Baurecht

Eilantrag des Nachbarn gegen Erweiterung eines Hotels

Aktenzeichen  M 8 SN 20.1256

Datum:
14.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7974
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3 S. 2
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 3, Art. 64 Abs. 2 S. 1
BauGB § 34
BauVorlV § 8 Abs. 4
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Nachbarrechte können dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Unvollständigkeit, Unrichtigkeit bzw. Uneindeutigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von einem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Annahme einer „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes besteht grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes. Dies gilt insbesondere dann, wenn beide Gebäude im dicht bebauten städtischen Bereich liegen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Baugenehmigungen sind in aller Regel nicht in dem Sinne teilbar, dass Verstöße gegen Nachbarrechte schützende Normen nur zu einer Teilaufhebung führen könnten. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,– festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer hiergegen gerichteten Klage.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks …str. 31, Fl.Nr. …, Gemarkung … …, das an der Ecke …straße/…straße liegt.
Unmittelbar südlich grenzt das Grundstück …straße 32, Fl.Nr. …, Gemarkung … …, an (= streitgegenständliches Grundstück). Dieses Grundstück ist in seinem östlichen Teilbereich sowie nördlich und südlich unmittelbar an die Gebäude auf den benachbarten Grundstücken und damit auch unmittelbar an das Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin angrenzend mit einem Hauptgebäude bebaut, das bislang zum Teil als Hotel und zum Teil zu Wohnzwecken genutzt wurde. Im westlichen Teil des streitgegenständlichen Grundstücks befindet sich ein Nebengebäude mit der Höhenentwicklung E+1; die Wandhöhe dieses Nebengebäudes liegt bei 5,65 m. Das Hauptgebäude und das Nebengebäude sind durch ein entlang der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin errichtetes Zwischengebäude verbunden, dessen Wandhöhe bei 3,02 m liegt. Auf dem Dach dieses Zwischengebäudes befindet sich ein Übergang, der vom Hauptgebäude in das Obergeschoss des Nebengebäudes führt und bislang als transparente Glas-Stahl-Konstruktion ausgeführt ist.
(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)
Mit Antrag vom 27. Mai 2019 (Eingangsdatum bei der Antragsgegnerin, Az. der Antragsgegnerin: …) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Außenaufzugs, eines Übergangs im ersten Obergeschoss und einer Dachgaube sowie die Umnutzung der Wohnung im zweiten Obergeschoss zu Hotelzimmern und die Erweiterung des bestehenden Hotels auf 22 Zimmer und maximal 60 Betten (Bl. 2, 6 f. BA).
Am 15. Oktober 2019 (Eingangsdatum bei der Antragsgegnerin) stellte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin einen Änderungsantrag zu dem beantragten Verfahren Az. … und beantragte die Erteilung einer (Tektur-)Genehmigung für den Neubau eines Außenaufzugs, eines Übergangs im ersten Obergeschoss und einer Dachgaube sowie – nach handschriftlicher Korrektur vom 15. November 2019 – die Erweiterung des bestehenden Hotels durch Nutzungsänderung im zweiten Obergeschoss von Wohnen zu Hotelzimmern auf insgesamt 22 Zimmer mit maximal 60 Betten nach Plannr. … (Bl. 61 ff. BA). Dabei wurde auch die Erteilung einer Abweichung von Art. 37 Abs. 5 Bayerische Bauordnung sowie von den für den Aufzugsanbau und den neuen Übergang im ersten Obergeschoss erforderlichen Abstandsflächen beantragt (Bl. 62, 64, 69 ff. BA). In der Baubeschreibung wurde der Übergang im ersten Obergeschoss mehrfach als „Pfostenriegelkonstruktion, Glas/Stahl“ benannt.
In den vorgelegten Bauzeichnungen wurden die Umrisse der Außenwände des neu zu errichtenden Aufzugs gemäß § 8 Abs. 4 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 3 Bauvorlagenverordnung mit Rauten ausgefüllt, diejenigen der nördlichen Außenwand des zu erneuernden Übergangs auf dem Zwischengebäude – anders als die in Ziegelbauweise geplanten Außenwände des geplanten Außenauszugs und ebenso wie eine an der Nordseite des Hauptgebäudes im sog. Frühstücksraum geplante „neue Brandwand“ (vgl. Plan „Grundriss Erdgeschoss“) – mit einer diagonal verlaufenden Schraffur; gleichzeitig wurde sie mit der Maßangabe „24“ versehen (vgl. Plan „Grundriss 1. Obergeschoss“). Der zu erneuernde Übergang wurde zudem als „ÜBERGANG 1. OG NEU STAHL-, GLAS-KONSTRUKTION“ bezeichnet (vgl. Pläne „Ansicht West“ und „Grundriss 1. Obergeschoss“). Die (Außen-)Wände des bisherigen Übergangs wurden entsprechend § 8 Abs. 4 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 4 Bauvorlagenverordnung mit „x x x“ gekennzeichnet (vgl. Pläne „Ansicht West“, „Grundriss Erdgeschoss“ und „Grundriss 1. Obergeschoss“).
Mit Bescheid vom 15. November 2019 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung – Tektur zu … – für die Errichtung eines Außenaufzugs, eines Übergangs im ersten Obergeschoss und einer Dachgaube sowie die Erweiterung des bestehenden Hotels durch Nutzungsänderung im zweiten Obergeschoss von Wohnung zu Hotelzimmern auf insgesamt 22 Zimmer und maximal 60 Betten auf dem Grundstück …straße 32, Fl.Nr. …, Gemarkung … …, nach Plannr. … mit Handeintragungen vom 15. Oktober 2019 und 15. November 2019 gemäß Art. 60 und 68 Bayerische Bauordnung unter der aufschiebenden Bedingung, dass mit den Bauarbeiten erst begonnen werden darf, wenn der Standsicherheitsnachweis sowie die eventuell erforderlichen Konstruktionspläne bei der Antragsgegnerin vorgelegt und durch den Prüfingenieur geprüft und freigegeben sind (Az. der Antragsgegnerin: …). Der mit Genehmigungsstempel versehene (Eingabe-)Plan wurde ausdrücklich zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids erklärt. Zudem wurde die Baugenehmigung um mehrere Auflagen ergänzt und wurden Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 Bayerische Bauordnung wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen u.a. zum Grundstück der Antragstellerin durch die Errichtung des Aufzugs sowie zum südlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. … durch die Errichtung eines Durchlaufstegs vom Vorderzum Rückgebäude erteilt.
Unter der Überschrift „Nachbarwürdigung“ wurde ausgeführt, dass die Nachbarn Fl.Nrn. …, … und … den Baueingabeplan nicht unterschrieben hätten. Das Bauvorhaben entspreche den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien. Die erteilten Abweichungen seien auch unter Berücksichtigung nachbarrechtlicher Belange sachgerecht und vertretbar.
Mit Schriftsatz vom 27. November 2019, eingegangen am 28. November 2019, erhob die Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. November 2019, Az. …, Baugenehmigung, aufzuheben, soweit die Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss genehmigt wurde.
Zur Klagebegründung wurde mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019 u.a. ausgeführt, dass in dem der teilangefochtenen Baugenehmigung zugrundeliegenden Eingabeplan in der „Ansicht West“ die Ausführung des neuen Übergangs mit „Übergang 1.OG neu, Stahl-, Glas-Konstruktion“ beschrieben sei. Der bestehende Übergang sei entsprechend § 8 Abs. 3 Bauvorlagenverordnung i.V.m. Zeichen Nr. 4 der Anlage 1 zur Bauvorlagenverordnung ausge“ixt“. Die Ausführung der Nordseite des neuen Übergangs sei dagegen mit einem Planzeichen dargestellt, das in der Anlage 1 zur Bauvorlagenverordnung nicht vorgesehen sei. Es liege die Vermutung nahe, dass hier eine Massivbauweise erfolgen solle, also eine massive Außenwand errichtet werde.
Die (teil-)angefochtene Baugenehmigung verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot und verletze die Antragstellerin in dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme. Vorliegend mangle es den Bauvorlagen an der erforderlichen Eindeutigkeit. Es sei nicht klar, wie der neue Übergang an dessen Nordseite ausgeführt werden solle, d.h., ob in Massivbauweise oder in einer Stahl-, Glas-Konstruktion. Unter nachbarrechtlichen Aspekten mache aber die konkrete Bauausführung einen erheblichen Unterschied. Es verstehe sich von selbst, dass es bei einer Länge des Zwischengebäudes von ca. 7,5 m und einer Gesamtlänge von Zwischengebäude und Nebengebäude von ca. 15 m einen erheblichen Unterschied mache, ob dieser Gebäudeteil eine Wandhöhe von 5,65 m in durchgehender Massivbauweise erhalte oder es wie bislang bei einer Wandhöhe von 3,02 m bleibe und darauf eine transparente Glaswand durchsetzt mit Metallstreben aufgebaut werde.
Werde die Nordseite des Verbindungsbaus vollständig in Massivbauweise ausgeführt, würde der nicht große Innenhof des Grundstücks der Antragstellerin an dessen Südseite vollständig eingemauert; er würde sich nach Durchführung des Bauvorhabens gleichsam als ein Gefängnis darstellen. Die Verwirklichung des Übergangs in Massivbauweise wäre gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin rücksichtslos. Die Antragstellerin könne sich deswegen erfolgreich auf einen Verstoß gegen das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch verankerte Rücksichtnahmegebot berufen. Bei der Prüfung des Rücksichtnahmegebots falle hier ins Gewicht, dass das nachbarliche Austauschverhältnis entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze seit vielen Jahren durch die Existenz des transparenten Übergangs auf dem Zwischengebäude geprägt sei, was zumindest noch ein gewisses Maß an Belichtung und Besonnung des Hofes der Antragstellerin ermöglicht habe. Dies hinzunehmen, sei die Antragstellerin auch weiterhin bereit. Es sei hingegen nicht erkennbar, was das vorzugswürdige Interesse der Beigeladenen sei solle, dieses bestehende Austauschverhältnis massiv zu Lasten der Antragstellerin zu stören. Es sei ihr zuzumuten, den Übergang auch an dessen Nordseite in einer Glas-, Stahl-Bauweise auszuführen.
Diese Klage wird unter dem Aktenzeichen M 8 K 19.5906 geführt; über sie ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 20. März 2020 beantragte die Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. November 2019 (M 8 K 19.5906) anzuordnen.
Zur Begründung wurde u.a. vorgetragen, dass die baulichen Maßnahmen zur Umsetzung des genehmigten Bauvorhabens im Innern des Bestandes bereits durchgeführt würden, so dass damit zu rechnen sei, dass in absehbarer Zeit mit der Aufnahme der Außenarbeiten begonnen werde. Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen nachbarschützende Normen sei in der Klagebegründung dargelegt worden; die Klage sei offensichtlich begründet. Daher sei dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage stattzugeben. Zudem sei bereits auf die wechselseitige Interessenlage hingewiesen worden. Das Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin wurde zudem für den Fall offener Erfolgsaussichten der Klage näher ausgeführt. In diesem Zusammenhang wurde mitgeteilt, dass die Antragstellerin versucht habe, die Antragsgegnerin dazu zu veranlassen, die Beigeladene zu verpflichten, den Übergang an der Nordseite als transparente Glas-, Stahlkonstruktion auszuführen. Hierauf habe die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27. Februar 2020 mitgeteilt, dass die streitgegenständliche Grenzwand den gesetzlichen Vorgaben der Bayerischen Bauordnung an den Brandschutz entspreche und es insofern nicht möglich sei, die Beigeladene durch einen Ergänzungsbescheid zu einer anderen Ausführung der Brandwand zu verpflichten. Hierzu wurde erläutert, dass dies sachlich falsch sei. Eine transparente Ausführung sei möglich, da Brandschutzverglasungen zulässig seien, wenn diese die Anforderungen an eine Brandwand erfüllten.
Mit Schreiben vom 30. März 2020 legte die Antragsgegnerin die Akten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Die angefochtene Baugenehmigung sei nach summarischer Überprüfung rechtmäßig und verletze keine drittschützenden Rechte. Es werde vollumfänglich auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Klageverfahrens M 8 K 19.5906 und der von der Antragsgegnerin übermittelten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der (Teil-)Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. November 2019, ist zwar zulässig, jedoch unbegründet und hat damit in der Sache keinen Erfolg. Nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist eine für den Erfolg der (Teil-)Anfechtungsklage erforderliche Verletzung von Rechten der Antragstellerin, die zum Prüfungsumfang des Genehmigungsverfahrens gehören, nicht ersichtlich (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog, Art. 60 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO)), so dass das Interesse an der Vollziehung der Baugenehmigung vom 15. November 2019, auch soweit sie die Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss betrifft, gegenüber dem Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegt.
1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Nr. 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1. VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 146; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 ff.). Dabei stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Genehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 89 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zu Gunsten des Nachbarn aus, erweist sich die angefochtene Baugenehmigung also nach summarischer Prüfung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – juris). Hat dagegen die Anfechtungsklage des Nachbarn mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, so ist das im Rahmen der vorzunehmenden und zu Lasten des jeweiligen Antragstellers ausfallenden Interessensabwägung ein starkes Indiz für ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an der sofortigen Vollziehung der ihm erteilten Baugenehmigung (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18). Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011, a.a.O.).
2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zudem zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
3. Dies zugrunde gelegt, überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin nicht gegenüber entgegenstehenden Vollzugsinteressen der Beigeladenen. Denn die Klage der Antragstellerin wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben. Sie erweist sich voraussichtlich als unbegründet. Der (teilweise) angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin – die Baugenehmigung vom 15. November 2019 – verletzt die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten, sodass ihr auch kein Anspruch auf (auch nur teilweise) Aufhebung dieser Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus der Uneindeutigkeit der Bauvorlagen bzw. der Unbestimmtheit der Baugenehmigung.
a) Die der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen sind, soweit sie die Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss betreffen, nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise uneindeutig und die streitgegenständliche Baugenehmigung ist, soweit sie sich auf die Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss bezieht, nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt.
aa) Eine Baugenehmigung ist gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO zu erteilen und darf auch nur erteilt werden, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Dies setzt voraus, dass das Bauvorhaben auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann. Denn Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 ). Zudem müssen Baugenehmigungen nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) inhaltlich hinreichend bestimmt sein, sodass sie vollständig, klar und unzweideutig sind. Dies bedeutet, dass die im Genehmigungsbescheid getroffene Regelung und damit auch der Inhalt, die Reichweite und der Umfang der genehmigten Nutzung für die Beteiligten des Verfahrens – gegebenenfalls nach Auslegung (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19) – eindeutig zu erkennen sein müssen (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten und sonstige Unrichtigkeiten in den eingereichten Bauvorlagen gehen daher zu Lasten des Bauherrn (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ). Vor diesem Hintergrund darf, wenn sich bei der Prüfung durch die Behörde herausstellt, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57; B.v. 16.5.2018 – M 8 E 18.1233 – juris Rn. 32).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 84 m.w.N. ). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Unvollständigkeit, Unrichtigkeit bzw. Uneindeutigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.1996 – 2 B 94.1513 – BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; B.v. 25.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 14; VGH Mannheim, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8).
bb) Dies zugrunde gelegt, sind die von der Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen hinsichtlich der geplanten Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise uneindeutig und ist die auf deren Grundlage unter anderem hierfür erteilte Baugenehmigung vom 15. November 2019 nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung insoweit hinreichend bestimmt im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist und die Bauvorlagen insoweit den Anforderungen des Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. der Bauvorlagenverordnung, insbesondere § 8 Abs. 4 i.V.m. Anlage 1 BauVorlV entsprechen. Denn es ist aus nachbarrechtlicher Sicht vorliegend unerheblich, ob die dem Grundstück der Antragstellerin zugewandte Außenwand des Übergangs im ersten Obergeschoss als massive Wand oder als Glas-Stahl-Konstruktion ausgeführt wird. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots kommt in beiden Ausführungsvarianten nicht in Betracht.
aaa) Das Gebot der Rücksichtnahme ist grundsätzlich als objektiv-rechtliche Anforderung zu verstehen und verleiht daher grundsätzlich auch keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Es gewährt jedoch ausnahmsweise dann Nachbarschutz, soweit in dadurch qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf besondere Rechtspositionen Dritter Rücksicht zu nehmen ist oder, unabhängig von der besonderen rechtlichen Schutzwürdigkeit der Betroffenen, ihr Betroffensein wegen der gegebenen Umstände so handgreiflich ist, dass dies die notwendige Qualifizierung, Individualisierung und Eingrenzung bewirkt (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 28).
Dies gilt unabhängig davon, ob das Rücksichtnahmegebot vorliegend § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) oder dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der Baunutzungsverordnung entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 4 B 68/08 – juris Rn. 4).
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bei der Ineressengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22).
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass aus dem Rücksichtnahmegebot kein Recht des Nachbarn abzuleiten ist, dass in seiner Nachbarschaft nur objektiv rechtmäßige Bauvorhaben entstehen (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 26). Das Rücksichtnahmegebot legt dem Bauherrn zudem auch keine Pflicht auf, generell die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen (BVerwG, B.v. 26.6.1997 – 4 B 97/97 – juris Rn. 6). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn schließlich auch nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Denn eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 7.2.2012 – 15 CE 11.2865 – juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 14; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7).
In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des geneh-migten Vorhabens aufgrund seiner Höhe bzw. seines Volumens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ würde (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris Rn. 38; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris Rn. 15).
bbb) Gemessen hieran ist das streitgegenständliche Bauvorhaben, d.h. die Errichtung eines Übergangs im ersten Obergeschoss und dabei insbesondere auch die geplante nördliche Außenwand des Übergangs zwischen dem Haupt- und dem Nebengebäude, selbst wenn sie hinsichtlich ihrer Bauweise nicht hinreichend eindeutig und bestimmt in einer Glas-Stahl-Konstruktion geplant und genehmigt worden sein sollte und infolgedessen durch die Baugenehmigung vom 15. November 2019 eine Ausführung in massiver Ziegelbauweise nicht eindeutig ausgeschlossen sein sollte, nicht rücksichtslos gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin. Dies folgt aus einer Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. zur Einschlägigkeit dieses Maßstabs ausdrücklich BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13).
Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „erdrückenden“ bzw. „abriegelnden“ Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 14; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; B.v. 10.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 27). Eine solche Wirkung kommt daher vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 9; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 28; B.v. 10.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 27). Ein Vorhaben übt grundsätzlich dann „erdrückende“ bzw. „einmauernde“ Wirkung gegenüber dem Nachbarn aus, wenn es in Höhe und Volumen ein Übermaß besitzt und auch nicht annähernd den vorhandenen Gebäuden gleichartig (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 5 m.w.N.) ist. Für die Annahme einer „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes besteht insofern grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – Rn. 5; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 14; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30). Dies gilt insbesondere dann, wenn beide Gebäude im dicht bebauten städtischen Bereich liegen (vgl. BayVGH, v. 20.4.2010 – 2 ZB 07.3200 – juris Rn. 3; B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5; U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 22; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9).
In Anwendung dieses Maßstabs hat das streitgegenständliche Bauvorhaben keinen „einmauernden“ oder „abriegelnden“ Effekt zu Lasten der Antragstellerin. Insbesondere weicht der geplante Übergang zwischen dem Hauptgebäude und dem Nebengebäude ausweislich des vorgelegten Lageplans und der Antrags- und Klagebegründung der Antragstellerin hinsichtlich Grundfläche und Höhenentwicklung nicht derart gravierend von der Umgebungsbebauung ab‚ dass er rücksichtslos wäre. Der Übergang erreicht nach den Bauvorlagen eine Gesamthöhe von 5,65 m (Plan „Ansicht West“ und „Schnitt A-A“). Diese Gesamthöhe bleibt nach dem Vortrag der Antragstellerin im Vergleich zu derjenigen des bestehenden und von der Antragstellerin ausdrücklich nicht als erdrückend empfundenen Übergangs unverändert. Zudem bleibt die Gesamthöhe des Übergangs deutlich hinter derjenigen des Gebäudes auf dem Grundstück der Antragstellerin zurück, das eine Wandhöhe von ca. 15,5 m aufweist (vgl. Plan „Ansicht West“). Insofern kann bezogen auf den Übergang zwischen dem Haupt- und dem Nebengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück, auf der Grundlage von Google Maps auch unter Berücksichtigung der sonstigen Gebäude und insbesondere der rückwärtigen Bebauung im Geviert, weder eine extreme Gebäudehöhe noch ein erheblicher und zudem zugunsten des streitgegenständlichen Bauvorhabens ausfallender Höhenversatz im Vergleich zur Nachbarbebauung und damit auch zum jedenfalls teilweise gewerblich genutzten Gebäude (Bäckerei und Café) auf dem Grundstück der Antragstellerin festgestellt werden. Vielmehr ist der geplante Übergang auf dem Zwischengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück deutlich niedriger als das Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin. Zwar erstreckt sich das Zwischengebäude mit dem Übergang auf seiner gesamten Länge von ca. 7,5 m unmittelbar entlang der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin und ist die Bebauungstiefe auf dem streitgegenständlichen Grundstück insgesamt höher als auf demjenigen der Antragstellerin. Allerdings ist das Grundstück der Antragstellerin aufgrund der Höhe des dort bestehenden Gebäudes und seiner Grundfläche massiver bebaut als das streitgegenständliche. Zudem wahren das Zwischengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück und der darauf geplante Übergang zur nicht kommun an das Hauptgebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück angebauten südlichen Außenwand des Gebäudes der Antragstellerin einen Abstand von ca. 7,0 m (abgegriffen aus dem Lageplan). Insofern ist nach den insoweit maßgeblichen Hauptkriterien nicht ersichtlich, inwiefern der geplante neue Übergang auf dem Zwischengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück aufgrund seiner Kubatur und seiner Situierung zulasten der Antragstellerin einen unzumutbaren „einmauernden“ oder „erdrückenden“ Effekt haben könnte. Bei den gegebenen Gebäudeabständen und nicht erheblich zu Lasten der Antragstellerin ausfallenden Unterschieden in den Gebäudehöhen – das Gebäude der Antragstellerin weist vielmehr eine mehr als dreimal so hohe Firsthöhe auf wie der geplante Übergang im ersten Obergeschoss – sowie unter Berücksichtigung des Volumens und der damit verbundenen Massivität der Bebauung (auch) auf dem Grundstück der Antragstellerin kann weder von einer erdrückenden bzw. abriegelnden Wirkung noch von einem Einmauerungseffekt zulasten der Antragstellerin gesprochen werden. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass sich das streitgegenständliche Bauvorhaben und das Anwesen der Antragstellerin in einem extrem dicht besiedelten städtischen Bereich befinden. Ein Verschattungseffekt als typische Folge der Bebauung ist insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze in der Regel nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 24; B.v. 16.10.2012 – 1 CS 12.2036 – juris Rn. 5; U.v. 18.7.2014 – 1 N 13.2501 – juris Rn. 34; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 f.; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 28 m.w.N.; OVG Bremen, B.v. 19.3.2015 – 1 B 19/15 – juris Rn. 19; SächsOVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 19). Dass diese Grenze vorliegend aufgrund einer besonderen Belastungswirkung im konkreten Fall überschritten sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt erst Recht angesichts der im Vergleich zu einer reinen Wohnnutzung insoweit weniger schutzwürdigen gewerblichen Nutzung jedenfalls des Erdgeschosses des Anwesens der Antragstellerin. Zudem bestehen auch keine speziellen Geländeverhältnisse, etwa in Form eines deutlichen Höhenunterschieds zwischen dem streitgegenständlichen Grundstück und dem der Antragstellerin, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten. Besonders deutlich wird das Fehlen einer „Einmauerung“ zulasten der Antragstellerin, wenn man die Fälle in Blick nimmt, in denen die Rechtsprechung das Vorliegen einer „erdrückenden“ bzw. „abriegelnden“ Wirkung bejaht bzw. ebenfalls verneint hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalbgeschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; BayVGH, B.v. 5.2.2015 – 2 CS 14.2456 – juris Rn. 33: keine erdrückende Wirkung eines ca. 160 m langen Baukörpers mit einer Höhe von 6,36 m bis 10,50 m und einem Abstand von 13 – 16 m zum Gebäude des Nachbarn; BayVGH, B.v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 9: keine erdrückende Wirkung eines 33,3 m langen Baukörpers mit einer maximalen Höhe von 11 m und einem Abstand von mindestens 15 m zur Baugrenze auf dem Nachbargrundstück). Bei der gegebenen Sachlage ist nicht ersichtlich, dass der geplante neue Übergang zwischen Hauptgebäude und Nebengebäude dem benachbarten, jedenfalls teilweise gewerblich genutzten Gebäude der Antragstellerin förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Nachbargebäude der Antragstellerin nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 28).
Auch mit Blick auf die der Baugenehmigung vom 15. November 2019 möglicherweise nicht mit der gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG gebotenen Bestimmtheit zu entnehmende Bauweise der nördlichen Außenwand des geplanten neuen Übergangs über dem Zwischengebäude ist, betrachtet man die für eine einmauernde oder erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens vorrangig maßgeblichen Parameter der Höhe, der Länge und der Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung, ebenfalls nicht ersichtlich, wie hierdurch auf dem Grundstück der Antragstellerin und insbesondere in dessen Hinterhof ein objektiv begründetes Gefühl des „Eingemauertseins“ in einem „Gefängnishof“ hervorgerufen werden könnte. Die eventuelle Ausführung der nördlichen Außenwand des Übergangs in massiver Bauweise – statt einer auch aus Sicht der Antragstellerin nicht unzumutbaren Stahl-Glas-Konstruktion – mag, ausweislich der von der Antragstellerin gewählten Formulierung, aus ihrer Sicht nachteilig sein. „Eingemauert“ oder „erdrückt“ wird sie durch das Vorhaben des Beigeladenen aber auch dadurch nicht. Das Rücksichtnahmegebot legt dem Bauherrn gerade keine Pflicht auf, generell die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.1997 – 4 B 97/97 – juris Rn. 6). Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse durch die (eventuelle) Ausführung der nördlichen Außenwand des Übergangs in Massivbauweise ist im Vergleich zum Bestand auch nicht erkennbar. Auch der bislang bestehende Übergang hat trotz seiner Glas-Stahl-Konstruktion auch an seiner Nordseite, die nicht vollständig transparent ist, ausweislich der vorgelegten Fotos einen spürbaren Verschattungseffekt auf den Hinterhof des Anwesens der Antragstellerin. Die Belichtung und Besonnung aus südlicher Richtung ist bereits erheblich einschränkt, weshalb sie durch die eventuelle Ausführung der nördlichen Außenwand des neuen Übergangs in massiver Bauweise nicht merklich verschlechtert wird. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass eine und zudem so enge Hinterhofsituation in einem dicht bebauten Bereich generell mit beschränkten Ausblickmöglichkeiten sowie Verschattungseffekten verbunden ist. Eine massive Bauweise der nördlichen Außenwand des Übergangs mag für die Antragstellerin zwar bauästhetisch unbefriedigend und jedenfalls als störender empfunden werden als die bisher bestehende Glas-Stahl-Konstruktion. Mangels mit dessen Erneuerung einhergehender Änderung der für eine „einmauernde“ bzw. „erdrückende“ Wirkung entscheidenden Parameter und der ebenfalls nur sehr bedingten Lichtdurchlässigkeit einer Glas-Stahl-Konstruktion – jedenfalls, sofern wie beim bestehenden Übergang kein Klarglas verwendet wird – wird das Gebäude der Antragstellerin dadurch aber nicht „eingemauert“ oder „erdrückt“ (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 13).
b) Eine Verletzung sonstiger, auch dem Schutz der Antragstellerin dienender und zum Prüfprogramm des vorliegend einschlägigen Baugenehmigungsverfahrens gehörender Vorschriften durch das streitgegenständliche Bauvorhaben, d.h. den neuen Übergang zwischen dem Hauptgebäude und dem Nebengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück, ist weder vorgetragen noch – nach der gebotenen summarischen Prüfung – ersichtlich. Insbesondere ist für die nördliche Außenwand des Übergangs gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsfläche erforderlich, so dass die Antragstellerin durch die Nichteinhaltung einer Abstandsfläche nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. In der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Grundstücks finden sich beispielsweise auf den Grundstücken FlNrn. …, …, … und … Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand mit einer noch deutlich größeren Bebauungstiefe (vgl. Lageplan) und – soweit nach Google Maps ersichtlich – ähnlicher oder gar größerer Gebäudehöhe.
4. Mangels ersichtlicher Rechtsverletzung der Antragstellerin durch den von der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 15. November 2019 umfassten Übergang im ersten Obergeschoss zwischen dem Hauptgebäude und dem Nebengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück kann dahinstehen, ob die von der Antragstellerin mit ihrer Teilanfechtungsklage begehrte Teilaufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 15. November 2019 überhaupt in Betracht kommt. Baugenehmigungen sind in aller Regel nicht in dem Sinne teilbar, dass Verstöße gegen Nachbarrechte schützende Normen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO („soweit“) nur zu einer Teilaufhebung führen könnten (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.1998 – 26 CS 98.338 – juris Rn. 13; B.v. 26.10.2009 – 2 CS 09.2121 – juris Rn. 14; B.v. 10.5.2012 – 2 CS 12.795 – juris Rn. 33). Eine solche ist vielmehr nur ausnahmsweise möglich und setzt voraus, dass eine Teilung der Anlage bautechnisch möglich und mit ihrer vom jeweiligen Bauherrn bestimmten Funktion zu vereinbaren ist (vgl. König, in: Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 11 m.w.N.).
5. Nach alledem überwiegt mangels Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Teilanfechtungsklage der Antragstellerin das Interesse an der Vollziehung der Baugenehmigung vom 15. November 2019 gegenüber dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Teilanfechtungsklage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. November 2019 daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich insoweit auch keinem Kostenrisiko unterworfen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Es entspricht daher billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Ziffern 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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