Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Kfz-Finanzierungsdarlehens

Aktenzeichen  5 U 6589/19

Datum:
23.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21657
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 314, § 492
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5
AEUV Art. 267 Abs. 3

 

Leitsatz

Die Pflichtangaben im verwendeten Formular für den Darlehensvertrag entsprechen den gesetzlichen Anforderungen. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens und einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV an den EuGH nicht vor. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts, noch Zweifel an der Gesetzeskonformität des innerstaatlichen Umsetzungsrecht (ebenso BGH BeckRS 2020, 2755). (Rn. 12 – 14) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

27 O 5327/19 2019-10-25 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 25.10.2019, Aktenzeichen 27 O 5327/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.180,68 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von den Klägern gegenüber der beklagten Bank erklärten Widerrufs eines Kfz-Finanzierungsdarlehens.
Die Kläger haben in erster Instanz geltend gemacht, ihr am 12.01.2019 erklärter Widerruf des am 20.01.2016 geschlossenen Darlehensvertrags sei wirksam, weil die Beklagte sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 25.10.2019 die Klage abgewiesen, weil der Widerruf verfristet und damit unwirksam gewesen sei. Den Klägern seien alle erforderlichen Pflichtangaben erteilt worden. Die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte könne sich auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. berufen.
Dagegen richtet sich die nach Zustellung am 28.10.2019 am 20.11.2019 eingelegte Berufung, die die Kläger nach Fristverlängerung bis 28.01.2020 an diesem Tag begründet haben.
Sie tragen vor, ihnen seien nicht alle Pflichtangaben erteilt worden, insbesondere rügen sie die Nichterwähnung von § 314 BGB, fehlerhafte Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung, die Angabe des bei Widerruf zu zahlenden Tageszinses mit 0,00 € und den Verweis auf § 492 BGB.
Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeit der Musterwiderrufsbelehrung berufen, weil der Vertrag über die Shortfallversicherung als verbundener Vertrag aufgeführt werde und der Gestaltungshinweis Nr.6 c (bei Überlassung einer Sache) zu Unrecht verwendet worden sei. Die Angaben in der Musterwiderrufserklärung zur Widerrufsfrist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts seien weder klar noch prägnant. Die aufgeworfenen Rechtsfragen seien klärungsbedürftig durch den EuGH.
Die Kläger beantragen unter Abänderung des Ersturteils,
1.die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 26.180,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus diesen Betrag seit 13.01.2019 zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs … Fahrgestellnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren,
2.die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag von 1.711,70 € zu bezahlen,
3.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat mit den Klägern am 10.02.2020 zugestellten Beschluss vom 29.01.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Dagegen wenden sich die Kläger mit Schriftsatz vom 09.03.2020. Sie tragen vor, dass die rechtliche Bewertung der gegenständlichen Rechtsfragen gerade nicht offenkundig sei. Es bestehe eine Vorlagepflicht an den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Dies sowohl wegen Auslegungsfragen betreffend die unzureichende Darstellung der Verzugszinsen als auch wegen des einzuhaltenden Verfahrens bei der Kündigung des Vertrages. Zu der Frage, wie konkret die Angaben zu den Verzugszinsen im Vertrag nach Art.247 § 6 Absatz 1 Nr.1, § 3 Absatz 1 Nr.11 EGBGB sein müssten, gebe es in der nationalen Rechtsprechung und Literatur verschiedene Auffassungen. Die richtige Anwendung des Unionsrechts in Bezug auf Art.10 Absatz2 lit.l) RL 2008/48/EG sei nicht derart offenkundig, dass für vernünftige Zweifel keinerlei Raum bestehe. Desweiteren sei umstritten, wie die Vorgabe des Art. 10 Absatz 2 lit.s RL 2008/48/EG zu verstehen sei, dass die einzuhaltenden Modalitäten bei der Ausübung des Rechts auf Kündigung des Kreditvertrages in klarer und prägnanter Form anzugeben seien und ob die nationale Vorschrift des Art. 247 § 6 Absatz1 Nr.5 EGBGB dem genüge.
Zur Ergänzung wird auf das erstinstanzliche Urteil, die in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den genannten Hinweisbeschluss des Senats Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.10.2019, Aktenzeichen 27 O 5327/19 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Die 5 U 6589/19 – Seite 4 – weiteren Ausführungen der Kläger mit Schriftsatz vom 09.03.2020 veranlassen nicht zu einer geänderten Beurteilung.
1. Der Bundesgerichtshof hatte mittlerweile mehrfach Gelegenheit, sich mit dem hier streitigen Formular und den in der Berufungsbegründung erneut vorgebrachten und dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren geläufigen Argumenten auseinanderzusetzen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil vom 5.11.2019, XI ZR 650/18, aber auch die Beschlüsse vom Beschluss vom 11.2.2020, XI ZR 648/18 und 4.2.2020, XI ZR 175/19 verwiesen. Der Bundesgerichtshof hat das Formular bereits mehrfach von Amts wegen geprüft und weder Anlass gesehen, dass Verfahren nach § 148 ZPO auszusetzen, um die avisierte EuGH Entscheidung abzuwarten, oder gar selbst eine Vorlage nach Art. 267 AEUV vorzunehmen. Die Voraussetzungen für ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV liegen nicht vor. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts, noch Zweifel an der Gesetzeskonformität des innerstaatlichen Umsetzungsrechts (vgl. BGH, Beschl. vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18, Rn.46-48; BGH, Beschluss vom 04.02.2020 – XI ZR 175/19; BGH, Urteil vom 03.07.2018 – XI ZR 520/16; BGH, Urteil vom 22.05.2012 – XI ZR 290/11; EuGH, Urteil vom 06.10.1982 – Rs 283/81, NJW 1983, 1257, Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 148 ZPO, Rn. 3b).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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