Baurecht

Anordnung zur Bauantragsstellung

Aktenzeichen  M 1 S 19.1029

Datum:
20.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9738
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5 S. 1,  § 155 Abs. 1 S. 1
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 4, Art. 57, Art. 76 S. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
VwZVG Art. 21a, Art. 29 Abs. 2

 

Leitsatz

Erstreckt sich eine Anordnung auf mehrere selbständige bauliche Anlagen oder Bauteile oder verschiedene Räume oder auf mehrere sachlich selbständige Bestandteile oder Handlungen oder Unterlassungen, muss für jede Handlung wegen des auch insoweit geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG jeweils ein eigenes Zwangsgeld angedroht oder ein angedrohter Zwangsgeldbetrag entsprechend aufgeteilt werden. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. März 2019 gegen Nummer 2 des Bescheides vom 8. Februar 2019 wird angeordnet. Soweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nummer 1 des Bescheides vom 8. Februar beantragt ist, wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 3/4, der Antragsgegner zu 1/4.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,– festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags für überdachte Holzlagerplätze/Schuppen und eine damit ergangene Zwangsgeldandrohung.
Der Antragsteller betreibt auf den Grundstücken FlNr. 128, 128/2, 129, 130, 131, 621 Gemarkung … (die im Folgenden genannten Flurnummern liegen alle in derselben Gemarkung) einen gewerblichen Holzhandel.
Die zwei streitgegenständlichen Holzlagerplätze/Schuppen liegen zum einen im westlichen Teil des Grundstücks FlNr. 129, zum anderen auf der Grundstücksgrenze zwischen dem westlichen Teil des Grundstücks FlNr. 128 und dem nördlichen Teil des Grundstücks FlNr. 131. Sie sind überdacht und nach einer Messung aus den Karten der Bayerischen Vermessungsverwaltung ca. 100 m voneinander entfernt. Der Holzlagerplatz/Schuppen auf den Grundstücken FlNr. 128 und 131 besteht aus zwei Baukörpern, die zusammenhängend errichtet wurden.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass nach behördlichen Feststellungen auf dem Grundstück FlNr. 130 überdachte Lagerplätze ohne Bauantrag errichtet worden seien. Dem Antragsteller wurde eine Frist für die Stellung entsprechender Bauanträge oder den Rückbau der Lagerplätze bis zum 21. November 2018 gesetzt.
Der Antragsteller nahm per E-Mail vom 6. November 2018 dahingehend Stellung, dass der Baukörper auf dem Grundstück FlNr. 129 seit Erstellung, welche vermutlich vor dem Jahre 2000 erfolgte, unverändert sei. Ein Plan sei damals in Absprache mit dem Landratsamt nicht erforderlich gewesen. Der alte Schuppen auf dem Grundstück FlNr. 131 sei im Zuge des Neubaus von Wohnhaus und Ausstellungsgebäude im Jahr 2007 unverändert und flächengleich eins zu eins ca. 10 Meter Richtung Norden verschoben worden.
Das Landratsamt teilte dem Antragsteller per E-Mail vom 7. November 2018 mit, dass es zu dem Baukörper auf dem Grundstück FlNr. 129 keine derartige Aussage getroffen habe und es weiterhin darauf bestehe, dass die entsprechenden Pläne für die Bauvorhaben bis zum 28. November 2018 bei der Gemeinde eingereicht werden.
Mit Schreiben vom 28. November 2018 bat der Antragsteller das Landratsamt um eine Fristverlängerung bis Ende Februar 2019, weil derzeit keine Kapazitäten bei Ingenieur- und Planungsbüros frei seien. Es sei bisher nicht möglich gewesen, einen kompetenten Ansprechpartner für das Vorhaben zu finden. Das Landratsamt kam der Bitte mit Schreiben vom 29. November 2018 teilweise nach und gewährte dem Antragsteller eine Fristverlängerung bis zum 16. Januar 2019. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass bei Nichteinhaltung der gesetzten Frist mit einer kostenpflichtigen Anordnung zu rechnen sei. Die Frist wurde nach persönlicher Vorsprache des Antragstellers beim Landratsamt am 10. Januar 2019 nochmals bis zum 31. Januar 2019 verlängert.
In einem dem Landratsamt am 31. Januar 2019 persönlich übergebenen Schreiben vom 27. Januar 2019 nahm der Antragsteller erneut Stellung und gab an, dass das Grundstück FlNr. 131 gemäß Freiflächenplan vom 12. Januar 2011 als Lagerplatz für Holz genehmigt worden sei. Auch im Hinblick auf die derzeit genutzte Teilfläche des Grundstücks FlNr. 128 habe das Landratsamt die Lagerung von Holz erlaubt. Der Antragsteller dürfe daher das Holz auf den betroffenen Flächen zulässigerweise lagern. Im Übrigen müsse kein Bauantrag gestellt werden, da gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BayBO Regale mit einer Höhe bis zu 7,50 m Oberkante Lagergut verfahrensfrei seien. Diese Voraussetzungen sowie alle weiteren Voraussetzungen für ein verfahrensfreies Bauvorhaben lägen hier vor. Des Weiteren sei dem Landratsamt das Stellen des Regals aufgrund diverser Ortstermine bekannt gewesen. Es seien mehrmals mündliche Zustimmungen erfolgt. Mit weiterem Schreiben vom 27. Januar 2019 äußerte der Antragsteller, er beantrage eine Nutzungsänderung für eine verfahrensfrei errichtete landwirtschaftliche Scheune auf dem Grundstück FlNr. 129. Das Gebäude solle künftig der Lagerung von Holz und der Unterbringung von Geräten, Fahrzeugen und Maschinen des Gewerbebetriebs dienen. Dem Antrag wurde ein Lageplan im Maßstab 1:1000 sowie ein Grundriss und Schnitt A-A der Scheune, jeweils im Maßstab 1:100, beigefügt.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2019, dem Antragsteller am 12. Februar 2019 zugestellt, verpflichtete das Landratsamt den Antragsteller unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 4. März 2019 einen entsprechenden Bauantrag für die überdachten Holzlagerplätze/Schuppen (im beigefügten Foto mit 1 und 2 dargestellt) bei der Gemeinde einzureichen (Nummer 1). Sollte die Verpflichtung in Nummer 1 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt werden, werde ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 2.000,– fällig (Nummer 2). Hinsichtlich der Verpflichtung aus Nummer 1 wurde der sofortige Vollzug angeordnet (Nummer 3).
Der Bescheid wurde damit begründet, dass die Anforderungen zur Planvorlage gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO erfüllt seien. Die in Rede stehenden baulichen Anlagen befänden sich teilweise im Innenbereich (FlNr. 129), teilweise im Außenbereich (FlNr. 130 und 131). Die baulichen Anlagen seien genehmigungspflichtig. Es läge keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c BayBO vor. Die mit Schreiben vom 27. Januar 2019 beim Landratsamt beantragte Nutzungsänderung für eine Scheune auf dem Grundstück FlNr. 129 genüge nicht den formalen Anforderungen an einen Bauantrag und sei zudem nicht gemäß Art. 64 Abs. 1 BayBO bei der Gemeinde eingereicht worden. Die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich Nummer 1 des Bescheides sei nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anzuordnen gewesen, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, eine geordnete bauliche Entwicklung zu gewährleisten und Gefahren auch für die Rechtsordnung zu verhindern. Ohne Anordnung des Sofortvollzugs könne die Vorlage eines Antrags bei einer Klage auf Jahre hinaus verzögert werden. Die Aufforderung zur unverzüglichen Einreichung eines Planes sei daher nicht nur erforderlich und geeignet, sondern auch das mildeste anwendbare Mittel. Die Frist zur Vorlage eines Bauantrags sei wegen bereits mehrfach erfolgte Fristverlängerung ausreichend bemessen. Die Androhung des Zwangsgeldes beruhe auf den Art. 29, 31 und 36 VwZVG.
Am … März 2019 hat der Antragsteller Klage (M 1 K 19.1020) gegen den Bescheid vom 8. Februar 2019 zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben. Gleichzeitig beantragt er in diesem Verfahren,
die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 8. Februar 2019 auszusetzen.
Zur Begründung verwies der Antragsteller auf seine Ausführungen im Schreiben an das Landratsamt vom 27. Januar 2019.
Der Antragsgegner tritt dem entgegen und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Über die Bescheidsbegründung hinaus wird ausgeführt, der Antragsteller könne keine genehmigten Bauunterlagen für die in Rede stehenden Gebäude vorweisen. Das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 129 sei nicht verfahrensfrei als landwirtschaftliche Scheune errichtet worden. Die Vorschrift in Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO greife nicht, weil die dort genannten Höchstwerte zur Brutto-Grundfläche bzw. überdachten Fläche überschritten seien. Im Übrigen seien bereits großzügige Fristverlängerungen für die Anfertigung und Beibringung der Antragsunterlagen gewährt worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 1 K 19.1020 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist teilweise begründet.
1. Der vom Antragsteller gestellte Antrag auf „Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 8. Februar 2019“ ist gem. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO ist dahingehend auszulegen, dass neben der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags (Nummer 1) auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Nummer 2) begehrt wird.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Nummer 1 des Bescheides vom 8. Februar 2019 ist entfallen, weil der Antragsgegner in Nummer 3 des Bescheides die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Mit einem gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaften Antrag kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
Soweit der Antrag gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheides gerichtet ist, ist er ebenfalls zulässig und statthaft. Nach Art. 21a VwZVG haben Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen.
3. Der Antrag ist teilweise begründet. Soweit er sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags gemäß Nummer 3 des Bescheides vom 8. Februar 2019 richtet, ist er unbegründet. Soweit er sich gegen die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von EUR 2.000,– gemäß Nummer 2 des Bescheides richtet, ist er begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen bzw. wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die aufschiebende Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Neben den formellen Anforderungen an die Anordnung des Sofortvollzugs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sind im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall nur die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos.
a) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Verpflichtung zur Bauantragsstellung in Nummer 3 des Bescheides ist unbegründet.
aa) Die Anordnung des Sofortvollzugs gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinsichtlich der Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Sie erfüllt die Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Die Begründung kann durchaus knapp gehalten sein, aus ihr muss jedoch hervorgehen, dass und warum die Verwaltung im Einzelfall dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Dabei sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, jedoch müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe, die die Behörde zum Ausschluss des Suspensiveffekts bewogen haben, angegeben werden. Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 80 Rn. 247).
Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 8. Februar 2019 genügt diesen Anforderungen. Der Antragsgegner hat ausreichend substantiiert und einzelfallbezogen dargelegt, warum er die Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags für sofort vollziehbar erklärt hat. Hiernach soll die Aufforderung zur unverzüglichen Einreichung eines Planes dem dringenden öffentlichen Interesse dienen, nämlich eine geordnete bauliche Entwicklung zu gewährleisten und Gefahren auch für die Rechtsordnung zu verhindern, die die Durchführung und Nutzung von Bauvorhaben ohne genehmigte Bauvorlagen mit sich bringen. Diese Begründung mit dem Hinweis, dass andernfalls bei einer Klage die Vorlage eines Antrages auf Jahre hinaus verzögert werde, zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war.
bb) Die Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags gemäß Nummer 1 des Bescheides vom 8. Februar 2019 erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Anordnung zur Bauantragsstellung ist Art. 76 Satz 3 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird.
Die Verpflichtung zur Bauantragsstellung ist formell und materiell voraussichtlich rechtmäßig.
Art. 76 Satz 3 BayBO gibt der Bauaufsichtsbehörde die Befugnis zu verlangen, dass ein Bauantrag (Art. 64 BayBO) gestellt wird. Dies kommt in Betracht, wenn ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt werden soll bzw. bereits ausgeführt wurde. Wie bei der Baueinstellung genügt es, wenn bei objektiver Betrachtung konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Sachverhalts bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2006 – 14 ZB 06.1133 – juris Rn. 2). Die Anordnung darf nicht ergehen, wenn sich ohne weiteres feststellen lässt, dass es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben handelt. Ist die Verfahrensfreiheit der Anlage zwischen dem Bauherrn und der Bauaufsichtsbehörde jedoch gerade streitig, kann die Bauaufsichtsbehörde zur Prüfung der Verfahrensfreiheit die Einreichung entsprechender Unterlagen verlangen. Ob das Vorhaben den materiell – rechtlichen Anforderungen des Genehmigungsmaßstabes entspricht, wird von der Bauaufsichtsbehörde erst später in dem mit dem Bauantrag eingeleiteten Genehmigungsverfahren geprüft (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 76 Rn. 317 f.; König in König/Schwarzer, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 76 Rn. 38). Erst im Zuge dessen kann somit der Vortrag des Antragstellers zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorgaben berücksichtigt werden.
Bei den im Bescheid als Holzlagerplätze/Schuppen bezeichneten Anlagen auf den Grundstücken FlNr. 129 sowie 128 und 131 handelt es sich um genehmigungspflichtige Vorhaben (vgl. unter (1)), die bisher nicht genehmigt wurden (2) und für die kein ordnungsgemäßer Bauantrag gestellt wurde (3). Auch die sonstigen zur Anordnung der Bauantragsstellung erforderlichen Voraussetzungen sind gegeben (4).
(1) Die Anlagen sind genehmigungspflichtige Vorhaben i.S.d. Art. 55 Abs. 1 BayBO.
Gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO bedarf die Errichtung einer Anlage der Baugenehmigung, soweit in Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO nichts anderes bestimmt ist. Der Begriff der Anlage ist in Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO definiert. Danach sind Anlagen bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayBO. Unter dem Begriff der baulichen Anlage versteht man gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO die mit dem Erdboden verbundenen, aus Bauprodukten hergestellten Anlagen. Ist die bauliche Anlage selbständig benutzbar, überdeckt und kann von Menschen betreten werden, handelt es sich um ein Gebäude i.S.d. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, wird für die Einordnung einer baulichen Anlage als Gebäude lediglich die Überdeckung, d. h. ein Abschluss nach oben gefordert. Die Anlage muss nicht räumlich vollkommen umschlossen sein (vgl. BayVGH, U.v. 8.6.2010 – 9 B 08.3162 – juris Rn. 15; Dirnberger in: Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 2 Rn. 247). Die Anlagen wurden freistehend errichtet und sind selbständig benutzbar. Sie verfügen über ein Dach und werden zur Lagerung von Holz genutzt, welches nach dem Schreiben des Antragstellers vom 27. Januar 2019 offenbar im Inneren der Baukörper gestapelt gelagert wird. Die Baukörper sind somit überdeckt und können von Menschen betreten werden. Es handelt sich bei ihnen daher um Gebäude i.S.d. Art. 2 Abs. 2 BayBO und damit auch um Anlagen nach Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO.
Die auf dem Grundstück FlNr. 129 sowie auf dem Grundstück FlNr. 128 und 131 errichteten Anlagen sind weder nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder c BayBO, noch nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b oder Nr. 16 Buchst. c BayBO verfahrensfrei.
Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO dürfen Gebäude i.S.d. Art. 2 Abs. 2 BayBO ohne Genehmigung errichtet werden, wenn der Brutto-Rauminhalt nicht größer als 75 m3 ist und sich das Baugrundstück nicht im Außenbereich befindet. Nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO ist die Errichtung oder Änderung von freistehenden Gebäuden ohne Feuerungsanlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 201 BauGB dienen, nur eingeschossig und nicht unterkellert sind, höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche und höchstens 140 m² überdachte Fläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind, verfahrensfrei.
Es handelt sich vorliegend um zwei in Bezug auf die Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 BayBO getrennt zu betrachtende Bauvorhaben i.S.v. Art. 55 Abs. 1 BayBO. Das eine Bauvorhaben stellt der Baukörper auf dem westlichen Teil des Grundstück FlNr. 129, das andere Bauvorhaben die beiden zusammenhängend errichteten Baukörper auf den Grundstücken FlNr. 128 und 131 dar. Beide Bauvorhaben überschreiten jeweils einen Brutto-Rauminhalt von 75 m3 und eine Brutto-Grundfläche von 100 m2, sodass eine Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder c BayBO bereits aufgrund der Größe der Gebäude ausscheidet. Denn das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 129 weist nach einer Messung aus den Karten der Bayerischen Vermessungsverwaltung eine überdachte Fläche von ca. 165 m2 und eine Grundfläche von ca. 150 m2 auf. Diese Messung deckt sich weitestgehend mit den dem Antrag auf Nutzungsänderung beigefügten Plänen des Antragstellers, in denen die Grundfläche mit 144 m2 und die Rauminnenhöhe mit 2,81 m bis 3,81 m angegeben wurde. Die überdachte Fläche der beiden aneinandergebauten Gebäude auf den Grundstücken FlNr. 128 und 131 beträgt nach einer Messung aus den Karten der Bayerischen Vermessungsverwaltung ca. 290 m2.
Die Anlagen sind nicht als Lagerplätze nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b BayBO verfahrensfrei. weil Lager-, Abstell- und Austellungsplätze nur begrifflich abgegrenzte Flächen sind, die außerhalb von Gebäuden für das Lagern, Abstellen und Ausstellen Gegenständen genutzt werden (vgl. BayVGH, U.v. 26.9.1988 – 14 B 87.02669 – BayVBl 1989, 181).
Die Anlagen sind – entgegen der Auffassung des Antragstellers – nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BayBO verfahrensfrei. Hierbei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass von der Vorschrift lediglich größere Regale umfasst werden, die nicht mehr bloß als Einrichtungsgegenstände oder Geräte, sondern als selbständige bauliche Anlagen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO behandelt werden. Nur wenn es sich um solche Regale handelt, können diese gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BayBO mit einer Höhe bis zu 7,50 m Oberkante Lagergut verfahrensfrei errichtet werden. Die Vorschrift ist jedoch auf (größere) Regale beschränkt und umfasst nicht die Gebäude, innerhalb derer die Regale errichtet worden sind. Es handelt in diesem Fall bei Gebäude und Regal um selbständige bauliche Anlagen, deren Genehmigungspflichtigkeit voneinander getrennt zu beurteilen ist (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 2 Rn. 51; Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 57 Rn. 363). Der Antragsteller kann sich im Hinblick auf die Anlagen somit unabhängig davon, ob in ihnen (größere) Regale errichtet worden sind, nicht auf Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BayBO berufen, weil die Gebäude selbst keine Regale sind und damit nicht vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst sind.
Für die Anordnung zur Stellung eines Bauantrags wäre es im Übrigen ausreichend, wenn die Verfahrensfreiheit – wie hier – zwischen der Bauaufsichtsbehörde und dem Bauherrn streitig ist. Die Bauaufsichtsbehörde darf die Bauantragsstellung nämlich bereits dann verlangen, wenn Zweifel an der Verfahrensfreiheit bestehen und die entsprechenden Unterlagen zur Feststellung der Verfahrensfreiheit benötigt werden. Selbst wenn man daher hinsichtlich der Verfahrensfreiheit der Bauvorhaben zu einem anderen Ergebnis käme, würde die Zweifel an der Verfahrensfreiheit für die Anordnung zur Bauantragsstellung ausreichen.
(2) Die genehmigungspflichtigen Vorhaben sind bisher vom Landratsamt nicht genehmigt worden.
Der Antragsteller hat zwar vorgetragen, dass das Landratsamt eine „mündliche Zustimmung“ zu den Gebäuden erteilt hat. Diese Behauptung wurde jedoch vom Landratsamt zurückgewiesen, und es wurde dem Antragsteller in der E-Mail vom 7. November 2018 mitgeteilt, dass derartige Aussagen nicht getroffen worden seien. Da sich weder im Behördenakt noch sonst Anhaltspunkte für eine „Zustimmung“ zu den Vorhaben finden und der Antragsteller auch keine Unterlagen hierzu vorlegen konnte, ist im Rahmen der summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren davon auszugehen, dass für die Anlagen auf den Grundstücken FlNr. 129 sowie 128 und 131 weder eine formgerechte Genehmigung i.S.v. Art. 68 Abs. 2 BayBO noch eine Duldung seitens des Landratsamts ausgesprochen wurde.
Eine Genehmigung kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Flächen, auf denen die Anlagen errichtet wurden, in einem etwaigen Freiflächengestaltungsplan als Lagerflächen für Holz dargestellt sind. Ein Freiflächengestaltungsplan ist im Baugenehmigungsverfahren als Bestandteil des Bauantrags vorzulegen bzw. von der Behörde zu verlangen, wenn ein Bebauungsplan das vorschreibt oder wenn im Vollzug einer Satzung nach Art. 81 BayBO oder des Bayerischen Naturschutzgesetzes die Gestaltung der Außenanlagen von erheblicher Bedeutung ist (vgl. Taft in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 7 Rn. 64). Selbst wenn der Freiflächenplan somit eine Lagerfläche für Holz vorsieht, ist davon nicht zugleich auch die Errichtung eines Gebäudes umfasst.
(3) Der Antragsteller hat nach der Aktenlage seine Pflicht zur Stellung eines Bauantrags jedenfalls bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht erfüllt. Für die genehmigungspflichtigen Bauvorhaben ist bisher kein ordnungsgemäßer Bauantrag i.S.d. Art. 64 BayBO eingereicht worden.
Der Antragsteller hat am 31. Januar 2019 lediglich für das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 129 einen von ihm selbst unterschriebenen Antrag auf Nutzungsänderung beim Landratsamt eingereicht. Dem Antrag aus dem Schreiben vom 27. Januar 2019 wurde ein Lageplan im Maßstab von 1:1000 sowie ein Grundriss und Schnitt (A-A) im Maßstab von 1:100 beigefügt. Damit hat der Antragsteller seiner Pflicht aus Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. der BauVorlV nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Der Antragsteller ist wohl bereits nicht bauvorlageberechtigt i.S.v. Art. 61 BayBO. Er gehört weder zu dem in Art. 61 Abs. 2 BayBO genannten Personenkreis, noch hat er vorgetragen, dass er nach Art. 61 Abs. 3 oder Abs. 4 BayBO vorlageberechtigt ist. Für eine fehlende Vorlageberechtigung spricht das Schreiben des Antragstellers vom 28. November 2018, indem er dem Landratsamt mitteilte, dass er sich um die Beauftragung eines Ingenieur- und Planungsbüros bemühe, bei diesen aber derzeit keine Kapazitäten frei wären. Der Bauantrag leidet daher voraussichtlich schon an einem erheblichen Mangel i.S.v. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Die vorgelegten Unterlagen entsprechen darüber hinaus sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Anzahl nicht den Vorgaben der BauVorlV. Dem Bauantrag fehlen u.a. die Ansichten der baulichen Anlage unter Angabe von Baustoffen und Farben (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 BauVorlV). Zudem sind die Bauvorlagen nicht dreifach i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV eingereicht worden. Ein ordnungsgemäßer Bauantrag i.S.v. Art. 64 BayBO liegt folglich weder für das Bauvorhaben auf dem Grundstück FlNr. 129 noch für das Bauvorhaben auf dem Grundstück FlNr. 128 und 131 vor.
(4) Die sonstigen Voraussetzungen für die Anordnung zur Bauantragsstellung sind ebenfalls gegeben.
(a) Die Anordnung ist gegenüber dem Antragsteller als Bauherrn der Anlagen ergangen. Als Handlungsstörer ist er richtiger Adressat der Anordnung (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 76 Rn. 320).
(b) In Nummer 1 des Bescheides vom 8. Februar 2019 wurde angeordnet, dass ein entsprechender Bauantrag bis spätestens zum 4. März 2019 bei der Gemeinde einzureichen ist. Da der Bescheid dem Antragsteller am 12. Februar 2019 zugestellt wurde, hatte dieser knapp drei Wochen für die Einreichung eines entsprechenden Bauantrags. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Landratsamt den Antragsteller bereits mehrfach zur Einreichung eines Bauantrags aufgefordert hat und der Antragsteller selbst in seinem Schreiben vom 28. November 2018 eine Fristverlängerung bis Ende Februar 2019 für ausreichend angesehen hatte, ist die Frist bis zum 4. März 2019 als angemessen anzusehen.
(c) Die Anordnung zur Stellung eines Bauantrags ist ermessensfehlerfrei ergangen und genügt insbesondere den Anforderungen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO steht das Verlangen zur Stellung eines Bauantrags im Ermessen der Behörde. Stellt diese fest, dass ein genehmigungspflichtiges Vorhaben ohne erteilte Baugenehmigung errichtet wurde, entspricht es regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, den Bauherrn zur Einreichung eines Bauantrags aufzufordern (sog. intendiertes Ermessen). Die Anordnung zur Bauantragsstellung ist allerdings dann ermessensfehlerhaft, wenn offensichtlich ist, dass die Bauvorhaben zwar genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig sind. In diesem Fall würde es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn die Behörde die Pläne anfordert, obwohl die Unzulässigkeit der Bauvorhaben bereits feststeht (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.1996 – 15 ZB 93.1602 – BeckRS 1996, 16909; Decker in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 76 Rn. 323 f.). Die nachträgliche Genehmigung der Anlagen ist jedenfalls nicht von vornherein und gänzlich ausgeschlossen. Im Übrigen stellt die Anordnung zur Bauantragsstellung im Vergleich zur deutlich stärker beschwerenden Anordnung der Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsanordnung das mildeste Mittel dar, um sicherzustellen, dass eine Nutzung in Übereinstimmung mit den öffentlichen Vorschriften erfolgt.
cc) Der Antragsgegner ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein besonderes Vollzugsinteresse i.S.v. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besteht.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ist bei der Verpflichtung zur Bauantragsstellung der Regelfall, weil bei einer illegalen Errichtung die Vorbildwirkung dieser Maßnahme eine Nachahmung vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens und damit eine Verfestigung baurechtswidriger Zustände befürchten lässt. Es entsteht die Gefahr der Breitenwirkung. Mit der sofort vollziehbaren Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags wird vermieden, dass die präventive Kontrolle der Bauaufsicht (erfolgreich) unterlaufen werden kann. Im Übrigen liegt es auch im besonderen Interesse des Pflichtigen, möglichst rasch Klarheit über die Genehmigungsfähigkeit seiner baulichen Anlagen zu erhalten (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 135. EL September 2019, Art. 76 Rn. 348 und Rn. 350). Das besondere Vollzugsinteresse gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist daher vorliegend gegeben.
b) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Höhe von EUR 2.000,– in Nummer 2 des Bescheides ist unbegründet.
Die Zwangsgeldandrohung erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, weil nicht für jedes der beiden Bauvorhaben ein eigenes Zwangsgeld angedroht worden ist. Die Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO fällt daher zugunsten des pflichtigen Antragstellers aus.
Die Androhung eines Zwangsmittels muss sich auf ein bestimmtes, in Art. 29 Abs. 2 VwZVG genanntes Zwangsmittel beziehen (Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG) und auch ansonsten bestimmt genug sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Erstreckt sich die Anordnung auf mehrere selbständige bauliche Anlagen oder Bauteile oder verschiedene Räume oder auf mehrere sachlich selbständige Bestandteile oder Handlungen oder Unterlassungen, muss für jede Handlung wegen des auch insoweit geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG jeweils ein eigenes Zwangsgeld angedroht oder ein angedrohter Zwangsgeldbetrag entsprechend aufgeteilt werden (vgl. VG München, U.v. 28.10.1975 – Nr. M 548 I 73 – BayVBl 1976, 632; Decker in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 76 Rn. 380). Das Zwangsgeld darf in einem solchen Fall also nicht einheitlich (pauschal) angedroht werden, sondern muss vielmehr hinsichtlich der unterschiedlichen, vom Vollstreckungsschuldner vorzunehmenden Maßnahmen differenziert ergehen (vgl. dazu auch Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, § 18 Rn. 192a und § 19 Rn. 133a). Im Bescheid vom 8. Februar 2019 wurde der Antragsteller in Nummer 1 dazu verpflichtet, für die überdachten Anlagen (im Foto mit 1 und 2 dargestellt) unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 4. März 2019 einen entsprechenden Bauantrag bei der Gemeinde einzureichen. Nach Nummer 2 soll ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 2.000,– zur Zahlung fällig werden, wenn der Antragsteller seiner Verpflichtung in Nummer 1 des Bescheides nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nachkommt. In der Zwangsgeldandrohung in Nummer 2 wurde jedoch nicht zwischen dem Bauvorhaben auf dem Grundstück FlNr. 129 und dem Bauvorhaben auf den Grundstücken FlNr. 128 und 131 differenziert. Da es sich hierbei aber um selbständige bauliche Anlagen handelt, die im Übrigen ca. 100 m auseinanderliegen und mit zeitlichen Abstand errichtet worden sind, hätte das Landratsamt für jedes der Bauvorhaben ein eigenes Zwangsgeld androhen oder das angedrohte Zwangsgeld entsprechend aufteilen müssen. Da dies hier nicht geschehen ist, verstößt die Zwangsgeldandrohung in Nummer 2 des Bescheides gegen das Bestimmtheitsgebot in Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG und ist nach summarischer Prüfung in nicht rechtmäßiger Weise ergangen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten bei einem teilweisen Obsiegen und teilweise Unterliegen der Beteiligten entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Ob und in welchem Ausmaß ein Obsiegen bzw. Unterliegen vorliegt, ist nach dem Verhältnis zum Streitgegenstand zu bestimmen (vgl. Schenke/Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 155 Rn. 2). Vorliegend obsiegt der Antragsteller lediglich im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung und unterliegt hinsichtlich der im Bescheid ausgesprochenen Hauptverpflichtung. Es ist daher verhältnismäßig, dem Antragsteller 3/4 und dem Antragsgegner 1/4 der Kosten aufzuerlegen.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummer 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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