Baurecht

Baugenehmigung für Bienenhaus im Außenbereich

Aktenzeichen  9 C 19.2202

Datum:
20.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34625
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4

 

Leitsatz

Eine Privilegierung eines im Außenbereich gelegenen Bauvorhabens ist auch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu verneinen, weil nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Bienenhäuser zwar grundsätzlich unter diesen Auffangtatbestand fallen können, sie jedoch dann auf das unmittelbar der Unterbringung der Bienen dienende beschränkt sein müssen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 5 K 18.1589 2019-09-26 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. September 2019, mit dem ihr (erneuter) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten für ihre Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines „Bienenhauses in Holzbauweise“ auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung H … in W … abgelehnt wurde, hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwar wäre das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, die angekündigte zeitnahe Beschwerdebegründung abzuwarten. Es hat jedoch bereits nach Eingang der Beschwerde vom 21. Oktober 2019 und vor der bis zum 4. November 2019 angekündigten Beschwerdebegründung mit Beschluss vom 25. Oktober 2019 entschieden, der Beschwerde nicht abzuhelfen und sie dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Damit hat es insoweit das Abhilfeverfahren gemäß § 148 VwGO nicht ordnungsgemäß durchgeführt (BayVGH, B.v. 4. Mai 2015 – 11 C 15.692 – juris Rn. 4 m.w.N.). Da die Klage aber auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO), sieht der Senat davon ab, den Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 148 Rn. 5, 8a). Die Einwendungen der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. September 2019 erweisen sich als nicht durchgreifend.
Das Verwaltungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt, weil die Klage auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 116 Satz 2, § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO).
Im Rahmen der Prüfung hinreichender Erfolgsaussichten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 116 Satz 2, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf die eigentliche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht aus dem Hauptsacheverfahren in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert und die Anforderungen nicht überspannt werden. Der Erfolg muss nicht gewiss sein; es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso infrage kommt, wie ein Unterliegen. Hinreichend ist die Erfolgsaussicht jedenfalls dann, wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn der vom Beteiligten vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 – 9 C 18.673 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Der Senat verweist im Hinblick auf die nach diesem Maßstab fehlenden hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 26. September 2019 sowie in seinem zuvor ergangenen Beschluss vom 7. Mai 2019 zum Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 8. April 2019 (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Zum Beschwerdevorbringen ist nur noch wie folgt zu ergänzen:
Das Verwaltungsgericht hat die Privilegierung des Bauvorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unabhängig von der vorgetragenen Absicht, ca. 20 Bienenvölker im „Bienenhaus“ halten zu wollen, und unabhängig von dem Klagevorbringen, der Ehemann der Klägerin sei bereits seit 30 Jahren Imker und halte auf seinem Hausgrundstück in S … sechs Bienenvölker, zu Recht deshalb verneint, weil eine berufsmäßig betriebene Imkerei, die nach der insoweit maßgeblichen Legaldefinition des § 201 BauGB als landwirtschaftlicher Betrieb anzusehen wäre, nicht angenommen werden kann. Berufsmäßigkeit in Abgrenzung zu Hobby oder Liebhaberei ist nur dann zu bejahen, wenn die Absicht ständiger Gewinnerzielung erkennbar im Vordergrund steht und die Betätigung in gesicherter Weise auf Dauer angelegt ist, wobei es insoweit nicht auf die Haupt- oder Nebenberuflichkeit der Tätigkeit ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 7 f. m.w.N.). Den Nachweis dafür hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage des Bauantrags, dem keine Unterlagen beigefügt sind, mit denen ein auf Dauer gesicherter Imkereibetrieb, ausgerichtet auf Gewinnerzielung, belegt werden könnte, zutreffend als nicht erbracht angesehen.
Das weitere Beschwerdevorbringen, dass das Bauvorhaben ausreichend groß sei, um 20 Bienenvölker aufzunehmen, und ein rechtmäßiges Nutzungsverhalten bauaufsichtlich sichergestellt werden könne, ist nicht entscheidungserheblich. Auf Gegenteiliges hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auch nicht abgestellt. Vielmehr hat es eine Privilegierung des im Außenbereich gelegenen Bauvorhabens auch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu Recht deshalb verneint, weil nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Bienenhäuser zwar grundsätzlich unter diesen Auffangtatbestand fallen können, sie jedoch dann auf das unmittelbar der Unterbringung der Bienen dienende beschränkt sein müssen. Privilegiert sind somit keine Zusatzeinrichtungen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2019 – 9 CS 18.2340 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dass nach der Einschätzung des Verwaltungsgerichts bei dem nach den Bauvorlagen zu beurteilendem Bauvorhaben mit einer Raumhöhe von 2,50 m zzgl. offenem Dachraum (Firsthöhe 3,88 m), mit einer Vielzahl von Fensterflächen und ohne für die Bienenhaltung typische Vorrichtungen oder Raumaufteilung, nicht ersehen werden kann, dass es der vorstehenden Einschränkung gerecht wird, wird mit der Beschwerde nicht substantiiert angegriffen. Soweit die Klägerin im Rahmen des Bauantrags erläuterte, dass es in dem Gebäude – mit einer Grundfläche von 28,42 m² und einem Bruttorauminhalt von 92,00 m³ – einen Hauptraum mit Bienen sowie einen Schleuder- und Geräteraum geben solle, würde es sich bei Letzterem im Übrigen auch um eine Zusatzeinrichtung handeln.
Die Klägerin kann sich für ihren geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für das „Bienenhaus“ auch nicht auf einen Bestandsschutz hinsichtlich des auf dem Baugrundstück errichteten Wohngebäudes berufen. Unabhängig davon, dass die Genehmigung für das hier in Rede stehende Bauvorhaben nur zu erteilen ist, wenn dem geplanten und zur Genehmigung beantragten Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO), hat der Gesetzgeber mit § 35 BauGB für die bauliche Nutzung des Außenbereichs eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG getroffen. Speziell bei § 35 Abs. 4 BauGB handelt es sich um die gesetzliche Ausgestaltung der von der Rechtsprechung für den Außenbereich entwickelten Grundsätze des Bestandsschutzes und der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition. Sind die in dieser Vorschrift genannten Tatbestandsvoraussetzungen – wie hier – nicht erfüllt, so scheidet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Grundlage für einen Zulassungsanspruch von vornherein aus (BVerwG, B.v. 22.5.2007 – 4 B 14.07 – juris Rn. 9).
Schließlich vermag die Klägerin auch mit ihrem Hinweis auf die Lage des Grundstücks „weit ab von jeglichem Wald“, sondern „im Gegenteil“ mit einem ebenfalls baulich genutzten Nachbargrundstück, nicht durchzudringen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB durch das Bauvorhaben in seinen Beschlüssen vom 7. Mai 2019 (s. BA S. 3) und 26. September 2019 (s. BA S. 6), sind im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen allenfalls noch dahingehend zu ergänzen, dass es in Bezug auf den von der Klägerin mutmaßlich damit angesprochenen öffentlichen Belang, dass das Außenbereichsvorhabens den Darstellungen des Flächennutzungsplans (hier Fläche für die Forstwirtschaft; vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) nicht widersprechen darf, grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob sich die betreffende Darstellung, die nicht nur dem Aufgreifen einer tatsächlichen Situation, sondern auch dem Aufzeigen einer beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung dienen kann, in der Realität (bereits) in gleicher Weise wiederfindet (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.2019 – 2 B 19.457 – juris Rn. 25; B.v 3.7.2012 – 9 ZB 10.2224 – juris Rn. 13).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO (zur Kostenpflichtigkeit des Beschwerdeverfahrens vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 – 9 C 18.673 – juris Rn. 8 m.w.N.). Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Satz 1 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO).
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der geregelten Festgebühr nicht (vgl. § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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