Baurecht

Abgrenzung von Innen- und Außenbereich

Aktenzeichen  W 4 K 17.1161

Datum:
17.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9426
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1
BauNVO § 12 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine unbebaute Fläche ist nur dann als Baulücke Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzend zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche am vorgesehenen Standort als zwanglose Fortsetzung der bereits vorhandenen Bebauung erscheint. Ein Grundstück oder ein Grundstücksteil sind daher regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie mindestens an drei Seiten von Bebauung umgeben sind (vgl. BayVGH BeckRS 2009, 43006 Rn. 15). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 23. August 2017 verpflichtet, die mit Bauantrag vom 1. Februar 2014 beantragte Baugenehmigung zur Errichtung von Stellplätzen, Carports und überdachten Stellplätzen mit Photovoltaik zur Eigenstromerzeugung auf dem Grundstück Fl.Nr. *46 der Gemarkung M* … zu erteilen.
II. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung, da das genehmigungspflichtige Vorhaben keinen im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden Vorschriften widerspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO) und Ablehnungsgründe nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO vom Beklagten nicht geltend gemacht wurden.
1. Die hier streitgegenständliche Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. 546 der Gemarkung M* … als Fläche mit überdachten und nicht überdachten Stellplätzen sowie Carports bedarf der Baugenehmigung (Art. 55 Abs. 1 BayBO), was zwischen den Beteiligten unstrittig ist.
Das Vorhaben ist auch mit den im Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar. Da das Vorhaben keinen Sonderbau i.S.v. Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, unterfällt es dem vereinfachten Genehmigungsverfahren. Im Zuge dessen richtet sich das bauaufsichtliche Prüfprogramm nach Art. 59 Satz 1 BayBO. Einzig relevant ist in diesem Zusammenhang, ob das Vorhaben auch mit den Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB übereinstimmt (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO).
2. Die beantragte Baugenehmigung ist dem Kläger zu erteilen, weil das Bauvorhaben nach Maßgabe des Antrags rechtlich zulässig ist.
2.1. Das Vorhaben ist aus bauplanungsrechtlicher Sicht nach § 34 BauGB zu beurteilen, da das Grundstück nach Auffassung der Kammer dem Innenbereich zuzuordnen ist. Das Vorhaben liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Dies haben die vorliegenden Pläne und Luftbilder sowie die beim Augenschein im Verfahren W 4 K 14.1366 gewonnenen Erkenntnisse ergeben.
a) Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungsteil im Gebiet einer Gemeinde, der den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt, nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31/66 – BVerwGE 31, 22). Ausschlaggebend ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche noch diesem Zusammenhang angehört (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2005 – 4 BN 37/05 – ZfBR 2006, 54; BVerwG, B.v. 18.6.1997 – 4 B 238.96 – ZfBR 1997, 324). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um noch als zusammenhängende Bebauung zu erscheinen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, U.v. 15.9.2005 – 4 BN 37/05 – ZfBR 2006, 54). Auf den Verlauf der Grundstücksgrenzen kommt es dabei nicht an (E/Z/B/K, BauGB, 127. EL Okt. 2017, § 34 Rn. 25 f.). Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind dabei die tatsächlichen und örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topografische Verhältnisse wie z.B. Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) sowie Straßenzüge. Zu berücksichtigen sind dabei nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 BN 28/15 – ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5 u. 6; BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 – NVwZ 1991, 879; BayVGH, U.v. 9.2.2016 – 15 B 14.2139 – juris Rn. 23).
Ein Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB reicht mithin nur so weit, wie die vorhandene Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil endet grundsätzlich mit dem letzten Baukörper, die sich hieran anschließenden Freiflächen gehören bereits zum Außenbereich (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.2005 – 4 B 3/05 – juris). Es muss sich folglich um ein unbebautes Grundstück handeln, das den Bebauungszusammenhang jedoch nicht unterbricht. Die Merkmale Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit sollen dabei eine gewisse bestehende räumliche Verklammerung kennzeichnen. Das unbebaute Grundstück muss gedanklich übersprungen werden können. Dies ist der Fall, wenn das unbebaute Grundstück nach der Verkehrsauffassung als eine sich zur Bebauung anbietende „Lücke“ erscheint (BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 15/84 – juris).
Die unbebaute Fläche ist nur dann als Baulücke Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzend zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche am vorgesehenen Standort als zwanglose Fortsetzung der bereits vorhandenen Bebauung erscheint. Diese Voraussetzung muss auch bei einer auf mehreren oder allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgebenen unbebauten Fläche erfüllt sein. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich bauplanungsrechtlich um Außenbereich. Ein Grundstück oder ein Grundstücksteil sind daher regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie mindestens an drei Seiten von Bebauung umgeben sind (BayVGH, U.v. 16.2.2009 – 1 B 08.340 – juris Rn. 15).
b) Gemessen an diesen Maßstäben liegt das Grundstück Fl.Nr. *46 der Gemarkung M* … im Innenbereich und stellt eine sich zur Bebauung anbietende Baulücke dar. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer aufgrund der Pläne und Luftbilder im Wesentlichen aufgrund des durchgeführten Augenscheins im Verfahren W 4 K 14.1366, dessen Gerichtsakte beigezogen wurde.
Das streitgegenständliche Grundstück liegt in „zweiter Reihe“ hinter der ebenfalls den Gebietscharakter prägenden Bebauung entlang der Hauptstraße und ist auch insofern von maßstabsgebender Bebauung umgeben, als sich auf dem südlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. *86 eine als Parkplatz befestigte Fläche sowie ein mittlerweile als Schankgebäude genutztes ehemaliges Stallgebäude befindet. Mit Baugenehmigung vom 13. Juni 2016 wurde hier die Errichtung eines Biergartens mit Ausschank, die Nutzungsänderung eines ehemaligen Stalls sowie der Anbau von Überdachungen genehmigt. Der Biergarten wird auch aktuell betrieben. Nördlich des klägerischen Grundstücks Fl.Nr. *46 befindet sich eine mit Baugenehmigung vom 29. Juli 1999 genehmigte Unterstellhalle für Kühlcontainer, die einen Großteil der Fläche der Grundstücke Fl.Nrn. *54 und *57 einnimmt. Das klägerische Grundstück selbst ist annähernd zur Hälfte befestigt und dient als Parkplatz. Insofern ist ihm eine maßstabsbildende Kraft nicht abzusprechen.
Der Bebauungszusammenhang wird auch nicht unterbrochen durch die unbebauten Grundstücke Fl.Nrn. *50, *51 und *52, die sich als schmale Gartengrundstücke darstellen. Hierbei ist zu beachten, dass selbst im Sinne von § 29 Satz 1 BauGB unbebaute Flächen einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein können, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, U.v. 14.9.1992 – 4 C 15/90 – juris Rn. 13). Dies ist sogar dann nicht ausgeschlossen, wenn es sich um eine Grundstückslage am Ortsrand handelt. Umso mehr muss dies in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in welchem auf die unbebaute Fläche in nördlicher Richtung die mit einer Unterstellhalle für Kühlcontainer bebauten Grundstücke Fl.Nrn. *54 und *57 folgen.
Die als maßgebliche nähere Umgebung zu berücksichtigenden baulichen Anlagen bilden auch einen „Ortsteil“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275 – juris Rn. 11 m.w.N.). Die Bebauung hat hier nach ihrem siedlungsstrukturellen Gewicht ohne Zweifel Ortsteilqualität, soweit man den maßgeblichen Umgriff des zu betrachtenden Gebiets weiter als die Beigeladene zieht. Insbesondere unter dem Einfluss der aus dem Augenschein gewonnenen Erkenntnisse zu den örtlichen Gegebenheiten geht die Kammer davon aus, dass ein Gebiet ausschlaggebend ist, das im Westen durch die Hauptstraße, im Osten durch den Grabendamm, im Norden durch die letzte Bebauung auf den Grundstücken Fl.Nrn. *54 und *57 und im Süden durch die Albertshöfer Straße begrenzt wird. Den Straßen (vgl. Hauptstraße und Grabendamm) wird in diesem Zusammenhang ein trennendes Element zugeschrieben, so dass nach der Verkehrsauffassung in diesem Bereich der Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt wird (vgl. etwa BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris Rn. 11). Legt man dies zugrunde, ist nicht fraglich, dass sich hier – anders als die Beigeladene geltend macht – ein Bebauungskomplex findet, der zum Aufenthalt von Menschen geeignet ist und der für die angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend ist.
Im Übrigen äußerte sich das Landratsamt Kitzingen im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf die Nachbarbebauung und die nach Osten als Begrenzung dienende Mauer sowie die Straße Fl.Nr. *31 („Grabendamm“) eindeutig dahingehend, dass von einer Innenbereichslage ausgegangen werde (Bl. 34 und 47 d.A.). Das Landratsamt Kitzingen ging insbesondere in der Genehmigung des Biergartens auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. *86 davon aus, dass die Umgebung einem Dorfgebiet nach § 5 BauNVO zuzuordnen ist, womit zweifelsohne die Innenbereichslage vorausgesetzt wurde. Es erschließt sich nicht, warum dies für das streitgegenständliche, unmittelbar angrenzende Grundstück anders zu beurteilen sein sollte.
c) Das klägerische Vorhaben fügt sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, auch in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für den Fall, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind, ordnet § 34 Abs. 2 BauGB an, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach beurteilt, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet (allgemein oder ausnahmsweise) zulässig wäre.
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung zulässig. Es kann insofern sogar dahinstehen, ob es sich um ein Dorfgebiet nach § 5 BauNVO oder ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO handelt. Die Zulässigkeit der Stellplätze, Garagen und Carports ergibt sich nämlich aus § 12 Abs. 1 BauNVO. § 12 Abs. 2 BauNVO ordnet an, dass Stellplätze und Garagen in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig sind. Stellplätze und Garagen für einen darüber hinausgehenden, außerhalb des Baugebiets ausgelösten Bedarf sind allein in den übrigen, nicht in § 12 Abs. 2 genannten Gebieten zulässig (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris Rn. 20). Um eben einen solchen Fall handelt es sich hier. Die von Kläger geplanten Stellplatzflächen weisen keine funktionale Zuordnung zu einer bestimmten Hauptnutzung auf. Sie sollen außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen errichtet werden und Dritten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden (vgl. BVerwG, a.a.O. m.w.N.). Dies ist gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO sowohl im Dorfgebiet nach § 5 BauNVO als auch im Mischgebiet nach § 6 BauNVO zulässig. Vorliegend ist gerade nicht von einem Kleinsiedlungsgebiet, einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet sowie einem Sondergebiet, das der Erholung dient, auszugehen. Es werden folglich in der maßgeblichen Umgebung keine Nutzungen ausgeübt, die im Sinne des § 12 Abs. 2 BauNVO schutzwürdig sind.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Die streitgegenständliche bauliche Anlage kann dann im Einzelfall unzulässig sein, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt ist. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Die Stellplätze sowie Garagen und Carports befinden sich in unmittelbarer Nähe zu einem Biergartenbetrieb auf dem Grundstück Fl.Nr. *86 und zu den Lagerhallen auf den Grundstücken Fl.Nrn. *54 und *57. Die Ausfahrt erfolgt auf die Straße „Grabendamm“, an der sich unmittelbar keine Wohnbebauung befindet. Zudem ist die dauerhafte Einrichtung von Stellplätzen für einen festgelegten Nutzerkreis vorgesehen, womit nicht mit einem ständigen Wechsel der parkenden Fahrzeuge, wie etwa auf einem Geschäftsbzw. Gewerbepark Platz zu rechnen ist. Daher ist nicht davon auszugehen, dass von der angestrebten Bebauung nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen der Nachbarschaft ausgehen, der Zu- und Abgangsverkehr unzumutbare Umgebungsbelastungen erzeugt und das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist.
d) Entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen ist die Erschließung gesichert.
Für die wegebzw. straßenmäßige Erschließung ist allgemein zu fordern, dass das Baugrundstück einen gesicherten Zugang zu einer öffentlichen Straße hat, die eine Zufahrt von Kraftfahrzeugen einschließlich öffentlicher Versorgungsfahrzeuge (Müllabfuhr, Feuerwehr, Krankenwagen) erlaubt. Dabei muss die Straße in der Lage sein, den von der Nutzung der baulichen Anlage ausgehenden zusätzlichen Verkehr ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder des Straßenzustands aufzunehmen (E/Z/B/K, BauGB, 127. EL Okt. 2017, § 30 Rn. 46 m.w.N. zur Rechtsprechung). Die Erschließung ist durch eine vorhandene Straße dann gesichert, wenn diese den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen kann. Welche Anforderungen an die Sicherung der Erschließung im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich nach dem konkreten Vorhaben, das auf einem Grundstück errichtet werden soll (OVG Bln-Bbg, B.v. 9.3.2017 – OVG 10 N 49.13 – juris Rn. 8). In anderem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu festgestellt, dass nicht jede Zunahme der Verkehrsbelastung (sogar mit der Folge von Wartezeiten) die Sicherung der Erschließung des dafür ursächlichen Vorhabens gefährdet. Dagegen wäre die Erschließung dann nicht gesichert, wenn das Vorhaben zu einer solchen Belastung der Zuwegung führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 15/84 – juris Rn. 34).
Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Zwar machen der Beklagte und die Beigeladene geltend, dass der „Grabendamm“ den zusätzlichen Verkehr des Parkplatzes ohne Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer nicht mehr aufnehmen könne. Dem ist jedoch nach einer Betrachtung der konkreten Verhältnisse vor Ort, die durch die Eindrücke im Rahmen des Augenscheins gestützt wird, nicht zu folgen. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass die Straße „Grabendamm“, über die die Zu- und Abfahrt vom streitgegenständlichen Grundstück erfolgt, den zusätzlichen Verkehr ohne eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder des Straßenzustands aufnehmen kann. Hierfür spricht, dass es sich beim „Grabendamm“ um eine Gemeinde Straße handelt, der schon bisher eine wesentliche Erschließungsfunktion zukommt. Die Kammer hat im Verfahren W 4 K 16.15 (vgl. U.v. 28.6.2016 – juris) ausgeführt, dass es allein durch den „Grabendamm“ möglich ist, die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke und die Gartengrundstücke, aber eben auch die Nachbargrundstücke des Klägers (vgl. v.a. Fl.Nr. *86) zu erreichen. Im Übrigen ist anlässlich der Ortsbesichtigung im Verfahren W 4 K 14.1366 festgestellt worden, dass der „Grabendamm“ weitgehend eine Breite von 4 m aufweist und deshalb zumindest über ein Ausweichen auf die Seitenbereiche der Straße ein Begegnungsverkehr ohne weiteres möglich ist. Schon im Rahmen des Verfahrens W 4 K 16.15, in der die Beigeladene die Abstufung des „Grabendamms“ in einen selbständigen Geh- und Radweg anstrebte, hat die Kammer darüber hinaus erwähnt, dass es der Beigeladenen im Abstufungsverfahren schon nicht gelungen ist, eine Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern hinreichend darzulegen. Eine solche kann auch im vorliegenden Verfahren nicht erkannt werden. Wesentlich ist hierfür der Eindruck anlässlich des Augenscheins unter Zugrundelegung der konkreten Verhältnisse vor Ort. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei, dass kein Durchgangsverkehr vorhanden ist. Aufgrund des Absperrpfostens auf Höhe des querenden Wassergrabens (ungefähr auf Höhe Anwesen Hauptstraße 108) findet auf dem „Grabendamm“ folglich nur Anliegerverkehr statt. Dieser ist jedoch angesichts der geringen Anzahl der erschlossenen Grundstücke übersehbar, zumal die Zufahrt zum Biergarten auf dem Grundstück Fl.Nr. *86 auch über die Hauptstraße erfolgt, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben. Die Zulassung des Vorhabens führt daher nicht zu einer relevanten, nicht mehr über die vorhandene Straße bewältigbaren Intensivierung des Verkehrs.
2.2. Dem Vorhaben des Klägers steht folglich eine fehlende Erschließung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht entgegen, so dass es sich bauplanungsrechtlich als zulässig erweist. Auch andere im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO relevante Ablehnungsgründe sind hier nicht ersichtlich, so dass das Vorhaben insgesamt zulässig ist.
3. Der Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Kostenentscheidung bezüglich der Beigeladenen, die auf Seiten des unterlegenen Beklagten einen Antrag gestellt hat, beruht auf § 154 Abs. 3 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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