Baurecht

Abstandfläche bezüglich einer geringfügigen Aufschüttung und Rücksichtnahmegebot

Aktenzeichen  M 9 K 15.4913

Datum:
20.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 34
BayBO BayBO Art. 6 Abs. 9 S. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

Abstandsflächenrechtlich ist eine Aufschüttung von 40-50 cm – auch mit Rücksicht auf Art. 6 Abs. 9 S. 1 Nr. 3 BayBO – für sich genommen nicht relevant, da ihr die gebäudegleiche Wirkung fehlt. Eine solche Aufschüttung riegelt das Grundstück des Nachbarn auch nicht ab, eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kommt nicht in Betracht.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Baugenehmigung vom … Oktober 2015 in Gestalt der Tektur vom … April 2016 verletzt den Kläger nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kammer nimmt vollumfänglich auf die Gründe zu II. des Eilbeschlusses vom 25. Mai 2016, M 9 SN 16.179, Bezug. Die Erkenntnisse aus dem Augenschein haben diese Entscheidung bestätigt.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der klägerische Vortrag in der mündlichen Verhandlung, die Zufahrt sei früher nicht „abgeknickt“, sondern habe direkt zu den damals in der Nordostecke gelegenen Garagen geführt, nichts daran ändert, dass das jetzt streitgegenständliche Vorhaben nicht rücksichtslos ist. Das Gericht hat im Eilbeschluss die gegenwärtige Zufahrtssituation beurteilt und hält daran fest, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch bei einer „abknickenden“ Zufahrt nicht in Betracht kommt.
Die bereits aus den Plänen erkennbare Aufschüttung verletzt ebenfalls keine Nachbarrechte. Die geringfügige Aufschüttung riegelt das klägerische Grundstück – was der Augenschein gezeigt hat – keinesfalls ab, eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kommt nicht in Betracht. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Ortsgestaltungssatzung der Beigeladenen zu 2. für rückwärtige Grundstücksgrenzen auch Zäune bis zu einer Höhe von 1,50 m zuließe (§ 12 OGS). Der Beigeladene zu 1. erklärte auf Nachfrage aber, mit Rücksicht auf das nachbarschaftliche Verhältnis keine derartige Einfriedung verwirklichen zu wollen.
Abstandsflächenrechtlich ist eine Aufschüttung von 40-50 cm – auch mit Rücksicht auf Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO – für sich genommen nicht relevant, da ihr die gebäudegleiche Wirkung fehlt (vgl. nur BayVGH, B. v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris; B. v. 8.7.2008 – 14 CS 08.647, 14 ZB 08.730 – juris).
Weiter stellt die Aufschüttung auch kein Problem für die von den Gebäuden einzuhaltenden Abstandsflächen dar, da die Vorgaben des Art. 6 BayBO sowohl ausgehend vom geplanten Geländeniveau als auch vom tiefer liegenden Bestandsniveau ohne weiteres eingehalten werden (BayVGH, B. v. 27.12.2006 – 25 CS 06.3222 – juris). Dennoch sei darauf hingewiesen, dass die Bauaufsichtsbehörde das neue Geländeniveau nicht etwa förmlich festgelegt hat, weswegen rechtlich das Bestandsniveau maßgeblich ist (BayVGH, B. v. 28.9.2001 – 1 CS 01.1612 – juris Rn. 13). Der Augenschein ergab, dass die Wandhöhe an der Nordostecke der Garage, gemessen vom Klägergrundstück aus, tatsächlich nur 2,86 m beträgt, der Privilegierungstatbestand des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO also ohne Weiteres erfüllt ist.
Zudem handelt es sich vorliegend um eine im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung, weswegen die Abstandsflächen von vorn herein nicht Bestandteil des Prüfprogramms sind, Art. 59 Satz 1 BayBO. Eine Verletzung des Art. 6 BayBO könnte der Anfechtungsklage damit ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Der Eilbeschluss bezog sich nur deshalb auf die Einhaltung der Abstandsflächen, um die Einschätzung abzustützen, dass das Vorhaben in Bezug auf die Belange Belichtung, Belüftung und Besonnung nicht rücksichtslos ist.
Der Kostenentscheidung liegen § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO zugrunde. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Da sie damit darauf verzichtet haben, sich in ein Kostenrisiko zu begeben, entspricht es nicht der Billigkeit, dem Kläger auch ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG -).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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