Baurecht

Beschwerde, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Antragsbefugnis, bauplanungsrechtlicher Nachbarbegriff, grundrechtlicher Nachbarschutz, Wohn- und Mitbenutzungsrecht (beschränkt persönliche Dienstbarkeit), Rücksichtnahmegebot

Aktenzeichen  15 CS 22.642

Datum:
1.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8525
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 1
VwGO analog § 42 Abs. 2
VwGO §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 146
BauGB § 34
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 7 S 22.120 2022-02-17 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die dem Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts N. vom 20. Dezember 2021 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Nutzungsänderung: Maschinenhalle mit Sägemaschine“ auf dem Baugrundstück (FlNr., Gemarkung H.).
Der Antragsteller war vormals zusammen mit seiner Ehefrau zu gleichen Anteilen Miteigentümer eines Nachbaranwesens (FlNr. …, Gemarkung H.) das er (weiterhin) bewohnt. Seit dem 24. Januar 2019 ist die Tochter des Antragstellers als Eigentümerin dieses Grundstücks im Grundbuch eingetragen (vgl. auch die notarielle Urkunde vom 19. Dezember 2018, auszugsweise Bl. 24 ff. der VG-Akte RO 7 S 22.120). Ebenfalls am 24. Januar 2019 wurde im Grundbuch ein bei Todesnachweis löschbares Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht am Grundstück FlNr. … für den Antragsteller und seine Ehefrau (als Gesamtberechtigte, § 428 BGB) eingetragen.
Mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung wurde dem Beigeladenen (nachträglich) die Erweiterung der Nutzung eines vormals mit Bescheid vom 23. März 1999 als schlichte Maschinenhalle genehmigten Gebäudes um den (tatsächlich bereits aufgenommenen) Betrieb einer Bandsäge gestattet. Der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid vom 20. Dezember 2021 enthält auf Vorschlag der im Genehmigungsverfahren beteiligten Fachkraft für Umweltschutz des Landratsamts folgende Nebenbestimmungen:
„Umweltschutz:
U0. Immissionstechnisch relevante Eingangsdaten:
– Betrieb einer Bandsäge … … … …
– Erzeugungsmenge etwa 3 Festmeter pro Arbeitstag
– Beschickung der Bandsäge mittels Traktor … … …
– Kundenverkehr etwa 1 – 2 Kleinabnehmer pro Woche
Immissionstechnisch relevante Änderungen des berücksichtigten Betriebsumfanges sind mit dem Landratsamt N. abzustimmen. Auf Verlangen ist dem Landratsamt N. bei relevanten Änderungen ein schalltechnischer Nachweis zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte vorzulegen.
U1. Das o.g. Vorhaben ist so zu errichten und betreiben, dass alle davon ausgehenden Geräusche, einschließlich des Fahrverkehrs am Betriebsgrundstück, am Wohnhaus der Flurnummer … der Gemarkung H., folgende reduzierte Lärmbeurteilungspegel:
tagsüber (60 – 3) dB(A) = 57 dB(A)
nachts (45 – 3) dB(A) = 42 dB(A)
nicht überschreitet.
Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die unverminderten Werte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.
Die Nachtzeit beginnt um 22:00 Uhr und sie endet um 06:00 Uhr.
Die Beurteilung der tatsächlichen Lärmsituation erfolgt nach TA Lärm.
U2. Die Nutzung des o.g. Vorhabens (Betrieb der Bandsäge, Beschickung der Bandsäge, Ein- / Auslagervorgänge etc.) darf antragsgemäß nur an Werktagen in der Tagzeit von 07:00 – 20:00 Uhr erfolgen. Eine Nutzung außerhalb der genannten Zeiten, sowie an Sonn- und Feierlagen ist ausgeschlossen.
U3. Während der Nutzung der Bandsäge (Betrieb, Beschickungsarbeiten etc.) sind die Tore, Fenster und Türen der Halle geschlossen zu halten.
U4. Die Beschickung der Bandsäge mittels Traktor ist auf zwei Anlieferungen pro Arbeitstag zu beschränken. Das Be- und Entladen des Traktors zur Beschickung der Bandsäge hat innerhalb der Halle bei geschlossenen Toren zu erfolgen.“
Der Antragsteller erhob am 20. Januar 2021 beim Verwaltungsgericht Regensburg eine weiterhin anhängige Klage mit dem Antrag, den Baugenehmigungsbescheid vom 20. Dezember 2021 aufzuheben. Seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Februar 2022 ab. Der Antrag – so die Beschlussbegründung – sei bereits mangels Antragsbefugnis des Antragstellers unzulässig. Aus den Vorschriften des grundstücksbezogenen Bauplanungsrechts könne grundsätzlich nur der jeweilige zivilrechtliche Eigentümer des benachbarten Grundstücks oder der Inhaber eigentumsähnlicher dinglicher Rechte an einem benachbarten Grundstück Abwehrrechte in Anspruch nehmen. Diese Voraussetzungen erfülle der Antragsteller als Inhaber eines dinglich gesicherten Wohn- und Mitbenutzungsrechts in Gestalt einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit am Nachbargrundstück nicht. Damit könne sich der Antragsteller im hier gegebenen unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) nicht auf bauplanungsrechtliche nachbarliche Abwehrrechte berufen. Die Antragsbefugnis könne auch nicht mit einer möglichen Verletzung des Art. 2 Abs. 2 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit) begründet werden. Denn der Nachbarschutz sei in den einfachgesetzlichen Vorschriften abschließend normiert. Ob der Antragsteller mit Blick auf geltend gemachte Gesundheitsgefahren und künftige Lärmbelastungen in den persönlichen Schutzbereich drittschützender Normen des Bauordnungsrechts falle, könne dahingestellt bleiben, da diesbezügliche Regelungen nicht vom Prüfprogramm und damit auch nicht von der Feststellungswirkung der im vereinfachten Verfahren (Art. 59 BayBO) ergangenen Baugenehmigung umfasst seien. Schließlich komme auch keine Verletzung des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) in Betracht, weil auch dieser Norm ausschließlich eine grundstücksbezogene – nur den Eigentümer bzw. den in eigentumsähnlicher Art und Weise Berechtigten schützende – Zielsetzung zukomme.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er trägt vor, er sei Inhaber eines nießbrauchsähnlichen Rechts und daher antragsbefugt. Aus der der Rechtsbestellung zugrundeliegenden Notarurkunde gehe eindeutig hervor, dass das lebenslange Wohnrecht in dem Recht der Benutzung des gesamten überlassenen Anwesens bestehe. Es lägen keinerlei Einschränkungen vor. Es handele sich damit um ein eigentümerähnliches Recht, zumal es dinglich gesichert und über die Eintragung im Grundbuch nach außen erkennbar sei. Zudem habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass sich seine Antragsbefugnis bereits aus der Betroffenheit in Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebe. Die Lärmbelästigungen durch das ständige Sägen mit der Bandsäge seien unzumutbar und gesundheitsgefährdend. Ein dortiges Wohnen sei nicht mehr möglich. Es seien aktuell bei laufender Säge mit verschlossenem Hallentor 70 bis 87 dB auf dem Nachbargrundstück gemessen worden. In diesem Zusammenhang sei der weitere Nachbarbegriff des dem Gesundheitsschutz dienenden Immissionsschutzrechts heranzuziehen. Daran ändere auch die vom Verwaltungsgericht angenommene verminderte Feststellungswirkung der Baugenehmigung nichts. Der baurechtliche Nachbarbegriff müsse durch Auslegung erweitert werden. Nach dem Immissionsschutzrecht seien auch diejenigen klage- bzw. antragsbefugte „Nachbarn“, die sich im Einflussbereich der Anlage befänden. Das Anwesen, in dem er wohne, sei ca. 6 m von der Halle des Beigeladenen mit der festinstallierten Bandsäge entfernt und befinde sich damit in unmittelbarer Nähe bzw. im direkten Einflussbereich der Bandsäge. Seine Terrasse sei 9 m entfernt. Aufgrund des ständigen Sägens sei nicht daran zu denken, sich auf diese zu setzen und diese zu nutzen. Sogar bei geschlossenen Fenstern sei die Lärmbelästigung so hoch, dass erhebliche Gesundheitsgefahren drohten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass er sich im Nachbaranwesen nicht nur kurzfristig aufhalte, sondern dort dauerhaft wohne. Es sei damit nicht möglich, den Lärmbelästigungen zumindest zeitweise zu entkommen.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2022 die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Dezember 2021 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung als richtig und bringt zudem vor, das dem Antragsteller eingeräumte Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) könne als beschränkt persönliche Dienstbarkeit i.S.v. § 1092 BGB, das keine Verfügungsbefugnis über das Grundstück vermittele, nicht mit einem Nießbrauch nach §§ 1030 ff. BGB gleichgesetzt werden. Die Ausübung des Nießbrauchs dürfe gemäß § 1059 Satz 2 BGB ohne weiteres einem Dritten überlassen werden, während hierfür bei der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nach §§ 1092 f. BGB eine dahingehende Gestattung durch den Eigentümer erforderlich sei. Das dingliche Wohnungsrecht begründe daher – anders als ein Nießbrauch – kein umfassendes Nutzungsrecht. Der Nießbrauch zähle – im Gegensatz zu der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit – grundsätzlich zum verwertbaren Vermögen. Im Übrigen sei der Antrag mit der Argumentation des Landratsamts im erstinstanzlichen Verfahren zudem unbegründet. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Baugenehmigung gegenüber der Tochter des Antragstellers (Eigentümerin des Nachbargrundstücks) bestandskräftig geworden sei.
Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die in der Beschwerdebegründung gegen die erstinstanzliche Eilentscheidung erhobenen Einwendungen des Antragstellers, auf die der Senat wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein einzugehen hat, vermögen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach die Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO fehlt, nicht infrage zu stellen.
a) Der Antragsteller kann nach Maßgabe seines Beschwerdevortrags seine Antragsbefugnis nicht auf nachbarschützende Normen des Bauplanungsrechts stützen.
Ausweislich der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG geht es im Bauplanungsrecht um die Schlichtung bodenrechtlicher Nutzungskonflikte. Das Bauplanungsrecht hat daher eine grundstücks- und keine personenbezogene Zielrichtung. Aus diesem Grund ist der bauplanungsrechtliche Drittschutz personell auf Grundstückseigentümer und auf in eigentumsähnlicher Weise dinglich Berechtigte, die – wie z.B. Erbbauberechtigte oder Nießbraucher – die Grundstücke mit ihren Nutzungen repräsentieren, zu begrenzen. Aufgabe des Bebauungsrechts ist es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Es widerspräche der grundstücksbezogenen Ausrichtung des Bauplanungsrechts, wenn Personen, die nur eine vom Grundstücksrepräsentanten abgeleitete Rechtsposition innehaben, in den Interessenausgleich der Grundstückseigentümer – womöglich gegen deren Willen – mit eigenen verwaltungsrechtlichen Abwehransprüchen und ihrer klageweisen Geltendmachung intervenieren könnten. Dinglich Berechtigte sind nur dann Inhaber einer eigentümerähnlichen Stellung, die sie zu Nachbarn im Sinne des Bauplanungsrechts macht, wenn das dingliche Recht hinsichtlich Inhalt und Auswirkungen dem Eigentum nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts nahekommt (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 29.10.1982 – 4 C 51.79 – NJW 1983, 1626 = juris Rn. 22 ff.; U.v. 11.5.1989 – 4 C 1.88 – BVerwGE 82, 61 = juris Rn 43; BayVGH, B.v. 11.8.2014 – 15 CS 14.740 – juris Rn. 17; B.v. 9.5.2017 – 9 CS 16.1241 – juris Rn. 19 m.w.N.; OVG Berlin, B.v. 2.10.1978 – OVG II S 105.78 – BeckRS 2014, 7095; OVG Saarl., B.v. 18.3.2003 – 1 W 7/03 – BauR 2004, 821 = juris Rn. 10 ff.; OVG NW, U.v. 15.10.1993 – NVwZ 1994, 696 = juris Rn. 29 ff.; B.v. 11.4.1997 – 7 A 879/97 – BRS 59; B.v. 8.1.2008 – 7 B 1775/07 – juris Rn. 5; VG München, B.v. 16.8.2011 – M 8 SN 11.2458 – juris Rn. 41 f.; VG Gießen, B.v. 20.9.1994 – 1 G 883/94 – NVwZ-RR 1995, 367 = juris Rn. 31; Dirnberger in Busse/ Kraus, BayBO, Stand: September 2021, Art. 66 Rn. 85; Edenharter in Spannowsky/ Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Stand: Februar 2022, Art. 66 Rn. 23; im Verhältnis zwischen Eigentümer einerseits und Mieter bzw. Pächter andererseits vgl. auch Art. 66 Abs. 3 Satz 3 BayBO).
Letzteres mag für den Inhaber einer Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB) gelten, wenn die von ihm dort errichtete Anlage mit dem Grundstück nur für einen vorübergehenden Zweck verbunden ist und deshalb gem. § 95 Abs. 1 BGB in seinem Eigentum bleibt (OVG NW, B.v. 1.2.2000 – 10 B 1831/99 – BRS 63 Nr. 150 = juris Rn. 27), nicht aber für Inhaber von Dienstbarkeiten, die – wie das Wohnungsrecht nach § 1093 BGB – sowohl am Grundstück als auch an den mit diesen verbundenen baulichen Anlagen nur ein beschränktes Nutzungsrecht, hingegen aber gerade keine mit dem Eigentum vergleichbare umfassende Rechtsstellung gewähren (NdsOVG, B.v. 20.4.1999 – 1 L 1347/99 – BRS 62 Nr. 179; OVG Saarl., B.v. 18.3.2003 – 1 W 7/03 – BauR 2004, 821 = juris Rn. 10 ff.; VG Mainz, B.v. 4.5.2007 – 3 L 159/07.MZ – juris Rn. 2; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 66 Rn. 7; Dirnberger a.a.O. Rn. 86; Edenharter a.a.O. Rn. 24; tendenziell, wenngleich i.E. offenlassend: BayVGH, B.v. 16.11.1993 – 26 CE 92.2453 – nicht veröffentlicht; die Klage- bzw. Antragsbefugnis ablehnend für den Inhaber eines Leibgedings mit Wohnrecht: BayVGH, B.v. 12.8.1994 – 26 B 94.1796 – BeckRS 1994, 17359; zur mangelnden Klagebefugnis des Inhabers eines dinglich gesicherten Wohnrechts im – ebenfalls grundstücksbezogenen – Fernstraßenrecht: BVerwG, U.v.16.9.1993 – 4 C 9.91 – NVwZ 1994, 682 = juris Rn. 8). Zu den im Vergleich zum umfassenderen Nießbrauch beschränkten Befugnissen des Inhabers eines Wohnrechts (beschränkt persönliche Dienstbarkeit) wird im Einzelnen auf die Rechtsprechung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG, B.v. 20.4.1999 a.a.O.), auf die im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2022 zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz (B.v. 4.5.2007 a.a.O.) sowie auf die Ausführungen der Landesanwaltschaft im Schriftsatz vom 28. März 2022 Bezug genommen.
Der Antragsteller kann sich daher von vornherein weder auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme (Lärmbelastung), das im unbeplanten Innenbereich über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (z.B. im Falle des Vorliegens eines faktischen Dorfgebiets) oder über den Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB (im Fall einer sog. Gemengelage) grundsätzlich Anwendung findet, noch auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 6 m.w.N.) berufen.
b) Der Antragsteller kann sich zur Begründung der Antragsbefugnis auch nicht auf das Immissionsschutzrecht berufen. Soweit drittschützende Normen des Immissionsschutzrechts auch „Nichteigentümer“, die im Umkreis einer emittierenden Anlage wohnen, in den persönlichen Schutzbereich einbeziehen, nutzt dies dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren deshalb nichts, weil es hier nicht um einen mit der Verpflichtungsklage bzw. im Eilverfahren über § 123 VwGO zu verfolgenden Anspruch auf immissionsschutzrechtliches Eingreifen gem. §§ 24, 25 BImSchG (hierzu BayVGH, B.v. 16.7.2019 – 15 ZB 17.2529 – juris; B.v. 8.11.2021 – 15 B 21.1473 – juris), sondern um die anfechtende Abwehr einer Baugenehmigung geht. Im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung bzw. im korrespondierenden Eilverfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO können nur solche potenziell verletzten Normen Drittschutz und damit eine Antrags- bzw. Klagebefugnis vermitteln, die zum Prüfprogramm des zugrundeliegenden Baugenehmigungsverfahren (hier Art. 59 BayBO) zählen und deren Einhaltung mithin von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung umfasst sind. Insofern kommen die Standards des Immissionsschutzrechts aber nicht unmittelbar als Genehmigungsvoraussetzungen, sondern – s.u. d) – nur mittelbar als Konkretisierungsmaßstab des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zur Anwendung (vgl. auch BayVGH, B.v. 11.8.2014 a.a.O. Rn. 18; B.v. 9.5.2017 a.a.O. Rn. 21; OVG NW, B.v. 11.4.1997 a.a.O.; VG München, B.v. 16.8.2011 a.a.O. Rn. 44 f.), auf das sich der Antragsteller aber nach den voranstehenden Ausführungen gerade nicht stützen kann.
c) Gegen die – überzeugenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur mangelnden Möglichkeit der Verletzung bauordnungsrechtlicher Regelungen zum Lärmschutz (vgl. Art. 13 Abs. 2 BayBO) hat der Antragsteller sich im Beschwerdeverfahren nicht gewandt (vgl. insofern BayVGH, B.v. 9.5.2017 a.a.O. Rn. 22).
d) Die Antragsbefugnis ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Verletzung von Grundrechten. Insbesondere ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte dafür, dass die angefochtene Baugenehmigung das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Grundrecht des Antragstellers auf körperliche Unversehrtheit verletzen könnte.
Es ist in Einzelfragen weiterhin umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Dritter, der eine Baugenehmigung mit der Anfechtungsklage angreift, sich zur Untermauerung eines sog. Genehmigungsabwehranspruchs überhaupt unmittelbar auf Grundrechte berufen kann (zum Streitstand z.B. Seidel, Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, NJW-Schriftenreihe Bd. 13, 2000, Rn. 83 ff.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist nunmehr anerkannt, dass zur Begründung einer (möglichen) Nachbarrechtsverletzung durch eine erteilte Baugenehmigung im Regelfall grundsätzlich nicht allein auf das Eigentumsgrundrecht zurückgegriffen werden kann, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) nachbarliche Abwehrrechte im Baurecht verfassungskonform ausgestaltet und insofern unter Einschluss der Grundsätze des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitgestellt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern seine frühere Rechtsprechung, wonach im Falle einer schweren und unerträglichen Belastung bei Umsetzung einer angefochtenen Baugenehmigung unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG ein unmittelbarer grundrechtlicher Nachbarschutz abgeleitet wurde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = juris Rn. 18 ff.), ausdrücklich aufgegeben (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40 f.; U.v. 7.11.1997 – 4 C 7.97 – NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 20 ff.; BayVGH B.v. 26.4.2021 – 15 CS 21.1081 – juris Rn. Rn. 23 m.w.N.; zu einem Ausnahmefall bei ungesicherter Erschließung mit unmittelbaren Folgewirkungen zulasten des Eigentümers des Nachbargrundstücks gem. § 917 BGB vgl. BayVGH, B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 14). Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, U.v. 29.7.1977 – IV C 51/75 – NJW 1978, 554 = juris Rn. 36; U.v. 11.5.1989 – 4 C 1.88 – BVerwGE 82, 61 = juris Rn. 20; B.v. 11.7.1989 – 4 B 33.89 – NJW 1989, 2766 = juris Rn. 4) vormals die Möglichkeit eines Nachbarschutzes gegen eine Baugenehmigung unmittelbar aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit für möglich hielt, weil „die durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützten höchstpersönlichen Rechtsgüter (…) im Prinzip nicht weniger als das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum geeignet“ seien, einem Rechtsschutz als Grundlage zu dienen“ (BVerwG, U.v. 29.7.1977 a.a.O.), spricht – zumal nach grundsätzlicher Aufgabe der Ableitung eines baurechtlichen Nachbarschutzes unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG – Einiges dafür, diesen Gedanken auch auf das unter Gesetzesvorbehalt (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG) stehende Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu übertragen, soweit und solange der Gesetzgeber den Nachbarschutz in einem den grundrechtlichen Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG genügenden Schutzniveau hinreichend ausgestaltet hat und dem Nichteigentümer über §§ 24, 25 BImSchG ein effektiver Rechtsschutz über die Geltendmachung von Ansprüchen auf immissionsschutzrechtliches Einschreiten zusteht (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2006 – 1 CS 06.2014 – NVwZ-RR 2007, 371 = juris Rn. 93; B.v. 9.5.2017 a.a.O. Rn. 26; B.v. 23.6.2017 – 15 ZB 16.920 – BayVBl. 2018, 596 = juris Rn. 23 f.; OVG NW, B.v. 11.4.1997 – 7 A 879/97 – BRS 59; VG München B.v. 16.8.2011 – M 8 SN 11.2458 – juris Rn. 52 ff.).
Geht man demgegenüber mit einem Teil der Rechtsprechung und Literatur weiterhin davon aus, dass jenseits einschlägiger einfachgesetzlicher Schutznormen auch für Nichteigentümer eine Berufung auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zur Begründung der Klagebefugnis im Falle einer auf Aufhebung einer Baugenehmigung gerichteten Anfechtungsklage offen bleibt (vgl. VGH BW, B.v. 9.2.1995 – 3 S 3407/94 – NVwZ-RR 1995, 561 = juris Rn. 3; SächsOVG, B.v. 19.8.2009 – 1 B 247/09 – juris Rn. 4; VG Koblenz, U.v. 14.2.2005 – 7 K 2362/04.KO = juris Rn. 18; so grundsätzlich auch noch BayVGH, B.v. 11.4.1995 – 2 CS 94.3932 – BeckRS 1995, 13845), bleibt eine Berufung auch eines benachbarten Bewohners, der nicht die Voraussetzungen des bauplanungsrechtlichen Nachbarbegriffs erfüllt, auf diesen grundrechtlichen Schutz zur Begründung einer Klage- / Antragsbefugnis zur Anfechtung einer Baugenehmigung in besonders gelagerten Ausnahmefällen zwar grundsätzlich denkbar. Es genügen dann aber weder die schlichte Berufung auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG noch eine lediglich pauschale, unkonkrete Behauptung der Gefährdung der Gesundheit. Der Betroffene ist vielmehr – sollte sich überhaupt aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Drittschutz gegen eine Baugenehmigung ergeben (s.o.) – gehalten, einen Lebenssachverhalt vorzutragen, aus dem sich die hinreichende Möglichkeit einer diesbezüglichen Grundrechtsverletzung ergibt (BayVGH, B.v. 23.6.2017 a.a.O. juris Rn. 24; B.v. 9.5.2017 – 9 CS 16.1241 – juris Rn. 26; B.v. 17.8.2017 – 9 CE 17.1362 – juris Rn. 18). Eine Grundrechtsverletzung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kommt nur bei einer konkreten Gesundheitsgefährdung in Betracht. Hierfür liegt die Schwelle höher als bei bloßen erheblichen Belästigungen i.S. von § 3 Abs. 1 BImSchG bzw. i.S. des Rücksichtnahmegebots (VGH BW, B.v. 9.2.1995 – 3 S 3407/94 – NVwZ-RR 1995, 561 = juris Rn. 6; zu § 25 Abs. 2 BImSchG vgl. auch OVG NRW, B.v. 14.6.2018 – 8 B 594/18 – BauR 2018, 1710 = juris Rn. 18). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung werden im Fall von Lärmbelastungen grundrechtlich relevante Zumutbarkeitsgrenze zum Schutz der Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) in Wohngebieten regelmäßig erst bei (Summen-) Mittelungspegeln ab 70 dB(A) tags bzw. 60 dB(A) zur Nachtzeit in Erwägung gezogen (zu einer ähnlichen Fallgestaltung vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2017 a.a.O.; im Verhältnis zwischen den Mitgliedern derselben Wohnungseigentümergemeinschaft: OVG Rh-Pf, U.v. 26.2.2019 – 8 A 11076/18.OVG – NVwZ-RR 2019, 801/802; allgemein zur „grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle“ bei Lärm: BVerwG, U.v. 10.11.2004 – 9 A 67.03 – NVwZ 2005, 591 = juris Rn. 44; U.v. 23.2.2005 – 4 A 5.04 – BVerwGE 123, 23 = juris Rn. 42; U.v. 7.3.2007 – 9 C 2.06 – BVerwGE 128, 177 = juris Rn. 29; U.v. 13.5.2009 – 9 A 72.07 – BVerwGE 134, 45 ff. = juris Rn. 69; U.v. 15.12.2011 – 7 A 11.10 – NVwZ 2012, 1120 = juris Rn. 30; B.v. 30.7.2013 – 7 B 40.12 – juris Rn. 10; U.v. 17.11.2016 – 3 C 5.15 – BVerwGE 156, 306 = juris Rn. 31; BayVGH, U.v. 4.8.2015 – 15 N 12.2124 – juris Rn. 35; B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 17; B.v. 16.4.2019 – 15 CE 18.2652 – NVwZ-RR 2019, 983 = juris Rn. 41; B.v. 16.7.2019 – 15 ZB 17.2529 – juris Rn. 40; B.v. 1.2.2022 – 9 ZB 19.1400 – juris Rn. 16; NdsOVG, U.v. 10.2.2022 – 1 KN 171/20 – juris Rn. 65; OVG NRW, B.v. 14.6.2018 a.a.O. Rn. 20).
Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller hierzu Substanzielles vorgebracht.
Nach Aktenlage hält die angegriffene Baugenehmigung vom 20. Dezember 2020 sogar die strengeren Anforderungen des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme ein, deren Maßstäbe im Falle einer Immissionsbelastung dem Immissionsschutzrecht zu entnehmen sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 22.; BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – BayVBl. 2020, 444 = juris Rn. 15; B.v. 19.5.2021 – 15 CS 21.1147 – BayVBl 2022, 49 = juris Rn. 19), wobei zur Konkretisierung der Belastungsgrenze der „erheblichen Belästigung“ (§ 3 Abs. 1 BImSchG) auf die TA Lärm abzustellen ist (zur – auch gerichtlichen – Bindungswirkung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift: BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 16.4.2019 – 15 CE 18.2652 – NVwZ-RR 2019, 983 = juris Rn. 26). Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass sowohl das Baugrundstück des Beigeladenen als auch das Grundstück FlNr. … in einem faktischen Dorfgebiet liegen (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO) liegen (vgl. Bl. 33 – 37 der Bauakte 2021-0949; S. 3 des erstinstanzlichen Schriftsatzes des Antragstellers vom 20. Januar 2022). Das Landratsamt und hat insofern zur Beurteilung der Lärmbelastung auf die für Dorfgebiete maßgeblichen Immissionsrichtwerte gem. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst d der TA Lärm abgestellt [Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel: 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts; demgemäß maximal zulässige kurzzeitige Geräuschspitzen tags: 90 dB(A) gem. Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm]. In der in den Behördenakten (Bl. 37 ff. der Bauakte des Landratsamts 2021-0949) befindlichen fachlichen Stellungnahme der – im Genehmigungsverfahren zur Frage der Lärmbelastung beteiligten – Fachkraft für Umweltschutz des Landratsamts vom 8. Dezember 2021 wird unter Darlegung von Berechnungen sowie unter Zugrundelegung der Gegebenheit der hier (auf Basis einer Ortseinsicht und den Angaben des Beigeladenen) erarbeiteten Auflagenvorschläge, die zum Inhalt der oben genannten Nebenbestimmungen zur streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 20. Dezember 2021 gemacht worden sind, ein (Dauer-) Beurteilungspegel am Immissionsort des Antragstellers (FlNr. …*) von aufgerundet 56 dB(A) sowie ein Maximalpegel für kurzzeitige Geräuschspitzen von 78,1 dB(A) prognostiziert.
Diese fachliche Prognose ist vom Antragsteller im Eilverfahren nicht substantiiert erschüttert worden. Durch die Nebenbestimmung „U2“ ist dem Beigeladenen zudem vorgeschrieben, die mit dem Bandsägebetrieb zusammenhängenden Tätigkeiten nur an Werktagen in der Zeit von 7:00 – 20:00 Uhr durchzuführen. Damit kommt es nur auf die Tageswerte gem. Nr. 6.1 Abs. 1 Satz 1 Buchst d der TA Lärm an, die laut fachlicher Prognose der Fachkraft für Umweltschutz nicht überschritten werden, nicht aber auf die strengeren Nachwerte sowie auf Zuschläge für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit (vgl. Nr. 6.5 TA Lärm) an. Anhaltspunkte für eine Lärmvorbelastung, die zu einer relevanten Erhöhung des Beurteilungspegels auf der FlNr. … als Immissionsort führen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Die für den prognostizierten Beurteilungspegel prognostizierte Unterschreitung des Tages-Immissionsrichtwertes um 4 dB(A) markiert einen deutlichen Abstand zum einschlägigen Immissionsrichtwert und damit zur Zumutbarkeitsschwelle. Denn selbst eine Verdoppelung der Schallenergie, d.h. eine 100%ige Zunahme der Schallquellen, würde am Immissionsort nur eine Pegelerhöhung um ca. 3 dB(A) bewirken (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 22 ZB 16.9 – juris Rn. 14; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 27 m.w.N.; B.v. 18.8.2020 – 15 CS 20.1608 – juris Rn. 14; B.v. 18.8.2020 – 15 CS 20.1612 – juris Rn. 46). Im Übrigen gibt die Nebenbestimmung „U1“ zur Baugenehmigung vor, dass die durch den Metallbaubetrieb des Beigeladenen verursachten Lärmemissionen tagsüber einen Immissionsrichtwert von 57 dB(A) einzuhalten haben. Da es sich hierbei um den um 3 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwert der Nr. 6.1 Buchst. d der TA Lärm handelt, besteht auch hierüber die hinreichende Gewährleistung, dass es auf dem vom Antragsteller bewohnten Grundstück nicht zu einer gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßenden Lärmbelastung kommt. Nach Lage der Dinge ist nicht ersichtlich, dass die immissionsschutzrechtliche Auflage zur Immissionswerteinhaltung nicht zielführend wäre. Der Inhalt der Auflage zur Einhaltung eines festgelegten Richtwerts bleibt nicht im Allgemeinen und Ungefähren, sondern verlangt vom Genehmigungsadressaten die Einhaltung eines konkret vorgegebenen Ziels zum Schutze der nachbarlichen Interessen. Insbesondere wird mit Blick auf die immissionsschutzfachliche Beurteilung der Fachabteilung des Landratsamts sowie die im Bescheid reglementierten Auflagen (auf denen die vorgenannte Lärmprognose aufbaut) hinreichend sichergestellt, dass der angesetzte Immissionsrichtwert von 57 dB(A) tags bei einem genehmigungskonformen Betrieb eingehalten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 25 f.; B.v. 25.9.2013 – 15 ZB 11.2302 – juris Rn. 16 ff.; BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26; B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 19; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 26; B.v. 11.3.2022 – 15 ZB 21.2871 – juris Rn. 66; VGH BW, U.v. 28.11.2019 – 5 S 1790/17 – NVwZ-RR 2020, 521 = juris Rn. 45, 49 ff.).
Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde vorbringt, es seien aktuell bei laufender Säge mit verschlossenem Hallentor „70 bis 87 dB“ auf der FlNr. … gemessen worden, legt er – unabhängig davon, dass diesbezüglich kein Nachweis vorgelegt wurde – schon nicht annähernd substantiiert dar, dass es sich bei dem behaupteten gemessenen Wert um einen Beurteilungspegel i.S. von Nr. 2.10 TA Lärm handelt, der am richtigen Immissionsort (vgl. Nr. A.1.3 der Anlage zur TA Lärm) und auch im Übrigen nach den Vorgaben der TA Lärm sowie der Anlage zur TA Lärm (vgl. Nr. 6.8 TA Lärm) gemessen wurde. Sollte es sich hierbei um (wie auch immer) gemessene Spitzenpegel handeln, wäre die Zumutbarkeitsgrenze gem. Nr. 6.1 Satz 2 i.V. mit Satz 1 Buchst. d der TA Lärm von 90 dB(A) ohnehin nicht erreicht. Im Übrigen ist vorliegend allein die Baugenehmigung vom 20. Dezember 2021 Streitgegenstand. Sollte es sich bei den vom Antragsteller mitgeteilten Messwerten von „70 bis 87 dB“ tatsächlich um nach den Vorgaben der TA Lärm und ihrer Anlage ermittelte Beurteilungspegel an einem relevanten Immissionsort auf der FlNr. … handeln, die entweder aufgrund der Nichteinhaltung der in den Auflagen zur Baugenehmigung festgesetzten Vorgaben oder aber durch von der Baugenehmigung (Maschinenhalle mit Bandsägebetrieb und Holzzulieferung) nicht abgedeckte Nutzungen entstanden sind, verstieße dadurch nicht die hier streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Rücksichtnahmegebot. Betroffene müssten vielmehr die Einhaltung der Zumutbarkeitsgrenzen durch Anträge auf bauordnungsrechtliches und / oder immissionsschutzrechtliches Eingreifen zu erreichen suchen.
Werden mithin nach Maßgabe der fachlichen Stellungnahme der Fachbehörde des Landratsamts bei ordnungsgemäßer resp. auflagenbefolgender Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Zumutbarkeitsschwellen des Immissionsschutzrechts (TA Lärm) bzw. des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots hinsichtlich der Lärmbelastung auf der FlNr. … schon nicht erreicht, ist unter keinen Umständen ersichtlich, dass insofern eine sogar eine Gesundheitsbeeinträchtigung mit entsprechend höheren Belastungspegeln (s.o.) und damit eine Verletzung der Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG des in der Nachbarschaft wohnenden Antragstellers vorliegen könnte. Damit bestehen – auch mit Blick auf die pauschale, nicht im Ansatz näher verifizierte, untermauerte Behauptung gemessener Lärmwerte von „70 bis 87 dB“ – jedenfalls für eine die hohe grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreitende Immissionsbelastung des Antragstellers durch Lärm keine belastbaren Anhaltspunkte.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene trägt billigerweise seine außergerichtlichen Kosten selbst, weil er keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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