Baurecht

Erfolglose Klage gegen die Erteilung einer Baugenehmigung unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens

Aktenzeichen  M 11 SN 18.5724

Datum:
10.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5171
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 4 S. 3, Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3 S. 1, § 113 Abs. 1 S. 1
BauGB § 34 Abs. 1, Abs. 2, § 36 Abs. 2 S. 1, § 212a Abs. 1
BauNVO § 6, § 12, § 14 Abs. 1 S. 1
DSchG § 6

 

Leitsatz

1 Die Rechtslage zu § 14 BauNVO, wonach Teile des Hauptgebäudes keine Nebenanlage iSd § 14 BauNVO sind, ist auf § 12 BauNVO nicht übertragbar. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Anforderungen an die gesicherte Erschließung im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) ergeben sich aus der jeweiligen Innenbereichssituation und den konkreten Anforderungen des jeweiligen Vorhabens und Baugrundstücks. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein etwaiger Verstoß eines Bauvorhabens gegen Art. 6 DSchG berechtigte eine Gemeinde nicht zur Verweigerung des Einvernehmens nach § 36 BauGB.(Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschieben Wirkung seiner Klage gegen einen unter Ersetzung seines gemeindlichen Einvernehmens ergangenen Baugenehmigungsbescheid.
Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung … Das Grundstück des Beigeladenen ist mit einem an das nördliche Grundstück FlNr. … grenzständig errichteten Lagerschuppen bebaut. Östlich grenzt das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück FlNr. … an. Ein Bebauungsplan existiert nicht.
Mit Bescheid vom 18. August 2014, Az.: …, erteilte das Landratsamt … … … (im Folgenden: Landratsamt) für das Grundstück FlNr. … eine Baugenehmigung für den Neubau eines Reihenhauses mit Garage.
Unter dem 14. Juli 2017 stellte der Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer Tekturgenehmigung hinsichtlich des Bescheids … zur Nutzungsänderung in zwei Wohneinheiten mit Tiefgarage.
Mit Beschluss des Bau- und Umweltausschuss des Antragstellers vom 21. August 2017 wurde die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens verweigert.
Am 31. August 2017 ging die Verweigerung des Einvernehmens im Landratsamt ein.
Mit Bescheid des Landratsamts vom 9. Oktober 2018 wurde dem Beigeladenen die begehrte Tekturgenehmigung antragsgemäß erteilt.
Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage gegen die Tekturgenehmigung vom 9. Oktober 2018 erheben (M 11 K 18.5289).
Mit Schriftsatz vom 23. November 2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Antragsteller zudem beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts … … … vom 09.10.2018, Az.:* …, anzuordnen.
Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Dezember 2018 wurde der Antrag begründet und im Wesentlichen vorgetragen, die mitbeantragte Tiefgarage sei nach der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig. Da es sich bei dem der Art der baulichen Nutzung nach zulässigen Wohnhaus und der unzulässigen Tiefgarage um ein einheitliches Vorhaben handele, führe dies insgesamt zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche der Art der baulichen Nutzung nach einem Mischgebiet. Das streitgegenständliche Vorhaben sei nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 12 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig. Bei der genehmigten Tiefgarage dürfte es sich bereits nicht um eine Garage i.S.d. § 12 Abs. 1 BauNVO handeln, sodass die Spezialvorschrift des § 12 BauNVO nicht einschlägig sei. Bei dem Begriff „Garage“ handele es sich um einen Nutzungsbegriff des Bauplanungsrechts ohne bundesrechtliche Legaldefinition. Zur näheren Ausfüllung des bundesrechtlichen Begriffs könne jedoch auf die landesrechtlichen Definitionen des Bauordnungsrechts zurückgegriffen werden. Gemäß Art. 2 Abs. 8 Satz 2 BayBO seien Garagen Gebäude oder Gebäudeteile zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Art. 8 Abs. 8 Satz 3 BayBO regele sodann weiter, dass Ausstellungs-, Verkaufs-, Werk- und Lagerräume für Kraftfahrzeuge keine Stellplätze oder Garagen seien. Unter den Begriff des Lagerraums könnten auch hauseigene Parkplätze oder andere Flächen zum Abstellen oder Lagern von Wohnwagen, Booten usw. während der Zeit, in der sie nicht benutzt würden, fallen, wenn das Abstellen oder Lagern sich über eine nicht unbeachtlich kurze Zeit erstrecken würde. Der Beigeladene beabsichtige in der Tiefgarage eine nicht näher genannte Zahl an Oldtimern unterzubringen. Diese sollten nur äußerst selten bewegt werden. Unklar bleibe, ob bzw. in welchem Umfang dort auch andere Fahrzeuge des Beigeladenen abgestellt werden sollten. Dies lege nahe, dass es sich bei der beantragten Tiefgarage nicht um eine Garage im Sinne des Gesetzes handele, sondern vielmehr um einen Lagerraum, in welchem eben hobbymäßig gehaltene historische Fahrzeuge abgestellt werden sollten. Es sei nach dem Akteninhalt auch unklar, ob in der Tiefgarage auch Restaurations-, Reparatur- und Wartungsarbeiten in größerem Umfang durchgeführt werden sollten. In diesem Fall liege die Annahme eines Werkraums nahe. Dies sei auch nicht fernliegend, da historische Fahrzeuge häufig auch zum hobbymäßigen „Basteln“ und „Herrichten“ angeschafft würden. Es sei daher davon auszugehen, dass keine Garage i.S.d. § 12 BauNVO vorliege und folglich dieser Zulassungstatbestand nicht erfüllt sei. Das streitgegenständliche Vorhaben sei zudem auch nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zulässig, da es sich bei der mit dem Restgebäude verbundenen Tiefgarage nicht um eine selbstständige Nebenanlage handele. Demnach sei die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Tiefgarage nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO zu beurteilen. Hiernach sei der private Lagerplatz für Oldtimer unzulässig, da er weder dem primären Wohnzweck noch einem gewerblichen Zweck der in einem solchen Baugebiet gelegenen Grundstücke sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Bebauung diene bzw. untergeordnet sei. Zwar könne ein Lagerplatz in einem Mischgebiet zulässig sein, sofern er Teil eines Gewerbebetriebs sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Eine private Lagerstätte sei allein nach § 14 BauNVO zu beurteilen. Unmittelbar aus § 6 BauNVO könne eine Gebietsverträglichkeit daher nicht hergeleitet werden. Darüber hinaus sei auch die straßen- und wegemäßige Erschließung nicht gesichert. Das Vorhabengrundstück verfüge über keinen rechtlich gesicherten Zugang zu einer öffentlichen Straße, die eine Zufahrt von Kraftfahrzeugen einschließlich öffentlicher Versorgungsfahrzeuge (Müllabfuhr, Feuerwehr, Krankenwagen) erlaube. Bei der an das Vorhabengrundstück angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche FlNr. … handele es sich um einen beschränkt-öffentlichen Weg i.S.d. Art. 53 Nr. 2 BayStrWG. Dieser sei lediglich für die Benutzung durch Fußgänger gewidmet. Insoweit wurde eine Eintragungsverfügung für das Bestandsverzeichnis vorgelegt. Fahrzeugverkehr sei darauf nicht statthaft, sodass eine öffentliche Erschließung über den Fußgängerweg nicht gegeben sei. Die straßen- und wegemäßige Erschließung sei aber auch nicht deshalb gesichert, weil an einem ca. 2 m breiten Streifen der FlNr. … ein Geh- und Fahrtrecht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Vorhabengrundstücks sowie des Freistaats eingetragen worden sei. Es sei nach dem Akteninhalt schon unklar, ob eine Wegbreite von 2 m auch in tatsächlicher Hinsicht zur Benutzung durch Fahrzeuge zur Verfügung stehe. Jedenfalls aber sei eine Wegbreite von 2 m noch nicht einmal ausreichend, um mit kleineren Fahrzeugen an das Vorhabengrundstück heranzufahren. Es möge zwar sein, dass man mit Fahrzeugen tatsächlich bis an das Vorhabengrundstück heranfahren könne, in rechtlicher Hinsicht sei die straßen- und wegemäßige Erschließung aufgrund der obigen Erwägungen indes nicht gesichert. Der Antragsteller werde auch in seiner Planungshoheit verletzt. Selbst falls die Erfolgsaussichten als offen angesehen würden, ergebe die Interessenabwägung, selbst unter Beachtung des § 212a BauGB, dass das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiege, damit keine vollendeten Tatsachen zu Lasten seiner Planungshoheit geschaffen würden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trat dem Antrag mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2018 entgegen und verwies zur Begründung seines Ablehnungsantrags auf den streitgegenständlichen Bescheid.
Der Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2018 ließ der Beigeladene zur Begründung seines Ablehnungsantrags im Wesentlichen ausführen, dass über den nördlichen Teil des Weges auf dem im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks FlNr. …, bei dem es sich um eine Verbindung zwischen der …straße im Norden und der …straße im Süden handele, seit jeher Verkehr und zwar auch Verkehr mit Kraftfahrzeugen stattfinde. Diese Fläche diene nicht nur der Erschließung der Anwesen …straße 4a und 4b, sondern v.a. auch der rückwärtigen Flächen der FlNrn. …, … und … Insbesondere befänden sich auf FlNr. … unmittelbar an der Wegfläche vier Kraftfahrzeugabstellplätze, welche von Bewohnern und Besuchern des Anwesens …straße 2 regelmäßig genutzt würden. Zusätzlich zur Widmung als beschränkt-öffentlicher Weg sei das Grundstück FlNr. … auch gemäß Eintragungsverfügung vom 29. Juli 1986 als Gemeindestraße mit der Bezeichnung „…straße (Staatsstraße …*) – Verbindung zu Grundstück FlNr. … -“ ohne Widmungsbeschränkung gewidmet. Insoweit wurde die Eintragungsverfügung vorgelegt. Der genaue Verlauf der von diesen Widmungen betroffenen Flächen ergebe sich aus der Eintragungsverfügung und den diesen jeweils beigefügten Lageplänen. Dem Beigeladenen sei mit Bescheid vom 18. August 2018, Az.: …, die Baugenehmigung für den Neubau eines Zweifamilienhauses mit Garage erteilt worden. Gegen dieses Vorhaben habe sich der Antragsteller nicht gewandt und hinsichtlich dieses Vorhabens sogar das gemeindliche Einvernehmen erteilt. Das nun streitgegenständliche Vorhaben unterscheide sich von dem damals genehmigten Vorhaben im Wesentlichen lediglich durch eine zusätzliche Unterkellerung mit Tiefgarage. Diese Tiefgarage solle entsprechend den Eingabeplänen neben der notwendigen Rangierfläche vier Stellplätze und einen Autolift beherbergen. Wegen der beantragten Nutzung für diese Tiefgarage werde auf die beigefügte Betriebsbeschreibung vom 2. Juli 2018 verwiesen. Danach diene die Garage neben der Unterbringung üblicher Alltagsfahrzeuge vor allem auch der Unterbringung der Oldtimer des Beigeladenen, die von ihm hin und wieder auch bewegt würden. Letzteres sei regelmäßig nötig, wenn die Fahrtüchtigkeit und damit der Wert der Fahrzeuge erhalten werden solle. Eine Vermietung der Stellplätze sei ausdrücklich nicht beabsichtigt. Auf Wunsch des Beigeladenen habe die Nutzungsbeschränkung auch Eingang in den angefochtenen Baugenehmigungsbescheid unter Ziffer 1.1 gefunden. Das am Grundstück FlNr. … eingetragene Geh- und Fahrtrecht sei ein Steifen von mindestens 2,50 m Breite, wie sich aus den Darstellungen des vermassten amtlichen Lageplans ergebe. Das Wegegrundstück FlNr. … verfüge in diesem Bereich ebenfalls nur über eine Breite von maximal 2,50 m und werde dennoch seit Jahrzehnten problemlos von den Kraftfahrzeugen, die zu den vier Stellplätzen im rückwärtigen Bereich der FlNr. … an- und abfahren genutzt. Das streitgegenständliche Vorhaben sei hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 12 BauNVO zulässig. Da sich – wie vom Antragsteller auch unstreitig gestellt – die nähere Umgebung des Bauvorhabens als Mischgebiet darstelle und kein Bebauungsplan existiere, seien die in den Absätzen 2 bis 6 des § 12 BauNVO enthaltenen Einschränkungen von vorneherein unbeachtlich. Unter den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 BauNVO fielen private bauliche Anlagen für den ruhenden Verkehr auf den Baugrundstücken der Baugebiete. Um eine solche Anlage handele es sich bei der streitgegenständlichen Tiefgarage. Es könne keine Rolle spielen, dass sie auch zum Abstellen von Oldtimern benutzt werde, die seltener als normale Fahrzeuge bewegt würden. Hieraus könne jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich nicht mehr um eine Garage i.S.d. § 12 Abs. 1 BauNVO handele. Andernfalls müsste jeder Fahrzeughalter, der sein Fahrzeug – aus welchen Gründen auch immer – nur selten bewege und aus der Garage hole, um die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der Garagennutzung fürchten (so etwa bei Sommerfahrzeugen mit Saisonkennzeichen). Im Übrigen ergebe sich aus der Betriebsbeschreibung auch, dass die Garage keineswegs ausschließlich zum Abstellen der Oldtimer des Beigeladenen vorgesehen sei. Es heiße dort nämlich „vor allem auch diese Fahrzeuge“. Tatsächlich werde die Garage auch dem Abstellen normaler Alltagsfahrzeuge des Beigeladenen dienen. Auch die spekulativen Ausführungen, dass es sich nicht um eine Garage, sondern um einen Lagerraum handeln würde, weil dort historische Fahrzeuge hobbymäßig gehalten würden und an diesen auch Arbeiten durchgeführt würden, seien unbeachtlich. Welche Nutzung für die Garage beantragt und in der Folge auch genehmigt worden sei, ergebe sich aus dem Bauantrag und vor allem der eigens hierfür erstellten Betriebsbeschreibung für die Garage, in welcher solche Arbeiten gerade nicht gemacht würden. Selbst falls es sich vorliegend nicht um eine Garage handeln sollte, wäre sie aber zulässig und zwar entweder unmittelbar als Teil eines nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen Wohngebäudes oder als untergeordnete Nebenanlage nach § 14 BauNVO. Die Tiefgarage diene tatsächlich dem Abstellen von Fahrzeugen der Bewohner des Anwesens, zu denen auch – aber nicht nur – die Oldtimer des Beigeladenen gehörten. Auch sei sie in ihrem Erscheinungsbild untergeordnet bzw. sogar nicht sichtbar. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2004 (4 C 12/03) sei nicht vergleichbar, da es sich dort um eine vom Haupthaus freistehende Schwimmhalle mit den Maßen 13 m mal 16 m gehandelt habe, die in ihrem Erscheinungsbild einem eigenen Wohnhaus geglichen habe. Für das Bundesverwaltungsgericht sei in diesem Fall entscheidend gewesen, dass die Halle der äußeren Erscheinung nach eher einem weiteren Wohngebäude geglichen habe und sie deshalb nicht untergeordnet i.S.d. § 14 BauNVO gewesen sei. Vorliegend sei die Tiefgarage aber – mit Ausnahme des Lifts – nach außen gar nicht sichtbar und außerdem sei sie mit dem Haupthaus und dem Keller unmittelbar verbunden und damit keine eigenständige Anlage. Auch sei die Erschließung gesichert. Aus der vorgelegten Eintragungsverfügung des Antragstellers ergebe sich, dass ein als Gemeindestraße ohne Widmungsbeschränkung gewidmetes Teilstück der FlNr. … in ausreichender Breite bis unmittelbar an die nördliche Grenze der FlNr. … heranreiche. Für die letzte Wegstrecke von knapp 14 m bis zum streitgegenständlichen Grundstück sei an FlNr. … zu Gunsten des streitgegenständlichen Grundstücks und des Freistaats ein Geh- und Fahrtrecht für einen Fahrstreifen von mindestens 2,50 m Breite im Grundbuch eingetragen. Selbst wenn – wie wegen der Regelung in Art. 4 Abs. 2 BayBO gerade nicht der Fall – ein Verstoß gegen die bauordnungsrechtlichen Anforderungen der Erschließung vorläge, hätte dies auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung keinen Einfluss, weil diese im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO erteilt worden sei und die Übereinstimmung mit den Anforderungen des Art. 4 BayBO von der Behörde nicht zu prüfen gewesen sei und daher auch an der Tatbestandswirkung der Baugenehmigung nicht teilnehme. Im Übrigen sei es so, dass auch die FlNr. …, die – trotz ihrer Widmung – nachweislich seit Jahrzehnten von Kraftfahrzeugen problemlos genutzt werde (u.a. vier Stellplätze auf FlNr. …*), an der engsten Stelle gerade 2,50 m breit sei. Hieran scheine der Antragsteller sich jedoch nicht zu stören.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen des zugehörigen Klageverfahrens M 11 K 18.5289 und die vorgelegten Behördenakten, einschließlich der Bauvorlagen, verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.
Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Erfolgsaussichten kann als Maßstab in Anlehnung an die Regelung in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO das Bestehen von ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.1991 – 25 CS 91.3006 – juris Rn. 40; Gersdorf in Posser/Wolff, VwGO, Stand 1.7.2016, § 80 Rn. 189). Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre.
Entsprechend diesem Maßstab ist der Antrag abzulehnen. Nach Aktenlage ist voraussichtlich anzunehmen, dass die zulässige Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil die Ersetzung des Einvernehmens rechtmäßig ist und der Antragsteller daher nicht in seinen Rechten aus § 36 BauGB verletzt wird.
a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich zulässig.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Ein Vorhaben ist danach zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich insbesondere nach der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
Die Beteiligten gehen überstimmend davon aus, dass die Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung sich vorliegend nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO richtet, da die Eigenart der näheren Umgebung hier einem Mischgebiet entspricht. Die Kammer sieht keinen Grund, dies nach Aktenlage und Einsicht in die im Internet frei zugänglichen Karten in Zweifel zu ziehen.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich bei der Tiefgarage um eine Garage im Sinne des § 12 Abs. 1 BauNVO. Dass die Tiefgarage Teil des Gesamtgebäudes ist, steht dem nicht entgegen. Die Rechtslage zu § 14 BauNVO, wonach Teile des Hauptgebäudes keine Nebenanlage i.S.d. § 14 BauNVO sind, ist auf § 12 BauNVO nicht übertragbar. Aus § 12 Abs. 4 und Abs. 5 BauNVO, wonach durch Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass in bestimmten Geschossen oder Geschossteilen nur Garagen zulässig sind, folgt, dass der Verordnungsgeber den Begriff der „Garage“ nicht auf baulich selbstständige Gebäude beschränkt wissen wollte. Dem Einwand des Antragstellers, vorliegend handele es sich in Wirklichkeit um einen Lagerraum bzw. möglicherweise einen Werkraum, weil der Beigeladene beabsichtige selten zu bewegende Oldtimer abzustellen, ist nicht zu folgen. Zum einen soll die Tiefgarage nicht nur den Oldtimern des Beigeladenen dienen, sondern auch „normalen“ Kraftfahrzeugen. Zum anderen ist es letztlich Sache des Beigeladenen, wie oft er seine Oldtimer ausfährt. Nach seinem eigenen Vortrag hat er dies jedenfalls gelegentlich vor. Bei Oldtimern ist es gerade üblich, diese gelegentlich zu fahren, was für deren Erhaltung in der Tat notwendig ist, zugleich dies jedoch nicht so oft zu tun. Der Annahme des Antragstellers, im vorliegenden Fall handele es sich um einen Lagerraum oder jedenfalls wegen gelegentlichen „Bastelns“ um einen Werkraum, was letztlich dazu führen würde, Garagen und Stellplätzen, auf denen zugelassene und verkehrstaugliche Oldtimer stehen, die Eigenschaft als Garage oder Stellplatz abzusprechen, kann nicht gefolgt werden, da in einem Fall wie dem vorliegenden jedenfalls eine Nutzung beabsichtigt ist, die der Zweckbestimmung eines Stellplatzes bzw. einer Garage entspricht. Wie oft der Beigeladene seine zugelassenen und verkehrstauglichen Oldtimer letztlich ausfährt, bleibt seine Sache. Wie der Fall zu beurteilen wäre, insbesondere ob es sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht tatsächlich um einen Lagerplatz handeln würde, wenn ein reines Abstellen nicht zugelassener und/oder nicht verkehrstauglicher alter Fahrzeuge komplett ohne gelegentliches Ausfahren beabsichtigt wäre, kann offen bleiben, da eine derartige Nutzung vom Beigeladenen erkennbar gerade nicht beabsichtigt ist. Die Variationsbreite einer Garagennutzung dürfte auch die Durchführung geringfügiger Wartungsarbeiten an eigenen Fahrzeugen umfassen. Eine „Werkstätte“ ist nicht genehmigt und nach Angaben des Beigeladenen auch nicht beabsichtigt. Sofern die Variationsbreite einer Garagennutzung durch die tatsächlich ausgeübte Nutzung überschritten würde, könnte dagegen mit den Mitteln des Bauordnungsrechts vorgegangen werden.
Auch ist die Erschließung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesichert.
§ 34 Abs. 1 enthält – wie §§ 30, 33 und 35 – keine rechtsnormativen Konkretisierungen der Anforderungen an die gesicherte Erschließung. Diese ergeben sich daher aus der jeweiligen Innenbereichssituation und den konkreten Anforderungen des jeweiligen Vorhabens und Baugrundstücks (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 130. EL August 2018, § 34, Rn. 65).
Das Grundstück FlNr. … ist bis auf Höhe des Grundstücks FlNr. … als Gemeindestraße gewidmet. In diesem Bereich beträgt die Breite 5 m, wie anhand des vom Beigeladenen vorgelegten Luftbilds sowie auch anhand der sonst vorgelegten oder sich im Bauakt befindlichen Lagepläne nachgemessen werden kann.
Nach Südosten ist der befahrbare Bereich des Grundstücks FlNr. …, unter Hinzurechnung des anhand der vorgelegten Unterlagen der Grunddienstbarkeitsbestellung nachmessbar ca. 2,50 m Grundstückstreifens der FlNr. … sogar noch breiter.
Mithin bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Befahrbarkeit durch öffentliche Versorgungsfahrzeuge wie Müllabfuhr, Feuerwehr und Krankenwagen.
Auch im Übrigen begegnet die Erschließung keinen Bedenken.
Zwar können im Falle eines nur ca. 2,90 bis 3,60m breiten Weges, der zum Grundstück führt und bei dem ein Begegnungsverkehr nur unter Inanspruchnahme der privaten Zufahrten der anliegenden Grundstücke möglich ist, die Voraussetzungen einer gesicherten wegemäßigen Erschließung nicht erfüllt sein (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 130. EL August 2018, § 34, Rn. 65). Hier liegt der Fall jedoch anders. Zum einen ist der Bereich der FlNr. …, der lediglich als beschränkt-öffentlicher Weg gewidmet ist, deutlich breiter als lediglich 3,60 m. Zum anderen würde es sich, selbst für den Fall, dass der ca. 2,50 m breite Streifen des Grundstücks FlNr. …, an dem das Geh- und Fahrtrecht besteht, im Einzelfall nicht ausreicht, um Begegnungsverkehr zu bewältigen, so verhalten, dass keine privaten Zufahrten der anliegenden Grundstücke in Anspruch genommen werden müssten. Vielmehr würde ein Teil des Grundstücks FlNr. … und mithin ein öffentlicher Weg in Anspruch genommen werden, der zwar gemäß Eintragungsverfügung nur dem Fußgängerweg gewidmet ist, aber dennoch faktisch seit geraumer Zeit wohl unter Duldung des Antragstellers mit Kraftfahrzeugen befahren wird, wie sich an den vier Kfz-Stellplätzen zeigt, die auf dem Grundstück FlNr. … angelegt sind (vgl. das vom Beigeladenen vorgelegte Luftbild aus dem Bayernatlas).
b) Die im Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 21. August 2018 genannten denkmalschutzrechtlichen Bedenken können vom Antragsteller nicht gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB eingewandt werden. Ob ein Verstoß gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt, kann mithin offen bleiben. Denn durch einen solchen Verstoß würde der Antragsteller jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Vorhaben befindet sich im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Bei der bauaufsichtlichen Genehmigung von Vorhaben in diesem Bereich wird die gemeindliche Planungshoheit durch die Beteiligung der Gemeinde gemäß § 36 BauGB gewahrt. Das gemeindliche Einvernehmen kann gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB jedoch nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden. Die denkmalschutzrechtliche Bestimmung des Art. 6 DSchG ist in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht genannt. Auch wird die Wahrung der Belange des Denkmalschutzes in § 34 BauGB – anders als in § 35 BauGB (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) – nicht als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben genannt. Ein etwaiger Verstoß gegen Art. 6 DSchG berechtigte den Antragsteller daher nicht zur Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens, so dass eine diesbezügliche Ersetzung des verweigerten Einvernehmens den Antragsteller auch nicht in seinen Rechten aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 BV und § 36 BauGB verletzen kann (vgl. VG Würzburg, B. v. 30.10.2013 – W 4 S 13.990 – juris Rn. 24).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da letzterer sich durch Stellung eines Sachantrags dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beträgt die Hälfte des im Hauptsacheverfahren gemäß Nr. 9.10 des Streitwertkatalogs anzusetzenden Streitwerts.


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