahme vom 21.03.2016 S. 2). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Planung immer um eine Prognoseentscheidung handelt, die mit Unsicherheiten behaftet ist. Abweichungen (nach oben oder nach unten) liegen vor allem in der ferneren Zukunft in der Natur der Sache und deuten nicht automatisch auf eine bewusst zu pessimistische Planung hin. Konkrete Anhaltspunkte haben sich diesbezüglich während des gesamten Prüfverfahrens nicht ergeben, vielmehr hat sich die Tendenz zu leichten Überschätzungen gezeigt. Die Planung hat sich regelmäßig als zu optimistisch erwiesen (vgl. Prüfbericht S. 26).
Lediglich in Bezug auf das EBIT und die EBIT-Marge lagen zum Teil größere Unterschätzungen vor. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass dies zum einen nur in Bezug auf die bereinigten Werte gilt und zum anderen im Wesentlichen auf grundsätzlich nachvollziehbare Kosteneinsparungen im Bereich Operating Expense zurückzuführen ist. Diese sind als Reaktion darauf erfolgt, dass aufgrund geringerer Umsätze absehbar war, dass die Planung nicht vollständig erreicht werden wird. Insofern fügt sich dies ohne weiteres in das Bild der tendenziellen Überschätzung ein (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 21.03.2016, S. 2).
Dabei bedarf die Frage, warum die Gesellschaft dann nicht dauerhaft die Kosten niedrig halte, wenn auf diese Weise die Marge verbessert werden könne, keiner Entscheidung. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass unternehmerische Entscheidungen der Gesellschaft – in den oben genannten Grenzen – sowohl seitens außenstehender Aktionäre als auch vom Gericht grundsätzlich hinzunehmen sind. Es obliegt dem Unternehmen selbst darüber zu entscheiden, ob es z.B. unbesetzte Planstellen trotz geringerer Umsätze mit Blick auf etwaige Ertragschancen in der Zukunft dennoch sofort wieder besetzen möchte oder aus Gründen der Kosteneinsparung dies zunächst nicht tut. Insofern gehen auch die Ausführungen dazu, dass es angeblich keine Veranlassung zur Kosteneinsparung gegeben habe, ins Leere. Die Planung ist in diesem Punkt plausibel. Widersprüche oder unrealistische Annahmen können nicht erkannt werden.
Auch innerhalb der Planungsrechnung ist kein Widerspruch zwischen dem Anstieg der Umsatzerlöse einerseits und dem Rückgang der EBIT-Marge anderseits ersichtlich. Schließlich muss eine Gesamtschau aus Umsatz, Kosten und Ergebnis vorgenommen werden. Die Prüferin hat die den jeweiligen Zahlen zugrunde liegenden Annahmen kritisch hinterfragt und sie insgesamt als plausibel eingestuft. Unter anderem hat sie darauf hingewiesen, dass eigene Vertriebsaktivitäten aufgebaut werden sollen, aufgrund der aktuellen Wettbewerbssituation mit Preisreduzierungen zu rechnen ist und Forschungs- und Entwicklungskosten weiter ansteigen werden, um bestehende Produkte konkurrenzfähig weiterentwickeln zu können. All diese Erwägungen sind nachvollziehbar und führen trotz steigender Umsatzerlöse vereinzelt zu leicht rückläufigen Margen. Mangelnde Plausibilität ist auch an dieser Stelle nicht erkennbar.
Der in diesem Zusammenhang geforderten Vorlage der Planung P5 ist nicht nachzukommen. Wie bereits ausgeführt, handelt sich hierbei lediglich um die aus dem Jahr 2011 stammende Planungsgrundlage, aufgrund derer weitere jährliche Planungen erfolgten. Im Prüfbericht sind die wesentlichen Grundlagen dieser Planung(en) dargestellt. Es ist nicht ersichtlich und auch beschwerdeseits nicht konkret dargelegt, welcher Mehrwert durch die Vorlage der Planung P5 erreicht werden sollte. Die auf den vollständig dargelegten Planannahmen beruhenden Planzahlen sind durchweg plausibel. Etwaige Widersprüche, Lücken oder ähnliches bestehen nicht.
(2) Dies gilt auch in Bezug auf die angenommenen Synergieeffekte. Auch hier sind keine Korrekturen durch den Senat veranlasst.
Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass angesichts des geltenden Stand-Alone-Grundsatzes nur solche Synergien berücksichtigt werden können, die sich auch ohne die Strukturmaßnahme ebenso mit anderen Kooperationspartnern hätten realisiert werden können, nicht jedoch solche, die sich erst durch die Strukturmaßnahme selbst ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.1998 – II ZB 5/97, NJW 1998, 1866 ff; MüKo/van Rossum, a.a.O. § 305 Rn. 170 ff.; krit. Großfeld, a.a.O., Rn. 386 ff.; Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O. § 305 Rn. 70a, 71; siehe zu den konkret hier berücksichtigungsfähigen unechten Synergien Prüfbericht S. 33 f.).
Wie das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 01.09.2016 zutreffend festgestellt hat, verbietet sich aus diesem Grund eine Berücksichtigung der Veräußerung des Geschäftsbereichs „Vertrieb“. Die Vertriebsintegration geschah gerade im Rahmen der Strukturmaßnahme, was auch beschwerdeseits nochmals ausdrücklich klargestellt wurde. Es handelt sich damit um einen echten Synergieeffekt, der nach dem oben Gesagten nicht berücksichtigungsfähig ist. Insofern erübrigt sich auch die in diesem Zusammenhang begehrte Vorlage der Wertgutachten für die veräußerten Geschäftsbereiche.
(3) Auch bezüglich der im Terminal Value getroffenen Annahmen bedarf es keiner Korrektur.
(a) Dabei kann zunächst die (pauschale) Rüge, dass die Planung des nachhaltigen Ergebnisses mit dem in der Vergangenheit gezeigten Ergebniswachstum völlig unvereinbar sei, nicht durchgreifen. Es ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich, an welcher Stelle die Planung im Terminal Value unplausibel oder widersprüchlich sein soll.
Dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis zwischen Umsatzerlösen und EBIT-Marge, das bereits in den Planjahren von mehreren beschwerdeführenden Antragstellern im Ergebnis erfolglos hinterfragt wurde. Insofern wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen verwiesen. Im Übrigen wurden – entgegen der beschwerdeseits erhobenen Rüge – die EBIT-Marge des letzten Planjahres (die im Vergleich zu den vorherigen Planjahren wieder leicht angestiegen ist) fortgeschrieben (vgl. Prüfbericht S. 37), wie dies regelmäßig bei der Überleitung von den Planjahren zur ewigen Rente geschieht (vgl. Dreier/Fritzsche/Verfürth/Dreier, a.a.O., Annex § 11 Rn. 24; Peemöller/Kunowski, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 7. Aufl. S. 368; Fleischer/Hüttmann/Franken/Schulte, a.a.O. § 5 Rn. 53 f.; Großfeld, a.a.O. Rn. 522) und auch im konkreten Fall nicht zu beanstanden ist.
(b) Der Ansatz einer effektiven Ertragssteuer in Höhe von 13,875% auf inflationsbedingte Wertbeiträge und Wertbeiträge aus Thesaurierung in der ewigen Rente in Höhe von insgesamt T€ 1.185 ist entgegen der im Rahmen der Anschlussbeschwerde der Antragsteller 29) und 39) erhobenen Rüge ebenfalls nicht zu beanstanden.
(aa) Die Einwendung ist zunächst nicht nach §§ 9, 10 SpruchG präkludiert. Auch ohne an dieser Stelle abschließend darüber zu entscheiden, ob es sich hierbei um einen Tatsachen- oder Rechtsvortrag handelt (reine Rechtsausführungen können grundsätzlich während des gesamten Verfahrens erfolgen, vgl. Hüffer/Koch, a.a.O. § 9 Rn. 3; Böttcher/Habighorst/Schulte/Jaspers, a.a.O. § 9 Rn. 5; Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O. § 9 Rn. 3b; a.A. MüKoAkt/Kubis, a.a.O. § 9 Rn. 3), fehlt es jedenfalls an einer Verzögerung des Verfahrens. Es gilt der absolute Verzögerungsbegriff des § 296 ZPO. Danach kommt es ausschließlich darauf an, ob der Rechtsstreit bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung (vgl. BeckOGK/Drescher, a.a.O. § 10 Rn. 4; Dreier/Fritzsche/Verfürth/Schulenburg, a.a.O. § 10 Rn. 19; Heidel/Krenek, a.a.O. § 10 Rn. 5). Vorliegend war das Verfahren zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieser Bewertungsrüge jedoch ohnehin noch nicht entscheidungsreif. Der Senat hat der sachverständigen Prüferin im Rahmen seines Hinweis- und Aufklärungsbeschlusses vom 24.10.2019 mehrere ergänzende Fragen gestellt und in diesem Zusammenhang unter anderem auch um eine gutachterliche Stellungnahme zu der Problematik der Kursgewinnbesteuerung gebeten. Eine Verzögerung ist durch die Einbeziehung dieser Bewertungsrüge daher nicht eingetreten. Im Übrigen wäre auch ein Verschulden hinsichtlich einer (hier nicht vorliegenden) Verzögerung jedenfalls zweifelhaft. Schließlich beruht die hier zur Rede stehende Bewertungsrüge im Wesentlichen auf der neueren Rechtsprechung des LG München I, die sich erst im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens herausgebildet hat.
(bb) Soweit im landgerichtlichen Beschluss (dort S. 53) zunächst sowohl in Bezug auf die Höhe der Ertragssteuer, als auch in Bezug auf die Nettoeinnahmen andere Zahlen genannt wurden, handelt es sich um einen schlichten Übertragungsfehler (s.o.). Die Prüferin hat auf Nachfrage des Senats nochmals erläutert, dass eine Änderung der Planungsrechnung und des zugrunde liegenden Zahlengerüsts nicht erfolgt sei (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 04.04.2019, S. 3).
Die Verringerung der Nettoeinnahmen von ursprünglich T€ 7.759 auf T€ 7.729 in der ewigen Rente basiert ausschließlich auf Änderungen im Kapitalisierungszinssatz. Auch diesen Zusammenhang hat die Prüferin nochmals ausführlich erläutert (vgl. ergänzenden Stellungnahme vom 04.04.2019, S. 1 ff. u. v. 08.05.2020, S. 1 ff.). Dabei ist kein Widerspruch darin erkennbar, dass sich aufgrund eines niedrigeren Basiszinssatzes und einer reduzierten Marktrisikoprämie, die sich grundsätzlich werterhöhend auswirken, die Nettoeinnahmen in der ewigen Rente verringern. Aufgrund der geänderten Annahmen im Kapitalisierungszinssatz steigt der Barwert der ewigen Rente und damit auch der dortige inflationsbedingte Kursgewinn, der sich aus dem Barwert der ewigen Rente multipliziert mit dem Wachstumsabschlag ergibt. Da auch diesbezüglich eine effektive Veräußerungsgewinnbesteuerung zu berücksichtigen ist (siehe dazu sogleich), steigt auch dieser Posten an (von T€ 1.156 auf T€ 1.185). Ebendiese – erhöhte – Summe steht sodann für Ausschüttungszwecke nicht mehr zur Verfügung, weswegen sich dieser Posten reduziert. Letztlich wird dieser Effekt jedoch durch den reduzierten Kapitalisierungszinssatz überkompensiert, weswegen sich insgesamt ein höherer Ertragswert ergibt.
(cc) Entgegen der Ausführungen der Beschwerdeführer wurden die Kursgewinne auch tatsächlich einem effektiven Steuersatz von 13,875% (hälftige Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag), wie er in der Praxis allgemein anerkannt ist (vgl. Peemöller/Popp, a.a.O. S. 1436 m.w.N.; Fleischer/Hüttmann/Jonas/Wieland-Blöse, a.a.O. § 17 Rn. 43) und im Grundsatz nach auch hier nicht in Frage gestellt wird und keinem erhöhten Satz von 17,46% unterworfen. Die Rüge übersieht, dass die im Bewertungskalkül angegebenen Wertbeiträge aus Wertsteigerungen gerade nicht die inflationsbedingten Wertsteigerungen, die über den Wachstumsabschlag abgebildet werden (siehe dazu auch unten), enthalten. Diese müssen als Hilfsüberlegung hinzugerechnet werden (vgl. Senatsbeschluss in dieser Sache v. 24.10.2019, S. 9, Bl. 722 d.A. u. ergänzende Stellungnahme v. 08.05.2020, S. 5 f., Bl. 739 f. d.A.). Bei einem Barwert der ewigen Rente von T€ 189.249 und einem Wachstumsabschlag von 1,25% errechnen sich inflationsbedingte Wertsteigerungen in Höhe von T€ 2.366 und damit Wertsteigerungen von insgesamt T€ 8.988. Hiervon 13,1875% ergeben die angegebene effektive Steuerlast in Höhe von T€ 1.185.
(dd) Diese Vorgehensweise ist entgegen der erhobenen Rügen auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Berücksichtigung einer effektiven Ertragssteuer auch auf inflationsbedingte Wertsteigerungen ist nicht nur vertretbar, sondern führt nach Auffassung des Senats zu einer besseren Annäherung and den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert, als dies bei Außerachtlassung der Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen der Fall wäre (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2020 – 21 W 121/15, BeckRS 2020, 29903; a.A. LG München I, Beschluss vom 29.08.2018 – 5 HK O 16585/15 (Sky; nicht rechtskräftig, anhängig beim Senat unter 31 Wx 2/19) u. Beschluss vom 16.04.2019 – 5 HK O 14963/17 (Creaton; rechtskräftig); so auch LG Dortmund, Beschluss vom 26.08.2019 – 20 O 4/12; allesamt nicht veröffentlicht). Sie ist daher der vorliegenden Bewertung zugrunde zu legen.
Die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen ist in der Wirtschaftsliteratur grundsätzlich anerkannt (vgl. Ruthardt/Popp, AG 2019, 196 ff.; WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, a.a.O. Rn. A 454; Peemöller/Popp, a.a.O. S. 1438; Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2010, S. 356 ff.; Laas, WPg 2020 S. 1 ff.; Popp, Der Konzern 2019, 149 ff.). Entgegenstehende obergerichtliche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex liegt – soweit ersichtlich – nicht vor. Den Beschwerdeführern ist zwar darin zuzustimmen, dass die Unternehmensbewertungspraxis insofern uneinheitlich vorgeht und insbesondere in der Vergangenheit tendenziell keine Berücksichtigung erfolgt ist, doch kann hieraus nicht gefolgert werden, dass die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerung nicht sachgerecht sei – zumal eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Für und Wider der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne hier regelmäßig nicht stattgefunden hat. Wie jede andere Wissenschaft auch, entwickelt sich die Wirtschaftswissenschaft ständig weiter. Neue Ansätze werden diskutiert, etabliert und ggf. wieder verworfen. Ebenso kann nicht argumentiert werden, dass die Kursgewinnbesteuerung (bewusst) nicht zum IDW-Standard gemacht worden sei. Es handelt sich beim IDW S1 um Grundsätze der Unternehmensbewertung, die lediglich allgemeine Leitlinien aufstellen und keine Detailfrage klären. Der Wortlaut des IDW S. 1 i.d.F. 2008, der allgemein „sachgerechte Annahmen“ zu den Ertragssteuern fordert, lässt die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen jedenfalls ohne Weiteres zu.
Sie basiert im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass der Teil des Unternehmenswertes, der auf laufenden operativen Gewinnen beruht, den Anteilseignern über eine fiktive Vollausschüttung zugerechnet wird. Der Unternehmenswert steigt in der Phase der ewigen Rente aber nicht nur durch diese laufenden operativen Gewinne, sondern auch inflationsbedingt. Auch diese Wertsteigerung steht grundsätzlich dem Anteilseigner zu, sie ist aber konsequenterweise wie die Dividende in der Detailplanungsphase und die thesaurierungsbedingten Wertsteigerungen in der ewigen Rente um die persönlichen Steuern zu kürzen. Soweit Steuern abfließen, kann dieser Teil des Unternehmenswertes schließlich nicht dem Anteilseigner (fiktiv) als Nettozufluss zugerechnet werden.
Die vom Landgericht München I und mittlerweile auch vom LG Dortmund in neueren Verfahren vertretene Gegenansicht beruht im Kern auf den Ausführungen der dortigen Sachverständigen bzw. der sachverständigen Prüfer. Wie auch das OLG Frankfurt zutreffend festgestellt hat, hat Prof. Dr. J. als sachverständiger Prüfer im „S.“ Verfahren dort jedoch explizit darauf hingewiesen, dass er die andere Meinung ausdrücklich nicht als falsch erachte und seinen Ansatz – wiederum soweit ersichtlich – auch bislang nicht anderweitig publiziert. Im I.-Gutachten im Verfahren „L.“ heißt es zwar deutlicher, dass die Berücksichtigung weder sachgerecht noch vertretbar sei, es ist jedoch keine wissenschaftliche Fachliteratur bekannt, die die Berücksichtigung tatsächlich als falsch widerlegt.
Im Wesentlichen werden gegen den Ansatz einer inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung dabei die folgenden Argumente ins Feld geführt, die jedoch bei näherer Betrachtung allesamt nicht überzeugen.
Zunächst geht es um die Frage der Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner im Bewertungskalkül. Die sachverständige Prüferin hat in ihrer letzten ergänzenden Stellungnahme jedoch nachvollziehbar dargestellt, warum dieses Argument fehl geht und im Gegenteil erst durch die Berücksichtigung der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne das sog. Steuerparadoxon vermieden wird. Die Marktrisikoprämie (Nenner) wird aus nominellen, empirisch am Markt beobachtbaren Aktienrenditen abgeleitet. In diesen Renditen sind sämtliche Wachstumsaspekte enthalten, sie enthalten nicht nur das reale, sondern eben auch das inflationsbedingte Wachstum. Wird der Vorsteuernun in einen Nachsteuerwert umgerechnet, werden implizit auch die inflationsbedingten Kursveränderungen hiervon erfasst (vgl. Peemöller/Popp, a.a.O.; nicht anderes ergibt sich aus dem beschwerdeseits zitierten Beitrag von Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.). Diese implizite Berücksichtigung hat hingegen nichts mit impliziten Marktrisikoprämien zu tun. Auch der Senat geht vom pluralistischen Ansatz des FAUB, der im wesentlichen auf eine ex-post Betrachtung aufbaut aus (siehe dazu unten). An der Tatsache, dass bei der Marktrisikoprämie implizit auch inflationsbedingtes Wachstum berücksichtigt wird, ändert dies nicht. Wenn aber im Nenner (implizit) die Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen berücksichtigt wird, muss dies konsequenterweise auch im Zähler bei den finanziellen Überschüssen passieren. Der Ansatz führt folglich nicht zu einer Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner und hilft diese zu beseitigen.
Es kann darüber hinaus auch kein Widerspruch zwischen der grundsätzlichen Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens einerseits und der Besteuerung von Kursgewinnen, die tatsächlich nur bei Veräußerung realisiert werden können, andererseits erkannt werden. Es handelt sich hierbei – wie im Übrigen auch bei der Annahme einer fiktiven Vollausschüttung des operativen Wachstums oder einer fiktiven unmittelbaren Zurechnung einer fiktiven kapitalwertneutralen Reinvestition (vgl hierzu ausführlich Fleischer/Hüttemann/ Popp/Ruthardt, a.a.O. § 12 Rn. 56 ff.) – um eine bewertungstheoretische Annahme. Ohne diese Annahmen würden dem Anteilseigner wesentliche Teile der Unternehmenswertsteigerung vorenthalten werden.
Soweit gegen die Berücksichtigung angeführt wird, das „Tschöpel/Wiese/Willershausen“-Modell, auf das der Ansatz zurückzuführen ist, bilde den echten Bewertungsfall nicht zutreffend ab, da sich die steuerliche Belastung in Zähler und Nenner regelmäßig nicht einfach herauskürzen lasse, mag dies zutreffend sein, doch verdeutlicht eben dieser Umstand umso mehr, wie wichtig sachgerechte Annahmen zu den Ertragssteuern – im Zähler und Nenner – sind.
Nach alledem schließt sich der Senat den Ausführungen der sachverständigen Prüferin an, wonach die Berücksichtigung der inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung zu einem mathematisch „richtigerem“ Wert führt und damit eine bessere Annäherung an den „wirklichen“, „wahren“ Unternehmenswert verspricht. Dies geht über die bloße Vertretbarkeit ihres Ansatzes, verstanden als von irgendeinem Standpunkt (noch) berechtigt, deutlich hinaus. Die Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne ist daher der vorzunehmenden (in diesem Sinne „bestmöglichen“) Schätzung wie dargelegt zugrunde zu legen.
cc) Auch die Rügen der Beschwerdeführer gegen die Diskontierung dieser finanziellen Überschüsse bleiben erfolglos. Der vom Landgericht herangezogene Kapitalisierungszinsatz ist zur Schätzung des Unternehmenswerts geeignet.
(1) Zunächst wurde der Basiszinssatz unter Berücksichtigung der Aktualitätserklärung zutreffend auf 2,25% vor Steuern bzw. 1,66% nach Steuern festgesetzt.
(a) Als Basiszinssatz ist der aus Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Ermittlung eines Durchschnittswertes, hergeleitet aus einer Zinsstrukturkurve auf Basis der Svensson-Methode ist eine anerkannte und vom Senat sowie von anderen Obergerichten in ständiger Rechtsprechung für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (vgl. Senat, Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13 m.w.N., NJW-RR 2014, 473 ff. u. Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx, 415/16, AG 2019, 357 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2016 – I-26 W 25/12, Rn. 67 nach beck-online; Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 305 Rn. 67, 67a; Hölters/Deilmann, 3. Aufl. AktG, § 305 Rn. 62).
Die Durchschnittsbildung dient dem Ausgleich zufällig auftretender Zinsschwankungen sowie etwaiger Berechnungs- und Rundungsfehler und ist auch vor dem Hintergrund des Stichtagsprinzips grundsätzlich nicht zu beanstanden, auch wenn hierdurch etwaige Zinsentwicklungen erst mit Zeitverzögerung bzw. schwächer erfasst werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, AG 2015, 504 ff.; kritisch Peemöller/Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, a.a.O., S. 383). Vor diesem Hintergrund ist es hinzunehmen, dass der tagesaktuelle Zinssatz unter Umständen (deutlich) geringer oder höher ist, als der über einen längeren Zeitraum ermittelte Durchschnittswert.
(b) Auch die anschließende (Ab-)Rundung des Drei-Monats-Durchschnittswertes auf 1/4-Prozentpunkte (bzw. auf 1/10-Prozentpunkte bei einem Prozentsatz von unter 1,00) entspricht den aktuellen IDW-Empfehlungen (vgl. IDW, WP Handbuch 2014, Bd. II Rn. A 356 m.w.N. zur methodischen Begründung) und ist in der Rechtsprechung aus Praktikabilitätsgründen und zur Vermeidung von Scheingenauigkeiten allgemein anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, LSK 2015, 320164; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2012 – I-26 W 8/10 (AktE), NZG 2012, 1260). Auch der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass eine solche Rundung – die sich im Übrigen wie im vorliegenden Fall auch zu Gunsten der Antragsteller auswirken kann und dementsprechend in diesem Verfahren vom Grundsatz her nicht in Frage gestellt wird – nicht zu beanstanden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff. u. zuletzt Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, BeckRS 2020, 3428).
(2) Die vom Landgericht auf 5,0% (nach persönlichen Steuern) festgesetzte Marktrisikoprämie ist für den konkreten Stichtag ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Marktrisikoprämie von 5,0% (nach persönlichen Steuern) bildet – auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 12.05.2020 – 31 Wx 361/18, DB 2020, 1232 – für den vorliegenden Stichtag des 14.08.2014 das allgemeine Marktrisiko besser ab als eine solche von 5,5%, wie sie von der Bewerterin und der Abfindungsprüferin zugrunde gelegt wurde. Insofern hat das Landgericht im Rahmen seiner Schätzung des Unternehmenswertes die Marktrisikoprämie zutreffend abgesenkt.
Die Frage nach der Höhe der Marktrisikoprämie in Zeiten der Niedrigzinsen ist ein in Wirtschaftsliteratur und -praxis höchst umstrittenes Problem. Dieses kann auch im Rahmen eines Spruchverfahrens keiner endgültigen Klärung zugeführt werden, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts in Spruchverfahren, wirtschaftswissenschaftlich umstrittene Fragen der Unternehmensbewertung zu klären (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, AG 2019, 887 ff. und Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.2013 – 20 W 3/13, AG 2014, 208 Rn. 133; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71; Katzenstein, AG 2018, 739, 741).
Weiter hat der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es vor diesem Hintergrund methodisch nicht zu beanstanden ist, sich im Rahmen des § 287 ZPO an den Empfehlungen des FAUB des IDW als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2018 – 26 W 4/16, AG 2018, 679 ff., Rn. 40 ff.; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, AG 2017, 790 ff., Rn. 71), auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 45; BGH, Beschluss vom 09.07.2019 – EnVR 41/18, BeckRS 2019, 16439, Rn. 55 f.), innerhalb der Bandbreite aber wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge zurückhaltend zu bleiben (vgl. jüngst 31 Wx 340/17 – Beschluss vom 06.08.2019, AG 2019, 887 ff.), wobei diese Zurückhaltung insbesondere Stichtage betraf, die in zeitlicher Nähe zur Empfehlungsanpassung des FAUB vom 19.09.2012 lagen bzw. bei denen noch von einem vergleichsweise hohen Basiszinsniveau auszugehen war (vgl. z.B. Senat Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, AG 2019, 357 ff.; Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff. u. Beschl v. 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 ff.).
So hatte der FAUB für Stichtage ab dem 01.01.2009 zunächst eine Bandbreite der Marktrisikoprämie (nach persönlichen Steuern) von 4,0 bis 5,0% empfohlen. Die Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt ist sodann mit Empfehlung vom 19.09.2012 erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Erhöhung war die anhaltende Niedrigzinsphase (der Basiszinssatz belief sich zu dem Zeitpunkt auf rund 2,25%). Noch am 10.01.2012 hatte sich der FAUB lediglich für eine Orientierung am oberen Rand der ursprünglichen Bandbreite ausgesprochen. Für eine Anhebung habe zu diesem Zeitpunkt (der Basiszinssatz belief sich damals bereits auf lediglich rund 2,75%) noch keine Veranlassung bestanden. In den Ergebnisberichten über die Sitzungen der Folgejahre empfahl der FAUB sodann bis in das Jahr 2018 hinein – trotz weiterhin stetig sinkender Basiszinsen – jeweils keine weitere Anhebung, sondern ggf. wiederum eine Orientierung am oberen Rand der aktuellen Bandbreite (vgl. Fleischer/Hüttemann/Franken/Schulte, a.a.O. § 6 Rn. 65; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150).
Erst in seiner Sitzung am 22.10.2019 hat der FAUB eine Anhebung der Obergrenze auf 6,5% (nach Steuern) empfohlen. Die Untergrenze der Bandbreite beläuft sich nach wie vor auf einen Nachsteuerwert von 5,0% (vgl. IDW Aktuell, Neue Kapitalkostenempfehlung des FAUB vom 25.10.2019). Dabei hat der FAUB ausgeführt, dass aufgrund der derzeitigen Entwicklung betreffend den risikofreien Zinssatz, der sich derzeit bei 0,00% belaufe und in absehbarer Zeit drohe, sogar negativ zu werden (wie dies tatsächlich mittlerweile auch geschehen ist), eine neuerliche Anpassung erforderlich gewesen sei. Die Gesamtrenditeerwartung sei zwar tatsächlich bereits in den Jahren 2012/2013 leicht gesunken, der Rückgang stehe jedoch in keinem Verhältnis zu dem Rückgang der Renditen deutscher Staatsanleihen. Ausgehend von einer aktuellen Gesamtrenditeerwartung von 7,0 – 9,0% vor Steuern (rund 5,62 – 7,22% nach Steuern) sei die Marktrisikoprämie auf 6 – 8% (vor Steuern), also einen Nachsteuerwert von 5% – 6,5% anzuheben. Damit liege die Empfehlung zwar eher am unteren Rand der aktuell beobachtbaren Gesamtrenditeerwartung, hierdurch solle jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gesamtrenditen zukünftig weiter nachgeben könnten (vgl. IDW Aktuell a.a.O.).
Zu dem Fazit einer leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung ist der FAUB unter Anwendung verschiedenster Methoden, insbesondere unter Berücksichtigung von historisch gemessenen Aktienrenditen, langfristig realen Aktienrenditen, ex-ante Analysen mittels implizierter Kapitalkosten und aktuellen Beobachtungen gekommen, wie dies im Übrigen jedenfalls zu Plausibilisierungszwecken auch bereits im Rahmen der Empfehlung vom 19.09.2012 geschehen ist (vgl. Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 305 Rn. 150; insofern ist auch kein Widerspruch zu der Aussage der sachverständigen Prüferin zur Herleitung der Marktrisikoprämie erkennbar).
Auch wenn an dieser Stelle sowohl von Antragsteller als auch von Antragsgegnerseite weitere Studien, Gutachten und sonstige mündliche oder schriftliche Ausführungen etwaiger Vertreter der Wissenschaft und Praxis, wie z.B. des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder das Frontier Economic Gutachten, angeführt werden, die auf niedrigere oder höhere Marktrisikoprämien bzw. Gesamtrenditen hindeuten würden, ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft eine zweifelsfreie Klärung dieser Problematik nicht möglich, zumal viele der genannten Quellen andere Zeiträume oder nur Teilaspekte der Problematik beleuchten. Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass verschiedene Ansätze, von denen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft keiner absolut überlegen ist, zu verschiedenen Ergebnissen kommen, erscheint es vorzugswürdig, auf der Linie des FAUBs mehrere Methoden nebeneinander anzuwenden.
Vor diesem Hintergrund vermag auch ein Vergleich mit der Regelung des § 203 Abs. 1 BewG, dessen vereinfachtes Ertragswertverfahren ohnehin nicht mit der vorliegenden Bewertungsmethode vergleichbar ist und bei der zwischen den Beteiligten bereits streitig ist, welche Schlüsse aus den unterschiedlichen Fassungen dieser Norm zu ziehen sind, zu keinen weitergehenden Erkenntnissen führen.
Anders als im jüngst vom Senat entschiedenen Verfahren mit einem Stichtag Ende März 2016 und einem Basiszinsniveau von lediglich noch 1,25% (vor Steuern), in welchem der Annahme einer lediglich leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung durch die moderate Anhebung der Marktrisikoprämie Rechnung getragen wurde, fügt sich das hiesige Verfahren mit einem Stichtag im August 2014 und einem Basiszinssatz von 2,25% vor Steuern jedoch ohne weiteres in die bisherige Linie des Senats ein. Angesichts des vergleichsweise noch hohen Basiszinsniveaus erscheint die bisher geübte Zurückhaltung innerhalb der (aktuellen) Bandbreitenempfehlung durchaus angemessen. Die vom Landgericht vorgenommene Reduzierung der Marktrisikoprämie von 5,5% auf 5,0% war daher in dieser Fallkonstellation nicht zu korrigieren.
(3) Der unverschuldete Betafaktor von 0,9 bzw. die verschuldeten Betafaktoren von 0,89 – 0,74 bedürfen ebenfalls keiner Korrektur.
(a) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Betafaktor aus einer Peer Group ermittelt wurde, weil für ein unternehmenseigenes Beta die Aktie der P. keine ausreichende Liquidität aufwies. Insofern kann wie bereits bei der Frage einer rein marktorientierten Bewertung auf die Ausführungen der Prüferin (Prüfbericht S. 47 f.) verwiesen werden.
Soweit dennoch die Verwendung eines unternehmenseigenen verschuldeten Betafaktors von 0,77 (vgl. gutachtliche Stellungnahme S. 55) gefordert wird, sind sachliche Gründe für eine Anknüpfung hieran trotz unzureichender Liquidität nicht ersichtlich. Im Übrigen hat die Prüferin darauf hingewiesen, dass das unternehmenseigene Raw-Beta der P. deutlich höher war, als der zugrunde gelegte Faktor von 0,9, was eine Erhöhung des Kapitalisierungszinssatzes und damit einen niedrigeren Ertragswert zur Folge gehabt hätte (vgl. Prüfbericht S. 43 f.).
Soweit auch in Bezug auf die Betas der Peer Group Unternehmen eine Anknüpfung an die Raw-Betas gefordert wurde, entspricht dies der alternativen Vorgehensweise der Prüferin (vgl. Prüfbericht S. 44 f.). Danach liegt der unverschuldete Beta-Faktor ebenfalls bei 0,9. Eine abschließende Entscheidung über den richtigen Anknüpfungspunkt erübrigt sich daher an dieser Stelle.
(b) Die Prüferin hat im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme im Beschwerdeverfahren auch nochmals erläutert, warum die Reduzierung des Basiszinssatzes und der Marktrisikoprämie zum Teil leicht gestiegene Verschuldungsgrade zur Folge haben (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 08.05.2020, S. 2, Bl. 736), was in einer Gesamtschau jedoch immer noch zu einem niedrigeren Kapitalisierungszinssatz und damit zu einem höheren Unternehmenswert führt. Sie hat nachvollziehbar ausgeführt, dass sich durch den niedrigeren Kapitalisierungszinssatz ein höherer Unternehmenswert und im Verhältnis dazu eine geringere Netto-Finanzposition ergibt.
Den Antragstellern ist zwar darin zuzustimmen, dass sich die bilanziellen Positionen von Fremd- und Eigenkapital und damit der Quotient hieraus (Zähler) durch die geänderten Annahmen im Kapitalisierungszinssatz (Nenner) nicht geändert haben, doch kommt es hierauf für die Ermittlung des Verschuldensgrades grundsätzlich nicht an. Der Verschuldensgrad ergibt sich aus dem Verhältnis vom Marktwert des Fremdkapitals zum Marktwert des Eigenkapitals (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O. S. 213 f.; IDW S1 i.d.F. 2008 Rn. 133). Letzteres meint dabei gerade nicht die bilanzielle Position des Eigenkapitals, sondern entspricht dem sich aus der Unternehmensbewertung ergebenen Unternehmenswert (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O.; IDW S1 i.d.F. 2008 Rn. 135), der durch den gesunkenen Kapitalisierungszinssatz gestiegen ist. Dementsprechend ändert sich der Quotient, auch wenn sich keine absoluten Größen des Zählers ändern und es kommt zu einer Anpassung des Verschuldensgrades.
(4) Auch der durchgängig mit 1,25% in Ansatz gebrachte Wachstumsabschlag bedarf keiner Korrektur.
Zunächst ist diesbezüglich klarzustellen, dass der Wachstumsabschlag das nachhaltige Wachstum in der Phase der ewigen Rente ausdrückt, das – anders als in der Detailplanungsphase – nicht bereits bei der Prognose der finanziellen Überschüsse erfasst ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O. S. 313 ff.; Großfeld, a.a.O. Rn. 1091 ff.). Das künftige Wachstum ergibt sich grundsätzlich aus den Thesaurierungen und deren Wiederanlage, sowie organisch aus Preis-, Mengen- und Struktureffekten. In den Planjahren sind diese Wachstumspotentiale einschließlich des inflationsbedingten Wachstums in der Unternehmensplanung und somit in den finanziellen Überschüssen als nominale Größen abgebildet. Ein Wachstumsabschlag ist insofern nicht erforderlich. Im Rahmen der ewigen Rente scheidet eine Berücksichtigung des thesaurierungsbedingten Wachstums hingegen aus, da die thesaurierten Überschüsse fiktiv unmittelbar zugerechnet werden. Als im Wachstumsabschlag ausgewiesenes Wachstumspotential verbleibt damit nur die branchenübliche Preissteigerung. Addiert man als Hilfsüberlegung das thesaurierungsbedingte Wachstum (durchschnittliche Eigenkapitalrendite x Therausierungsquote) hinzu, errechnet sich ein Gesamtwachstum in der ewigen Rente von rund 5,12%, das deutlich oberhalb der Inflationsrate liegt (vgl. auch gutachterliche Stellungnahme S. 57, Anl. AG 2).
Vor diesem Hintergrund überzeugt der Einwand, das langfristige durchschnittliche Wachstum aller Unternehmen (verstanden als Wachstumsabschlag) müsse in etwa der langfristigen Inflationsrate entsprechen, liege aber tatsächlich in sämtlichen Spruchverfahren immer deutlich darunter, nicht. Auch die Schlussfolgerung, wenn sämtliche Unternehmen tatsächlich nicht in der Lage wären, allgemeine Preissteigerungen an ihre jeweiligen Kunden weiterzugeben, gäbe es naturgemäß keine Preissteigerungen und damit keine Inflation, ist somit nicht zutreffend. Zwar liegt in den meisten Spruchverfahren der festgesetzte Wachstumsabschlag tatsächlich (deutlich) unterhalb der Inflationsrate (im Schnitt zwischen 0,5% und 2,0%), doch wird hierdurch unter Berücksichtigung der Gesamtwachstumsrate nach dem oben Gesagten gerade keine (kurz- oder mittelfristige) Liquidation des Unternehmens zum Ausdruck gebracht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, Rn. 80 ff. nach beck-online; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 82 ff. nach beck-online; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.07.2014 – 20 W 3/12, Rn. 136 nach beck-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE) Rn. 59 ff. nach beck-online).
Der unterhalb der Inflationsrate liegende Wachstumsabschlag bringt lediglich zum Ausdruck, dass vorhandene Preissteigerungen nicht 1:1 auf die Endverbraucher abgewälzt werden können, nicht aber, dass das Wachstumspotential insgesamt hinter der zu erwartenden Inflation zurückbleiben und das Unternehmen damit realiter schrumpfen würde. Etwaige empirische Studien, die vermeintlich höhere Wachstumsraten belegen, beziehen sich auf ebendiese Gesamtwachstumsraten, nicht aber auf das im Wachstumsabschlag ausschließlich abgebildete preisbedingte Wachstum (vgl. Fleischer/Hüttmann/Popp/Ruthardt, a.a.O., § 12 Rn. 126, 135).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist auch kein Widerspruch zwischen dem angenommenen Wachstumsabschlag und der Marktrisikoprämie erkennbar. Es kommt hierdurch gerade nicht zum Ausdruck, dass Unternehmensbeteiligungen einerseits vermeintlich um ein vielfaches rentabler seien als Staatsanleihen, andererseits aber die Erträge derselben Unternehmen laufend realiter schrumpfen. Letzteres ist nach dem oben Gesagten nicht der Fall.
Im Übrigen gilt zu berücksichtigen, dass nicht auf die allgemeine Inflationsrate, sondern die jeweils branchenübliche Preissteigerung, die zum Teil ganz erheblich voneinander abweichen können, abzustellen ist. Dabei ist abhängig von der individuellen Situation des Unternehmens zu beurteilen, ob und in welcher Weise dieses die erwartete – nicht notwendigerweise mit der Inflation identische – Preissteigerung an die Kunden weitergeben kann. Insofern sind auch Vergleiche mit Wachstums- und Inflationsraten aus anderen Branchen wenig zielführend.
Die Vertragsprüferin hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar ausgeführt, dass und warum allenfalls von einer Überwälzbarkeit von 50% der branchenspezifischen Inflationsrate ausgegangen werden könne, was rechnerisch sogar zu einem geringeren Wachstumsabschlag führen würde (vgl. Protokoll S. 31, Bl. 291 d.A.).
dd) Auch die Sonderwerte hat das Landgericht zutreffend mit insgesamt T€ 1.233 ausgewiesen. Eine Korrektur durch den Senat ist nicht angezeigt.
Das Landgericht hat ausgeführt, dass hier lediglich die Immobilie in W. und die Verlustvorträge, nicht aber weitere sonstige nicht betriebsnotwendige Liquidität berücksichtigt werden konnten (Beschluss S. 78 ff., Bl. 440 d.A.). Dieser Problemkreis wurde bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ausführlich erörtert (Protokoll S. 31 f., 25 f., Bl. 291 f., 285 f. d.A.) und sodann in der ergänzenden Stellungnahme nochmals weitergehend erläutert (dort S. 6, 7). Es wurde nachvollziehbar anhand von Alternativberechnungen unter Berücksichtigung der Auswirkungen eines niedrigeren Cash-Bestands auf den verschuldeten Beta-Faktor dargelegt, dass etwaige Mehrausschüttungen bzw. Sonderdividenden im Ergebnis zu keinem höheren Ertragswert geführt hätten.
Soweit im Hinblick auf das Zahlenwerk vermeintliche Widersprüche bestanden, hat die Prüferin im Rahmen ihrer letzten ergänzenden Stellungnahme auf Nachfrage des Senats ausdrücklich klargestellt, dass der steuerliche Verlustvortrag unter Berücksichtigung des aktualisierten Basiszinssatzes und der durch das Landgericht reduzierten und vom Senat bestätigten Marktrisikoprämie mit T€ 1.130 und die Immobilie in W. unverändert mit T€ 103 anzusetzen waren, woraus sich die oben genannte Summe errechnet.
ee) Zuzüglich des genannten Ertragswerts von T€ 149.286 errechnet sich damit der bereits vom Landgericht genannte Unternehmenswert in Höhe von T€ 150.619.
Dieser Wert wird auch durch die mittels Multiplikatorenverfahren vorgenommene Kontrollrechnung bestätigt (vgl. Gutachten S. 65, Prüfbericht S. 19).
Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, dass ein Bedürfnis für detaillierte vergleichende Berechnungen des Unternehmenswertes mittels anderer Bewertungsverfahren grundsätzlich nicht besteht. Es gibt keine Umstände, die darauf hindeuten, dass das Ertragswertverfahren im konkreten Fall nicht geeignet wäre, den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert abzubilden. Auch seitens der Bewerterin und Vertragsprüferin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine stark vereinfachende Methode handelt, bei der die spezifischen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens keine Berücksichtigung finden. Das Verfahren dient lediglich der Plausibilisierung des mittels der Ertragswertmethode ermittelten Unternehmenswerts, zumal die Bewerterin hier sogar zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich der Ertragswert der P. (bereits vor Reduzierung des Basiszinssatzes und der Marktrisikoprämie) am oberen Rand der Bandbreite von Werten, die sich aus der Multiplikatorenbewertung ergeben, bewegt.
ff) Ausgehend von 8.244.914 bestehenden Aktien ergibt sich bei dem genannten Unternehmenswert der vom Landgericht festgesetzte Beteiligungswert von € 18,27 je Aktie. Eine Korrektur – nach oben oder unten – durch den Senat ist daher nicht angezeigt.
b) Diesem Unternehmens- bzw. Beteiligungswert entsprechend ist entgegen der landgerichtlichen Entscheidung auf die antragstellerseitigen (Anschluss-)Beschwerden der jährliche Ausgleich auf € 1,04 brutto je Aktie zu erhöhen. Entgegen der Ausführungen des Landgerichts findet die Bagatellrechtsprechung insofern keine Anwendung. Vielmehr ist die sich aus dem höheren Ertragswert ergebene höhere Ausgleichszahlung, die sich rechnerisch auf € 1,04 brutto (nicht € 1,06 brutto) beläuft, festzusetzen.
aa) Nach Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i.V.m. § 304 Abs. 1 S. 1 AktG muss ein Gewinnabführungsvertrag einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG bestimmt sodann weiter, dass als Ausgleichszahlung mindestens die jährliche Zahlung des Betrags zuzusichern ist, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte.
Bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs ist daher zunächst auf den zur Festsetzung der Abfindungshöhe ermittelten Ertragswert abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.07.2003 – II ZB 17/01, NJW 2003, 3272 ff.; Senat, Beschluss vom 17.07.2007 – 31 Wx 60/06, Rn. 52 nach juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, Rn. 486 ff. nach juris). Es kann insofern auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Ob darüber hinaus auch an dieser Stelle Erträge aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen zu berücksichtigen sind, ist umstritten, wird mittlerweile aber zunehmend bejaht (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.12.2014 – 21 W 34/12, AG 2015, 241 ff., Rn. 124 ff.; verneinend: Senat, Beschluss vom 31.03.2008 – 31 Wx 88/06, OLGReport München 2008, 450 ff., Rn. 56; KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 55; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 304 Rn. 91; Großfeld, a.a.O. Rn. 88). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ist ihre Berücksichtigung sachgerecht, denn wenn das nicht betriebsnotwendige Vermögen ebenfalls (z.B. wie vorliegend in Form von Mieteinnahmen und steuerlichen Verlustvorträgen) Erträge abwirft und damit zum künftigen Finanzergebnis beiträgt, das sodann wiederum maßgeblich für die Höhe der Dividende ist, muss es konsequenterweise auch bei der Bemessung der Ausgleichszahlung als Ersatz für die Dividende berücksichtigt werden.
bb) Anders als bei der Barabfindung, die den Wert der Beteiligung insgesamt widerspiegelt, ersetzt die Ausgleichszahlung jedoch nur die Dividende, wobei die jährliche Dividende im Unterschied zur Zahlung des hier festzusetzenden festen Ausgleichs unsicherer ist, da die Höhe der Dividende von der Entwicklung der Erträge abhängig ist und dementsprechend schwankt, die gleichbleibende Ausgleichszahlung jedoch vertraglich garantiert und durch eine Verlustübernahmeverpflichtung nach § 302 AktG sogar abgesichert ist. Dies muss sich bei der Verrentung in einem niedrigeren Zinssatz niederschlagen. Andernfalls würden die Aktionäre langfristig aufgrund des Gewinnabführungsvertrages besser gestellt werden als bei Erhalt der Dividende ohne diese Strukturmaßnahme.
Als Verrentungszinssatz wird daher regelmäßig ein Mischzinssatz aus risikofreiem Basiszinssatz und risikoadjustiertem Kapitalisierungszinssatz herangezogen, welcher dem geringeren Risiko des garantierten Ausgleichsbetrags gegenüber dem normalen Risiko einer unternehmerischen Beteiligung Rechnung trägt. Üblicherweise wird ein Mischzinssatz aus risikolosem Basiszinssatz zuzüglich hälftigem Risikozuschlag angesetzt (vgl. Senat, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, Rn. 144 nach beck-online u. Beschluss vom 17.07.2007 – 31 Wx 60/06, Rn. 52 nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.01.2016 – 21 W 70/15, Rn. 92 nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2015 – 21 W 26/13, Rn. 72 ff. nach juris; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.02.2010 – 5 W 52/09, Rn. 115 nach juris; vgl. auch – allerdings auch den Basiszinssatz halbierend: OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.11.2013 – 20 W 4/12, Rn. 130 nach juris; vgl. ferner Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 304 AktG Rn. 39; MüKoAktG/van Rossum, a.a.O., § 304 Rn. 79; Großfeld, a.a.O. Rn. 87).
Wenn, wie im vorliegenden Verfahren, variable verschuldete Betafaktoren und damit unterschiedliche Kapitalisierungszinssätze in den einzelnen Planjahren und der ewigen Rente vorliegen, muss hierzu zunächst ein konstanter Kapitalisierungszinssatz errechnet werden, indem iterativ ermittelt wird, bei welchem konstanten Kapitalisierungszinssatz sich der gleiche Unternehmenswert ergibt, der sich im Bewertungsmodell bei variablen Zinssätzen errechnet hat (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 04.04.2019 S. 7). Dieser beläuft sich vorliegend auf 5,43%, woraus sich wiederum ein Verrentungszinssatz von 3,54% errechnet ((5,43% + 1,66%) : 2).
Soweit beschwerdeseits gerügt wird, die Verrentung müsse mit dem vollen Kapitalisierungszinssatz erfolgen, überzeugt dieser Einwand nicht (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.05.2016 – I-26 W 2/15, AG 2017, 584, Rn. 78). Es kann kein Widerspruch darin erkannt werden, dass der Unternehmenswert zunächst anhand der Ertragswertmethode (also auch mittels vollem Risikozuschlag) ermittelt, dieser sodann aber nur mit einem geringeren Zinssatz verrentet wird. Es handelt sich dabei um zwei getrennt voneinander zu betrachtende Schritte. In einem ersten Schritt wird der Wert der Beteiligung ermittelt, dieser wird sodann in einem zweiten Schritt für die Festsetzung der Ausgleichszahlung durch Multiplikation mit dem Verrentungszinssatz in eine Annuität umgerechnet (vgl. IDW, WPH Edition, a.a.O., Kap. C Rn. 80)
cc) Ausgehend von dem genannten Unternehmenswert in Höhe von € 150.619 Mio. (also einschließlich des nicht betriebsnotwendigen Vermögens) ergibt dies bei 8.244.914 Aktien und einem Verrentungszinssatz von 3,54% allerdings entgegen der Darstellung des Landgerichts einen Brutto-Ausgleich in Höhe von abgerundet € 1,04 je Aktie und nicht von aufgerundet € 1,06 je Aktie, wie die nachfolgende Darstellung zeigt.
Unternehmenswert der P. zum 14.08.2014
€ 150.619.000,00
Ausgleichszahlung in Summe nach Steuern (Unternehmenswert multipliziert mit Verrentungsfaktor von 3,54%)
€ 5.331.912,60
Ausgleichszahlung je Aktie nach Steuern (Ausgleichszahlung in Summe nach Steuern dividiert durch Anzahl der Aktien (8.244.914)
€ 0,64669111 (ursprünglich aufgerundet auf € 0,65)
Zzgl. persönlicher Einkommenssteuer
In Höhe von 26,375%
(Ausgleichszahlung je Aktie multipliziert mit 26,375% dividiert durch 73,625%)
+ € 0,23166693 (ursprünglich aufgerundet auf € 0,24)
Ausgleichszahlung zzgl. persönlicher Einkommenssteuer
= € 0,87835805 (ursprünglich aufgerundet auf € 0,89)
Zzgl. Körperschaftssteuer u. Solidaritätszuschlag in Höhe von insg. 15,825%
(Ausgleichszahlung zzgl. persönlicher Einkommenssteuer multipliziert mit 15,825% dividiert durch 84,175%)
+ € 0,16513236 (ursprünglich aufgerundet auf 0,17)
Bruttoausgleichszahlung
= € 1,0434904 (ab-)gerundet auf € 1,04 (ursprünglich aufgerundet auf 1,06)
Der vom Landgericht zugrunde gelegten ursprünglichen Berechnungsweise kann nicht gefolgt werden.
Für derartige Rundungen von Zwischenergebnissen, z.T. entgegen mathematischer Grundsätze zu Gunsten der Antragsteller besteht keine Notwendigkeit. Vielmehr führen diese Rundungen dazu, dass der gefundene Wert sich weiter von dem Betrag, der den „wahren“ Wert der Beteiligung am ehesten entspricht entfernt und in diesem Sinne gerade keine „bestmögliche“ Schätzung mehr darstellt (s.o.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 30.07.2018 – 31 Wx 382/15, BeckRS 2018, 17374).
Zwingend notwendig ist sodann die Rundung des Endergebnisses. Dass es nunmehr zu einer Ab- und nicht zu einer Aufrundung kommt, ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zum Basiszinssatz verwiesen werden. Während sich dort die Rundung zu Gunsten der Aktionäre auswirkt, wirkt sie sich hier nachteilig aus.
c) Weder der durch das Landgericht ausgesprochenen und vom Senat bestätigten Erhöhung der Abfindung auf € 18,27 je Aktie noch der durch den Senat ausgesprochenen Erhöhung der Ausgleichszahlung auf € 1,04 steht die Rechtsprechung zur sog. Bagatellgrenze entgegen. Dies hat das Landgericht zwar in Bezug auf die Abfindung zutreffend festgestellt, in Bezug auf den Ausgleich teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts betreffend den gewählten Anknüpfungspunkt für die Beurteilung einer lediglich unerheblichen Abweichung jedoch nicht.
Weder nach Auffassung des Landgerichts noch nach Auffassung des Senats handelt es sich dabei um „Bagatellbeträge“, die den Aktionären vorenthalten und stattdessen bei der Antragsgegnerin verbleiben sollen. Dem Gericht ist durchaus bewusst, dass es sich absolut gesehen um ganz erhebliche Summen handelt. Der Ausdruck „Bagatell“- bzw. „Erheblichkeitsschwelle“ umschreibt vielmehr die Fallkonstellation, in denen im Vergleich zum ursprünglich ermittelten Unternehmenswert eine relativ geringfügige Abweichung vorliegt und beschäftigt sich mit der Frage, wie hiermit umzugehen ist.
aa) Der antragstellerseits zitierten BGH-Entscheidung II ZB 23/14 – Beschluss vom 29.09.2015 kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass eine solche Bagatellprüfung grundsätzlich nicht zulässig sei. Soweit der BGH dort ausführt, dass es auf eine prozentuale Grenze einer Veränderung von vornherein nicht ankomme, beziehen sich diese Ausführungen auf die Ablehnung der Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den Fall, dass der Wechsel von einer zur anderen Bewertungsmethode oder Berechnungsweise eine Abweichung von mehr als 10% ergebe. Dies ist mit der vorliegenden Fragestellung nicht vergleichbar. Der BGH stellt in dieser Entscheidung vielmehr nochmals klar, dass die Aktionäre keinen Anspruch auf eine möglichst hohe, sondern auf eine angemessene Abfindung hätten und dass es einen exakten, einzig richtigen Unternehmenswert nicht gebe (siehe dazu auch oben).
Auch aus der weiteren zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006 – 20 W 14/05, NZG 2007, 112 ff. kann die grundsätzliche Nichtanwendbarkeit einer Bagatellprüfung nicht hergeleitet werden. Dort wurde in der Tat eine um lediglich 1,7% höhere Barabfindung festgesetzt, die Entscheidung setzt sich mit einer etwaigen Bagatellgrenze inhaltlich aber nicht auseinander, im Übrigen dürfte eine etwaige Nichtanwendbarkeit der Bagatellrechtsprechung durch das OLG Stuttgart durch deren weitere Entscheidungen 20 W 3/09 – Beschluss vom 19.01.2011, AG 2011, 205 ff. und 20 W 9/08 – Beschluss vom 17.03.2010, AG 2010, 510 ff. überholt sein. Insofern kommt auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
bb) Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Bagatellprüfung ergibt dabei aus folgender Überlegung: Wenn jede noch so geringfügige Abweichung bei der Ertragswertermittlung zu einer Anpassung der Abfindung bzw. der Ausgleichszahlung führen würde, würde der oben dargestellte Grundsatz, dass es keinen exakten, einzig richtigen Unternehmenswert geben kann, ins Gegenteil verkehrt werden. Dass nur ein einziger Wert angemessen sein kann, ist jedoch weder mit der unternehmerischen Planungshoheit und der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit der Planannahmen sowie der Ungewissheit künftiger Entwicklungen, noch mit den sonstigen dargelegten Unsicherheiten im Rahmen der Kapitalisierung vereinbar. Auch wenn am Ende der durchgeführten Unternehmensbewertung zunächst ein „cent-genauer“ Betrag steht, darf hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich dabei tatsächlich um den mittels „exakter Wissenschaft“ berechneten einzig wahren Verkehrswert des Unternehmens handelt.
Wie bereits eingangs erläutert, dient die mit zahlreichen Unsicherheiten behaftete Ertragswertermittlung nur der Ermittlung eines Anknüpfungspunktes für die richterliche Schätzung des „wahren“, „wirklichen“ Wertes der Beteiligung. Solange die vorgenommene Bewertung nach ihrer Methodik und den zu Grunde liegenden Prämissen mit dem Bewertungsziel in Einklang steht und im konkreten Fall lege artis angewandt wurde, muss aufgrund der genannten Ungewissheiten eine gewisse Bandbreite von Werten als angemessen erachtet werden.
Bei dieser Bandbreite handelt es sich entgegen beschwerdeseits erhobener Rüge folglich gerade nicht um einen „Skonto“ oder einen sonstigen Abschlag auf den „wahren“ Wert der Beteiligung bzw. sodann der Abfindung oder des Ausgleichs. Vielmehr spiegeln sämtliche innerhalb eines bestimmten Rahmens liegende Werte, diesen „wahren“ Wert der Beteiligung wider (vgl. KK/Riegger/Gayk, a.a.O., Anh. § 11 Rn. 17).
cc) Aus dieser Herleitung der Bagatellgrenze ergibt sich sodann auch deren korrekter Anknüpfungspunkt. Dieser ist – unabhängig von der Frage, welche Kompensationsmaßnahme vorliegend überprüft wird – der (hier mittels Ertragswertverfahren) ermittelte Unternehmenswert und die sich in diesem Zusammenhang ergebene Abweichung zwischen dem zunächst durch die Gesellschaft festgesetzten Unternehmenswert und den sodann im Rahmen des Spruchverfahrens ermittelten Wert. Nur in diesem Verhältnis geht es um eine gewisse Bandbreite von Werten, die allesamt den „wahren“, „wirklichen“ Wert der Beteiligung widerspiegeln (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 – I-26 W 4/18, AG 2019, 840 ff. Rn. 75 ff.).
Diese Abweichung beläuft sich vorliegend auf 8,94%. Dabei ist entgegen antragstellerseitiger Darstellung nicht von dem zunächst im Rahmen der gutachtlichen Stellungnahme genannten Unternehmenswert in Höhe von T€ 133.72 bzw. € 16,22 je Aktie, sondern von dem im Rahmen der Aktualitätserklärung genannten Wert in Höhe von T€ 138.228 bzw. € 16,77 je Aktie auszugehen. Der nunmehr vom Landgericht ermittelte und durch den Senat bestätigte Unternehmenswert von T€ 150.619 bzw. € 18,27 je Aktie liegt 8,94% darüber.
Dass die Abfindung vorgerichtlich auf Basis des höheren Börsenkurses festgelegt wurde und die Abweichung hierzu „nur“ 7,28% beträgt, ist unerheblich. Auf diesen Wert kommt es nach dem oben Gesagten gerade nicht an (vgl. auch Senat, Beschluss vom 30.07.2018 – 31 Wx 122/16 u. Beschluss vom 14.05.2007 – 31 Wx 87/06, AG 2007, 701 ff. zum Erfordernis der Methodengleichheit).
Dementsprechend ist entgegen der Auffassung des Landgerichts aber auch nicht auf den Unterschied zwischen den zunächst festgesetzten und sodann im gerichtlichen Verfahren ermittelten Kompensationsleistungen abzustellen. Dass die prozentuale Abweichung in Bezug auf die Ausgleichszahlung bei (deutlich) unter fünf Prozent liegt (und nach der Berechnung des Senats sogar noch geringer ist, als vom Landgericht angenommen), ist irrelevant. Wie bereits dargestellt, leitet sich der festzusetzende Ausgleich aus dem (hier mittels Ertragswertverfahren hergeleiteten) Unternehmenswert her. Nur in diesem Verhältnis stellt sich die Frage nach der Unangemessenheit bzw. der Geringfügigkeit der Abweichung, denn nur insofern geht es um den „wahren“, „wirklichen“ Wert der Beteiligung, der nach dem oben Gesagten eine gewisse Bandbreite von Werten umfasst.
dd) Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich bei der genannten Abweichung von 8,94% noch um eine geringfügige Abweichung handelt.
Dabei besteht in Rechtsprechung und Literatur keine Einigkeit darüber, wo die Höchstgrenze zu ziehen ist (vgl. LG München I, Beschluss vom 27.06.2014 – 5HK O 7819/09; Beschluss vom 21.12.2015 – 5HK O 24402/13: Abweichung bis zu 5%; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2011 – 21 W 8/11, AG 2012, 330 Rn. 108 ff.: Abweichung bis zu 5%; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011 – 20 W 3/09, AG 2011, 205 Rn. 256 ff.: Abweichung von 6% und ggf. mehr unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 – I-26 W 4/18 (AktE): Abweichung von unter 5%; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024: Abweichung von bis zu 10%).
Der Senat hat diesbezüglich jüngst entschieden, dass es eine allgemeingültige Bagatellgrenze nicht gegeben könne. Gerade bei Bereichen, die – wie im vorliegenden Verfahren – deutlich oberhalb der 5% – Grenze liegen, ist aber eine sehr kritische Einzelfallprüfung erforderlich. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, kann es ggf. in einer Gesamtschau angemessen sein, die Grenze dennoch erst bei einer Größenordnung von bis zu 10% zu ziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 02.09.2019 – 31 Wx 358/16, GWR 2020, 29 ff.).
Derartige besondere Umstände vermag der Senat vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Auch die Beteiligten führen keinerlei Argumente an, die für eine derart weitreichende Bagatellgrenze sprechen könnten.
Einen Anhaltspunkt mag insofern der Börsenkurs liefern (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 – I-26 W 4/18, AG 2019, 840 ff. Rn. 78; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011 – 20 W 3/09, AG 2011, 205 ff.), wobei in Konstellationen, in denen nicht von einer hinreichenden Liquidität bzw. Belastbarkeit ausgegangen werden kann, Vorsicht geboten ist. Vorliegend lag der Durchschnittswert im Dreimonatszeitraum vom 18.11.2013 – 17.02.2014 bei € 17,03 je Aktie, die Abweichung war damit geringer, als die hier in Rede stehenden 8,94%. In der Folgezeit bis zum Stichtag ist der Aktienkurs sogar auf einen darüber hinausgehenden Betrag angestiegen.
Auch im Rahmen der vorliegenden Ertragswertermittlung kann nicht von einer derartigen Kumulation von für die Antragsteller günstige Annahmen und Parameter ausgegangen werden, dass hier eine vergleichsweise großzügige Bagatellgrenze vertreten werden könnte. Lediglich der Basiszinssatz wurde zugunsten der Antragsteller aufgerundet und beim Plan-Ist-Vergleich hat sich eine leichte Tendenz zu Überschätzungen gezeigt. Auf der anderen Seite hat es jedoch gerade beim EBIT und der EBIT-Marge auch Abweichungen in die andere Richtung gegeben (s.o.).
In einer Gesamtschau kann vorliegend daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Abweichung von knapp 9% noch unbeachtlich ist. Vielmehr ist die durch das Landgericht festgesetzte und vom Senat bestätigte Erhöhung des Unternehmenswerts als wesentlich anzusehen. Dies führt folglich zu einer Erhöhung der Abfindung und einer entsprechenden Erhöhung des Ausgleichs.
d) Die verfahrensbezogenen Rügen der Antragsteller greifen nicht durch. Weder das Landgericht noch der Senat hätten ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Rahmen des Beschwerdeverfahren bestand vorliegend kein Bedürfnis.
aa) Der Unternehmenswert konnte vorliegend allein mithilfe der Ausführungen der sachverständigen Prüferin geschätzt werden. Der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht.
Nach der gesetzlichen Konzeption des Spruchverfahrens kann zur Prüfung der Angemessenheit der festgelegten Kompensationsleistung (zunächst) auf ergänzende Stellungnahmen des Prüfers und auf seine mündliche Anhörung gem. § 7 Abs. 6 und § 8 Abs. 2 SpruchG zurückgegriffen werden; ein gerichtliches Sachverständigengutachten, welches allein aufgrund der Tatsache, dass sich ein gerichtlicher Sachverständiger von Grund auf neu in einen komplexen Sachverhalt einarbeiten müsste, zu einer deutlich längeren Verfahrensdauer und deutlich höheren Kosten führen würde, muss vor dem Hintergrund des in § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatzes nur dann eingeholt werden, wenn gleichwohl weiterer Aufklärungsbedarf besteht und weitere Klärung durch das Sachverständigengutachten zu erwarten ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 20.03.2019 – 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 ff. u. Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2014, 453, 454; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2012 – 21 W 14/11 Rn. 36 ff. nach juris m.w.N.; u. Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 40 nach juris; Dreier/Fritzsche/Verfürth a.a.O., § 7 Rn. 62 ff.; MüKoAktG/Kubis, a.a.O. § 8 SpruchG Rn. 5).
Letzteres ist hier nicht der Fall. Der ausführliche Bericht sachverständigen Prüferin und ihre umfangreichen mündlichen und schriftlichen Ausführungen zu den Fragen des Landgerichts und den weiteren ergänzenden Fragen des Senats bieten eine umfassende und ausreichende Grundlage für die gerichtliche Schätzung des Unternehmenswerts gem. § 287 Abs. 2 ZPO, ohne dass weiterer Aufklärungsbedarf angenommen werden müsste.
Die beschwerdeseits geäußerten Bedenken gegen den sachverständigen Prüfer, die durchaus auch in der Literatur geteilt werden, insbesondere die fehlende Unabhängigkeit, die Schwierigkeit, ein eigenes Gutachten zu überprüfen und ggf. zu korrigieren und der unterschiedliche Prüfungsmaßstab (vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 8 SpruchG Rn. 8), greifen bei näherer Betrachtung nicht durch (so auch BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 8 SpruchG Rn. 11).
So ist es zwar zutreffend, dass der sachverständige Prüfer gemäß § 293d AktG auf Vorschlag der Antragsgegnerin ohne Einflussmöglichkeit der Antragsteller bestellt wird. Es handelt sich aber dennoch um eine gerichtliche Bestellung eines neutralen Prüfers zum Schutze der Anteilsinhaber. Er hat seine Prüfung als Teil seiner Berufsausübung unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich durchzuführen und sich dabei unparteiisch zu verhalten, § 43 Abs. 1 S. WPO. Dabei haftet er bei etwaigen Pflichtverletzungen gemäß §§ 293 d Abs. 2 AktG, 323 HGB auch gegenüber den Aktionären. Insofern kann allein aufgrund dieser äußeren Rahmenbedingungen nicht von einer fehlenden Unabhängigkeit ausgegangen werden. Dass Folgemandate in der regelmäßig eher seitens der Antragsgegnerin als seitens der Antragsteller zu erwarten sind, gilt im Übrigen unabhängig davon, ob ein Wirtschaftsprüfer als sachverständiger Prüfer oder gerichtlich bestellter Sachverständiger tätig war.
Auch kann nicht von einem im Vergleich zu einem gerichtlich bestellten Sachverständigen grundlegend anderen Prüfungsmaßstab ausgegangen werden. Der sachverständige Prüfer plausibilisiert nicht lediglich den „vom Bewertungsdienstleister der Antragsgegnerin“ ermittelten Unternehmenswert ohne eigenständige (weitergehende) Ermittlungen anzustellen.
Dies ist bereits aufgrund der Tatsache, dass es sich regelmäßig um eine Parallelprüfung von Bewerter und Prüfer handelt, nicht möglich. Wie die Prüferin vorliegend selbst ausgeführt hat, hat sie die zur Unternehmensbewertung erforderlichen Dokumente selbst eingesehen und zahlreiche Gespräche mit der Antragsgegnerin geführt (vgl. Prüfbericht S. 9 f.). Sie hat die der Ermittlung der Barabfindung zugrunde liegende Bewertung hinsichtlich Angemessenheit der Methode, Vollständigkeit und inhaltlicher Prämissen beurteilt (vgl. Prüfbericht S. 11) und dabei immer wieder auch eigene, weitergehende Prüfungen angestellt. Allein aus dem Umstand, dass auch Besprechungen mit der Bewertungsgutachterin erfolgt sind, kann nicht geschlossen werden, dass die sachverständige Prüferin ihre eigene Prüfungskompetenz nicht wahrgenommen und entgegen ihren ausdrücklichen Erklärungen (vgl. Prüfbericht S. 55) keine eigenen Feststellungen zur Beurteilung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung bzw. Barabfindung getroffen hätte. Vielmehr dient diese Vorgehensweise im Sinne eines Austauschs und Diskussion unterschiedlicher Vorgehensweise gerade der Überprüfung der Angemessenheit.
Nach § 293b, e AktG hat der Prüfer die Angemessenheit (nicht die bloße Vertretbarkeit) von Barabfindung und Ausgleich als neutraler Prüfer sicherzustellen. Dementsprechend hat er in seinem Prüfbericht unter anderem anzugeben, aus welchen Gründen die Anwendung der gewählten Methode zur Ermittlung der Abfindung und des Ausgleichs angemessen ist, § 293e Abs. 1 Nr. 2 AktG, wozu eine kritische – eigenständige – Auseinandersetzung mit dem Ansatz der Prüferin, ggf. mit Alternativberechnungen erforderlich ist. So hat die Prüferin im vorliegenden Verfahren beispielsweise anhand umfangreicher Ausführungen dargestellt, dass es sich bei der Berücksichtigung inflationsbedingter Kursgewinnsteuern nicht nur um einen vertretbaren Ansatz der Bewerterin, sondern um den Ansatz, der zum „richtigeren“ Unternehmenswert führt, handelt.
Hieraus folgt zwar auch, dass der sachverständige Prüfer nicht ohne die Feststellung, dass die gewählte Methode unangemessen gewesen sei, in seinem Prüfbericht eine andere Art der Unternehmenswertermittlung wählen darf, hierauf haben die Antragsteller aber auch keinen Anspruch. Wie bereits dargelegt, ist die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Dieser kann zur Schätzung des Unternehmenswertes dabei wiederum – sofern die gewählte Methode dem gesetzlichen Bewertungsziel der Bestimmung des „wahren“ Wertes der Beteiligung entspricht – nach der gesetzlichen Konzeption des SpruchG auf die – vom Prüfer als angemessen bestätigten – Berechnungen der Gutachterin zurückgreifen.
Auch der weitere Kritikpunkt, der sachverständige Prüfer würde eigene Fehler nicht einräumen und dementsprechend sein eigenes Gutachten nicht unkritisch überprüfen können, vermag nicht zu überzeugen. Bereits der Gesetzgeber traut dem sachverständigen Prüfer zu, von einem einmal gefundenen Prüfergebnis abzuweichen, wenn sich dieses als nachträglich falsch herausstellen sollte (vgl. BT-Drucks. 15/371 vom 29.01.2003, S. 15). Dieser muss sich nach der Gesetzeskonzeption des § 8 Abs. 2 SpruchG den Fragen des Gerichts und der Beteiligten stellen. Das Landgericht hat hier unter dem Vorsitz eines mit Spruchverfahren ausgesprochen erfahrenen Richters umfangreiche und durchaus kritische Fragen gestellt. Soweit auf weitere Nachfragen des Senats Ausführungen ergänzt oder korrigiert werden mussten (so z.B. in Bezug auf die Bezifferung der Sonderwerte), hat die Prüferin dies anstandslos getan (vgl. ergänzende Stellungnahme v. 08.05.2020 S. 7, Bl. 741 d.A.). Im Übrigen würde sich eine vergleichbare Situation beim gerichtlich bestellten Sachverständigen stellen. Auch dieser erarbeitet regelmäßig zunächst ein schriftliches Gutachten, dessen Ergebnisse sodann durch die Beteiligten bzw. das Gericht kritisch hinterfragt und ggf. zu ergänzen oder korrigieren wären.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse aufgrund der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu erwarten wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sachverständiger Prüfer und ein etwaiger gerichtlich bestellter Sachverständiger auf dieselben Planungsunterlagen der Gesellschaft zurückgreifen. Keinem von beiden ist es erlaubt, etwaige plausible Planannahmen der Gesellschaft durch eigene Annahmen zu ersetzen. Auch muss grundsätzlich von einem vergleichbaren Fachwissen – das bei der hiesigen sachverständigen Prüferin nicht in Frage steht – ausgegangen werden. So würde beispielsweise auch ein weiterer Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftswissenschaftler, der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt würde, über keine weiteren empirisch belastbaren Daten zur Beurteilung der Frage der Marktrisikoprämie verfügen. Ein weiterer Erkenntnisgewinn wäre daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erwarten.
bb) Soweit beschwerdeseits vereinzelt beantragt wurde, die Beschwerden mündlich zu verhandeln, bestand auch hierfür kein Anlass. Nach § 17 Abs. 2 SpruchG i.V.m. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG kann das Beschwerdegericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O., § 12 SpruchG, Rn. 53; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. SpruchG, § 8 Rn. 2), was angesichts des Umfangs der mündlichen Verhandlung einschließlich der detaillierten Anhörung der Vertragsprüfer zu bejahen ist. Im Rahmen der Beschwerden wurden im Wesentlichen die bereits erstinstanzlich erhobenen Einwendungen wiederholt. Auch wenn die Frage der inflationsbedingter Kursgewinnbesteuerung vorliegend erstmals im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erörtert wurde, konnte dieser Komplex abschließend durch die ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen der Prüferin beantwortet werden. Rechtliches Gehör wurde insofern durch die Einräumung einer Stellungnahmefrist in ausreichendem Umfang gewährt. Weitere Erkenntnisse hätten durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gewonnen werden können.
III.
1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Es besteht kein Anlass, diese ausnahmsweise ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen, § 15 Abs. 1 SpruchG.
Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen. Dies entspricht in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs der Billigkeit, § 15 Abs. 2 SpruchG.
Bei den nicht beschwerdeführenden Antragstellern ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist. Bei den (anschluss-)beschwerdeführenden Antragstellern ist zwar darüber hinaus zu berücksichtigen, dass auch deren Beschwerden im Hinblick auf die Abfindung erfolglos geblieben sind, insofern hat der Senat jüngst erst entschieden, dass bei erfolglosen Anträgen grundsätzlich eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommt (vgl. Senat, Beschluss vom 11.03.2020 – 31 Wx 341/17, GWR 2020, 221), doch waren jedenfalls die (Anschluss-)Beschwerden in Bezug auf die Erhöhung der Ausgleichszahlung erfolgreich, während die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin insgesamt zurückgewiesen wurde. Dabei überzeugt auch der Einwand, dass es sich bei den zugesprochenen € 0,02 je Aktie nur um eine vergleichsweise geringfügige Erhöhung des Ausgleichs handelt, bereits angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Anschlussbeschwerde insgesamt unterlagen war, nicht. Insofern erübrigen sich weitere Ausführungen zu der Frage, ob eine vollständige Überbürdung tatsächlich erst ab einer Größenordnung von einer 15 – 20%igen Erhöhung angemessen ist (vgl. MüKoAktG/Kubis, a.a.O. § 15 Rn. 21 m.w.N.; kritisch dazu Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 15 Rn. 21).
2. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 74 S. 1 GNotKG. Danach war der Geschäftswert trotz der Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung betreffend die Abfindung und der durch den Senat ausgesprochenen Erhöhung des Ausgleichs entsprechend der landgerichtlichen Festsetzung auf € 2.221.601,36 festzusetzen.
Maßgebend ist danach auch in Konstellationen, in denen in der Beschwerdeinstanz keine weitere Erhöhung der Kompensation(en) erfolgt, der in der Erstentscheidung festgesetzte Unterschiedsbetrag zur angebotenen Kompensation (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.11.2018 – 26 W 12/18, NZG 2019, 749 ff. Rn. 1; Senat, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, WM 2019, 2262 ff.; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 15 Rn. 11). Soweit letztlich (im Vergleich zur ursprünglichen Festsetzung) Abfindung und Ausgleich erhöht wurden, ist nach zutreffender Auffassung allein auf den höheren Unterschiedsbetrag abzustellen (vgl. MüKoAktG/van Rossum, a.a.O. § 15 Rn. 6; Emmerich/Habersack/Emmerich, a.a.O., § 15 Rn. 10; a.A. Heidel/Weingärtner, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. SpruchG, § 15 Rn. 6; BeckOGK/Drescher, a.a.O., § 15 Rn. 7: Addition beider Geschäftswerte; KK/Rosskopf, a.a.O. § 15 Rn. 14: Aufschlag auf den für die Abfindung errechneten Betrag).
Der Unterschiedsbetrag zwischen angebotener und gerichtlich festgesetzter Kompensation – unabhängig davon, ob bereits in erster Instanz oder erst in zweiter Instanz – beläuft sich in Bezug auf die Abfindung auf € 1,24 je Aktie, woraus sich bei 1.791.614 betroffenen außenstehenden Aktien der genannte Betrag von € 2.221.601,36 errechnet. Hinsichtlich des Ausgleichs handelt es sich um einen deutlich geringeren Unterschiedsbetrag von lediglich € 0,02 je Aktie und damit einen Wert von € 35.832,28, der auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 52 Abs. 1, 3 S. 2 GNotKG (vgl. BeckOGK/Drescher a.a.O. § 15 Rn. 6), also bei Ansatz des zehnfachen Wertes immer noch deutlich unter dem Abfindungswert liegt.
Der auf diese Weise festzusetzende Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG auch als maßgeblicher Gegenstandswert für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters heranzuziehen.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.
Dies gilt namentlich insbesondere für die Frage der Bagatellgrenze. Es wurde bereits ausgeführt, dass die grundsätzliche Ablehnung einer solchen Grenze in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht erkannt werden kann, zumal die Frage, bis zu welcher Höhe noch von Geringfügigkeit gesprochen werden kann, nicht einheitlich beantwortet, sondern fallbezogen im Einzelfall entschieden werden muss.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode grundsätzlich keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Sie beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis und unterfällt damit dem Schätzermessen des Tatrichters (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, Rn. 12, 13 nach beck-online; BGH, Beschluss vom 03.03.2020 – EnVR 34/18, BeckRS 2020, 5191, Rn. 22: „weitergehende tatrichterliche Überprüfung“). Gleiches gilt (erst recht) für die Einzelheiten der gewählten Bewertungsmethode (so auch Fleischer, AG 2016, 185, 191), wie z.B. die Höhe der Marktrisikoprämie oder die Frage der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne, zumal sich der Senat hier der vorhandenen obergerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen hat.


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