Baurecht

Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren

Aktenzeichen  15 N 17.484

Datum:
27.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 32477
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1, § 161 Abs. 2

 

Leitsatz

Das Vorbringen, dass ein auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Plangebiets gelegenes Grundstück durch die von der Satzung zugelassenen Bauhöhen massiv verschattet werde und der Belang gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, auch weil künftig mit einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen sei, genügt nicht, um die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan zu begründen. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Normenkontrollverfahren wird eingestellt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller hat mit am 12. November 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat am 25. November 2019 ebenfalls eine Erledigungserklärung eingereicht.
Das durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten beendete Verfahren war gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO) einzustellen. Nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall waren die Erfolgsaussichten des Normenkotrollantrags des Antragstellers als Plannachbar von Anfang an als sehr gering einzuschätzen. Die verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung genügt im Einzelfall nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet (vgl. OVG NRW, U.v. 1.12.2011 – 2 D 96/10.NE – juris Rn. 24, 28).
Um eine solche Gestaltung handelt es sich hier. In seinen Schriftsätzen trägt der Antragsteller zu den relevanten planungsrechtlichen Fragen im Wesentlichen nämlich nur vor, dass sein auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Plangebiets gelegenes Grundstück durch die von der Satzung zugelassenen Bauhöhen massiv verschattet werde und der Belang gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, auch weil künftig mit einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen in der …-…- Straße zu rechnen sei.
Das genügt nicht, um die Antragsbefugnis des Antragstellers zu begründen. Der am 27. Februar 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. x-x/0 – „…“ der Antragsgegnerin in der Fassung des dritten Entwurfs vom 15. Dezember 2016 setzt ein allgemeines Wohngebiet fest, erlaubt die Errichtung von vier Vollgeschossen und bestimmt die maximale Wandhöhe der innerhalb seiner Baugrenzen zulässigen Gebäude mit 12,50 m auf deren Nordseite (W 2 traufseitig) und 10,00 m auf der jeweiligen Südseite (W 1 = Oberkante Attika des dritten Obergeschosses, die Außenwände des vierten Obergeschosses sind hier um mindestens 1,80 m zurückzusetzen). Das auf dem Baugrundstück ursprünglich vorhandene Gelände steigt nach den zeichnerischen Hinweisen auf dem Lageplan im Maßstab M 1:1000 von Nord nach Süd von 378 m (ü.NN) bis auf 381 m (ü.NN) an. Den für die Berechnung der vorbeschriebenen Wandhöhen maßgeblichen Fußpunkt (FFB EG) setzt der Bebauungsplan mit höchstens 380,50 m (ü.NN) fest. Die Neigung der neben Flachdächern auch zulässigen Sattel- oder Walmdächer darf zwischen 15 und 25 Grad betragen. Nach Nummer 1.3 der textlichen Festsetzungen sind Abstandsflächen nach der jeweils gültigen Fassung der Bayerischen Bauordnung einzuhalten, die Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Angesichts dessen ist der Vorwurf „massiver Verschattung“ im Sinne einer planungsrechtlichen Unzumutbarkeit gegenüber dem Antragsteller nicht gerechtfertigt. Inwieweit im Aufstellungsverfahren Ermittlungen über eine Zunahme des Verkehrslärms durch die Bauleitplanung an dem in Zentrumslage der Antragsgegnerin befindlichen Standort vorzunehmen gewesen wären, wird ebenfalls nicht erläutert; während der drei Auslegungsverfahren wurden diese Bedenken auch nicht ansatzweise geäußert.
Schon aus diesen Gründen wäre der Antrag abzulehnen gewesen. Eine vom Antragsteller anlässlich seiner Erledigungserklärung erwogene Beweisaufnahme über die von ihm behauptete Gefälligkeitsplanung wäre zu keiner Zeit erforderlich gewesen.
Nachdem das Landratsamt Cham im Juli 2017 mittlerweile unanfechtbare Genehmigungen für die vollständige Bebauung des etwas weniger als 4.000 m² großen Plangebiets mit drei Wohnblocks erteilt hat und diese Vorhaben verwirklicht sind, ist seitdem zusätzlich auch das Rechtschutzbedürfnis für die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens entfallen. Richtet sich ein Normenkontrollantrag gegen Festsetzungen eines Bebauungsplans, zu deren Verwirklichung schon eine unanfechtbare Genehmigung erteilt worden ist, so fehlt dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragssteller dadurch, dass der Bebauungsplan für nichtig (bzw. unwirksam) erklärt wird, seine Rechtstellung derzeit nicht verbessern kann (BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3/86 – BVerwGE 78, 85 = juris Ls 2 und Rn. 18 f.; B.v. 4.6.2008 – 4 BN 13/08 – ZfBR 2008, 681 = juris Rn. 5; B.v. 29.1.2019 – 4 BN 15/18 – juris Rn. 5).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 8 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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