Baurecht

Erfolglose Klage der Standortgemeinde gegen Windkraftanlagen – Fiktion des gemeindlichen Einvernehmens

Aktenzeichen  22 ZB 17.529

Datum:
29.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 113652
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 5, § 36 Abs. 2 S. 1, S. 2
BayBO Art. 82, Art. 83 Abs. 1
UVPG § 3b Abs. 2 S. 1, S. 2 Nr. 1, § 3c S. 5
BNatSchG § 44 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das vom Gesetzgeber den Gemeinden zum Schutz ihrer Planungshoheit zugebilligte Beteiligungsrecht im Baugenehmigungsverfahren ist mit der Obliegenheit verbunden, gegenüber dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde auf die Vervollständigung eines für die Prüfung der Einvernehmenserteilung unvollständigen Bauantrags hinzuwirken. Kommt die Gemeinde dieser Obliegenheit nicht innerhalb zweier Monate ab dem gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt nach, so gilt ihr Einvernehmen als erteilt. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hält eine im Genehmigungsverfahren beteiligte, wegen des erforderlichen Einvernehmens angefragte Gemeinde das zur Genehmigung gestellte Vorhaben aus bauplanungsrechtlichen Gründen im Sinn von § 36 Abs. 2 S. 1 BauGB für nicht genehmigungsfähig, so kann dies nicht anders als durch Versagung des Einvernehmens zweifelsfrei und rechtswirksam kundgetan werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Fiktion des Eintritts des gemeindlichen Einvernehmens (§ 36 Abs. 2 S. 2 BauGB) führt grundsätzlich zum Verlust des Klagerechts der Gemeinde. Der betroffenen Gemeinde ist es verwehrt, die – nach ihrer Ansicht – in der Erteilung der Baugenehmigung für das streitige Vorhaben liegende Verletzung der vom Einvernehmenserfordernis umfassten Rechte geltend zu machen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist nicht generell und ausnahmslos ausgeschlossen, von den Vorgaben des Bayerischen Windenergieerlasses als grundsätzlich zu beachtendem antizipierten Sachverständigengutachten hinsichtlich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung artenschutzrechtlicher Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen abzuweichen. (Rn. 24 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 K 16.496 2017-01-12 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 60.000 € festgesetzt.

Gründe

Der klagende Markt wehrt sich als Standortgemeinde gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die das Landratsamt N. i.d. OPf. der Beigeladenen am 7. März 2016 für die Errichtung und den Betrieb zweier jeweils 200 m hoher Windkraftanlagen (WKA) im Gemeindegebiet des Klägers erteilt hat.
1. Nach Einreichung des Genehmigungsantrags am 15. Dezember 2011 übersandte das Landratsamt dem Kläger mit Schreiben vom 2. Januar 2012 unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 5 BImSchG einen Satz der Antragsunterlagen sowie zwei Gutachten mit der Bitte, „zu dem Vorhaben bis spätestens 01. März 2012 Stellung zu nehmen und ggf. über das gemeindliche Einvernehmen zu entscheiden“. Der Kläger beantragte daraufhin am 29. Februar 2012 beim Landratsamt, die Entscheidung über die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zurück zu stellen, da der Marktgemeinderat die Schaffung von Konzentrationszonen für die Windkraftnutzung plane. Über den Zurückstellungsantrag des Klägers wurde nicht entschieden. Mit Schreiben vom 8. März 2013 führte das Landratsamt gegenüber dem Kläger aus, dessen Beteiligung sei nunmehr für ein Jahr ausgesetzt worden, er möge nun „zu dem Vorhaben bis spätestens 13. Mai 2013 Stellung [zu] nehmen und ggf. über das gemeindliche Einvernehmen [zu] entscheiden“. Mit Schreiben vom 22. April 2013 erklärte der Kläger gegenüber dem Landratsamt, das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Beigeladenen werde nicht erteilt, da im Flächennutzungsplan eine Konzentrationszone ausgewiesen sei und der Kläger keine Ausnahme für weitere Standorte von WKA zulasse. Mit Bescheid vom 26. März 2014 lehnte das Landratsamt den Genehmigungsantrag der Beigeladenen unter Hinweis auf die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens ab. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht auf Klage der Beigeladenen hin auf (U.v. 25.3.2015 – RO 7 K 14.683) und verpflichtete den Beklagten, über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts neu zu entscheiden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließ die vom Beklagten angestrebte Berufung gegen das Urteil nicht zu (B.v. 13.7.2015 – 22 ZB 15.1330).
2. Nachdem das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 aufgefordert hatte, zum Vorhaben der Beigeladenen gemäß § 10 Abs. 5 BImSchG als Träger öffentlicher Belange Stellung zu nehmen, beschloss der Marktgemeinderat am 16. Dezember 2015, die Verweigerung des Einvernehmens bleibe aufrecht erhalten. Das Landratsamt erteilte daraufhin am 7. März 2016 die von der Beigeladenen beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung; diese wurde außerdem auf Antrag der Beigeladenen für sofort vollziehbar erklärt. Der Kläger hat die Genehmigung mit der Anfechtungsklage angegriffen. Sein zugleich gestellter Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen, blieb in beiden Instanzen erfolglos (VG Regensburg, B.v. 26.9.2016 – RO 7 S 16.1144; BayVGH, B.v. 29.11.2016 – 22 CS 16.2101). Die Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Januar 2017 abgewiesen.
Der Kläger hat die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
Der Beklagte und die Beigeladene haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen den ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht hervortreten.
Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 und 7a, m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
1. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch das Landratsamt gemäß § 36 Abs. 2 BauGB den Kläger nicht in seinen Rechten verletze (Urteilsabdruck – UA – S. 7 Nr. 1). Diese Rechtsüberzeugung hat das Verwaltungsgericht auf zwei verschiedene Gründe gestützt, nämlich sowohl darauf, dass vorliegend die Einvernehmensfiktion gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten sei, als auch darauf, dass – für den Fall einer nicht eingetretenen Fiktionswirkung – die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens jedenfalls rechtens sei. Beide Begründungen hat das Verwaltungsgericht jeweils selbständig tragend verwendet, wie sich aus dem Aufbau und den Formulierungen der Entscheidungsgründe ergibt (vgl. zum Einen UA, S. 7 Buchst. a: „Dies folgt bereits daraus, dass vorliegend das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. BauGB als erteilt gilt, weil…“ und zum Andern UA, S. 11 Buchst. b: „Auch wenn man aber davon ausgeht, dass…keine Fiktionswirkung eingetreten ist,…“). In einem solchen Fall der kumulativen Mehrfachbegründung eines Urteils erfordert das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der Rechtsmittelführer für jeden geltend gemachten Zulassungsgrund im Sinn von § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO darlegt, dass dieser Grund in Bezug auf jeden der selbständig tragenden Entscheidungsgründe besteht. Fehlt es hieran, so kann der Antrag auf Zulassung der Berufung schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben (Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m.w.N.; std. Rspr. des BayVGH, z.B. B.v. 11.4.2016 – 22 ZB 15.2484 – DVBl 2016, 1203, juris Rn. 8 m.w.N., B.v. 22.10.2015 – 22 ZB 15.1584 – BayVBl 2016, 353, juris Rn. 11 und B.v. 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – BauR 2016, 655, juris Rn. 15).
Greifen also die zur Begründung des Zulassungsantrags vorgebrachten Argumente in Bezug auf einen selbständig tragenden Entscheidungsgrund nicht durch, so kommt es nicht darauf an, ob ein anderer selbständig tragender Entscheidungsgrund solchen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, die im Ergebnis in Bezug auf den Urteilsspruch geeignet wären, einen der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO darzutun. Vielmehr ergibt sich die Ergebnisrichtigkeit des Urteils bereits aus dem nicht erfolgreich in Frage gestellten selbständig tragenden Entscheidungsgrund.
2. So verhält es sich hier in Bezug auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen Eintritt der Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Insoweit führt der Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags zwar eine Reihe von Gesichtspunkten an, die – nach seiner Ansicht – ernstliche Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts wecken. Er beschränkt sich allerdings weitgehend auf die Kritik daran, dass er zwar diesbezügliche Rügen schon erstinstanzlich vorgebracht habe, das Verwaltungsgericht aber seinem Vortrag nicht gefolgt sei (Schriftsatz vom 31.3.2017, Nr. 1 auf S. 2 bis 5). Eine Auseinandersetzung des Klägers mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts dagegen findet nur ansatzweise statt, so dass fraglich ist, ob die Antragsbegründung den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO überhaupt gerecht wird. Davon abgesehen vermag der Vortrag des Klägers auch nicht zu überzeugen, soweit er sich mit einzelnen konkreten Gesichtspunkten substantiiert befasst. Insoweit ist anzumerken:
2.1. Der Kläger meint, die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB aufgrund des Ersuchens vom 2. Januar 2012 habe deswegen nicht eintreten können, weil diejenigen Genehmigungsunterlagen, die das Landratsamt dem Kläger zur Prüfung des streitigen Vorhabens und zur Entscheidung über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens übersandt habe, nicht hinreichend aussagekräftig oder unvollständig, in jedem Fall aber ungeeignet gewesen seien, um dem Kläger die gebotene sorgfältige Prüfung der Einvernehmenserteilung zu ermöglichen.
Damit kann der Kläger aber nicht durchdringen. Denn abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht von den Angaben des Beklagten ausgegangen ist, wonach die maßgeblichen Antragsunterlagen vorgelegt worden seien (UA, S. 10, letzter Abschnitt), hätte nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts selbst eine Unvollständigkeit der Unterlagen nicht verhindert, dass die Einvernehmensfiktion habe eintreten können. Das Verwaltungsgericht hat nämlich ausgeführt, dass das vom Gesetzgeber den Gemeinden zum Schutz ihrer Planungshoheit zugebilligte Beteiligungsrecht im Baugenehmigungsverfahren mit der Obliegenheit der Gemeinde verbunden ist, gegenüber dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde auf die Vervollständigung eines für die Prüfung der Einvernehmenserteilung unvollständigen Bauantrags hinzuwirken. Komme die Gemeinde dieser Obliegenheit nicht innerhalb zweier Monate ab dem gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt nach, so gelte ihr Einvernehmen als erteilt (UA, S. 10 unten, S. 11 oben).
Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht wende insoweit eine „überkommene Rechtsprechung an, wonach Gemeinden nur sehr eingeschränkt in die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens eingebunden“ seien. Dem ist nicht zu folgen. Vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht (UA, S. 11 oben) im Hinblick auf die genannte Obliegenheit der Gemeinde zutreffend nicht nur auf das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.9.2004 – 4 C 7.03 – BVerwGE 122, 13.18), sondern auch auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. August 2015 (22 CS 15.1683 – juris Rn. 33 m.w.N.) berufen (im selben Sinn auch z.B. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 36 Rn. 22); von einer „überkommenen Rechtsprechung“ kann also nicht die Rede sein. Davon abgesehen ergibt sich aus der Darlegung des Klägers auch nicht, weshalb eine – nach der Diktion des Klägers – „umfassende Einbindung“ einer Gemeinde in das Genehmigungsverfahren die im konkreten Fall beteiligte Gemeinde von ihrer Obliegenheit entbinden sollte, zur Vermeidung der Einvernehmensfiktion entweder auf die Vervollständigung von ihrer Ansicht nach unvollständigen Genehmigungsunterlagen hinzuwirken oder aber ihr Einvernehmen zu versagen. Aus den beiden in diesem Zusammenhang vom Kläger genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 1.7.2010 – 4 C 4.08 – NVwZ 2011, 61; U.v. 20.5.2010 – 4 C 7.09 – BayVBl 2011, 183) ergibt sich eine solche Rechtsfolge jedenfalls nicht. Die Annahme, wonach die Unvollständigkeit der Genehmigungsunterlagen, die der wegen ihres Einvernehmens angefragten Gemeinde zur Prüfung verfügbar gemacht wurden, den Eintritt der Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hindere, ist umso weniger gerechtfertigt, als die Gemeinde für die Versagung ihres Einvernehmens keine Begründung geben muss (BVerwG, U.v. 20.5.2010 – 4 C 7.09 – BayVBl 2011, 183 Rn. 34 unter Hinweis auf BT-Drs. 13/6392 S. 60 zu Nr. 29 und Buchst. b).
In diesem Zusammenhang bestreitet der Kläger in seiner Antragsbegründung die vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemachte Aussage, wonach die Akten zum Zeitpunkt der Beteiligung des Klägers „ausreichend unvollständig“ (der Kläger meint damit wohl: „ausreichend und vollständig“) gewesen seien (Schriftsatz vom 31.3.2017, S. 4 Abschnitt 3). Mit diesem Vortrag können aber weder ernstliche Zweifel daran geweckt werden, dass das Urteil im Ergebnis richtig ist, noch kann damit ein anderer Grund für die Zulassung der Berufung erfolgreich dargelegt werden. Denn zum Einen hat das Verwaltungsgericht – wie oben ausgeführt – angesichts der Obliegenheit des Klägers, auf vollständige Genehmigungsunterlagen hinzuwirken, die möglicherweise gegebene Unvollständigkeit der Unterlagen als entscheidungsunerheblich angesehen. Zum Andern wäre dem Kläger für den Fall, dass er mit dem Bestreiten des mündlichen Beklagtenvortrags zumindest sinngemäß auch den Verfahrensmangel der unzureichenden gerichtlichen Sachverhaltsermittlung geltend machen wollte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO), entgegenzuhalten, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich keinen Beweisantrag gestellt hat. Er hat in der Begründung des Zulassungsantrags auch nicht dargelegt, weshalb dem Verwaltungsgericht sich eine diesbezügliche weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.
2.2. Für seine Auffassung, die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB habe nicht eintreten können, führt der Kläger außerdem an, es kämen vorliegend mehrere vom Verwaltungsgericht verkannte Besonderheiten hinzu. So habe der Beklagte bereits zu einem frühen Zeitpunkt gegenüber dem Kläger angekündigt, den Genehmigungsantrag der Beigeladenen aus planungsrechtlichen Gründen abzulehnen; aus Sicht des Beklagten seien deshalb vollständige Genehmigungsunterlagen seinerzeit nicht wichtig gewesen, und im selben Zusammenhang sei auch die – sogar in zwei Schreiben (in den Jahren 2012 und 2013) verwendete – Formulierung des Landratsamts zu berücksichtigen, wonach der Kläger „gegebenenfalls“ über das gemeindliche Einvernehmen entscheiden möge (Schriftsatz vom 31.3.2017, S. 3 Mitte bis S. 5 Mitte). Der Kläger wertet anscheinend in einer Gesamtschau die genannte Formulierung („gegebenenfalls“), die ablehnende Haltung des Landratsamts gegenüber dem streitgegenständlichen Vorhaben sowie die – nach Ansicht des Klägers gegebene – Unvollständigkeit der Genehmigungsunterlagen gewissermaßen als „entschuldigende“ Umstände, aufgrund derer einerseits die ausdrückliche Versagung des gemeindlichen Einvernehmens entbehrlich gewesen sei und andererseits dennoch – trotz des „Schweigens“ des Klägers – die Einvernehmensfiktion nicht habe eintreten können.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat in seiner Antragserwiderung die Verwendung des Wortes „gegebenenfalls“ im Anschreiben des Landratsamts damit erklärt, dass dieser Begriff der Wahlfreiheit der zuständigen Standortgemeinde im Genehmigungsverfahren entspreche, die sich nicht zwingend äußern müsse, sondern – durch schlichtes Schweigen und Verstreichenlassen der zweimonatigen Erklärungsfrist – die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bewusst eintreten lassen könne; weitere Schlüsse dürften vorliegend aus der Verwendung des Wortes „gegebenenfalls“ nicht gezogen werden (Schriftsatz vom 27.4.2017, S. 2). Diese Erklärung des Beklagten ist nachvollziehbar; der Kläger ist ihr auch nicht mehr entgegengetreten.
Nicht entgegengetreten ist der Kläger in seiner Antragsbegründung auch den Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, wie im vorliegenden Fall das Ersuchen des Landratsamts gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB habe verstanden werden müssen. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich zunächst – im Einklang mit der Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 25.8.2015 – 22 CS 15.1683 – juris) – ausgeführt, ein Ersuchen im Sinn von § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB müsse wegen der daran gegebenenfalls geknüpften Folge der Einvernehmensfiktion aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutig als solches formuliert sein; die Gemeinde müsse erkennen können, dass und in welcher Hinsicht die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ausgelöst werde; ob dieses Erfordernis gewahrt sei, hänge maßgeblich davon ab, wie das Schreiben nach dem Empfängerhorizont der Gemeinde verstanden werden müsse (UA, S. 8 Abschnitt 2). Anschließend hat das Verwaltungsgericht eine Reihe verschiedener konkreter Umstände genannt, aufgrund derer das Anschreiben des Landratsamts diesen Anforderungen genügt habe und aus Sicht des Klägers (also nach dessen „Empfängerhorizont“) zweifelsfrei als Einvernehmensersuchen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu verstehen gewesen sei (als solche konkreten Umstände im Einzelfall hat das Verwaltungsgericht die gängige Verwaltungspraxis, die Entbehrlichkeit der Nennung einer Frist oder des ausdrücklichen Hinweises auf die Fiktionswirkung, die Äußerungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung und den Auszug aus dem Sitzungsbuch zur maßgeblichen Marktgemeinderatssitzung vom 23.2.2012 genannt – vgl. UA, S. 8 Mitte bis S. 9 Mitte). Mit diesen Entscheidungsgründen setzt sich der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags nicht substantiiert auseinander; er wird damit den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht.
Auch im Hinblick auf die vom Kläger im Genehmigungsverfahren beantragte Zurückstellung der Genehmigung, mit der sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil, nicht aber der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags befasst hat, sind ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils nicht veranlasst. Das Verwaltungsgericht hat es für denkbar gehalten, dass der Kläger dem Antrag auf Zurückstellung der Genehmigungsentscheidung dieselbe Rechtswirkung beigemessen hat, wie sie die Versagung des Einvernehmens gehabt hätte. Das Gericht hat indes diese Rechtsansicht als rechtsirrig angesehen und diesen Rechtsirrtum des Klägers für den Eintritt der Fiktionswirkung für ebenso irrelevant gehalten wie einen eventuellen Irrtum darüber, dass das Landratsamt die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung schon aus anderen, nämlich aus planungsrechtlichen Gründen, nicht erteilen und somit das versagte gemeindliche Einvernehmen auch nicht ersetzen werde (UA, S. 9 Mitte bis S. 10 Mitte). Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts befasst sich der Kläger in der Antragsbegründung nicht substantiiert, so dass es insoweit auch keiner vertiefenden Erörterung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf. Lediglich im Hinblick auf eventuelle seinerzeitige „taktische“ Erwägungen des Klägers, die in der Begründung des Zulassungsantrags anklingen und die das Verhalten des Klägers während des Genehmigungsverfahrens bestimmt haben mögen, ist anzumerken: Hält eine im Genehmigungsverfahren beteiligte, wegen des erforderlichen Einvernehmens angefragte Gemeinde das zur Genehmigung gestellte Vorhaben aus bauplanungsrechtlichen Gründen im Sinn von § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB für nicht genehmigungsfähig, so kann dies nicht anders als durch Versagung des Einvernehmens zweifelsfrei und rechtswirksam kundgetan werden. Dagegen birgt eine – aus welchen Gründen auch immer – geübte Zurückhaltung der Gemeinde, die von einer Versagung des Einvernehmens zum Beispiel in der Annahme absieht, die Genehmigungsbehörde werde das streitige Vorhaben wegen entgegenstehender bauplanungsrechtlicher Hindernisse ohnehin nicht genehmigen, die Gefahr, dass die materielle Genehmigungsfähigkeit des streitigen Vorhabens z.B. im Fall eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits gerichtlicherseits anders beurteilt wird von der Genehmigungsbehörde und der betroffenen Standortgemeinde.
2.3. Der vom Verwaltungsgericht als selbständig tragend herangezogene und von den Darlegungen des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellte Entscheidungsgrund, dass das Einvernehmen des Klägers gemäß der Fiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB vorliegt, führt grundsätzlich zum Verlust des Klagerechts. Denn die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens – sei sie ausdrücklich oder infolge der gesetzlichen Fiktion erfolgt – hat nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum zur Folge, dass es der betroffenen Gemeinde verwehrt ist, die – nach ihrer Ansicht – in der Erteilung der Baugenehmigung für das streitige Vorhaben liegende Verletzung der vom Einvernehmenserfordernis umfassten Rechte geltend zu machen (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 30.7.2013 – 15 B 12.147 – BayVBl 2014, 110, juris; NdsOVG, U.v. 11.11.2013 – 12 LC 271/11 – BauR 2014, 522, juris Rn. 20 m.w.N.).
Vorliegend kann dahinstehen, ob dieser Rügeverlust dadurch wieder aufgehoben worden sein kann, dass sich die bauplanungsrechtliche Beurteilung des streitigen Vorhabens mehr als zwei Jahre nach dem vom Verwaltungsgericht angenommenen, im Frühjahr 2012 erfolgten Eintritt der Einvernehmensfiktion dahingehend geändert hat, dass am 21. November 2014 die geänderte Fassung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO in Kraft getreten ist mit der Folge, dass die Privilegierung von WKA unter den in dieser Vorschrift genannten – vorliegend wohl erfüllten – Voraussetzungen (Unterschreiten eines Mindestabstands) entfällt. Denn die Frage etwaiger Auswirkungen der „Entprivilegierung“ auf die eingetretene Einvernehmensfiktion gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB hängt ihrerseits davon ab, dass die Anwendung von Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO nicht gemäß Art. 83 Abs. 1 BayBO ausgeschlossen ist. Insoweit hat für den vorliegenden Fall das Verwaltungsgericht dargelegt, dass vor Ablauf des 4. Februar 2014 ein vollständiger Genehmigungsantrag bei der Behörde eingegangen sei, so dass gemäß Art. 83 Abs. 1 BayBO die „10-H-Regelung“ des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO nicht gelte.
Die Einwände, die der Kläger gegen diese Rechtsannahme des Verwaltungsgerichts mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung erhoben hat, greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Frage der Vollständigkeit der Genehmigungsunterlagen anhand der Anforderungen der 9. BlmSchV zu beantworten sei, worauf auch die Anwendungshinweise des StMIBV zur „10-H-Regelung“ hindeuteten (UA, S. 12 Buchst. aa). Diesen rechtlichen Ansatz hat der Kläger in der Antragsbegründung nicht substantiiert in Frage gestellt (Schriftsatz vom 31.3.2017, S. 6 oben); er befasst sich auch nicht mit der ausführlichen weiteren Argumentation des Verwaltungsgerichts (UA, S. 12 Mitte bis S. 15 oben), das dargelegt hat, welche Unterlagen zum maßgeblichen Stichtag vorhanden waren und dass bestimmte, vom Kläger erstinstanzlich angesprochene Nachreichungen und Ergänzungen von Antragsunterlagen am Befund eines am 4. Februar 2014 vollständigen Genehmigungsantrags nichts änderten. In Bezug auf die Anwendung der „10-H-Regelung“ bzw. deren Ausschluss aufgrund eines zum Stichtag (4.2.2014) vollständigen Genehmigungsantrags beschränkt sich der Kläger vielmehr in seiner Begründung des Zulassungsantrags (Schriftsatz vom 31.2.2017, Nr. 2 auf S. 5 und 6) auf Ausführungen zum Gesetzeszweck und zum Werdegang der Gesetzesänderung vom Juni 2013 bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (21.11.2014) sowie auf seine – wiederholte – Behauptung, die Genehmigungsunterlagen seien auch nach dem Maßstab des § 7 der 9. BImSchV unvollständig gewesen, wie er erstinstanzlich dargelegt habe. Mit dieser pauschalen Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag genügt der Kläger nicht dem Darlegungsgebot, das die Prüfung durch das Berufungsgericht im Zulassungsverfahren erleichtern soll (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2017 – 22 ZB 16.593 – juris Rn. 29, B.v. 17.1.2017 – 22 ZB 16.95 – juris Rn. 9 und B.v. 16.9.2016 – 22 ZB 16.304 – juris Rn. 4 m.w.N.).
3. Im Ergebnis braucht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht mit der Frage zu befassen, ob der mit dem Eintritt der Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB einhergehende Ausschluss der Berechtigung, die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit eines Vorhabens geltend zu machen, auch den Verlust der Befugnis der beteiligten Gemeinde zur Folge hat, die fehlerhafte Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsvorprüfung bzw. das rechtswidrige Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung geltend zu machen (offen gelassen hat der BayVGH diese Frage im B.v. 25.8.2015 – 22 CS 15.1683 – juris Rn. 35). Denn das Verwaltungsgericht hat für den Fall, dass die Fiktionswirkung nicht eingetreten sein sollte, hilfsweise ausgeführt, dass die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Beklagten nicht zu beanstanden sei (UA, ab S. 11 Buchst. b). Soweit es bei dieser Einvernehmensersetzung um die – vom Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags (Schriftsatz vom 31.3.2017, Nr. 3 auf S. 7) thematisierten – umweltverfahrensrechtlichen Anforderungen geht, hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass das streitige Vorhaben nicht der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder zur Allgemeinen oder Standortbezogenen Vorprüfung unterliege, weil es die Errichtung von lediglich zwei WKA betreffe, und dass diese beiden WKA auch nicht zusammen mit schon vorhandenen Anlagen als nachträglich kumulierende Vorhaben (§ 3b Abs. 2 Satz 1, § 3c Satz 5 UVPG) angesehen werden könnten (UA, ab S. 15 zweiter Abschnitt). Das Verwaltungsgericht hat insoweit darauf hingewiesen, dass der nach § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG bei technischen Anlagen (wie es WKA sind) erforderliche „enge Zusammenhang“ voraussetzt, dass die Anlagen auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und (zusätzlich) mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, und dass nach der Rechtsprechung (BayVGH, B.v.12.9.2016 – 22 ZB 16.785 – ZUR 2017, 106, juris und B.v. 26.7.2016 – 22 ZB 15.2326 – juris; BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 4 C 4.14 – UPR 2015, 393-395 und U.v. 17.12.2015 – 4 C 7.14 u.a. – BayVBl 2016, 603) hierzu die Anlagen in einem räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. in einem funktionalen und wirtschaftlichen Bezug zueinander stehen müssen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass diese gesetzlichen, von der Rechtsprechung präzisierten Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind; die Richtigkeit dieser tatsächlichen Annahme bestreitet der Kläger in der Antragsbegründung nicht. Er behauptet vielmehr, die Voraussetzungen widersprächen dem Schutzzweck des UVPG. Dies vermag aber deswegen nicht zu überzeugen, weil der Kläger zum Einen auch insoweit in ungenügender, dem Darlegungsgebot nicht entsprechender Weise (siehe oben unter Nr. 3.1) auf seinen erstinstanzlichen Vortrag verweist und zum Andern bei seiner Argumentation gegen die Rechtsprechung zu nachträglich kumulierenden Anlagen lediglich vage, allgemein gehaltene und teilweise auch falsche Erwägungen anstellt, aber nicht substantiiert darlegt, welche Kriterien nach seiner Ansicht anstelle der vom Verwaltungsgericht und der obergerichtlichen Rechtsprechung herangezogenen Kriterien gelten sollen. Mit diesem Vortrag (der den Einwänden desselben Bevollmächtigten im Verfahren des BayVGH, B.v. 12.9.2016 – 22 ZB 16.785 – a.a.O., ähnelt) verfehlt der Kläger weitestgehend gleichfalls die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Soweit er in seiner Antragsbegründung meint, WKA müssten schon betriebsbedingt mehrere 100 m Abstand zueinander halten und könnten daher niemals „auf einem einheitlichen Betriebsgrundstück oder Baugrundstück liegen“, übersieht er, dass die Legaldefinition des § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG des „selben Betriebs- oder Baugeländes“ nicht identisch ist mit „demselben Buchgrundstück“ (vgl. OVG SH, U.v. 8.3.2013 – 1 LB 5/12 – juris Rn. 60).
4. Auch in Bezug auf das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 BNatSchG), das die Standortgemeinde als Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB einem Vorhaben entgegenhalten kann, genügt der Vortrag des Klägers in der Antragsbegründung dem Darlegungsgebot (124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe zwar zutreffend ausgeführt, wann im Allgemeinen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative nicht angenommen werden könne. Es habe aber zugleich rechtsfehlerhaft die Ausführungen des Klägers zurückgewiesen, mit denen der Kläger die Unanwendbarkeit der Einschätzungsprärogative im vorliegenden Fall belegt, nämlich nachgewiesen habe, dass die von der Beigeladenen vorgelegten artenschutzrechtlichen Prüfungen fehlerhaft und unvollständig seien und den Maßgaben des Bayerischen Windenergieerlasses nicht genügten. Das Verwaltungsgericht selber habe zwar den Windenergieerlass als grundsätzlich zu beachtendes antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen. Seine Argumente, mit denen es vorliegend aber ein ausnahmsweises Abweichen von den fachlichen Vorgaben des Windenergieerlasses gerechtfertigt habe, seien indes rechtlich nicht haltbar; insoweit werde auf den Vortrag des Klägers „zum Thema Schwarzstorch und zum Thema Einhaltung der Vorgaben des Windenergieerlasses“ Bezug genommen.
Ungenügend im Hinblick auf § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist diese Begründung des Klägers deswegen, weil sie sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts befasst, in denen das Spannungsfeld zwischen den fachlichen Vorgaben des Windenergieerlasses einerseits und der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative andererseits behandelt wird (UA, S. 17 unten). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist es nicht generell und ausnahmslos ausgeschlossen, von den Vorgaben des Bayerischen Windenergieerlasses hinsichtlich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen abzuweichen. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr wiederholt dargelegt (vgl. z.B. U.v. 27.5.2016 – 22 BV 15.2003 – NuR 2016, 870 Rn. 32 und U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 Rn. 45), dass sich die diesbezüglichen naturschutzfachlichen Anforderungen mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles abhängen, so dass der „Windkrafterlass Bayern“ (inzwischen „Windenergie-Erlass – BayWEE“ vom 19.7.2016) die zur Ermittlung artenschutzrechtlich gegebenenfalls entscheidungserheblicher Umstände gebotenen Erhebungen näher konkretisiere und dass der Windenergieerlass mit seinen konkreten Anforderungen, da diese auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhten, als „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen sei, von dessen im Regelfall zu beachtenden Erfordernissen nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden dürfe (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736/738).
Der Kläger behauptet zwar, dass das Verwaltungsgericht diese Vorgaben verkannt habe; inwiefern dies der Fall sein soll, legt er jedoch nicht dar. Dies wäre aber geboten gewesen, weil das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hat, dass für ein tatsächliches Vorkommen des Schwarzstorchs im engeren Prüfbereich seitens des Klägers keine konkreten Anhaltspunkte benannt worden seien und dass – in Bezug auf den weiteren Prüfbereich – die untere Naturschutzbehörde den Anforderungen des Windkrafterlasses nachgekommen sei, indem sie eine nähere Betrachtung der Gefahren für den Schwarzstorch nachgefordert habe und die zuletzt vorgelegte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) insgesamt aufgrund der vorhandenen Verbreitungsdaten sowie von Potenzialabschätzungen und worst-case-Annahmen ausreichend für die Einschätzung angesehen habe, wonach Verbotstatbestände hinsichtlich der relevanten Arten nach den Anlagen 2 bis 4 des Windkrafterlasses nicht zu erwarten seien; dies sei nicht zu beanstanden (UA, S. 17 unten). Inwieweit diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der nach seiner Ansicht rechtlich fehlerfreien Anwendung des Windenergieerlasses ernstlichen Bedenken begegnen, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko beteiligt (§ 154 Abs. 3 VwGO) sowie das Verfahren durch eigenen Sach- und Rechtsvortrag gefördert. Es entspricht deshalb der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gleichfalls dem Kläger aufzuerlegen.
Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG i.V.m. Nr. 19.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit festgesetzt.


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