Baurecht

Eilrechtsschutz gegen Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung

Aktenzeichen  M 17 S 16.1243

Datum:
27.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 51011
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 3 Abs. 2, § 17, § 18, § 20
BayAbfG Art. 5 Abs. 1 S. 1
GG Art. 12 Abs. 1
AEUV Art. 106 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1. § 17 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 KrWG ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nur vereinbar, wenn die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleibt und die Prüfung im Einzelfall erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Überwiegende öffentliche Interessen stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe, hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung eines gewerblichen Anbieters nicht wesentlich leistungsfähiger ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG erfordert eine einschränkende Auslegung. Es genügt nicht jede geringfügige Auswirkung der gewerblichen Sammlungen auf die haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wird hinsichtlich Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 wiederhergestellt und hinsichtlich Nr. 3 des Bescheides vom 10. Februar 2016 angeordnet.
II.
Der Antragsgegner und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Altkleidersammlung im Landkreis S..
Mit Schreiben vom 3. September 2015, eingegangen am 8. September 2015, zeigte die Antragstellerin beim Landratsamt S. (Landratsamt) eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen aus privaten Haushaltungen mittels 20 Containern im Landkreis S., mit einer Jahressammelmenge von ca. 39 t an (vgl. Übersicht über das geplante Sammlungsgebiet, Bl. 9 der Behördenakte – BA). Die Antragstellerin habe einen Andienungsvertrag mit der Schwestergesellschaft … Textilhandels- und Recycling GmbH zur Verwertung von Alttextilien geschlossen. Diese sei als Entsorgungsfachbetrieb für das Lagern, Behandeln und Verwerten von Bekleidung und Textilien zertifiziert und betreibe das zweitgrößte Textilsortierwerk Deutschlands mit einer Kapazität von rund 23.000 t pro Jahr. Die Sortierung werde in einem drei- bis vierstufigen Sortierprozess in bis zu 250 Sorten durchgeführt. 5% der Ware könne als sogenannte Creme-Qualität in dem eigenen …-Shop wiedervermarktet werden. 56% werde als Second-Hand-Kleidung überwiegend nach Osteuropa und Afrika geliefert. 10% Putzlappen würden überwiegend an die Industrie vertrieben, 19% als Rohstoffe an verschiedene spezialisierte Aufbereitungsunternehmen vor allem in Europa geliefert (u. a. Dachpappe, Vliesstoffe etc.) und ca. 10% würden als Residualstoffe an zwei Ersatzbrennstoffaufbereitungsdienstleister (Kieswerke Delitzsch GmbH; RECOTEX Recycling GmbH) zur Aufbereitung abgegeben (Bl. 7 f. BA).
Mit Schreiben vom 5. November 2015 teilte der Beigeladene dem Antragsgegner in seiner erbetenen Stellungnahme mit, dass die Antragstellerin derzeit für ihn als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger die Sammlung und Verwertung von Alttextilien im Landkreis im Rahmen einer Drittbeauftragung übernehme. Daher werde die Zuverlässigkeit des Anzeigenden zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Seit der Übernahme der drittbeauftragten Firma durch die Antragstellerin habe sich jedoch das Geschäftsgebaren des Vertragspartners geändert. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit könne durchaus herangezogen werden, dass die Anzeige einer gewerblichen Sammlung parallel zum laufenden kommunalen Auftrag eine Vertragsverletzung im Sinne von § 241 BGB darstelle. Die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung stelle eine Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Beigeladenen dar. Die Antragstellerin sei der Bitte des Beigeladenen, den Beginn der Sammlung auf den … … 2016 (nach Beendigung des laufenden Vertrags) zu legen, nicht nachgekommen. Daher sei davon auszugehen, dass die Vertragsverletzung entweder vorsätzlich stattfinde oder billigend zur Durchführung wirtschaftlicher Interessen in Kauf genommen werde. Der Verwertungsweg sei durch die Antragstellerin zudem unzureichend offengelegt. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Bereits durch gemeinnützige Sammlungen würden dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Landkreis S. derzeit wesentliche Mengen entzogen. Summiere man nur die Schätzwerte aus der Containersammlung auf Basis der eigenen Erkenntnisse (4 t pro Container), entstehe (durch die gemeinnützigen Sammlungen) eine Gesamtbelastung von 344 t pro Jahr, also 61% der Sammelmenge. Die maximale Sammelmenge der Antragstellerin von 39 t pro Jahr werde angezweifelt. Entsprechend der Erkenntnislage könne pro Sammelcontainer von einer Menge von 4 t pro Jahr ausgegangen werden, was bei 20 Sammelcontainern insgesamt einer zusätzlichen Belastung von 80 t pro Jahr entspreche.
Auf das Anhörungsschreiben des Landratsamtes vom 11. November 2015 nahm der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 3. Februar 2016 dahingehend Stellung, dass sämtliche Sammelware aus S. an die Schwesterfirma … Textilhandels- und Recycling GmbH in … geliefert werde, dort die Ware sortiert und anschließend exportiert werde. Eine „Verwertung“ in den im Ausland genannten Betrieben finde somit nicht statt. Dies folge aus dem zwischen der Antragstellerin und der … Textilhandels- und Recycling GmbH abgeschlossenen Rahmenvertrag über die Dauerabnahme von Gebrauchtkleidung und Gebrauchttextilien vom … bzw. … … 2015 (Bl. 54 BA). Die gesammelte Ware werde damit an die Firma … geliefert, von dort zur Wiederverwendung exportiert bzw. zur Produktion von Neuartikeln (z. B. Putzlappen oder Ersatzbrennstoffe) aufbereitet und der Rest über die Firmengruppe … entsorgt, ebenfalls ein bundesweit agierender zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung der Antragstellerin nicht entgegen. Dass der Beigeladene eine gewisse Qualität bei der Sammlung an den Tag zu legen habe, sei selbstverständlich, da ansonsten die Behandlung der Gebrauchtkleidung im Sinne der Vorgaben des KrWG nicht gewährleistet sei. Die Antragstellerin plane die Aufstellung von 40 Containern (später berichtigt: 20 Container). Damit sei die Funktionsfähigkeit der Containersammlung des Beigeladenen nicht beeinträchtigt. Dies ergebe sich daraus, dass der Beigeladene trotz gewerblicher Sammlungen seine Containeranzahl vermehrt habe. Zudem habe der Beigeladene die Möglichkeit, die lukrativen öffentlichen Plätze zu belegen, für die gewerbliche Sammler keine Erlaubnis der Kommunen erhielten. Damit ergebe sich eine natürliche Einschränkung der Möglichkeiten von gewerblichen Sammlern. Wenn die Antragstellerin den „Wunsch“ äußere, 40 Container aufzustellen, so resultiere dies daraus, dass nach dem Gesetz der größtmögliche Sammlungsumfang anzugeben sei.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2016, zugestellt am 16. Februar 2016, untersagte das Landratsamt der Antragstellerin, gewerbliche Sammlungen von Alttextilien und Altschuhen aus privaten Haushaltungen im Landkreis S. durchzuführen. Gewerbliche Sammlungen im Landkreis S. sind bis spätestens einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides einzustellen. Für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist die vorgenannte Tätigkeit bis spätestens einer Woche nach Bestandskraft des Bescheides einzustellen (Nr. 1). Der Sofortvollzug wurde angeordnet (Nr. 2). In Nr. 3 wurde bei Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht. Der Beigeladene führe bereits eine hochwertige Erfassung und Verwertung für die von der Sammlung der Antragstellerin betroffenen Alttextilien und -schuhe durch. Im Jahr 2014 habe der Beigeladene 560 t Alttextilien an 78 Standorten mit 134 Containern im Landkreis S. gesammelt. Die Containerzahl sei aufgrund des gestiegenen Bedarfs vielerorts erhöht, Leerungsintervalle verkürzt worden. Die Antragstellerin sei nach Übernahme der … Textilhandels- und Erfassungs GmbH, die nach der Ausschreibung 2014 den Zuschlag erhalten habe, durch Vertrag als Dritter zur Beauftragung der Sammlung von dem Beigeladenen beauftragt worden. Da der bestehende Vertrag zum … … 2016 auslaufe, finde noch im ersten Halbjahr 2016 eine erneute Ausschreibung der Alttextilsammlung und -verwertung statt. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Antragstellerin angezeigte Sammlung mittels 40 Containern wesentlich leistungsfähiger sei, lägen nicht vor. Die angezeigte Sammlung würde, insbesondere auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit der Containersammlung durch den beauftragten Dritten des Beigeladenen gefährden. Seit Inkrafttreten des KrWG seien beim Landratsamt insgesamt 28 Anzeigen von gewerblichen und 9 gemeinnützigen Altkleidersammlern eingegangen. Falls diesen Sammlungen zugestimmt werden würde, sei zu erwarten, dass für die Containersammlung durch den beauftragten Dritten keine Mengen mehr zur Verfügung stünden, mit denen die bisherige hochwertige Erfassung gewährleistet werden könnte. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die Ausübung der gewerblichen Sammlung, die aufgrund der abgelaufenen Dreimonatsfrist seit Vorlage der vollständigen Anzeige derzeit zulässig sei, umgehend zu unterbinden, nachdem dieser überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Der Sofortvollzug sei im besonderen öffentlichen Interesse zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung erforderlich. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei unter Berücksichtigung der Gewinnerzielung angemessen.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. März 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 10. Februar 2016 in Gestalt einer Untersagung einer gewerblichen Sammlung im Landkreis S. wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vorliege, soweit das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde und gleichzeitig als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger fungiere. Zudem wurde im Detail begründet, aus welchen Gründen Alttextilien nicht unter den Abfallbegriff fielen. Bei dem Antragsgegner handele es sich darüber hinaus um kein nach Art. 106 Abs. 2 AEUV privilegiertes Unternehmen. Entgegenstehende öffentliche Interessen lägen nicht vor. Da Wertstoffhöfe an Sonn- und Feiertagen geschlossen seien, bedeuteten die am Straßenrand oder auf Parkplätzen von Supermärkten aufgestellten Container eine deutlich hochwertigere, im Sinne einer für den Verbraucher bequemere Erfassung. Indem der Antragsgegner auch andere Gegenstände, wie Fahrradhelme und Protektoren sammle, verstoße er gegen das Gebot der hochwertigen und vor allem getrennten Erfassung. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Abgabe von Gebrauchtkleidung von 12,5 kg pro Einwohner ergebe sich bei 131.218 Landkreiseinwohnern eine rechnerische Sammelmenge in Höhe von 1.640 t pro Jahr. Abzüglich der von dem Beigeladenen gesammelten Altkleidern (560 t) verblieben ca. 1.100 t, die eingesammelt werden könnten. Der Beigeladene schöpfe das Potential des Landkreises bei weitem nicht aus. Er unterlasse es auch, die jährlichen Steigerungsraten in der Sammlung von Alttextilien zu benennen. Hinzu komme, dass laut Antragsgegner gewerbliche Sammler auf öffentlichen Straßen und Plätzen keine Sammelplätze erhielten. Ausschließlich der Beigeladene erhalte diese hochfrequentierten im großen Maß vorhandenen Stellplätze. Bei Zugrundelegung eines Erlöses von 400,00 EUR pro Tonne fielen 160.000,00 EUR bei einem Gesamterlös des Beigeladenen von rund 13 Mio. EUR nicht ins Gewicht. Würde man heute der Antragstellerin die Sammlung untersagen, wäre ihr ein unwiederbringlicher Schaden entstanden, wenn das Bundesverwaltungsgericht in den beiden anhängigen Revisionsverfahren die Rechtslage zugunsten der Antragstellerin auslegen würde.
Mit Beschluss vom 15. März 2016 wurde der Zweckverband für Abfallwirtschaft im Landkreis S. zum Verfahren beigeladen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bezüglich der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beigeladenen und der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin werde auf die in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10. Februar 2016 (Seite 3 – 5) enthaltenen Ausführungen unter den Punkten Qualität, Effizienz, Umfang, Dauer, Verwertung sowie gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit verwiesen. Dem Beigeladenen würden aufgrund der „Summenwirkung“ der beabsichtigten gewerblichen Sammlung nicht nur geringfügige Abfallmengen entzogen. Maßgeblich seien nicht nur die vorhandenen, sondern auch die bisher lediglich angezeigten Sammlungen. Denn ansonsten würde die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vom Zufall abhängen, wie viele der Gewerbeunternehmen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits mit ihrer Sammlung begonnen hätten. Würde nämlich allein auf die Bestandssammlung abgestellt werden, müsste gegebenenfalls beim ersten Unternehmer, der seine Sammlung anzeige, noch von einer Untersagung Abstand genommen werden, obwohl aufgrund der bereits vorliegenden weiteren Anzeigen eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit unmittelbar bevorstehe. Die geplante Sammlung der Antragstellerin von 39 t pro Jahr entspreche einem Entzug von ca. 7%, so dass allein durch die angezeigte Sammlung die Schwelle zu einer wesentlichen Beeinträchtigung zwar nicht überschritten sei. Allein unter Heranziehung der im Landkreis bislang bekannten gewerblichen Sammler ergebe sich jedoch eine prognostizierte Abfallmenge von insgesamt knapp 692 t. Dies würde bedeuten, dass sämtliche Alttextilien den gewerblichen Sammlern zufallen würden. Seit Inkrafttreten des KrWG seien beim Landratsamt insgesamt 31 Anzeigen von gewerblichen Altkleidersammlern und 10 gemeinnützigen Altkleidersammlern eingegangen (vgl. Übersicht über angezeigte Altkleider- und Altschuhsammlungen; Bl. 121 ff. der Gerichtsakte – GA). Falls diesen Sammlungen zugestimmt werden würde, sei zu erwarten, dass für die Containersammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch den beauftragten Dritten keine Mengen mehr zur Verfügung stünden, mit denen die bisherige hochwertige Erfassung gewährleistet werden könnte. Insoweit wäre die Funktionsfähigkeit der Containersammlung durch den beauftragten Dritten erheblich gefährdet.
Der Antragsgegner teilte auf gerichtliche Anfrage mit Schreiben vom 21. April 2016 mit, dass im Landkreis S. derzeit keine gewerblichen Sammlungen neben der Sammlung des Beigeladenen zulässigerweise durchgeführt werden. Es sei zudem derzeit keine gewerbliche Sammlung im Landkreis S. angezeigt, welche noch nicht durchgeführt werden dürfe, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen sei. Es dürften derzeit zwei gewerbliche Sammlungen im Landkreis S. mit einem Umfang von 80 t und 300 kg nur deshalb nicht durchgeführt werden, weil gegen die Untersagung gerichtlich vorgegangen werde. Bei zuletzt genannter Sammlung sei anzumerken, dass die sofortige Vollziehung im Untersagungsbescheid nicht angeordnet worden sei. De facto sei eine gewerbliche Sammlung deshalb zulässigerweise möglich.
Der Beigeladene beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 2. Mai 2016,
den Antrag abzulehnen.
Im Jahr 2015 habe die Sammelmenge des Beigeladenen in Bezug auf Alttextilien 660 t betragen, im 1. Quartal 2016 177 t. Außerdem sei die Sammlung des Beigeladenen mittlerweile von 134 Sammelcontainern an 78 Standorten auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet worden. Im Weiteren wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Antragstellerin nicht vollständig dargelegt habe, dass die über ihre gewerbliche Sammlung erfassten Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Nach der Rechtsprechung des BayVGH sei eine lückenlose Kette des Verwertungsweges aufzuzeigen (BayVGH, U.v. 29.01.2015 – 20 B 14.666). Der gewerbliche Sammler müsse seine Vertragsverhältnisse mit einem Verwertungsunternehmen, das selbst über die erforderlichen Genehmigungen verfüge, offenlegen (OVG NW, U.v. 07.05.2015 – 20 A 2670/13). Nach wie vor fehle es an Angaben darüber, durch wen, an welchen Ort und auf welche Weise die aussortierten Abfälle entsorgt werden. Der allgemeine Hinweis auf die Firmengruppe … sei nicht ausreichend. Zudem bestünden Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder den für die Leitung und Beaufsichtigung der gewerblichen Sammlung Verantwortlichen. Die Antragstellerin habe nicht nur unvollständige Angaben zur Verwertung gemacht, sondern auch falsche bzw. in jedem Fall unglaubwürdige Aussagen zu der zu erwartenden Sammelmenge, indem sie angegeben habe, mit 40 Sammelcontainern lediglich 39 t pro Jahr an Alttextilien sammeln zu wollen. Dies widerspreche dem Sammelergebnis des Beigeladenen von ca. 4,2 t pro Jahr pro Container. Die abfallrechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin betreffe nur das hiesige Anzeigeverfahren gem. § 17, 18 KrWG, nicht ihre Eigenschaft als Drittbeauftragte. Denn im Vergabeverfahren habe sie ihre Verwertung vollständig offengelegt. Der Beigeladene führe eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durch. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die ausführliche Darstellung des Beigeladenen in seiner Stellungnahme vom … … 2015 zu Qualität, Effizienz, Umfang, Dauer, Verwertung und gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit verwiesen. Derzeit sei die Antragstellerin mit der Durchführung der Sammlung beauftragt. Der Vertrag laufe zum … … 2016 aus, weshalb im ersten Halbjahr 2016 eine neue Ausschreibung stattgefunden habe. Derzeit werde ein Vergabeverfahren mit Veröffentlichungsnummer 2016/S023-036786 durchgeführt; die Angebotsöffnung habe am … … 2016 stattgefunden. Von der Antragstellerin sei ein Angebot abgegeben worden. Dass das dargelegte System des Beigeladenen zur Erfassung und Verwertung von Alttextilien den Anforderungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genüge, habe das VG München bereits bestätigt (VG München, U.v. 24.10.2013 – M 17 K 13.2189). Dem stehe nicht entgegen, dass der Beigeladene eine Sammlung im Bringsystem durchführe (OVG NW, U.v. 21.09.2016 – 20 A 2220/14). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die Sammlung an Wertstoffhöfen kein Minus zu denjenigen im Stadt- und Straßenbild aufgestellten Containern. An den Wertstoffhöfen könnten die Bürger unterschiedliche Abfälle, hierunter auch Alttextilien, unter Aufsicht abgeben. Zudem verfüge der Beigeladene auch über weitere 61 Standorte außerhalb von Wertstoffhöfen, die der Bevölkerung rund um die Uhr zugänglich seien. Auch der weitergehende Einwand der Antragstellerin, nämlich dass der Beigeladene das im Entsorgungsgebiet bestehende Potential an vorhandenen Alttextilien nicht ausschöpfe, gehe ins Leere. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass pro Einwohner jährlich 12,5 kg Altkleidung anfielen und diese im Entsorgungsgebiet des Beigeladenen eine rechnerische Sammelmenge von rund 1.640 t pro Jahr ausmachten, stehe mit der Rechtsprechung fest, dass an den Ausbreitungsgrad keine allzu hohen Anforderungen gestellt würden (VG München, U.v. 07.11.2013 – M 17 K 13.6408, B.v. 09.08.2013 – M 17 S 13.1239, VG Köln, B.v. 25.01.2013 – 13 L 1706/12). Nicht ausreichend sollten hingegen zwei Annahmestellen für 90.000 Einwohner sein (VG Ansbach, U.v. 26.03.2014 – AN 11 K 13.01604). Diese Anforderungen würden durch den Beigeladenen jedoch bei weitem übertroffen. Hinzuweisen sei zudem darauf, dass der Beigeladene auch deshalb an der Erfassung höherer Mengen gehindert sei, weil bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine Abschöpfung der Wertstoffe durch illegale Sammlungen in unbekannter Höhe stattfinde. Wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein hochwertiges, haushaltsnahes, flächendeckendes und leistungsfähiges Erfassungssystem vorhalte, stelle jede konkurrierende gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationshoheit dar. Einer gesonderten Prüfung, ob eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorliege, bedürfe es nicht. Da die Antragstellerin lediglich mit 40 Sammelcontainern Alttextilien und -schuhe im Landkreis erfassen möchte, sei das Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich leistungsfähiger. Zwar mache die Sammelmenge von 39 t pro Jahr für sich genommen nur ca. 5,9% der kommunalen Sammelmenge des Beigeladenen in Höhe von 660 t pro Jahr aus, jedoch sei zu beachten, dass die angegebene Sammelmenge höchst unrealistisch erscheine. Gehe man davon aus, dass die Antragstellerin über ihre gewerbliche Sammlung die doppelte Menge (78 t pro Jahr) an Alttextilien erfasse, liege die Belastung des Beigeladenen bereits bei 11,8%. Damit wäre die in der Rechtsprechung häufig vertretene Wesentlichkeitsschwelle in Höhe von 10% bis 15% bereits an ihrer unteren Grenze überschritten. Nehme man weiter eine realistische Sammelmenge, wie sie auch vom Beigeladenen in seinem Gebiet erzielt wird, von 4,2 t pro Jahr und Container an, so gelange man bei 40 aufgestellten gewerblichen Sammelcontainern zu einem Mengenentzug von 168 t pro Jahr, was einer Gesamtbelastung des Beigeladenen von ca. 25,5% entspreche. Entgegen der Rechtsprechung des OVG NW (U.v. 21.09.2015 – 20 A 2219/14) könne es keine Rolle spielen, ob es sich um sogenannte Bestandssammlungen handele oder Abfälle durch gemeinnützige Sammlungen entzogen würden. Maßgeblich seien auch nicht nur die vorhandenen Altkleidersammlungen, sondern auch die bisher lediglich angezeigten Sammlungen (VG München, U.v. 24.10.2013 – M 17 K 13.2189). Allein auf gemeinnützige Sammlungen würden ca. 344 t pro Jahr Alttextilien entfallen, was bezogen auf die Sammelmenge im Jahr 2015 ca. 52% ausmache. Weiter gehe aus der als Anlage zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 5. April 2016 beigefügten Liste hervor, dass 18 gewerbliche Sammlungen eine Sammelmenge von insgesamt 692,4 t pro Jahr angezeigt hätten. Ziehe man von dieser Gesamtmenge diejenigen Mengen ab, die gewerblichen Sammlungen zuzuordnen seien, die ausweislich der Liste entweder rechtskräftig untersagt worden seien, die ihre Anzeige zurückgenommen hätten und deshalb keine Beeinträchtigung von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern mehr darstellten, so gelange man zu einer angezeigten Sammelmenge von insgesamt ca. 561,6 t pro Jahr. Damit überschreite die angezeigte gewerbliche Sammlung jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen – und zwar unabhängig davon, ob man gemeinnützige Sammlung in Betrachtung einbeziehe – bereits zum jetzigen Zeitpunkt jede bislang in Rechtsprechung und Literatur genannte Mengenschwelle erheblich. Der gewerblichen Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, da durch die Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen werde. Derzeit habe der Beigeladene einen Drittbeauftragten – die Antragstellerin – mit der Durchführung der Sammlung und Verwertung von Altkleidern beauftragt. Diese Vergabe hätten Mengenprognosen zugrunde gelegen, die zur Kalkulationsgrundlage des Bestbieters und derzeitigen Auftragnehmers geworden seien. Mit der Abschöpfung der Abfallmengen durch die gewerbliche Sammlung würden die Ergebnisse des Vergabeverfahrens unterlaufen. Dass die Antragstellerin selbst Drittbeauftragte sei, sei unschädlich bzw. verdeutliche umso mehr, dass es § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG widerspreche, wenn ein Unternehmen sich über seine offensichtlich profitträchtigeren gewerblichen Betätigungen in Konkurrenz zu seinem öffentlichen Auftraggeber stelle. Zudem verschaffe sich die Antragstellerin auch einen Wettbewerbsvorteil, indem sie unter Ausblendung des Vergabewettbewerbs, der geeignet sei, einen Markt herzustellen und auf dieser Grundlage in transparenter Weise Bestbieter zu ermitteln, Mengen abschöpfe, ohne dass sich dies aus Sicht eines geordneten und strukturierten Wettbewerbs rechtfertigen ließe. Die Durchführung einer gewerblichen Sammlung würde zudem die regelmäßige Ausschreibung erschweren, da eine für die Ausschreibung notwendige Angabe der zu verwertenden Abfallmengen gar nicht mehr möglich wäre. Das Interesse der Antragstellerin habe schon deshalb zurückzustehen, da sie bis zum heutigen Tage entgegen § 18 Abs. 2 KrWG keine vollständige Anzeige habe vorlegen können (VG Neustadt, B.v. 06.05.2013 – 4 L 318/13).
Der Bevollmächtige der Antragstellerin teilte mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 auf Anfrage des Gerichts mit, dass es sich um 20 Container handele, die die Antragstellerin aufstellen möchte. Die genannte Zahl von 40 Containern müsse auf einem Missverständnis beruhen. Es sei nicht mehr nachvollziehbar, wie es zu dieser Zahl gekommen sei. Mit diesen 20 Containern möchte die Antragstellerin 39 t pro Jahr sammeln, das heißt ca. 2 t pro Container pro Jahr. Wenn der Beigeladene mit seinen Containern 4 t pro Jahr sammele, so ergebe sich daraus, dass der Beigeladene die lukrativen Aufstellplätze nutze.
Unter dem … … 2016 teilte der Bevollmächtigte des Beigeladenen mit, dass entgegen der Darstellung des Beklagten der in der Liste vom … … 2016 auf S. 1 unter 10. angeführte Sammler seine nach Obsiegen mit Urteil vom 24. Oktober 2013 zulässige Sammlung mit einem Umfang von 0,30 Mg/Jahr auch weiterhin tatsächlich durchführe. Zudem würde auch die am … … 2016 neu angezeigte Sammlung (S. 2 der Liste unter 18.) mit einem Gesamtvolumen von 30 Mg/Jahr nach Ablauf der dreimonatigen Wartefrist unter die Kategorie „zulässig durchgeführte Sammlung“ fallen. Da die Antragstellerin keine Angaben dazu gemacht habe, in welchen Ortsteilen gesammelt werden soll, liege nicht nur wegen der Falschangabe von 40 Containern eine unrichtige, sondern auch eine unvollständige Anzeige im Sinne des Ordnungswidrigkeitentatbestandes gem. § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG vor. Der Antragstellerin könne zudem als Teil eines international agierenden Großkonzerns mit Sitz in der Schweiz „Verdrängungswirkung“ unterstellt werden. Selbst bei einer Containerzahl von 20 könne von einer Gesamtmenge von 80 Mg/Jahr ausgegangen werden. In einer vergleichbaren Angelegenheit gehe das OVG Nordrhein-Westfalen (B.v. 20.01.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 44) von 10 Mg/Jahr und Container aus. Schon im Hinblick auf den Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG („größtmöglicher Umfang“) bestehe keine Rechtfertigung, den Umfang der Sammlung der Antragstellerin auch noch kleinzurechnen. Schließlich wurde auf die am 18. April 2016 in Kraft getretene Vergaberechtsreform hingewiesen, die schon nach dem Rechtsgedanken der „Einheit der Rechtsordnung“ bei der Frage zu berücksichtigen sei, wann eine „wesentliche Beeinträchtigung“ i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG für ein „erhebliches Erschweren oder Unterlaufen einer Vergabe“ gegeben sei. Der Gesetzgeber gehe nach Maßgabe von § 132 Abs. 3 GWB grundsätzlich davon aus, dass bei Dienstleistungsaufträgen – wie sie auch die Entsorgung von Altkleidern darstelle – von einer wesentlichen Änderung, die zu einer Neuausschreibung verpflichtet, bereits bei 10% Abweichung auszugehen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Antragstellerin begehrt sinngemäß die Aussetzung des Sofortvollzugs der Untersagungsverfügung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage insoweit bzw. durch Anordnung der nach Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids richtet.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides des Landratsamts vom 10. Februar 2016 entspricht den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden formellen Anforderungen.
Die Begründung des Sofortvollzugs erfordert besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen. Eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist nicht ausreichend. Allerdings dürfen keine allzu hohen Anforderungen an die Begründungspflicht gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Die Begründung soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, 465; VG Würzburg, B.v. 22.5.2013 – W 4 S 13.327 – juris Rn. 24).
Vorliegend hat das Landratsamt hinreichend einzelfallbezogen und insbesondere nicht nur floskelhaft dargelegt, dass es ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids annimmt: Die Anordnung des Sofortvollzugs sei zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallerfassung und -verwertung erforderlich. Eine geordnete und funktionierende Abfallwirtschaft sei ein öffentliches Gut von hoher Bedeutung. Insofern wäre es nicht vertretbar, die gewerbliche Sammlung so lange ausüben zu lassen, bis ein eventuelles Rechtsbehelfsverfahren abgeschlossen sei.
Diese Begründung macht deutlich, dass die Behörde sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs vor Augen geführt hat, das Begründungserfordernis also seiner Warnfunktion gerecht geworden ist. Ob sie ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung zu Recht angenommen hat und die Begründung auch in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage war wiederherzustellen, da nach summarischer Prüfung die Klage der Antragstellerin, soweit sie sich gegen die Untersagungsverfügung richtet, voraussichtlich Erfolg haben wird, da davon auszugehen ist, dass Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 insoweit rechtswidrig ist.
Nach dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung. Sie entfällt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausnahmsweise dann, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird. Auszugehen ist davon, dass die grundsätzlich durch Widerspruch und Klage herbeigeführte aufschiebende Wirkung ein Wesensmerkmal gewährleisteten Verwaltungsrechtsschutzes ist. Ohne aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage würde der Verwaltungsrechtsschutz häufig hinfällig werden, weil bei einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes in vielen Fällen von der Verwaltung vollendete Tatsachen geschaffen würden, die auch dann nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Betroffene mit seinem Rechtsmittel letzten Endes Erfolg hat. Die in der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe liegende Sicherung vorläufigen Rechtsschutzes gehört daher zu den wesentlichen Elementen des Rechtsschutzes überhaupt. Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentlichen Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgehen muss, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2013 – 20 AS 13.700 – juris Rn. 20 m. w. N.).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen, sofern das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung übersteigt. Das Gericht hat hierbei nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der danach erforderlichen Abwägung der Interessen sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen, soweit sie bei summarischer Prüfung bereits im Zeitpunkt der Entscheidung beurteilt werden können. Summarische Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens bedeutet insbesondere, dass eine umfassende Beweisaufnahme nicht durchgeführt wird, sondern dem Klageverfahren vorbehalten bleiben muss. Ergibt die Überprüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer reinen Interessenabwägung.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsanordnung überwiegt. Nach derzeitiger Aktenlage spricht viel dafür, dass sich der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Februar 2016 – bei der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung – als rechtswidrig erweisen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In der Konsequenz war auch der Vollzug von Nr. 3 des Bescheids auszusetzen (s.u. 4.).
3.1. Formell dürfte die Untersagung nicht zu beanstanden sein.
3.1.1. Die Antragstellerin wurde vor dem Erlass mit Schreiben vom 11. November 2015 gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.
3.1.2. Das Landratsamt S. war als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i. d. F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl S. 5), sowie Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO), und damit für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagung zuständig.
Durch die Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Landratsamts ist das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Gemäß Art. 37 Abs. 1 LKrO ist das Landratsamt Kreisbehörde und, soweit es rein staatliche Aufgaben wahrnimmt, Staatsbehörde (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2013 – 20 ZB 13.805 – juris Rn. 5). § 4 Abs. 1 Nr. 2 AbfZustV ermächtigt die Kreisverwaltungsbehörde als Staatsbehörde und nicht den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Das Landratsamt als eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen und insoweit „von Amts wegen“ Neutralität zu wahren. Es ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht sowie gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39/07 – NvWZ 2010, 44 f.; VG Würzburg, B.v. 6.6.2013 – W 4 S 13.441 – juris Rn. 29, B.v. 22.5.2013 – W 4 S 13.327 – juris Rn. 29; VG Ansbach, U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 33; OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 7). Zudem wurde die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hier mit Verordnung vom 6. Dezember 1993 gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayAbfG dem Beigeladenen als Zweckverband für Abfallwirtschaft übertragen. Damit besteht eine ausreichende organisatorische Trennung (st. Rspr. der Kammer, vgl. VG München, B.v. 25.9.2013 – M 17 S 13.2480 – UA S. 9f.).
3.2. Bei summarischer Prüfung wird die Untersagungsverfügung (Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016) in materieller Hinsicht der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle jedoch nach derzeitiger Erkenntnislage voraussichtlich nicht standhalten, da die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 KrWG für eine Untersagung nicht erfüllt sind.
3.2.1. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Hiernach ist eine angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) einer ordnungsgemäßen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG) und schadlosen (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG) Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Wann öffentliche Interessen entgegenstehen, ist wiederum in § 17 Abs. 3 KrWG geregelt.
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist wegen des Charakters der Untersagung als Dauerverwaltungsakt derjenige der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris Rn. 25).
b) Die §§ 17, 18 KrWG sind mit höherrangigem Recht vereinbar.
Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können (BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08 – BVerwGE 134, 154/163 Rn. 36). Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 10).
Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar (ständige Rechtsprechung der Kammer, zuletzt VG München, U.v. 9.7.2015 – M 17 K 14.1415). Zwar stellen die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85). Diese sind jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerseite nach Art. 106 Abs. 2 AEUV europarechtlich gerechtfertigt. Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die eingehenden Ausführungen des VGH Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – DVBl 2013, 1537 – juris Rn. 12 ff.) betreffend die Entsorgung von Alttextilien. Danach stellt die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV dar, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann. Die damit verbundenen Beschränkungen der europarechtlich gewährten Freiheiten sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerechtfertigt, soweit andernfalls die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet ist oder jene Rechte zur wirtschaftlich annehmbaren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Indem § 17 Abs. 3 KrWG den Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert, wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG den europarechtlichen Anforderungen gerecht. Die Vorschrift sieht auch keine europarechtswidrige pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor, sondern stellt die Einräumung exklusiver Rechte unter den Vorbehalt der „Erforderlichkeit“. Durch die Ausnahmetatbestände wird der Möglichkeit gewerblicher Sammlungen nach Maßgabe der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt. § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG sind dabei restriktiv, d. h. europarechtskonform auszulegen, damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.
3.2.2. Die Vorschriften der §§ 17 und 18 KrWG sind entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch auf die gewerbliche Sammlung von Alttextilien anwendbar, denn nach einhelliger Meinung handelt es sich bei den fraglichen Alttextilien um „Abfall“ im Rechtssinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG) (VG München, U.v. 10.04.2014 – M 17 K 12.6238 – UA S. 13; OVG NW, U.v. 21.09.2015 – 20 A 2219/14 – juris Rn. 55 ff.; OVG NW, B.v. 20.01.2014 – 20 B 331/13 – NWVBl. 2014, 300; VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 27.11.2014 – 17 L 2471/14 – juris Rn. 37; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174). Die von der Antragstellerin vorgetragenen Argumente mögen bei einer Weitergabe von Altkleidern beispielsweise an „Second-Hand-Shops“ oder an Kleiderkammern karitativer Einrichtungen zum Tragen kommen; werden Alttextilien – wie hier vorgetragen – jedoch in Sammelcontainer gegeben, liegt eine „Entledigung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG vor, weil nach der Aufgabe der Sachherrschaft über die Alttextilien lediglich eine bloße Hoffnung auf Wiederverwendung der Gegenstände nach einem Sortierungsprozess besteht (VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – DVBl 2013,1517 Rn. 29 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08 – BVerwGE 134, 154 zu § 13 KrWG-/AbfG; OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmer ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände, denn diese Motive geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll. Der von der Antragstellerin angeführten Forsa-Umfrage kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Der Abgebende gibt mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhen in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf (vgl. im Einzelnen OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 13 ff.). Soweit ersichtlich, wird in den meisten Gerichtsentscheidungen zur gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus Haushalten stillschweigend von der Abfalleigenschaft ausgegangen und diese daher nicht weiter begründet und schon nicht bezweifelt.
3.2.3. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen (§ 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG). Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vorausgesetzt. Nach übereinstimmender Auffassung (OVG NW, U.v. 07.05.2015 – 20 A 316/14 – juris Rn. 45 ff.; NdsOVG, B.v. 17.05.2016 – 7 ME 43/16 – juris) beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z. B. VGH BW, B.v. 04.03.2014 – 10 S 1127/13 – GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d. h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z. B. BVerwG, U.v. 02.02.1982 – 1 C 146/80 – NVwZ 1982, 503; OVG RhP, B.v. 20.12.2010 – 6 B 11259/10.OVG – m. w. N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH BW, B.v. 04.03.2014 – 10 S 1127/13 – GewArch 2014, 245).
Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz – GG – insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 – 20 B 607/13 – juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 – 9 K 2303/13 – juris).
Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12 – juris). Soweit der Antragsgegner die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin jedoch daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, indem sie nicht nur unvollständige Angaben zur Verwertung, sondern auch falsche bzw. in jedem Fall unglaubwürdige Aussagen zu der zu erwartenden Sammelmenge gemacht habe, vermag das Gericht dem gemessen an den dargestellten Anforderungen nicht zu folgen.
Gleichwohl der Anzeige u. a. Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen sind, stehen die von der Antragstellerin getätigten Angaben ihrer Zuverlässigkeit nicht entgegen. Bereits in der Anzeige der gewerblichen Sammlung vom 3. September 2015 gab die Antragstellerin an, mittels 20 Containern im Landkreis S., mit einer Jahressammelmenge von ca. 39 t eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen durchführen zu wollen (vgl. Übersicht über das geplante Sammlungsgebiet, Bl. 9 BA). Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 stellte der Bevollmächtigte der Antragstellerin klar, dass eine Sammlung nicht mit einer Anzahl von 40 Containern, sondern mit 20 Containern durchgeführt werde. Es liegt auf der Hand, dass aus der versehentlichen Nennung einer höheren Containeranzahl keine Unzuverlässigkeit abgeleitet werden kann. Auch die Angabe über die Sammelmenge erfüllt den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG. Denn diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Unabhängig davon, wieviele Tonnen pro Container realistischerweise angesetzt werden können, ist durch die getätigten Angaben der Antragstellerin eine Prüfung der rechtlichen Voraussetzung jedenfalls möglich. Im Übrigen dürfte die konkrete Sammelmenge in der Tat maßgeblich von dem Standort des jeweiligen Containers abhängen. Die Erfahrung aus parallelen Gerichtsverfahren zeigt zudem, dass in weit überwiegendem Ausmaß im Durchschnitt ca. 2t /Container von gewerblichen Sammlern angesetzt werden (VG München, U.v. 21.05.2015 – M 17 K 14.392 – UA S. 22). Auch die Angaben zu dem Verwertungs- und Entsorgungsweg stehen der Zuverlässigkeit nicht entgegen, da dieser in ausreichendem Umfang dargelegt wurde (s. dazu 3.2.4.)
Der Beilgeladene geht auch fehl in der Annahme, dass die Antragstellerin verpflichtet wäre, zusätzlich zu der vorgelegten gemeindebezogenen Standortliste (Bl. 9 BA) anzugeben, in welchen konkreten Ortsteilen, ggf. mit adressgenauer Standortbezeichnung, gesammelt werden soll, und daher eine unrichtige und unvollständige Anzeige vorliegen würde (VG München, U.v. 11.6.2015 – M 17 K 14.4616 – UA S. 27 ff.). Zwar führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. April 2013 (20 CS 13.377 – juris Rn. 10) aus, dass es verständlich erscheine, dass die untere Abfallbehörde das sammelnde Unternehmen aufforderte, nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG („Ausmaß“) weitere Angaben zu machen, insbesondere auch dazu, an welchen Standorten und in welcher Anzahl im Stadtgebiet die stationären Container („flächendeckend“) aufgestellt werden sollen, um die Einhaltung normativer Grundlagen gewährleisten zu können. Daraus lässt sich allerdings nach Meinung des Gerichts nicht entnehmen, dass der gewerbliche Sammler zur Vorlage von Containerstandortlisten mit genauen Adressen (Anschrift mit Straße und Hausnummer) verpflichtet wäre. Zumal der dem zitierten Beschluss des BayVGH zugrundeliegende Bescheid vom 29. November 2012 keine Anordnung zur Vorlage konkreter Containerstandorte enthielt (vgl. erstinstanzliches Verfahren: VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 4). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 26.9.2013 – 10 S 1345/13 – juris Rn. 28 ff.), der sich das erkennende Gericht anschließt, gebietet der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG ausdrücklich keine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandortlisten mit genauen Adressen vorzulegen. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet, in welcher Gemeinde soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es zwar nicht zu beanstanden sein, wenn die Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Anordnung der adressgenauen Benennung der einzelnen Containerstellplätze findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, U.v. 27.02.2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, B.v. 16.10.2012 – W 4 S 12.833 – juris).
Der Antragstellerin ist weiter zuzugestehen, dass allein die Anzeige einer gewerblichen Sammlung parallel zum laufenden kommunalen Auftrag, die womöglich – so jedenfalls vom Beigeladenen vorgetragen – eine Verletzung des bilateralen Vertragsverhältnisses (§ 241 BGB) ist, über das dem Gericht keinerlei Unterlagen vorliegen, noch keine für eine Untersagung ausreichende Zuverlässigkeitsbedenken rechtfertigt. So ist eine Negativprognose nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil die Antragstellerin wohl auch mit Blick auf das endende Vertragsverhältnis am 30. Juni 2016 ihre unternehmerischen Ziele verfolgt. Sollte sich die Antragstellerin mit ihrem Geschäftsgebaren vertragswidrig gegenüber dem Beigeladenen verhalten, so stünden diesem ausreichend zivilrechtliche Möglichkeiten zu, gegen diese Obliegenheitsverletzung vorzugehen. Bedenken jedenfalls, die ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 – 20 B 607/13 – juris), sind in dem Verhalten der Antragstellerin augenscheinlich nicht ersichtlich. Dass bei prognostischer Betrachtung gerade keine Gefahr besteht, dass es im Fall der Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird und die Antragstellerin die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 – 9 K 2303/13 – juris), stellt auch der Beigeladene grundsätzlich nicht in Abrede (Schreiben des Beigeladenen vom 5. November 2015, Bl. 39 BA). Schließlich übernimmt die Antragstellerin derzeit für ihn (noch) die Sammlung und Verwertung im Rahmen einer Drittbeauftragung.
3.2.4. Die Untersagung kann auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt werden: Die Untersagung einer Sammlung wäre nach dieser Vorschrift zulässig, wenn die von der Antragstellerin gesammelten Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Nach § 17 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG), und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG). Diese Voraussetzungen sind von der Antragstellerin detailliert, transparent und nachvollziehbar nachzuweisen (BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 – AN 11 K 12.02212 – juris Rn. 34; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 25; VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 33ff.; U.v. 14.5.2013 – W 4 K 12.1139 – juris Rn. 27ff.).
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen keine Zweifel daran, dass die von der Antragstellerin erfassten Alttextilien einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Das Landratsamt hat seinen Bescheid auch nicht auf eine nicht ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle gestützt.
Der Vortrag des Beigeladenen, dass es nach wie vor an Angaben darüber fehle, durch wen, an welchen Ort und auf welche Weise die aussortierten Abfälle entsorgt würden, ist nicht geeignet, die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der durch die Antragstellerin gesammelten Abfälle infrage zu stellen.
Die Antragstellerin hat mit ihrer konkretisierten Anzeige vom 3. September 2015 und in ihrem Schreiben vom 3. Februar 2016 die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr erfassten Altkleider ausreichend detailliert und nachvollziehbar dargelegt. Enthalten sind insbesondere Angaben zum Sammelunternehmen der Antragstellerin als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb für das Handeln und Vermitteln sowie zum Abnehmer als Betreiber einer Anlage zum Sortieren und Verpacken von Alttextilien. Der Darstellung der Verwertungswege ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Weitere Angaben sind vor dem Hintergrund, dass es sich bei Alttextilien und -schuhen nicht um gefährliche Abfälle handelt, nicht erforderlich (VG München, U.v. 10.4.2014 – M 17 K 12.6238). Hinzu kommt auch hier, dass die Antragstellerin derzeit als von der Beigeladenen drittbeauftragtes Unternehmen mit der Sammlung der Alttextilien und -schuhe im Landkreis beauftragt ist. Falls die Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden sollten, wären wohl Maßnahmen seitens des Beigeladenen zu erwarten, um die Antragstellerin zu veranlassen, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Im Übrigen hat zwar der BayVGH in seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 29. Januar 2015 (Az. 20 B 14.666 – juris) entschieden, dass die Regelung des § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG gebietet, eine lückenlose Kette des Verwertungsweges aufzuzeigen, also vom Einsammeln bis zum Abschluss der Verwertung. Hierbei ist aber auch die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit zu berücksichtigen. Im Hinblick auf eine einheitliche Vollzugspraxis in Bayern ist im gegebenen Fall bei der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage, welche Voraussetzungen an die Darlegung des Verwertungsweges und der ordnungsgemäßen Verwertung gestellt werden, nach der Rechtsprechung des BayVGH jedenfalls kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sammlungsuntersagung durch das Landratsamt gegeben (so BayVGH, B.v. 09.11.2015 – 20 CS 15.1971 – juris Rn. 4 ff).
3.2.5. Der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin stehen nach summarischer Prüfung auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen:
Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG wäre dies der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
a) Dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG), hat der Antragsgegner nicht dargetan. Für eine derartige „Verhinderung“ wäre – auch im Hinblick auf die Europarechtskonformität – eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unerlässlich, wobei auf die gesamten Entsorgungspflichten i. S. des § 20 KrWG und nicht nur auf die hier relevante Fraktion der Alttextilien abzustellen ist. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nur vereinbar, wenn die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleibt und die Prüfung im Einzelfall erfolgt. Ein Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung ist im Hausmüllbereich nach geltendem Recht nicht vertretbar, sondern es muss zur Sicherung der Europarechtskonformität eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um eine Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen bejahen zu können (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 31 ff.; B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 31 ff.). Der Antragsgegner hat nicht dargelegt, dass die Erfüllung des Entsorgungsauftrags (insgesamt) nicht mehr gesichert wäre, wenn die Fraktion der Altkleider – ganz oder teilweise – von der Überlassungspflicht ausgenommen wäre. Die Darlegungslast obliegt insoweit der Verwaltung (VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 31; OVG NW, B.v. 19.7.2013 – 20 B 122/13 – juris Rn. 15). Auf das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung hat sich der Antragsgegner zu Recht bisher nicht berufen.
b) Vorliegend ist aber auch nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG) auszugehen. Es greift keine der Vermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein.
aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG besteht für den Fall, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe oder sonst hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die gewerbliche Sammlung nicht wesentlich leistungsfähiger ist, eine Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG).
(1) Der Beigeladene hielt zum Zeitpunkt der Anzeige im September 2015 im Landkreisgebiet 134 Sammelcontainer an 78 Standorten (mittlerweile auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet) auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln und -höfen für Glas, Metalle und Kunststoffe vor. Damit ist wohl eine haushaltsnahe (vgl. VG Köln, B.v. 25.1.2013 – 13 L 1796/12 – juris Rn. 9), zumindest aber eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien zu bejahen.
Dem Beigeladenen ist insoweit beizupflichten, dass eine Beeinträchtigung der Erfassung und Verwertung dadurch, dass u. a. auch Fahrradhelme und Protektoren in die Container des Drittbeauftragten eingeworfen werden dürfen, nicht stattfindet, da derartige Gegenstände einfach und bereits bei der Entleerung des Sammelcontainers aussortiert werden können. Die Erfassung von Fahrradhelmen und Protektoren spricht damit eher für die Hochwertigkeit der Sammlung, da diese Gegenstände für die Wiederverwendung zusätzlich vorbereitet werden. Nach unwidersprochener Darstellung des Beigeladenen sei das Portfolio zudem auf den ausdrücklichen Wunsch der Antragstellerin in ihrer Funktion als drittbeauftragtes Unternehmen erweitert worden, worüber eine diesbezügliche Abstimmung letztmals am 27. Oktober 2014 im Haus des Beigeladenen stattgefunden habe.
In derartigen Fällen einer hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Alttextilien besteht aber eine widerlegliche Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG – vgl. OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 75 und 82).
Nach der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung des § 17 KrWG (vgl. amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 17/7505, S. 44)) ergibt sich ein klares Auslegungsergebnis, wonach überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe, hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Antragstellerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist. Das so gewonnene Auslegungsergebnis bedarf nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.2.2015 – 20 B 14.710 – juris Rn. 23 ff., 29), unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16.08 – BVerwGE 134, 154) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B.v. 28.8.2014 – 2 BvR 2639/09 – NVwZ 2015, 52), auch keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV (so auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 119-150).
(2) Gleichwohl erfordert auch der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG eine einschränkende Auslegung. Deswegen genügt nicht jede geringfügige Auswirkung der gewerblichen Sammlungen auf die haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Folglich bedarf es nach wie vor einer Betrachtung und Bewertung der Umstände des Einzelfalls (BayVGH, U.v. 10.02.2015 – 20 B 14.710 – juris Rn. 30).
Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG kommt es dabei nicht darauf an, welche Auswirkungen allein die Sammlung der Antragstellerin auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. den von diesem beauftragten Dritten hat, sondern es ist auf das Zusammenwirken mit anderen (gewerblichen) Sammlungen abzustellen, das heißt, es kommt auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43).
Es ist auch nicht auf das Verhältnis der Sammlung von Alttextilien durch die Antragstellerin (und weitere gewerbliche Sammler) zum Gesamtabfall im Landkreisgebiet abzustellen, sondern allein auf die Abfallfraktion der Alttextilien. Denn durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird nicht nur das Sammlungssystem des öffentlich-rechtlichen Trägers im Allgemeinen, sondern es werden auch gesondert betriebene Sammlungs- und Verwertungssysteme für bestimmte Abfallfraktionen, wie z. B. Altkleider, geschützt (BayVGH, U.v. 10.2.2015 – 20 B 14.710 – juris Rn. 30; VGH B-W, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 – juris Rn. 42; OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 159 ff.; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 85; VG Köln, B.v. 25.1.2013 – 13 L 1796/12 – juris Rn. 9; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 42).
In seinen Urteilen vom 21. September 2015 hat das OVG Nordrhein-Westfalen (u. a. 20 A 2120/14 – juris Rn. 165-197) folgende Kriterien dafür entwickelt, unter welchen Umständen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen:
„Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage-/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige – insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte – zumal ihr dafür nur die „Pflichtangaben“ nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen – wie bereits ausgeführt – nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen – etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen – insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
Ist aber allein nach den – hinreichend aussagekräftigen – Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern „auch“ das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie – sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will – noch nicht durchführt.
Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist – schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen – aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört – wie ausgeführt – auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also – anders als die gewerblichen – zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
Eine – als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen – insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10% des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50% zu veranschlagen ist, würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche „Rosinenpickerei“ im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50% der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10% verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird“.
Die Kammer schließt sich diesen Erwägungen an (vgl. VG München, U.v. 17.03.2016 – M 17 K 15.1249 – UA S. 19 ff.). Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Antragstellerin derzeit wohl keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen:
Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen dürften vorliegend zwar – wie dargestellt – erfüllt sein, da die Antragstellerin selbst als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine „sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung“ (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der nunmehr zusätzlich angezeigten Sammlung der Antragstellerin erfassten Alttextilien durchführt. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles liegen indes besondere Umstände vor, die die Vermutung, dass der Sammlung der Antragstellerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung entgegenstehen, widerlegen bzw. nicht durchgreifen lassen. Die angezeigte Sammlung der Antragstellerin selbst erreicht, bezogen auf die bestehende Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, kein Gewicht, das die Annahme einer Beeinträchtigung plausibel erscheinen ließe. Die von ihr angezeigte maximale Sammelmenge von 39 t pro Jahr entspricht lediglich etwa 5,9% des für das Jahr 2015 erzielten Ertrages der Beigeladenen von 660 t und bleibt für sich genommen deutlich unterhalb der oben genannten Bagatellgrenze. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform (OVG NW, U.v. 21.09.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 168). Zumal – wie bereits unter 3.2.3. dargestellt – die konkrete Sammelmenge maßgeblich von dem Standort des jeweiligen Containers abhängen dürfte und es nach den Erfahrungen des Gerichts aus parallelen Verfahren als durchaus realistisch erscheint, eine Sammelmenge in Höhe von durchschnittlich ca. 2t /Container anzusetzen (VG München, U.v. 21.05.2015 – M 17 K 14.392 – UA S. 22).
Ein durchgreifend anderes Ergebnis ergibt sich hier auch nicht unter Einbeziehung der weiteren berücksichtigungsfähigen gewerblichen Alttextilsammlungen im Landkreis S.. Hinzuzurechnen sind hier nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 8. September 2015 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Zu diesem Zeitpunkt ist die Anzeige der Antragstellerin beim Antragsgegner nach Aktenlage eingegangen. Von Seiten des Antragsgegners wurde mit Schreiben vom 21. April 2016 klargestellt, dass aktuell keine gewerbliche Sammlung im Landkreis S. angezeigt sei, welche noch nicht durchgeführt werden dürfe, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen sei. Es dürften gegenwärtig lediglich zwei gewerbliche Sammlungen im Landkreis mit einem Umfang von 80 t (VG München, U.v. 24.10.2013 – M 17 K 13.2189 (Klage des gewerblichen Sammlers auf Aufhebung der Untersagungsverfügung wurde abgewiesen) bzw. BayVGH, Aussetzungsbeschluss v. 16.04.2015 – 20 ZB 13.2511) und 300 kg (VG München, U.v. 24.10.2013 – M 17 K 13.2442 (Klagestattgabe) bzw. BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 20 ZB 13.2611 – Zulassung der Berufung), deren Klageverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien, berücksichtigt werden. Ausgehend von der vom Antragsgegner vorgelegten Aufstellung aller angezeigten Sammlungen ist deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 80,3 t pro Jahr zugrunde zu legen. In der Addition mit der Sammlung der Antragstellerin folgt daraus eine jährliche Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen von (maximal) 119,3 t, die etwas mehr als 18% des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages des Beigeladenen in Höhe von 660 t ausmacht.
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen (Schreiben vom 18. Mai 2016) ist hingegen die am 8. Februar 2016 neu angezeigte Sammlung (S. 2 der Liste unter 18.) mit einem Gesamtvolumen von 30 t/Jahr trotz Ablaufs der dreimonatigen Wartefrist nicht zu berücksichtigen, da diese erst nach der Eingang der Anzeige der Antragstellerin (8. September 2015) beim Antragsgegner angezeigt wurde (in diesem Sinne auch Schreiben des Beigeladenen vom 2. Mai 2016, S. 20). Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört auch die Beachtung des Prioritätsprinzips (vgl. OVG NW, U.v. 21.09.2015 – 20 A 2219/14 – juris Rn. 194).
Bei der deshalb nach obigen Maßstäben erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist zu berücksichtigen, dass auch diese potentielle Gesamtbelastung von weniger als einem Fünftel in der maßgeblichen Bandbreite von 10 – 50% deutlich näher an der Bagatellgrenze bleibt und deshalb eine eingehende und plausible Darlegung der gleichwohl realistischerweise anzunehmenden Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Drittbeauftragten seitens der Antragsgegners zu erfolgen hätte. An einer solchen fehlt es hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass sich beispielsweise Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat, oder es zu anderen spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird, sind zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Überdies sprechen folgende Erwägungen derzeit gegen ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sammlungsuntersagung durch das Landratsamt: Es ist davon auszugehen, dass die Folgen gewerblicher Sammlungen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger praktisch nicht allein treffen werden, da nach Angaben des Antragsgegners und des Beigeladenen (Schriftsatz vom 2. Mai 2016 S. 3; Stellungnahme vom 5. November 2015, Bl. 38 BA) gemeinnützige Sammlungen im Landkreis in nicht unerheblichem Umfang von ca. 344 t/Jahr Alttextilien sammeln würden, so dass bei einem Mengenentzug von weniger als einem Fünftel drastische Anpassungen weniger realistisch werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Sammelmenge im Landkreis eine steigende Tendenz aufweist (2014: 560 t; 2015: 660 t; 1. Quartal 2016: 177 t) und die Sammlung des Beigeladenen mittlerweile von 134 Sammelcontainern an 78 Standorten auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet wurde.
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung überwiegt daher das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung. Dies gilt nicht zuletzt wegen des Gesichtspunktes, dass bezüglich der streitgegenständlich rechtlich umstrittenen Frage, unter welchen Voraussetzungen der angezeigten Sammlung überwiegende öffentlich-rechtliche Interessen entgegenstehen, mehrere Revisionsverfahren zur höchstrichterlichen Klärung beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind.
bb) Auch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG enthaltene Vermutungsregelung trägt hier nicht. Nach dieser Vorschrift ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird. Hierfür wurde vom Antragsgegner, den insoweit die Darlegungslast trifft (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01693 – juris Rn. 76; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 28; U.v. 7.8.2012 – AN 11 K 02212 – juris Rn. 37), bislang nichts vorgetragen. Im Gegenteil teilte der Beigeladene in seiner Stellungnahme vom 5. November 2015 (S. 3, Bl. 36 BA) mit, dass eine Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund der verhältnismäßig geringen Mengen an Alttextilien gemessen am Gesamtabfallaufkommen nicht bestehe.
Da bereits die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob die Sammlung der Antragstellerin wesentlich leistungsfähiger ist, nicht an.
cc) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Beigeladenen kann die Untersagung nach summarischer Prüfung auch nicht auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gestützt werden, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Dabei kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen“ wird (OVG NW, U.v. 15.8.2013 – 20 A 2798/11 – juris Rn. 194). Damit die Möglichkeit der Untersagung einer gewerblichen Sammlung unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG genannten Aspekt verfassungs- und europarechtskonform ist, bedarf es insoweit deshalb einer besonders restriktiven Auslegung, da sich die Ausnahmebestimmung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG nur auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG, nicht aber auf Nr. 3 bezieht (vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 185; VG Gelsenkirchen, U.v. 2.6.2015 – 9 K 4775/14 – juris Rn. 98 ff.).
Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung (Vertrag läuft zum 30. Juni 2016 aus) aufgrund eines „Unterlaufens“ der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Insbesondere vom Drittbeauftragten, der in dieser besonderen Konstellation mit der Antragstellerin identisch ist, wurde dies nicht geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten in Frage stehen würde.
Auch eine „erhebliche Erschwerung“ der Vergabe kommt im konkreten Fall nicht in Betracht. Erheblich erschwert wird die Vergabe, wenn ein gewerblicher Sammler unmittelbarer Konkurrent bei der Vergabe der Entsorgungsleistung wäre und infolgedessen der Anteil, der auf die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers entfällt und damit der auszuschreibende Entsorgungsumfang nicht oder nur ansatzweise angegeben werden könnte, was vergaberechtswidrig wäre. Denn bei der Menge der betreffenden Abfallfraktion handelt es sich um einen Grundparameter für die Kalkulation, die für die Abgabe von Angeboten erforderlich ist (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01693 – juris Rn. 77 ff.; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 29; U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 89 ff.). Schwierigkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten (ab 1. Juli 2016) zu finden, der die Alttextiliensammlung übernimmt, wurden nicht vorgetragen. Dass es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Dem Umstand, dass zum Zeitpunkt der Ausschreibung unter anderem die Antragstellerin bereits Sammlungen durchführte, hätte im Übrigen im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können oder müssen, dass diese Sammelmengen außer Ansatz geblieben wären. Nach Angaben des Beigeladenen habe im ersten Halbjahr 2016 eine neue Ausschreibung stattgefunden (Ausschreibung von Entsorgungsleistungen der Erfassung und Verwertung von Alttextilien des Abfallwirtschaftsverbandes S.; Tag der Absendung der Bekanntmachung 29. Januar 2016; http://ausschreibungen-deutschland.de/267362_Ausschreibung_von_Entsorgungs-leistungen_der_Erfassung_und_Verwertung_von_Alttextilien_des_2016_S.). Derzeit werde ein Vergabeverfahren mit Veröffentlichungsnummer … durchgeführt; die Angebotsöffnung habe am 23. März 2016 stattgefunden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die Ausschreibung erst nach Eingang der Anzeige (8. September 2015) der Sammlung der Antragstellerin erfolgte, so dass zum Zeitpunkt der Anzeige das Vergabeverfahren noch nicht hinreichend konkret geplant war. Dies ist aber erforderlich, da die Vorschrift ansonsten einem europarechtswidrigen absoluten Konkurrentenschutz gleichkäme (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 51). Zumindest hätten die von der Antragstellerin angezeigten Sammelmengen bei dem Vergabeverfahren berücksichtigt werden können.
3.2.6. Somit greift voraussichtlich keine der Regelvermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, eine anderweitige konkrete und vor allem wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wurde vom Antragsgegner bzw. vom Beigeladenen nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind Beeinträchtigungen, also unterhalb der Schwelle einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drs. 17/6052, S. 87).
Der Sammlung der Antragstellerin im angezeigten Umfang stehen daher nach summarischer Prüfung derzeit aller Voraussicht nach keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen, so dass die Untersagung in Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 wohl rechtswidrig ist.
4. Der Antrag hat in Konsequenz auch hinsichtlich der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 15. März 2016 gegen die Zwangsgeldandrohungen (Nr. 3 des Bescheides vom 10. Februar 2016) Erfolg.
Die nach Art. 21a VwZVG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage war folglich anzuordnen. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids dürfte zwar für sich genommen rechtmäßig sein. Allerdings fehlt es infolge der hiermit widerhergestellten aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagungsverfügung jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache an einer sofort vollziehbaren Grundverfügung, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG.
5. Dem Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er den hälftigen Anteil der Verfahrenskosten und seine außergerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
6. Der Streitwert bemisst sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013).


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