Baurecht

Anfechtung der Zustimmung des Nachbarn zum Bauvorhaben wegen arglistiger Täuschung

Aktenzeichen  M 11 SN 18.3863

Datum:
25.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26489
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 123

 

Leitsatz

Ein Irrtum über Umstände außerhalb der Bauvorlagen betrifft die Zustimmung des Nachbarn nicht und stellt einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Auch Irrtümer über Umstände und Aussagen des Bauherrn oder sonstiger Personen, die keinen Niederschlag in den Bauvorlagen gefunden haben, begründen – ungeachtet von Beweisproblemen – keinen Anfechtungsgrund. Das gilt auch im Hinblick auf eine arglistige Täuschung in entsprechender Anwendung des § 123 BGB. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung … Das Grundstück grenzt an der Südseite an das Grundstück FlNr. … an, weiter südlich befinden sich die Grundstücke FlNrn. … und …, östlich das Grundstück FlNr. … Die Beigeladene stellte unter dem 10. September 2015 einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung neuer Busparkplätze und Sanierung der bestehenden PKW Parkplätze auf den Grundstücken FlNrn. …, …, … und … Die hierzu vorgelegten Bauvorlagen vom 12. Juni 2015 waren von der Antragstellerin unterschrieben. Vorgesehen war ein Wendeplatz mit sieben Busstellplätzen südlich und einem Busstellplatz nördlich davon. In den Bauplänen findet sich ein vom Bauherrn unterschriebener Rotvermerk mit Datum 22. Juli 2015, wonach der nördlich des Wendeplatzes befindliche Stellplatz entfallen soll. Im Hinblick auf die Forderung der unteren Immissionsschutzbehörde, durch eine Schranke eine Zu- und Abfahrt von Bussen während der Nachtzeit zu sperren, wurde eine geänderte Planung mit Datum 26. September 2016 mit einer Darstellung der Schranke eingereicht. Der Roteintrag war in dieser Planung nicht enthalten.
Mit Bescheid vom 16. März 2017 erteilte das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) der Beigeladenen antragsgemäß nach Maßgabe der mit Genehmigungsvermerk vom 27. Februar 2017 (im Bescheid irrtümlich mit Datum 16. März 2017 bezeichnet) versehenen Bauvorlagen vom 26. September 2016 die Baugenehmigung. Eine Zustellung an die Antragstellerin erfolgte nicht. Die Baubeginnsanzeige für den Baubeginn am 7. August 2017 ging am 8. August 2017 beim Landratsamt ein.
Mit Schreiben an das Landratsamt vom 24. April 2018 ließ die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten die Nachbarunterschrift wegen arglistiger Täuschung durch die Direktorin des Hotels „…“ (im Folgenden: Direktorin des …hotels) anfechten und zugleich beantragen, bis 30. April 2018 Lärmschutzmaßnahmen als nachträgliche Auflagen anzuordnen und die Nutzung des Parkplatzes für den Verkehr jeglicher Art zu untersagen, solange solche Lärmschutzeinrichtungen nicht vorhanden seien.
Die Antragstellerin hat durch ihren Bevollmächtigten am 16. Mai 2018 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt die Antragsgegnerin zu verpflichten, Lärmschutzmaßnahmen als nachträgliche Auflagen anzuordnen, die Immissionen und Emissionen von an- und abfahrenden Bussen auf ein Mindestmaß reduzieren sowie die Nutzung des Busparklatzes während der Zeit der Bayerischen Landesausstellung vom 3. Mai bis 4. November 2018 in … zu untersagen, solange derartige Lärmschutzmaßnahmen noch nicht vorhanden sind (M 11 E 18.2326).
Zur Begründung wurde geltend gemacht, die Antragstellerin wende sich nicht gegen den neuen Busparkplatz als solchen, mit dem sie einverstanden gewesen sei, sowie die erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Busparkplatzes für eine überschaubare Zahl von Gästen des Hotels …, sofern ihre subjektiven Rechte sowie das Gebot der Rücksichtnahme gewahrt würden. Sie wende sich lediglich dagegen, dass der Parkplatz entgegen der Zusicherung der Direktorin des …hotels als zentraler Busparkplatz für … und nicht als Parkplatz für die Gäste des …hotels diene. Der Antrag sei zulässig, da die Antragstellerin ihre Nachbarunterschrift wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten habe. Zur Glaubhaftmachung der Aussagen der Direktorin des …hotels wurden eidesstattliche Versicherungen der Antragstellerin und des Bevollmächtigten vorgelegt und ausgeführt, die Antragstellerin sei von der Direktorin des …hotels, deren Inhaberin die Beigeladene sei, getäuscht worden. Diese habe ihr im Rahmen eines Gesprächs anlässlich der Nachbarunterschrift erklärt, auf dem Parkplatz würden ausschließlich Busse von Hotelgästen abgestellt. Die Antragstellerin werde hiervon nichts mitbekommen, da eine umfangreiche Grünanpflanzung als Lärmschutz vorgesehen sei, die so dicht sei, dass sie von den Bussen überhaupt nichts mitbekommen werde. Darüber hinaus werde eine Schrankenanlage installiert, um die Nachbarschaft nicht durch Immissionen zu belästigen. Sollte es dennoch zu Lärmbelästigungen kommen, sei die Beigeladene bereit, die Belästigungen umgehend durch geeignete Schutzmaßnahmen jeglicher Art abzustellen. Auf diese Aussagen und Zusicherungen hin habe die Antragstellerin die vorgelegten Baupläne unterzeichnet. Mitte April habe der Bevollmächtigte bemerkt, dass im Vorfeld der vom 3. Mai 2018 bis 4. November 2018 stattfindenden Landesausstellung ein Hinweisschild auf den Busparkplatz errichtet wurde und am 23. April 2018 beim Landratsamt Auskunft hinsichtlich des Inhalts der Baugenehmigung erbeten. Erst im Rahmen dieser Anfrage habe die Antragstellerin erfahren, dass die Schrankenanlage eine Auflage zum Schutz der Nachbarschaft während der Nachtzeit gewesen sei. Eine schriftliche Ausfertigung der Baugenehmigung sei der Antragstellerin verweigert worden. Eine weitere Nachfrage bei der Gemeinde … habe ergeben, dass der Parkplatz während der bayerischen Landesausstellung als einziger Busparkplatz innerhalb des Gemeindebereichs von … vorgesehen sei. Die Aussagen der Direktorin des …hotels seien insofern falsch, als arglistige Täuschung der Beigeladenen zuzurechnen und kausal für die Abgabe der Nachbarunterschrift gewesen. In der Sache wurde ausgeführt, der Busparkplatz verletze die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten aus dem Gebot der Rücksichtnahme. Die Nutzung der Reisebusstellplätze in unmittelbarer Nähe zum Hausgarten der Antragstellerin störe diese über das zumutbare Maß hinaus. Die nähere Umgebung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Die Antragstellerin verweist auf das besondere Störpotenzial von Stellplätzen für abgeschirmte Hausgartenbereiche, das über den Lärm durch Zu- und Abfahrtsverkehr hinausgehen würde. Es sei Aufgabe des Bauherrn, den Nachweis zu erbringen, dass die Benutzung der Stellplätze die Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus störe. Der für die Busstellplätze vorgesehene Standort sei bisher unvorbelasteter Außenbereich gewesen. In der Baugenehmigung sei unter anderem beinhaltet, dass der Busparkplatz nur in Betrieb gehen dürfe, wenn die Schrankenanlage funktionsfähig und seitens der Baugenehmigungsbehörde abgenommen sei. Der Bauherrin seien Auflagen im Hinblick auf Lärmschutzvorkehrungen insbesondere u.a. zum Grundstück der Antragstellerin erteilt worden. Das Landratsamt sei nicht gewillt, die in der Baugenehmigung beinhalteten Auflagen und Nebenbestimmungen gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen. Obwohl der Parkplatz seit Herbst 2017 benutzt werde und eine zwischenzeitlich installierte funktionsfähige Schrankenanlage vorhanden sei, sei seitens des Landratsamtes nichts unternommen worden, um den im Übrigen baurechtswidrigen Zustand abzustellen.
Durch Beschluss vom 25. Juni 2018 hat das Gericht hat den Antrag vom 16. Mai 2018 im Verfahren M 11 E 18.2326 abgelehnt. Im Wesentlichen wurde die Ablehnung des Antrags mit dem Vorrang des Rechtsschutzes nach den §§ 80 und 80 a VwGO gegenüber dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gemäß § 123 Abs. 5 VwGO begründet. Zugleich wurde aber bereits vorsorglich darauf hingewiesen und in der Folge näher begründet, dass auch ein Antrag nach § 80a, § 80 Abs. 5 VwGO aller Voraussicht nach erfolglos sein dürfte. Auf den Beschluss vom 25. Juni 2018 und seine Begründung wird Bezug genommen.
Die Klägerin ließ durch Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. August 2018, eingegangen bei Gericht am 6. August 2018 Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 16. März 2017, Az.: …, erheben (M 11 K 18.3862) und zugleich beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen.
Zur Begründung wurde zunächst der Vortrag, dass die Antragstellerin durch eine zurechenbare und kausale arglistige Täuschung durch die Direktorin des …hotels zur Abgabe ihrer Nachbarunterschrift bewegt worden sei, wiederholt und vertieft. Über das bereits zur Begründung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 16. Mai 2018 im Verfahren M 11 E 18.2326 hinaus Vorgebrachte wurde darauf hingewiesen, dass auch die Miteigentümer der FlNr. * der Gemarkung …, die dem Bauvorhaben zunächst zugestimmt hätten, zwischenzeitlich ihre Zustimmung in Form der Nachbarunterschrift ebenfalls wegen arglistiger Täuschung durch die Direktorin des …hotels angefochten hätten. Der gegenständliche Busparkplatz sei gegenüber der Antragstellerin rücksichtslos. Das Grundstück der Antragstellerin liege in einem Mischgebiet. Bei dem Busparkplatz handele es sich jedoch nicht um eine untergeordnete Nebenanlage i.S.d. § 14 BauNVO, da er nicht lediglich dem Hotel als Hauptnutzung diene, sondern einen zentralen Busparkplatz für die Landesaustellung darstelle. Auch könne ein derartiger Parkplatz weder nach § 6 Abs. 2 noch nach § 6 Abs. 3 BauNVO genehmigt werden. Der Busparkplatz füge sich somit nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein und sei deshalb rücksichtslos. Die Immissionsbelastung stelle einen Verstoße gegen § 3 Abs. 1, § 22 BImSchG dar. Die Businsassen müssten am Anwesen der Antragstellerin in beide Richtungen vorbeilaufen. Oftmals sei es so, dass Busfahrer mit den Bussen den Parkplatz verließen und die Busse dann unmittelbar vor dem Anwesen der Antragstellerin abstellen würden und dann mit laufendem Motor auf die Gäste warten würden. Hierdurch sei es für die Antragstellerin unmöglich die Fenster zum …-Platz hin zu öffnen. Zudem würden viele Busfahrer die Gäste bereits vor Passieren der Schrankenanlage, mithin vor dem Anwesen der Antragstellerin aussteigen lassen, was zu zusätzlichen Lärmbeeinträchtigungen führe. Busfahrer würden auf dem Wendehammer das Kreisfahren üben. Zeitweise seien die Motoren wegen der hohen Temperaturen im Sommer die ganze Standzeit über im Betrieb, um die Busse herunterzukühlen. Darüber hinaus trage zur Lärmbelästigung bei, dass der Parkplatz seit geraumer Zeit von Kindern und Hotelgästen als Bolzplatz bzw. Spielplatz genutzt werde. Im Folgenden wurde eine bereits mit der Antragsbegründung im Verfahren M 11 E 18.2326 vorgelegte Aufstellung von lärmrelevanten Ereignissen und Busan- und -abfahrten in aktualisierter Form (bis einschließlich 14. Juli 2018) erneut vorgelegt. Ab 19 Uhr herrsche in der Regel kein Busverkehr mehr. Wenn aber Veranstaltungen im Rahmen der Bayerischen Landesausstellung stattgefunden hätten, sei es vorgekommen, dass Busse den Parkplatz nach 22 Uhr und sogar nach 23 Uhr verlassen hätten. Zudem öffne sich die Schrankenanlage auch nach 22 Uhr für abfahrende bzw. ankommende Busse. Auch sei kein Hinweisschild angebracht, das Busfahrer auf das Verbot des Befahrens zwischen 22 Uhr und 6 Uhr aufmerksam machen würde. Im Folgenden wurde näher ausgeführt, dass der Parkplatz sich als rücksichtslos darstelle, da der der Ruhe und Erholung dienende rückwärtige Gartenbereich der Antragstellerin unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt werde. Das seitens der Beigeladenen vorgelegte Immissionsgutachten sei fehlerhaft, da beim Anwesen der Antragstellerin nur im Eingangsbereich auf der Nordseite ein Immissionsort (IO 2) angesetzt worden sei und nicht auch im weiteren westlich angrenzenden Bereich, insbesondere im Bereich der Terrasse, des Balkons im 1. OG sowie des angrenzenden Gartenbereichs. Auch gehe das Gutachten von falschen Voraussetzungen aus. So gehe das Gutachten davon aus, dass die Schrankenanlage unmittelbar auf dem …-Platz errichtet werde, was bedeute, dass die anfahrenden Busse zunächst auf Höhe der Schrankenanlage mit laufendem Motor anhalten müssten. Die Immissionen am IO 2 seien damit erhöht, was im Gutachten allerdings nicht berücksichtigt werde. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass ein Großteil der Busse die Insassen nicht auf dem Parkplatz sondern bereits vor der eigentlichen Schranke aussteigen ließen, was ebenfalls zu einer erhöhten Immissionsbelastung am IO 2 führen würde. Auch werde in der Stellungnahme der Lieferverkehr für den Hotel- und gastronomischen Betrieb nicht berücksichtigt. Auch seien die vom ebenfalls auf FlNr. … liegenden Pkw-Parkplatz ausgehenden Immissionen nicht berücksichtigt worden. Die installierte Schrankenanlage führe auch hinsichtlich der Pkw zu erhöhten Immissionen am IO 2. Auf diesbezügliche Bedenken des Landratsamts sei in der schalltechnischen Untersuchung nicht eingegangen worden. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass von Touristenbussen größere Emissionen ausgingen als von Linienbussen, da hierbei auch Rangierbewegungen, Türenschlagen und Gespräche mit hohem Informationsgehalt typisch seien. Durch Reisebusse würden durch das Aussteigen und Sammeln der Reisegruppen sowie etwaigen Ansagen von Reiseleitern nochmals höhere Emissionen auftreten. Selbst bei Einhaltung der TA-Lärm-Richtwerte sei auf das Störpotenzial im Einzelfall abzustellen und die Rücksichtslosigkeit deshalb zu bejahen. Die schalltechnische Untersuchung sei auch bereits deshalb überholt, da bei der Gelegenheit einer Sanierung des Pkw-Parkplatzes weitere sieben Stellplätze geschaffen worden seien, sodass sich auf dem Pkw-Parkplatz derzeit 25 Stellplätze befänden. Darüber hinaus würden weitere Pkw, offenbar unter Duldung der Beigeladenen, auf der angrenzenden Wiese abgestellt, wenn die 25 Stellplätze belegt seien. Auch habe sich die schalltechnische Untersuchung dadurch erledigt, dass die Beigeladene nicht wie in der Baugenehmigung vorgesehen, den Parkplatz 0,24 m sondern stattdessen abweichend 1,20 m über Geländeniveau angelegt habe. Hierdurch ergebe sich ein größeres Immissionsstörpotenzial für die Nachbarschaft.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Die Klage im Hauptsacheverfahren sei wegen der geleisteten Unterschrift der Antragstellerin zum streitgegenständlichen Bauvorhaben bereits unzulässig, jedenfalls aber offensichtlich unbegründet. Hierzu wurde auf die Ausführungen im Beschluss vom 25. Juni 2018 im Verfahren M 11 E 18.2326 verwiesen. Die – irrtümliche – Abweichung der genehmigten Baupläne in der Fassung vom 12. Juni 2015 betreffend die mit Roteintrag vorgenommene Streichung eines Busparkplatzes nördlich des Wendeplatzes sei vom Landratsamt in Abstimmung mit der Beigeladenen in den genehmigten Plansätzen des Bauherrn und der Gemeinde per Roteintrag vom 13. September 2018 korrigiert worden. Dabei könne offenbleiben, wann der erste Roteintrag erfolgt sei. Falls die Streichung des Busparkplatzes in den Plänen vom 12. Juni 2015 erst nach der Nachbarunterschrift vorgenommen worden sei, sei eine erneute Beteiligung entbehrlich gewesen, da sich die öffentlich-rechtliche Rechtsstellung der Antragstellerin dadurch nur verbessert habe. Falls die Streichung vorher erfolgt sei, seien die Plansätze – wie von Anfang an beabsichtigt – nun kongruent.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten erwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.
Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre.
Der vorliegend gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist aufgrund der geleisteten Unterschrift der Antragstellerin zu dem Vorhaben bereits unzulässig. Die Zustimmung des Nachbarn zum Vorhaben durch seine Unterschrift beinhaltet einen Verzicht auf alle materiell-rechtlichen subjektiv-öffentlichen Rechte. Dies hat zur Folge, dass der Nachbar wie auch seine Rechtsnachfolger in Bezug auf dieses Bauvorhaben nicht mehr eigene öffentlich-rechtlich geschützte Rechte geltend machen können und entsprechende Rechtsbehelfe daher bereits unzulässig sind (so Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 160 unter Hinweis auf BayVGH, U.v. 31.10.1979; ebenso BayVGH, B.v. 22.3.2000 – 2 ZB 98.2545 – juris Rn. 3). Jedenfalls aber kommt eine materielle Prüfung der von der Zustimmung erfassten Nachbarrechte nicht mehr in Betracht und eine entsprechende Klage wäre damit offensichtlich unbegründet.
Entsprechend der im Eilverfahren möglichen und ausreichenden summarischen Prüfung nach Aktenlage müsste die Antragstellerin die wirksame Zustimmung zu dem Vorhaben gegen sich gelten lassen, was dazu führen würde, dass eine Rechtsverletzung durch die Baugenehmigung von vornherein ausscheiden würde.
Die Antragstellerin konnte ihre Zustimmung nicht wirksam anfechten. Ein Anfechtungsgrund in Form einer arglistigen Täuschung liegt nicht vor.
Maßgeblich für die Willensbildung der Zustimmung des Nachbarn zu einem Vorhaben sind die von ihm unterschriebenen Bauvorlagen. Mit seiner Unterschrift stimmt der Nachbar dem Vorhaben so zu, wie es sich nach den unterschriebenen Bauvorlagen darstellt. Ein Irrtum über Umstände außerhalb der Bauvorlagen betrifft seine Zustimmung nicht und stellt einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Beruht ein Irrtum des Nachbarn über das Bauvorhaben auf einer unzureichenden Prüfung der Bauunterlagen, so liegt kein Anfechtungsgrund vor (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 135 unter Hinweis auf BayVGH, B.v. 20.6.1994 – 26 B 92.272). Auch Irrtümer über Umstände und Aussagen des Bauherrn oder sonstiger Personen, die keinen Niederschlag in den Bauvorlagen gefunden haben, begründen – ungeachtet von Beweisproblemen – keinen Anfechtungsgrund. Das gilt auch im Hinblick auf eine arglistige Täuschung in entsprechender Anwendung des § 123 BGB. Insofern obliegt es dem Nachbarn, bei Zweifeln, ob seine Nachbarrechte nach Maßgabe der Baupläne gewahrt sind, seine Unterschrift zu verweigern oder entsprechende Vorbehalte auf den Bauvorlagen zu vermerken. Der Nachbar, der sich auf Umstände und mündliche Aussagen verlässt, die keinen Niederschlag in den Bauvorlagen gefunden haben, handelt auf eigenes Risiko – ein Irrtum scheidet insoweit aus.
Dementsprechend kommt ein Irrtum der Antragstellerin hinsichtlich der behaupteten Erklärungen, die in den Bauvorlagen keinen Niederschlag gefunden haben, nicht in Betracht. Soweit sich die Antragstellerin auf Abweichungen des Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung bzw. die Nichterfüllung von Auflagen beruft, handelt es sich von vornherein nicht um einen Irrtum über das genehmigte Bauvorhaben.
Schließlich bleibt auch die Abweichung der genehmigten Baupläne in der Fassung vom 26. September 2016 von den von der Antragstellerin unterzeichneten Bauplänen in der Fassung 12. Juni 2015 im Rahmen des vorliegenden Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne Auswirkungen. Die Abweichungen betrafen die planerische Darstellung der von Seiten des Immissionsschutzes geforderten Schranke zur Sperre des Zu- und Abfahrtsverkehrs während der Nachtzeit und wirkten sich ausschließlich zugunsten der Antragstellerin aus. Im Zusammenhang mit dem von der Antragstellerin nicht problematisierten Umstand, dass in den genehmigten Bauvorlagen die Übernahme der im Bauplan vom 15. Juni 2015 mit Roteintrag vorgenommenen Streichung eines Busparkplatzes nördlich des Wendeplatzes fehlt – ob die Streichung vor oder nach der Unterschrift erfolgte, ergibt sich aus den Planunterlagen nicht – wird vorsorglich auf Folgendes hingewiesen: Auch wenn die Streichung vor der Unterschrift erfolgt, die Abweichung erheblich und eine materielle Prüfung der Baugenehmigung veranlasst wäre, lägen die Voraussetzungen für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Maßgabe einer Interessenabwägung voraussichtlich nicht vor. Dabei wäre zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem fehlenden Roteintrag in den genehmigten Plänen um ein Versehen auf Seiten der Beigeladenen handeln dürfte. Auch die Beigeladene geht entsprechend ihrer Stellungnahme weiter davon aus, dass der Parkplatz auf der nördlichen Seite des Wendeplatzes gestrichen worden ist. Eine zeitnahe Beeinträchtigung von Rechten der Antragstellerin droht insofern nicht. Zudem wurde die Streichung des Busparkplatzes in Abstimmung mit der Beigeladenen per Roteintrag vom 13. September 2018 korrigiert.
Darüber hinaus wäre der Antrag selbst bei unterstellter Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.
Die Ausführungen der Antragstellerin verfangen nicht, soweit sie sich rein auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beziehen, da die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit als solche nicht nachbarschützend ist. Was die drittschützenden Regelungen über die Art der baulichen Nutzung angeht, ist anzumerken, dass aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten Fotos entweder bereits von einer Außenbereichslage des Busparkplatzes auszugehen ist, sodass die Eigenart des Gebiets, in dem das Anwesen der Antragstellerin liegt, nicht tangiert wird oder aber, im Falle einer etwaigen Innenbereichslage die Gebietseinstufung als Mischgebiet durch einen Stellplatz für Busse, selbst wenn es sich hierbei um eine Hauptanlage handeln sollte, nicht in Frage gestellt wird, da gemäß § 12 BauNVO Stellplätze für Busse in Mischgebieten auch über den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf hinaus zulässig sind.
Schließlich sind die Erfolgsaussichten einer Nachbarklage der Antragstellerin selbst unter Berücksichtigung eines weiteren Stellplatzes nördlich des Wendeplatzes im Hinblick auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme wegen des besonderen Belästigungspotentials eines Busparkplatzes in der Nähe eines rückwärtigen Hausgartenbereichs allenfalls offen. Ob trotz der nachvollziehbaren und dem Flächennutzungsplan entsprechenden Einstufung des Grundstücks der Antragstellerin und der näheren Umgebung als Mischgebiet durch den Antragsgegner, die Einhaltung der Lärmrichtwerte und die – auch in Bezug auf den Stellplatz nördlich des Wendeplatzes – immer noch verhältnismäßig große Entfernung zum Grundstück der Antragstellerin (ca. 20 m) sowie die dazwischen befindliche Grünfläche eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vorläge, wäre in einem Hauptsacheverfahren im Rahmen einer Ortsansicht zu beurteilen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog, wobei für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des voraussichtlich im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts angenommen worden ist.


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