Baurecht

Anspruch auf Herstellung einer weiteren Grundstückszufahrt (hier verneint)

Aktenzeichen  8 ZB 20.896

Datum:
1.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26793
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2, § 144 Abs. 4
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1 S. 1
BayStrWG Art. 17
BGB § 242

 

Leitsatz

1. Der dem § 144 Abs. 4 VwGO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke, dass allein die fehlerhafte Begründung einer Entscheidung, welche sich im Ergebnis als richtig erweist, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft, ist auch im Berufungszulassungsverfahren zu berücksichtigen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG findet auf allgemeine behördliche Zusagen keine Anwendung, sodass für sie auch die Erfordernisse der Schriftform und Behördenzuständigkeit nicht gelten. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der sog. Anliegergebrauch (Art. 17 BayStrWG) sichert die Erreichbarkeit eines innerörtlichen (Buch-)Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 18.224 2020-03-03 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger begehren die Herstellung einer weiteren Zufahrt zu ihrem Grundstück.
Die Kläger sind Eigentümer des unbebauten Grundstücks FlNr. … der Gemarkung M., welches sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „… … … …“ vom 13. März 2017 befindet. Als verkehrsmäßige Erschließung sieht der Bebauungsplan eine öffentliche Stichstraße über das Nachbargrundstück FlNr. … vor, über welche die Anbindung an einen neu gebauten Kreisverkehrsplatz im Bereich der E. und W. Straße (St …) erfolgt. Die Kläger begehren von der Beklagten, dass eine öffentliche Zufahrt auf direktem Wege vom Knotenpunkt „Abfahrt …“/ Ecke W. Straße zu ihrem westlich an die W. Straße grenzenden Grundstück erstellt wird.
Die darauf gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 3. März 2020 abgewiesen. Ein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Herstellung der von den Klägern begehrten öffentlichen Zufahrtsstraße ergebe sich weder aus einer erteilten Zusicherung noch aus der Vorschrift über die Straßenbaulast oder dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs.
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, und 5 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/834; BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 8 m.w.N.).
Nach diesem Maßstab bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten dazu haben, dass eine öffentliche Zufahrtsstraße vom Knotenpunkt „Abfahrt …“/Ecke W. Straße zum angrenzenden Grundstück der Kläger erstellt wird. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus einer entsprechenden Zusage durch die Beklagte noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage.
1.1 Der klägerische Einwand, das Gericht habe nicht alle Tatsachen ordnungsgemäß berücksichtigt und sich nicht vor Ort ein Bild gemacht, reicht zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht aus. Insofern rügen die Kläger in der Sache vor allem Fehler bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Solche Fehler sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich (BayVGH, B.v. 19.10.2018 – 8 ZB 18.1235 – BayVBl 2019, 237 = juris Rn. 25 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19). Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt jedoch nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten (VGH BW, B.v. 11.2.2019 – 12 S 2789/18 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 21.6.2012 – 18 A 1459/11 – juris Rn. 9; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 67). Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist in einem solchen Fall nur dann gegeben, wenn gute Gründe aufgezeigt werden, dass die tatsächlichen Feststellungen augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt dafür nicht (BVerwG, B.v. 26.9.2016 – 5 B 3.16 D – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 17).
Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel lassen sich dem Vorbringen der Kläger nicht entnehmen. Der pauschale Einwand, das Verwaltungsgericht hätte eine Inaugenscheinnahme zur Situation vor Ort (Lage in einer künstlichen Senke, Umweg) durchführen müssen, vermag die Richtigkeit der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht in Zweifel zu ziehen. Von Seiten der Kläger ist bereits nicht nachvollziehbar dargelegt worden, warum sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung habe aufdrängen müssen (vgl. dazu unter 4.) Im Übrigen kommt das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf die Ausführungen des Vertreters des Staatlichen Bauamts zu dem Ergebnis, dass die von den Klägern beanstandete Höhendifferenz auch bei einer Erschließung über die begehrte zweite Zufahrt hingenommen werden müsste, da dann ebenfalls die Errichtung einer Rampe nötig sei. Ferner geht das Erstgericht explizit nicht auf die genauen Höhenverhältnisse ein mit der Begründung, dass die Kläger nicht beanspruchen könnten, dass die von ihnen begehrte Zufahrt besser als die tatsächlich errichtete Zufahrt sei. Ebenso wenig sei der von den Klägern bemängelte und von den Verkehrsteilnehmern hinzunehmende Umweg als Frage der Bequemlichkeit oder Leichtigkeit vorteilhafter Verkehrspositionen schutzwürdig (vgl. UA S. 11 f.). Die Kläger haben keine Gründe aufgezeigt, die diese Feststellungen des Erstgerichts ernstlich in Zweifel ziehen könnten. Die lediglich vorgetragene abschreckende Wirkung auf potentielle Käufer oder Mieter des klägerischen Grundstücks führt zu keiner anderen Beurteilung.
1.2 Offensichtlich im Ergebnis zu Recht (§ 144 Abs. 4 VwGO entsprechend) hat das Verwaltungsgericht einen Herstellungsanspruch auch auf der Grundlage einer Zusicherung bzw. Zusage verneint.
Unzutreffend hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung insoweit allerdings auf Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gestützt, wonach eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedarf. Dabei hat es übersehen, dass die Klage nicht auf Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern auf die tatsächliche Herstellung einer öffentlichen Zufahrt(sstraße), mithin auf einen Realakt gerichtet ist (vgl. Klageantrag). Die Kläger machen dementsprechend keinen Anspruch aufgrund einer Zusicherung, sondern auf der Grundlage einer allgemeinen behördlichen Zusage geltend, die andere Verwaltungsmaßnahmen als Verwaltungsakte zum Gegenstand hat (vgl. ThürOVG, U.v. 28.4.2015 – 4 KO 392/08 – juris Rn. 107; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 38 Rn. 1).
Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nur auf das Entscheidungsergebnis bezogen und nicht auf einzelne Begründungselemente einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Der dem § 144 Abs. 4 VwGO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke, dass allein die fehlerhafte Begründung einer Entscheidung, welche sich im Ergebnis als richtig erweist, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft, ist auch im Berufungszulassungsverfahren zu berücksichtigen. Auch ein solches Antragsverfahren soll aus prozessökonomischen Gründen nicht um eines Fehlers willen fortgeführt werden, der mit Sicherheit für das endgültige Ergebnis des Rechtsstreits bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9 f.; BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 8 ZB 18.2125 – juris Rn. 11; B.v. 30.9.2014 – 20 ZB 11.1890 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 4.7.2014 – 1 A 891/13 – juris Rn. 3; vgl. auch Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 98). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der den Erfolg des Zulassungsantrags ausschließende Gesichtspunkt ohne weiteres auf der Hand liegt und der Kläger vor Ergehen der Entscheidung über den Zulassungsantrag Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 a.a.O. juris Rn. 17; OVG NRW, B.v. 17.7.1998 – 24 B 370/98 – juris Rn. 39). So liegt der Fall hier. Auf den Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Verwaltungsgericht unzutreffend einen klägerischen Anspruch aufgrund einer Zusicherung i.S.v. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG verneint hat, hat der Kläger keine weiteren Gesichtspunkte aufgezeigt, welche die Richtigkeit des angefochtenen Urteils für sich genommen in Zweifel ziehen könnten.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG auf allgemeine behördliche Zusagen keine Anwendung findet, sodass für sie auch die Erfordernisse der Schriftform und Behördenzuständigkeit nicht gelten (BVerwG, B.v. 6.8.2001 – 4 VR 23.01, 4 A 44.01 – Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 14 = juris Rn. 5; B.v. 10.11.2006 – 9 B 17.06 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 6.7.2006 – 4 B 05.504 – juris Rn. 34; OVG LSA, U.v. 21.3.2012 – 3 L 301/11 – juris Leitsatz 2 und Rn. 29). Auch die allgemeine Zusage setzt indes einen Bindungswillen der Behörde mit Verbindlichkeitsanspruch voraus, wovon nur auszugehen ist, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Handlung später vorzunehmen oder zu unterlassen (vgl. BVerwG, B.v. 6.8.2001 a.a.O.; Stelkens in Stelkens/ Bonk/ Sachs, a.a.O., § 38 Rn. 21). Davon abzugrenzen sind rechtlich unverbindliche Auskünfte und Hinweise, denen als Wissenserklärungen der auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtete Bindungswille fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2000 – 10 C 3.99 – BVerwGE 111, 255 = juris Rn. 25 m.w.N.).
Dem klägerischen Vorbingen lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte den Klägern mit entsprechendem Rechtsbindungswillen zugesagt haben könnte, sie werde an der im Klageantrag genannten Stelle (vom Knotenpunkt „Abfahrt …“/ Ecke W. Straße zu ihrem Grundstück) eine öffentliche Zufahrt(sstraße) herstellen.
Soweit sie sich auf ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister der Beklagten am 12. Juli 2013 beziehen, kann dem Zulassungsvorbringen allenfalls entnommen werden, dass dieser eine Zufahrt an dem begehrten Knotenpunkt für möglich gehalten, nicht jedoch, dass er verbindlich die Herstellung einer solchen Zufahrt zugesagt bzw. genehmigt hat. So ist in der Zulassungsbegründung selbst lediglich davon die Rede, der Oberbürgermeister habe die „Zufahrt bestätigt“. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 11. Februar 2020 haben die Kläger lediglich vorgetragen, der Oberbürgermeister habe ihnen mündlich erklärt, dass eine Zufahrt von der W. Straße aus „machbar“ sei (vgl. Protokoll S. 2). Im nachgelassenen Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 17. Februar 2020 (Blatt 274 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) heißt es ebenfalls, die Beklagte habe „immer wieder bestätigt, dass die begehrte Zufahrtsmöglichkeit (bestehe) und unproblematisch umgesetzt werden (könne)“. Im Übrigen geben weder die vorgelegte Grundstücksskizze mit Planungen der Firma D. (Anlage K13) noch der Umstand, dass der Oberbürgermeister einen Besprechungstermin am 24. Oktober 2012 in einer D.-Filiale wahrgenommen haben soll, Aufschluss über eventuelle Absprachen und deren Inhalt. Ein feststellbarer Bindungswille der Beklagten hinsichtlich einer Herstellung der Zufahrt lässt sich auch nicht aus den von den Klägern erwähnten sonstigen äußeren Umständen ableiten wie der bereits vorhandenen Linksabbiegerspur, der klägerischen Erwartungshaltung bei Erwerb des Grundstücks bzw. eventuell eingeforderten Gutachten zur Zuwegung.
Eine entsprechende Zusage lässt sich auch nicht aus den mündlichen Äußerungen der von den Klägern angeführten Zeugen M. und M. ableiten. Dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 26. Februar 2015 (Az. B 2 K 14.353, S. 3) lässt sich zwar entnehmen, dass Baurat M. vom Staatlichen Bauamt und der Technische Angestellte M. für den Beklagten darauf hingewiesen haben, dass eine Vis-à-vis-Erschließung „jedenfalls günstiger sei als eine versetzte Erschließung“ und „dass die vorgesehene Einfahrtssituation nach ihren Erfahrungen nichts Einmaliges sei, sondern dass derartige Grundstückszu- oder -abfahrten auch anderenorts anzutreffen seien“. In diesen Äußerungen liegen allerdings keine rechtsverbindlichen Zusagen der Beklagten zur Herstellung einer bestimmten Zufahrt. Die Zeugen sprachen vielmehr von allgemeinen Erfahrungswerten und gaben damit reine Wissenserklärungen ab. Zudem hat der Technische Angestellte M. die möglichen verkehrstechnischen Probleme der Erschließung angesprochen und geäußert, dass man nicht von einer grundsätzlichen Unerschließbarkeit ausgehen könne. Daraus wird jedoch deutlich, dass der Zeuge nicht davon ausgegangen ist, dass die von den Klägern begehrte Zufahrtsmöglichkeit zwischen den Beteiligten bereits verbindlich festgelegt war und unproblematisch umgesetzt werden könne.
Gleiches gilt für die behördlichen Stellungnahmen des Staatlichen Bauamts Bayreuth vom 13. April und 27. Juni 2014 im Vorbescheidsverfahren betreffend eine Bauvoranfrage der P. … GmbH für die Errichtung eines Discounters mit Bäckerei/Cafe und einer Tankstelle auf dem Grundstück der Kläger. Abgesehen davon, dass diese Stellungnahmen nicht gegenüber den Klägern, sondern gegenüber der Beklagten als der zuständigen Bauaufsichtsbehörde abgegeben wurden, beinhalten sie keinerlei Verpflichtung zur Herstellung einer Zufahrt. Ebenso wenig kann dem Vorbescheid der Beklagten vom 14. April 2014 eine entsprechende Zusage oder schriftliche Bestätigung einer zuvor gegebenen mündlichen Zusage entnommen werden. Noch nicht einmal andeutungsweise ist dem Schriftstück ein Selbstbindungswille der Beklagten zur Herstellung einer bestimmten Zufahrt zu entnehmen. Im Gegenteil wird in dem Vorbescheid festgestellt, dass es an einer gesicherten Erschließung fehle, weil in diesem Bereich keine direkten Anbindungen an Grundstücke (Grundstückszufahrten) zulässig seien und somit auch nicht die geplante Zufahrt (vgl. Blatt 16 der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Die Beklagte führt in dem Bescheid allgemein aus, dass nur öffentliche Straßen mit der W. Straße verknüpft werden dürfen, eine Erschließung daher nur über eine öffentliche Erschließungsstraße erfolgen könne und eine dann entstehende Kreuzung mit einer Ampelanlage versehen werden müsse. Ein Wille, eine öffentliche Erschließungsstraße in der von den Klägern begehrten Art und Weise herzustellen, kommt darin nicht zum Ausdruck. Dem Verwaltungsgericht ist daher zuzustimmen, dass insoweit nur der damalige Sachstand des Verfahrens wiedergegeben wurde, ohne rechtsverbindliche Formulierung, dass die Kläger einen Anspruch auf Herstellung einer solchen Zufahrt durch die Beklagte hätten (vgl. UA S. 9). Das in der Frage der Erschließung wortgleiche Sitzungsprotokoll des Bauausschusses der Beklagten vom 8. Juli 2014 enthält daher ebenfalls keine Zusage.
Nicht entscheidungserheblich ist daher die im Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, ob bei analoger Anwendung von § 242 BGB eine Behörde nach Treu und Glauben an ihre mündlichen Aussagen gebunden ist. Ebenso kann mangels gültiger Zusage dahinstehen, ob einer erteilten Zusage Allgemeingültigkeit zukommt, d.h. ob eine solche jedem Verfahrensbeteiligten gegenüber gilt.
1.3 Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Kläger keinen Anspruch auf Herstellung einer Zufahrt aus dem Anliegergebrauchs ableiten können.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass dieses Rechtsinstitut die Erreichbarkeit eines innerörtlichen (Buch-)Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern sichert (vgl. UA S. 11). Dieses einfachrechtliche Institut (vgl. Art. 17 BayStrWG) ist grundsätzlich auf die – hier über die öffentliche Stichstraße gewährleistete – Zugänglichkeit eines Grundstücks vom öffentlichen Straßenraum als solchen beschränkt (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – NVwZ-RR 2018, 758 = juris Rn. 9; B.v. 28.10.2014 – 8 ZB 12.1938 – juris Rn. 17; B.v. 6.10.2011 – 8 CS 11.1220 – BayVBl 2012, 666/667 m.w.N.). Solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt, gewährt er keinen Anspruch auf optimale Zufahrt; Einschränkungen oder Erschwernisse bei den Zufahrtsmöglichkeiten sind deshalb hinzunehmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.6.2015 – 8 CE 15.1023 – BayVBl 2016, 100 = juris Rn. 10; B.v. 8.12.2015 – 8 CE 15.2053 – juris Rn. 5). Dies steht auch mit dem Grundrecht auf Eigentum in Einklang. Verfassungsrechtlicher Gewährleistung nach Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt nämlich allenfalls der Kernbereich des – als solchen in der Herleitung nach wie vor einfachrechtlichen – Instituts des Anliegergebrauchs. Dieser Kernbereich wird aber – wie bereits erwähnt – jedenfalls dann nicht verletzt, wenn eine Straße als Verkehrsmittler voll erhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2009 – 8 ZB 09.1065 – BayVBl 2010, 84/85; B.v. 26.6.2018 – 8 CE 18.1059 – juris Rn. 29). Der von den Klägern dargestellte Umweg über die Stichstraße führt daher auch unter Berücksichtigung von Art. 14 Abs. 1 GG zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Eine Unzumutbarkeit der vorhandenen Zufahrtssituation ergibt sich auch nicht aus der vorgetragenen Höhendifferenz. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Beklagte den Klägern ausdrücklich angeboten habe, die Zufahrt so herzustellen, dass ein direkter Anschluss des klägerischen Grundstücks an die Zufahrtsstraße möglich sei (vgl. UA S. 11).
1.4 Die klägerische Rüge, das Verwaltungsgericht habe Art. 12 GG nicht geprüft, führt ebenfalls nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Kläger als Grundstückseigentümer in ihrer Berufs- und Gewerbefreiheit berührt sein könnten.
Auch der von den Klägern geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG lässt keine Zweifel an der Richtigkeit der Erstentscheidung aufkommen. Zum einen haben die Kläger nicht dargelegt, inwiefern in ihrem Fall aus dem Gleichheitssatz ein Herstellungsanspruch hergeleitet werden kann. Erschwernisse aufgrund der Lage und Situationsgebundenheit eines Grundstücks liegen grundsätzlich im „Risikobereich“ des Eigentümers und begründen keinen Anspruch auf Herstellung einer Zufahrt aus Art. 3 Abs. 1 GG. Zum anderen ist eine Ungleichbehandlung jedenfalls gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich der Baumarkt befindet, nicht ersichtlich, weil auch dieses Grundstück lediglich über die neu errichtete Stichstraße erschlossen ist. Der Bebauungsplan „… … … …“ sieht nicht nur bezüglich des klägerischen Grundstücks, sondern auch bei dem Grundstück FlNr. … die Festsetzung „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt“ zur angrenzenden W. Straße vor. Soweit die Kläger sich gegenüber weiteren Grundstückseigentümern benachteiligt fühlen, zeigen sie schon nicht auf, welche Eigentümer dies sein sollen.
Nicht substantiiert dargelegt haben die Kläger auch, aus welchen Gründen der Bebauungsplan „… … … …“ rechtswidrig sein soll. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans nicht relevant ist (vgl. UA S. 12). Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit würde daraus den Klägern kein Anspruch auf die begehrte Zufahrt erwachsen.
2. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42).
Die Kläger beschränken ihr Vorbringen darauf, dass besondere tatsächliche Schwierigkeiten in der genauen Erfassung der Situation vor Ort zu sehen seien. Diese rein pauschale Behauptung ohne konkrete Darstellung der besonderen tatsächlichen Aspekte, auf die das Gericht nicht eingegangen sein soll, genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsmittelführer die relevanten Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163 = juris Rn. 17). Daran fehlt es. Ungeachtet dessen handelt es sich in tatsächlicher Hinsicht nicht um einen besonders komplexen, unübersichtlichen Fall.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht im Hinblick auf die aufgeworfenen rechtlichen Fragen, ob eine Unzumutbarkeit vorliege, ob Eingriffe in Grundrechte der Kläger gegeben seien bzw. in welchem Maße Zusagen gegeben worden seien und ob den Klägern der Einsatz finanzieller Mittel zur Erschließung des Grundstücks zuzumuten seien. Diese Rechtsfragen, welche die Kläger bereits zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt haben, lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen (vgl. oben unter 1.). Eine darüberhinausgehende besondere Schwierigkeit der Rechtssache haben die Kläger weder in nachvollziehbarer Weise dargestellt noch plausibel gemacht.
3. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO haben die Kläger nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Um diesen Zulassungsgrund darzulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und schließlich darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 21.4.2020 – 6 ZB 18.2153 – juris Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72.). Diesen Darlegungsanforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung. Die Kläger zeigen keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage auf, inwiefern mündliche und sonstige schriftliche Zusagen Bindungswirkungen haben. Es liegt bereits keine wirksame Zusage der Beklagten vor, so dass es im vorliegenden Fall nicht auf eine eventuelle Bindungswirkung ankommt (vgl. oben unter 1.2).
Die von den Klägern weiter aufgeworfene Frage, welche Zuwegung den Bürgern aufgezwungen werden könne, wenn diese erhebliche Auswirkungen auf sie, ihr Eigentum und potentielle Gewerbebetriebe habe, vermag ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu begründen. Sie entzieht sich einer generellen, fallübergreifenden Klärung, weil sie nicht in verallgemeinerungsfähiger Form, sondern nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden kann.
4. Die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), scheidet ebenfalls aus. Der vom Zulassungsantrag gerügte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) in der Form, dass das Erstgericht die konkreten örtlichen Gegebenheiten nicht hinreichend erforscht habe, liegt nicht vor.
Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt u.a. die Darlegung voraus, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 2 B 52.18 – juris Rn. 16; B.v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447 = juris Rn. 25). Die Kläger haben nicht aufgezeigt, inwiefern sie auf die vermisste Aufklärung hingewirkt hätten. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die Kläger haben ausweislich des Sitzungsprotokolls keinen Beweisantrag gestellt. Eine weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung hätte sich dem Verwaltungsgericht auch nicht ohne einen solchen Beweisantrag aufdrängen müssen. Insbesondere erforderte weder die vorgetragene Ungleichbehandlung noch die tatsächliche Situation des benachbarten Baumarktes die Durchführung eines Ortstermins (vgl. oben unter 1.4). Im Übrigen dient die Aufklärungsrüge nicht dazu, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 2 B 52.18 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 22.11.2018 – 4 ZB 17.1989 – NVwZ-RR 2019, 480 = juris Rn. 18).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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