Baurecht

Baugenehmigung zur Erweiterung eines Reihenmittelhauses

Aktenzeichen  M 8 K 18.3817

Datum:
12.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49019
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 3, Art. 59, Art. 64 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 1
BauGB § 34 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB erlaubt eine angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung. Ein Vorhaben muss den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen nicht exakt einhalten. Unwesentliche Überschreitungen des durch die tatsächlich vorhandene Bebauung gebildeten Rahmens sind zulässig. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. In quantitativer Hinsicht sind bei der Beurteilung der Verträglichkeit des Aneinanderbauens insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. In qualitativer Hinsicht kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die Kubatur des Gebäudes an. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Gebot der Rücksichtnahme verpflichtet nicht dazu, die Nachbarn von jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken zu verschonen. Insbesondere im dicht bebauten (innerstädtischen) Bereich sind gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten gerade im Fall sich aneinanderreihender Wohnnutzung grundsätzlich als unvermeidlich hinzunehmen. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Verschattungseffekt als typische Folge der Bebauung ist insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze in der Regel nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot gibt keinen Abwehranspruch gegenüber wohngebietstypischen Lebensäußerungen. Wohngeräusche bzw. Wohnimmissionen sind in Wohngebieten regelmäßig hinzunehmen. (Rn. 67) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Juli 2018 verpflichtet, dem Kläger die mit Bauantrag vom 6. Dezember 2017 (Eingangsdatum bei der Beklagten) beantragte Baugenehmigung nach Plannr. … zu erteilen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die zulässige Klage auf Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Juli 2018 die mit Bauantrag vom 6. Dezember 2017 (Eingangsdatum bei der Beklagten) beantragte Baugenehmigung nach Plannr. … zu erteilen, hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
1. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist eine Baugenehmigung zu erteilen und hat der Bauherr dementsprechend grundsätzlich auch einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, d.h., wenn das Bauvorhaben genehmigungspflichtig und -fähig ist.
a) An der baurechtlichen Genehmigungspflichtigkeit der vorliegend geplanten Erweiterung des Reihenmittelhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück in Form eines Anbaus im Keller- und Erdgeschoss, der Errichtung einer Dachterrasse/eines Balkons auf dem Flachdach des Anbaus sowie einer dem Anbau vorgelagerten Terrasse gemäß Art. 55 Abs. 1 Halbsatz 1 BayBO besteht – auch nach Ansicht der Beteiligten – kein Zweifel. Insbesondere liegt angesichts der Dimension des bestehenden Reihenmittelhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück kein Fall einer verfahrensfreien Änderung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 4 Nr. 2 BayBO vor (vgl. Lechner/Busse, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 57 Rn. 52 ).
b) Die geplante Erweiterung des Reihenmittelhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist gemessen am vorliegend einschlägigen Genehmigungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO auch genehmigungsfähig.
aa) Ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 BayBO ist entgegen der Ansicht der Beklagte nicht dadurch ausgeschlossen, dass das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht geprüft werden kann.
aaa) Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 ). Vor diesem Hintergrund darf, wenn sich bei der Prüfung durch die Behörde herausstellt, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO nicht erteilt werden (vgl. VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57; B.v. 16.5.2018 – M 8 E 18.1233 – juris Rn. 32; Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ). Ebenso wenig darf die Behörde auf eine Klage des Bauherrn hin zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet werden, wenn es an einem prüffähigen Bauantrag fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris Rn. 9; Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ).
bbb) Der vom Kläger am 6. Dezember 2017 eingereichte Bauantrag mit der gleichzeitig eingereichten Baubeschreibung und dem Eingabeplan genügt den Anforderungen des Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO.
Inwiefern der vom Kläger vorgelegte Lageplan in den für die Prüfung des vorliegenden Bauantrags maßgeblichen Angaben zulasten des Klägers und/oder der Nachbarn nicht einem auf der Grundlage eines Auszugs aus dem Katasterwerk erstellten Lageplan im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 BauVorlV und zudem insbesondere nicht den tatsächlichen Verhältnissen (vgl. zu diesem entscheidenden Aspekt Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 87, 93 ) entspricht, wurde von der Beklagten in ihrem Schreiben vom 16. Februar 2018 nicht näher dargelegt.
Die Bauvorlagen sind auch nicht unvollständig, weil sie entgegen § 7 Abs. 3 Nr. 10 und Nr. 13 BauVorlV nur teilweise unmittelbare Angaben zur Tiefe, Breite und Höhe des geplanten Anbaus, zur Tiefe und Breite der Dachterrasse/des Dachbalkons und zur Höhe der für diese/diesen geplanten Umwehrung, zur Länge und Breite der geplanten neuen Terrasse sowie zu den vom Bestandsgebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück und dem geplanten Anbau ausgelösten Abstandsflächen enthalten. Denn die in der Bauvorlagenverordnung vorgesehenen Angaben im Lageplan sind kein Selbstzweck, was § 7 Abs. 3 BauVorlV durch die Formulierung seines Einleitungssatzes („soweit dies zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlich ist“) eindeutig zum Ausdruck bringt (vgl. Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 91 ). Ebenso wenig dienen sie dazu, den Aufwand der Baugenehmigungsbehörde bei der Prüfung eines Bauantrags auf das größtmögliche Minimum zu reduzieren und diese gleichsam vorzuexerzieren. Folglich genügt es, wenn die erforderlichen Angaben zwar nicht unmittelbar in den vorlegten Unterlagen enthalten sind, sich diesen aber – beispielsweise mittels Maßentnahme – vollständig und richtig entnehmen und insofern der gebotenen Prüfung zugrunde legen lassen (vgl. Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 91 ). Dies ist vorliegend auf der Grundlage der Baubeschreibung sowie der unter Angabe des einschlägigen Maßstabs erfolgten Planzeichnungen im Eingabeplan sowohl im Hinblick auf die (Außen-)Maße der geplanten Erweiterung des Reihenmittelhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück als auch im Hinblick auf die von dieser und dem Bestandsgebäude ausgelösten Abstandsflächen der Fall (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 14; Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 91 ). Die Breite und Tiefe des geplanten Anbaus sind in der Grundrissdarstellung des Erdgeschosses angegeben bzw. dieser zu entnehmen, die Höhe seiner Außenwände und diejenige der (Dach-)Terrassen- bzw. Balkonumwehrung dem Schnitt A-A. Die Breite und Tiefe der geplanten neuen Terrasse ergeben sich ebenfalls aus der Grundrissdarstellung des Erdgeschosses. Dem Schnitt A-A sind auch die für die Bestimmung der Abstandsflächentiefe erforderlichen Wandhöhen des Bestandsgebäudes sowie des Anbaus zu entnehmen. Ob die von den durch die geplante Erweiterung veränderten Außenwänden ausgelösten Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück zu liegen kommen, lässt sich auf der Grundlage des Plans „Grundriss Erdgeschoss“, in den auch die nordwestliche, südöstliche und südwestliche Grenze des streitgegenständlichen Grundstücks eingetragen ist, sowie der dem Schnitt A-A zu entnehmenden Wandhöhen ebenfalls bestimmen. Die vorlegten Unterlagen sind daher als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung geeignet und ausreichend.
bb) Das Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist in seiner geänderten Form auch gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. a BayBO i.V.m. §§ 29 ff. Baugesetzbuch (BauGB) bauplanungsrechtlich zulässig.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der auf dem streitgegenständlichen Grundstück geplanten Änderung des Bestandsgebäudes beurteilt sich hinsichtlich der Art der Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) und im Übrigen, d.h. hinsichtlich des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundfläche, die überbaut werden soll, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Das Reihenmittelhaus auf dem klägerischen Grundstück ist auch nach seiner geplanten Änderung nach seiner Art gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO zulässig und wahrt hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, des Maßes und der Bauweise gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB den durch die Eigenart der näheren Umgebung bestimmten Rahmen. Zudem fehlt es auch nicht an der gebotenen Rücksichtnahme gegenüber der in sonstigen in der Umgebung vorhandenen Bebauung (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 17)
aaa) Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der streitgegenständlichen Erweiterung eines Reihenhauses gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB ist die Eigenart der näheren Umgebung. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur bauaufsichtlichen Prüfung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 33; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 10; B.v. 20.8.1998 – 4 B 79.98 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 9; B.v. 27.3.2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7), wobei darauf abzustellen ist, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.3.2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7).
Die maßgebliche nähere Umgebung ist grundsätzlich für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 5; B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21; U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.; U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn.15; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Entscheidend bleiben aber in jedem Fall die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. OVG Münster, U.v. 1.3.2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 35 m.w.N.).
Gemessen hieran wird die vorliegend für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale jedenfalls maßgebliche Umgebung durch die Bebauung der Reihenhauszeile, deren Teil das klägerische Reihenhaus selbst ist, bestimmt, also die Bestandsbebauung auf den Grundstücken … Weg 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22 und 24.
Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der maßgeblichen näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 6; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 10). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist insofern alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; U.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 6, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 13); außer Acht gelassen darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23.86 – juris Rn. 13; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 13).
bbb) Das Reihenmittelhaus auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist auch nach seiner geplanten Änderung nach der Art seiner Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich zulässig. Das klägerische Reihenmittelhaus ist bislang ein Wohngebäude, was sich durch die geplante Erweiterung nicht ändert. Balkonen und Terrassen kommt hinsichtlich der Art der Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB keine eigenständige bauplanungsrechtliche Relevanz zu, d.h. sie unterfallen keiner eigenständigen Nutzungsart, weshalb die geplante Erweiterung auch insofern nicht gegen § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 2 BauNVO verstoßen kann.
ccc) Das klägerische Reihenmittelhaus wahrt auch nach seiner geplanten Änderung hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, (1) des Maßes der baulichen Nutzung (2) sowie der Bauweise (3) den durch die Eigenart der näheren Umgebung und damit deren Prägung bestimmten Rahmen im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
(1) Für das Einfügen nach der überbaubaren Grundstücksfläche gelten die Merkmale des § 23 BauNVO entsprechend. Daher ist von den in der maßgeblichen näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen auszugehen (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.1985 – 4 B 167.85 – juris Rn. 3; B.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 4; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 47 ).
Die vom Kläger zur Genehmigung gestellte Erweiterung seines Reihenmittelhauses findet hinsichtlich der Bebauungstiefe ein Vorbild im Gebäude … Straße 16. Dieses weist aufgrund des Anbaus eines Wintergartens an seiner Südwestseite eine jedenfalls nahezu identische Bebauungstiefe auf wie das klägerische Reihenmittelhaus in seiner geänderten Form. Die südliche Ecke des vom Kläger geplanten Anbaus an sein Reihenmittelhaus liegt auf einer Linie mit der südlichen Ecke des Anbaus an das Gebäude … Straße 16. Die dem geplanten Anbau vorgelagerte ebenerdige Terrasse ist für die Frage des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht relevant. Dass der Anbau an das Gebäude … Straße 16 – anders als der vom Kläger geplante Anbau – derat untergeordnet ist, dass er die maßgebliche nähere Umgebung nicht zu prägen vermag, vermochte das Gericht beim Augenschein nicht festzustellen. Der als Wintergarten ausgestaltete Anbau wird vielmehr eindeutig als Teil des Wohnhauses als Hauptanlage wahrgenommen (vgl. hierzu OVG Münster, B.v. 1.8.2016 – 7 A 937.14 – juris Rn. 38). Da es beim Merkmal der Bebauungstiefe im Sinne von § 23 Abs. 4 Satz 1 BauNVO allein auf die räumliche Lage und den Standort der Baukörper innerhalb der vorhandenen Bebauung, nicht auch auf deren Größe ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 4; B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 8; B.v. 22.9.2016 – 4 B 23.16 – juris Rn. 6), ist es für die Frage des Einfügens hinsichtlich der Bebauungstriefe unerheblich, dass sich der Anbau an das Gebäude … Straße 16 – anders als der vom Kläger zu Genehmigung gestellte Anbau – nicht über die gesamte Gebäudebreite erstreckt, sondern zur südwestlichen Grundstücksgrenze einen (geringen) Grenzabstand einhält. Die Größe der Baukörper kann bei der Frage des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche nur bei Vorhandensein von vorderen und hinteren (faktischen) Baulinien relevant werden; vorliegend wurde die (ehemalige) faktische hintere, zackenförmig verlaufende Baulinie bereits durch den Anbau an das Gebäude … Straße 16 durchbrochen.
(2) Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei – vorliegend nicht gegebener – offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Leitsatz 2, Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Die Übereinstimmung von in Rede stehendem Vorhaben und Referenzobjekt in nur einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben, was der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten, widerspräche (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Leitsatz 2, Rn. 20; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 15 ZB 17.985 – juris Rn. 11 spricht vom Verbot der „Rosinentheorie“; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 20).
Der geplante Anbau an das Reihenmittelhaus auf dem streitgegenständlichen Grundstück bleibt in seiner Wand- und Gesamthöhe hinter den jeweiligen Höhen der Bestandsgebäude in der Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24 zurück; ob es in der näheren Umgebung bereits Anbauten gibt, die auch das Kellergeschoss und zumindest teilweise auch das erste Obergeschoss umfassen, ist insoweit ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob es bereits einen (zudem mit dem vom Kläger geplanten vergleichbaren) Dachbalkon gibt. Zudem ändert sich durch die geplante Erweiterung die Geschosszahl des Gebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück (E + 1 + ausgebautes Dachgeschoss) nicht.
Das klägerische Reihenmittelhaus in seiner geänderten Form findet zudem auch im Hinblick auf seine Grundfläche ein Vorbild in der Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24, nämlich im Reihenmittelhaus … Straße 16. Dieses weist wegen der dort an der südwestlichen Außenwand und der nordöstlichen Außenwand (erkennbar im Bayern-Atlas) jeweils erfolgten eingeschossigen Anbauten eine Grundfläche auf, die mit der durch die geplante Änderung des Gebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück entstehenden und insoweit relevanten Gesamtgrundfläche zwar nicht ganz identisch, aber dennoch vergleichbar ist. Die Grundflächen der Hauptbaukörper der beiden Gebäude sind gleich groß. Zumindest weitgehend dasselbe gilt für die Anbauten an der jeweiligen nordöstlichen Außenwand der Gebäude. Dass sich der bestehende Wintergartenanbau des Gebäude … Straße 16, der eine dem vom Kläger geplanten Anbau jedenfalls sehr ähnliche Tiefe aufweist, anders als der vom Kläger geplante nicht über die gesamte Gebäudebreite erstreckt, schließt die Annahme einer mit dem geänderten klägerischen Reihenmittelhaus vergleichbaren Grundfläche nicht aus. Der aus der vorhandenen Bebauung zu entnehmende Maßstab ist notwendig grob und ungenau (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; B.v. 27.7.2011 – 4 B 4.11 – juris Rn. 4) und § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zwingt nicht zur Uniformität (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 47). Vielmehr erlaubt § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wie dargelegt, eine angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung und muss das betrachtete Vorhaben daher den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen nicht exakt einhalten; unwesentliche Überschreitungen des durch die tatsächlich vorhandene Bebauung gebildeten Rahmens sind zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 47; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 21). Gemessen hieran ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich der Anbau an der Südwestseite des Gebäudes … Straße 16 über mehr als ¾ der Breite des restlichen Gebäudes erstreckt und zur nordwestlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von weniger als 1,5 m (gemessen im Bayern-Atlas) einhält, so dass er optisch – für die Frage des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung kommt es gerade auf die optische maßstabsbildende Wirkung der vorhandenen Bebauung an (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 20) – hinsichtlich seiner Breite ganz ähnlich wirkt wie ein sich über die gesamte Gebäudebreite erstreckender Anbau. Folglich sind (auch) die Grundflächen des Gebäudes … Straße 16 und des erweiterten Gebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück vergleichbar. Die vom Kläger geplante, der Erweiterung des Wohnzimmers vorgelagerte neue Terrasse ist auch beim Einfügen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht zu berücksichtigen. Zu betrachten ist vielmehr allein die Grundfläche von Gebäuden oder gebäudeähnlichen Anlagen (vgl. Söfker, in; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 43 ). Denn allein befestigte, jedoch nicht mit einem Gebäude oder gebäudeähnlichen Anlagen bebaute Flächen treten in ihrer Wahrnehmbarkeit nach außen deutlich in den Hintergrund. Sie sind insofern nicht mit durch Gebäude bebauten Flächen vergleichbar (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 18).
Da das streitgegenständliche Bauvorhaben hinsichtlich aller drei vorliegend maßgeblicher Maßbestimmungsfaktoren im Bestandsgebäude … Straße 16 ein Vorbild findet und der streitgegenständliche Anbau an das klägerische Reihenhaus trotz des auf dessen Flachdach geplanten Balkons im Wesentlichen als sich lediglich bis zur Höhe des Erdgeschosses erstreckend wahrgenommen wird – die geplante Balkonumwehrung wirkt aufgrund ihrer Höhe und Ausgestaltung optisch deutlich weniger massiv als eine bauliche Erweiterung der im Obergeschoss liegenden Innenräume -, ist der durch die geplante Änderung entstehende Baukörper auf der Grundlage der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung in seiner Dimension, d.h. Kubatur mit diesem Gebäude vergleichbar.
(3) Die vom Kläger geplante Erweiterung des Bestandsgebäudes wahrt schließlich auch hinsichtlich der Bauweise den insoweit durch die Eigenart der näheren Umgebung, d.h. insbesondere die Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24 gebildeten Rahmen. Die Reihenhauszeile ist aufgrund ihrer Länge von mehr als 50 m durch eine geschlossene Bauweise im Sinne von § 22 Abs. 3 BauNVO gekennzeichnet; bei der Frage des Einfügens nach der Bauweise im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann auf die Begriffsbestimmungen des § 22 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 12). Diese Bauweise wird durch den geplanten, sich über die gesamte Breite des Bestandsgebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück erstreckenden und damit ebenfalls keine seitlichen Grenzabstände einhaltenden Anbau ohne Einschränkungen aufgegriffen (vgl. OVG Münster, U.v. 19.7.2010 – 7 A 44.09 – juris Rn. 36 ff; OVG Koblenz, U.v. 14.8.2014 – 1 A 10252.14 – juris Rn. 19).
ddd) Der streitgegenständliche Anbau an das klägerische Reihenmittelhaus ist schließlich auch nicht rücksichtslos gegenüber der Bebauung auf den Nachbargrundstücken und deren Nutzung.
(1) Das Rücksichtnahmegebot ist in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1985 – 4 C 19.82 – juris Rn. 19) bzw. im Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verankert (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.1980 – 4 C 101.77 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 13), wobei seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22).
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass das Rücksichtnahmegebot dem Bauherrn keine Pflicht auferlegt, generell die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen (BVerwG, B.v. 26.6.1997 – 4 B 97.97 – juris Rn. 6). Das Gebot der Rücksichtnahme verpflichtet ebenso wenig dazu, die Nachbarn von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von ihren Grundstücken aus zu verschonen. Denn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 7.2.2012 – 15 CE 11.2865 – juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 14; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7).
(2) Vorliegend liegt ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot weder im Hinblick auf die mit dem Anbau verbundene zumindest teilweise Veränderung des baulichen Versatzes zu den Nachbargebäuden … Straße 18 und 22 ((a)) noch im Hinblick auf die mit der Nutzung des Anbaus verbundenen Einblickmöglichkeiten, die sich insbesondere vom geplanten Balkon auf dem Dach des Anbaus ergeben, die vom Anbau ausgehende Verschattung und die Geräuschimmissionen in bzw. auf die benachbarten Grundstücke ((b)) vor.
(a) Das nachbarliche Austauschverhältnis ist vorliegend durch eine Reihenhausbauweise, die in südwestlicher Richtung Versätze von jeweils ca. 2 m aufweist, geprägt. Die einzelnen Reihenhäuser sind bislang, wie Doppelhäuser im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt, wobei die Kopfhäuser (* … Weg 2 und 24) einen seitlichen Grenzabstand einhalten (vgl. zur Definition einer Hausgruppe im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO BayVGH, B.v. 22.3.2010 – 15 CS 10.355 – juris Rn. 13; U.v. 11.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 25); die Annahme einer baulichen Einheit ist durch die gestaffelte Bauweise nicht ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 16, 18, 22; BayVGH, U.v. 11.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 27). Insbesondere aufgrund der Gleichmäßigkeit der Versätze und ihrer geringen Größe erscheinen die einzelnen Reihenhäuser dennoch nicht als jeweils selbstständige Baukörper, sondern vielmehr als zu einer Einheit zusammengefügte Baukörper, die – quantitativ – zu einem wesentlichen Teil und – qualitativ – in wechselseitig verträglicher und abgestimmter bzw. harmonischer Weise aneinandergebaut sind (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 11.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 27). Der wechselseitige Verzicht auf seitliche Grenzabstände an den jeweiligen gemeinsamen Grundstücksgrenzen bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht; das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, erkauft. Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn sie den bisher durch zulässigen Grenzanbau gezogenen Rahmen überschreitet. Das nachbarliche Austauschverhältnis darf nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 21; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 22). Diese nach den Grundsätzen der sogenannten Doppelhaus-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 20 ff.; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 13 ff.; U.v. 19.3.2015 – 4 C 12.14 – juris Rn. 14 ff.) entwickelte besondere Rücksichtnahmeverpflichtung gilt wegen identischer Interessenlage auch bei der Frage des Einfügens nach der Bauweise im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 11 ff., 20 ff.) – auch innerhalb von Hausgruppen (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2015 – 4 B 65.14 – juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 11.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 27) in geschlossener Bauweise im Sinne von § 22 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO (vgl. VG München, B.v. 11.9.2007 – M 8 SN 07.3256 – juris Rn. 32; B.v. 16.10.2019 – M 29 SN 19.4852 – juris Rn. 18 f.; offen VG Düsseldorf, U.v. 31.1.2017 – 28 K 13920/16 – juris Rn. 36 m.W.N.; ebenso offen VG Gelsenkirchen, U.v. 13.1.2015 – 9 K 6091/13 – juris Rn. 48 m.w.N.).
Durch den geplanten Anbau an das Reihenmittelhaus auf dem streitgegenständlichen Grundstück, durch den zumindest im Bereich des Erdgeschosses der Versatz zum Nachbargebäude … Straße 22 aufgehoben und zum Nachbargebäude … Straße 18 um ca. 1,7 m vergrößert wird, wird das innerhalb der Reihenhauszeile … Straße 2-24 (zur Maßgeblichkeit allein der Situation innerhalb der Hausgruppe vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 4 B 65.14 – juris Rn. 6, 9; U.v. 19.3.2015 – 4 C 12.14 – juris Rn. 19; BayVGH – B.v. 10.1.2018 – 1 ZB 15.1039 – juris Rn. 7) bestehende nachbarliche Austauschverhältnis nicht einseitig aufgehoben oder nur aus dem Gleichgewicht gebracht.
In welchem Umfang ein Versatz möglich ist, ohne dass das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht kommt oder die „harmonische Beziehung“, in der die einzelnen Gebäude zueinander stehen müssen, infrage gestellt wird, beurteilt sich nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 22; U.v. 19.3.2015 – 4 C 12.14 – juris Rn. 19 f.; BayVGH, U.v. 5.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 27). In quantitativer Hinsicht sind bei der Beurteilung der Verträglichkeit des Aneinanderbauens insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. In qualitativer Hinsicht kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die Kubatur des Gebäudes an (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2014 – 2 BV 13.789 – juris Rn. 27).
Gemessen hieran ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24 von Anfang an mit einem Versatz von ca. 2 m an der jeweiligen Nordwest- und Südostseite der einzelnen Reihenhäuser errichtet worden ist, also noch nie eine absolute Profilgleichheit gegeben war. Zudem bleibt der streitgegenständliche Anbau, bei dem die bestehende südwestliche Außenwand lediglich um ca. 1,7 m in südwestliche Richtung vorgesetzt wird und dies zudem nur im Keller- und Erdgeschoss geschieht, wie der südwestseitige Anbau an das Anwesen … Straße 16 in seiner Geschossigkeit und Höhe sowie seinem Volumen deutlich hinter den entsprechenden Maßen des bisherigen Bestandes zurück; die Bebauungstiefe wird um lediglich um ca. 1,7 m vergrößert. Mit einer Grundfläche von 12,52 m² und einer Wandhöhe von 3,65 m inklusive der Balkonumwehrung (2,75 m ohne die Balkonumwehrung) ist die Wohnhauserweiterung nicht geeignet, die bauliche Einheit der knapp 80 m langen, durchgehend jedenfalls 13 m tiefen zweigeschossigen Reihenhauszeile maßgeblich zu beeinträchtigen. Durch die Verlängerung der bisherigen nordwestlichen und südöstlichen Außenwände des klägerischen Gebäudes um jeweils ca. 1,7 m und damit um nur ca. 13% der überwiegend vorliegenden Tiefe der Reihenhäuser schließt die südöstliche Außenwand im Erdgeschoss bündig mit der nordwestlichen Außenwand des Nachbargebäudes … Straße 22 ab. Entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Grundstück … Straße 18 ragt die nordwestliche Außenwand des klägerischen Gebäudes bereits im Bestand um ca. 2,3 m über die südöstliche Außenwand des Nachbargebäudes hinaus. Diese Situation wird nur im Erdgeschoss lediglich in einem Ausmaß von 1,7 m intensiviert; im Obergeschoss bleiben die bestehenden Gebäudeaußenwände gegenüber dem bisherigen Zustand unverändert. Die Reihenhauszeile weist auch nach der streitgegenständlichen Gebäudeerweiterung kongruente Dachformen, übereinstimmende Trauf- und Firsthöhen sowie einheitlich tiefe Obergeschosse auf. Zwar entsteht auf dem Dach des geplanten Anbaus in Höhe des Obergeschosses ein als Dachbalkon nutzbarer und dementsprechend mit einer Umwehrung versehener Bereich. Angesichts der in der Reihenhauszeile – auch beim streitgegenständlichen Gebäude oder den Gebäuden … Straße 16 und 22 – bereits mehrfach vorzufindenden Schließung der ursprünglich als Loggien konzipierten Balkone im ersten Obergeschoss durch Fenster und deren jedenfalls beim streitgegenständlichen Gebäude vorzufindender Absicherung durch ein Balkongeländer verändert das begehbare und als umwehrter Balkon ausgestaltete Dach des Anbaus das Erscheinungsbild und die Konstruktion der Reihenhauszeile nicht erheblich. Insgesamt stellt sich der streitgegenständliche Anbau damit in quantitativer und qualitativer Hinsicht gegenüber dem bisherigen Bestand als derart untergeordnet dar, dass der Charakter der durch die Reihenhäuser gebildeten Hausgruppe weiterhin gewahrt wird, sodass unter dem Gesichtspunkt der Doppelhaus-Rechtsprechung keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gegeben ist.
(b) Die geplante Erweiterung des klägerischen Reihenmittelhauses ist auch im Hinblick auf die mit ihr eröffneten Einblickmöglichkeiten, die sich insbesondere vom geplanten Balkon im ersten Obergeschoss ergeben ((aa)), die vom Anbau ausgehende Verschattung und die mit seiner Nutzung verbundenen Geräuschimmissionen auf die benachbarten Grundstücke ((bb)) diesen gegenüber nicht rücksichtslos.
(aa) Im Hinblick auf die durch den Anbau eröffneten Einblickmöglichkeiten ist davon auszugehen, da das öffentliche Baurecht keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken vermittelt. Dementsprechend bezieht sich das bauplanungsrechtliche Gebot des Einfügens nur auf die in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmale der Nutzungsart, des Nutzungsmaßes, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist darin, da städtebaulich nicht relevant, nicht angesprochen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1989 – 4 B 72/89 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 25.1.2013 – 15 ZB 13.68 – juris Rn. 6; U.v. 3.12.2014 – 1 B 14.819 – juris Rn. 17; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13; B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 19). Allerdings besteht bei Doppelhäusern und Hausgruppen, wie erläutert, die Besonderheit, dass zugunsten der Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit in abgestimmter Art und Weise auf Grenzabstände verzichtet wird, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, was gleichzeitig dazu führt, dass an der gemeinsamen Grundstücksgrenze gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nicht zur Anwendung kommen. Diese dienen jedoch – zumindest nach umstrittener Auffassung (vgl. zum Streitstand BayVGH, U.v. 31.7.2020 – 15 B 19.832 – juris Rn. 22) – auch dazu, unmittelbare Einblicke im Interesse des Wohnfriedens bzw. Sozialabstands zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerade wegen des besonderen Nähe- und Austauschverhältnisses bei Doppelhäusern bzw. Hausgruppen angezeigt, in diesen Fällen neue Einblickmöglichkeiten unter dem Aspekt des planungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme in den Blick zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2000 – 26 CS 99.2102 – juris Rn. 19). Auch insoweit gilt jedoch, dass das Rücksichtnahmegebot nicht dazu verpflichtet, den bzw. die Nachbarn von jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken zu verschonen. Hinzukommt, dass bei aufeinanderstoßender Wohnnutzung unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsart ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 2 ZB 09.2191 – juris Rn. 7 unter Bezugnahme auf BayVGH, U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 30; B.v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42 – juris Rn. 19). Insbesondere im dicht bebauten (innerstädtischen) Bereich sind gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten daher gerade im Fall sich aneinanderreihender Wohnnutzung grundsätzlich als unvermeidlich hinzunehmen. Den – insoweit auch gegenseitig – Betroffenen ist es regelmäßig zumutbar, sich durch architektonische Selbsthilfe zu behelfen (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 2 ZB 09.2191 – juris Rn. 7; B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.4.2013 – M 8 K 12.1542 – juris Rn. 34).
Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall mit besonders schwerwiegenden Auswirkungen sind vorliegend – auch nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck – nicht zu erkennen. Bei der Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24 handelt es sich, gerade angesichts der Breite der einzelnen Reihenhäuser und Gesamtgröße der jeweiligen Grundstücke auch unter Berücksichtigung der sich südwestlich, südöstlich und nordöstlich anschließenden Reihenhauszeilen um eine sehr dicht bebaute Wohnsiedlung im Ballungsraum München. Bereits bislang kann – wie für eine Reihenhausbebauung typisch – vom Garten des streitgegenständlichen Grundstücks, insbesondere auch von dem sich nahe dem südwestlichen Ende des Grundstücks befindlichen Gartenhäuschen und der diesem in nordöstlicher Richtung vorgelagerten kleinen Terrasse, grundsätzlich in die Gartenbereiche und auch die nach Südwesten ausgerichteten Wohnräume der benachbarten Reihenhäuser Einblick genommen werden. Derartige (gegenseitige) Einsichtnahmemöglichkeiten sind innerhalb einer Reihenhauszeile regelmäßig als selbstverständlich hinzunehmen (vgl. OVG Münster, U.v. 22.8.2005 – 10 A 3611.03 – juris Rn. 57; VG Gelsenkirchen, U.v. 13.1.2015 – 9 K 6091.13 – juris Rn. 68; dies gilt auch außerhalb von Doppel- oder Reihenhäusern vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 15 NE 19.551, 15 NE 19.579 – juris Rn. 38; B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 19). Durch den geplanten Anbau an das streitgegenständliche Reihenhaus, der zur Seite keine Fenster aufweist, werden die Einblickmöglichkeiten auf die nordwestlich benachbarten Grundstücke von den Innenräumen des Reihenhauses kaum verändert, jedenfalls nicht verbessert. Im Verhältnis zur sich südöstlich anschließenden Bebauung wird zwar durch das Vorrücken der südwestlichen Außenwand im Erdgeschoss die Einblickmöglichkeit vom Innern des Gebäudes in die Gartenbereiche und insbesondere auch auf die Terrasse des Gebäudes … Straße 22 ein wenig verbessert. Dies gilt jedoch auch umgekehrt. Zudem ist hierbei zu berücksichtigen, dass aufgrund der sehr hohen Dichte der Bebauung und der geringen Breite der Grundstücke trotz der Staffelung der Reihenhäuser schon jetzt sehr enge gegenseitige Blickbeziehungen auf die Terrassen und Gartenbereiche der Reihenhausgrundstücke bestehen. Um diese zu unterbrechen, sind bereits derzeit an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen – wie beispielsweise auch entlang der Grenzen des klägerischen Grundstücks zu den Grundstücken … Straße 18 und … Straße 22 – vielfach Sichtschutzwände o. Ä. zu finden.
Die (gegenseitigen) Einblickmöglichkeiten vom Innern bzw. in das Innere des klägerischen Gebäudes im ersten Obergeschoss bleiben durch den geplanten Anbau unverändert bzw. werden durch die Balkonumwehrung tendenziell ein wenig verschlechtert. Zwar werden durch den auf dem Flachdach des Anbaus vorgesehenen (Dach-)Balkon die Einblickmöglichkeiten eines sich dort befindenden Betrachters in die nordwestlich und südöstlich benachbarten Grundstücke verändert, indem ein unmittelbarer Blick „von oben“ ermöglicht wird. Aufgrund des (nahezu) profilgleichen Abschlusses der südöstlichen Außenwand des Anbaus an das klägerische Reihenmittelhaus und des darauf zu errichtenden Balkons mit der nordwestlichen Außenwand des Gebäudes … Straße 22 betrifft dieser verbesserte Einblick „von oben“ allerdings nur den Terrassen- und Gartenbereich des Grundstücks, in den auch bislang bei einer eine Garten- und auch Balkonnutzung erlaubenden Witterung vom Gartenbereich des klägerischen Grundstücks – wenngleich nur von derselben Ebene aus – grundsätzlich uneingeschränkt Einblick genommen werden kann. Dem neuen und gegebenenfalls als intensiver wahrgenommenen Einblick von oben kann der Nachbar insbesondere durch einen Sonnenschirm oder eine Markise mit geringem Aufwand in zumutbarer Weise begegnen.
Dasselbe gilt im Ergebnis auch im Verhältnis zu den nordwestlich des streitgegenständlichen Grundstücks gelegenen Grundstücken. Auch bei diesen betrifft der vom neu entstehenden (Dach-)Balkon aus ermöglichte Einblick „von oben“ vorrangig die den Gebäuden südwestlich vorgelagerten Garten- und – zumindest im Fall des Anwesens … Straße 18 – Terrassenbereiche, in die bislang schon gute (gegenseitige) Einblickmöglichkeiten bestehen, die zudem mit üblichen Mitteln der Garten- bzw. Terrassengestaltung (z.B. Sonnenschirm, Markise) in zumutbarer Weise zumindest deutlich abgemildert werden können. Zwar wird es von dem geplanten (Dach-)Balkon aus – anders als bisher – grundsätzlich auch ermöglicht, „auf gleicher Höhe“ und damit aus einem besseren Blickwinkel besser auf die Loggia und in die Wohnräume im ersten Obergeschoss des Gebäudes … Straße 18 zu blicken. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich der Betrachter ganz am nordwestlichen Ende des geplanten Balkons aufhält und seinen Blick gezielt nach rechts auf das nachbarliche Anwesen richtet, was keine übliche Nutzung eines Balkons darstellt. Daher wird, bei anzunehmender üblicher Nutzung des geplanten Balkons – auch im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gilt eine typisierende Betrachtungsweise -, keine vorgelagerte „Aussichtsplattform“ geschaffen, die mehr als nur kurze Blicke in Richtung der Fenster benachbarter Wohnräume und damit jedenfalls der Privatsphäre zuzurechnende Räume ermöglicht; es wird damit auch keine neue Qualität von Einblick geschaffen (vgl. OVG Münster, U.v. 22.8.2005 – 10 A 3611.03 – juris Rn. 60; VG Gelsenkirchen, U.v. 13.1.2015 – 9 K 6091.13 – juris Rn. 70). Hinzu kommt, dass auch die nördliche und damit dem Nachbargebäude … Straße 18 nächstgelegene Ecke des geplanten (Dach-)Balkons von der Umwehrung der Loggia des Nachbarreihenhauses noch ca. 2,5 m und damit von den dahinterliegenden Wohnräumen noch ein Stück weiter entfernt ist (vgl. VG München, B.v. 16.3.2015 – M 8 SN 15.88 – juris Rn. 34 ff., wo bei einer Entfernung des vorgelagerten Balkons zum Fenster von Wohnräumen des Nachbarn von nur 2,5 m ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot angenommen wurde; OVG Münster, U.v. 22.8.2005 – 10 A 3611.03 – juris Rn. 60, wo bei einer Entfernung des vorgelagerten Balkons zum Schlafzimmerfenster des Nachbarn von nur 1 m ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot angenommen wurde), sodass diese Wohnräume vom geplanten (Dach-)Balkon aus nicht gleichsam als „zum Greifen nah“ anzusehen sind (vgl. VG Gelsenkirchen, U.v. 13.1.2015 – 9 K 6091.13 – juris Rn. 70). Vor diesem Hintergrund ergibt sich gerade wegen der gestaffelten Bauweise der Reihenhauszeile und des insofern größeren Abstands eines vorgelagerten Balkons zu den Balkonen und dahinterliegenden Wohnräumen des bzw. der zurückgesetzten Nachbargebäude(s) auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhaus-Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Eröffnung neuer unmittelbarer Einblicke aus kürzester Entfernung auf unmittelbar geschützte Räumlichkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 15 NE 19.551, 15 NE 19.579 – juris Rn. 38; B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 189.1221 – juris Rn. 19) kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
(bb) Der streitgegenständliche Anbau an das Gebäude … Straße 18 verstößt auch unter dem Gesichtspunkt der von ihm ausgelösten Verschattung und der mit seiner Nutzung verbundenen Geräuschimmissionen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Zwar ist ohne weiteres erkennbar, dass der geplante Anbau an das Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück eine Verschattungswirkung zulasten des Nachbargrundstücks … Straße 18 entfalten wird. Ein Verschattungseffekt als typische Folge der Bebauung ist allerdings insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen, in welchen sich auch das streitgegenständliche Grundstück sowie das Grundstück … Straße 18 befinden, bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze in der Regel nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 24; B.v. 16.10.2012 – 1 CS 12.2036 – juris Rn. 5; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 f.; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 28 m.w.N.). Dass diese Grenze vorliegend überschritten wird, ist nicht ersichtlich. Dies ist insbesondere dadurch bedingt, dass sich der geplante Anbau auf das – für eine Verschattungswirkung irrelevante Kellergeschoss – sowie das Erdgeschoss beschränkt. Die neu hinzukommende Verschattungswirkung einer (inklusive der Umwehrung des Dachbalkons) 3,65 m hohen und lediglich 1,7 m breiten neu entstehenden Außenwand ist von vornherein gering. Diese führt, auch unter Berücksichtigung der bestehenden Verschattungsvorbelastung aufgrund der gestaffelten Anordnung der Reihenhauszeile … Straße 2 bis 24, nicht dazu, dass die Zumutbarkeitsgrenze für den Nachbarn … Straße 18 überschritten würde. Gerade aufgrund der Ausrichtung der Gartenseiten der Reihenhäuser nach Südwesten wird die Besonnung und Belichtung der Südwestseite des Anwesens … Straße 18 durch die Verschattungswirkung der insgesamt ca. 4 m über die südwestliche Außenwand des Nachbaranwesens hinausragenden nordwestlichen Außenwand des klägerischen Gebäudes, die zudem im vorderen Teil nur eine Höhe von ca. 3,5 m aufweist, nicht in unzumutbarer Weise verringert.
Ebenso wenig ersichtlich ist eine für die Nachbarn unzumutbare Geräuschbelastung durch die geplante Erweiterung des klägerischen Reihenmittelhauses – auch unter Berücksichtigung des Dachbalkons auf dem Anbau und der diesem vorgelagerten Terrasse. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot gibt keinen Abwehranspruch gegenüber wohngebietstypischen Lebensäußerungen. Wohngeräusche bzw. Wohnimmissionen sind in Wohngebieten vielmehr regelmäßig hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2014 – 15 ZB 13.205 – juris Rn. 6; BVerwG, U.v. 23.8.1998 – 4 C 13.94 – juris Rn. 70, 72). Dass dies vorliegend unzumutbar wäre, ist – insbesondere angesichts der geringen Größe der Reihenhausgrundstücke und ihrer Gartenbereiche und der dadurch ohnehin geringen akustischen Abschirmung der einzelnen Terrassen bzw. Gärten sowie der hinter den südwestlichen und nordöstlichen Außenwänden der Reihenhäuser liegenden Wohnräume gegeneinander – nicht ersichtlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass gerade der klägerische Garten – ausweislich der dem Gartenhäuschen am Grundstücksende in nordöstlicher Richtung vorlagerten Terrasse – bereits bislang außerhalb der bestehenden Terrasse zu längerem Aufenthalt genutzt wird und die Geräuschintensität durch eine teilweise Verlagerung von der bestehenden Terrasse im Erdgeschoss auf den neu entstehenden Dachbalkon sich insgesamt betrachtet jedenfalls kaum verändert.
Nach alledem ist die geplante Erweiterung des Gebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig.
cc) Schließlich entspricht das Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch in seiner geänderten Form den Vorgaben des Abstandsflächenrechts gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. b i.V.m. Art. 6 BayBO.
Da der geplante grenzständige Anbau an das klägerische Reihenmittelhaus – wie dargelegt – gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB insgesamt bauplanungsrechtlich zulässig ist und damit nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO seitlich an die Grenze gebaut werden darf (vgl. BayVGH, U.v. 15.4.1992 – 14 B 90.856 – juris Rn. 17; U.v. 10.11.1998 – 14 B 96.2645 – juris Rn. 33 ff.; VG München, B.v 14.3.2018 – M 8 SN 18.877 – Umdruck S. 19), müssen die nordwestlichen und südöstlichen Außenwände des Reihenhauses auch mit ihren durch die Änderung neu hinzukommenden Wandteilen keine Abstandflächen zu den seitlichen Grundstücksgrenzen einhalten.
Die südwestliche Außenwand des Reihenhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist zwar abstandsflächenrelevant im Sinne Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Die von dieser bzw. ihren einzelnen abstandsflächenrechtlich relevanten Teilen ausgelösten Abstandsflächen fallen jedoch gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf das streitgegenständliche Grundstück selbst. Insofern ist kein Verstoß gegen die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. b BayBO zu prüfenden Vorgaben des Art. 6 BayBO feststellbar.
dd) Weitere Versagungsgründe für die begehrte Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 BayBO sind nicht ersichtlich.
Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus den Regelungen der Freiflächengestaltungssatzung der Beklagten. Deren Vorgaben sind zwar gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c i.V. Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO im vorliegenden Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich zu beachten. Allerdings trifft die Freiflächengestaltungssatzung der Beklagten als örtliche Bauvorschrift im Sinne von Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO lediglich Regelungen für die Gestaltung unbebauter Flächen bebauter Grundstücke, steht jedoch einer nach bauplanungs- und sonstigen bauordnungsrechtlichen Vorschriften zulässigen Bebauung grundsätzlich nicht entgegen (vgl. § 3 Abs. 1 Freiflächengestaltungssatzung „soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Nutzung wie […] Aufenthaltsflächen benötigt werden“).
Die von den ehemaligen Eigentümern … Straße 22 geäußerten Bedenken hinsichtlich der für die geplante Erweiterung des Kellergeschosses notwendigen Abgrabung schließlich sind im vorliegenden Verfahren nicht relevant. Eventuelle durch die Bauausführung entstehenden Schäden an den Nachbargebäuden werfen zivilrechtliche Fragen auf, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 4 BayBO).
Mangels Ersichtlichkeit sonstiger, im Rahmen von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO zulässiger Ablehnungsgründe hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der mit Antrag vom 6. Dezember 2017 nach Plannr. … begehrten Baugenehmigung. Der Klage war daher gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO vollumfänglich stattzugeben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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