Baurecht

Abtretung, Berufung, Gemeinde, Nutzungsuntersagung, Beseitigungsanordnung, Bauantrag, Zulassung, Zulassungsantrag, Baueinstellung, Flurbereinigung, Neubau, Bauvorhaben, Einschreiten, Anbau, Zulassung der Berufung, bauaufsichtliches Einschreiten, keinen Erfolg

Aktenzeichen  2 ZB 19.1659

Datum:
1.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 54632
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 2 K 18.1252 2019-07-04 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach § 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen der dargelegten Zulassungsgründe keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger als Nachbar kann ein bauaufsichtliches Einschreiten nur dann erreichen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch seinem Schutz dienen, verletzt sind und eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dies liegt hier nicht vor.
Da das Bauvorhaben ausweislich der Lichtbilder in der Gerichtsakte vollständig fertiggestellt ist, käme nur noch ein bauaufsichtliches Einschreiten im Weg einer Nutzungsuntersagung bzw. Beseitigungsanordnung nach Art. 76 BayBO in Betracht. Der Erlass einer Baueinstellung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO hat sich durch Fertigstellung inzwischen überholt.
Eine Verletzung der Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO zulasten des Klägers ist nicht gegeben. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 12. März 2019 (Az. 2 CE 19.211) bereits ausgeführt hat, würden beim Abstellen auf das derzeitige Buchgrundstück die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO auf das Buchgrundstück selbst fallen. Eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber dem Kläger wäre damit ausgeschlossen.
Berücksichtigt werden jedoch grundsätzlich auch bereits geplante, absehbare Grundstücksteilungen. Hier ist damit die im Rahmen der Flurbereinigung getroffene Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vom 23. März 2010 (Niederschrift über die Geldabfindung nach § 52 FlurbG) zu berücksichtigen, aus deren Anlage (Lageplan) der Umfang der vereinbarten Abtretung zu erkennen ist. Im Bauantrag vom 25. Juni 2018 ist dieser zukünftige Grenzverlauf nördlich des geplanten Gebäudes in Grün eingezeichnet. Danach kommt das geplante Gebäude auf der künftigen Grenze zu liegen. Nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO kann ein Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge an der Grenze von 9 m ohne eigene Abstandsfläche an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Diese Voraussetzungen erfüllt das von der Gemeinde geplante Gebäude grundsätzlich. Im weiteren Verlauf befindet sich aber noch ein grenzständiger Anbau mit einer Länge von 7 m, so dass die Grenze von 9 m überschritten wäre. Die Beigeladene hat zusätzlich eine von Norden nach Süden verlaufende Grenze im Abstand von 3 m vom Bestandsanbau sowie ebenfalls 3 m vom geplanten Neubau eingezeichnet und will somit den Bereich der Abtretung in zwei Grundstücke teilen. Damit wäre auf dem künftigen Buchgrundstück die Regelung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO eingehalten.
Es liegt auch kein Fall der rechtsmissbräuchlichen Grundstücksteilung vor. In der Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 1 ZB 15.1560 – juris) ist es anerkannt, dass nicht jede Ausnutzung einer durch Grundstücksteilung erlangten Rechtsposition einen Missbrauch darstellt. Hinzukommen müssen vielmehr zusätzliche Elemente, welche erst den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu begründen vermögen. Dabei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen, insbesondere ob der Standort der Anlage, der mit der Grundstücksteilung zur Baurechtsmäßigkeit verholfen werden soll, das Interesse der Grundstücksnachbarn an ausreichender Belichtung, Belüftung und Besonnung einseitig und ohne dass dies durch triftige Erwägungen des Bauherrn gerechtfertigt wäre hintanstellt. Unstreitig führt die eingezeichnete Teilung dazu, dass der geplante Neubau dann die abstandflächenrechtliche Privilegierung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO für sich in Anspruch nehmen kann und eine Verletzung des Abstandsflächenrechts gegenüber dem Kläger ausscheidet. Vorliegend ist aber nicht vorgetragen oder erkennbar, dass durch die Teilung Interessen des Klägers in irgendeiner Weise berührt werden. Die nächsten Gebäude des Klägers auf dem Grundstück FlNr. 89 sind mehr als 20 m vom inzwischen errichteten Neubau entfernt. Eine in Richtung einer Rücksichtslosigkeit gehende Beeinträchtigung der Belichtung, Belüftung oder Besonnung der Grundstücke des Klägers ist nicht zu erkennen. Auch die wiederholt vorgetragene Behauptung, der Neubau diene ausschließlich der Feuerwehr und daher stellten das Baugrundstück und das Nachbargrundstück, auf dem sich das Feuerwehrgebäude befindet, eine wirtschaftliche Einheit dar, so dass von einer rechtsmissbräuchlichen Teilung auszugehen ist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Die Behauptungen des Klägers wurden von diesem in keiner Weise belegt und widersprechen den Angaben der Beigeladenen. Nach deren Angaben wird der Lagerraum vielmehr ausschließlich von örtlichen Vereinen genutzt und die Toilettenanlage ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Sie war lediglich nach Ende der 900 Jahr Feier kurz für Restarbeiten geschlossen. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass hier tatsächlich eine andere Nutzung vorliegen könnte. Die bloße Gestaltung des gesamten Bereichs mit einem gepflasterten Hofbereich sowie einer Gabionenwand als Verbindung zwischen dem Neubau und dem Anbau an das Feuerwehrhaus führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Toilettenanlage im Neubau dient der Öffentlichkeit, so dass eine Einfriedung des künftigen Buchgrundstücks kontraproduktiv wäre. Beide Grundstücke gehören der Beigeladenen, so dass sich eine einheitliche Gestaltung anbietet. Der Bereich zwischen dem Neubau und dem Anbau am Feuerwehrhaus ist mit einer Sitzbank ausgestattet und dient auch der Öffentlichkeit. Die ausschließliche Nutzung durch die Feuerwehr, welche der Kläger behauptet, ist nicht belegt. Die Gabionenwand wurde errichtet, um zu verhindern, dass Kinder bei Veranstaltungen das Grundstück des Klägers betreten. Die vom Kläger zitierte Entscheidung (OVG Lüneburg, B.v. 26.2.2004 – 1 LA 210/03 – juris) steht dem nicht entgegen, denn hier war gerade von einer wirtschaftlichen Einheit der Grundstücke ausgegangen worden. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, diese höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2010 – 14 ZB 09.1289 – juris). Gemessen an diesen Grundsätzen liegt kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam.
ob eine Grundstücksteilung, die trotz grundstücksübergreifender einheitlicher wirtschaftlicher Nutzung des zu teilenden Grundstücks erfolgt, rechtsmissbräuchlich ist, wenn sie ohne sonstige Sachgründe für diese Grundstücksteilung nur dazu dient, einen Verstoß gegen nachbarschützende Abstandsflächen zu umgehen.
Diese Frage war bereits für das Erstgericht und ist auch für den Senat nicht entscheidungserheblich, da gerade nicht von einer grundstücksübergreifenden wirtschaftlichen Nutzung der zu teilenden Grundstücke auszugehen ist. Zudem ist die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Grundstücksteilung immer anhand der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen und daher einer grundsätzlichen Klärung in der vom Kläger genannten Weise nicht zugänglich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl 2002, 378). Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben