Baurecht

Abwehranspruch gegen Lichtimmissionen durch Straßenlaternen

Aktenzeichen  22 ZB 19.132

Datum:
24.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17749
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 3 Abs. 5, § 22 Abs. 1
BGB § 906, § 1004
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4
Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz vom 13. September 2012 (LAI-Hinweise)

 

Leitsatz

1. Die Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens kann die substantielle Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe schon deshalb nicht ersetzen, weil ein zeitlich vor dem angegriffenen Urteil erfolgter Vortrag die substantiierte Auseinandersetzung mit den zeitlich nachfolgenden Entscheidungsründen des Verwaltungsgerichts nicht zu leisten vermag. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gegen den rechtlichen Ansatz, § 22 Abs. 1 Satz 3 BImSchG begründe keine Pflicht der beklagten Gemeinde, auf den sich der Kläger zur Geltendmachung seines Abwehranspruchs gegen Lichtimmissionen von Straßenlaternen berufen könne, weil die Vorschrift auf Lichtimmissionen nichtgewerblicher Anlagen nicht anwendbar sei, ist nichts einzuwenden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die LAI-Hinweise, betreffend die Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen, sind zwar für öffentliche Straßenbeleuchtungen grundsätzlich nicht anwendbar. Sachgerecht ist es aber, auf sie als sachverständige Entscheidungshilfe zurückzugreifen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 19 K 17.4863 2018-11-28 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Kläger wehren sich gegen Lichtimmissionen zweier Straßenlaternen vor ihrem Wohnhaus im Gemeindegebiet der Beklagten. In den Jahren 2013/2014 sanierte die Beklagte die Straße, in der das Wohnanwesen der Kläger liegt. Im Zug dieser Sanierung wurde auch die Straßenbeleuchtung erneuert und auf „LED-Technik“ umgestellt, die Positionen der umgerüsteten Laternen blieben unverändert. Vorliegend streitgegenständlich sind nur die Laternen Nrn. 8 und 9, die auf Höhe des Wohnhauses der Kläger auf der ihm gegenüber liegenden Straßenseite stehen. Dem Tatbestand des angegriffenen Urteils lassen sich folgende weitere Feststellungen entnehmen: Die Laternen Nrn. 8 und 9 sind vom Wohnhaus der Kläger ca. 11 m bzw. ca. 25 m entfernt. Eine der beiden Laternen hat eine satinierte, die andere Laterne eine klare Abdeckung über dem Leuchtmittel; die „Lichtpunkthöhe“ beider Leuchten beträgt jeweils 4,25 m über dem Boden. Beide Laternen werden mit Einbruch der Dämmerung eingeschaltet und leuchten bis zum nächsten Morgen. Im Juli 2014 machten die Kläger gegenüber der Beklagten geltend, die beiden vor ihrem Wohnhaus stehenden Laternen würden ihre Wohnräume unzumutbar erhellen; sie regten an, die Leuchtkörper („Leuchtenköpfe“) beider Laternen auszutauschen. Dies lehnte die Beklagte ab.
Daraufhin strengten die Kläger am 26. Februar 2015 beim Landgericht Traunstein ein selbständiges Beweisverfahren an, mit dem bewiesen werden solle, dass die beiden genannten Straßenlaternen die Kläger unzumutbar beeinträchtigten sowie dass die beanstandeten Immissionen durch Maßnahmen mit geringem Aufwand (Gesamtkosten ca. 1.600 €) vermieden werden könnten. Mit Beschluss vom 25. März 2015 beauftragte das Landgericht Traunstein einen Gutachter (Dipl.-Ing. T.) mit der Erstellung eines technischen Sachverständigengutachtens. Dieses Gutachten vom 5. Oktober 2015 (mit insgesamt drei Ergänzungen vom 1.3.2016, 1.12.2016 und 27.5.2017) ist Bestandteil der Akten.
2. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 erhoben die Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die beiden (in aktenkundigen Plänen mit Nrn. 1 und 2 bezeichneten) Straßenlaternen vor dem Grundstück der Kläger gemäß den Empfehlungen des Sachverständigen im Gutachten vom 5. Oktober 2015 bzw. 1. März 2016 durch Austausch der Leuchtenköpfe und/oder Einbau einer Abschattung so zu ändern, dass die Lichtimmissionen auf ein Mindestmaß reduziert werden, insbesondere Licht- und Blendwirkungen auf das Obergeschoss des klägerischen Hauses unterbleiben.
Das Verwaltungsgericht hat mündlich verhandelt und mit dem angegriffenen Urteil der Klage weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet, die beiden streitgegenständlichen Straßenlaternen durch Austausch der Leuchtenköpfe oder Einbau einer Abschattung an den bestehenden Leuchtenköpfen so zu verändern, dass die Richtwerte der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012 für das straßenseitige Obergeschoss des Wohnhauses der Kläger bezüglich der psychologischen Blendung eingehalten werden. Soweit die Klage darüber hinausgehend auf das vollständige Unterbinden von Licht- und Blendwirkungen auf das Obergeschoss des Wohnhauses gerichtet war, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des vor dem Landgericht Traunstein durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens hat es vollständig der Beklagten auferlegt.
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Aus dem fristgerechten Vortrag der Beklagten (auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist, vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Berufungszulassungsgründe vorliegt. Die Zweimonatsfrist zur Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat aufgrund der Zustellung des Urteils am 7. Januar 2019 mit Ablauf des 7. März 2019 geendet. Die Beklagte hat ihren Zulassungsantrag mit Schriftsatz vom 6. März 2019 begründet und danach mit weiteren Schriftsätzen (vom 2.4.2019, 14.6.2019 und 18.7.2019) zusätzlich vorgetragen. Soweit die nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsätze indes neuen Vortrag enthalten, der über eine bloße Ergänzung bereits hinreichend geltend gemachter Zulassungsgründe hinausgeht, kann dieser Vortrag nicht berücksichtigt werden.
1. Die Beklagte macht in der Antragsbegründung geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 2 oben, Nr. 2 auf S. 5 bis S. 7 erster Abschnitt).
Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem andern Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7 bis 7d m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634; Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). Gemessen an diesen Voraussetzungen ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten keine ernstlichen Zweifel daran, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.
1. 1. Solche ernstlichen Zweifel sieht die Beklagte darin begründet, dass das Verwaltungsgericht die „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012 – nachfolgend: LAI-Hinweise – für seine Entscheidung „unmittelbar“ herangezogen habe, obwohl diese Hinweise selbst sich keine Geltung für (unter anderem) die Beleuchtung des öffentlichen Straßenraums beimessen, da diese Beleuchtung nicht zu den Anlagen im Sinn von § 3 Abs. 5 BImSchG gehöre, und obwohl auch der vom Landgericht Traunstein beauftragte Gutachter Dipl.-Ing. T.im Gutachten vom 5. Oktober 2015 auf diesen Umstand hingewiesen habe (Schriftsatz vom 6.3.2019, Nr. 2 auf S. 5 bis 7).
Der damit seitens der Beklagten erhobene Vorwurf der fehlerhaften Rechtsanwendung trifft indes nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs, den es den Klägern zugebilligt hat, ausführlich dargelegt und erörtert; das Gleiche gilt für die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung, auf die das Verwaltungsgericht gleichfalls eingegangen ist (vgl. den Abdruck des angegriffenen Urteils – UA – auf S. 10 oben bis S. 12 Mitte). Das Verwaltungsgericht hat die Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten Abwehranspruch gegen Lichtimmissionen aus der analogen Anwendung von § 906, § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hergeleitet; hinsichtlich § 22 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG dagegen hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich ausgeführt, diese Vorschrift begründe keine Pflichten der Beklagten, auf die sich die Kläger hier berufen könnten, weil die Vorschrift gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BlmSchG auf Lichtimmissionen nichtgewerblicher Anlagen unanwendbar sei. Diesen rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts bemängelt die Beklagte nicht, sie geht auf ihn nicht ein. Gegen diesen rechtlichen Ansatz ist auch nichts einzuwenden (vgl. für einen gleichgelagerten Sachverhalt: BayVGH, U.v. 18.12.1990 – 8 B 87.3780 – NJW 1991, 2660; für den ähnlichen Fall der in Betracht kommenden Abwehrrechte von Nachbarn gegen die durch eine öffentliche Einrichtung verursachten Lärmbelastungen: vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2015 – 22 B 12.269 – juris Rn. 22, 23).
Den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der vorliegend beklagten Lichtimmissionen hat das Verwaltungsgericht mit seinen anschließenden Erwägungen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verkannt. Es hat – im Einklang mit dem Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 18.12.1990 – 8 B 87.3780 – a.a.O.) ausgeführt: Zwar fehlten bislang rechtsverbindliche Regelungen zur näheren Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen Erheblichkeitsschwelle bei Lichtimmissionen. Die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes könnten indes bei der Bestimmung von Art und Umfang der Lichtimmissionen durch Straßenlaternen, die Anlieger zu dulden haben, einen gewichtigen Anhalt bieten. Zu untersuchen seien hierbei die tatsächliche und rechtliche Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit unter Heranziehung wertender Elemente wie Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeiner Akzeptanz; geboten sei eine wertende Gesamtbeurteilung des konkreten Einzelfalls im Sinn einer Güterabwägung. Die LAI-Hinweise, betreffend die Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen, seien zwar für öffentliche Straßenbeleuchtungen grundsätzlich nicht anwendbar. Sachgerecht sei aber, auf sie auch vorliegend als sachverständige Entscheidungshilfe zurückzugreifen. Das Verwaltungsgericht hat sich für seine Ansicht auch auf zwei andere verwaltungsgerichtliche Urteile (VG Koblenz, U.v. 23.11.2009 – 4 K 473.09.KO – juris; VG Düsseldorf, U.v. 18.3.2008 – 16 K 3722.07 – juris) berufen und hinzugefügt, für die vertretene Ansicht spreche, dass für die Frage, ob Beeinträchtigungen durch Lichtimmissionen die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten, die Herkunft des Lichts grundsätzlich unerheblich sei. Die in den LAI-Hinweisen genannten Richtwerte könnten damit einen fachkundigen pauschalierten Bewertungsmaßstab und belastbaren Anhalt dafür geben, bei welchen Größenordnungen in etwa die Schwelle erheblicher Belästigungen durch Lichtimmissionen überschritten werde.
Mit den etwa zweieinhalbseitigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Herleitung des von den Klägern geltend gemachten Abwehranspruchs analog § 906, § 1004 BGB setzt sich die Beklagte in ihrer Antragsbegründung nicht auseinander, ausgenommen nur durch den – allerdings unzutreffenden – Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die LAI-Hinweise vom 13. September 2012 unmittelbar herangezogen und verkannt, dass diese für die Beleuchtung des öffentlichen Straßenraums nicht gälten. Damit wird die Antragsbegründung den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Auf den von der Beklagten wiederholt betonten Umstand, dass nämlich die Straßenlaternen Nrn. 8 und 9 technisch einwandfrei seien und keinen Mangel aufwiesen (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 6), kommt es dagegen bei der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten und von der Beklagten nicht im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO substantiiert in Frage gestellten rechtlichen Bewertung nicht an.
Unbeachtlich ist die unter Nr. III der Antragsbegründung vorgenommene pauschale ergänzende Bezugnahme der Beklagten „auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten, insbesondere dasjenige im Schriftsatz vom 22.12.2017 und die Ausführungen der Beklagten … im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens“ (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 7). Die Beklagte erklärt dabei nicht, welche Ausführungen sie meint, an welcher Stelle sie sich finden und inwiefern sie entscheidungserheblich sein, d.h. Einfluss darauf haben sollen, ob das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig oder falsch ist. Insbesondere könnte selbst die textliche Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens die substanzielle Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe schon deshalb nicht ersetzen, weil ein zeitlich vor dem angegriffenen Urteil erfolgter Vortrag – naturgemäß – die gebotene substantiierte Auseinandersetzung mit den zeitlich nachfolgenden Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts nicht zu leisten vermag (ständige Rechtsprechung. des Senats, vgl. nur BayVGH, B.v. 7.8.2018 – 22 ZB 18.1422 – juris Rn. 10 m.w.N.).
1. 2. Die Beklagte hat im fristgerechten Schriftsatz ihrer Antragsbegründung – allerdings nur unklar bezüglich der Einzelheiten – vorgebracht, bei der streitgegenständlichen Straßenbeleuchtung sei schon „kurze Zeit nach Inbetriebnahme“ eine Nachtabsenkung um 50% der Leistung zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr eingestellt worden (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 2 unten), dies sei der Beklagten (!) bis vor kurzem aber gar nicht bekannt gewesen und dem Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren offenbar auch nicht aufgefallen (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 3 oben). Dies widerspricht allerdings dem tatsächlichen Sachverhalt, von dem das Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausgegangen ist (vgl. UA S. 3, erster Abschnitt) und den der Sachverständige zugrunde gelegt hat. Sonach sind Gutachter und Verwaltungsgericht von einer Leistung der beiden streitgegenständlichen Leuchtmittel von je 17 Watt ausgegangen, wogegen benachbarte Laternen derselben Straße 38 Watt leisten (UA S. 3 erster Abschnitt; Gutachten vom 5.10.2015 S. 7 oben, S. 8 oben). Von irgendeiner Nachtabsenkung ab 22:00 Uhr dagegen ist im gesamten vor dem Berufungszulassungsverfahren angefallenen Akteninhalt, insbesondere in der Schilderung des im selbständigen Beweisverfahren am 9. Juli 2015 von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr abgehaltenen Ortstermins, an dem auch ein Vertreter der Beklagten teilgenommen hat (!), nicht die Rede (vgl. Gutachten vom 5.10.2015, Nr. 3.2 auf S. 14); auch den Ergänzungen dieses Gutachtens lässt sich Derartiges nicht entnehmen. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten (mit Schreiben vom 12.3.2019) auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hat, haben die Kläger der Behauptung, es habe beim Ortstermin eine Nachtabsenkung zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr gegeben, widersprochen (Schriftsatz vom 15.4.2019, S. 2); auch etwaige andere, die Blendwirkung der Leuchten mindernde Maßnahmen seien jedenfalls nicht vor Erlass des angegriffenen Urteils getroffen worden (Schriftsatz vom 18.7.2019, S. 2). Schließlich hat die Beklagte erklärt, es sei ungewiss und lasse sich infolge des Zeitablaufs nicht mehr nachvollziehen, ob die streitgegenständlichen Laternen „nach ihrer Umprogrammierung zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr lediglich noch mit einer Beleuchtungsstärke von 25% der ursprünglichen Beleuchtungsstärke geleuchtet haben“ (Schriftsatz vom 18. Juli 2019, S. 5) – eine Leuchtstärke von 25% entspräche in etwa der Halbierung der Leistung des Leuchtmittels in den beiden streitgegenständlichen Laternen (von 38 Watt auf 17 Watt) zuzüglich einer nochmaligen Absenkung um die Hälfte.
Der von der Beklagten ursprünglich (im Schriftsatz vom 6.3.2019) sinngemäß vorgebrachte, aber unklare Einwand, das Sachverständigengutachten vom 5. Oktober 2015 (mit seinen Ergänzungen) und damit auch das angegriffene Urteil beruhten – hinsichtlich der Leuchtstärke der beiden streitgegenständlichen Straßenlaternen – auf falscher Tatsachengrundlage, ist somit nur unzureichend substantiiert geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof braucht ihm daher im Berufungszulassungsverfahren nicht weiter nachzugehen (die Beklagte ihrerseits hält diese Frage für nicht entscheidungserheblich, vgl. Schriftsatz vom 18.7.2019, S. 6 oben).
1. 3. Erstmals im Schriftsatz vom 18. Juli 2019 spricht die Beklagte an, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) deswegen bestünden, weil die von der Beklagten verlangten Maßnahmen „viel zu unbestimmt tenoriert“ seien und deren Umsetzung daher „für die Beklagte etwas schwierig“ sei (Schriftsatz vom 18.7.2019, S. 6). Ob dieser Vortrag den Anforderungen an die hinreichende Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt, kann dahinstehen. Die Geltendmachung eines – nach Ansicht der Beklagten – rechtsfehlerhaften, weil zu unbestimmten und damit nicht vollstreckungsfähigen Urteilsspruchs, liegt nämlich vollständig außerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; in früheren Schriftsätzen hat die Beklagte diesen Gesichtspunkt nicht einmal angedeutet. Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich daher mit diesem Einwand nicht zu befassen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) und bemerkt lediglich ergänzend, dass bei der Jahreszahl „2002“ unter Nr. I des Urteilstenors offensichtlich ein Tippfehler unterlaufen ist (§ 118 Abs. 1 VwGO) und das Verwaltungsgericht „2012“ gemeint hat; dies ergibt sich aus den übrigen – richtigen – Jahreszahlangaben in der Urteilsbegründung (S. 4 und 11).
2. Die Beklagte macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder revisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36). Die dargelegte Frage muss also im konkreten Rechtsstreit entscheidungserheblich und damit klärungsfähig sein (vgl. Happ, a.a.O., § 124 Rn. 37) und dieser Klärung im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts auch bedürfen (vgl. Happ, a.a.O., § 124 Rn. 38). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erstens eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zweitens ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, drittens erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und viertens darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ, a.a.O., § 124a Rn. 72).
Diesen Anforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt die Begründung der Beklagten im Schriftsatz vom 6. März 2019 nicht. Darin macht die Beklagte geltend, dass – wie das große Medieninteresse an dem Rechtsstreit belege – eine „zunehmende Sensibilisierung“ mit der Thematik „Lichtverschmutzung“ bestehe und (so der sinngemäße Vortrag) das Anliegen einer Verringerung dieser „Lichtverschmutzung“ mit der Notwendigkeit kollidiere, mit einer ausreichenden Straßenbeleuchtung einen Beitrag zur Verkehrssicherheit und zur Kriminalitätsbekämpfung zu leisten. Das Verwaltungsgericht habe es bei seiner „Zumutbarkeitsprüfung“ versäumt, sich umfassend mit dieser Thematik auseinanderzusetzen (Schriftsatz vom 6.3.2019, S. 7). Aus diesem Vortrag ergeben sich aber weder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch deren einzelfallübergreifende Bedeutung. Auch der jüngste Schriftsatz der Beklagten, in dem diese eine „erhebliche grundlegende Bedeutung“ der Angelegenheit für die Beklagte und für andere Körperschaften des öffentlichen Rechts reklamiert (Schriftsatz vom 18.7.2019, S. 2 ff.), geht auf die darzulegenden Gesichtspunkte nicht ein (abgesehen davon, dass die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, sollte sie mit diesem jüngsten Schriftsatz nunmehr ausreichend sein, nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfolgt und daher vom Gericht nicht zu berücksichtigen wäre).
Die Begründung der Beklagten läuft – zusammenfassend – sinngemäß darauf hinaus, dass es für die Beklagte und darüber hinaus für viele Kommunen, außerdem für die mit der Installation und dem Betrieb von Straßenbeleuchtungen befassten Unternehmen und schließlich für viele Einwohner sehr wichtig sei, ob auf die – u.U. nur subjektive – Empfindlichkeit von Anwohnern gegenüber der Helligkeit und der Blendwirkung von Straßenlaternen Rücksicht genommen werden müsse, und zwar losgelöst von zwingenden rechtlichen Vorgaben und technischen Regelwerken, allein im Weg einer Bewertung der individuellen Zumutbarkeit. Aus der Berufungszulassungsbegründung der Beklagten ergibt sich aber nicht, dass das Verwaltungsgericht den vorliegenden Klägern einen solcherart begründeten, generalisierenden Rechtsanspruch überhaupt zugestanden oder dass es einen Rechtssatz aufgestellt hätte, anhand dessen sich die geschilderten, von der Beklagten angesprochenen Fragen verallgemeinerungsfähig beantworten ließen. Der vorliegende Fall ist ein Einzelfall. Das Berufungszulassungsverfahren dient nicht dazu, zu untersuchen, ob und wieweit sich das Urteil des Verwaltungsgerichts auf ähnliche Konstellationen in derselben Straße, im übrigen Gemeindegebiet der Beklagten oder gar in anderen Gemeinden übertragen lässt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert wurde gemäß § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG festgesetzt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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