Baurecht

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Aktenzeichen  RN 6 S 21.1433

Datum:
25.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 45964
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, Eigentümer des unter anderem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 616/2 der Gemarkung G…, H…, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen vom LRA Passau (LRA) erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Funkübertragungsstelle mit einem Stahlgittermast auf dem westlich angrenzenden Grundstück FlNr. 618 der Gemarkung G…, H… Auf diesem befindet sich bereits ein Stahlgittermast mit Funkzwecken im hinteren, südlichen Grundstücksteil.
Mit Bauantrag vom 12. November 2019 beantragte die Beigeladene beim LRA die Baugenehmigung für die Errichtung einer Funkübertragungsstelle mit einem Stahlgittermast, der laut Eingabeplanung eine Höhe von 40 m aufweisen solle, auf dem Baugrundstück.
Mit Beschluss vom 11. Dezember 2019 erteilte der Markt H… sein gemeindliches Einvernehmen zu dem Bauvorhaben.
Mit Schreiben vom 1. April 2020 erklärte das LRA gegenüber der Beigeladenen unter anderem, dass eine Prüfung des Brandschutznachweises von Nöten sei. Sofern der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt werde, könne dies das Baugenehmigungsverfahren beschleunigen. Aufgrund vom Anhaltspunkten im Brandschutzkonzept sei abzuklären, ob im Rahmen des Bauvorhabens auch eine Umzäunung errichtet werden solle, da abgeklärt werden müsse, ob wegen einer Einzäunung die Erreichbarkeit eines potentiellen Brandherdes durch die Feuerwehr möglich sei. Eine Aussage eines Statikers sei erforderlich, ob der Brand von technischen Anlagen Auswirkungen auf die Standsicherheit des Turmes haben könne. Auch die Prüfung des Standsicherheitsnachweises sei erforderlich. Zudem wurde angefragt, was mit der in der Eingabeplanung benannten Bezeichnung „Mitnutzer“ gemeint sei. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Abstandsflächen des Mastes offensichtlich die Mitte der vorbeiführenden Straße im Norden überschritten. Zudem kämen die Abstandsflächen des Mastes zum Teil auf Nachbargrundstücken zu liegen (Ost und West). Hier sei die Vorlage einer Abstandsflächen-Übernahmeerklärung durch den jeweiligen Grundstückseigentümer erforderlich. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 3. April 2020 erklärte das Sachgebiet Immissionsschutz am LRA, dass die Errichtung von Funkmasten grundsätzlich keiner Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bedürfe. Die Anlagen fielen jedoch regelmäßig in den Anwendungsbereich der 26. BImSchV. Darin würden an den Betrieb derartiger Anlagen Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder gestellt. Unabhängig von der baurechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit würden daher durch die Bundesnetzagentur unter Anwendung der BEMFV (Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder) die jeweils einzuhaltenden Mindestabstände zwischen dem geplanten Funkmast und der nächsten bestehenden, relevanten Bebauung berechnet, die zu beachten seien, um das Einhalten der entsprechenden Grenzwerte (vgl. § 3 BEMFV) sicherzustellen. Sofern die Anforderungen erfüllt seien, werde für den Funkmast eine Standortbescheinigung durch die Bundesnetzagentur ausgestellt. Eine derartige Standortbescheinigung liege den vorliegenden Bauantragsunterlagen nicht bei. Gemäß § 4 Abs. 1 BEMFV dürfe eine ortsfeste Funkanlage mit einer äquivalenten Strahlungsleistung von 10 Watt oder mehr nur betrieben werden, wenn für diesen Standort eine gültige Standortbescheinigung vorliege. Aus hiesiger Sicht sollte für das Vorhaben nur bei Vorliegen der genannten Bescheinigung eine Baugenehmigung erteilt werden. Gegebenenfalls solle die Bundesnetzagentur am Vorgang beteiligt werden.
Mit E-Mail vom 16. April 2020 erklärte das Luftamt Südbayern gegenüber dem LRA, dass keine Einwendungen hinsichtlich des Bauvorhabens bestünden.
Mit Schreiben vom 24. April 2020 nahm die untere Naturschutzbehörde am LRA Stellung zu dem Bauvorhaben. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29. April 2020 erklärte die Beigeladene gegenüber dem LRA, dass auf der Suche nach einem Ersatzstandort für den bestehenden, bereits durch sie genutzten Antennenträger auf gleicher Flurnummer, alle Eigentümer funktechnisch geeigneter Grundstücke auf ihre Vermietungsbereitschaft angefragt worden seien. Aufgrund der Topographie und der bei einem Ersatzstandort erforderlichen Nähe zum bestehenden Antennenträger (Einführung in das bestehende Netz) bestehe bei der Suche wenig Spielraum. Der in unmittelbarer Nähe zum geplanten Antennenträger stehende Träger, der bis jetzt von der Beigeladenen mitgenutzt worden sei, sei statisch ausgelastet. Die geplante Erweiterung/Modernisierung für mobile Datenübertragungstechniken sei nicht möglich. Zudem hätten die umliegenden Bäume die Höhe des bestehenden Antennenträgers erreicht und schirmten die Mobilfunkversorgung stark ab. Um das Versorgungsziel, unter anderem die A3, ungestört erreichen zu können, müsse der geplante Antennenträger eine Mindesthöhe von 30 m aufweisen. Der bestehende Antennenträger weise nur eine Höhe von 22 m auf.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2020 erklärte die Beigeladene gegenüber dem LRA, dass in der Eingabeplanung für das Baugrundstück auch eine Technikstellfläche für einen eventuellen Mitnutzer vorgesehen sei. Der bestehende Mast befinde sich im Eigentum von Vodafone und solle nach den hiesigen Informationen bestehen bleiben. Er sei mit einer Höhe von 23 m für die benötigte Versorgung durch die Telekom nicht ausreichend. Daher sei eine mögliche Mitbenutzung ausgeschlossen.
Mit E-Mail vom 18. Mai 2020 erklärte die Beigeladene gegenüber dem LRA, dass der Brandschutz durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt werde. Die für den Betrieb der Mobilfunkstation notwendige Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur könne derzeit noch nicht vorgelegt werden und werde für diesen beantragten Standort nachgereicht. Derzeit gebe es aufgrund der noch laufenden technischen Neukonzeption der Antennentypen noch keine technischen Datenblätter für die neuen Antennen. Wenn diese vorlägen, könne die Standortbescheinigung beantragt werden. Zur Sicherstellung der immissionsschutzrechtlichen Belange bitte man um Aufnahme als Auflage in die Baugenehmigung, dass vor Baubeginn die Verpflichtung bestehe, der Genehmigungsbehörde eine gültige Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vorzulegen. Insofern bestünde für keine Seite ein Risiko. Die Sicherheitsabstände aus dem Immissionsschutzrecht würden jedenfalls eingehalten.
Mit E-Mail vom 27. Mai 2020 erklärte das LRA gegenüber der Beigeladenen, eine Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächen könne nur für die Überschreitung der Straßenmitte durch die Abstandsflächen im Norden in Aussicht gestellt werden. Wenn dies gewünscht werde, sei es nach neuen Erkenntnissen erforderlich, zum einen einen begründeten Antrag auf Abweichung zu stellen und gleichzeitig für die Abstandsfläche, die über der Straßenmitte zu liegen komme, eine Abstandsflächen-Übernahmeerklärung durch den gegenüberliegenden Nachbar vorzulegen.
Am 18. Mai 2020 reichte die Beigeladene beim LRA einen neuen, geänderten Bauantrag für die Errichtung der besagten Funkübertragungsstelle samt Stahlgittermast auf dem Baugrundstück ein. Enthalten war auch ein Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften im nördlichen Bereich (hin zum Grundstück FlNr. 1310/3 der Gemarkung G…) sowie ein landschaftspflegerischer Begleitplan.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2020 nahm die untere Naturschutzbehörde am LRA erneut Stellung zum Bauvorhaben. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2020 erklärte das LRA gegenüber der Beigeladenen unter anderem, dass es aufgrund der Tatsache, dass in Richtung der FlNr. 1310/3 der Gemarkung G… eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften beantragt worden sei, nur noch lediglich einmal möglich sei, die Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 6 BayBO zu halbieren. Es müsse folglich entweder nach Westen oder nach Osten die volle Abstandsfläche angesetzt werden und hierfür eine Abstandsflächenübernahme durch den jeweiligen Grundstückseigentümer des Nachbargrundstücks erklärt werden. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2020 reichte die Beigeladene beim LRA ein Gutachten über die Untersuchung des Baugrunds auf dem Baugrundstück sowie ein Gutachten über die statische Berechnung für das Bauvorhaben ein. Auf den Inhalt der Gutachten wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 27. August 2020 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften in westlicher und östlicher Richtung hin zu den Grundstücken mit den Flurnummern 1310/4 sowie 616/2 der Gemarkung G… Mit Schreiben vom 21. Oktober 2020 erteilte das LRA der Landesgewerbeanstalt Bayern, Außenstelle Passau, bautechnische Prüfung, den Auftrag, gemäß § 5 im Verbindung mit § 2 PrüfVBau für das Bauvorhaben den Standsicherheitsnachweis zu prüfen und die Bauüberwachung durchzuführen.
Mit Baugenehmigung vom 21. Oktober 2020 erteilte das LRA die Baugenehmigung für das Bauvorhaben. Zudem erteilte es eine Abweichung von den Vorschriften in Art. 6 BayBO gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO. Es wurde die aufschiebende Bedingung festgesetzt, dass von der Baugenehmigung erst Gebrauch gemacht werden könne, wenn anstelle von Ausgleichs und Ersatzmaßnahmen eine Ersatzzahlung in Höhe von 2.974,00 EUR auf das Konto des bayerischen Naturfonds eingezahlt worden sei. Die Zahlung müsse spätestens 4 Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung erfolgt sein. Zur Begründung wurde im Hinblick auf die Abstandsflächen unter anderem ausgeführt, dass Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem Baugrundstück selbst zum Erliegen kommen müssten. Hier liege ein Teil der Abstandsflächen in Richtung Westen auf FlNr. 1310/4 sowie Richtung Osten auf FlNr. 616/2 der Gemarkung G… Auf diesen beiden Seiten sei das sogenannte „16 m-Privileg“ bereits angewandt worden, sodass die Abstandsflächentiefe halbiert sei. Der nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderliche Zweck der Vorschrift in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO (Belichtung, Belüftung, genügende Sozialabstand) sei gewahrt, da es sich lediglich um einen Gittermast handele. Öffentlichrechtlich geschützte, nachbarliche Interessen würden hier nicht verletzt. Es finde keine für die Nachbargrundstücke unzumutbare Beeinträchtigung statt. Insbesondere finde durch den Gittermast keine Verdunkelung von Wohnräumen auf den genannten Nachbargrundstücken statt. Die beantragte Abweichung sei auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Es geschehe insbesondere keine Verschandelung des Ortsbildes und die Brandgefahr werde ebenfalls nicht erhöht. Des Weiteren sei im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung das öffentliche Interesse dem privaten Interesse der beiden betroffenen Nachbarn gegenüberzustellen und die beiden Interessen gegeneinander abzuwägen. Das öffentliche Interesse an der Errichtung des Funkmastes übersteige die Interessen der Nachbarn. Die Reichweite des Funkmastes sei am höchsten Punkt im Suchbereich am größten. Der Standort müsse sich auch in das bestehende Mobilfunknetz einfügen. Da die umliegenden Bäume die Mobilfunkversorgung stark abschirmten, sei die beantragte Höhe erforderlich, um das Versorgungsziel zu erreichen. Eine Erweiterung oder Modernisierung des bestehenden Mastes auf dem Flurstück sei nach Aussage der Bauherrschaft nicht möglich. Die nachbarlichen Interessen, wie zum Beispiel die Beschattung der Nachbargrundstücke, seien hier geringer einzustufen als das öffentliche Interesse an der flächendeckenden Mobilfunkversorgung. Das Rücksichtnahmegebot werde bei der Abwägung berücksichtigt. Der Markt H… habe mit dem Beschluss vom 11. Dezember 2019 sein Einvernehmen erteilt. Die Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Vorschriften in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO könne aus den genannten Gründen erteilt werden.
Mit am 23. November 2020 sowie am 16. Juli 2021 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenen Schriftsätzen seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2020 erheben und um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen lassen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei und den Antragsteller in seinen subjektiv öffentlichen Rechten verletze. Zum einen sei die Baugenehmigung in nachbarrechtlicher Hinsicht unbestimmt im Sinne von Art. 37 BayVwVfG, da aus der Genehmigung zwar deutlich werde, dass ein irgendwie geartete FunkStahlmast genehmigt werde. Für welche Funkzwecke er aber im Detail später genutzt werden solle, bleibe für den Baunachbarn unklar. Zudem verletze das Vorhaben auch Abstandsflächenrecht zulasten des Antragsteller-Eigentums. Das Rücksichtnahmegebot und das Abstandsflächenrecht verböten vorliegend die weitere Ausführung des Bauvorhabens.
Der Antragsteller beantragt,
1. die Vollziehung der der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamtes Passau vom 21. Oktober 2020 erteilten baurechtlichen Genehmigung auszusetzen,
bzw. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diesen Genehmigungsbescheid des Landratsamtes Passau anzuordnen, sowie
2. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Ordnungsverfügung vorläufig stillzulegen, sowie vorsorglich 3. der Beigeladenen einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung der Kammer über den Eilantrag aufzugeben, die weitere Bauausführung zu unterlassen und ggf. auch die Aufnahme der genehmigten Nutzung zu untersagen,
bzw. dem Antragsgegner aufzugeben, durch für sofort vollziehbar erklärte Verfügung die bereits seitens der Beigeladenen begonnenen Ausführungsarbeiten stillzulegen und ihr ggf. auch die Aufnahme der Nutzung zu untersagen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die angefochtene Baugenehmigung rechtmäßig sei und nicht gegen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße. Es sei kein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften zu erkennen. Der Antragsteller spreche zwar das Abstandsflächenrecht an, begründe jedoch nicht, weshalb dieses im konkreten Fall verletzt sein soll. Es sei hier für das Grundstück des Antragstellers mit der FlNr. 616/2 der Gemarkung G… eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen des Abstandsflächenrechts erteilt worden. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf den Bescheid vom 21. Oktober 2020 verwiesen. Hierin werde ausführlich begründet, welche Erwägungen zur erteilten Abweichung gemäß Art. 63 BayBO geführt hätten. Zudem sei die Baugenehmigung auch inhaltlich bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Aus dem Tenor der Baugenehmigung in Verbindung mit den Genehmigungsplänen, sei der Inhalt der Baugenehmigung eindeutig und auch in nachbarrechtlicher Hinsicht zweifelsfrei zu entnehmen. Der Nachbar könne sich nur auf solche Vorschriften berufen, denen Drittschutzfunktion zukomme. Die konkrete Nutzung des Mastes sei im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen. Prüfungsrelevant, aber nicht drittschützend, seien die Fragen, wofür der Mast generell benötigt werde und warum er an der konkreten Stelle im Außenbereich zum Aufbau kommen solle. Diese Fragen seien im Laufe des Genehmigungsverfahrens beantwortet worden. Hinsichtlich des Nachbarschutzes komme es in erster Linie auf die äußeren Anlagen und deren Wirkungen auf die Umgebung an. Diese Angaben seien den genehmigten Plänen klar zweifelsfrei zu entnehmen. Im Übrigen sei die Beigeladenen verpflichtet, vor Inbetriebnahme der Funkanlage eine sogenannte Standortbescheinigung in Händen zu halten. Mit der Standortbescheinigung werde durch die Bundesnetzagentur bestätigt, dass die Sicherheitsabstände und die gesetzlichen Grenzwerte an Orten, an denen sich Personen aufhielten, eingehalten würden.
Am 24. Februar 2021 ging beim LRA der Prüfbericht Nr. 1 des Prüfamts für Standsicherheit der Landesgewerbeanstalt (Zweigstelle Landshut) über das Bauvorhaben ein. Auf diesen wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 12. März 2021 erteilte das LRA der Landesgewerbeanstalt Bayern, Außenstelle Passau, bautechnische Prüfung, den Auftrag, gemäß § 5 im Verbindung mit § 2 PrüfVBau für das Bauvorhaben die Feuerwiderstandsdauer tragender Bauteile zu prüfen.
Am 26. Mai 2021 ging beim LRA die Baubeginnsanzeige der Beigeladenen mit Standsicherheits- und Brandschutznachweis ein.
Mit am 24. Juni 2021 beim LRA eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzgl. der Baugenehmigung sowie auf bauaufsichtliches Einschreiten gestellt.
Mit E-Mail vom 2. Juli 2021 erklärte das LRA gegenüber dem Bevollmächtigten des Antragstellers, dass eine Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung seitens des LRA abgelehnt werde.
Am 8. Juli 2021 reichte die Beigeladene beim LRA für das Vorhaben die Bescheinigung Brandschutz I sowie einen darauf bezogenen Prüfbericht inklusive geprüfter Ausfertigung des Brandschutznachweises ein.
Mit Schreiben vom 15. September 2021 erklärte der Antragsgegner, dass der streitgegenständliche Funkturm am 29. Juli 2021 fertiggestellt worden sei. Somit fehle dem Eilantrag spätestens seit diesem Datum das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da das Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, nicht mehr erreicht werden könne. Es werde daher das Verfahren im Eilrechtsschutz für erledigt erklärt.
Mit Schreiben vom 10. November 2021 reichte die Beigeladene die für den Funkmast erteilte Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 7. Januar 2021 ein.
Mit Schreiben vom 15. November 2021 erklärte das LRA, dass die Anforderungen nach der 26. BImSchV sowie der BEMFV durch die Bundesnetzagentur geprüft würden, welche bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Standortbescheinigung gemäß § 4 BEMFV erteile. Nach dieser Vorschrift dürfe der Betrieb einer ortsfesten Funkanlage mit einer äquivalenten Strahlungsleistung von 10 Watt oder mehr nur mit einer gültigen Standortbescheinigung erfolgen. Die von der Bundesnetzagentur zu erteilende Standortbescheinigung bestätige somit die Einhaltung von Grenzwerten. Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr habe zur baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunkanlagen ein Rundschreiben mit Hinweisen erlassen, zuletzt zum Stand vom 22. Januar 2021. Darin werde unter anderem klargestellt, dass die Standortbescheinigung weder gemäß § 3 BauVorlV noch nach spezielleren Normen im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren vorzulegen sei. Die unteren Bauaufsichtsbehörden könnten sich lediglich in Ausnahmefällen die Standortbescheinigung zur Beurteilung der Frage, ob die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt seien, vorlegen lassen. Das Ministerium gehe in seinen Hinweisen des Weiteren davon aus, dass die von der Anlage ausgehende Strahlung nicht Gegenstand der Prüfung im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren sei. Aus diesem Grund sei die Vorlage der Standortbescheinigung im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht erforderlich. Aufgrund dieses Rundschreibens werde vom LRA im Regelfall, wie auch im vorliegenden Fall, die Standortbescheinigung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht mehr angefordert. Die Einhaltung der Grenzwerte werde jeweils durch die Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur bestätigt und sei nicht Prüfgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Weder der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage noch derjenige auf bauaufsichtliches Einschreiten führt zum Erfolg.
1. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist unbegründet, da zumindest nach Abwägung der gegenseitigen Interessen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB zugunsten des sofortigen Vollzugs der Baugenehmigung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts jedenfalls das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Baugenehmigung hat nur dann Erfolg, wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des streitgegenständlichen Verwaltungsakts überwiegt. Da an der Umsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse besteht, richtet sich diese Interessenabwägung in der Regel nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Sind die Erfolgsaussichten einer Klage offen, findet eine Abwägung der gegenseitigen Interessen statt.
a) Vorliegend sind die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache als offen einzuschätzen, da Unklarheiten in tatsächlicher Hinsicht vorliegen, die der Aufklärung im Hauptsacheverfahren bedürfen.
Prüfungsgegenstand im vorliegenden Verfahren ist allein die angegriffene Baugenehmigung vom 21. Oktober 2020 und die durch sie legalisierten Nutzungen.
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 f. Bayerische Bauordnung (BayBO) ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf das Grundstück des Nachbarn fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Nur daraufhin ist das genehmigte Vorhaben in einem nachbarrechtlichen Anfechtungsprozess zu prüfen (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.1994 – 4 B 94/94 – juris; BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8.84 – juris; BVerwG, U.v. 13.6.1980 – IV C 31.77 – juris). Es ist daher unerheblich, ob die Baugenehmigung einer vollständigen Rechtmäßigkeitsprüfung standhält.
Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde – zu Recht – im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO erteilt, da der im Rahmen des Bauvorhabens geplante Stahlgittermast eine Höhe von über 30 m aufweisen soll und daher ein Sonderbau gem. Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO vorliegt.
Der Nachbar kann die im Verfahren nach Art. 60 BayBO erteilte Baugenehmigung soweit angreifen, wie die verletzte Norm zum Prüfprogramm Art. 60 BayBO zählt und daher von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst wird.
Im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BauGB prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Satz 1 der Vorschrift die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB (Nr. 1), Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und auf Grund dieses Gesetzes (Nr. 2) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Nr. 3).
aa) Zunächst ist bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung festzustellen, dass im Hinblick auf die vom Bauvorhaben ausgehende, elektromagnetische Strahlung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots – unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall eine Innen- oder Außenbereichslage anzunehmen ist und sich das Rücksichtnahmegebot aus dem Merkmal des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB oder aus dem in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB genannten öffentlichen Belang ableitet – aller Voraussicht nach nicht gegeben ist.
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt nach der Rechtsprechung wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, welcher das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris; BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris). Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf die Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2010 – 2 CS 10.2137 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist demnach nur dann verletzt, wenn die dem Kläger aus der Verwirklichung des geplanten Vorhabens resultierenden Nachteile das Maß dessen übersteigen, was ihm als Nachbar billigerweise noch zumutbar ist.
Treffen verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung. Funkübertragungsstellen wie diejenige im vorliegenden Fall sind ganz speziell an den Vorschriften zu messen, die konkrete Vorgaben für das zulässige Ausmaß des Betriebs elektromagnetischer Felder aufstellen. Insoweit gilt, dass Verstöße gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot oder gegen § 22 Abs. 1 Satz Nr. 1 BundesImmissionsschutzgesetz (BImSchG) als nicht gegeben angesehen werden können, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV und der BEMFV eingehalten sind. Die Grenzwerte der 26. BImSchV entsprechen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Auf der Basis neuerer Forschungsergebnisse ist festgestellt worden, dass durch die geltenden Grenzwerte der 26. BImSchV die Bevölkerung ausreichend vor gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder geschützt ist (vgl. zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 28.2.2014 – Az. 8 A 11308/13 – juris).
Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die vorgelegte Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 7. Januar 2021 belegt, dass außerhalb eines Sicherheitsabstandes von 30,97 m in Hauptstrahlrichtung des Mastes sowie 8,40 m vertikal die Grenzwerte der 26. BImSchV und der BEMFV eingehalten sind. Ausweislich der Standortbescheinigung erfolgte die rechnerische Bewertung des Standortes am Baugrundstück mit der FlNr. 618 der Gemarkung G… unter Berücksichtigung aller am Standort installierten, ortsfesten Funkanlagen sowie der am Standort bereits vorhandenen relevanten Feldstärken, die von umliegenden ortsfesten Funkanlagen ausgehen, auf der Basis der Grenzwerte des § 3 BEMFV. Es lässt sich der Bescheinigung folglich entnehmen, dass eine umfängliche Prüfung – auch unter Einbeziehung der elektromagnetischen Strahlung des im hinteren Grundstücksteil schon vorhandenen Funkmastes – stattgefunden hat.
bb) Im Hinblick auf die Einhaltung des Bestimmtheitsgebotes sowie der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO bestehen jedoch Unklarheiten in tatsächlicher Hinsicht, die erst im Rahmen des Hauptsacheverfahrens aufgeklärt werden können.
(1) Gemäß Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) muss eine Baugenehmigung inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die getroffene Regelung muss zumindest durch Auslegung für jeden Beteiligten eindeutig sein (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris; VG München, U.v. 26.2.2018 – 8 K 16.1293 – beck-online). Maßgeblich für den Rechtsschutz des Nachbarn ist dabei, dass er feststellen kann, ob und in welchem Umfang er betroffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris; VG München, U.v. 26.2.2018 – 8 K 16.1293 – beck-online). Ein Nachbar kann die Unbestimmtheit einer Baugenehmigung nur geltend machen, soweit durch die Unbestimmtheit eine Einhaltung der dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften nicht gewährleistet ist (Simon/Busse/Lechner, BayBO, Stand: Januar 2020, Art. 68 Rn. 472 – beck-online). In diesem Zusammenhang gilt im vorliegenden Verfahren Folgendes: Bei Errichtung einer an einem Mast angebrachten Funkübertragungsstelle, wie der streitgegenständlichen, bedarf es zur Wahrung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots, wie oben bereits dargelegt, stets der Einhaltung der von der 26. BImSchV sowie der BEMFV vorgegebenen Grenzwerte im Hinblick auf Immissionen elektromagnetischer Art. Gemessen an den oben hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots skizzierten Maßstäben ist es folglich notwendig, dass für den betroffenen Grundstücksnachbarn aus Genehmigungsbescheid und Eingabeplänen, zumindest jedoch aus den eingereichten Bauvorlagen in ihrer Gesamtheit erkennbar wird, in welchem Umfang er durch die Nutzung der genehmigten Funkübertragungsstelle und dabei erzeugte Immissionen in seiner Rechtsstellung betroffen ist. In dieser Hinsicht erscheint nach der Aktenlage unklar, ob dies der Fall ist. In der genehmigten Eingabeplanung vom 12. November 2019 wird zwar der zu errichtende Stahlgittermast in seinen Ausmaßen klar dargestellt und auch angegeben, um welchen Typ von Mast es sich genau handeln soll. So erfolgt unter anderem die Angabe des Modells (AEWA-S der Firma Eqos). Genauere Angaben, bspw. zur konkret erzeugten Frequenz, die durch den Betrieb der Funkübertragungsstelle hervorgerufen werden soll, werden jedoch aus den Eingabeplänen nicht ersichtlich. Die Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur, in welcher die Immissionsbetroffenheit der Umgebung im Sinne der 26. BImSchV sowie der BEMFV beurteilt wird und die damit der Baugenehmigung aller Wahrscheinlichkeit nach durch Bezugnahme auf konkrete funktechnische Anlagen zu ausreichender Bestimmtheit hätte verhelfen können, lag zum streitentscheidenden Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung noch nicht vor. Insofern wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob sich zumindest aus einer Gesamtschau der eingereichten Bauvorlagen mit hinreichender Sicherheit ermitteln lässt, wie sich die Immissionsbetroffenheit von Nachbarn des Bauvorhabens im konkreten Fall darstellt und die Baugenehmigung deshalb die gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG nötige Bestimmtheit aufweist.
(2) Auch für eine abschließende Beurteilung der Frage, ob durch das Bauvorhaben die Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO eingehalten werden, bedarf es der Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht.
Zunächst ist festzuhalten, dass es sich beim genehmigten Mast bei summarischer Prüfung um eine Anlage handelt, die Abstandsflächen einzuhalten hat.
Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U.v. 16.7.2008 – 14 B 06.2506 – juris; B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – juris – jeweils unter Bezugnahme auf weitere Entscheidungen des BayVGH), dass ein Mast nur dann keine gebäudegleiche Wirkung hat und deshalb nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO keine Abstandspflichten auslöst, wenn er einen Durchmesser von weniger als 1,10 m hat. Der vorliegend genehmigte Funkmast, der nach der Eingabeplanung vom 12. November 2019 eine Breite und Tiefe von jeweils 1,50 m aufweist, verfügt damit jedoch über einen Durchmesser, der größer ist als 1,10 m. Zudem ist aus der Eingabeplanung ersichtlich, dass es sich nicht um einen sich nach oben hin verjüngenden Mast handelt, was zur Folge hätte, dass von dem Teil, der den Durchmesser von mehr als 1,10 m nicht mehr ausweist, keine gebäudegleiche Wirkung ausginge (vgl. BayVGH, U.v. 16.7.2008 – 14 B 06.2506 – juris). Der Mast hat folglich in seiner vollen Höhe die erforderlichen Abstandsflächen einzuhalten.
In südlicher und nördlicher Richtung hält der Mast die Abstandsflächen gem. Art. 6 BayBO ein, unabhängig davon, ob Art. 6 BayBO mangels Übergangsvorschriften in der alten Fassung (Abstandsflächenmaß von 1 H) oder in der beschriebenen, neuen Fassung mit Wirkung vom 1. Februar 2021 (Abstandsflächenmaß von 0,4 H) Anwendung findet, da insoweit jeweils selbst das Abstandsflächenmaß von 1 H gewahrt ist. Gem. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO bemisst sich die Tiefe der Abstandsflächen nach der Wandhöhe. Diese beträgt beim streitgegenständlichen Mast 40 m. In südlicher Richtung kommen die Abstandsflächen in dieser Tiefe vollständig auf dem Baugrundstück zu liegen. In nördlicher Richtung erstrecken sich die Abstandsflächen zwar über das Grundstück hinaus, liegen jedoch insoweit auf einer öffentlichen Verkehrsfläche (Orts straße J…), deren Mitte sie bei Betrachtung der Eingabeplanung nicht überschreiten. Insoweit kommt die gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO bestehende Ausnahme vom Grundsatz, dass die Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen, zum Tragen.
In westlicher und in östlicher Richtung – insofern also auch zum Grundstück des Antragstellers hin – kann der Funkmast nach dem Zuschnitt des Baugrundstücks weder das Maß von 1 H nach alter Fassung des Art. 6 BayBO noch dasjenige von 0,4 H (Abstandsflächentiefe in diesem Fall: 16 m) nach dessen aktueller Fassung einhalten, wie aus der Eingabeplanung ersichtlich wird.
Insofern wird in der Baugenehmigung das – sich in der im Erlasszeitpunkt der Baugenehmigung geltenden Fassung des Art. 6 BayBO aus dessen Abs. 6 Satz 1 ergebende – 16m-Privileg angewendet. Dieses besagt, dass vor zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge als Tiefe der Abstandsflächen die Hälfte der nach Art. 6 Abs. 5 BayBO erforderlichen Tiefe genügt, diese jedoch mindestens 3 m betragen muss. Vor den weiteren Außenwänden des Baukörpers muss dabei jedoch die volle Tiefe der Abstandsflächen eingehalten werden, was es wiederum ausschließt, dass die Reduzierung der Abstandsflächentiefe auf ein Maß von 0,5 H an den besagten zwei Außenwänden bspw. mit einer Abweichung nach Art. 63 BayBO hinsichtlich der Tiefe der Abstandsflächen an einer der weiteren Außenwände kombiniert wird. Das „16 m-Privileg“ stellt insoweit ein „abgeschlossenes System“ dar (vgl. BayVGH, U.v. 25.5.1998 – 2 B 94.2682 – juris). Da jedoch selbst bei einem Maß von 0,5 H (Abstandsflächentiefe in diesem Fall: 20 m) im vorliegenden Fall die Abstandsflächen nicht vollständig auf dem Baugrundstück zu liegen kämen, wurde – unter anderem zum Grundstück des Antragstellers in östlicher Richtung hin – in der Baugenehmigung vom 21. Oktober 2020 eine Abweichung gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO erteilt. Es wird zur Begründung ausgeführt, dass Abstandflächen gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem Baugrundstück selbst zu liegen kommen müssten. Hier liege ein Teil der Abstandsflächen in Richtung Westen auf FlNr. 1310/4, Gemarkung G… und ein anderer Teil in Richtung Osten auf FlNr. 616/2, Gemarkung G… Auf diesen beiden Seiten sei das „16 m-Privileg“ bereits angewandt worden, so dass die Abstandsflächentiefe halbiert sei. Der Zweck der Abstandsflächenvorschriften (Belichtung, Belüftung, genügender Sozialabstand) sei bei Erteilung der Abweichung gewahrt. Öffentlichrechtlich geschützte nachbarliche Interessen seien nicht verletzt, die Nachbargrundstücke seien nicht unzumutbar beeinträchtigt. Im Übrigen überwögen hier im Rahmen einer Interessenabwägung auch die öffentlichen Interessen diejenigen der betroffenen Nachbarn.
Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1 BayBO vereinbar sind. Ob die in diesem Sinne von der Behörde erteilte Abweichung im vorliegenden Fall dazu führt, dass – gerade zum Grundstück des Antragstellers hin – eine Konformität mit den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO gegeben ist, kann wie die Frage der Bestimmtheit ebenso erst im Rahmen des Hauptsacheverfahrens aufgeklärt werden. Zwar ist festzustellen, dass die Behörde im Rahmen der Erteilung der Abweichung das ihr durch Art. 63 Abs. 1 BayBO eingeräumte Ermessen erkannt und zwischen den öffentlichen und den nachbarlichen Belangen abgewogen hat. Jedoch ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass sich die Situation am Grundstück des Antragstellers nach der Ansicht von Luftbildern (vgl. Rauminformationssystem Niederbayern) sowie der genehmigten Eingabeplanung unter anderem so darstellt, dass die sich durch die erteilte Abweichung auf dieses erstreckenden Abstandsflächen zwischen zwei dort vorhandenen Bestandsgebäuden zu liegen kämen. Insofern bleibt aufzuklären, wie die Situation dieser Gebäude abstandsflächenrechtlich zu beurteilen ist und ob insoweit eine – nach Art. 6 Abs. 3 Halbsatz 1 BayBO grundsätzlich unzulässige – Überdeckung der verschiedenen Abstandsflächen vermieden werden kann bzw. ob eine der in Art. 6 Abs. 3 Halbsatz 2 BayBO genannten Ausnahmen vorliegt oder sich die erteilte Abweichung nach dem Willen der Behörde auch auf eine etwaige Abstandsflächenüberdeckung erstrecken sollte.
b) Bei der aufgrund der Annahme von offenen Erfolgssichten der Klage in der Hauptsache vorzunehmenden Interessenabwägung geht im vorliegenden Einzelfall die Abwägung der widerstreitenden Interessen hier zulasten des Antragstellers. Hierfür spricht neben der gesetzgeberischen Wertung aus § 212a Abs. 1 BauGB insbesondere auch die Überlegung, dass – wie oben bereits dargelegt – aufgrund der vorgelegten Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 7. Januar 2021 keine akuten Gefahren im Hinblick auf elektromagnetische Strahlung vom genehmigten Funkmast ausgehen, sondern die entsprechenden Grenzwerte der 26. BImSchV und der BEMFV außerhalb der angegebenen Sicherheitsabstände eingehalten werden. In diesem Fall überwiegen die dargestellten Interessen am Vollzug der Baugenehmigung das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen selbige. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf die Errichtung des Baukörpers als solchen, welcher bereits vor Antragstellung weitgehend vollständig errichtet war.
2. Der Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten, der im Sinne von §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als solcher nach § 123 VwGO ausgelegt wird, ist teilweise unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet.
a) Soweit der Antrag auf Einstellung der Bauarbeiten gerichtet ist, ist dieser bereits unzulässig. Nach Mitteilung des LRA vom 15. September 2021 ist der Funkmast am 29. Juli 2021 bereits vollständig fertiggestellt worden. Dem Antrag fehlt insoweit daher bereits das nötige Rechtsschutzbedürfnis.
b) Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die Nutzung des Funkmastes zu untersagen, ist dieser jedenfalls unbegründet.
Nach § 123 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf die Streitsache treffen, wenn die Gefahr besteht, dass ohne die beantragte Maßnahme die Verwirklichung eines Rechtes der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern (sog. Regelungsanordnung). In entsprechender Anwendung des § 920 ZPO (§ 123 Abs. 3 VwGO) sind sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Im vorliegenden Fall werden vom Antragsteller keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die – konkret im Hinblick auf die Nutzung der Funkübertragungsstelle – zur Annahme eines Anordnungsgrundes führen könnten. Es ist insofern weder erkennbar, dass ohne die hier begehrte vorläufige Nutzungsuntersagung die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, noch dass die Regelung notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern. Hinsichtlich der beim Betrieb von elektromagnetische Strahlung erzeugenden Anlagen generell möglichen Immissionsbelastung umliegender Grundstücke ist – wie bereits dargelegt – durch die Standortbescheinigung vom 7. Januar 2021 aufgezeigt worden, dass entsprechende, nachbarschützende Grenzwerte der 26. BImSchV und der BEMFV außerhalb der konkret benannten Sicherheitsabstände eingehalten werden. Eine unzumutbare Immissionsbelastung der Nachbargrundstücke ist daher aller Voraussicht nach nicht gegeben. Weitere, einen Anordnungsgrund schaffenden Umstände sind weder vom Antragsteller vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.
Der Eilantrag war damit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren dem Antragsteller nicht aufzuerlegen, da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich gem. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Hilfsantrag war entsprechend Nr. 1.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit streitwerterhöhend zu berücksichtigen.


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