Baurecht

Eilantrag des Nachbarn gegen isolierte Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans

Aktenzeichen  M 9 SN 19.4722

Datum:
6.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 13729
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3 S. 2
BayBO Art. 63 Abs. 2 S. 1
BauGB § 31 Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Befreiung von Baugrenze (Drittschützende Wirkung der Festsetzung verneint). (Rn. 14 – 30)
1. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des Gebots der Rücksichtnahme (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung objektiv rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung und Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen sind in der Regel nicht nachbarschützend, außer sie sollen nach dem erkennbaren Willen der Gemeinde als Planungsträger diese Wirkung haben. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Gegen geringfügige Befreiungen von in älteren Bebauungsplänen festgesetzten Bauräumen für Garagen bestehen keine Bedenken, wenn dies aufgrund der Entwicklung hin zu größeren Automodellen notwendig ist. (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei Vorhaben, die die bauordnungsrechtlichen Vorgaben des Abstandsflächenrechts einhalten, wird in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme im Regelfall nicht verletzt ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für das Nachbargrundstück erteilte isolierte Befreiung von einer Festsetzung eines Bebauungsplans zur Errichtung zweier Garagen und eines Stellplatzes.
Die isolierte Befreiung bezieht sich auf das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück FlNr. 46/18, Gemarkung U. (inzwischen aufgeteilt in die FlNr. 46/18 und FlNr. 46/29; i. F.: Vorhabengrundstück). Der Antragsteller ist Eigentümer des südlich vom Vorhabengrundstück liegenden Grundstücks FlNr. 46/7, Gemarkung U. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplan Nr. 52, in der Fassung der 6. Änderung vom 12.3.2002 (i. F. Bebauungsplan) der Antragsgegnerin. Mit der 6. Änderung des Bebauungsplans erfolgte unter anderem für das Vorhabengrundstück eine Nachverdichtung. Nach der Begründung zum Bebauungsplan vom 19. November 2001 sollte sich eine Verdopplung der Wohneinheiten ergeben. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Stellplatzproblematik nur über das Vorsehen von Duplex oder Doppelparker gelöst werden könne. Auf dem Vorhabengrundstück wurden im Rahmen der zeichnerischen Festsetzungen an der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenze jeweils Bauräume für Doppelgaragen festgesetzt.
Mit Antrag vom 8. Juli 2019 beantragte die Beigeladene eine isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. An der Nordgrenze des Grundstücks sollte statt der im Bebauungsplan vorgesehenen Duplexparkgarage eine Einzelgarage mit Stellplatz Richtung Westen errichtet werden. An der Südgrenze sollte der im Bebauungsplan vorgesehene Bauraum für eine Duplexparkgarage von 3,00 × 6,00 m auf 3,20 m × 6,20 m vergrößert werden.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28. August 2019, dem Antragssteller am 29. August 2019 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt, erteilte die Antragsgegnerin die beantragte isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Die Antragsgegnerin sei nach Art. 63 Abs. 3 BayBO wegen der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 15 Buchst. b BayBO sachlich zuständig. Die notwendigen Befreiungen vom Bebauungsplan nach § 31 Abs. 2 BauGB könnten erteilt werden. Der Vergrößerung des Bauraumes für die südliche Duplexparkgarage werde zugestimmt, da zu berücksichtigen sei, dass der Bebauungsplan im Jahre 2002 beschlossen worden sei und zwischenzeitlich für die Unterbringung von größeren Automodellen größere Anlagen erforderlich seien. Der Errichtung einer Einzelgarage an der nördlichen Grundstücksgrenze werde zugstimmt, da ansonsten eine Verlegung einer Versorgungsleitung notwendig sei. Dies sei bei Entstehung des Bebauungsplans nicht bekannt gewesen.
Mit Schriftsatz vom 17. September 2019 hat der Antragsteller Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. August 2019 erhoben und Eilantrag gestellt. Er beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. August 2019 (Aktenzeichen: SG 41) wird angeordnet.
Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Die Antragsgegnerin habe den Antragsteller erst mit Schreiben vom 7. August 2019 über den Antrag informiert und ihm mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, die dazugehörigen Unterlagen in der Bauverwaltung der Antragsgegnerin einzusehen. Erst nach Zustellung des Bescheides, und nachdem der Antragsteller auf seinen Grad der Behinderung von 100% hingewiesen habe, seien ihm die Planzeichnungen am 5. September 2019 per E-Mail übersandt worden. Der Bauherr habe den Antragsteller nicht rechtzeitig über seine Pläne informiert und diese nicht zur Unterschrift vorgelegt. Der Begründung für die Befreiung für die Vergrößerung des Bauraumes könne nicht gefolgt werden. Es habe schon jeher größere Automodelle gegeben. Die Argumentation der Antragsgegnerin sei eine Pauschalannahme und nicht belegt. Der richtige Weg sei eine Änderung des Bebauungsplans, wenn eine solche Vergrößerung des Bauraumes wirklich aufgrund größerer Automodelle geboten sei.
Die Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bei einer nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO fehlerhaften Nachbarbeteiligung könne ein Nachbar nur einen zulässigen Rechtsbehelf erheben, wenn er gleichzeitig die Verletzung eigener materiellen Recht geltend mache. Rechtsfolge einer fehlenden Nachbarbeteiligung sei alleine die Notwendigkeit einer Zustellung der isolierten Befreiung nach Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO an den Nachbarn. Die zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans zu den Duplexgaragen hätten keine nachbarschützende Wirkung. Auch unter Berücksichtigung des Gebots der Rücksichtnahme sei der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Der Antragsteller habe hierzu nichts vorgetragen. Außerdem halte die Garage die Vorgaben der BayBO zu den Abstandsflächen ein, da die Garage nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO ohne eigene Grundstücksgrenzen errichtet werden dürfe. Da keine besonderen Umstände vorlegen, sei deswegen für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kein Raum mehr.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.
Die Drittanfechtungsklage wird nach summarischer Prüfung erfolglos bleiben, sodass das Vollzugsinteresse überwiegt. Die allein streitgegenständliche isolierte Befreiung vom 28. August 2019 verletzt den Antragsteller nicht in seinen subjektiven-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Befreiung kann nur dann Erfolg haben, wenn diese Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Befreiung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Verfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (VG München, U.v. 6.6 2018 – M 9 K 17.5750 – juris).
Die isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, da eine ggf. fehlerhafte Nachbarbeteiligung jedenfalls geheilt wurde (a), von keinen drittschützenden Festsetzungen befreit wurde und das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt wird (b).
a) Der Antragsteller ist nicht durch eine fehlerhafte Nachbarbeteiligung nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BayBO in eigenen Rechten verletzt.
Nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind die Eigentümer der benachbarten Grundstücke vom Bauherrn oder seinem Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Fehlt die Unterschrift des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks, kann ihn die Gemeinde auf Antrag des Bauherrn von dem Bauantrag benachrichtigen und ihm eine Frist für seine Äußerung setzen (Art. 66 Abs. 1 Satz 3).
Der Antragsteller hat vorgetragen, dass die Beigeladene ihm den Lageplan und die Bauzeichnungen nicht zur Unterschrift vorgelegt hat. Dies hat der Antragsteller mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2019 der Antragsgegnerin mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass er wegen seiner Schwerbehinderung keine Möglichkeit habe den Termin zur Einsichtnahme bei der Antragsgegnerin wahrzunehmen.
Letztlich kann offenbleiben, ob durch die Möglichkeit der Einsichtnahme bei der Antragsgegnerin eine Vorlage nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO erfolgt ist oder ob der Antragsteller ein Recht auf Zusendung der Unterlagen hatte (für einen Anspruch auf Zusendung bei auswärts wohnenden Nachbarn Dirnberger in: Simon/Busse: 135. EL Dezember 2019, BayBO Art. 66 Rn. 119).
Ein durch die fehlende Nachbarbeteiligung resultierender Verfahrensfehler wurde nämlich jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG nachträglich geheilt (vgl. VG München, B.v. 3.12.2012 – M 8 SN 12.4641 – juris Rn. 22). Die entsprechenden Unterlagen wurden dem Antragsteller mit E-Mail vom 5. September 2019 übersandt und er hatte im Rahmen des vorliegenden Eilantrags die Möglichkeit zur Stellungnahme.
b) Materiell rechtlich verletzt die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans den Antragsteller ebenfalls nicht.
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder
2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Im Rahmen der Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB richtet sich die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Nachbarrechtsbehelfs danach, ob von nachbarschützenden oder von nicht nachbarschützenden Vorschriften befreit wird. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – BauR 2013, 2011). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung objektiv rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – NVwZ-RR 1999, 8).
Für Festsetzungen eines Bebauungsplans ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob und inwieweit die Festsetzung Drittschutz vermitteln will. Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung und Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen sind in der Regel nicht nachbarschützend, außer sie sollen nach dem erkennbaren Willen der Gemeinde als Planungsträger diese Wirkung haben (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2018 – 1 ZB 18.695 – juris Rn. 4). Zu einem solchen Willen der Antragsgegnerin hat der Antragsteller nichts vorgetragen und eine solcher ist aus den Unterlagen auch nicht erkennbar. Nach der Begründung des Bebauungsplans dienten die geplanten Doppelgaragen alleine der Lösung der Stellplatzproblematik im Rahmen der Nachverdichtung.
Mangels Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist damit schon unbeachtlich, ob – wie der Antragsteller scheinbar meint – ein Grundzug der Planung berührt ist. Dies ist im Rahmen des vorliegenden Nachbarrechtsbehelfs nicht zu überprüfen. Eine deswegen nach Ansicht des Antragstellers notwendige Änderung des Bebauungsplans kann er nicht rügen. Unbeachtlich ist ebenfalls, ob der Antragsgegner die Begründung für die Befreiung für überzeugend hält. Gleichwohl sei hier angemerkt, dass das Gericht keine Bedenken gegen geringfügige Befreiungen von in älteren Bebauungsplänen festgesetzten Bauräumen für Garagen hat, wenn dies aufgrund der Entwicklung hin zu größeren Automodellen notwendig ist.
Damit kann sich der Antragsteller allein auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nach § 31 Abs. 2 BauGB a. E. i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO berufen.
Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris).
Hierbei ist zunächst festzustellen, dass die Doppelgarage nach Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO ohne eigene Abstandsflächen zulässig ist. Bei Vorhaben, welche die bauordnungsrechtlichen Vorgaben des Abstandsflächenrechts einhalten, wird aber in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.1999 – 4 B 128/98 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris).
Besondere Umstände, weshalb die Doppelgarage an der Grenze zum Grundstück des Antragstellers unzumutbar ist, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Letztlich ist die Garage nur unwesentlich größer als im Bebauungsplan vorgesehen (20 cm pro Wand).
Bezüglich der Befreiungen bei der nördlichen Garage hat der Antragsgegner nichts vorgetragen, insoweit ist erst recht keine Verletzung in eigenen Rechten erkennbar. Die Anfechtungsklage in der Hauptsache ist in diesem Umfang wohl schon unzulässig, da diesbezüglich keine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend gemacht wurde und dennoch die Aufhebung des gesamten Bescheides beantragt wurde.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Antragsteller aufzuerlegen hätte nicht der Billigkeit entsprochen, da sich die Beigeladene mangels Antragstellung in kein Kostenrisiko begeben hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog.


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