Bankrecht

Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges

Aktenzeichen  22 O 9792/19

Datum:
31.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24332
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 13, § 355 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 356b, § 357 Abs. 1, § 492 Abs. 2, § 495 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen. Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (Rn. 36). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt nicht dadurch, dass die Bank einen Wert von 0,00 € bei dem Tageszinssatz ausweist und nicht den Sollzinssatz (Rn. 66). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
I.
Das Landgericht München I ist aufgrund der bindenden Verweisung des Landgerichts … § 281 ZPO, zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.
II.
In der einseitigen Teilerledigungserklärung der Klagepartei im Schriftsatz vom 30.08.2019 liegt eine zulässige Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 ZPO (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., 2018, § 91a Rn. 32).
III.
Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs gem. Klageantrag Ziffer 2 ist ebenfalls zulässig. Anders als die Beklagtenpartei meint, handelt es sich hierbei um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob bezüglich des Klageantrags Ziffer 2 das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt, da die Klage jedenfalls unbegründet ist (vgl. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl, § 256 ZPO Rn. 4).
B.
Die Klage ist unbegründet.
Die Klage ist nicht begründet. Der Klagepartei stand das geltend gemachte Widerrufsrecht hinsichtlich des streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrages zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung nicht mehr zu.
1. Die Klagepartei kann den Darlehensvertrag gem. §§ 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 BGB nicht mehr widerrufen.
Die Klagepartei hat mit Schreiben vom 26.09.2018 zwar unstreitig den Widerruf des Darlehens gegenüber der Beklagten als Vertragspartnerin erklärt. Ihr stand gem. §§ 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB auch ein Widerrufsrecht zu, da die Klagepartei bei Abschluss des Darlehens als Verbraucher gem. § 13 BGB handelte und der streitgegenständliche Darlehensvertrag mithin als Verbraucherdarlehen zu qualifizieren ist.
Allerdings war die 14-tägige bzw. maximal zwölf Monate und 14 Tage währende Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB bei Darlehenswiderruf am 26.09.2019 bereits abgelaufen. Die Widerrufsfrist beträgt regelmäßig 14 Tage, §§ 355 Abs. 2 S. 1, 495 Abs. 1 BGB. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsschluss, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB, aber nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat und die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erteilt worden sind, § 356b BGB. Die Klagepartei schloss den Darlehensvertrag mit der Beklagten am 29.06.2016. Dabei wurden der Klagepartei die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB mitgeteilt und eine dem Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB entsprechende Widerrufsinformation erteilt.
2. Die Vertragsunterlagen enthalten alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben.
Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 23.02.2016 – XI ZR 101/15).
Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2017 – XI ZR 741/16). Vorliegend wurden die Allgemeinen Darlehensbedingungen (ADB) der Beklagten als Teil der Vertragsunterlagen (Seiten 10 und 11) ausgehändigt. Sie wurden durch den Hinweis auf Seite 7 direkt oberhalb der Unterschriftszeile auch wirksam in den Vertrag einbezogen.
Die als Anlage K 7 bzw. in besserer Kopierqualität in Anlage B 4 vorgelegten Allgemeinen Darlehensbedingungen sind auch lesbar. Insbesondere ist die Schriftgröße nicht derart klein, dass die Regelungen etwa nur noch mit der Lupe gelesen werden könnten.
Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist es auch ausreichend, wenn Pflichtangaben in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ enthalten sind, wenn diese – wie hier – als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. Entgegen dem Vortrag der Klagepartei handelt es sich bei dem in der Anlage K 7 vorgelegten Formular nämlich gerade nicht um nur separate vorvertragliche Informationen im Sinne des § 491a BGB. Das Formular ist vielmehr Teil der Vertragsurkunde, wie sich klar aus der fortlaufenden Paginierung ergibt. Dem Informationszweck wird durch den Abdruck der „Europäischen Standardinformation“ auf den Seiten 1 bis 3 der Vertragsunterlagen, also gleich zu Beginn und damit nicht übersehbar, auch ohne weiteres Genüge getan. Insbesondere kann der Verbraucher durchaus damit rechnen, dass sich auf den Seiten 1 bis 3 der ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Informationen befinden. Zudem wird unter den „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ auf Seite 4 der Vertragsunterlagen gleich zu Beginn nochmals ausdrücklich auf die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ Bezug genommen.
Die vollständigen elfseitigen Darlehensunterlagen wurden der Klagepartei auch übergeben. Die Klagepartei trägt insofern mit Schriftsatz vom 30.08.2019 (vgl. Bl. 184 d.A.) selbst vor, ihr seien elfseitige Unterlagen übergeben worden. Auch die Allgemeinen Darlehensbedingungen seien übergeben worden. Soweit die Klagepartei sodann einen Satz später ausführt, dass die Seiten 10 und 11 fehlen würden, ist dieses widersprüchliche Vorbringen für das Gericht – auch angesichts der Tatsache, dass die Klagepartei mit Anlage K 7 die vollständigen elfseitigen Darlehensunterlagen vorgelegt hat – nicht verständlich.
Die klägerseits vorgebrachten Rügen hinsichtlich der Pflichtangaben greifen nicht durch:
a) Die Beklagte hat gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB hinreichend über die „Art des Darlehens“ informiert. Jedenfalls die in der Form der Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite nach Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB zu dem Punkt „Kreditart“ gemachten Angaben genügen den gesetzlichen Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18). Aus ihnen geht hervor, dass es sich um ein befristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung handelt. Die zur Wahrung der Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB erforderliche Urkundeneinheit zwischen der Standardinformation und den übrigen Vertragsunterlagen wurde hier mittels fortlaufender Paginierung hergestellt. Hierdurch hat die Beklagte zugleich zum Ausdruck gebracht, mittels der Standardinformation nicht nur vorvertragliche, sondern auch vertragliche Informationspflichten erfüllen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
b) Entgegen der Auffassung der Klagepartei war eine etwaige Vermittlungsprovision des Händlers nicht im Darlehensvertrag anzugeben. Auch erweist es sich als unschädlich, dass die Beklagte unter Ziffer 6.2 der ADB hinsichtlich besonderer Gebühren auf ihr Preis- und Leistungsverzeichnis verwiesen hat.
Nach § 3 Nr. 10 EGBGB sind „alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments“ anzugeben. Der Sinn der Information besteht nach den Gesetzesmaterialien darin, dem Darlehensnehmer einen Überblick über die sonstigen Kosten eines Darlehensvertrags zu verschaffen. Darunter fallen alle Gebühren, Auslagen und sonstigen Kosten, die der Darlehensnehmer im Zusammenhang mit dem Vertrag zu tragen hat. Fallen weitere Kosten in einem separaten Vertrag an, sind diese Kosten jedoch nicht bei Nr. 10 anzugeben (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 124). Unter den sonstigen Kosten im vorgenannten Sinne sind also nur diejenigen zu verstehen, die bei ordnungsgemäßer Abwicklung im Zusammenhang mit dem Vertrag anfallen (Schürnbrand in MüKo, 7. Aufl. 2017, § 491 a Rn. 29f).
Dies ist aber weder bei der klägerseits behaupteten Vermittlungsprovision noch bei den besonderen Gebühren nach Ziffer 6 der ADB der Fall.
c) Die Pflichtangabe zum Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 13 EGBGB, befindet sich in der dem Muster entsprechenden „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“, welche als Teil der Vertragsunterlagen ausgehändigt worden ist (Anlage K7, Seite 3 von 11). Ein weiterer Hinweis findet sich auf Seite 4 der Vertragsunterlagen unter „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Anlage K7), welche ebenfalls Bestandteil der Darlehensvertragsunterlagen sind. Beide Hinweise befinden sich damit – ohne dass es hierauf entscheidend ankäme – sogar noch vor der Unterschrift des Darlehensnehmers auf Seite 7. Sie sind auch klar und verständlich. Im Übrigen wird unmittelbar vor der Unterschrift unter der Überschrift „Unterschrift Darlehensantrag“ sogar nochmals auf das Widerrufsrecht Bezug genommen.
d) Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie ggf. anfallenden Verzugskosten sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
Die Angaben sind in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ (Anlage K 7, Seite 2 von 11 der Vertragsunterlagen), auf Seite 4 von 10 der Vertragsunterlagen (Anlage K 7) unter Ziffer 5 („Welche Folgen ergeben sich bei Zahlungsverzug“) sowie nochmals und insbesondere auch auf dem Darlehensantragsformular selbst (Anlage K 7, Seite 5 von 11 der Vertragsunterlagen) unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es:
„Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“
Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan. Die Beklagte hat insoweit das Gesetz (§ 288 Abs. 1 BGB) und damit die „zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags geltende Regelung“ (so Art. 10 Abs. 2 Buchst. I Verbraucherkreditrichtlinie) zutreffend wiedergegeben. Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes bedarf es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss nicht (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18).
Darüber hinaus ist auch der im Vertrag enthaltene Hinweis auf „Mahn-/Rücklastschriftgebühren gemäß dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank“ ausreichend. Der Darlehensnehmer soll durch die Angabe ggf. anfallender Verzugskosten erkennen können, welche sonstigen Kosten beim Abschluss des Darlehensvertrags anfallen. Hierzu genügt jedoch der Hinweis auf das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten, ohne dass die Kosten noch konkret zu beziffern oder das Preis- und Leistungsverzeichnis auszuhändigen wäre. Aus Ziffer 6.2 der ADB der Beklagten und damit aus dem Vertrag ist zudem ersichtlich, wo der Darlehensnehmer das Preis- und Leistungsverzeichnis einsehen bzw. entsprechende Informationen erhalten kann. Es ist dem Verbraucher zuzumuten, die konkreten Kosten durch einen Blick in das Preis- und Leistungsverzeichnis oder eine Nachfrage bei der Beklagten zu ermitteln (vgl. OLG München, Beschluss v. 21.09.2018 – 19 U 2544/18).
e) Entgegen der Auffassung der Klagepartei hat die Beklagte auch die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt. Das Gericht schließt sich insofern den Ausführungen des BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, an.
Nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. Hiermit hat der nationale Gesetzgeber Art. 10 Abs. 2 li. r Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt, wonach in „klarer, prägnanter Form“ im Kreditvertrag „das Recht auf vorzeitige Rückzahlung, das Verfahren bei vorzeitiger Rückzahlung und gegebenenfalls Informationen zum Anspruch des Kreditgebers auf Entschädigung sowie zur Art der Berechnung dieser Entschädigung“ anzugeben sind.
Die Reichweite der Informationspflicht findet ihren Ausgangs- und Bezugspunkt in den materiell-rechtlichen Vorgaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet.
Weitergehende Vorgaben zur Berechnungsmethode lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Insbesondere bedarf es nicht der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel, denn diese trägt zu Klarheit und Verständlichkeit nichts bei (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es daher, wenn der Darlehensgeber – wie hier – die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Dem hat die Beklagte durch die mit dem Wort „insbesondere“ eingeleiteten Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung genügt, indem sie die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Parameter benennt, nämlich das zwischenzeitlich veränderte Zinsniveau (als Ausgangspunkt für die Berechnung des Zinsverschlechterungsschadens), die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme (als Grundlage der sogenannten Cash-Flow-Methode), den der Bank entgangenen Gewinn (als Ausgangspunkt für die Berechnung des Zinsmargenschadens), die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten (als Abzugsposten) und den mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand. Damit hat die Beklagte die Klägerin in der Gesamtschau hinreichend über die maßgebliche Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informiert (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
Die Angaben sind auch im Übrigen geeignet, dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 87).
Die Beklagte hat in Absatz 3 der auf die Vorfälligkeitsentschädigung bezogenen Angaben im Wesentlichen wortgleich die Kappungsgrenze des § 502 Abs. 3 BGB übernommen. Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann für sich weder unklar noch unverständlich sein. Des Weiteren hat die Beklagte in Absatz 2 die Entschädigung mit einem Betrag von … € pauschaliert und dem Darlehensnehmer – ersichtlich um § 309 Nr. 5 lit. b BGB zu genügen – den Nachweis der Entstehung eines geringeren Schadens oder dessen Ausbleibens eröffnet. Dies steht als solches in Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie, nach deren Erwägungsgrund 39 aus Gründen leichter Anwendbarkeit und aufsichtsbehördlicher Nachprüfbarkeit der Höchstbetrag der Entschädigung in Form eines Pauschalbetrages festgelegt werden darf.
Aus dem Zusammenspiel der drei auf die Vorfälligkeitsentschädigung bezogenen Absätze ergibt sich eindeutig, dass der Darlehensnehmer von den drei in Betracht kommenden Entschädigungsbeträgen – dem nach Maßgabe des § 502 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Parametern des Absatzes 1 errechneten, dem nach Absatz 2 in Höhe von … € pauschalierten oder dem nach Maßgabe des Absatzes 3 gemäß § 502 Abs. 3 BGB beschränkten – den geringsten schulden soll. Hierdurch hat die Beklagte sichergestellt, dass die zu Gunsten des Verbrauchers halbzwingenden (§ 512 BGB) Entschädigungshöchstgrenzen des § 502 Abs. 3 BGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18). Die Angaben der Beklagten zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung sind daher nicht zu beanstanden.
f) Gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das „einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“. Dessen bedurfte es hier aber nicht. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19 klargestellt, dass sich die Pflichtangaben zur Kündigung nur auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 500 BGB, die vorliegend nicht gegeben ist, bezieht.
Der Bundesgerichtshof hat insoweit ausgeführt:
„Zwar ist in der Begründung zum Regierungsentwurf ausgeführt, dass bei Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. (nunmehr Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB) „insbesondere die Bestimmung des § 500 BGB-E zu beachten“ sei und bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest darauf hingewiesen werden [müsse], dass eine Kündigung nach § 314 BGB möglich ist“ (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 128). Dies hat aber im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist jedoch der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 I ZR 67/18, WM 2019, 1608 Rn. 66 m.w.N.).
Der Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gibt für das von der Gesetzesbegründung angetragene Regelungskonzept, bei unbefristeten Darlehensverträgen sei „insbesondere“ über das verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht des § 500 Abs. 1 BGB und bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest“ über das sich aus § 314 BGB ergebende Kündigungsrecht des allgemeinen Schuldrechts zu belehren, nichts her. Die sich auf die Gesetzesbegründung stützende Auffassung lässt ferner unberücksichtigt, dass bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen je nach Vertragsinhalt neben den genannten Kündigungsrechten weitere Kündigungstatbestände einschlägig sind, so für den Darlehensnehmer das nach § 494 Abs. 6 Satz 1 BGB (jederzeitiges Kündigungsrecht bei unzureichenden Pflichtangaben), das nach § 505 d Abs. 1 Satz 3 BGB (fristloses Kündigungsrecht bei unzureichender Kreditwürdigkeitsprüfung) oder das nach § 490 Abs. 3 i.V.m. § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB (Kündigungsrecht bei Störung der Geschäftsgrundlage). Daneben kommen das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 2 BGB (ordentliches Kündigungsrecht bei Darlehensverträgen mit veränderlichem Zinssatz) sowie jedenfalls bei befristeten Darlehensverträgen mit gebundenem Sollzinssatz die Kündigungsrechte aus § 489 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB in Betracht.
Angesichts des offenen Wortlauts der Norm und der Vielzahl der in Betracht kommenden Kündigungsrechte lässt sich die Frage nach der Reichweite der Informationspflicht nicht sinnvoll auf die vermeintliche Alternative zwischen § 500 Abs. 1 BGB bei unbefristeten Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen einerseits und § 314 BGB bei befristeten All-gemein-Verbraucherdarlehensverträgen andererseits verengen. Es ist nicht einsichtig, weshalb (nur) bei befristeten Darlehensverträgen „zumindest“ eine Information über das sich aus § 314 BGB ergebende Kündigungsrecht geschuldet sein sollte, nicht aber über das in § 490 Abs. 3 BGB gleichrangig genannte Kündigungsrecht aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, zumal beide Kündigungsrechte auch bei unbefristeten Darlehensverträgen Anwendung finden. Zutreffend ist deshalb mit dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB vereinbar der Darlehensnehmer nicht über sämtliche Kündigungsmöglichkeiten, die das nationale Recht kennt, zu informieren (so aber Schwintowski in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 492 Rn. 20.1; Merz/Wittig in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., Rn. 5.203; einschränkend: Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rn. 46: alle bei „regulärem Vertragsverlauf“ in Betracht kommenden Kündigungsrechte), sondern die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte nach Systematik, Sinn und Zweck auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt.“
Es musste somit weder auf ein außerordentliches Kündigungsrecht gem. § 314 BGB noch auf die Modalitäten oder die Fristen einer Kündigung hingewiesen werden.
g) Die auf Seite 1 des Darlehensvertrags enthaltenen Angaben genügen den Anforderungen bezüglich der Pflichtangabe des Gesamtbetrags, Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB. Die Angabe des Gesamtdarlehensbetrags ist zutreffend. Der Kläger wird innerhalb der Standardinformationen des Darlehensvertrags klar und verständlich informiert, wann und in welcher Höhe Teilzahlungen zu leisten sind. Ebenso wird der Kläger klar und verständlich darüber unterrichtet, wie hoch der Gesamtkreditbetrag ist. Unschädlich ist dabei, dass sich bei Addition der Teilzahlungen ein marginal höherer Betrag ergibt. Es handelt sich dabei um eine Rundungsdifferenz von 0,01 €. Die marginale Differenz ergibt sich daraus, dass die monatliche Rate nach der zweiten Kommastelle aufgerundet wurde. Eine genauere Angabe ist dem Darlehensnehmer nicht möglich und kann daher der Beklagten nicht angelastet werden.
Das Gericht ist überdies der Ansicht, dass die Begründung des Widerrufs mit einer Differenz von 0,01 € beim Gesamtbetrag ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klagepartei darstellen würde. Die Differenz beträgt bei dem vorliegenden Darlehensvertrag, der über drei Jahre lief, gerade einmal einen Cent. Diese minimale Differenz hinderte den Kläger nach Ansicht des Gerichts in keiner Weise daran, den Umfang seiner mit dem Darlehensvertrag eingegangenen Verpflichtung einzuschätzen. Ein schutzwürdiges Interesse des Darlehensnehmers, wegen des Differenzbetrags von 0,01 € den Darlehensvertrag, den er drei Jahre lang ordnungsgemäß bediente, widerrufen zu können, sieht das Gericht nicht. Vielmehr überwiegen insofern die Interessen der Beklagtenpartei, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich um eine typische Rundungsproblematik handelt, die den Kläger nicht wesentlich belastet.
3. Die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten auf Seite 8 des Darlehensvertrages (vgl. Anlage K 7) ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann sich hier jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt. Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
a) Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung deutlich gemacht, dass sie das Muster aus Anlage 7 vollständig übernommen hat. Dass die Beklagte den Darlehensnehmer persönlich anspricht, ist nach den Gestaltungshinweisen zum Muster in Anlage 7 in der streitgegenständlichen Fassung ausdrücklich erlaubt („Die Vertragsparteien können auch direkt angesprochen werden (…)“.
Mit der Passage zur Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers hat die Beklagte zudem zulässigerweise von der Möglichkeit des Gestaltungshinweises [5c] Gebrauch gemacht.
b) Die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt auch nicht dadurch, dass die Beklagte vorliegend einen Wert von 0,00 € bei dem Tageszinssatz ausgewiesen hat und nicht den Sollzinssatz. Soweit die Klagepartei rügt, die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei irreführend, da der Verbraucher durch die Angabe, dass der pro Tag zu zahlende Zins 0,00 € betrage, widersprüchlich informiert werde, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Im Gestaltungshinweis [3] des Musters zu Anlage 7 heißt es: „Hier ist der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzutragen. Centbeträge sind als Dezimalstellen anzugeben.“ Die Angabe „0,00 Euro“ entspricht diesen Anforderungen. Die Beklagte kann sich daher auch insofern auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen.
Die Angabe des Tageszinses mit „0,00 Euro“ macht die Widerrufsinformation entgegen der Ansicht der Klagepartei auch nicht irreführend. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des OLG Hamburg im Urteil vom 11.10.2017 – 13 U 334/16 an:
Für den durchschnittlich verständigen Verbraucher ist offensichtlich, dass es sich um einen Formulardarlehensvertrag handelt, der für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein muss. Die Angabe von „0,00 Euro“ ist auch nicht geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Es handelt sich um eine Regelung zugunsten des Darlehensnehmers, durch die dieser sogar besser gestellt wird, als dies gesetzlich möglich wäre. Selbst wenn der Verbraucher also unsicher wäre, ob er im Falle des Widerrufs doch den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe, so entspricht dies schlicht der gesetzlichen Regelung. Der Verbraucher ist also keinesfalls schlechter gestellt. Im Übrigen kann die Angabe, dass pro Tag ein Zinsbetrag von 0,00 Euro zu zahlen sei, als vertragliches Angebot der Beklagten auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung für den Fall der Ausübung des Widerrufs verstanden werden. Dies ist auch ohne weiteres möglich, da der Verbraucher hierdurch gegenüber der gesetzlichen Regelung gerade besser gestellt wird.
Der Verbraucher kann aus einer solchen für ihn günstigen Regelung keinen Belehrungsfehler herleiten. Inzwischen hat auch der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 2 EGBGB mitzuteilende Angabe eines zu zahlenden Zinsbetrags in der Information über die Widerrufsfolgen auch dann klar und verständlich ist, wenn sie mit 0,00 € angegeben wird. Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs begegnet eine solche Regelung keinen rechtlichen Bedenken, weil sie von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher dahingehend verstanden wird, dass im Falle des Widerrufs keine Zinsen zu zahlen sind (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
c) Soweit die Klagepartei die Auffassung vertritt, die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation sei deshalb fehlerhaft, weil durch die Erwähnung der zusammen mit dem Darlehensvertrag abgeschlossenen Versicherung der Klägerin eine Abweichung vom Gestaltungshinweis [2a] des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB vorliege, folgt das Gericht dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Gerichts liegen auch insoweit verbundene Verträge vor, so dass die Beklagte den Gestaltungshinweis [2a] in ordnungsgemäßer Weise umgesetzt hat.
Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018 – Ve 6 O 311/17, an. Dieses hat ausgeführt:
„Ob die gesetzlichen Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 BGB vorliegen oder nicht, braucht für die Frage der fehlerfreien Widerrufsinformation nicht entschieden werden. Denn dadurch dass die Beklagte die vom Kläger abgeschlossene Gruppenversicherung in der Widerrufsinformation unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ erwähnt hat, hat sie dem Kläger ein von diesem dann angenommenes Angebot unterbreitet, die vom Kläger abgeschlossene Gruppenversicherung als mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft einzuordnen. Diese vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien gestaltet zunächst die vertragliche Primärebene. Die daraus resultierende Rechtsfolge für den Fall des Widerrufs hat die Beklagte dann zutreffend in der Widerrufsinformation dargestellt, weshalb rechtliche Bedenken gegen den diesbezüglichen Inhalt in der Widerrufsinformation nicht durchgreifen. Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, die Beklagte habe mit der Erwähnung der Gruppenversicherung in der Widerrufsinformation lediglich ein Angebot unterbreitet, abweichende Widerrufsbedingungen gelten zu lassen (und darin keine Auswirkungen auf die vertragliche Primärebene sieht), wäre dies in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 22.11.2016 (Az. XI ZR 434/15) insofern zulässig, als darin eine Vereinbarung der Parteien zu sehen wäre, das Anlaufen der Widerrufsfrist von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen, die eine Erweiterung des klägerischen Rechtskreises darstellen.“
Eine solche Erweiterung des klägerischen Rechtskreises in Umsetzung des Gestaltungshinweises [2a] führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einem Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB.
d) Es kann zudem dahinstehen, ob die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten auf Seite 8 des Darlehensvertrages (Anlage K7) inhaltlich – z.B. hinsichtlich der angegebenen Widerrufsfolgen – zu beanstanden ist. Denn selbst wenn die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft wäre, kann sich die Beklagte jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB berufen. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt. Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Sie genießt daher die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Insbesondere kann von der Beklagten nicht verlangt werden, exakter zu belehren als ihr dies im gesetzlichen Muster vorgegeben ist, zumal die Beklagte bei jeder inhaltlichen Abweichung vom Muster den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion befürchten müsste.
e) Die Widerrufsinformation ist auch ansonsten nicht zu beanstanden. Insbesondere ist auch die Schriftgröße für einen durchschnittlichen Verbraucher noch gut zu lesen. Dass die Beklagte auf die in Anlage 7 verwendete Umrandung verzichtet hat, ist unschädlich, da die Widerrufsinformation durch den Abdruck auf einer gesonderten Seite und die grafische Unterlegung ausreichend hervorgehoben und auch im Übrigen deutlich gestaltet ist.
4. Auch sind vorliegend die Voraussetzungen des § 356b Abs. 1 BGB erfüllt, weil die Klagepartei eine Abschrift ihrer Vertragserklärung erhalten hat. Die Klagepartei hat unstreitig ein Exemplar des Vertragstextes erhalten, welches sie auch als Anlage K 7 vorgelegt hat. Damit lag ihr aber auch eine Abschrift ihrer Vertragserklärung vor.
Zwar bezeichnet der Begriff „Vertragsurkunde“ nur das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags (BGH, Urteil v. 21.02.2017 – XI ZR 381/16). Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist es jedoch nicht erforderlich, dass auch die „Abschrift“ unterzeichnet ist.
In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie v. 21.1.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 80) wird hierzu ausgeführt:
„Eine Abschrift ist unabhängig von ihrer Herstellung jedes Dokument, das den Vertragsinhalt wiedergibt, ohne dass es besonderer förmlicher Zusätze, wie beispielsweise einer Unterschrift, bedarf. So ist Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 der Verbraucherkreditrichtlinie zu verstehen, der von einer „Ausfertigung“ spricht.“
Vorliegend verkennt die Klagepartei die Anforderungen an eine Abschrift. Wie bereits dargestellt, kommt es für die Abschrift gerade nicht darauf an, dass diese von beiden oder auch nur einer der Parteien unterzeichnet ist. Denn bei dem Dokument, das von beiden Parteien unterzeichnet ist, handelt es sich gerade nicht um die Abschrift, sondern die Vertragsurkunde. Die Abschrift ist nur eine Ausfertigung der Vertragsurkunde, die bestätigt, dass diese inhaltlich identisch mit der Vertragsurkunde ist. Dies liegt vorliegend unstreitig vor. Dem Darlehensnehmer muss zudem nicht notwendigerweise ein von ihm unterzeichnetes Original vorgelegt werden (vgl. BGH, Urteil v. 27.2.2018 – XI ZR 160/17; OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.01.2012 – 19 W 4/12). Für das Vorliegen einer Abschrift im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB ist es überdies ausreichend, wenn dem Darlehensnehmer der Darlehensantrag und die Abschrift des Darlehensantrags gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Denn eine Abschrift im oben genannten Sinne erfordert gerade nicht, dass die Abschrift von dem unterschriebenen Antrag gefertigt wird; es genügt, dass der Inhalt der Erklärung zugänglich gemacht wird.
5. Das Gericht hat zudem – entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16, BeckRS 2017, 120503) – die streitgegenständlichen Widerrufsinformationen auch über die von der Klagepartei beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können. Nach alledem sind die streitgegenständlichen Widerrufsinformationen nicht zu beanstanden, so dass der Klage kein Erfolg beschieden ist.
II.
Auf die Frage, ob Verwirkung eingetreten ist oder das Verhalten der Klagepartei im Zusammenhang mit der Beendigung des Darlehensvertrages den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen könnte, kommt es damit nicht mehr an.
III.
Da der Widerruf verfristet war, besteht kein Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages. Ein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist mangels Begründetheit des Hauptanspruches nicht gegeben. Auch befand sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug. Zudem war die Erledigung hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags Ziffer 1 nicht festzustellen, da der Antrag mangels Widerrufsrecht der Klagepartei unbegründet war. Die Klage ist daher vollumfänglich abzuweisen.
Zur Hilfswiderklage und zu den möglichen Aufrechnungsansprüchen musste daher nicht ausgeführt werden. Zudem erübrigen sich Ausführungen zur Frage des bei Rückabwicklung möglicherweise entstehenden Anspruch auf Ersatz des Wertverlustes.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
D.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO in Höhe des bezifferten Klageantrag Ziffer 1 festgesetzt.


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