Baurecht

Änderungsgenehmigung für Windenenergieanlage – Rüge fehlender bauplanungsrechtlicher Privilegierung durch Umweltverband

Aktenzeichen  RN 7 S 18.1984

Datum:
12.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 41421
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 16 Abs. 1
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 4, § 2 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BayBO Art. 82, Art. 83
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Privilegierung und die damit einhergehende Prüfung des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB sind umweltbezogene Rechtsvorschriften, die ein Umweltverband rügen kann. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bleiben Standort und Gesamthöhe einer Windenergieanlage gleich, führt eine Änderung (hier: Austausch des Anlagentyps) nicht zu einer derart erheblichen Änderung, dass der Charakter der Anlage in seinem Kernbestand grundlegend geändert würde und somit eine Neugenehmigung erforderlich wäre. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Begriff der Änderung in § 16 Abs. 1 BImSchG knüpft an ein Abweichen vom Genehmigungsbescheid und nicht vom tatsächlichen Anlagenbestand oder Anlagenbetrieb an. Es bedarf also noch keiner realisierten Anlage, vielmehr genügt eine genehmigte Anlage. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Änderungsverfahren beschränkt sich die rechtliche Überprüfung auf die geänderten Teile. Es kommt dabei auf die Beschaffenheit der geänderten Anlage und insbesondere die Auswirkungen der Änderung an. Die behördliche Prüfung darf sich deshalb nicht strikt auf den Gegenstand des Genehmigungsantrags beschränken. Es müssen vielmehr die etwaigen Auswirkungen der Anlagenänderung auf die Gesamtanlage und auf die Umgebung untersucht werden. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (Az. RN 7 K 18.1980) gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 30. November 2018 wird wiederhergestellt.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der eine anerkannte Vereinigung im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) ist, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezüglich der Errichtung und des Betriebs einer Windenergieanlage.
Am 27. Oktober 2014 erteilte das Landratsamt … die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Enercon E-101 auf dem Grundstück Fl.-Nr. 588 der Gemarkung … sowie einer Windenergieanlage des Typs Enercon E-82E2 auf dem Grundstück Fl.-Nr. 433 der Gemarkung … (im Folgenden alle Fl.-Nrn. der Gemarkung …).
Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 zeigte die ursprüngliche Genehmigungsinhaberin, die O. I. GmbH, die Änderung der Anlagen Fabrikat Enercon Typ E 101 und E82 [gemeint wohl E-82E2] in Anlagen des Fabrikates GE 126-139 sowie GE 126-110 [gemeint wohl je zwei Anlagen GE 2,75-120 mit einer Nabenhöhe von 139,0 m bzw. 110,0 m] an. Das Landratsamt … erließ daraufhin am 13. September 2016 einen Bescheid, nach dem die angezeigte Änderung eine unwesentliche Änderung gemäß § 15 BImSchG darstelle. Am 8. Dezember 2016 erließ das Landratsamt … eine Baugenehmigung hinsichtlich der geänderten Windenergieanlagen.
Am 14. November 2017 erteilte das Landratsamt … auf Antrag der O. I. GmbH vom 8. August 2017 hin einen Bescheid, mit dem es die Geltungsdauer der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 27. Oktober 2014 bis zum 31. Dezember 2018 verlängerte.
Die O. I. GmbH teilte infolge des Übergangs des Projektes Windkraft A. an die W2. A. GmbH mit Schreiben vom 8. Januar 2018 den Betreiberwechsel zum 11. Dezember 2017 gegenüber dem Landratsamt … mit.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 zeigte die W2. A. GmbH & Co. KG die Änderung des Anlagentyps der Windenergieanlage des Typs Enercon E-101 in eine Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140 gegenüber dem Landratsamt … an. Auf die Errichtung der Windenergieanlage auf Fl.-Nr. 433 wurde im Rahmen der Änderungsanzeige verzichtet. Daraufhin erließ das Landratsamt … am 16. Januar 2018 einen Bescheid, nach dem die angezeigte Änderung eine unwesentliche Änderung im Sinne des § 15 BImSchG darstelle. Zudem erteilte das Landratsamt für die geänderte Windenergieanlage unter dem 23. August 2018 eine baurechtliche Genehmigung.
Die Beigeladene zeigte infolge des Erwerbs der W2. A. GmbH mit Schreiben vom 13. April 2018 den Betreiberwechsel gegenüber dem Landratsamt … an.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 erhob der Antragsteller Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 16. Januar 2018 (Az. RN 7 K 18.1627), über die noch nicht entschieden wurde.
Auf Antrag der Beigeladenen ordnete das Landratsamt … am 17. Oktober 2018 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 16. Januar 2018 an.
Am 29. Oktober 2018 begehrte der Antragsteller hinsichtlich des für sofort vollziehbar erklärten Bescheids vom 16. Januar 2018 Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RN 7 S 18.1756).
Mit Beschluss vom 6. November 2018 untersagte das Gericht der Beigeladenen vorläufig, bis zu einer Entscheidung über den Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Fortführung der Arbeiten zur Errichtung der im Bescheid vom 16. Januar 2018 genannten Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140 auf der Fl.-Nr. 588.
Mit Beschluss vom 21. November 2018 ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers vom 4. Oktober 2018 an. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, es liege nach summarischer Prüfung eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Gegen diesen Beschluss legte die Beigeladene am 6. Dezember 2018 Beschwerde ein.
Die Beigeladene beantragte daraufhin am 23. November 2018 beim Landratsamt … die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140, Nabenhöhe 129,5 m, Rotordurchmesser 140,0 m auf der Fl.-Nr. 588 am bisherigen Standort der Windenergieanlage Enercon E-101. Die neue Windenergieanlage hat eine Nennleistung von 3.400 kW. Die bisher genehmigte Windenergieanlage Enercon E-101 hatte eine Nabenhöhe von 149 m, Rotordurchmesser 101 m und eine Nennleistung von 3.000 kW. Zugleich wurde auf die Errichtung der Windenergieanlage „Ost“ des Typs Enercon E-82 auf der Fl.-Nr. 433 verzichtet. Mit dem Antrag wurde ergänzend u.a. ein immissionsschutztechnisches Gutachten bezüglich Lärm und Schattenwurf vom 18. Dezember 2017 sowie ein landschaftspflegerischer Begleitplan vom 6. April 2018 (geändert am 2. Juli 2018) und eine gutachterliche Stellungnahme von natureconsult vom 19. Dezember 2017 zur Auswirkung der geplanten Änderung des Rotordurchmessers auf die Beurteilung des Kollisionsrisikos von Vogelarten eingereicht. Zudem beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 23. November 2018 die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Genehmigung.
Das betroffene Grundstück Fl.-Nr. 588 befindet sich im Außenbereich. Der Abstand zur Wohnbebauung „…“ in … beträgt ca. 1013 m, zum Anwesen „P.“ in … ca. 1064 m.
Mit Bescheid vom 30. November 2018 erließ das Landratsamt gegenüber der Beigeladenen den hier streitgegenständlichen Bescheid u.a. mit folgendem Tenor:
„1. Der EnBW W3. GmbH, vertreten durch Herrn R. A., nachstehend als Unternehmer bezeichnet, wird nach Maßgabe der nachfolgenden Nebenbestimmungen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Änderung der am 27.10.2014 und am 09.11.2016 genehmigten Windenergieanlage auf dem Grundstück Flur-Nr. 588 der Gemarkung …, Markt A., erteilt.
Die Änderung besteht insbesondere aus der Reduzierung der Gesamtanlage, bestehend aus zwei Windkraftanlagen, auf eine Windkraftanlage durch den Verzicht auf Verwirklichung der WEA „Ost“ Enercon E-82 auf Flur-Nr. 433 der Gemarkung …, Markt A. und die Änderung des Durchmessers der Rotorblätter von 101 m auf 140 m sowie der Anlagenleistung von 3000 kW Nennleistung auf 3.400 kW Nennleistung bei der verbleibenden Windkraftanlage.

2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wird angeordnet.
3. Die Bescheide vom 16.01.2018 (43-966-2012-IMMG) und vom 23.08.2018 (41N-73-2018-BAUG) werden aufgehoben.“
Die eingereichten Antragsunterlagen, u.a. das immissionsschutztechnische Gutachten, der landschaftspflegerische Begleitplan und die Stellungnahme von natureconsult, wurden zum Bestandteil der Genehmigung gemacht. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Die 10-H-Regelung sei nicht anwendbar, da sich weder Gesamthöhe noch Standort der Anlage veränderten, insoweit werde auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 6. Februar 2017 (Az. IIB5-4112.79-015/16) verwiesen. Bauordnungsrechtliche Fragen seien geprüft worden, soweit sich im Vergleich zur bestehenden Genehmigung Änderungen in der Beschaffenheit der Anlagen ergeben hätten.
Am 3. Dezember 2018 erhob der Antragsteller Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 30. November 2018 (Az. RN 7 K 18.1980), über die noch nicht entschieden wurde.
Daneben hat der Antragsteller am 3. Dezember 2018 den hier vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Regensburg gestellt.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 3.12.2018 gegen die der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30.11.2018 Az. 43-2144-2018-IMMG herzustellen.
Zur Begründung wird u.a. ausgeführt: Es werde massiv in den Artenschutz und Naturschutz eingegriffen, was irreparable Schäden hinsichtlich geschützter Arten im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatSchG zur Folge hätte. Des Weiteren verstieße die Genehmigung gegen Art. 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 BayBO. Da die streitgegenständliche Anlage den Mindestabstand zur nächstgelegenen maßgeblichen Wohnbebauung unterschreite, fehle es an einer Privilegierung. Zudem seien neue artenschutzrechtliche Gutachten notwendig. Die Maßgaben zur Methodik und Durchführung der artenschutzrechtlichen Prüfung des sogenannten „Bayerischen Windenergieerlasses“ in der aktuellen Fassung seien nicht erfüllt. Auch Aspekte des Landschaftsschutzes seien im Genehmigungsverfahren nicht geprüft worden. Daneben verstieße die Anlage gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB hinsichtlich des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft, diese Vorschrift sei eine umweltbezogene Rechtsvorschrift.
Das Landratsamt … beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ergänzend zum behördlichen Verfahren u.a. vorgetragen: Aufgrund weitreichender Auflagen seien die Anforderungen des Natur- als auch die des Artenschutzes eingehalten worden. Art. 82, 83 BayBO seien vorliegend nicht anwendbar, da nach Erteilung einer Genehmigung gemäß § 4 BImSchG nachträglich eine Windenergieanlage geändert werden solle, ohne dass sich die Gesamthöhe oder der Standort ändern würden. Insofern werde ergänzend auf die Anwendungshinweise zur 10-H-Regelung verwiesen.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen: Bei der Privilegierungsvorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB handele es sich um keine umweltbezogene Rechtsvorschrift, weshalb sich der Antragsteller darauf nicht berufen könne. Auch Art. 82 BayBO stelle keine umweltbezogene Rechtsvorschrift dar. Art. 82 BayBO finde außerdem im Rahmen des § 16 BImSchG nur dann Anwendung, wenn gerade die Änderung bauplanungsrechtliche Relevanz habe. Mangels Änderung des Standortes der Windenergieanlage bestehe keinerlei Bodenrechtsbezug gemäß § 29 Abs. 1 BauGB. Die zur ursprünglichen Genehmigung 2014 eingeholten Gutachten seien weiterhin anwendbar, aus dem bloßen Alter sei nicht auf fehlende Aussagekraft zu schließen. Zudem seien die Gutachten ergänzt worden durch die vorgelegte Stellungnahme des Büros natureconsult sowie dem vorgelegten landschaftspflegerischen Begleitplan.
Mit Beschluss vom 4. Dezember 2018 hat das Gericht der Beigeladenen vorläufig, bis zu einer Entscheidung über den Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Fortführung der Arbeiten zur Errichtung der im Bescheid vom 30. November 2018 genannten Windenergieanlage des Typs Senvion 3.4M 140 auf der Fl.-Nr. 588 untersagt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akten RN 7 K 18.1627, RN 7 S 18.1756, RN 7 K 18.1980) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage (Az. RN 7 K 18.1980) gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 30. November 2018 hat Erfolg, da er sowohl zulässig als auch begründet ist.
1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.
a) Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, da die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wegen der angeordneten sofortigen Vollziehung der Änderungsgenehmigung entfällt.
b) Der Antragsteller ist antragsbefugt.
Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2) und im Fall einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 oder deren Unterlassen die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend macht (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfs-Gesetzes folgt vorliegend aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Im Unterschied zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG bedarf es danach keines Vorhabens, mit dem die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer entsprechenden Vorprüfung einhergeht. Der Begriff des Vorhabens orientiert sich an der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 36 mit Verweis auf § 2 Absatz 2 UVPG a.F.). Gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 2 UVPG sind auch Änderungsvorhaben vom Begriff des Vorhabens umfasst. Die vorliegende – im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu erteilende – Änderungsgenehmigung gemäß § 16 BImSchG i.V.m. § 6 BImSchG ist als Zulassungsentscheidung zu qualifizieren (vgl. auch Jarass, BImSchG 2017, § 16 Rn. 71), da damit eine umfassende Zulassung des Vorhabens einhergeht.
Bei dem Antragsteller handelt es sich um eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UmwRG. Indem der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in natur- und artenschutzrechtlicher Hinsicht wie auch in landschaftspflegerischer Hinsicht erhebt, macht er auch geltend, dass die erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.
Der Antragsteller macht zudem geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich durch die Änderungsgenehmigung berührt zu sein. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zeigt, dass nach wie vor nicht jeglicher Rechtsverstoß rügefähig ist (vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 38), sondern eine gewisse Beschränkung vorhanden ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Novellierung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nicht durch einen zu eng gefassten Satzungsbezug konterkariert werden darf (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.15 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – juris Rn. 28; OVG Hamburg, B.v. 15.8.2018 – 1 Es 1/18.P – juris Rn. 45). Der Satzungszweck ist dementsprechend grundsätzlich weit auszulegen. Es genügt eine mittelbare Verknüpfung der Satzungsziele der Vereinigung mit dem geltend gemachten Rechtsverstoß und seinen negativen Folgen.
Ausweislich der Satzung des Antragstellers ist ein satzungsgemäßes Ziel des Antragstellers das verantwortliche Mitarbeiten daran, dass „die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne der §§ 1, 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) und der Naturschutzgesetze der Bundesländer konsequent verfolgt und verwirklicht werden“ (§ 2 Nr. 2 lit. a Halbs. 1 der Satzung des Antragstellers, abzurufen unter: https://www.landschaft-artenschutz.de/wp-content/uploads/Satzung-Stand-13.-Oktober-2018.pdf). Die Rüge der fehlenden baurechtlichen Privilegierung, also eines Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 BauGB i.V.m. § 249 Abs. 3 BauGB i.V.m. Art. 82, 83 BayBO weist einen ausreichenden Zusammenhang zur Satzung des Antragstellers auf. Schließlich geht mit der fehlenden Privilegierung eine Einordnung des Vorhabens als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB einher. Diese Einordnung wiederum bedingt eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (vgl. z.B. Belange des Naturschutzes, der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts, des Landschaftsbildes).
Damit macht der Antragsteller auch eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend, vgl. § 1 Abs. 4 UmwRG, § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 Umweltinformationsgesetz (BT-Drs. 18/9526, S. 38). Umweltbezogene innerstaatliche Rechtsvorschriften beschränken sich dabei gerade nicht auf Rechtsvorschriften, in denen der Begriff „Umwelt“ im Titel oder der Überschrift vorkommt. Entscheidender Faktor ist allein, ob sich die betreffende Rechtsvorschrift in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezieht (BT-Drs. 18/9526, S. 32). Der Gesetzgeber hat die Einbeziehung gerade auch bauplanungsrechtlicher Vorschriften („Bestimmungen im Planungsrecht“), die sich in irgendeiner Weise auf die Umwelt beziehen, beabsichtigt (BT-Drs. 18/9526, S. 32). Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Privilegierung und die damit einhergehende Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sind derartige umweltbezogene Rechtsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2017 – 22 CS 17.1574 – juris Rn. 72). Ein Umweltverband kann gerade auch eine fehlende Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB rügen (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris Rn. 28; VG München, B.v. 23.3.2018 – M 19 SN 17.4631 – juris Rn. 51; VG Weimar, B.v. 13.3.2017 – 7 E 155/17 We – juris Rn. 82).
2. Der Eilantrag ist auch begründet.
Das Gericht trifft dabei eine originäre Interessenabwägung (vgl. BVerwG, B.v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 12.07.2010 – 14 CS 10.327 – juris Rn. 21). Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzuwägen zwischen dem von der Behörde und dem Begünstigten geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich hingegen der Rechtsbehelf schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich erfolgreich, besteht kein Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Ist der Ausgang des Hauptsachverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung (vgl. BVerwG, B.v. 22.3.2010 – 7 VR 1.10 – juris Rn. 13). Bei einer behördlichen Sofortvollzugsanordnung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO prüft das Gericht vor der dargestellten Interessenabwägung zunächst, ob die formellen Voraussetzungen für die Sofortvollzugsanordnung gegeben sind.
a) Die mit der Änderungsgenehmigung gemeinsam erlassene Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 30. November 2018 ist formell-rechtlich ordnungsgemäß ergangen, insbesondere wird dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO entsprochen. Die vom Landratsamt unter dem 30. November 2018 getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den sich hieraus ergebenden Maßstäben. Die weitgehende Übernahme der von der Beigeladenen angeführten Gründe aus deren Sofortvollzugsantrag vom 23. November 2018 steht dem nicht entgegen, das Landratsamt kann sich die Gründe insofern zu eigen machen. Neben dem öffentlichen Interesse an der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung wird das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer zügigen Umsetzung herangezogen, um eine feste EEG-Förderung gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EEG erhalten zu können. Insofern handelt es sich nicht nur um formelhafte Wendungen, vielmehr liegt eine Begründung anhand des Einzelfalls vor. Dass die Argumentation dabei auch für andere W4. Platz greift und sich insoweit die Darlegungen gleichen (vgl. VG Gießen, B.v. 03.02.2011 – 8 L 5455/10.GI – juris), führt nicht zu einem formellen Mangel der Anordnung des Sofortvollzugs. Ob die dargelegten Erwägungen tatsächlich die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen, kann im Hinblick auf die formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO offen bleiben. Insoweit prüft das Gericht nicht die Entscheidung der Behörde nach, sondern trifft eine eigene Interessenabwägung.
b) In materieller Hinsicht überwiegt bei der nach § 80a Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht originär vorzunehmenden Interessenabwägung das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung und das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst baldigen Realisierung ihres Projektes. Maßstab für die Interessenabwägung ist bei dreiseitigen Rechtsverhältnissen insbesondere die Erfolgsaussicht des vom Dritten eingelegten Rechtsbehelfs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage geboten ist. Im zu entscheidenden Fall ist bei Anwendung des summarischen Prüfungsmaßstabes davon auszugehen, dass die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers zumindest überwiegen. Vor diesem Hintergrund fällt auch im Übrigen die Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers aus.
Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere besteht die Klagebefugnis gemäß § 2 UmwRG, siehe oben. Die Fristen nach § 2 Abs. 3 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 UmwRG sind offensichtlich gewahrt.
Die Anfechtungsklage erweist sich bei der gebotenen summarischen Prüfung nach Aktenlage auch als voraussichtlich begründet. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, der hier einschlägig ist, ist ein Rechtsbehelf nach § 2 Abs. 1 UmwRG gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG oder deren Unterlassen begründet, soweit die Entscheidung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind (vgl. nachfolgend aa)) und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert (vgl. nachfolgend bb)).
aa) Ein Verstoß gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften ist nach Aktenlage gegeben. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei den Vorschriften nach § 35 Abs. 1 bzw. Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB um umweltbezogene Rechtsvorschriften. Diese gehörten vorliegend auch zum Prüfungsmaßstab. Anders als bei der Frage, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 BImSchG vorliegt, bei der allein auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG abzustellen ist, beurteilt sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer wesentlichen Änderung auch am Maßstab des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Daher sind grundsätzlich auch andere öffentlich-rechtlich Vorschriften, also auch das Bauplanungsrecht, Prüfungsgegenstand der Änderungsgenehmigung (VGH BW, U.v. 12.3.2015 – 10 S 1169/13 – juris Rn 37).
Eine Genehmigung für den Austausch des Anlagentyps kann grundsätzlich im Rahmen der Änderungsgenehmigung erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2015 – 22 CS 15.686 – juris Rn. 35; U.v. 13.5.2005 – 22 A 96.40091 – juris Rn. 56). Beim streitgegenständlichen Vorhaben bleiben Standort und Gesamthöhe gleich, sodass die Änderung hier nicht zu einer derart erheblichen Änderung führt, dass der Charakter der Anlage in seinem Kernbestand grundlegend geändert würde und somit eine Neugenehmigung erforderlich wäre. Bei derartigen Änderungen bedarf es nicht automatisch einer Neugenehmigung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.6.2015 – 22 CS 15.686 – juris Rn. 35). Die Anwendung des § 16 Abs. 1 BImSchG ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt des Änderungsbescheids die Anlage noch nicht errichtet war. Der Begriff der Änderung in § 16 Abs. 1 BImSchG knüpft an ein Abweichen vom Genehmigungsbescheid und nicht von dem tatsächlichen Anlagenbestand oder Anlagenbetrieb an (Jarass, BImSchG 2017, § 16 Rn. 6). Es bedarf also noch keiner realisierten Anlage, es genügt eine bereits genehmigte Anlage, da bereits eine umfassende behördliche Überprüfung stattgefunden hat. Dennoch bleibt der Prüfungsmaßstab gleich, d.h. es besteht kein Unterschied zu dem Fall, in dem eine bestehende Anlage durch einen anderen Anlagentyp – z.B. im Rahmen eines sogenannten Repowering – ersetzt wird.
Grundsätzlich unterliegt eine Änderungsgenehmigung den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung, insbesondere muss die geänderte Anlage – wie ausgeführt – den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BImSchG entsprechen (vgl. VGH BW, B.v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 – juris Rn. 12). Allerdings beschränkt sich im Änderungsverfahren die rechtliche Überprüfung auf die geänderten Teile (vgl. VG Trier, B.v. 3.5.2013 – 5 L 324/13.TR – juris Rn. 15). Es kommt dabei auf die Beschaffenheit der geänderten Anlage und insbesondere die Auswirkungen der Änderung an. Die behördliche Prüfung darf sich deshalb nicht strikt auf den Gegenstand des Genehmigungsantrags beschränken. Es müssen vielmehr die etwaigen Auswirkungen der Anlagenänderung auf die Gesamtanlage und auf die Umgebung untersucht werden (OVG NRW, U.v. 9.12.2009 – 8 D 12.08.AK – juris Rn. 156; U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK – juris Rn. 114). Eine Einschränkung des Gegenstands der behördlichen Prüfung kann sich im Einzelfall daraus ergeben, dass die Änderung faktisch nicht notwendig die gesamte Anlage und ihren Betrieb beeinflusst (BVerwG, U.v. 21.8.1996 – 11 C 9.95 – juris Rn. 34; OVG NRW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK – juris Rn. 116). Zur genaueren Betrachtung ist daher zu differenzieren zwischen qualitativen und quantitativen Änderungen. Bei qualitativen Änderungen handelt es sich um Änderungen „innerhalb“ der vorhandenen Anlage, bei quantitativen Änderungen um Erweiterungen der Anlage (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.1996 – 11 C 9/95 – juris Rn. 35; Jarass, BImSchG 2017, § 16 Rn. 6; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht 87. EL 2018, § 16 Rn. 61). Die Bindungswirkung der Erstgenehmigung entfällt, soweit die Auswirkungen der Änderung reichen (BVerwG, U.v. 21.8.1996 – 11 C 9.95 – juris Rn. 34).
Vorliegend ist aufgrund der Änderung des Windenergieanlagentyps eine qualitative Änderung, mithin eine Änderung innerhalb der Anlage, gegeben. Es handelt sich nicht um eine Erweiterung oder eine Änderung einzelner Anlagenteile, vielmehr wird die gesamte Anlage ausgetauscht. Insofern hat die Änderung des Anlagentyps – trotz gleichen Standorts sowie gleicher Gesamthöhe – Auswirkungen auf die gesamte Anlage in bauplanungsrechtlicher Hinsicht, sodass der Änderung durchaus bauplanungsrechtliche Relevanz zukommt. Soweit das Landratsamt auf das Schreiben des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 6. Februar 2017 (Az. IIB5-4112.79-015/16) sowie die Anwendungshinweise zur 10-H-Regelung (abzurufen unter: https://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/ anwendungshinweise_der_10_h-regelung_stand_juni_20 16.pdf) abstellt, ist darauf zu verweisen, dass die dort geäußerte Rechtsauffassung für das Gericht keine Bindungswirkung entfaltet. Außerdem beziehen sich diese Hinweise teilweise auf unwesentliche Änderungen, die im Rahmen eines Anzeigeverfahrens gemäß § 15 BImSchG bearbeitet werden könnten (vgl. Schreiben vom 6. Februar 2017). Die Anwendungshinweise zur 10-H-Regelung sprechen darüber hinaus selbst davon, dass sich bei einem Änderungsvorhaben die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen (zunächst) auf die zu ändernden Anlagenteile oder betrieblichen Verfahrensschritte selbst bezieht. Zudem ist darauf zu verweisen, dass auch der Windenergie-Erlass Bayern (BayWEE) vom 19. Juli 2016 bei sogenanntem Repowering von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der 10-H-Regelung ausgeht, ohne insoweit Einschränkungen vorzunehmen (vgl. Nr. 5 Satz 4 BayWEE). Wie ausgeführt geht die Kammer davon aus, dass es im Rahmen des Änderungsverfahrens nach § 16 BImSchG keinen Unterschied macht, ob eine errichtete Anlage durch einen moderneren Typ ersetzt wird oder ob der Wechsel des Anlagentyps noch vor der Errichtung eine Windenergieanlage beantragt wird.
Davon ausgehend kommt der vorliegenden Änderung des Windenergieanlagentyps bauplanungsrechtliche Relevanz zu, da die geänderte Windenergieanlage als Anlage insgesamt am Maßstab des Bauplanungsrechts zu prüfen ist. Neben dem Umstand, dass eine qualitative Änderung vorliegt, die insgesamt dem Maßstab des § 6 Abs. 1 BImSchG genügen muss, ist zudem zu berücksichtigen, dass auch die deutliche Vergrößerung des Rotordurchmessers planungsrechtliche Relevanz hat. Die Steigerung des Rotordurchmessers von 101 m auf 140 m ist erheblich. Eine derartige Steigerung ist in der Lage, Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB, insbesondere § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, zu berühren. Insoweit sind die veränderten Auswirkungen des großen Rotordurchmessers auf Belange des Naturschutzes und auf das Landschaftsbild anzuführen. Mit der Vergrößerung des Rotordurchmessers geht eine Nutzungsintensivierung einher, die von der bisherigen Genehmigung nicht gedeckt war.
Dies zugrunde legend widerspricht das Vorhaben den bauplanungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere handelt es sich bei der streitgegenständlichen Änderung nicht um ein bauplanungsrechtlich privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der Beigeladenen ist nicht (mehr) nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 5, 249 Abs. 3 BauGB i.V.m. Art. 82, 83 BayBO bauplanungsrechtlich privilegiert, da die sogenannte 10-H-Regelung greift. Bei einer Gesamthöhe der Windenergieanlage von 199,5 m ergibt sich ein Mindestabstand von 1995 m zur nächsten, von der 10-H-Regelung geschützten Wohnbebauung. Dieser Mindestabstand wird vorliegend sowohl gegenüber der Wohnbebauung „…“ in … (ca. 1013 m) als auch gegenüber der Bebauung im … … in … (ca. 1064 m) nicht eingehalten. Bei beiden Gebieten handelt es sich zumindest um im Zusammenhang bebaute Ortsteile gemäß § 34 BauGB. Die Überleitungsvorschrift des Art. 83 BayBO ist nicht anwendbar, da zum maßgeblichen Stichtag des 4. Februar 2014 bezüglich des aktuellen Windenergieanlagentyps kein vollständiger Antrag im Sinne des Art. 83 BayBO vorlag. Art. 83 BayBO ist keine Standortsicherungsvorschrift (BayVGH, B.v. 24.7.2018 – 22 BV 17.2176 – juris Rn. 39), sondern vielmehr konkret anlagenbezogen (BayVGH, B.v. 24.7.2018 – 22 BV 17.2176 – juris Rn. 34).
Als nicht privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB wäre die streitgegenständliche Windenergieanlage voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigen würde. Die geänderte Anlage als nicht privilegiertes Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB, weil es sich von den am Standort vorzufindenden Formen der Bodennutzung als wesensfremd abhebt. Der Außenbereich erfüllt u.a. die Funktion, für die naturgegebene Bodennutzung sowie als Erholungslandschaft der Allgemeinheit zu dienen. Dem steht die gewerbliche Nutzung mit einem Baukörper, der außergewöhnlich hoch (199,5 m) und weithin sichtbar ist, entgegen. Darüber hinaus beeinträchtigt eine Windenergieanlage auch das Landschaftsbild sowie Belange des Naturschutzes. Der Umstand, dass im Gegensatz zur ursprünglichen Genehmigung aus dem Jahr 2014 kein privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mehr vorliegt, führt dazu, dass es keines besonderen Gewichts der entgegenstehenden Belange bedarf. Deshalb spricht viel dafür, dass die Windenergieanlage als sonstiges Vorhaben Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt und insoweit auch umweltbezogene Rechtsvorschriften verletzt. Selbst bei auf die Änderung beschränkter Betrachtung lediglich der Erhöhung der überstrichenen Fläche durch den Rotor ist bei einer Steigerung des Rotordurchmessers um fast 40% wohl von einer zusätzlichen Beeinträchtigung des Landschaftsbilds auszugehen. Ob zudem Belange des Artenschutzes trotz Festsetzung einschlägiger Auflagen beeinträchtigt würden und ob eine ausreichende fachliche Beurteilungsgrundlage gemäß dem aktuellen Windkraft-Erlass vorliegt, kann dahinstehen.
bb) Schließlich werden durch die wohl rechtswidrig erteilte Änderungsgenehmigung auch Belange berührt, die zu den satzungsgemäßen Zielen des Antragstellers gehören, nämlich solche des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Wegen der fehlenden baurechtlichen Privilegierung des Vorhabens war eine Auseinandersetzung mit naturschutzrechtlichen und landschaftspflegerischen Belange mit anderen Maßstäben geboten.
Nach alledem spricht Überwiegendes für einen Erfolg der Klage.
Eine Interessenabwägung im gegebenen Fall ergibt vor dem Hintergrund der überwiegenden Erfolgsaussichten der Klage, dass vorliegend dem vom Antragsteller geltend gemachten Suspensivinteresse Vorrang vor dem Interesse der Beigeladenen an einem Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zukommt. Mit der Errichtung der streitgegenständlichen Anlage würden Tatsachen geschaffen, die im Hinblick auf die vom Kläger vertretenen Umweltbelange (Naturschutz, Landschaftsbild) schwer umkehrbar sind. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 80 Abs. 1 VwGO im vorliegenden Fall – anders als im Falle einer Baugenehmigung und des dahingehend einschlägigen § 212a BauGB – grundsätzlich den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Klage vorsieht. Das Interesse der Beigeladenen, eine verzögerte Inbetriebnahme der Anlage mit Wegfall einer festen EEG-Förderung, muss demgegenüber zurücktreten. Die Planung der Errichtung von Anlagen im Außenbereich erfolgt im Hinblick auf mögliche Rechtsmittel Dritter grundsätzlich auf eigenes Risiko.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Der Beigeladenen konnten Kosten auferlegt werden, weil sie einen eigenen Antrag gestellt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz i.V.m. Nrn. 19.2, 2.2.2, 1.2 und 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs.


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