Aktenzeichen 3 U 214/15
VOB/B VOB/B § 4 Abs. 3, § 13 Abs. 3
Leitsatz
1 Der Auftraggeber kann gegenüber dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers, auch nachdem er das Werk veräußert und die Mängelrechte an den Erwerber abgetreten hat, die Mängeleinrede gemäß § 641 Abs. 3, § 320 BGB geltend machen (ebenso BGHZ 55, 354 = NJW 1971, 838; Rn. 105) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zur Beschaffenheit einer Sache gehören auch wirtschaftliche und rechtliche Bezüge, soweit sie ihren Grund im tatsächlichen Zustand der Sache selbst haben (ebenso BGH BeckRS 9998, 96439). Eine unzureichende Güteüberwachung des verarbeiteten Materials ist dann ein Beschaffenheitsmerkmal, wenn ein Bezug zum tatsächlichen Zustand vorliegt (Rn. 108 f.). (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Auftragnehmer kann eine Mängelbeseitigung wegen Unzumutbarkeit gemäß § 635 Abs. 3 BGB solange verweigern, wie der Auftraggeber seiner ihm aufgrund von weiteren, nicht vom Auftragnehmer zu verantwortenden Mängeln obliegenden Koordinierungspflicht nicht nachkommt und eine erforderlich Sanierungsplanung nicht vornimmt (Rn. 116 ff.). (redaktioneller Leitsatz)
4 Der Auftragnehmer ist im Rahmen seiner Bedenkenhinweispflicht gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B nur gehalten, eine Überprüfung dahin vorzunehmen, ob er die von ihm geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbringen kann. Soweit Sonderfachleute eingeschaltet sind, ist er nicht verpflichtet, deren Erkenntnisse auf Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, ein Fehler springt ins Auge (ebenso OLG Frankfurt BeckRS 2012, 07452). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
2 HK O 31/11 2015-09-23 Urt LGBAMBERG LG Bamberg
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 23.09.2015, Az. 2 HK O 31/11, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Bamberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Werklohn.
Die Klägerin und die Beklagte zu 2), deren Komplementärin die Beklagte zu 1) ist, haben am 29.03./06.04.2010 einen Bauvertrag geschlossen (Anlage K1).
Gegenstand des Vertrages war die Ausführung von Erdarbeiten an dem Bauvorhaben „Neubau eines Fachmarktzentrums, X-Straße in Z.“
Bei Auftragserteilung war die Beklagte zu 2) Eigentümerin des Grundstücks. Sie hat dieses mit notariellem Kaufvertrag vom 09.12.2010 an die Fa. R. e. K., Y., verkauft. Unter Ziffer VI. 3. des notariellen Vertrages hat die Beklagte zu 2) ihre Gewährleistungsansprüche gegen die Klägerin an den Grundstückserwerber, also die Fa. R. e. K. abgetreten.
Der zwischen den Parteien geschlossene Bauvertrag ist ein Einheitspreisvertrag. In dessen Ziffer 4.1 ist vereinbart, dass u. a. das Auftrags-LV vom 11.03.2010 (Anlage K3), das Langtext-LV des Planungsbüros P. GmbH vom 16.02.2010 (Anlage B1) sowie deren Planungen Vertragsbestandteil sind. Ferner wurde die Geltung der VOB/B vereinbart.
Das Langtext-LV des Planungsbüros (Anlage B1) beschreibt in Ziffer 02.1.1.19 das zu verwendende Auffüll- und Schüttmaterial wie folgt:
Auffüll- und Schüttmaterial nach Wahl des AN
4800 m3
FROSTSCHUTZSCHICHT IM GEBÄUDEBEREICH UND DER AUSSENANLAGEN, NACH WAHL DES AN
Frostschutzmaterial güteüberwacht, aus Recyclingmaterial oder gebrochenem Felskleinmaterial liefern,
und nach dem Herstellen der Entwässerungsleitungen profilgerecht einbauen und verdichten.
…
Die Klägerin hat – nach erfolgten Teilzahlungen – mit Schlussrechnung vom 06.07.2010 (Anlage K5) abgerechnet. Die geprüfte Schlussrechnung weist einen Auszahlungsbetrag in Höhe von 30.132,85 EUR aus. Wegen der zu Unrecht abgezogenen Bauwesenversicherung hat die Beklagte zu 2) darauf insgesamt 30.961,36 EUR bezahlt.
Nach Einbringung der Recyclingschicht durch die Klägerin hat deren Nachunternehmerin, die Fa. T., jedenfalls partiell Aufgrabungen vorgenommen. Ob danach das Material durch die Fa. T. wieder ordnungsgemäß eingebracht worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Fa. T. hat über die von der Klägerin eingebrachte Frostschutzschicht eine weitere Frostschutzschicht und eine sog. Bettung eingebracht. Eine Drainage wurde unstreitig nicht eingebaut.
Zwischen den Parteien ist spätestens nach Hinweisen des Landgerichts unstreitig geworden, dass durch die Zahlung des Schlussrechnungsbetrages jedenfalls eine konkludente Abnahme der Leistungen erfolgt ist.
Die Schlussrechnung vom 06.07.2010 sieht einen „Sondereinbeh. für Deponie Mutterboden“ in Höhe von 22.093,65 EUR netto bzw. 26.291,44 EUR brutto vor.
Insoweit war zwischen den Parteien bei Zahlung der Schlussrechnung vereinbart worden, dass der Einbehalt bis zur vollständigen Erbringung der Leistung erfolgen darf. Nach vollständiger Erbringung hat die Klägerin diese Leistung mit Rechnung vom 07.07.2011 (Anlage K6) abgerechnet. Eine Zahlung ist trotz Mahnung mit Zahlungsfrist bis zum 09.08.2011 (Anlage K7) nicht erfolgt.
Dieser Betrag nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten ist Gegenstand der Klage.
Die Beklagten haben in erster Instanz eingewandt, die eingebrachte Recyclingschicht sei mangelhaft, weshalb ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 641 Abs. 3 BGB bestehe.
Das verwendete Material entspreche nicht den vertraglichen Bestimmungen, sei nämlich nicht güteüberwacht und erfülle auch nicht die Anforderungen, die an eine Frostschutzschicht gestellt werden.
Aufgrund des Einbaus des ungeeigneten Materials staue sich Wasser auf. Die Undurchlässigkeit führe dazu, dass sich bei größeren Regenmengen Wasser bis zur Oberfläche aufstaue und teilweise sogar oben austrete.
Die Beseitigungskosten betrügen mehr als die Hälfte der eingeklagten Summe, also mehr als 13.145,72 EUR.
Ferner tragen die Beklagten vor, Drainageleitungen seien nur für die Gebäudebereiche vorgesehen gewesen.
Die in LV-Position 02.1.1.12, 02.1.1.14 und 02.1.1.15 genannten Massen seien bei weitem zu gering gewesen, um Drainageleitungen im Abstand von 15m über das gesamte Baufeld verteilt zu erstellen. Die Drainageleitungen im Bereich der Gebäude (wie in den Plänen W-140/W-140a dargestellt) seien von der Beklagten zu 2) selbst ausgeführt worden.
Hilfsweise haben die Beklagten geltend gemacht, sie seien zur Aufrechnung mit einem Minderungsanspruch berechtigt.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Eine Güteüberwachung sämtlicher Materialien liege vor. Die Wasseraustritte seien von den Beklagten zu verantworten.
Es sei eine unterirdische Entwässerung des Erdplanums erforderlich gewesen. Eine solche unterirdische Entwässerung sei ursprünglich auch mit den LV-Positionen 02.1.1.12, 02.1.1.14 bis 02.1.1.18 sowie 02.1.1.22 beauftragt gewesen.
Diese Positionen seien auf Wunsch der Beklagten entfallen und dementsprechend durch Nachtragsvereinbarung 1 (Anlage K14) die Vergütung der Klägerin um insgesamt 7.870,50 EUR reduziert worden.
Für eine ordnungsgemäße Abführung des eingedrungenen Oberflächenwassers seien unterhalb der Betonunterbauten für die Rinnen leistungsstarke Drainagerohre erforderlich gewesen. Diese seien nicht eingebaut worden, so dass sich bei Starkregenereignissen Wasser aufstaue und an der Oberfläche austrete.
Ferner weist die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte die gesamte Parkplatzfläche lediglich mit einem Gefälle von maximal 2% ausgeführt habe, obwohl 2,5% vorgeschrieben seien. Abweichend von den anerkannten Regeln der Technik sei nur die Hälfte der eigentlich erforderlichen Rinnen und Einläufe hergestellt worden. Die von der Beklagten eingebauten Wasserabläufe hätten nicht einmal 15% der eigentlich notwendigen Kapazität.
Die Klägerin meint, die formalen Voraussetzungen für eine Mängelbeseitigungspflicht seien nicht gegeben. Eine Mängelbeseitigung durch die Klägerin sei nicht möglich und unzumutbar. Die Planung und Konzeption der Parkplatzfläche durch die Beklagten sei fehlerhaft erfolgt. Für die Herstellung einer regelgerechten Parkplatzfläche wären zunächst entsprechend berichtigte Planungen der Beklagten vorzunehmen. Auch sonst bestünden umfangreiche Mitwirkungspflichten der Beklagten im Hinblick auf Leistungen, die parallel zu einem Austausch der Recyclingschicht ausgeführt werden müssten.
Eine Gelegenheit zur Nachbesserung sei nicht eingeräumt worden. Bei einer solchen hätten Mitwirkungshandlungen der Beklagten angeboten werden müssen.
Die Beklagten seien weder bereit noch dazu in der Lage, die notwendigen Voraussetzungen für entsprechende Arbeiten zu schaffen.
Die Klägerin meint, eine Nachbesserung erfordere einen unverhältnismäßig hohen Aufwand. Ein bloßer Austausch der Recyclingschicht würde keine insgesamt den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Parkplatzfläche entstehen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 638 – 646 d. A.) ergänzend verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage – nach Beweisaufnahme – stattgegeben.
Es ist davon ausgegangen, dass der Klägerin wegen der Abtragung von Mutterboden 26.291,44 EUR brutto zustehen.
Ferner hat das Landgericht angenommen, Fälligkeit sei eingetreten; es gehe nur um die Frage eventueller Leistungsverweigerungsrechte.
In Bezug auf Zurückbehaltungsrechte hat das Landgericht zunächst darauf hingewiesen, dass solche im Falle ihres Bestehens nicht zu einer Klageabweisung, sondern zu einer Verurteilung Zug um Zug gegen Beseitigung geltend gemachter Mängel führen.
Zurückbehaltungsrechte der Beklagten nach § 641 Abs. 3 BGB oder nach § 320 BGB seien aber nicht gegeben.
Das Landgericht hat offengelassen, ob das zu LV-Position 02.1.1.19 eingebrachte Material vertragsgemäß oder mangelhaft im Sinne von § 633 Abs. 1 BGB war.
Einem Zurückbehaltungsrecht stehe schon entgegen, dass das streitgegenständliche Gelände in Z. verkauft worden und die Gewährleistungsrechte abgetreten seien.
Zwar hindere die Abtretung von Gewährleistungsrechten durch den Besteller an Dritte den Besteller nicht, weiterhin ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben bzw. das Recht aus § 641 Abs. 3 BGB geltend zu machen. Allerdings müsse überhaupt noch ein Nacherfüllungsanspruch bestehen. Ein Nacherfüllungsanspruch der Beklagten bestehe hier schon deshalb nicht, weil auch bei Vorliegen des behaupteten Mangels eine Nachbesserung nicht möglich bzw. jedenfalls nicht zumutbar sei (§ 635 Abs. 3 i. V. m. § 275 Abs. 2 BGB).
Es gehe im Kern um die Frage, ob die geschuldete und eingebaute Frostschutzschicht deshalb mangelhaft sei, weil sie nicht wasserdurchlässig sei. Die Beklagten würden die Mangelhaftigkeit damit begründen, dass ein Nachweis der Wasserdurchlässigkeit nicht gegeben sei und das Material nicht, wie vertraglich vereinbart, güteüberwacht gewesen sei.
Das Landgericht ist in diesem Zusammenhang der Ansicht der Klägerin gefolgt, dass sich ein etwaiger Mangel nicht schon aus einer fehlenden Güteüberwachung herleiten lasse, sondern ein Mangel nur dann vorliege, wenn das eingebrachte Material nicht den geforderten Zweck (Frostbeständigkeit und Wasserdurchlässigkeit) erfüllen könne.
Unstreitig sei, dass die Wasserdurchlässigkeit nicht gewährleistet sei. Dies trage auch die Klägerin selbst vor (lediglich vertikale, jedoch keine horizontale Wasserdurchlässigkeit). Der Sachverständige Dipl.-Ing. A. habe nicht überprüft, ob eine vertikale Wasserdurchlässigkeit der von der Klägerin eingebrachten Schicht gegeben sei. Selbst falls dies nicht der Fall und deshalb das Material per se ungeeignet gewesen sei, sei ein Nacherfüllungsanspruch nicht gegeben. Eine Nacherfüllung sei unzumutbar.
Bei der Beurteilung dieser Frage seien die Kosten und alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere auch eine eventuelle Mitverantwortung der Beklagten. Dabei sei die Leistung der Klägerin nicht nur auf die Einbringung der Recyclingschicht bezogen zu betrachten, sondern nach ihrem vertraglich festgesetzten bzw. vereinbarten Zweck zu bewerten. Dabei sei insbesondere auch die von der Beklagtenseite vorgelegte Mängelrüge vom 15.09.2011 (Anlage B10) zu berücksichtigen.
Da die Wasserdurchlässigkeit der Konstruktion nach dem eingeholten Gutachten vom Vorhandensein einer – unstreitig nicht eingebauten – Drainage abhänge, sei dieser Umstand bei der Beantwortung der Frage zu bewerten, ob eine Nachbesserung verlangt werden könne.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. könne das eingebaute Material allein keine horizontale Wasserdurchlässigkeit gewährleisten. Dazu sei eine Drainage erforderlich. Dass diese fehle, liege im Verantwortungsbereich der Beklagtenseite.
Unstreitig seien die Arbeiten nach den als Anlage B23 und B24 vorgelegten Plänen erfolgt, die keine Drainage vorsehen. Dies hätten auch die Zeugen F. und B. bestätigt.
Streitig sei nur, ob die Beklagten auf das Fehlen der Drainage hingewiesen worden seien oder ob die Beklagten von sich aus auf die Drainage verzichtet hätten.
Es sei zwar grundsätzlich richtig, dass die Klägerin eine Hinweispflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B habe und deshalb auch auf die Erforderlichkeit der Drainage hätte hingewiesen werden müssen. Nach der Beweisaufnahme stehe aber fest, dass eine Drainage aus dem Leistungsumfang nach den Anweisungen der Beklagtenseite herausgenommen worden sei.
Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen F. sei vereinbart worden, dass alle Positionen, die die Drainage bezüglich der Parkplatzplanung betreffen, entfallen sollten. Der Zeuge F. habe weiter erklärt, für ihn sei logisch gewesen, dass die Drainagearbeiten vom Nachunternehmer ausgeführt werden sollten.
Unerheblich sei, ob ursprünglich nur 300m Drainageleitungen vorgesehen gewesen seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beklagten keinerlei Drainageleitungen im Bereich des Parkplatzes gewollt hätten, unabhängig davon, ob die ursprünglich vorgesehenen Drainageleitungen ausreichend gewesen wären.
Hinzu komme, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen (vgl. z. B. mündliche Anhörung vom 02.09.2015) das Gefälle des Planums nicht fachgerecht ausgeführt worden sei. Die festgestellte Neigung der Parkplatzfläche betrage durchschnittlich 2%. Erforderlich seien mindestens 2,5%. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. koste die Herstellung einer Entwässerungsdrainage 25.000,00 EUR.
Im Rahmen einer Nachbesserung sei auch die von der Firma T. aufgebrachte zweite Tragschicht abzutragen, was 70,00 EUR/m2 koste bei einer Fläche von 6.000 m2.
Da somit eine Nachbesserung Kosten in Höhe von mindestens 42.000,00 EUR und weitere Kosten für die Herstellung einer Drainage von 25.000,00 EUR auslöse, sei die Nachbesserung für die Klägerseite unzumutbar bzw. unverhältnismäßig.
Nur bei Herstellung einer Drainage und einer ordnungsgemäßen Neigung des Planums sei eine Nachbesserung der Recyclingschicht überhaupt sinnvoll.
Sowohl das Fehlen der Drainage wie auch das unzureichende Gefälle falle in den Verantwortungsbereich der Beklagten.
Die Beklagten hätten sich nicht bereit erklärt, die entsprechenden Arbeiten auf ihre Kosten zu tätigen bzw. tätigen zu lassen. Erst mit Schriftsatz vom 06.10.2014 habe sich die Beklagtenseite bereit erklärt, etwaigen Mitwirkungspflichten nachzukommen, ohne dies jedoch näher zu präzisieren. Eine Minderung könnten die Beklagten schon deshalb nicht geltend machen, weil Gewährleistungsansprüche unstreitig abgetreten worden seien.
Das Urteil wurde den Beklagten am 01.10.2015 zugestellt. Sie haben am 29.10.2015 Berufung eingelegt (Bl. 685 d. A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 04.01.2015 (Bl. 692 d. A.) am 30.12.2015 mit Gründen und Anträgen versehen (Bl. 693 d. A.).
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung.
Sie machen geltend, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei; außerdem beanstandet sie die Beweiswürdigung des Landgerichts.
Das Landgericht habe nicht offenlassen dürfen, ob das eingebrachte Material vertragsgemäß gewesen sei. Eine mangelhafte Werkleistung liege schon deshalb vor, weil das Gefälle des Planums unzureichend sei. In diesem Zusammenhang habe das Gericht die Hinweispflichten aus § 4 Nr. 3 VOB/B unberücksichtigt gelassen.
Zudem sehe das Verhandlungsprotokoll, das Vertragsbestandteil sei, in Nr. 6.12 eine Verantwortlichkeit der Klägerin auch für Planungen vor.
Das Landgericht nehme fehlerhaft an, dass die Beklagten die Klägerin trotz Kenntnis der Notwendigkeit angewiesen haben, eine Drainage nicht zu erstellen. Das Landgericht stelle in seine Überlegungen ein, dass die Planunterlagen nicht das erforderliche Gefälle vorsähen und nehme damit eine mangelhafte planerische Vorgabe an. Selbst falls dies zutreffe, liege eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor.
Die Aussage des Zeugen F. sei falsch gewürdigt worden.
Bei der Beurteilung einer eventuellen Unzumutbarkeit nehme das Gericht zu Unrecht an, dass eine fehlende Güteüberwachung per se keinen Mangel begründe. Der Sachverständige habe eine unzureichende Untersuchung bestätigt.
Die Klägerin hätte gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B darauf hinweisen müssen, dass sich aus der Planung ein unzureichendes Gefälle ergebe. Wegen §§ 13 Nr. 3, 4 Nr. 3 VOB/B falle das falsche Gefälle daher in den Verantwortungsbereich der Klägerin.
Soweit das Gericht nach der Aussage des Zeugen F. hinsichtlich der Herausnahme der Drainage eine Anweisung der Beklagten annehme, werde verkannt, dass die Klägerin auf die Notwendigkeit der Drainage hätte hinweisen müssen, zumal die Beklagten bestritten hatten, dass ihnen die Notwendigkeit einer Drainage bekannt gewesen sei. Aufgrund der Aussage des Zeugen F. habe nicht davon ausgegangen werden können, dass die Beklagten von der Notwendigkeit einer Drainage wussten.
Die Beweiswürdigung sei auch widersprüchlich, weil das Gericht von einer Anweisung spreche, der Zeuge F. aber eine Vereinbarung genannt habe. Eine grundsätzlich mögliche Vereinbarung „nach unten“ in Bezug auf die Funktionstüchtigkeit sei hier nicht erfolgt. Das von der Klägerin verwendete Recyclingmaterial sei untauglich.
Im Rahmen der gebotenen Abwägung zur Frage einer Unzumutbarkeit einer Mängelbeseitigung tragen die Beklagten neuen Sachverhalt vor, nämlich einen erneuten Wasseraustritt in gepflasterten Bereichen im Oktober und November 2015. Dies begründe in der kalten Jahreszeit eine Glatteisgefahr.
Eine sachgerechte Abwägung hinsichtlich der Mangelbeseitigungskosten sei nicht erfolgt. Letztere würden allerdings 420.000,00 EUR betragen. Insoweit sei dem Landgericht ein Rechenfehler unterlaufen. Bezugsgröße für die Abwägung sei aber der gesamte Werklohnanspruch, hier also 597.750,18 EUR. Tatsächlich koste die Sanierung „nur“ 294.507,58 EUR. In Bezug auf Mitwirkungspflichten der Beklagten habe das Landgericht den Sachvortrag im Schriftsatz vom 06.10.2014 übergangen, wonach die Beklagten zu Mitwirkungen bereit seien. Die Klägerin sei im Übrigen vorleistungspflichtig.
Die Beklagten verweisen darauf, dass es nach dem Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 15.10.2014 auf Mitwirkungspflichten erst ankomme, wenn über die Mangelhaftigkeit abschließend Beweis erhoben worden sei. Das sei noch nicht geschehen.
Der Erwerber des Grundstücks habe Mängelbeseitigungsforderungen geltend gemacht. Diese würden die Beklagten in dessen Auftrag gegenüber der Klägerin geltend machen. Die Beklagten verweisen insoweit auf die Anlagen B47/B47a.
Die Beklagten rügen weitere Verfahrensmängel. Die Aussage des Zeugen B. sei nur unzureichend gewürdigt worden. Danach sei eine Drainage auf dem Parkplatz nicht vorgesehen gewesen. Auch die Aussage des Zeugen F. sei unzureichend gewürdigt. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Nachtragsvereinbarung (Anlage K14) nicht für den Parkplatz vorgesehene Drainageleitungen betroffen habe. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht auch Beweisanträge übergangen. Die Beklagten hätten unter Beweis gestellt, dass die vorgesehenen Massen nicht ausgereicht hätten, um auf dem Parkplatz eine Drainage zu erstellen. Hierfür wären 840,80 m Drainageleitungen notwendig gewesen.
Der Zeuge F. habe erklärt, dass die Fa. T. Drainageleitungen unter den Gebäuden verlegt habe.
Auch das sei unberücksichtigt geblieben.
Die Klägerin hätte die fehlende Drainage sofort rügen müssen.
Bei der Beweiswürdigung sei nicht berücksichtigt worden, dass die Nachtragsvereinbarung etwa in der Mitte der Bauzeit getroffen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber noch keinerlei Drainageleitungen eingebaut gehabt. Dies bestätige, dass auch die Klägerin angenommen habe, dass eine solche Leistung nicht zu erbringen gewesen sei, was sich auch aus den Werkplänen W140/W140a (=Anlage B40) ergebe.
Das Landgericht habe fehlerhaft keinen Beweis zur Frage der Wasserdurchlässigkeit der Frostschutzschicht erhoben. Die fehlenden Drainageleitungen seien für die oberirdischen Wasseraustritte nicht verantwortlich. Die Mangelhaftigkeit der Frostschutzschicht hätte das Gericht auch aus dem Sachvortrag der Parteien entnehmen können. Die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass das Material nur vertikal durchlässig sei.
Das Gericht verkenne, dass die Funktionseinschränkung auf ungeeignetem Material beruhe. Der Sachverständige habe nicht erklärt, dass das Material nur eine vertikale Wasserdurchlässigkeit gewährleisten müsse.
Die Beklagten meinen, es liege ein Überraschungsurteil vor.
Die Klägerin habe keinen Nachweis erbracht, dass das von ihr verwendete Material geeignet sei. Es sei falsch, dass eine Neigung von lediglich 2% einen Mangel begründe. Eine ordnungsgemäße Entwässerung sei auch ohne eine Drainage und mit 2% Gefälle möglich.
Das Landgericht habe schließlich zu Unrecht eine Aufrechnung in Höhe von 14.361,18 EUR nicht berücksichtigt.
Die Beklagten beantragen deshalb:
Das Urteil des Landgerichts Bamberg, Az. 2 HK O 31/11, vom 23.09.2015, zugestellt am 01.10.2015, wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nicht selbst in der Sache entscheiden kann, wird hilfsweise beantragt, das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23.09.2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bamberg zurück zu verweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bamberg, Az. 2 HK O 31/11, vom 23.09.2015, zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Ihre Leistung sei vertragsgerecht und einwandfrei. Infolge Abnahme seien die Beklagten für Mängel darlegungs- und beweispflichtig. Eine fehlende Güteüberwachung stelle keinen Mangel dar. Die erforderliche Beschaffenheit des eingebrachten Materials sei gegeben gewesen.
Vom ursprünglich eingebrachten Material sei aber fast nichts mehr übrig und von den Beklagten mit Feinkorn vermischt worden.
Das Landgericht habe die Frage der Materialgüte aber zu Recht offen gelassen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass eine ordnungsgemäße Entwässerung nur unter Verwendung einer Drainage möglich sei. Für sämtliche Flächen seien auch zunächst Drainagearbeiten vorgesehen gewesen. Den Beklagten sei damit die Notwendigkeit von Drainagen bekannt gewesen. Diese seien zudem durch Sonderfachmann Prof. Dr. M. beraten worden. Ursprünglich sei vorgesehen gewesen, dass vor Erstellung des Planums von einer Drittfirma Entwässerungsleitungen eingebaut werden. Auf Anweisung der Bauleitung sei diese zeitliche Reihenfolge geändert worden; gleichzeitig seien die noch verbliebenen Drainagearbeiten entfallen. Da sämtliche Leitungen von Drittfirmen nach den Arbeiten der Klägerin verlegt werden sollten, habe die Klägerin davon ausgehen können, dass gegebenenfalls erforderliche Drainagearbeiten durch Dritte ausgeführt werden.
Der Vortrag der Beklagten zu anderen Bauvorhaben zeige, dass diesen die Gefälleproblematik bekannt gewesen sei. Die Beklagten räumten selbst ein, dass sie anders bauen als an sich hinsichtlich des Gefälles notwendig.
Die Pflichten nach § 4 Nr. 3 VOB/B seien davon abhängig, in welchem Umfang der Bauherr Sonderfachleute einsetze. Hier habe sich ausweislich des Gründungsgutachtens des Geotechnischen Instituts Prof. Dr. M. (Anlage K38) ein Sonderfachmann mit der Entwässerungssituation auseinandergesetzt. Die Klägerin müsse nicht klüger sein als dieser.
Soweit sich die Beklagten auf Ziffer 6.12 des Verhandlungsprotokolls berufen, liege eine AGB der Beklagten vor, die den Bieter unangemessen benachteilige.
Der Parkplatz sei im Übrigen schadlos. Wasseraustritte nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils würden, wie auch der sonstige neue Sachvortrag bestritten; – insbesondere eine Glatteisgefahr. Die in dem nunmehr vorgelegten Sanierungsangebot (Anlage B46) vorgesehenen Arbeiten – ihre Notwendigkeit unterstellt – seien von den Beklagten zu vertreten. Ihr Vortrag sei auch widersprüchlich. Das Sanierungsangebot sehe eine Drainage vor, von der die Beklagten selbst behaupten, sie sei nicht notwendig.
Vom ursprünglichen Werk der Klägerin sei wegen späterer Arbeiten von Drittunternehmen nichts mehr übrig. Deshalb sei auch keine Beweiserhebung notwendig.
Es treffe nicht zu, dass die Beklagten eine Mitwirkung angeboten hätten. Die Beklagten hätten vorgetragen, sie hätten Mitwirkungshandlungen davon abhängig gemacht, dass dies „rechtlich erforderlich“ sei. Eine Vorleistungspflicht der Klägerin gebe es insoweit nicht.
Soweit sich die Beklagten auf einen Auftrag des Grundstückserwerbers R. berufen, werde bestritten, dass das als Anlage B47 vorgelegte Schreiben der Beklagten zu 2) von einer entsprechend bevollmächtigten Person unterschrieben worden sei. Bestritten werde auch, dass die vorgelegte Vollmacht (Anlage B47a) von Herrn R. unterschrieben worden sei. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei richtig und die Aufrechnung irrelevant.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend verwiesen. Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2016 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den die Parteien nicht angenommen haben. Der Klägerin ist nachgelassen worden, sich zu neuen tatsächlichen Vorbringen in der Replik der Beklagten vom 10.03.2016 bis zum 13.04.2016 zu äußern. Dies ist mit Schriftsatz vom 13.04.2015 (eingegangen am gleichen Tag) geschehen. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 12.04.2016 (Bl. 826 ff. d. A.) und mit weiterem Schriftsatz vom 22.04.2016 (Bl. 861 ff. d. A.) Stellung genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat der Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
1. Die Klägerin hat – unstreitig – einen Restwerklohnanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB in Höhe der Klageforderung. Insoweit kann auf Seite 11 des landgerichtlichen Urteils verwiesen werden. Gegen die dortigen Erwägungen erheben die Beklagten keine Einwände. Dies gilt insbesondere auch, soweit es um die gesamtschuldnerische Mithaftung der Beklagten zu 1) als Komplementärin der Beklagten zu 2) geht.
Im Streit stehen lediglich Gegenansprüche der Beklagten zu 2).
2. Das von den Beklagten primär eingewandte Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 641 Abs. 3, 320 BGB besteht nicht.
In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Klägerin entsprechend der Planung gebaut hat und ihre Arbeiten abgenommen worden sind.
Fest steht ferner, dass vorgesehene Entwässerungsleitungen nach dem Leistungsverzeichnis vor den Arbeiten der Klägerin eingebaut werden sollten, im Zuge der Durchführung dies aber erst nachträglich geschehen ist (vgl. LV 2009100 – Anlage K14 entspricht Anlage B1, dort Ziffer 02.1.1.19). Das Landgericht hat – sachverständig beraten – festgestellt, dass es zur ordnungsgemäßen Entwässerung des streitgegenständlichen Parkplatzes einer (nicht beauftragten) Drainage bedurft hätte (Seite 17 des Urteils). Zudem sei keine hinreichende Gefällesituation gegeben (Seite 18 des Urteils).
Diese tatsächlichen Feststellungen sind auch der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Das Berufungsgericht ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03, veröffentlicht u. a. in NJW 2004, 2828-2830; BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03, veröffentlicht u. a. NJW 2004, 1876-1879). Dies gilt auch, wenn die fraglichen Feststellungen – wie hier – auf einem Sachverständigengutachten beruhen.
Solche Anhaltspunkte zeigt die Berufung nicht auf.
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 2) als Auftraggeberin auch angesichts der erfolgten Veräußerung des Grundstücks und der Abtretung der Gewährleistungsansprüche grundsätzlich berechtigt ist, einen Nacherfüllungsanspruchs geltend zu machen und deshalb bei bestehenden Mängeln auch grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 22. Februar 1971 – VII ZR 243/69, veröffentlicht u. a. in BGHZ 55, 354-358).
b) Ein fortbestehender Nacherfüllungsanspruch der Beklagten zu 2) aus § 635 Abs. 1 BGB setzt ein Nacherfüllungsverlangen und einen von der Klägerin zu vertretenden Mangel voraus. Ob ein Werkmangel im Sinne des § 633 BGB vorliegt, ist nach der vertraglichen Werkleistung zu beurteilen. Gegenstand des Bauvertrages war nicht die Erstellung eines Parkplatzes, sondern lediglich „Erdarbeiten“ (Anlage K1), bzw. im hier relevanten Bereich die Erstellung einer Frostschutzschicht (LV-Nr. 02.01.01.19 – Anlage B1). Das bedeutet, dass ein – unterstellter -Wasseraustritt auf dem Parkplatz noch keinen Mangel der Leistung der Klägerin indiziert. Vielmehr ist zu fragen, ob die ausgeschriebene Leistung vertragsgerecht erbracht worden ist.
aa) Zuzustimmen ist dem Landgericht (Seite 15 des Urteils) und der Klägerin insoweit, als sie in einer -unterstellt – unzureichenden Güteüberwachung als solcher noch keinen Mangel sehen. Die Ansicht der Beklagten würde dazu führen, dass Nacherfüllungsansprüche selbst dann bestünden, wenn das verwendete Material selbst uneingeschränkt tauglich und vertragsgemäß ist.
Rechtlich ist ein Mangel stets als eine abweichende Beschaffenheit definiert. Unter „Beschaffenheit“ ist der tatsächliche Zustand einer Sache mit den ihr anhaftenden Eigenschaften zu verstehen (Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Auflage, § 434 Rdnr. 9). Außer rein physischen Eigenschaften gehören dazu zwar auch wirtschaftliche und rechtliche Bezüge, aber nur, soweit sie ihren Grund im tatsächlichen Zustand der Sache selbst haben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 03. Juli 1992 – V ZR 97/91, veröffentlicht u. a. in NJW 1992, 2564-2566). So kann etwa ein „schlechter Ruf“ einer Immobilie ein Beschaffenheitsmerkmal sein, wenn er tatsächlich gegeben ist.
Eine – unterstellt – fehlende oder unzureichende Güteüberwachung wäre nur dann ein Beschaffenheitsmerkmal, wenn ein Bezug zum tatsächlichen Zustand vorliegen würde. Das ist hier nicht der Fall.
Soweit das OLG Köln die im Urteil vom 03. Dezember 2014 (16 U 175/13, veröffentlicht in JURIS, dort Rdnr. 72) dies anders gesehen hat, betraf diese Entscheidung einen Fall, in dem – anders als hier – eine Dokumentation des Gütenachweises einschließlich Analysenergebnisse vorgeschrieben und damit Teil der primären Leistungspflicht war.
bb) Damit kommt es letztlich darauf an, ob das eingebrachte Material die vertraglich geschuldeten Eigenschaften hat. Dies hat das Landgericht offen gelassen.
Auch im Berufungsverfahren bedarf dies keiner Klärung.
Wenn unterstellt wird, dass das für die Frostschutzschicht von der Klägerin verwendete Material nicht vertragsgemäß war, ist der Klägerin eine Nachbesserung jedenfalls unzumutbar (§ 635 Abs. 2 i. V. m. § 275 Abs. 2 BGB, 635 Abs. 3 BGB).
aaa) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin überhaupt in der Lage wäre, weitere Arbeiten vorzunehmen. Das Objekt ist verkauft. Der Parkplatz gehört zu einem K.-Markt, der auch betrieben wird. Irgendwelche Nachbesserungsarbeiten, die den Betrieb zwangsläufig nicht unerheblich beeinträchtigen würden, würden voraussetzen, dass der jetzige Eigentümer diese auch zulässt. Ohne eine ausdrückliche Erlaubnis des Eigentümers – eine solche liegt nicht vor – könnte mit einer Nachbesserung nicht begonnen werden. Eine nur allgemein gehaltene Erklärung mitwirken zu wollen, genügt nicht. Diese würde die Klägerin nicht in die Lage versetzen Nachbesserungsarbeiten durchzuführen. Sie müsste damit rechnen, umgehend des Geländes verwiesen zu werden, wenn sie mit Baumaschinen erscheint, um den Parkplatz umzugraben.
bbb) Unabhängig davon scheitert der Anspruch der Beklagten zu 2) an der Unverhältnismäßigkeit einer Mängelbeseitigung.
Eine Mängelbeseitigung ist dann unverhältnismäßig, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwands steht. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände ein Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 – VII ZR 241/00, juris, Rn. 42). Eine Unverhältnismäßigkeit liegt danach in aller Regel nur vor, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Nachbesserung nicht verweigern (OLG Celle, Urteil vom 16. Mai 2013 – 13 U 11/09, veröffentlicht u. a. in IBR 2015, 655 und Juris).
Beizupflichten ist den Beklagten im Ausgangspunkt, dass bei Anwendung dieser Grundsätze ein Nacherfüllungsbegehren nicht an den voraussichtlichen Kosten scheitern würde. Auch dann nicht, wenn die Mangelbeseitigungskosten 420.000,00 EUR betragen und nicht – wie das Landgericht aufgrund eines Rechenfehlers annimmt – nur 42.000,00 EUR. Richtige Bezugsgröße für die Abwägung ist in der Tat der gesamte Werklohnanspruch der Klägerin, also 597.750,18 EUR.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang eine Gesamtabwägung geboten. Daher sind auch noch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, insbesondere, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allein durch einen Austausch der Frostschutzschicht kein ordnungsgemäßes Gesamtwerk entstünde. Das macht eine Nachbesserung jedenfalls solange unzumutbar, wie die Beklagten keinen Sanierungsplan vorlegen, der ihre eigenen Leistungen von den Leistungen der Klägerin abgrenzt und die notwendige Zustimmung des Eigentümers zu Baumaßnahmen auf seinem Eigentum enthält. Im Rahmen des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts können die Beklagten nämlich äußerstenfalls verlangen, dass die Klägerin diejenige Leistung ordnungsgemäß erbringt, mit der sie beauftragt war. Keinesfalls ist die Klägerin verpflichtet, im Rahmen einer Nacherfüllung auch eine Drainage zu erstellen, mit der sie unstreitig nie beauftragt war und deren Kosten im Falle sekundärer Gewährleistungsansprüche in vollem Umfang sog. Sowieso-Kosten wären. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang auf die Frage, ob eine Drainage von Anfang nicht beauftragt war oder zwar beauftragt war, aber wieder aus dem Auftrag herausgenommen worden ist, nicht einmal entscheidend an. Maßgeblich ist, dass die Klägerin bei Erbringung ihrer Arbeiten mit dieser Leistung nicht beauftragt war und diese daher von den Beklagten selbst oder in deren Auftrag von dritter Seite zu erbringen gewesen wären. Demzufolge trifft die Beklagten eine Koordinierungspflicht (vgl. hierzu Palandt-Sprau, BGB, 75. Auflage, § 642 Rdnr. 4), der die Beklagten nicht nachgekommen sind. Solange dies nicht der Fall ist, sind der Klägerin weitere Arbeiten nicht zumutbar.
c) Soweit die Berufung einen Mangel aus einem unzureichenden Gefälle herleiten will, ist das Vorbringen der Beklagten schon in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Die Beklagen tragen einerseits vor, eine mangelhafte Werkleistung liege schon deshalb vor, weil das Gefälle des Planums unzureichend sei (Berufungsbegründung Seite 9 = Bl. 701 d. A.). Andererseits tragen sie vor, es sei falsch, dass eine Neigung von lediglich 2% einen Mangel begründe. Eine ordnungsgemäße Erstellung sei auch ohne eine Drainage und mit nur 2% Gefälle möglich (Berufungsbegründung Seite 49 = Bl. 741 d. A.).
Wird ungeachtet dessen von den Feststellungen des Sachverständigen ausgegangen, wonach ein Mangel des Parkplatzes darin liegt, dass es an einer Drainage und dem erforderlichen Gefälle fehlt (Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. vom 28.03 2014 Seite 5, Zwischenbericht vom 27.11.2013 Seite 15 und Sitzungsprotokoll vom 02.09.2015 Seite 3 = Bl. 613 d. A.), kann die Beklagte hieraus keinen Nacherfüllungsanspruch und damit auch kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Klägerin herleiten.
aa) Der umfangreiche Sachvortrag der Beklagten zu §§ 13 Nr. 3, 4 Abs. 3 VOB/B geht an der Sache vorbei.
Die Beklagten machen im Wesentlichen geltend, die Klägerin hätte auf das erforderliche Gefälle und eine erforderliche Drainage hinweisen müssen und hafte, weil dies nicht geschehen sei. Gemäß § 13 Nr. 3 VOB/B haftet der Auftragnehmer für Mängel, die auf Anordnungen des Auftraggebers zurückzuführen sind, wenn er nicht nach § 4 Abs. 3 VOB/B Bedenken angemeldet hat. Nach § 4 Abs. 3 VOB/B hat der Unternehmer aber nur zu überprüfen, ob er seine eigene Leistung ordnungsgemäß erbringen kann. Die Regelung macht ihm nicht zum „Ersatzplaner“ des Auftraggebers. Soweit Sonderfachleute und Architekten eingeschaltet sind, ist ein Werkunternehmer nicht verpflichtet, deren Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, „ein Fehler springt ins Auge“ (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage, Rdnr. 43; OLG Bamberg, Urteil vom 20.12.2000 – 3 U 110/98, veröffentlicht in IBR 2001, 111; OLG Frankfurt, Urteil vom 16.12.2011 – 10 U 294/09, veröffentlicht in IBR 2012, 141 und JURIS).
Hier lag eine von einem Architekturbüro erstellte Planung vor. Nach dieser Planung hat die Klägerin ihre Leistung erbracht. Das hergestellte Gefälle entsprach den planerischen Vorgaben (Auszug aus Plan W140a = Anlagen B40/B41). Da sich die Beklagten offenbar nicht einmal im laufenden Rechtsstreit darüber klar werden können, ob das geplante und hergestellte Gefälle sachgerecht ist, musste es die Klägerin nicht besser wissen.
Hinzu kommt, dass zunächst vor der Arbeit der Klägerin vorgesehene Entwässerungsgräben noch nicht erstellt waren, sondern entgegen der ursprünglichen Planung erst nach der Arbeit der Klägerin ausgeführt werden sollten. Bei dieser Sachlage konnte und durfte die Klägerin davon ausgehen, dass es einen Plan für eine ordnungsgemäße Entwässerung gab. Sie musste der Beklagten zu 2) im Rahmen des § 4 Abs. 3 VOB/B keine Ratschläge für die weitere Durchführung der Baumaßnahme erteilen. Die Sachlage ist damit grundlegend anders als die, die der von den Beklagten in Bezuggenommenen Entscheidung des BGH vom 18. Januar 2001 (VII ZR 457/98, veröffentlicht u. a. NJW-RR 2001, 520) zugrunde lag. Dort war der Werkunternehmer mit der Sanierung eines Kellers beauftragt gewesen und hatte das geschuldete Werk nicht vertragsgerecht hergestellt (a. a. O. Rdnr. 7 zit. n. JURIS).
bb) Hinzu kommt weiter, dass jedenfalls hier nicht angenommen werden kann, dass entsprechende Hinweise der Klägerin zu einer Änderung der Planung geführt hätten, nachdem die Beklagten zuletzt selbst vorgetragen hatten, auch das geplante und tatsächlich hergestellte Gefälle sei für eine ordnungsgemäße Herstellung der Parkplatzfläche ausreichend. Dies gilt umso mehr, als die Beklagten unter Hinweis auf den Mietvertrag mit der Firma K. vom 14.07.2006 (Anlage B43) selbst vorgetragen hatten, dass nach diesem Vertrag (dort Ziffer 16.1)) die Kundenparkplätze kein Gefälle von mehr als 2% aufweisen durften.
Das Gleiche gilt, soweit die Beklagten der Klägerin anlasten, sie habe pflichtwidrig nicht auf die Notwendigkeit einer in ihrer Planung nicht vorgesehenen Drainage hingewiesen. Auch insoweit ist das Vorbringen der Beklagten schon in sich widersprüchlich, denn sie tragen zugleich vor, eine ordnungsgemäße Erstellung der Parkflächen sei auch ohne Drainage möglich. Auch insoweit durfte die Klägerin davon ausgehen, dass die Beklagte zu 2) im Rahmen der weiteren Bauausführung für eine sachgerechte Entwässerung Sorge tragen würde. Ziffer 02.1.1.19 des Leistungsverzeichnisses (Anlage B1) legte dies nahe. Dort war der Einbau der Frostschutzschicht „nach dem Herstellen der Entwässerungsleitungen“ vorgesehen. Dies konnte ohne weiteres so verstanden werden, dass eine Drainage vorgesehen war. Die im Leistungsverzeichnis vorgesehene zeitliche Abfolge ist unstreitig einvernehmlich geändert worden, mit der Folge, dass bei der Erstellung der Frostschutzschicht noch keinerlei Entwässerungsleitungen verlegt waren. Es war bei dieser Sachlage nicht Aufgabe der Klägerin, die Beklagte zu 2) darüber zu beraten, dass und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Entwässerung des zu erstellenden Parkplatzes im Zuge der weiteren Durchführung der Baumaßnahme getroffen werden müssen.
3. Aufrechenbare Ansprüche stehen den Beklagten nicht zu.
Die Beklagten haben die Teilaufrechnung mit einem Gegenanspruch in Höhe von 14.361,18 EUR ausdrücklich hilfsweise für den Fall erklärt, „dass der Klage stattgegeben wird“ (Schriftsatz vom 29.12.2015 Seite 55 = Bl. 747 d. A.). Dies obwohl die Aufrechnung im Verhältnis zum Zurückbehaltungsrecht das „bessere“ Recht darstellt, weil sie gemäß § 389 BGB zum Erlöschen der Gegenforderung führt, während mit einem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 322 Abs. 1 BGB allenfalls eine Zugum-Zug-Verurteilung erreicht werden kann. Hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen (Seite 13 des Urteils).
a) Die Aufrechnung setzt eine aufrechenbare Gegenforderung voraus. Diese haben die Beklagten in erster Instanz ausdrücklich mit einer „Minderung“ begründet, weil das von der Klägerin gelieferte Frostschutzmaterial einen erheblich geringeren Wert gehabt habe als vertraglich vorgesehen. Selbst wenn die Erklärung im Schriftsatz vom 15.12.2011 (dort Seite 11 = Bl. 29 d. A.: „Mit diesem Anspruch … kann die Beklagte dann … aufrechnen.“) als Aufrechnungserklärung verstanden wird, ist zu berücksichtigen, dass nach dem eigenen Schreiben der Beklagten zu 2) vom 29.05.2015 (Anlage B47) Gewährleistungsansprüche bereits mit notarieller Urkunde vom 09.12.2010 an die Fa. R. e.K. abgetreten worden waren.
Mit Minderungsansprüchen konnte deshalb mangels Gegenseitigkeit schon am 15.12.2011 nicht mehr aufgerechnet werden. Daran ändern auch ein vom Zessionar R. erteilter Auftrag und eine entsprechende Bevollmächtigung nichts, die der Senat in diesem Zusammenhang als erteilt unterstellen kann. Hierdurch könnte äußerstenfalls in einem Aktivprozess eine gewillkürte Prozessstandschaft begründet werden. Ein solcher Auftrag ändert aber nichts an der Sachbefugnis hinsichtlich der Gewährleistungsrechte. Minderungsansprüche standen und stehen weiterhin allenfalls Fa. R. e. K. zu. Mit deren Ansprüchen können die Beklagten gegenüber der Klägerin schon mangels Gegenseitigkeit nicht aufrechnen.
b) Soweit die Beklagten mit dem hierzu nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.04.2016 (dort Seite 8 f. = Bl. 842 f. d. A.) den Versuch unternehmen, die Aufrechnungsforderung mit einem eigenen deliktischen Anspruch zu begründen, muss dies ohne Erfolg bleiben.
Die Voraussetzungen eines Betruges auf Seiten der Klägerin sind nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen. Dies gilt selbst dann, wenn unterstellt wird, dass das gelieferte und eingebaute Material nicht vertragsgemäß war. Nicht jede fehlerhafte Lieferung stellt einen Betrug dar. § 263 StGB setzt eine Täuschungshandlung voraus, die auch durch konkludentes Handeln erfolgen kann. Der Lieferung einer Sache kann aber grundsätzlich nicht die Erklärung entnommen werden, dass diese keine Mängel aufweise bzw. die möglicherweise vorausgesetzten Eigenschaften besitze (Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage, § 263 Rdnr. 17b). Eine andere Bewertung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Lieferant täuschende Manipulationen an der Ware vorgenommen hat, um dem Käufer die Mängelfeststellung zu erschweren oder der Ware den Schein der Vertragsmäßigkeit zu geben (a. a. O. Rdnr. 16d). Dafür ist nichts vorgetragen.
Hinzu kommt, dass selbst eine Täuschung zu Ansprüchen gegen die Klägerin nur dann führen würde, wenn diese Handlungen zumindest mit Kenntnis und Billigung der Geschäftsführung begangen worden sind. Auch hierzu fehlt jeder Sachvortrag.
Die Berufung der Beklagten ist deshalb zurückzuweisen.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO.
2. Der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils erging gemäß den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. 3.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte ab. Auch eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht ersichtlich.