Baurecht

Auffüllung von Waldgrundstücken mit Inertmaterial: Waldbewirtschaftungsmaßnahme oder Deponie nach KrWG?

Aktenzeichen  AN 17 K 20.00702

Datum:
14.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42054
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, Art. 56 Abs. 1 Nr. 6, Art. 59, Art. 68 Abs. 1 S. 1
KrWG § 3 Abs. 27, § 35 Abs. 1, Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Lehnen die Kläger es dezidiert ab, eine beantragte Verfüllung als abfallrechtlichen Vorgang zu betrachten, kommt es für sie nicht in Betracht, eine Legalisierung der Verfüllung über eine Planfeststellung als Abfalldeponie nach §§ 3 Abs. 27, 35 Abs. 2 KrWG bzw. über eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 10 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 1 KrWG zu erreichen. Verpflichtungsklagen, die allein darauf gerichtet sind, die Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 BayBO zu erreichen, können insofern nicht anders ausgelegt oder umgedeutet werden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erteilung einer Baugenehmigung scheidet nach Art. 56 Abs. 1 Nr. 6 BayBO aus, wenn es sich um eine Anlage handelt, die einer Genehmigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (heute: Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG -) bedarf. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Haben die Kläger keinen forstwirtschaftlichen Betrieb inne, dem die Auffüllung dienen würde, handelt es sich bei der Auffüllung nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, das im Außenbereich zulässig ist. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich – selbst unter Zugrundelegung einer Waldbewirtschaftungsmaßnahme – unzulässig, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1, 35 BauGB. Reine Liebhaberei und (Brenn-)Holzgewinnung lediglich für den Eigenbedarf genügt nicht.(Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klagen auf baurechtliche Genehmigung der beantragten Ablagerungen bzw. auf das Einbringen von Inertabfällen auf die Grundstücke der Kläger sind als Verpflichtungsklagen in Form der Versagungsgegenklagen (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) zulässig, aber unbegründet und deshalb abzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 VwGO.
1.
Die erhobenen Verpflichtungsklagen sind, wie sich dem Vorbringen der Klägerseite entnehmen lässt, allein auf die Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 BayBO gerichtet, nicht hilfsweise auf eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) oder dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Die Kläger lehnen es dezidiert ab, die beantragte Verfüllung als abfallrechtlichen Vorgang zu betrachten. Eine Legalisierung der Verfüllung über eine Planfeststellung als Abfalldeponie nach §§ 3 Abs. 27, 35 Abs. 2 KrWG bzw. – sollte dies einschlägig sein – über eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 10 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 1 KrWG kommt für sie ersichtlich nicht in Betracht, sondern widerspricht nach der eindeutigen Antrags- und Klagebegründung ihrem Begehren. Entsprechende Anträge sind bei der dafür zuständigen Behörde zu keinem Zeitpunkt, auch nicht hilfsweise, gestellt worden. Eine Auslegung oder Umdeutung in einen derartigen Antrag kommt wegen des entgegenstehenden Willens der Kläger damit nicht Betracht. Aufgrund des erheblich erhöhten Prüfungsumfangs im Rahmen eines Planfeststellungsverfahren oder förmlichen Verwaltungsverfahrens mit erheblichen weiteren formellen wie materiellen Hürden wie Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 KrWG), Bedürfnisprüfung, Prüfung von Standortalternativen und Verfahrensförmlichkeiten nach Art. 64 ff. bzw. 72 ff. BayVwVfG wäre insoweit Entscheidungsreife auch nicht gegeben. Was die abfallrechtliche Planfeststellung betrifft, spräche zudem die Unzuständigkeit des Landratsamtes …, an das sich die Kläger trotz anwaltlichem Beistands bislang alleine gewandt haben, gegen ein derartiges Begehren (vgl. Art. 29 Abs. 1 BayAbfG: Zuständigkeit der Regierung von Mittelfranken). Das Gericht ist damit auf die Prüfung der Erteilung einer Baugenehmigung beschränkt.
Eine solche kommt für die beantragte Verfüllung bereits aus formellen Gründen nicht in Betracht (2). Sie ist auch materiell-rechtlich aufgrund bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens im Außenbereich nicht erteilbar (3).
2.
Zwar stellt eine Auffüllung grundsätzliche eine bauliche Anlage im Sinne der Bayerischen Bauordnung (BayBO) dar, jedoch kann eine Baugenehmigung wegen vorrangiger anderer Genehmigungsverfahren nicht erteilt werden.
Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO gelten Aufschüttungen, soweit sie nicht unmittelbare Folge von Abgrabungen sind, als bauliche Anlagen. Hierzu zählen selbständige Anhäufungen jeder Art, auch solche durch Bauschutt oder Erdaushub (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dez. 2019, Art. 2 Rn. 154 und Rn. 155), so dass der Anwendungsbereich der BayBO grundsätzlich eröffnet ist (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayBO).
Jedoch scheidet die Erteilung einer Baugenehmigung nach Art. 56 Abs. 1 Nr. 6 BayBO aus, wenn es sich um eine Anlage handelt, die einer Genehmigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (heute: Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG -) bedarf. Dies ist hier der Fall. Es handelt sich bei dem Vorhaben um eine Deponie nach § 3 Abs. 27 KrWG, die eine abfallrechtlichen Planfeststellung nach § 35 Abs. 2 KrWG nach sich zieht. Die Vorschrift des Art. 56 Abs. 1 Nr. 6 BayBO stellt dabei lediglich deklaratorisch fest, dass aufgrund der Konzentrationswirkung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 75 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG eine Baugenehmigung im Fall einer abfallrechtlichen Planfeststellung entfällt. Das Gleiche gilt nach § 35 Abs. 3 Satz 1 KrWG i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 2 BayVwVfG auch im Fall einer abfallrechtlichen Plangenehmigung und würde auch im Fall der Einschlägigkeit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gelten, vgl. § 13 BImSchG i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 2 BayVwVfG.
Die geplante Auffüllung ist als Abfalldeponierung nach §§ 3 Abs. 27, 35 Abs. 2 KrWG zu qualifizieren. Eine Ablagerung von Abfällen außerhalb einer Deponie ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG unzulässig. Eine planfeststellungspflichtige Abfalldeponie liegt vor, wenn in einer Anlage Abfälle beseitigt werden sollen. § 3 Abs. 1 KrWG definiert den Begriff Abfall dabei als Stoffe oder Gegenstände, derer sich der Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Der Gesetzgeber unterscheidet beim Abfallbegriff zwischen denjenigen Stoffen und Gegenständen, die verwertet werden sollen (Abfälle zur Verwertung) und nach § 35 Abs. 1 KrWG immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig sind und denjenigen, die nicht verwertet werden (Abfälle zur Beseitigung), die nach § 35 Abs. 2 KrWG einer Deponiezulassung bedürfen. Als Verwertung definiert § 3 Abs. 23 Satz 1 KrWG ein Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die sonst […] verwendet worden wären. R 10 der Anlage 2 zum KrWG sieht als Verwertungsmaßnahme u.a. die Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder zur ökologischen Verbesserung vor, wobei § 3 Abs. 23 Satz 2 KrWG klarstellt, dass die in der Anlage 2 aufgeführten Verfahren nicht abschließend sind. Nach § 3 Abs. 23a KrWG liegt eine stoffliche Verwertung vor bei einer Verfüllung, wobei die Verfüllung nach § 3 Abs. 25a KrWG als Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung mit nicht gefährlichen Abfällen zu verstehen ist.
Ob von Abfall im Sinne des KrWG auszugehen ist und gegebenenfalls von Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung, beurteilt sich nach der Formulierung des § 3 Abs. 1 KrWG aus der Sicht des „Besitzers“. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG ist für die Beurteilung der Zweckbestimmung, d. h. für die Frage, ob eine Entledigung bzw. Entledigungsabsicht vorliegt, auf den „Erzeuger“ bzw. den „Besitzer“ der Stoffe unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung abzustellen. Demensprechend ist die Frage des Vorliegens von Abfall hier aus der Sicht der Fa. U. …, die die Stoffe erzeugt und zunächst in Besitz hat(te), zu beurteilen. Deren Entledigungsabsicht hinsichtlich des Aus- und Abbruchmaterials ist klar und eindeutig. Die Fa. U. … hat, wie sie in zahlreichen Gesprächen und Vorverfahren gegenüber dem Landratsamt … erklärt hat, keine Verwendung für das im Rahmen ihrer Bautätigkeit anfallende Material und lediglich die Absicht, dieses möglichst kostengünstig und ortsnah abzugeben. Für die Ablagerungen im Wald der Kläger wird von der Fa. U. …, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2020 übereinstimmend erklärten, auch ein – wenn auch geringer – Geldbetrag von 1,00 EUR pro Kubikmeter an die Kläger gezahlt. Dies stellt ebenfalls ein gewichtiges Indiz für die Abfalleigenschaft dar.
Zum gleichen Ergebnis, nämlich zum Vorliegen einer abfallrechtlich zu beurteilenden Abfallbeseitigung, kommt man aber auch, wenn man nicht allein auf die Fa. U. … als Erzeuger der Stoffe abstellt, sondern in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Abfällen zur Verwertung und solchen zur Beseitigung, auf den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Maßnahme unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 3.7.2009 – 14 CS 07.966 – juris Rn. 33; BVerwG, U.v. 14.4.2005 – 7 C 26/03 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 12.1.2010 – 7 B 34/09 – juris Rn. 6). Auch unter Einbeziehung der Interessen der Kläger bildet den wirtschaftliche Schwerpunkt der Maßnahme die Abfallbeseitigung. Die Kläger betreiben die Forstwirtschaft jeweils entweder aus reiner Liebhaberei oder nur neben einer hauptberuflichen anderen Tätigkeit. Sie gaben in der mündlichen Verhandlung an, keine bzw. keine nennenswerten Einnahmen aus der Waldbewirtschaftung zu generieren. Sie bewirtschaften nach ihren dortigen Angaben mit 2 ha (Kläger zu 3. und zu 6.) bzw. 4 ha (Kläger zu 1.) bzw. 9 ha (Kläger zu 5.) jeweils nur geringe Waldflächen und sind auf die Waldbewirtschaftung nicht existentiell angewiesen. Auch die zeitlichen Abläufe sprechen schwerpunktmäßig für eine Abfallbeseitigungsmaßnahme der Fa. U. … Diese kam bereits 2012 auf das Landratsamt … mit dem Wunsch auf Ausweisung von Langzeitlagerflächen für Baumaterial zu, während die Kläger in der mündlichen Verhandlung angaben, dass der Wunsch auf Auffüllung ihrer Waldgrundstücke erst ca. im Jahr 2016 – und damit deutlich nach dem Bedürfnis der Fa. U. … – aufgekommen sei. Aus den Behördenakten ergibt sich abweichend von dieser Bekundung der Kläger zwar, dass ihre Grundstücke bereits im Jahr 2014 im Blickfeld gestanden haben, da die abgebrochenen Bauleitplanverfahren sich bereits auf diese Grundstücke bezogen hatten. Dies belegt andererseits aber, dass die Initiative zum Vorhaben, anders als die Kläger in der mündlichen Verhandlung glauben machen wollen, von der Fa. U. … ausging. Die Fa. U. … ist schließlich auch als Vorhabenträger der Bauleitplanverfahren aufgetreten und hat im Gegensatz zu den Klägern, an Behördenbesprechungen teilgenommen. Vom Eigeninteresse der Fa. U. … zeugt schließlich auch deren intensives politisches Tätigwerden mit Herantreten an Politiker kommunaler und staatlicher Ebene (vgl. insbesondere vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung übergebenes Schreiben der Bayerischen Staatskanzlei vom 24.7.2020 an den Geschäftsführer der Fa. U. … oder Schreiben des Landrates des Landkreises … an den Bürgermeister des … vom 21.10.2019, S. 32 der Behördenakte).
Dafür dass es sich nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Kläger und der Fa. U. … vorwiegend um eine Abfallbeseitigungsmaßnahme handelt, spricht außerdem die deponietypische Ausgestaltung der Flächen mit Abdichtungsschichten und Verfüllungsabschnitten, der hohe Aufwand der Maßnahme bis hin zu einer Gewässerumleitung (und damit notwendiger wasserrechtlicher Planfeststellung nach § 68 Abs. 1 WHG), die Dauer der Ablagerung über rund 20 Jahre und das In-Kauf-Nehmen der Zerstörung von Waldboden. Im Vergleich dazu wiegt die erst auf lange Frist eintretende Verbesserung der Waldbewirtschaftung, noch dazu für eine nicht wirtschaftlich bzw. nur im Nebenerwerb betriebene Waldbewirtschaftung gering und ist als (forst-)wirtschaftlich unvernünftig zu betrachten (vgl. insoweit auch Stellungnahmen des AELF vom 8.5.2018, 3.6.2019 und 9.3.20210). Die Kläger haben auch keinerlei Überlegungen dahingehend angestellt, ob sie außer von der Fa. U. … Auffüllmaterial von anderer Seite beziehen können, was weiter massiv gegen eine schwerpunktmäßige Verbesserung der Waldbewirtschaftung spricht.
In der Ablagerung des Inertmaterials ist wirtschaftlich schwerpunktmäßig und unter Beachtung der Verkehrsauffassung (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 3.7.2009 – 14 CS 07.966 – juris Rn. 33, BVerwG, U.v. 14.4.2005 – 7 C 26/03 – juris Rn. 14, BVerwG, B.v. 12.1.2010 – 7 B 34/09 – juris Rn. 6) eine Abfallentledigung in Form der Abfallbeseitigung und keine Abfallverwertung zu sehen. Die Rechtsprechung sieht eine Auffüllung mit Abfällen nur dann als Verwertungsmaßnahme an, wenn der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung der Abfälle liegt, was angenommen werden kann, wenn für die vorgenommene Verfüllung eine naturschutzrechtliche oder sonst rechtliche Verpflichtung besteht (BVerwG, B.v. 12.1.2010 – 7 B 34/09 – juris Rn. 6) bzw. es um die Rekultivierung einer Fläche geht (BayVGH, B.v. 3.7.2009 – 14 CS 07.966 – juris Rn. 33). Dies entspricht auch der heutigen Formulierung des KrWG in § 3 Abs. 23 Satz 1, Abs. 25a KrWG. Danach liegt bei einer Verfüllung dann eine stoffliche Verwertung vor, wenn es sich um eine Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung handelt. Dies ist beides nicht der Fall. Weder wurden die Grundstücke jemals abgegraben und werden nunmehr rekultiviert, noch dient die Auffüllung der Landschaftsgestaltung. Erforderlich ist vorliegend damit eine Deponiegenehmigung nach § 35 Abs. 2 KrWG. Eine Baugenehmigung scheidet zur Legalisierung aus und ist vom Beklagten zu Recht versagt worden.
3.
Eine Baugenehmigung kann ungeachtet dessen auch deshalb nicht erteilt werden, weil das Vorhaben bauplanungsrechtlich – selbst unter Zugrundelegung einer Waldbewirtschaftungsmaßnahme – unzulässig ist, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1, 35 BauGB. Bei der Auffüllung handelt es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, das im Außenbereich zulässig ist. Eine Privilegierung läge nur dann vor, wenn die Auffüllung einen forstwirtschaftlichen Betrieb dienen würde. Dies ist deshalb nicht der Fall, weil die Kläger einen solchen forstwirtschaftlichen Betrieb nicht innehaben. Die Tätigkeit der Holzgewinnung ist hierfür nicht ausreichend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 4.3.1983 – 4 C 69.79 – juris; B.v. 29.12.67 – 4 B 148.67 – Buchholz 406.11, § 35 BBauG Nr. 61 S. 215, ebenso VG Ansbach, U.v. 16.5.2019 – 17 K 18.01525 – juris m.w. N.) ist ein (forstwirtschaftlicher) „Betrieb“ durch eine spezifische betriebswirtschaftliche Organisation und durch Nachhaltigkeit im Sinne eines auf Dauer gedachten und lebensfähigen Unternehmens gekennzeichnet, was ein Mindestmaß an forstwirtschaftlicher Betätigung voraussetzt. Zwar ist auch ein forstwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb möglich und keine Vollerwerbsforstwirtschaft nötig, die Nutzung größerer Waldflächen und eine gewisse Betriebsintensität ist jedoch erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 1 ZB 15.2594 – juris; VG Ansbach, U.v. 20.9.2018 – 3 K 17.01311 – juris). Es müsste ein nicht unerheblicher Anteil des Gesamteinkommens durch die Forstwirtschaft erwirtschaftet werden. Reine Liebhaberei und (Brenn-)Holzgewinnung lediglich für den Eigenbedarf, wie dies die Kläger nach ihren Aussagen in der mündlichen Verhandlung allesamt allein betreiben, genügt hingegen nicht. Die Kammer hat entsprechend dieser Voraussetzung bei einem ähnlichen Organisationsgrad einen forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb bei bewirtschafteten Waldflächen von rund 10,5 ha abgelehnt (VG Ansbach, U.v. 16.5.2019, a.a.O). Darauf ob das Vorhaben der Forstwirtschaft „dienen“ würde, kommt es daneben nicht mehr an. Hieran bestehen ebenfalls erhebliche Zweifel, weil die Maßnahme gewachsenen Waldboden zunächst zerstört, einen Ertrag über einen langen Zeitraum verhindert und nur auf sehr lange Sicht (20 Jahre) überhaupt einen Nutzen bringen könnte (vgl. insoweit die kritischen Stellungnahmen des AELF als insoweit fachkundiger Stelle).
Liegt ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB nicht vor, ist eine Zulassung im Außenbereich nach § 35 Abs. 2 BauGB nur möglich, wenn durch das Vorhaben öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB nicht beeinträchtigt werden. Eine Beeinträchtigung jedenfalls der Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) ist jedoch gegeben. Durch die Verfüllung würde auch der die Grundstücke querende Bach (nach insoweit eindeutiger Aussage des Wasserwirtschaftsamt … vom 8.10.2020 handelt es sich um ein Gewässer III. Ordnung), der nach Stellungnahme des technischen Umweltschutzes im Landratsamt vom 10. Juli 2019 als Wanderkorridor für Tiere und Pflanzen dient, zerstört. Dies ist nach § 30 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG verboten und stellt damit in jedem Fall eine Beeinträchtigung im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB dar. Ebenso verboten und damit beeinträchtigend ist die Zerstörung gewachsenen Waldbodens, Art. 9 Abs. 1 BayWaldG, dem nach fachkundiger Einschätzung des AELF auch keine Verbesserung der Waldbewirtschaftung gegenübersteht (vgl. Stellungnahme des AELF, insbesondere vom 3.6.2019).
Geht man mit den Ausführungen unter 2. von einer Abfallbeseitigungsmaßnahme aus, liegt die Beeinträchtigung eines weiteren Belangs nach § 35 Abs. 3 BauGB auf der Hand. Ein solches Vorhaben widerspricht klar auch der Festsetzung des – bislang nicht geänderten – Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB); dieser sieht eine Waldfläche vor.
Eine Baugenehmigung kann damit nicht erteilt werden, § 113 Abs. 5 VwGO.
4.
Die Kostenentscheidung der deshalb abzuweisenden Klage folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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