Baurecht

Abwasserbeseitigung – erfolglose Klage gegen einen Anschluss- und Benutzungszwang

Aktenzeichen  M 10 K 18.4252

Datum:
29.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25527
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EWS. der Gemeinde vom 11. Juli 2018 § 22 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Handelt es sich bei der bestehenden Ableitung vom klägerischen Anwesen über benachbarte Grundstücke nicht um einen ordnungsgemäßen Grundstücksanschluss, der der Einleitung in den öffentlichen Kanal dient im Sinne einer rechtmäßigen Gemeindesatzung,  kann die Gemeinde zur Erfüllung der nach dieser Satzung bestehenden Verpflichtungen Anordnungen für den Einzelfall erlassen. (Rn. 14 – 15) (red. LS Alexander Tauchert)
2. Die Maßnahmen sind verhältnismäßig, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um das Schmutzwasser ohne Gefährdung von Boden und Grundwasser abzuleiten sowie die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der Kläranlage zu gewährleisten. Die dadurch entstehenden Aufwendungen für den ordnungsgemäßen Anschluss des Grundstücks sind hinzunehmen, wenn nicht die konkret zu erwartenden Aufendungen völlig außer Verhältnis zum Wert des Grundstücks und der vorhandenen Bebauung stehen. (Rn. 17) (red. LS Alexander Tauchert)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die angefochtene Anordnung ist § 22 Abs. 1 Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Beklagten (Entwässerungssatzung – EWS) vom 11. Juli 2018. Die Satzung wurde laut Bekanntmachungsvermerk am 11. Juli 2018 in der Geschäftsstelle der Verwaltungsgemeinschaft und in der Gemeindeverwaltung zur Einsichtnahme niedergelegt. Hierauf wurde durch Anschlag an den amtlichen Bekanntmachungstafeln der Verwaltungsgemeinschaft und der Gemeinde hingewiesen. Die Anschläge wurden am 12. Juli2018 angeheftet und am 13. August 2018 wieder entfernt. Zweifel am formell ordnungsgemäßen Zustandekommen der Satzung wurde nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.
Auch inhaltlich bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entwässerungssatzung. Mit dieser Satzung wurde die frühere Entwässerungssatzung der Beklagten vom 18. Juli 2002 aufgehoben, welche vom Gericht in einem anderen Verfahren als rechtsfehlerhaft erachtet wurde. Die neue Satzung hat die vom Gericht festgestellten Fehler behoben.
2. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. August 2018, zu dem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, ist inhaltlich nicht zu beanstanden.
Nach § 22 Absatz 1 EWS kann die Gemeinde zur Erfüllung der nach dieser Satzung bestehenden Verpflichtungen Anordnungen für den Einzelfall erlassen. Nach § 5 Abs. 1 EWS ist der Kläger als zum Anschluss Berechtigter verpflichtet, sein bebautes Grundstück an die Entwässerungseinrichtung anzuschließen; ein Anschlusszwang besteht nicht, wenn der Anschluss rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Nach § 5 Abs. 5 EWS ist auf Grundstücken, die an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen sind, im Umfang des Benutzungsrechts alles Abwasser in die Entwässerungseinrichtung einzuleiten.
2.1 Das Grundstück des Klägers wird bisher über die private Abwasserleitung, die aufgrund der früheren Baugenehmigung des Landratsamts vom 15. Juli 1991 errichtet wurde, in die Kläranlage der Beklagten entwässert. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine nach der Entwässerungssatzung ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung. Art und Umfang der Entwässerungseinrichtung bestimmt die Gemeinde, § 1 Abs. 2 EWS. Nach § 8 Abs. 2 EWS bestimmt die Gemeinde Zahl, Art, Nennweite und Führung der Grundstücksanschlüsse. Sie bestimmt auch, wo und an welchen Kanal anzuschließen ist. Dabei sind Grundstücksanschlüsse bei Freispiegelkanälen nach § 3 Nr. 7 EWS die Leitungen vom Kanal bis einschließlich des Kontrollschachtes, der wiederum ein Übergabeschacht ist, der zur Kontrolle und Wartung der Anlage dient. Damit handelt es sich bei der bestehenden Ableitung vom klägerischen Anwesen über benachbarte Grundstücke nicht um einen ordnungsgemäßen Grundstücksanschluss, der der Einleitung in den öffentlichen Kanal dient. Vielmehr fehlt es bisher gerade an einer ordnungsgemäßen Entwässerung des klägerischen Anwesens in den zwischenzeitlich errichteten, am klägerischen Anwesen vorbeiführenden Kanal in der …straße.
Die Beklagte hat zu Recht ausgeführt, dass die weitere Ableitung über die private Leitung unzulässig ist, die private Leitung auch nicht ordnungsgemäß auf ihre Dichtheit überprüft worden war und zudem aufgrund von Schäden an der Leitung Fremdwasser (Grund- und Quellwasser) der kommunalen Entwässerungseinrichtung entgegen § 15 Abs. 2 Nr. 6 EWS zugeführt wird. Der Anschluss ist auch weder rechtlich oder tatsächlich unmöglich. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 117 Abs. 5 VwGO abgesehen, da das Gericht der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts folgt.
2.2 Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Die Maßnahmen sind verhältnismäßig. Sie sind geeignet und erforderlich, um das Schmutzwasser ohne Gefährdung von Boden und Grundwasser abzuleiten sowie die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der Kläranlage zu gewährleisten. Dass dem Kläger dadurch Aufwendungen für den ordnungsgemäßen Anschluss seines Grundstücks entstehen, ist von ihm hinzunehmen. Es wurde vom Kläger nicht vorgetragen, dass die konkret zu erwartenden Aufwendungen völlig außer Verhältnis zum Wert des Grundstücks und der vorhandenen Bebauung stünden. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass der nunmehr geforderte Anschluss des gemeindlichen Anwesens an den gemeindlichen Kanal auf einen etwa 5-stelligen Betrag geschätzt werde, wogegen eine Sanierung der bestehenden Leitung auf einen 6-stelligen Betrag geschätzt werde. Damit kommt der Neuanschluss des klägerischen Anwesens dem Kläger günstiger als eine ansonsten zu fordernde Sanierung der unwidersprochen schadhaften privaten Abwasserleitung. Auf Bestandsschutz kann sich der Kläger nicht berufen. Insbesondere konnte er aufgrund der mit der Baugenehmigung erlaubten Ableitung nicht davon ausgehen, dass künftig nicht eine andere Entwässerung von der Beklagten gefordert werde. Die vorhandene Leitung wurde nicht von der Beklagten genehmigt, sondern vom Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde gefordert oder zumindest zu ordnungsgemäßen Grundstücksentwässerung hingenommen.
Deshalb konnte die Beklagte zu Recht verlangen, dass der Kläger nunmehr an den Entwässerungskanal anschließt und die weder vertraglich noch aufgrund der Satzung zulässige Einleitung seines Abwassers sowie von Fremdwasser unmittelbar in die Kläranlage der Beklagten künftig unterlässt, indem er den vorhandenen Privatkanal außer Betrieb setzt, sowie ab Anschluss des Grundstücks alles Abwasser der öffentlichen Entwässerungsanlage zuführt.
2.3 Auch hinsichtlich der angedrohten Zwangsgelder sind keine Rechtsfehler ersichtlich. Auf die Begründung im angefochtenen Bescheid wird Bezug genommen.
3. Damit ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.


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