Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges

Aktenzeichen  19 U 5879/19

Datum:
30.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 47596
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 357a Abs. 3 S. 1, § 361 Abs. 2 S. 1, § 492 Abs. 1, § 495

 

Leitsatz

1. Für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher muss sich hinreichend klar und eindeutig ergeben, dass er im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu zahlen hat. (Rn. 16) (red. LS Andy Schmidt)
2. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a., wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (ebenso BGH BeckRS 2018, 9330). (Rn. 38 – 39) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

40 O 5518/19 2019-09-24 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts … vom 24.09.2019, Aktenzeichen 40 O 5518/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts … ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 25.000,00 € festgesetzt.
6. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I.
Die Kläger verfolgen mit der Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten weiter.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts … vom 24.09.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, welche beantragen, das Urteil des Landgerichts … vom 24.09.2019 wie folgt abzuändern:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 26.995,79 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug – um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des PKW der Marke… nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren;
2. es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des PKW … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren in Verzug befindet;
3. die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsschutzversicherung der Kläger, … vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.524,14 zahlen;
4. die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 348,21 gegenüber seinen Prozessbevollmächtigen freizustellen.
5. die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 27.11.2019 (Bl.182/206 d.A.), auf die Bezug genommen wird, wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Dazu nahmen die Kläger mit Schriftsatz vom 20.12.2019 Stellung und hielten ihre Ansicht aufrecht, Verwirkung ihres Widerrufsrechts sei nicht eingetreten. Die Widerrufsinformation sei wegen der Information, der zu zahlende Zinsbetrag betrage 0,00 €, unrichtig. Die Beklagte sei durch das Einsetzen mehrerer verbundener Verträge vom gesetzlichen Muster abgewichen, so dass der Musterschutz nicht greife. Bei der Vereinbarung der Textform handele es sich um eine unzutreffende Pflichtangabe. Bei den sonstigen Kosten sei die Gebühr von 10,00 € für die Übersendung der Zulassungsbescheinigung Teil II, welche sich aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten vom 10.12.2019 ergebe, nicht angegeben. Nicht angeben sei, dass die Beklagte Darlehensvermittler gewesen sei. Die Auszahlungsbedingungen seien nicht zutreffend angegeben worden, eine Pflicht der Mitdarlehensnehmerin zur Leistung einer Anzahlung bestehe nicht. Das Darlehen hätte als Annuitätendarlehen mit entsprechender Erläuterung bezeichnet werden müssen.
Im Übrigen und ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts …, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts … für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 27.11.2019, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Diesem Hinweis vermögen die Kläger in ihrer ungegliederten Stellungnahme vom 20.12.2019 nichts Substantielles entgegensetzen, so dass es dabei sein Bewenden hat.
1. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, das Widerrufsrecht der Kläger sei im Zeitpunkt seiner Ausübung bereits verwirkt gewesen (vgl. Hinweis des Senats vom 27.11.2019, Ziffern 1 und 2). Soweit die Kläger in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2019 dem entgegenhalten möchten, der Senat sei der unrichtigen Ansicht, es komme nicht darauf an, dass die Beklagte einen unzumutbaren Nachteil erleide, missverstehen sie sichtlich die Ausführungen des Senats unter Ziffer 2.5. des Hinweises, auf die Bezug genommen wird. Dass sich die Beklagte darauf eingerichtet hat, die Kläger werden ihr Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen, stellen die Kläger nicht in Frage. Ob im September 2014 andere Darlehensnehmer widerrufen haben (KlSS vom 20.12.2019, Seite 2), ist irrelevant (vgl. Hinweis vom 27.11.2019, Ziffer 2.3.).
2. Widerrufsinformation
2.1. Die Widerrufsinformation ist nicht wegen der Information, der zu zahlende Zinsbetrag betrage 0,00 €, unrichtig. Ebensowenig liegt darin eine Abweichung vom gesetzlichen Muster. Die Kläger lassen insoweit das mittlerweile vollständig begründete Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.11.2019 sichtlich außer acht, welches auszugsweise lautet:
Nach Art. 247 § 6 Absatz 2 Satz 1 EGBGB muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben. Mit diesen Informationspflichten hat der nationale Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66; Berichtigungen ABl. L 207 vom 11. August 2009, S. 14, ABl. L 199 vom 31. Juli 2010, S. 40 und ABl. L 234 vom 10. September 2011, S. 46, nachfolgend: Verbraucherkreditrichtlinie) umgesetzt. Die Hinweispflichten beziehen sich auf die sich aus §§ 357 a Absatz 3 Satz 1 BGB ergebende Rechtsfolge, der Art. 14 Abs. 3 Buchst. b Verbraucherkreditrichtlinie zu Grunde liegt. Unter den „zu vergütenden Zinsen“, über die nach Art.247 § 6 Absatz 2 Satz 1 und 2 EGBGB unter zusätzlicher Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrags zu informieren ist, ist mithin der „vereinbarte Sollzins“ im Sinne des § § 357a Absatz 3 Satz 1 BGB zu verstehen.
Über diese Rechtslage hat die Beklagte klar und verständlich informiert. Die Gestaltung der Widerrufsinformation ermöglichte es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Februar 2016 – XI ZR 101/15, vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15 und vom 4. Juli 2017 – XI ZR 741/16; EuGH, Urteil vom 11. September 2019 – C143/18), abzusehen, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens Sollzinsen zu zahlen sind. Die diesbezüglichen Angaben sind unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig (für eine Widerrufsinformation wie die vorliegende ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 28. März 2018 – 8 U 7/18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juni 2019 – 17 U 158/18; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Juli 2019 – 24 U 230/18; OLG Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 13 U 334/16; OLG München, Beschluss vom 30. Juli 2018 – 17 U 1469/18; OLG Stuttgart, WM 2019, Seite 1160; aA OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Mai 2019 – 9 U 77/18; Allmendinger, EWiR 2019,Seite 355).
Satz 1 der Information über die „Widerrufsfolgen“ stellt abstrakt dar, dass der Verbraucher im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den „vereinbarten Sollzins“ zu entrichten hat. Darunter ist im Ausgangspunkt der im Darlehensvertrag vereinbarte Vertragszins zu verstehen. Satz 2 erläutert den Fristbeginn. In Satz 3 wird der für den konkreten Darlehensvertrag pro Tag zu zahlende Zinsbetrag genau beziffert. Der abschließende Satz 4 der „Widerrufsfolgen“ enthält die – wiederum abstrakte – Information, dass sich der Zinsbetrag verringert, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wird.
Für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ergibt sich aus dieser Information hinreichend klar und eindeutig, dass er im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu zahlen hat. Insoweit nimmt der verständige Verbraucher in den Blick, dass eine Bank das Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge für verschiedene Arten finanzierter Geschäfte einheitlich gestaltet, ohne dass solche „Sammelbelehrungen“ per se undeutlich und unwirksam sind (vgl. Senatsurteile vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15 und vom 24. Juli 2018 – XI ZR 305/16). Die Sätze 1 und 2 der Information über die „Widerrufsfolgen“ enthalten ersichtlich – wie auch überwiegend die weiteren Angaben in der mit dem gesetzlichen Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Absatz 2 EGBGB und § 12 Absatz 1 EGBGB übereinstimmenden Widerrufsinformation der Beklagten – nur die abstrakte Wiedergabe der sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtslage. Für den Darlehensnehmer bedeutsam und eindeutig ist die konkrete Bezifferung des für „seinen“ Darlehensvertrag pro Tag zu zahlenden Zinsbetrags, der hier mit 0,00 € angegeben ist. Durch den abschließenden Satz 4 wird diese eindeutige Angabe nicht missverständlich. Der verständige Verbraucher erkennt ohne weiteres, dass er – was gegenteilig aus Satz 4 folgen würde – weniger als 0 € nicht zahlen kann. Aufgrund dessen misst er diesem Satz zu Recht keine Bedeutung für seinen Darlehensvertrag bei. Vielmehr versteht er die konkrete Angabe des zu zahlenden Zinsbetrags mit 0,00 € dahin, dass die finanzierende Bank auf ihren etwaigen Zinsanspruch verzichtet. Demgegenüber sieht der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher es als fernliegend an, dass es sich bei der Angabe des zu zahlenden Zinsbetrags in Satz 3 der Information über die „Widerrufsfolgen“ um einen Eintragungs- oder Berechnungsfehler der Beklagten handelt.
Der Verzicht der Beklagten auf einen etwaigen ihr nach § 357a Absatz 3 Satz 1 BGB zustehenden Zinsanspruch lässt die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation unberührt.
Die Angabe des zu zahlenden Zinsbetrags in Satz 3 der Information über die „Widerrufsfolgen“ mit 0,00 € ist Teil der vorformulierten Widerrufsinformation, die der Senat selbst daraufhin untersuchen kann, welche Bedeutung ihr aus der Sicht des üblicherweise angesprochenen Kundenkreises unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zukommt (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08 und vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15). Sie enthält den Antrag, den etwaigen Zinsanspruch der Beklagten aus § 357a Absatz 3 Satz 1 BGB, der dem Grunde nach in Satz 1 der Information über die „Widerrufsfolgen“ wiedergegeben wird, auf vertraglicher Grundlage entfallen zu lassen. Dieses – weil ihr günstig unbedenkliche – Angebot hat die Klägerin durch Unterzeichnung des Darlehensvertrags angenommen (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2016, aaO Rn. 31). Nach § 361 Absatz 2 Satz 1 BGB darf von den halbzwingenden gesetzlichen Regelungen über die Widerrufsfolgen zu Gunsten des Verbrauchers abgewichen werden (Senatsurteil vom 20. März 2018 – XI ZR 309/16). Dass der Abschluss des Verzichtsvertrags und die Information hierüber in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsinformation nicht (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009, aaO Rn. 17 und vom 22. November 2016, aaO).
Dem ist nichts hinzuzufügen.
2.2. Soweit die Kläger ein Abweichen vom gesetzlichen Muster durch das Einsetzen mehrerer verbundener Verträge sehen möchten (KlSS vom 20.12.2019, Seite 2), lassen sie außer acht, dass die von der Beklagten gewählte Vorgehensweise in der Musterwiderrufsinformation so vorgesehen ist.
Bei mehreren nebeneinander vorliegenden weiteren Verträgen kann die Unterrichtung über die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den anwendbaren Gestaltungshinweisen zwar auch (Hervorhebung durch den Senat) durch eine entsprechende, jeweils auf den konkreten Vertrag bezogene, wiederholte Nennung der Hinweise erfolgen (vgl. Gestaltungshinweis Ziffer 8 der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Absatz 2 Satz 3 EGBGB in der vom 04.08.2011 bis 12.06.2014 geltenden Fassung, nachfolgend a.F.). Es ist jedoch auch möglich, die verbundenen Verträge einmal konkret zu benennen (hier Kaufvertrag über das o.g. Fahrzeug und Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Ratenschutzversicherung) und dann die Hinweise nur einmal zu erteilen (vgl. Bt-Drucksache 17/1394 Seite 30). Diese nicht zu beanstandende Vorgehensweise hat die Beklagte gewählt.
3. Weitere Pflichtangaben:
3.1. Soweit die Kläger wohl weiter meinen, bei der Vereinbarung der Textform für die Kündigung des Darlehensnehmers handele es sich um eine unzutreffende Pflichtangabe (KlSS vom 20.12.2019, Seite 2), gehen ihre Ausführungen ins Leere. Sie verkennen weiterhin, dass sich Ziffer 4.4 der Darlehensbedingungen nur auf die Kündigung aus wichtigen Grund bezieht, über deren Verfahren nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB a. F. nicht zu informieren ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
3.2. Sonstige Kosten:
Soweit die Kläger sich nunmehr neu darauf stützen wollen, sie seien nicht darüber informiert worden, dass die Beklagte offenkundig Gebühren für den Versand der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) im Auftrag des Kunden in Höhe von 10,00 € erhebe, wie sich aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten vom 10.12.2019 ergebe (KlSS vom 20.12.2019, Seite 3), ist ihnen ebenfalls kein Erfolg beschieden.
Vorauszuschicken ist, dass die den Klägern eingeräumte Frist zur Stellungnahme gem. § 522 II 2 ZPO nicht etwa eine Art „zweite Berufungsbegründung“ ermöglicht. Soweit in dem weiteren Schriftsatz im Berufungsverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten sind, sind diese deshalb gem. §§ 530, 296 I ZPO zwingend zurückzuweisen (vgl. z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 530 Rnr. 4; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2012, § 522 Rnr. 28). Darauf hatte der Senat als nobile officium auch bereits in seinen Allgemeinen Verfahrenshinweisen ausdrücklich aufmerksam gemacht.
Auch der verspätete Vortrag hätte aber keine andere Entscheidung gerechtfertigt:
So ergibt sich aus dem verspäteten Vortrag der Kläger nicht, dass die Beklagte schon im Jahr 2013, als der streitgegenständliche Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, eine Gebühr in Höhe von 10,00 € für den Versand der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) im Auftrag des Kunden verlangte. Das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten vom 10.12.2019 ist dafür als Nachweis nicht geeignet.
Auch tragen die Kläger nicht konkret vor, dass sie an die Beklagte diesen Betrag bezahlt haben, mithin diese Kosten bei ihnen angefallen sind bzw. die Beklagte von ihnen diesen Betrag verlangte. Dem Schreiben der Beklagten vom 08.09.2014, mit dem die Zulassungsbescheinigung Teil II übersandt wurde, ist dies jedenfalls nicht zu entnehmen (vgl. Anlage B 4c).
3.3. Auszahlungsbedingungen
Soweit die Kläger weiter meinen, sei seien über die Auszahlungsbedingungen nicht zutreffend informiert worden, da keine Pflicht zur Leistung einer Anzahlung durch die Mitdarlehensnehmerin bestehe (KlSS vom 20.12.2019, Seite 4), teilt der Senat diese Ansicht nicht. Auf den erteilten Hinweis vom 27.11.2019, dort Ziffer 3.2.4. wird Bezug genommen. Mit dem Zustandekommen des Darlehensvertrages am 08.03.2013 wurde zwischen den Parteien als Bedingung für die Auszahlung des Darlehens vereinbart, dass die Mitdarlehensnehmerin die in der Bestellung vom selben Tag vereinbarte Anzahlung in Höhe von 6.500,00 € zu leisten hatte. Darüber wurden die Kläger im Darlehensvertrag informiert.
3.4. Darlehensvermittler
Nicht nachvollziehbar und an der Sache vorbei erweisen sich Ausführungen der Kläger zum Darlehensvermittler (KlSS vom 20.12.2019 Seite 4 ff). Die Kläger behaupten nicht mehr, die … AG, P.ring 130, 8. M. sei die Darlehensvermittlerin und damit im Darlehensvertrag anzugeben gewesen (so KlSS vom 05.08.2019, Seite 13), sondern behaupten unter Aufgabe ihres bisherigen Vortrages, die Beklagte selbst sei die Darlehensvermittlerin gewesen (KlSS vom 20.12.2019, Seite 4 ff). Vorauszuschicken ist auch insoweit, dass auch diese neuen Ausführungen gem. §§ 530, 296 I ZPO zwingend zurückzuweisen sind (vgl. oben 3.2.).
Zudem wäre den Klägern auch bei Berücksichtigung dieses Vortrages kein Erfolg beschieden.
Die Ausführungen der Kläger sind nicht nachvollziehbar. Sie lassen schon außer acht, dass die Beklagte Darlehensgeberin ist und somit nicht zugleich Darlehensvermittlerin sein kann. Die Beklagte war daher bereits deshalb schon nicht als Darlehensvermittlerin anzugeben.
Darüber hinaus unterscheiden die Kläger sichtlich nicht zwischen der Beklagten, … und deren Niederlassungen und bezeichnen – in Abkehr ihres Berufungsvortrages nunmehr die im Darlehensvertrag als Darlehensvermittler aufgeführte … als Niederlassung der Beklagten. Dafür gibt es jedoch keinerlei Anhalt.
3.5. Art des Darlehens
Soweit die Kläger weiter meinen, das Darlehen hätte als Annuitätendarlehen mit entsprechender Erläuterung bezeichnet werden müssen (KlSS vom 20.12.2019, Seite 6), gehen sie fehl. Die Kläger wurden entsprechend Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB a.F. hinreichend über die Art des Darlehens informiert. Auf den Hinweis vom 27.11.2019, Ziffer 3.2.6 wird Bezug genommen.
Darüber hinaus genügten die Angaben in der Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite (Muster vorgelegt als Anlage B 3) unter dem Punkt „Kreditart“ – Ratenkredit mit gleichbleibenden Monatsraten, erhöhter Schlussrate und festen Zinsen jedenfalls den diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen. Die Ausführungen des Erstgerichts, dass der den Klägern ausgehändigte Darlehensvertrag aus insgesamt 10 Seiten besteht und sich auf den Seiten 1 bis 3 die Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite befindet (LGU Seite 2) stellt die Berufung weiter nicht in Frage.
Aus den Angaben geht hervor, dass es sich um ein befristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung handelt (vgl. BT-Drucks. 16/11643 [52] S. 123). Die zur Wahrung der Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB erforderliche Urkundeneinheit zwischen der Standardinformation und den übrigen Vertragsunterlagen wurde hier mittels fortlaufender Paginierung hergestellt (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2019 – XI ZR 662/18). Hierdurch hat die Beklagte zugleich zum Ausdruck gebracht, mittels der Standardinformation nicht nur vorvertragliche, sondern auch vertragliche Informationspflichten erfüllen zu wollen (ebenso BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18; BGH, Urteil vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15).
4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Es liegt weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
4.1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Jedenfalls letzteres ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass – wie vorliegend – eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5).
4.2. Die Revision ist nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen. Das wäre dann der Fall, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2).
Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht vorgetragen. Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt.
4.3. Die Fortbildung des Rechts erfordert ebenfalls keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III.
Der Streitwert bis zu 25.000,00 € (Nettodarlehensbetrag in Höhe von 18.477,83 € zzgl. Anzahlung in Höhe von 6.500,00 €) für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, § 3, 4 ZPO bestimmt.


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