Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Baugenehmigung zur Errichtung einer Tankstelle mit Waschhalle

Aktenzeichen  AN 9 K 16.00405

Datum:
8.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 2 Abs. 4 Nr. 19, Art. 56 S. 1 Nr. 8, Art. 59, Art. 60, Art. 62 Abs. 3 S. 1, Art. 63 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, Art. 68 Abs. 1
BetrSichV BetrSichV § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 6
BauGB BauGB § 30 Abs. 1
BauNVO BauNVO § 6 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4, Nr. 7, § 15
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1, § 5 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Hält der Emittent die in der TA-Lärm genannten Grenzwerte ein, bei denen davon auszugehen ist, dass sie im Grundsatz dem entsprechen, was in dem jeweiligen Gebiet entsprechend seiner Zweckbestimmung vom Durchschnittsbürger als zumutbar angesehen wird, kann keine Verletzung des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme angenommen werden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage hervorgerufenen Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für den rücksichtnahmeberechtigten Nachbarn maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Tut sie es nicht, ist hierin ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu erblicken. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die mit der Klage angegriffene Baugenehmigung der Stadt … vom 11. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 68 Abs. 1 BayBO darf die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn das zur Genehmigung gestellte Vorhaben gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Der Nachbar hingegen kann die Baugenehmigung mit dem Ziel der Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn sie rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die nicht nur im Interesse der Allgemeinheit erlassen sind, sondern gerade dem Schutz eines von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises, namentlich des betroffenen Nachbarn zu dienen bestimmt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das ist der Fall, wenn er in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87; BVerwGE 89, 69; BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017, m.w.N. – juris). Hinzu kommt, dass ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift nur dann in Betracht kommt, wenn die Baugenehmigung hierzu auch Feststellungen trifft (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris, Rn. 22). Dies ist davon abhängig, ob die entsprechende Vorschrift im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen war. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob durch die angegriffene Baugenehmigung Vorschriften verletzt sind, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, und die zum Prüfungsmaßstab der Baugenehmigung gehören.
Ein solcher Verstoß ist nicht gegeben.
1.1 Einschlägig ist vorliegend das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO, da es sich bei der genehmigten Tankstelle mit Shopgebäude und Waschhalle um keinen Sonderbau handelt. Die Kammer gibt ihre noch im Beschluss vom 11. Juli 2016 – AN 9 S 16.00804 – vertretene Rechtsauffassung auf, wonach die streitgegenständliche Tankstelle als Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Nr. 19 BayBO anzusehen sei. Nach dieser Norm sind solche Vorhaben als Sonderbau einzustufen, deren Nutzung durch den Umgang mit oder die Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist. Die Errichtung und der Betrieb von Tankstellen bedarf indes einer Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Für diesen Fall der Zulassung nach Produktsicherheitsrecht bestimmt Art. 56 Satz 1 Nr. 8 BayBO, dass insoweit eine Verdrängung des Baugenehmigungsverfahrens erfolgt. Dieser Vorrang bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Anlagen, die den Kraftstoff enthalten und abgeben, insbesondere die Tanks und Zapfstellen. Die Bebauung des Grundstücks im Übrigen (Shopgebäude, Waschhalle und Stützmauer) bleibt baugenehmigungspflichtig (vgl. VG Augsburg, U.v. 6.12.2012 – Au 5 K 12.87; VG Würzburg, U.v. 17.5.2001 – W 5 K 00.416; BayVGH, B.v. 9.11.1992 – 15 CS 92.2670 – juris, Rn. 19; Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Art. 56, Rn. 25 f., Art. 2, Rn. 150 f.). Da die einschlägigen Risiken (Explosion- und Brandgefahr), die sonst den erhöhten Prüfungsumfang des vollumfänglichen Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 60 BayBO rechtfertigen würden, hier bereits in einem parallelen Anlagenzulassungsverfahren abzuarbeiten sind, und die Einstufung der Anlage als Sonderbau auch nicht nach einem anderen Tatbestand des Art. 2 Abs. 4 BayBO in Betracht kommt, verbleibt für die übrige Bebauung die von der bayerischen Bauordnung als Regelfall vorgesehene Prüfung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO.
Zum Prüfungsmaßstab der Baugenehmigung zählen daher gemäß Art. 59 BayBO im Wesentlichen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, die Regelungen örtlicher Bauvorschriften und beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO.
1.2 Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Stadt … die Standsicherheit des genehmigten Vorhabens – insbesondere im Hinblick auf die zu seinem Grundstück hin zu errichtende Stützmauer – nicht vor Erteilung der Baugenehmigung geprüft hat. Vorschriften des Bauordnungsrechts über die Standsicherheit sind nicht Prüfgegenstand im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 62 BayBO, der neben den Regelungen über das vereinfachte und das ordentliche Baugenehmigungsverfahren unberührt bleibt. Art. 62 Abs. 3 Satz 1 BayBO sieht vor, dass der Standsicherheitsnachweis nur dann durch die Bauaufsichtsbehörde (im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, vgl. Simon/Busse, BayBO, EL 122, Art. 62, Rn. 34, 102) zu prüfen ist, wenn es sich bei dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben neben weiteren Voraussetzungen um einen Sonderbau handelt, was vorliegend nicht der Fall ist (s.o. 1.1).
1.3 Ein Gebietserhaltungsanspruch, der grundsätzlich unabhängig von einer besonderen persönlichen Betroffenheit einem Nachbarn desselben Plangebiets die Möglichkeit einräumt, das Eindringen gebietsfremder Nutzungen abzuwehren, steht dem Kläger nicht zur Seite. Gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB bestehen nämlich keine Bedenken. Der für das Gebiet maßgebliche Bebauungsplan Nr. 2 der Stadt Ansbach vom 16. Dezember 1974 setzt für das Gebiet, in welchem sich das klägerische Grundstück FlNr. … und das Baugrundstück FlNrn. … und … ein Mischgebiet (MI) fest. Die Änderungssatzung der Stadt … vom 19. März 1999 bestimmt für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans die Geltung der Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132). Nach dem hier maßgeblichen § 6 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO sind Tankstellen im Mischgebiet allgemein zulässig, auch gegen die Zulässigkeit der Waschhalle nach der Art der baulichen Nutzung bestehen im Mischgebiet keine Bedenken, da sie bei ihrem Umfang als untergeordnete Nebenanlage zur Tankstelle, jedenfalls aber als das Wohnen nicht wesentlich störender sonstiger Gewerbebetrieb anzusehen ist.
1.4 Der Kläger kann sich auch nicht mit Aussicht auf Erfolg auf das baurechtliche Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung berufen. Von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben sind insbesondere nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten immissionstechnischen Berechnung keine für den Kläger unzumutbaren Lärmimmissionen zu erwarten. Für Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 1 BauGB findet das Rücksichtnahmegebot über § 15 BauNVO Eingang in die Zulässigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 5.8.1983 – 4 C 96.79 – juris). Danach ist eine bauliche Anlage im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des jeweiligen Baugebiets widerspricht, oder wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung, die die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, ist ausschlaggebend, was dem Rücksichtnahmeberechtigten, aber auch, was dem zur Rücksichtnahme Verpflichteten in der jeweiligen Grundstückssituation zumutbar ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht der Bauherr Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977, Az.: IV C 22.75, Rdnr. 22 – juris). Zur Bestimmung dieser Grenze der Zumutbarkeit können die Wertungen und Begriffsbestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) herangezogen werden, dessen Zielrichtung darin besteht, schädliche Umwelteinwirkungen von Anlagen nach Möglichkeit zu vermeiden oder auf ein zumutbares Maß zu beschränken (vgl. Ebd.; BayVGH, B.v. 15.11.2011, Az.: 14 AS 11.2305, Rdnr. 29 – juris). Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. § 5 Nr. 1 BImSchG bestimmt, dass Anlagen so zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe werden unter anderem konkretisiert durch die Richtwerte der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm). Hält der Emittent die dort genannten Grenzwerte ein, bei denen davon auszugehen ist, dass sie im Grundsatz dem entsprechen, was in dem jeweiligen Gebiet entsprechend seiner Zweckbestimmung vom Durchschnittsbürger als zumutbar angesehen wird, kann demnach auch keine Verletzung des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme angenommen werden (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983, Az.:4 C 74.78; BayVGH, B.v. 15.11.2011, Az.: 14 AS 11.2305 – juris).
Es ist dementsprechend zunächst zu prüfen, ob dem Bauherrn in der streitgegenständlichen Baugenehmigung überhaupt die Einhaltung von näher bestimmten Grenzwerten aufgegeben worden ist, und ob diese Grenzwerte korrekt bestimmt worden sind. Überschreiten allerdings die bei der Nutzung der Anlage hervorgerufenen Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für den rücksichtnahmeberechtigten Nachbarn maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Tut sie es nicht, ist hierin ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu erblicken (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2002 – 1 B 98.2945 – juris, Rn. 53 ff.; B.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305, juris, Rn. 31). Zugrunde zu legen ist dabei das Gesamtvorhaben.
Im vorliegenden Fall sind sowohl der Betrieb einer Tankstelle mit einer kleineren Waschanlage als das Wohnen nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb im Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 und 7 BauNVO 1990 als auch die Wohnnutzung des klägerischen Anwesens nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1990 allgemein zulässig. Aus der Formulierung „das Wohnen nicht wesentlich störend“ darf indes nicht geschlossen werden, dass von den Gewerbebetrieben überhaupt keine Beeinträchtigungen ausgehen dürften. Das Mischgebiet zeichnet sich gerade durch einen Gleichklang von Wohnnutzung einerseits und gewerblicher Nutzung andererseits aus, sodass Anwohner von vorneherein nicht das Schutzniveau für sich in Anspruch nehmen können, welches Ihnen beispielsweise in einem allgemeinen oder gar reinen Wohngebiet zukommen würde, sondern Gewerbebetriebe und die mit ihnen verbundenen Betriebsgeräusche grundsätzlich hinzunehmen sind. Diese Duldungspflicht ist freilich nicht unbegrenzt, sondern wird durch Immissionsrichtwerte der TA Lärm konkretisiert, die die Stadt Ansbach im Ergebnis korrekt auf den beantragten Tankstellenbetrieb angewandt hat. Ziffer 6.1 c) TA Lärm sieht für Mischgebiete tagsüber einen Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) vor. Diese Werte hat die Stadt … der Beigeladenen unter Ziffer 18 der Baugenehmigung als einzuhaltende Obergrenze gegenüber dem klägerischen Grundstück aufgegeben. Dabei ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass von diesen Werten keine Abschläge wegen einer Vorbelastung des Grundstücks gemacht wurden. Ziffer 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm bestimmt für die Prüfung im Regelfall, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in den weiteren Absätzen sichergestellt ist, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionswerte nach Ziffer 6 nicht überschreitet. Dementsprechend ist nach Ziffer 3.2.1 Abs. 6 TA Lärm nicht nur eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage zu treffen, sondern hat – sofern in deren Einwirkungsbereich andere Anlagengeräusche auftreten – eine Bestimmung der Vorbelastung und der Gesamtbelastung stattzufinden. Sind solche Vorbelastungen am maßgeblichen Immissionsort vorhanden, so ist es unter Umständen erforderlich, von den Richtwerten in der Baugenehmigung entsprechende Abschläge zu machen, also die zulässige Lärmentwicklung entsprechend einzuschränken, um sicherzustellen, dass auch mit der Vorbelastung am Immissionsort die Gesamtbelastung nicht die für das Mischgebiet zulässigen Höchstwerte überschreitet. Als Vorbelastung sind nach Ziffer 2.4 TA Lärm nur Geräuschemissionen von solchen Anlagen zu berücksichtigen, für die die TA Lärm gilt. Außer Betracht bleibt im vorliegenden Fall also insbesondere der von der N. Straße ausgehende Verkehrslärm, da Verkehrslärm – sofern er nicht anlagenbezogen ist – nach Ziffer 1 nicht dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfällt. In Betracht kommen jedoch die Motorradwerkstatt auf dem Grundstück FlNr. … nordöstlich des klägerischen Grundstücks, der …-Markt auf dem Grundstück FlNr. … südlich der … sowie der Baustoffhandel … weiter südwestlich. Dem vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung übergebenen Lageplan mit Diagramm ist jedoch zu entnehmen, dass sich diese Gewerbebetriebe auf das Grundstück des Klägers FlNr. … nur insoweit auswirken, dass dort ein prognostizierter Pegel von maximal 49,3 dB(A) ankommt. Zugrunde gelegt ist jeweils der genehmigte Betrieb dieser Anlagen. An der Verlässlichkeit dieser Werte hat die Kammer keine Zweifel, die eine weitergehende Nachforschung im Rahmen der Amtsermittlung rechtfertigen würden. Der Vertreter des Umweltamts legte dar, dass die Berechnungen auf einem anerkannten und in solchen Fällen stets zur Anwendung kommen Verfahren beruhten, auch der Klägervertreter trat dem nicht entgegen. Die Differenz zum maßgeblichen Immissionsrichtwert für die Tagzeit von 60 dB(A) beträgt somit 10,7 dB(A), sodass das klägerische Grundstück nach Ziffer 2.2 a) TA Lärm als außerhalb des Einwirkungsbereichs der genannten Betriebe anzusehen ist. Das hat zur Folge, dass diese als Vorbelastung außer Betracht bleiben dürfen, und dass es zulässig ist, für das hier streitgegenständliche Bauvorhaben die Mischgebietsrichtwerte voll auszuschöpfen, ohne Abschläge festzusetzen.
Die Kammer geht auch davon aus, dass die Einhaltung dieser Grenzwerte am maßgeblichen Immissionsort IO 6 bei regelmäßigem Betrieb der Anlage durch die Beigeladene realistisch ist. Auf Grundlage der durch die Stadt … vorgegebenen immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen ist das Ingenieurbüro … in dem Gutachten vom 29. Juli 2015 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Grenzwerte eingehalten werden können. Die Einwände des Klägers, es seien hier unrealistische Betriebsabläufe zu Grunde gelegt worden, vermögen keine durchgreifenden Bedenken zu begründen. Es ist davon auszugehen, dass das Gutachten – etwa bei der Frage der Nutzung der Luft-/Wasser-Station, des Münzstaubsaugers oder des Mattenklopfers – Mittelwerte zu Grunde legt, sodass beispielsweise nur von einem Ausklopfen von zwei Matten pro Fahrzeug anstatt vier ausgegangen wird. Im Übrigen dient das vorgelegte Gutachten nicht einer exakten und für alle Eventualitäten zutreffenden Bestimmung der Geräuschimmissionen der Tankstelle, sondern es soll lediglich nachgewiesen werden, dass die Einhaltung der von der Beklagten festgesetzten Immissionsrichtwerte realistischerweise möglich ist und erwartet werden kann. Hiervon geht die Kammer aus.
Sollte es im Einzelfall zu Überschreitungen kommen, weil die Beigeladene Auflagen der Baugenehmigung nicht einhält, so ist es an der Stadt …, bauaufsichtlich einzuschreiten. Sollte die prognostizierte Kundenzahl langfristig deutlich überschritten werden, so ist es ihr auch möglich, gegebenenfalls etwa durch eine Verkürzung der Betriebszeiten oder sonstige Auflagen zu reagieren.
1.5 Aus der zeichnerischen Festsetzung im Bebauungsplan Nr. 2 der Stadt …, wonach in einem durch eine gestrichelte rote Linie gekennzeichneten Bereich erhöhte Schallschutzmaßnahmen erforderlich sein sollen, kann der Kläger keinen Abwehranspruch gegen die streitgegenständliche Tankstelle herleiten. Zum einen spricht für die Kammer viel dafür, dass diese Festsetzung zu unbestimmt und daher unwirksam ist. Die genannte Linie bezeichnet nämlich keinen geschlossenen Bereich, sondern verläuft nur parallel zur … Dies legt zwar den Schluss nahe, dass die Festsetzung in Bezug zu dem von der … ausgehenden Lärm steht und insofern passive Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen sind, zwingend ist das jedoch nicht. Klar ist auch nicht, ob die entsprechende Festsetzung für das südlich von ihr festgesetzte Mischgebiet oder das nördlich von ihr festgesetzte allgemeine Wohngebiet gelten soll. Keinesfalls gibt es einen Hinweis darauf, dass die Festsetzung gerade ein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme zwischen dem klägerischen Grundstück und dem Baugrundstück bezwecken soll bzw. auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Festsetzung wirksam getroffen werden sollte.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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