Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges

Aktenzeichen  22 O 2122/20

Datum:
10.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46499
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 355 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 357 Abs. 1, § 495 Abs. 1
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11, § 6 Abs. 1 Nr. 1
GG Art. 20 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die Frage, ob Pflichtangaben in einem Verbraucherdarlehensvertrag “klar und verständlich” formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (ebenso BGH BeckRS 2016, 06439). (Rn. 26) (red. LS Andy Schmidt)
2. Mit der Formulierung: “Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.”, wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan.  (Rn. 38 – 39) (red. LS Andy Schmidt)
3. Deutschen Gerichten ist eine Entscheidung contra legem bereits mit Blick auf das Rechtsstaatsgebot nach Art. 20 Absatz 3 GG untersagt. Denn die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt damit dem Grundsatz der Gewaltenteilung Rechnung. Ist das deutsche Gesetz und der dahinterstehende gesetzgeberische Wille eindeutig, scheidet auch eine richtlinienkonforme Auslegung aus. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH darf die unionsrechtskonforme Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (ebenso BGH BeckRS 2019, 26909). (Rn. 64 – 72) (red. LS Andy Schmidt)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klage ist nicht begründet.
Es kann daher dahinstehen, ob bezüglich der Klageanträge Ziff. 1 und Ziff. 3 das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt, da die Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat (vgl. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl, § 256 ZPO Rn. 4).
1.
Die Klagepartei kann den Darlehensvertrag gem. §§ 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 BGB nicht mehr widerrufen.
Die Klagepartei hat mit Schreiben vom 28.01.2019 zwar unstreitig den Widerruf des Darlehens gegenüber der Beklagten als Vertragspartnerin erklärt. Ihnen stand gem. §§ 495 Abs. 1 V.m. § 355 Abs. 1 BGB auch ein Widerrufsrecht zu, da die Klagepartei bei Abschluss des Darlehens als Verbraucher gem. § 13 BGB handelte und der streitgegenständliche Darlehensvertrag mithin als Verbraucherdarlehen zu qualifizieren ist.
Allerdings war die 14-tägige bzw. maximal zwölf Monate und 14 Tage währende Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB bei Darlehenswiderruf am 22.05.2019 bereits abgelaufen. Die Widerrufsfrist beträgt regelmäßig 14 Tage, §§ 355 Abs. 2 S. 1, 495 Abs. 1 BGB. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsschluss, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB, aber nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat und die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erteilt worden sind, § 356 b BGB. Die Klagepartei schloss den Darlehensvertrag mit der Beklagten am 13.06.2016. Dabei wurden der Klagepartei die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB mitgeteilt und eine dem Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB entsprechende Widerrufsinformation erteilt.
2. Die Vertragsunterlagen enthalten alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben.
Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 23.02.2016 – XI ZR 101/15).
Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in ADB erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2017 – XI ZR 741/16). Vorliegend wurden die ADB der Beklagten als Teil der Vertragsunterlagen (Seiten 10 und 11) ausgehändigt. Sie wurden durch den Hinweis auf Seite 7 direkt oberhalb der Unterschriftszeile auch wirksam in den Vertrag einbezogen.
Die als Anlage K 1 bzw. in guter Kopierqualität in Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Darlehensbedingungen sind auch lesbar. Insbesondere ist die Schriftgröße nicht derart klein, dass die Regelungen etwa nur noch mit der Lupe gelesen werden könnten.
Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist es auch ausreichend, wenn Pflichtangaben in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ enthalten sind (Anlage K 2), wenn diese – wie hier – als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. Entgegen dem Vortrag der Klagepartei handelt es sich bei dem in der Anlage K 2 vorgelegten Formular nämlich gerade nicht um nur separate vorvertragliche Informationen im Sinne des § 491 a BGB. Das Formular ist vielmehr Teil der Vertragsurkunde, wie sich – trotz der von der Klagepartei vorgenommenen Aufteilung auf die Anlagen K 1 und K 2 – klar aus der fortlaufenden Paginierung ergibt. Im Übrigen ist unstreitig, dass die der Klagepartei ausgehändigten Darlehensvertragsunterlagen aus insgesamt 11 Seiten bestehen. Dem Informationszweck wird durch den Abdruck der „Europäischen Standardinformation“ auf den Seiten 1 bis 3 der Vertragsunterlagen, also gleich zu Beginn und damit nicht übersehbar, auch ohne weiteres Genüge getan. Insbesondere kann der Verbraucher durchaus damit rechnen, dass sich auf den Seiten 1 bis 3 der ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Informationen befinden. Zudem wird unter den „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ auf Seite 4 der Vertragsunterlagen gleich zu Beginn nochmals ausdrücklich auf die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ Bezug genommen.
Die klägerseits vorgebrachten Rügen hinsichtlich der Pflichtangaben greifen nicht durch:
a) Entgegen der Auffassung der Klagepartei hat die Beklagte nach Auffassung des Gerichts die Pflichtangabe zur „Art des Darlehens“ gemäß Art. 247 § 6 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 2 EGBGB erfüllt. In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 123) heißt es hierzu:
„Nach Nummer 2 muss die „Art des Darlehens“ angegeben werden. Dies entspricht Artikel 5 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe a, Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a der Verbraucherkreditrichtlinie. Nummer 2 umfasst auch die „Produktbeschreibung“ aus dem Europäischen Standardisierten Merkblatt für grundpfandrechtlich gesicherte Verbraucherdarlehensverträge. Bei der „Art“ kann zunächst zwischen Darlehensverträgen und anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen unterschieden werden. Die Vertragsart kann deshalb zum Beispiel auch als „Leasingvertrag“ bezeichnet werden. Die Art kann sich aber auch auf die nähere Ausgestaltung des Darlehens beziehen, z.B. ein befristetes oder unbefristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung oder Tilgung am Ende der Laufzeit. Auch die besonderen Formen, die in §§ 503 bis 505 BGB-E genannt werden, stellen Darlehensarten dar.“
Die Beklagte hat diese Pflichtangabe vorliegend an mehreren Stellen erteilt. Zum einen findet sich die Angabe in dem von der Beklagten verwendeten Muster nach Anlage 4 zu Art. 247 EGBGB „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“. Dort ist ausdrücklich die Kreditart angegeben (Anlage K 2). Weiter findet sich auf Seite 4 von 11 unter Ziffer 1. (Anlage B 6) nochmals eine klare Beschreibung des Inhalts des Darlehensvertrags.
Die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ sowie die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ wurden hier – was ausweislich Erwägungsgrund Nr. 30 der Richtlinie 2008/48/EG vom 23. April 2008 ausdrücklich zulässig ist – als Teil des Darlehensvertrags ausgehändigt und sind damit – wie bereits oben ausgeführt – selbst Bestandteil dieses Vertrages.
Im Übrigen sind auch auf dem – von der Klagepartei als Anlage K 1 vorgelegten ersten Seite des Darlehensantragsformulars (Seite 5 von 11 oben) die Angaben „Darlehensantrag Ratenkredit“ enthalten, sowie weiter unter der „Zahlungsplan“ inklusive der Laufzeit, der einzelnen Tilgungsraten sowie der Schlussrate. Die Art des Darlehens ist auch hieraus klar ersichtlich.
b) Entgegen der Ansicht der Klagepartei sind auch die Auszahlungsbedingungen gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB genannt.
In der nach oben stehenden Ausführungen zu beachtenden „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ ist auf Seite 1 (Anlage K 2) unter dem Punkt „Bedingungen für die Inanspruchnahme“ geregelt, dass das Darlehen ausgezahlt wird, sobald die nach Darlehensvertragsschluss von der Bank bestimmten Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, das zu finanzierende Fahrzeug geliefert wurde und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt wurden. Des Weiteren findet sich der Hinweis, dass der im Gesamtkreditbetrag ganz oder teilweise erhaltene Kaufpreis zum Zeitpunkt seiner Fälligkeit an die Verkäuferfirma ausbezahlt wird. Der ersten Seite des Darlehensantrages (Seite 5 von 11 der Vertragsunterlagen, Anlage K 1 bzw. Anlage B 2) ist zu entnehmen, welcher (Rest-) Kaufpreis im Gesamtdarlehensbetrag enthalten ist. Die zu bestellenden Sicherheiten sind ebenfalls auf der ersten Seite des Darlehensantrags genannt, ebenso findet sich auf dieser Weise nochmals der Hinweis, dass das Darlehen an die Verkäufer-Firma ausbezahlt wird.
c) Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie ggf. anfallenden Verzugskosten sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
Die Angaben sind in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ (Anlage K 2, Seite 2 von 11 der Vertragsunterlagen), auf Seite 4 von 10 der Vertragsunterlagen (Anlage B 6) unter Ziffer 5 („Welche Folgen ergeben sich bei Zahlungsverzug“) sowie nochmals und insbesondere auch auf dem Darlehensantragsformular selbst (Anlage K 1, Seite 5 von 11 der Vertragsunterlagen, bzw. Anlage B 3) unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es:
„Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“
Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan. Die Beklagte hat insoweit das Gesetz (§ 288 Abs. 1 BGB) und damit die „zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags geltende Regelung“ (so Art. 10 Abs. 2 Buchst. I Verbraucherkreditrichtlinie) zutreffend wiedergegeben. Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes bedarf es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss nicht (vgl. BGH, Urteile vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19).
d) Mit der Benennung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Seite 5 der Vertragsunterlagen (Anlage K 1) hat die Beklagte auch die Pflichtangabe hinsichtlich der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Nr. 3 EGBGB erfüllt (vgl. Knops in: BeckOGK, Stand 01.02.2018, § 492 BGB Rn. 18). Die Nennung der Europäischen Zentralbank (EZB) als weitere Aufsichtsbehörde war nicht erforderlich, da zum Zeitpunkt des Vertragsschluss lediglich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die zuständige direkte Aufsichtsbehörde der Beklagten war. Seit November 2014 teilen sich die Bankenaufsicht die nationalen Behörden und die EZB. Die EZB ist seitdem für die Bankenaufsicht für Großbanken (bzw. „bedeutenden Instituten“) zuständig. Die Aufsicht über die übrigen Kreditinstitute verblieb grundsätzlich bei den nationalen Behörden. Ein solches bedeutendes Institut liegt vor, wenn der Gesamtwert der Vermögenswerte 30 Mrd EUR übersteigt oder – sofern der Gesamtwert der Vermögenswerte nicht unter 5 Mrd. EUR liegt – 20 % des BIP. Ein solches Institut stellt die Beklagte nicht dar (vgl. hierzu die „list of supervised entities“ auf der Website www.bankingsupervision.europa.eu), die EZB musste daher nicht zwingend genannt werden.
e) Gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das „einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“. Dessen bedurfte es hier aber nicht. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19 klargestellt, dass sich die Pflichtangaben zur Kündigung nur auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 500 BGB, die vorliegend nicht gegeben ist, bezieht.
Der Bundesgerichtshof hat insoweit ausgeführt:
„Zwar ist in der Begründung zum Regierungsentwurf ausgeführt, dass bei Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. (nunmehr Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB) „insbesondere die Bestimmung des § 500 BGB-E zu beachten“ sei und bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest darauf hingewiesen werden [müsse], dass eine Kündigung nach § 314 BGB möglich ist“ (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 128).
Dies hat aber im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist jedoch der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 I ZR 67/18, WM 2019, 1608 Rn. 66 m.w.N.).
Der Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gibt für das von der Gesetzesbegründung angetragene Regelungskonzept, bei unbefristeten Darlehensverträgen sei „insbesondere“ über das verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht des § 500 Abs. 1 BGB und bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest“ über das sich aus § 314 BGB ergebende Kündigungsrecht des allgemeinen Schuldrechts zu belehren, nichts her. Die sich auf die Gesetzesbegründung stützende Auffassung lässt ferner unberücksichtigt, dass bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen je nach Vertragsinhalt neben den genannten Kündigungsrechten weitere Kündigungstatbestände einschlägig sind, so für den Darlehensnehmer das nach § 494 Abs. 6 Satz 1 BGB (jederzeitiges Kündigungsrecht bei unzureichenden Pflichtangaben), das nach § 505 d Abs. 1 Satz 3 BGB (fristloses Kündigungsrecht bei unzureichender Kreditwürdigkeitsprüfung) oder das nach § 490 Abs. 3 i.V.m. § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB (Kündigungsrecht bei Störung der Geschäftsgrundlage). Daneben kommen das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 2 BGB (ordentliches Kündigungsrecht bei Darlehensverträgen mit veränderlichem Zinssatz) sowie jedenfalls bei befristeten Darlehensverträgen mit gebundenem Sollzinssatz die Kündigungsrechte aus § 489 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB in Betracht.
Angesichts des offenen Wortlauts der Norm und der Vielzahl der in Betracht kommenden Kündigungsrechte lässt sich die Frage nach der Reichweite der Informationspflicht nicht sinnvoll auf die vermeintliche Alternative zwischen § 500 Abs. 1 BGB bei unbefristeten Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen einerseits und § 314 BGB bei befristeten Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen andererseits verengen. Es ist nicht einsichtig, weshalb (nur) bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest“ eine Information über das sich aus § 314 BGB ergebende Kündigungsrecht geschuldet sein sollte, nicht aber über das in § 490 Abs. 3 BGB gleichrangig genannte Kündigungsrecht aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, zumal beide Kündigungsrechte auch bei unbefristeten Darlehensverträgen Anwendung finden. Zutreffend ist deshalb mit dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB vereinbar der Darlehensnehmer nicht über sämtliche Kündigungsmöglichkeiten, die das nationale Recht kennt, zu informieren (so aber Schwintowski in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 492 Rn. 20.1; Merz/Wittig in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., Rn. 5.203; einschränkend: Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rn. 46: alle bei „regulärem Vertragsverlauf“ in Betracht kommenden Kündigungsrechte), sondern die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte nach Systematik, Sinn und Zweck auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt.“
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.
f) Die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB erforderliche Angabe der „Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt“, ist mit Ziffer 4.3 der ADB erfolgt, in der Bezug genommen wird auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen, von denen einige aufgezählt werden, und eine Kappungsgrenze festgelegt wird.
Mit Urteilen vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19 hat der Bundesgerichtshof gleichlautende Klauseln ausdrücklich gebilligt. Das Gericht macht sich die Ausführungen dort zu eigen und schließt sich diesen an.
g) Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auf Seite 5 von 11 (Anlage K 1) unter der Überschrift „Ombudsmannverfahren“ klar und verständlich gemäß Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB über den Zugang des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren bei dem Bundesverband deutscher Banken e.V. samt Anschrift. Nicht erforderlich war eine Belehrung über die Voraussetzungen der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB fordert im Einklang mit Art. 10 Abs. 2 s) der Verbraucherkreditrichtlinie, dass „gegebenenfalls“ die Voraussetzungen des Zugangs zu dem Verfahren aufgeführt werden. Da für die Schlichtung vorliegend keine besonderen Zugangsvoraussetzungen bestehen, sondern diese jedem Verbraucher offen steht, war kein weitergehender Hinweis erforderlich. Insbesondere ist hier zwischen Zugang zu einem Beschwerdeverfahren und Zulässigkeit eines Beschwerdeverfahrens zu unterscheiden. Die Frage der einzuhaltenden Form betrifft jedoch die Zulässigkeit und nicht den Zugang. Im Übrigen hat die Beklagte ihrer Informationspflicht durch den Verweis auf die einschlägige Internetseite und die Angabe der Adresse der Kundenbeschwerdestelle genügt.
h) Ohne Erfolg beruft sich die Klagepartei darauf, die Beklagte habe sie nicht hinreichend über den Barzahlungspreis im Sinne des Art. 247 § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. a EGBGB informiert. Der Barzahlungspreis ist der Preis, den der Käufer zu entrichten hätte, wenn er bei Übergabe der Sache in voller Höhe fällig würde (BT-Drs. 16/11643, S. 132). Die Beklagte hat den Barzahlungspreis unstreitig in den „Europäischen Informationen für Verbraucherkredite“, die gemäß obiger Ausführungen ebenfalls beachtlich sind, genannt. Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Darlehensantrag der Kaufpreis, der ohne Anzahlung und Darlehen zum Erwerb des Kfz zu zahlen wäre. Die Bezeichnung als „Fahrzeugkaufpreis/Reparaturpreis“ schadet hierbei nicht. Die gesetzliche Informationspflicht setzt nicht voraus, dass der Begriff genannt wird.
i) Entgegen der Behauptung der Klagepartei hat die Beklagte diese gemäß Art. 247 § 6 Nr. 4 EGBGB ordnungsgemäß über ihren Anspruch auf Erhalt eines Tilgungsplans informiert. Dabei kann offen bleiben, ob die Norm – entgegen ihres Wortlauts – die Information über einen Anspruch auf einen „kostenlosen“ Tilgungsplan voraussetzt. Denn jedenfalls ist dies streitgegenständlich der Fall.
Auf Seite 5 der Darlehensunterlagen findet sich mittig unter der Überschrift „Tilgungsplan“ der Hinweis:
„Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer kann von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“
Damit wurde die Klagepartei darauf hingewiesen, dass sie von der Beklagten einen Tilgungsplan verlangen konnten. Der Hinweis benennt nur einseitig den Anspruch der Klagepartei auf einen solchen Tilgungsplan, bzw. die Verpflichtung der Beklagten zur Erstellung eines solchen. Eine Gegenleistung der Klagepartei ist nicht erwähnt und ergibt sich auch nicht aus der Auslegung des Hinweises.
Vielmehr ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Hinweises, dass die Zurverfügungstellung des Tilgungsplans gerade kostenlos erfolgt. Dafür spricht im Übrigen auch, dass die Beklagte in den Vertragsunterlagen stets angegeben hat, wenn für ihre Leistungen eine Gegenleistung in Form eines Entgelts fällig werden soll.
3. Die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten auf Seite 8 des Darlehensvertrages (vgl. Anlagen K 1 und B 2) ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann sich hier jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt. Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
a) Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung deutlich gemacht, dass sie das Muster aus Anlage 7 vollständig übernommen hat. Dass die Beklagte den Darlehensnehmer persönlich anspricht, ist nach den Gestaltungshinweisen zum Muster in Anlage 7 in der streitgegenständlichen Fassung ausdrücklich erlaubt (“Die Vertragsparteien können auch direkt angesprochen werden (…)“.
Es kann insofern dahinstehen, ob die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten auf Seite 8 des Darlehensvertrages inhaltlich zu beanstanden ist. Denn selbst wenn die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft wäre, kann sich die Beklagte jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB berufen. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt. Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Sie genießt daher die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Insbesondere kann von der Beklagten nicht verlangt werden, exakter zu belehren als ihr dies im gesetzlichen Muster vorgegeben ist, zumal die Beklagte bei jeder inhaltlichen Abweichung vom Muster den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion befürchten müsste.
b) Soweit die Klagepartei die Auffassung vertritt, die Gesetzlichkeitsfiktion entfalle deshalb, weil durch die Erwähnung der zusammen mit dem Darlehensvertrag abgeschlossenen Versicherung der Klagepartei eine Belehrung über ein tatsächlich nicht existierendes verbundenes Geschäft vorliege, folgt das Gericht dieser Ansicht ebenfalls nicht. Nach Auffassung des Gerichts liegen auch insoweit verbundene Verträge vor, so dass die Beklagte den Gestaltungshinweis [2 a] in ordnungsgemäßer Weise umgesetzt hat.
Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018 – Ve 6 O 311/17, an. Dieses hat ausgeführt:
„Ob die gesetzlichen Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 BGB vorliegen oder nicht, braucht für die Frage der fehlerfreien Widerrufsinformation nicht entschieden werden. Denn dadurch dass die Beklagte die vom Kläger abgeschlossene Gruppenversicherung in der Widerrufsinformation unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ erwähnt hat, hat sie dem Kläger ein von diesem dann angenommenes Angebot unterbreitet, die vom Kläger abgeschlossene Gruppenversicherung als mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft einzuordnen. Diese vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien gestaltet zunächst die vertragliche Primärebene. Die daraus resultierende Rechtsfolge für den Fall des Widerrufs hat die Beklagte dann zutreffend in der Widerrufsinformation dargestellt, weshalb rechtliche Bedenken gegen den diesbezüglichen Inhalt in der Widerrufsinformation nicht durchgreifen. Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, die Beklagte habe mit der Erwähnung der Gruppenversicherung in der Widerrufsinformation lediglich ein Angebot unterbreitet, abweichende Widerrufsbedingungen gelten zu lassen (und darin keine Auswirkungen auf die vertragliche Primärebene sieht), wäre dies in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 22.11.2016 (Az. XI ZR 434/15) insofern zulässig, als darin eine Vereinbarung der Parteien zu sehen wäre, das Anlaufen der Widerrufsfrist von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen, die eine Erweiterung des klägerischen Rechtskreises darstellen.“
Eine solche Erweiterung des klägerischen Rechtskreises in Umsetzung des Gestaltungshinweises [2 a] führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einem Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB.
c) Die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt auch nicht, weil die Aufrechnungsklausel in 10.3. der ADB etwaig unwirksam ist. Jedenfalls würde eine Unwirksamkeit der Klausel in Ziffer 10.3 der ADB nicht zum Widerruf berechtigen.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 02.04.2019 – XI ZR 463/18 ausgeführt:
„In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 25). Erst recht gilt dies ohne Rücksicht auf die Art ihrer Gestaltung, soweit Zusätze außerhalb der Widerrufsbelehrung zwar eine unzulässige und damit unwirksame Abweichung von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts aufweisen, aber nicht im Zusammenhang mit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht als solches stehen. Dass in den Darlehensvertrag einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingungen eine unwirksame Regelung zu einer Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis enthalten, ist damit für die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung ohne Auswirkung.“
Mit Urteilen vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19, hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung bestätigt. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.
d) Unerheblich ist außerdem, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) die sog. „Kaskadenverweisung“ nunmehr für unwirksam hält (C-66/19). Unabhängig von der Entscheidung des EuGH ist deutschen Gerichten eine Entscheidung contra legem schon mit Blick auf das Rechtsstaatsgebot untersagt, Art. 20 Abs. 3 GG. Denn die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt damit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung (BGH, Urteil vom 15.10.2019, XI ZR 759/17, Rn. 20). Ist das deutsche Gesetz und der dahinterstehende gesetzgeberische Wille eindeutig, scheidet auch eine richtlinienkonforme Auslegung aus (BGH, 19.03.2019, XI ZR 44/18, Rn. 17). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH darf die unionsrechtskonforme Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (BGH, 15.10.2019, XI ZR 759/17, Rn. 22 – mit zahlreichen Nachweisen).
Der BGH führt dazu auch nach der Entscheidung des EuGH (C-66/19) aus (BGH Beschluss vom 31.03.2020 – Az.: XI ZR 198/19):
„Der Senat müsste sich aber, um dem Geltung zu verschaffen, gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 S 3 EGBGB a.F. stellen, wonach – wie hier – eine in dem Darlehensvertrag in hervorgehobene und deutlich gestaltete Form enthaltene und dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entsprechende Widerrufsinformation den Anforderungen eine klare und verständliche Information des Darlehensnehmers über das ihm nach § 495 BGB zukommen Widerrufsrecht genügt. Das verbietet dem Senat das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip. Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Gestaltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierte Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers darf nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das Gesetz, weil dies eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers ist (BVerfGE 149, 126 Rn. 75). Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26.03.2020 (C – 66/19, juris – „Kreissparkasse Saarlouis“) ändert daran nichts. Nach der ständigen Besprechung des Gerichtshofs darf die Verpflichtung zu Union rechtskonform Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (m.W.N.).“
Nach diesen Maßstäben ist das entscheidende Gericht nicht befugt, sich über die vom Gesetzgeber vorgesehene Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB hinwegzusetzen.
Soweit die Klagepartei beantragt, das Verfahren auszusetzen und zur Klärung von Rechtsfragen zu den Pflichtangaben des Verbraucherdarlehensvertrags das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, ist dem nicht nachzukommen. Mit Urteil vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 hat der Bundesgerichtshof die Darlehensunterlagen und die Widerrufsinformation der hiesigen Beklagten einer Überprüfung unterzogen und ist insbesondere zu dem Ergebnis gekommen, dass diese beanstandungsfrei erteilt wurden.
Für eine Vorlage an den EuGH sah der Bundesgerichtshof keine Veranlassung. Auch der Bundesgerichtshof hätte das entschiedene Verfahren vorlegen müssen. Demnach sind die Widerrufsinformationen vollständig und beanstandungsfrei. Für eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 1 b AEUV sieht das Gericht unter diesen Voraussetzungen keinen Anlass, da sonst der BGH seinerseits dem EuGH die von ihm entschiedenen Verfahren hätte vorlegen müssen.
In dem Beschluss vom 11.02.2020, XI ZR 648/18 führt der BGH weiter auf, dass keine Veranlassung besteht, das Verfahren entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen. Der BGH führt in diesem Beschluss Folgendes aus:
„Der Senat kann zwar in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift das Verfahren aussetzen, wenn Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV beim Eurpäischen Gerichtshof anhängig sind, die eine Rechtsfrage zum Gegenstand haben, die auch für ein beim Senat anhängiges Verfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BGH-Beschlüsse vom 24.01.2012, Az.: XI ZR 236/10, Juris, Rn. 8 f vom 11.04.2013 – XI ZR 76/11, Juris, Rn. 5 und vom 02.04.2019, XI ZR 488/17, Juris, Rn. 9 f.). Das Vorabentscheidungsgesuch des Einzelrichters des Landgerichts Ravensburg (Beschluss vom 07.01.2020 – 2 O 315/19), der nach § 348 a Abs. 2, S. 1 Nr. 1 ZPO verfahren muss, vermag eine Aussetzung aber nicht zu rechtfertigen, denn die vor dem Einzelrichter in dem Vorabentscheidungsersuch (HAO) aufgeworfenen Fragen sind angesichts des Wortlauts, der Regelungsthematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (Act clair, vgl. EuGH Slg 1982, 3415 An16-C.I.L.F.I.T. SLG 2005, I-8151, Rn. 33) (…)“
Der Senat nimmt Bezug auf seine Ausführungen unter (…). Auch ein zulassungsrelevanter Meinungsstreit besteht – entgegen der vom Einzelrichter des Landgerichts Ravensburg im Beschluss vom 07.01.2020 (2 O 315/19) vertretenen Auffassung – seit dem 15.11.2019 nicht mehr (Senatsurteile vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 a. a. O u. XI ZR 11/19 a.a.O., § 443 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
Eine andere Beurteilung der Widerrufsbelehrung ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 (Rs. C-66/19) auf die Vorlage des LG Saarbrücken. Zwar hat der EuGH hier entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 Buchstabe p der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 der Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates verweist. Denn ein solcher Verweis genüge nicht dem Erfordernis, den Verbraucher gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48 in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 31.03.2020, Az.: XI ZR 198/19 entschieden, dass das Urteil des EuGH vom 26.03.2020, Az.: C-66/19 der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion nicht entgegenstehe (s.o.).
e) Soweit die Klagepartei bemängelt, dass die Widerrufsinformation der Beklagten über eine rechtlich nicht existierende Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers und über eine (teilweise) nicht existierende Zinsverpflichtung des Darlehensnehmers belehre, verfangen diese Argumente nicht. Es kann insofern dahinstehen, ob die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten auf Seite 8 des Darlehensvertrages inhaltlich zu beanstanden ist. Denn selbst wenn die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft wäre, kann sich die Beklagte jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB berufen. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt. Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Sie genießt daher die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Insbesondere kann von der Beklagten nicht verlangt werden, exakter zu belehren als ihr dies im gesetzlichen Muster vorgegeben ist, zumal die Beklagte bei jeder inhaltlichen Abweichung vom Muster den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion befürchten müsste.
4. Das Gericht hat – entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16) – die streitgegenständliche Widerrufsinformation auch über die von der Klagepartei beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können.
Nach alledem ist die streitgegenständliche Widerrufsinformation nicht zu beanstanden, sodass der Klage kein Erfolg beschieden ist.
5. Auf die Frage, ob Verwirkung eingetreten ist oder das Verhalten der Klagepartei im Zusammenhang mit der Beendigung des Darlehensvertrages den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen könnte, kommt es damit nicht mehr an.
6. Da der Widerruf verfristet war, besteht kein Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages. Ein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist mangels Begründetheit des Hauptanspruches nicht gegeben. Auch befand sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug. Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen. Zudem ist die Bedingung für die Erhebung der Widerklage nicht eingetreten, und auch die hilfsweise gestellten Aufrechnungsansprüche waren nicht entscheidungsrelevant. Entsprechend erübrigen sich Ausführungen zur Frage des bei Rückabwicklung möglicherweise entstehenden Anspruch auf Ersatz des Wertverlustes.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
III.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO in Höhe des Nettodarlehensbetrages und der geleisteten Anzahlung festgesetzt (vgl. Anlage K 1).


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