Baurecht

Baugenehmigung für den Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei

Aktenzeichen  M 1 K 15.2408

Datum:
14.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 74
BauNVO BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BImSchG BImSchG § 22

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Die Klage ist unzulässig (Nr. 1). Im Übrigen wäre sie auch unbegründet (Nr. 2).
1. Die Klage ist unzulässig.
Die Klägerin hat den Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 nicht fristgerecht angefochten (a), weswegen die aus dem Ausgangsbescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016 bestehende Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben Bestandskraft erlangt hat und einer inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle nicht mehr zugänglich ist (b).
a) Ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Bevollmächtigten der Klägerin wurde diesem am 7. April 2016 der an die Beigeladene zu 1. gerichtete Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 zugestellt (siehe Bl. 1267 der Bauakten). Es ist unschädlich, dass in dem vom Landratsamt an den Bevollmächtigten verschickten Formular des ausgefüllt zurückzusendenden Empfangsbekenntnisses als Datum des zuzustellenden Bescheids versehentlich der 12. Mai 2015, also das Datum der Ursprungsgenehmigung, und nicht das Datum des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 genannt ist. Denn dem Empfangsbekenntnis-Formular lag unbestritten der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 bei (vgl. Bl. 1221 ff. der Bauakte). Im Übrigen wurde die vom Bevollmächtigten der Klägerin rechtzeitig mit Anfechtungsklage angefochtene Ursprungsgenehmigung vom 12. Mai 2015 nicht individuell, sondern über den Weg der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 und Satz 6 BayBO zugestellt (siehe Bl. 338 und Bl. 356 der Bauakte). Auch daraus ergibt sich, dass der Bevollmächtigte der Klägerin am 7. April 2016 den Empfang des späteren Ergänzungsbescheids und nicht der Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 bestätigte. Der Bevollmächtigte der Klägerin kann auch nicht einwenden, der Ergänzungsbescheid sei ihm nicht im Rahmen seines Mandatsverhältnisses zur Klägerin, sondern nur im Verhältnis zu einem weiteren Mandanten, für den er ebenfalls gegen das Bauvorhaben Nachbarklage erhoben hat (siehe Parallelverfahren M 1 K 16. 2131), zugestellt worden. Ein Mandatsverhältnis war dem Landratsamt nur im Hinblick auf die Klägerin angezeigt worden (siehe Vollmacht vom 10.6.2015, Bl. 358 der Bauakte), nicht aber im Hinblick auf die andere Mandantschaft. Deshalb wurde der Ergänzungsbescheid an die Klägerin zutreffend über ihren Bevollmächtigten mittels Empfangsbekenntnisses, an die andere Mandantschaft des Bevollmächtigten aber direkt mittels Postzustellungsurkunde, und zwar am 6. April 2016, zugestellt (siehe Bl. 1229 und 1259 der Bauakte). Erst nach Zustellung an die andere Mandantschaft zeigte der Bevollmächtigte seine Bevollmächtigung für die andere Mandantschaft an (siehe Bl. 1 und Bl. 2 der Gerichtsakte im Parallelverfahren M 1 K 16.2131). Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 wurde also am 7. April 2016 dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Wirkung für diese zugestellt.
Innerhalb der am 7. April 2016 beginnenden und am Montag, den 8. Mai 2016 endenden Monatsfrist des § 74 VwGO für die Erhebung der Klage gegen den Ergänzungsbescheid wurde Klage nicht erhoben. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat auch den Ergänzungsbescheid nicht innerhalb dieser Frist im Wege der Klageerweiterung nach § 91 VwGO in das gegen den Erstbescheid vom 12. Mai 2015 gerichtete laufende gerichtliche Klageverfahren einbezogen, worin eine Erhebung der Klage gegen den Ergänzungsbescheid zu sehen wäre. Ein solcher einbeziehender Akt ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderlich, soll ein den angefochtenen Ursprungsbescheid ergänzender Bescheid Gegenstand des laufenden Klageverfahrens werden; ein ergänzender Bescheid wird nicht automatisch Gegenstand des gegen den ergänzten Bescheid gerichteten laufenden Klageverfahrens (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 2016, § 79 Rn. 17 m.w.N.; Simon/Busse, BayBO, Stand 2016, Art. 68 Rn. 638; OVG Lüneburg, B.v. 18.12.2015 – 8 B 253/15 – juris Rn. 3; VG München, U.v. 21.1.2016 – M 11 K 14.3066 – juris Rn. 39; Kraft, BayVBl. 1995, 519/523 und 524). Eine solche Einbeziehung des Ergänzungsbescheids hat der Bevollmächtigte der Klägerin weder explizit noch konkludent vorgenommen. Vielmehr hat in der ersten mündlichen Verhandlung vom 20. April 2016, also innerhalb offener Klagefrist, die Vorsitzende den Bevollmächtigten ausdrücklich danach gefragt, ob er den Ergänzungsbescheid in das laufende Klageverfahren einbeziehen wolle und ihm zu einer entsprechenden Erklärung eine Schrifsatzfrist eingeräumt (siehe Niederschrift über die erste mündliche Verhandlung vom 20.4.2016 und Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. vom 1.8.2016, Bl. 159 der Gerichtsakte). Die Frist verstrich ungenutzt. Erst in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017, also weit außerhalb der Klagefrist, beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin die Aufhebung auch des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016.
b) Infolge der nicht fristgerechten Anfechtung des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016 wurde dieser bestandskräftig. Seine den Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 in dessen Nebenbestimmungen zum Lärmschutz und den zu Grunde liegenden Bauunterlagen modifizierenden Regelungen sind damit verbindlich und können vom Gericht nicht mehr inhaltlich überprüft werden. Soweit der Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 nicht durch den Ergänzungsbescheid geändert wurde, ist das Rechtsschutzbedürfnis für seine isolierte Anfechtung weggefallen. Die beiden Bescheide sind in ihrem Regelungsgehalt untrennbar aufeinander bezogen. Seit dem Erlass des Ergänzungsbescheids gibt es nur noch eine nicht weiter teilbare, einheitliche Baugenehmigung für das streitbefangene Vorhaben, nämlich den Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016. Nur wenn beide Bescheide ordnungsgemäß angefochten sind, kann das Gericht in eine inhaltliche Kontrolle der baugenehmigungsrechtlichen Grundlage des Vorhabens eintreten.
2. Selbst wenn – wie nicht – die Klage zulässig wäre, wäre sie unbegründet.
Der Bescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 verletzt die Klägerin nicht in ihren nachbarlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin wird durch das Vorhaben keinen unzumutbaren Lärm- oder sonstigen Belästigungen ausgesetzt.
Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets – hier des Bebauungsplangebiets „Gewerbegebiet … III“ – belegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich (nur) nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – juris Rn. 6). Bei Lärmimmissionen sind Maßstab für die danach hinzunehmenden Belästigungen § 22 BImSchG i.V.m. den Regelungen der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm (statt aller König, Baurecht Bayern, 2015, Rn. 417 ff., 422 und 423).
Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 7. September 2016 (M 1 S7 16.3394) im Detail herausgearbeitet, dass nach summarischer Prüfung keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken gegen das Vorhaben bestehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beschluss bestätigt (B.v. 19.1.2017 – 1 CS 16.2051 – juris).
Die Feststellungen im Eilverfahren haben auch im Hauptsacheverfahren Bestand.
Die nunmehr zur vorsorglichen Absicherung des Immissionsrichtwertes für allgemeine Wohngebiete in den werktäglichen Ruhezeiten während der Tagzeit (d. h. zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr) von 49 dB(A) (vgl. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d i.V.m. Nr. 6.5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 der TA Lärm) mit Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 29. Juli 2016 bezüglich der Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 29. März 2016 (nebst Prozesserklärung vom 20. April 2016) gegenüber dem Beklagten verbindlich erklärten Betriebszeitenbegrenzungen für den Lieferverkehr, den Besucherverkehr mit Omnibussen und die Befüllung und Abholung von Wertstoffcontainern (Verzichtserklärung) schließen eine mögliche unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin durch Schallimmissionen aus. Ein Überschreiten der genannten Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm war bislang jedenfalls insoweit nicht ausreichend belastbar auszuschließen, als durch den Betrieb des streitbefangenen Vorhabens während der Tagzeit die Möglichkeit einer werktäglichen Richtwertüberschreitung nach Nr. 6.5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 der TA Lärm bestanden hat, unterstellt das Wohnhaus der Klägerin auf dem Grundstück FlNr. 913/6 liege bauplanungsrechtlich in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. § 4 BauNVO ( vgl. Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm). Durch die verbindliche Erklärung der Beigeladenen zu 1. vom 29. Juli 2016 kann sichergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.2006 – 4 B 80/05 – juris Rn. 5), dass der Betrieb des streitbefangenen Vorhabens – soweit von ihm zwischen 6.00 und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr bislang die Gefahr von werktäglichen Richtwertüberschreitungen für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit ausgehen konnte – von der Beigeladenen zu 1. rechtsverbindlich so durchgeführt wird, dass diese Gefahr hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann (vgl. Schalltechnische Stellungnahme der S… GmbH vom 16. März 2016 mit ergänzenden Erläuterungen vom 22. April, 8. Juli und 30. August 2016). Eine Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm ist von daher nicht mehr zu befürchten. Dies gilt, wie erwähnt, sogar unter der Annahme, dass das Grundstück der Klägerin im Innenbereich in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Indes dürfte diese für die Klägerin günstige Annahme nicht haltbar sein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im erwähnten Beschluss vom 19. Januar 2017 (1 CS 16.2051) ausgeführt, dass viel dafür spricht, dass dem Grundstück der Klägerin nicht der Schutz eines allgemeinen Wohngebiets zusteht, sondern dieses als Teil des Außenbereichs nur das Schutzniveau eines Mischgebiets nach Nr. 6.1 Buchst. c der TA Lärm beanspruchen könne. Unter Zugrundelegung des wohl realistischen Schutzniveaus eines Mischgebiets für das Anwesen der Klägerin bestünde erst Recht kein Zweifel daran, dass sie keinen im Sinne der Vorgaben der TA Lärm unzumutbaren Immissionsbelastungen ausgesetzt ist.
Dieses immissionsschutzrechtliche Ergebnis wird getragen durch eine Vielzahl schalltechnischer Gutachten, insbesondere die Stellungnahme der S… GmbH vom 16. März 2016, die zusätzlichen Erläuterungen hierzu vom 22. April 2016 (insbesondere zum Halleninnenpegel) und den Bericht über die messtechnische Bestimmung des Halleninnenpegels vom 20. Februar 2017, sowie die Stellungnahme des Beklagten vom 30. August 2016. Der immissionsschutzrechtlichen und immissionsschutzfachlichen Beurteilung des Vorhabens liegen entgegen der Auffassung der Klägerin keine falschen bzw. unrealistischen Annahmen oder methodische oder sonstige Fehler der Gutachten zu Grunde. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:
a) Der Ansatz des Halleninnenpegels von 85 dB(A) als Maßstab für die Lärmentwicklung in der streitgegenständlichen Halle und als wichtige Einflussgröße für die nachbarliche Immissionsbelastung ist realitätsnah. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017 hat die Höhe des Halleninnenpegels lediglich Auswirkungen auf einen Teil der an den Immissionsorten einwirkenden Geräuschquellen und deren Teilpegel an den Immissionsorten. Die von der Klägerin in Bezug genommene schalltechnische Stellungnahme der Handwerkskammer für München und Oberbayern vom 21. Februar 2008, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, ist zu einem anderen Vorhaben erstellt worden; ihr kann keine grundsätzliche Aussage des Inhalts entnommen werden, dass der vorliegend zugrunde gelegte Halleninnenpegel zu niedrig wäre (siehe hierzu Stellungnahme der S… GmbH vom 30.8.2016, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, S. 2). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beigeladene zu 1. sich zum Halleninnenpegel neben Erkenntnissen aus vergleichbaren Projekten auf die Auswertung „Handwerk und Wohnen“ des TÜV Rheinland sowie auf orientierende Kurzzeitmessungen des Halleninnenpegels in der bestehenden Produktionshalle stützt (zur Auswertung des TÜV Rheinland vgl. die Stellungnahme der S… GmbH vom 22.4.2016, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, S. 2). Hinzu kommt, dass Nummer 7 des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 in Ergänzung von Nummer II.3 des Ursprungbescheids vom 12. Mai 2015 anordnet, dass die mittleren Halleninnenpegel der Produktionshalle und im Bereich „Brauerei“ einen Wert von 85 dB(A) nicht überschreiten dürfen und dies innerhalb von sechs Monaten nach der Nutzungsaufnahme durch Abnahmemessungen zu belegen ist. Dadurch wird die Einhaltung des zu Grunde gelegten Pegels vollziehbar sichergestellt. Die Abnahmemessung bei Echtbetrieb hat bereits stattgefunden. Nach dem Bericht der S… GmbH vom 20. Februar 2017 haben die zwischen dem 30. Januar 2017 und dem 6. Februar 2017 durchgeführten Messungen ergeben, dass der festgelegte Halleninnenpegel von 85 dB(A) selbst bei einer theoretischen Arbeitsdauer von 16 Stunden und durchgehendem Vollbetrieb in beiden Hallenabschnitten mit großer Sicherheit eingehalten ist. Die Messungen waren in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017 Gegenstand der ausführlichen Erörterung mit den Gutachtern und den Beteiligten. Zweifel am Ergebnis der Messungen ergaben sich nicht.
b) Auch der Vortrag der Klägerin zur – aus ihrer Sicht unzureichenden – Berücksichtigung von Fahrgeräuschen durch andere bzw. zusätzliche Fahrwege von (Liefer-)Verkehr auf dem Betriebsgelände führt nicht weiter. Ausweislich der schalltechnischen Untersuchung vom 16. März 2016 (vgl. dort insbesondere Abb. 3) ist eine Umfahrung des Betriebsgeländes ausreichend berücksichtigt; dies wird vom Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner Stellungnahme vom 23. August 2016 (dort Seite 2) sowie von der S… GmbH in ihrer Stellungnahme vom 30. August 2016 (dort Seite 4 f.) nochmals ausdrücklich bestätigt. Eine Zufahrt zum Betriebsgelände über die A… Straße, wie die Klägerin sie befürchtet, ist nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung (vgl. insbesondere den genehmigten Lageplan und Freiflächenplan).
c) Soweit sich die Klägerin gegen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Nichtberücksichtigung von Vorbelastungen durch Sportanlagen wendet, vermag sie damit bereits von Rechts wegen nicht durchzudringen. Nach Nr. 2.4 der TA Lärm ist Vorbelastung die Belastung eines Orts mit Geräuschimmissionen von allen Anlagen, für die die TA Lärm gilt, ohne den Immissionsbeitrag der zu beurteilenden Anlage. Nach Nr. 1 Abs. 2 Hs. 2 Buchst. a der TA Lärm unterfallen Sportanlagen, die nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) zu beurteilen sind, nicht dem Anwendungsbereich der TA Lärm. Mit Blick auf Nr. 1 Satz 1 Hs. 1 der TA Lärm gilt gleiches auch für Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen, soweit nicht Nr. 7.4 der TA Lärm eingreift. Danach stellen Sportanlagen- und anlagenunabhängiger Verkehrslärm grundsätzlich keine Vorbelastung im Sinne der TA Lärm dar. Dies ist dem segmentierenden Regelungssystem des Lärmschutzes in der deutschen Rechtsordnung geschuldet, wonach Anlagenlärm nur nach der TA Lärm bestimmt und beurteilt wird, während für Lärm aus sonstigen spezifischen Quellen ausschließlich das jeweilige spezielle Regelwerk Anwendung findet (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV, 18. BImSchV usw.) und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Anhaltspunkte für eine die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle des Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) überschreitende, die Gesundheit gefährdende Lärmbelastung, einschließlich der Vorbelastung und des zu erwartenden anlagenbezogenen Lärms, durch einen Dauerschallpegel von 70 dB(A)/tags oder 60 dB(A)/nachts als Folge des Vorhabens bestehen nicht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. vom 13.5.2009 – 9 A 72/07 – NVwZ 2009, 1498).
Nachdem die Geräuschimmissionen sogar den Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1. Buchst. d der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete für den Tag um mehr als 6 dB(A) unterschreiten, bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin einer Bestimmung der Vorbelastung gemäß Nr. 3.2.1 Unterabs. 2 und 6 Satz 2 i.V.m. Nr. 4.2 Buchst. c der TA Lärm nicht.
d) Auch eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch Einzelereignisse im Rahmen des Verkehrs mit LKW auf dem Betriebsgrundstück ist nicht zu besorgen. Die Geräusche, die von Motorstarts, Türenschlagen, Betriebsbremsen u.ä. der LKWs hervorgerufen werden, sind bei der Berechnung der Beurteilungspegel nach dem Inhalt der Gutachten ausreichend berücksichtigt worden (vgl. schalltechnische Beurteilung der S… GmbH vom 16.3.2016, Seite 23 ff. und Seite 37, sowie Stellungnahme des Sachgebiets Immissionsschutz des Landratsamts vom 23.8.2016, Seite 2, namentlich unter Verweis auf den „Technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschimmissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgelände von Frachtzentren, Auslieferungslagern, Speditionen und Verbrauchermärkten sowie weiterer typischer Geräusche insbesondere von Verbrauchermärkten“ des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie – HLUG, 2005). Dabei berücksichtigt die Berechnung vom 16. März 2016 insbesondere auch kurzzeitige Geräuschspitzen sowohl bei den Fahrwegen als auch beim Rangieren (vgl. Seite 25 f.), indem sie entsprechend dem Bericht des HLUG 2005 (dort Seite 16) hierfür den höchsten für Einzelereignisse vorgesehenen Schallleistungspegel von 108 dB(A) für Betriebsbremsen in Ansatz bringt. Hierauf bezieht sich auch die Aussage der S… GmbH in der schalltechnischen Beurteilung vom 16. März 2016 (dort Seite 37), wonach „die LKW-Geräusche Motorstarten, Türenschlagen, Betriebsbremse usw. (…) bereits in den Emissionsansätzen für die LKW-Fahrwege und insbesondere für das Rangieren mit abgedeckt“ sind. Zudem weisen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. übereinstimmend zutreffend darauf hin, dass nach der Betriebsbeschreibung in der Fassung ihrer Fortschreibung vom 10. März 2016 ein Betrieb von LKW mit Kühlaggregaten weder vorgesehen ist noch für den genehmigten Betrieb üblich wäre.
e) Auch die Regelungen der Baugenehmnigung zur Anordnung von Maschinen in der Werkhalle sowie über die Öffnung von Türen, Toren und Lüftungsklappen in den Lichtbändern sind sachgerecht und begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 regelt unter Nummer 5 in Ergänzung von Nummer II.3.d des Ausgangsbescheids vom 12. Mai 2015 zum einen, dass Türen, Tore und Lüftungsklappen in den Lichtbändern pro Tag nicht länger als vier Stunden offen stehen dürfen und zum anderen, dass die Einhaltung dieser Vorgabe durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen ist. Diese Nebenbestimmung ist entgegen der Auffassung der Klägerin ausreichend bestimmt und zudem auch vollziehbar (so auch BayVGH, B.v. 19.1.2017 – 1 CS 16.2051 – juris Rn. 7). Die Einsatzorte der mobilen Maschinen sind zum anderen bereits nach der Natur der Sache ihres Einsatzzwecks nicht vorab bestimmbar. Im Übrigen sind diese Regelungen geeignet, die Beschränkung der Immissionsbelastung auf ein für die Klägerin nach der TA Lärm zumutbares Maß zu gewährleisten (siehe oben vor Buchst. a).
f) Auch hinsichtlich der von der S… GmbH in Ansatz gebrachten Anzahl der PKW-Bewegungen sowie bezüglich der sonstigen Fahrbewegungen durch Omnibusse und LKW ist nichts zu erinnern. Nachvollziehbar wird in der Stellungnahme vom 30. August 2016 darauf hingewiesen, dass die Zahl von 700 PKW-Bewegungen werktäglich ausreichend konservativ gewählt ist, um den Fahrverkehr, der von 120 Mitarbeitern und Besuchern der Schaubrauerei mit Bewirtungsraum und Getränkeladen voraussichtlich ausgelöst wird, zu erfassen. Dies entspricht auch der schalltechnischen Beurteilung vom 16. März 2016, die auf den Seiten 28 ff. entsprechende Berechnungen enthält und sich dabei auf die „Parkplatzlärmstudie“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt in der aktuellen Fassung ihrer 6. Auflage vom August 2007 bezieht. Der Stellplatzberechnung (vgl. Blatt 280 der Behördenakten), die im Übrigen nicht als solche, sondern nur im Rahmen des damit zu erwartenden lärmträchtigen An- und Abfahrtsverkehrs nachbarrechtlich relevant ist, hat die Klägerin ebenfalls keine substantiierten Einwendungen, sondern lediglich ihre eigenen nicht näher belegten Hypothesen entgegengesetzt. Gleiches gilt hinsichtlich der Geräuschemissionen, die von der Schaubrauerei mit Bewirtungsraum und Getränkeladen ausgehen. Die schalltechnische Begutachtung vom 16. März 2016 erfasst diese auf der Grundlage der Betriebsbeschreibung vom 10. März 2016, ohne dass hiergegen etwas zu erinnern ist (vgl. Seite 31 f.).
g) Schließlich ist auch gegen die schalltechnische Beurteilung sowohl hinsichtlich des Betriebs der Gabelstapler als auch der Container nichts zu erinnern. Sie berücksichtigt sowohl die relevanten Geräuschquellen an den Containern als auch den Betrieb des Gabelstaplers im Freien in der Weise, wie es die Betriebsbeschreibung vom 10. März 2016 vorsieht (vgl. Seite 32 ff. der schalltechnischen Beurteilung vom 16.3.2016 i.V.m. Seite 8 der Betriebsbeschreibung vom 10.3.2016 hinsichtlich der Container, Seite 27 ff. der schalltechnischen Beurteilung vom 16.3.2016 i.V.m. Seite 17 zum Betrieb von Gabelstaplern im Freien). Nachvollziehbar weist der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 30. August 2016 (dort Seite 2) darauf hin, dass die Annahme eines 30-minütigen Gabelstaplereinsatzes an der Südostfassade im Lichte der Betriebsbeschreibung nicht zu knapp bemessen ist und es sich auch insoweit um eine „worst-case-Betrachtung“ handelt.
h) Endlich ist auch nicht davon auszugehen, dass das Anwesen der Klägerin im Sinne des Rücksichtnahmegebots nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzumutbaren Geruchseinwirkungen ausgesetzt wird. Insoweit wird auf die nachvollziehbaren Ausführungen in den Stellungnahmen des Beklagten vom 14. April 2016 und vom 30. August 2016 (dort Seite 3 unter Nummer VI) Bezug genommen. Dem hatte die Klägerin nichts Substantiiertes entgegenzusetzen; ein gerichtlich beauftragtes Geruchsgutachten war nicht veranlasst.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen eigene Sachanträge gestellt und sich daher in das Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO begeben haben, entspricht es der Billigkeit, deren außergerichtliche Kosten der Klägerin aufzuerlegen, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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