Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Gaststätte mit Freischankfläche – “Etikettenschwindel”

Aktenzeichen  M 1 K 16.1284, M 1 K 16.4264

Datum:
6.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 68
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauGB BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO BauNVO § 5, § 6, § 15 Abs. 1 S. 2
VwGO VwGO § 93 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Frage der Nachbarrechtswidrigkeit eines Bauvorhabens beurteilt sich in aller Regel allein nach dem beantragten und genehmigten Vorhaben. Das gilt auch für den Fall, dass Umstände, die in den Genehmigungsvorgängen keinen Niederschlag gefunden haben, die Vermutung nahelegen, die betreffende bauliche Anlage solle tatsächlich anders als genehmigt genutzt werden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Baugenehmigung ist aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt werden können und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Gastwirt ist auf der Grundlage des immissionsschutzrechtlichen Minimierungsgebots verpflichtet, auf seine Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen anderer, Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigung von Anwohnern einzuwirken. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Verfahren M 1 K 16.1284 und M 1 K 16.4264 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Klagen werden abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I. Die Verfahren M 1 K 16.1284 und M 1 K 16.4264 konnten gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, das sie den gleichen Gegenstand, nämlich die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung betreffen. Ferner richtet sich die Klage im Verfahren M 1 K 16.4264 inhaltlich gegen die Ersetzung der immissionsschutzrechtlichen Auflagen durch einen Änderungsbescheid des Beklagten vom … August 2016, die der Beklagte im Ausgangsbescheid vom … Januar 2016 geregelt und die der Kläger im Verfahren M 1 K 16.1284 angefochten hatte. Der Änderungsbescheid hätte daher sogar in das bereits laufende Verfahren einbezogen werden können.
II. Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom … Januar 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom … August 2016 ist rechtmäßig und verletzt keine drittschützenden Rechte des Klägers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gegenstand der Klage ist eine Baugenehmigung nach Art. 68 BayBO für das als Tektur bezeichnete Vorhaben “Errichtung eines Landhotels mit 6 Zimmern und 12 Betten sowie einer Gaststätte mit 40 Gastplätzen und eines Wirtsgartens mit 12 Gastplätzen“. Durch die Bezugnahme dieses „Änderungsantrags zu einem genehmigten Vorhaben“ (vgl. Bl. 53 d. BA) auf das am … Januar 2010 genehmigte Vorhaben (Frühstückspension) ist klargestellt, dass es dem Beigeladenen hinsichtlich des Antragsteils „Errichtung eines Landhotels“ darum geht, die Übernachtungsgäste nun auch über das Frühstück hinaus zu bewirten und im Übrigen um eine Baugenehmigung für den Betrieb einer Gaststätte mit 40 und einer Freischankfläche mit 12 Gastplätzen. Nicht vom beantragten Vorhaben umfasst ist hingegen der im Eingabeplan dargestellte „Seminarraum“. Das hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung verbindlich zur Niederschrift erklärt; der Beigeladene ist dem nicht entgegengetreten. Deshalb ist entgegen der Ansicht des Klägers im Übrigen auch nicht von einem Sonderbauvorhaben auszugehen.
Ebenfalls nicht Gegenstand des beantragten Vorhabens sind – auch nicht unter dem Blickwinkel des sog. „Etikettenschwindels“ – etwaige derzeit zusätzlich aufgestellte Tische und Stühle im Gastraum und auf der Terrasse des Vorhabensgebäudes. Bei einem sog. Etikettenschwindel ist das zur Genehmigung gestellte bzw. schon genehmigte Bauvorhaben nur vorgeschoben, um der eigentlich beabsichtigten – unzulässigen – Nutzung einen genehmigungsfähigen Anschein zu verleihen. Die Frage der Nachbarrechtswidrigkeit eines Bauvorhabens beurteilt sich in aller Regel allein nach dem beantragten und genehmigten Vorhaben. Das gilt auch für den Fall, dass Umstände, die in den Genehmigungsvorgängen keinen Niederschlag gefunden haben, die Vermutung nahelegen, die betreffende bauliche Anlage solle tatsächlich anders als genehmigt genutzt werden. Anderes gilt nur, wenn bereits den Bauvorlagen zu entnehmen ist, dass die genehmigte Nutzung in Wahrheit gar nicht beabsichtigt ist, sondern lediglich deklariert wird, um das Vorhaben genehmigungsfähig erscheinen zu lassen. In diesem Fall ist ausnahmsweise ein „Durchgriff auf das wirklich Gewollte“ anerkannt, weil die Bauaufsichtsbehörde sich in einem solchen Fall nicht zu Lasten betroffener Nachbarn auf den formalen Standpunkt stellen darf, sie habe lediglich eine nach dem Gesetz zulässige Nutzung antragsgemäß genehmigt. Entsprechend ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt des sog. Etikettenschwindels eine Nachbarrechtsverletzung nur, soweit das in Wahrheit verfolgte Vorhaben seinerseits geeignet ist, Rechte des Nachbarn zu beeinträchtigen (OVG NW, B.v. 23.9.2015 – 2 B 909/15 – BauR 2016, 794 – juris Rn. 16 ff.; U.v. 25.8.2011 – 2 A 38/10 – BRS 78 Nr. 95 – juris Rn. 49).
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da sich weder aus den eingereichten Planvorlagen noch aus dem vom Kläger vorgelegten Schallschutzgutachten und den darin unter „L.-hof: Gastwirtschaft“ und „L.-hof: Freischankfläche“ näher beschriebenen Betriebsabläufen entnehmen lässt, dass die genehmigte Nutzung vom Beigeladenen in Wahrheit nicht beabsichtigt ist. Deshalb musste bei Genehmigungserteilung nicht berücksichtigt werden, ob sich in der Gaststätte und auf der Terrasse derzeit mehr Tische und Stühle befinden als Gastplätze beantragt sind.
2. Ein Nachbar hat einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung nicht schon dann, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr ist Voraussetzung, dass er durch die Baugenehmigung gerade in eigenen Rechten verletzt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2013 – 14 ZB 13.1193 – juris Rn. 11). Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss eine Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein (BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 – juris Rn. 18; B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine hinreichende Bestimmtheit eines Bescheids gegeben ist, sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 6 f.). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. Lechner in: Simon/Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 68 Rn. 472). Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt werden können und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7; B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 7). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen konkretisiert wird (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 34).
Die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung vom … Januar 2016 in der durch Bescheid vom … August 2016 geänderten Fassung ist nach diesen Maßgaben – bezogen auf die Möglichkeit einer Verletzung von Nach-barrechten des Klägers – bestimmt genug.
2.1 Das betrifft insbesondere die durch Änderungsbescheid vom … August 2016 in Ersetzung der bisherigen Auflagen Nr. 2 bis 6 aufgenommenen immissionsschutzrechtlichen Auflagen Nr. 1 bis 8. Die vom Kläger dies-bezüglich vorgetragenen Bestimmtheitsmängel liegen nicht vor. Dass in der Auflage Nr. 8 keine Regelung der Frage enthalten ist, ob Abbauarbeiten von Musikgruppen auch nach 22.00 Uhr zulässig sind, ist mit der umfassenderen Regelung in Auflage Nr. 4 zu erklären. Danach haben „jegliche sonstige zum Gaststättenbetrieb gehörenden Tätigkeiten (…) im äußeren Umfeld des Hotel- und Gaststättenbetriebes“ spätestens vor 22.00 Uhr zu enden. Dazu zählen auch Abbauarbeiten von Musikgruppen auf der Terrasse.
2.2 Eine Unbestimmtheit des Bescheids ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass weder in Auflage Nr. 6 noch an anderer Stelle der Aufenthalt von Gästen im Freien nach 22.00 Uhr unabhängig von der Einnahme von Speisen und Getränken untersagt wird, um auf diese Weise sog. „Raucherlärm“ zu unterbinden. Der Beklagte ist nicht aus Gründen der Bestimmtheit des baurechtlichen Genehmigungsbescheids verpflichtet, darin mittels Auflagen Aufenthaltsverbote für Gäste des Beigeladenen nach 22.00 Uhr außerhalb seiner Gaststätte zu regeln. Denn dieser der Innengastronomie zuzurechnende nächtliche Lärm unterliegt dem gaststätten- und immissionsschutzrechtlichen Minimierungsgebot mit der Folge, dass ein Gastwirt verpflichtet ist, auf seine Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen anderer, Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigungen von Anwohnern einzuwirken (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2015 – 22 BV 13.1686 – GewArch 2016, 204 – juris Rn. 65 ff., 73). Zudem sieht der bundesrechtliche Verordnungsgeber Schank- und Speisewirtschaften in Dorf- und Mischgebieten wie dem vorliegenden (s.u.) vorbehaltlich gegensätzlicher Regelungen in einem Bebauungsplan als allgemein zulässig an (§ 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO).
2.3 Die erteilte Genehmigung ist auch nicht wegen Fehlens eines Betriebskonzepts unbestimmt, da ein solches den Bauvorlagen in Zusammenschau mit dem Schallschutzgutachten vom … März 2015 zu entnehmen ist. Darin werden die einzelnen Bestandteile des Vorhabens hinreichend konkret wiedergegeben, insbesondere die Zahl der Plätze im Gastraum sowie die Erweiterung der Betriebszeit auf 9.00 Uhr bis 2.00 Uhr nachts (S. 9), die Freischankfläche und die dort vorgesehenen Gastplätze sowie die dort beantragte Betriebszeit von 15.00 Uhr bis 22.00 Uhr (S. 10), die Parkplätze nebst Fahrbewegungen sowie die Bewegungen und Vorgänge der Anlieferung (S. 10 f.). Der Beklagte hat dadurch, dass er den Bauantrag „nach Maßgabe der eingereichten Bauvorlagen“ genehmigt hat, auch das Schallschutzgutachten zum Bestandteil der Genehmigung werden lassen.
3. Die Baugenehmigung verletzt auch nicht das dem Schutz des Klägers dienende, von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vermittelte Gebot der Rücksichtnahme. Nach dieser Bestimmung sind bauliche Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung verleiht diese Regelung im Zusammenhang mit dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme einem betroffenen Nachbarn Drittschutz (vgl. BVerwG, U.v. 5.8.1983 – 4 C 96.79 – BVerwGE 67, 334). Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich hierbei, da ein Bebauungsplan nicht besteht und bei Berücksichtigung der in den Akten enthaltenen Plänen unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB vorliegt, für die Art der baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2 BauGB nach den faktischen Gebietsverhältnissen unter Heranziehung der in der Baunutzungsverordnung enthaltenen Gebietsarten.
Der Bereich im Ortsteil K.-dorf a.H. der Gemeinde zwischen H.-Straße und der Straße „Im A.“ ist hiernach als Dorfgebiet (§ 5 BauNVO) oder als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) zu beurteilen. Allein aufgrund der seit dem Jahr 2010 genehmigten und vom Beigeladenen betriebenen Frühstückspension und im Übrigen auf Grund der nach Aktenlage erkennbar nach wie vor dörflichen Struktur sowohl des Ortsteils K.-dorf insgesamt als auch des Bereichs des Grundstücks des Beigeladenen sowie der benachbarten Grundstücke ist diese – auch vom Schallschutzgutachter angenommene – Gebietseinstufung zutreffend. Aus diesem Grund verändert im Übrigen die nunmehr genehmigte Betriebserweiterung der Gaststätte zum „L.-hof“ entgegen der Ansicht des Klägers den Gebietscharakter in diesem Bereich nicht, auch nicht aufgrund einer etwaigen Erhöhung des Verkehrsaufkommens.
3.1 Der Beklagte hat unter Berücksichtigung dieser Gebietsbeurteilung durch Festlegung einzuhaltender Lärmwerte als Auflagen in der Baugenehmigung mittels Änderungsbescheid vom … August 2016 hinreichend Sorge dafür getragen, dass vom Nutzungsvorhaben des Beigeladenen im Hinblick auf die Lärmbelastung der benachbarten Wohngebäude keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgehen. Das gilt auch für das Wohngebäude des Klägers auf FlNr. 45/1, welches vom Vorhaben des Beigeladenen weiter entfernt liegt als die im Bescheid genannten Immissionsorte IO 3 bis IO 5.
In Auflage Nr. 1 des Änderungsbescheids hat der Beklagte festgelegt, dass die Beurteilungspegel der Geräusche, die von der Gaststätte mit Terrasse einschließlich des Besucherverkehrs ausgehen, an den nächstgelegenen maßgeblichen Immissionsorten (u.a.: IO 4: FlNr. 48/1 – H.-Str. 25, IO 5: FlNr. 45 – „Im A.“ Nr. 3) den um 3 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwert von 57 dB(A) in der Tagzeit und den Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Nachtzeit nicht überschreiten dürfen. Er hat sich hierbei in zulässiger Weise an den in der Technischen Anleitung Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503 – TA Lärm) unter Nr. 6.1 Buchst. c genannten, diesbezüglich verbindlichen (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2009 – 15 CS 08.3220 – juris Rn. 14, mit Hinweis auf BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – BVerwGE 129, 209) Immissionsrichtwerten für Kern-, Dorf und Mischgebiete orientiert, wonach der Beurteilungspegel 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts nicht überschritten werden darf. Zwar hat der Beklagte nur den Tagwert und auch den nur um 3 dB(A) statt um 6 dB(A) (vgl. Nr. 3.2.1 TA Lärm) reduziert, doch würden die für das Wohnhaus des Klägers (IO 6) ermittelten Beurteilungspegel von 50,7 dB(A) tags und 37,7 dB(A) nachts selbst die um jeweils 6 dB(A) reduzierten Richtwerte einhalten. Deshalb durfte der Beklagte davon ausgehen, dass zum Genehmigungszeitpunkt im Hinblick auf das Anwesen des Klägers der vom genehmigten Vorhaben ausgehende Immissionsbeitrag als Zusatzbelastung als nicht relevant anzusehen ist.
3.2 Der Beklagte konnte sich für diese Einschätzung nachvollziehbar und schlüssig auf die Schallimmissionsprognose des Beigeladenen vom … März 2015 stützen. Der Beklagte hat dieses Schallschutzgutachten geprüft und ist im Schreiben des Fachbereichs Immissionsschutz vom … September 2015 zum für die Kammer schlüssigen Ergebnis gelangt, dass bei Einhaltung der (hinsichtlich des Tagwertes reduzierten) Lärmwerte gegen das Vorhaben des Beigeladenen keine fachtechnischen Bedenken bestehen. Das Gericht teilt diese Auffassung und kann aus diesem Grund eine Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerten Rück-sichtnahmegebots gegenüber dem Kläger nicht erkennen.
In diesem Gutachten werden alle relevanten Schallquellen berücksichtigt. Nicht zu berücksichtigen ist ein von dem Kläger eingewandter weiterer Betrieb „Bar/Restaurant L.“ auf dem Grundstück des Beigeladenen, da dieser nicht Teil des Genehmigungsverfahrens vom *. Juli 2015 ist. Da – wie oben ausgeführt – der „Seminarraum“ nicht von dem beantragten Vorhaben des Beigeladenen umfasst ist, war dieser Raum ebenfalls im Schallschutzgutachten nicht in Ansatz zu bringen. Auch waren aus diesem Grund keine auf einen solchen Seminarraum bezogenen Stellplätze und damit auch keine mit diesen Stellplätzen verbundenen Fahrbewegungen im Schallschutz-gutachten zu berücksichtigen. Ferner befinden sich jedenfalls an der Grundstücksgrenze zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger keine von der Genehmigung umfassten Stellplätze. Die 3 in dem vom Beigeladenen vorgelegten Plan ohne Genehmigungsstempel orange markierten Stellplätze an der Grenze zur FlNr. 45 werden von der angefochtenen Genehmigung nicht umfasst und stellen im Übrigen keine unmittelbare Belastung für das nördlich hieran angrenzende Anwesen des Klägers dar. Im Übrigen gehen der Schallgutachter (und auch der Beklagte, vgl. Auflage Nr. 5) von der Erforderlichkeit von zum „L.-Hof“ gehörenden insgesamt 16 Stellplätzen aus, die auf 4 Parkplätze südlich und nördlich des Gebäudes Nr. …a/ … e verteilt sind (vgl. Anlagen 3 A und 3 B zum Schallschutzgutachten), weshalb es für die Stimmigkeit dieser Schallschutzbeurteilung nicht auf 3 weitere Stellplätzen an der Grundstücksgrenze zur Fl.Nr. 45 ankommt. Das Schallschutzgutachten berücksichtigt ferner in seiner Schallprognose alternativ den Betrieb eines Hackschnitzelheizkraftwerks (Nr. 4.2.2 des Gutachtens, S. 17 ff.) sowie eines Blockheizkraftwerks (Nr. 4.2.3 des Gutachtens, S. 19 ff.), weshalb sich die Frage, welche Heizanlage genutzt wird, auf das Ergebnis des Gutachtens nicht auswirkt. Dass im Schallschutzgutachten keine Aussagen zu einer Einbeziehung von Geräuschen enthalten sind, die von Besuchern der Gaststätte des Beigeladenen zur Nachtzeit im Zuge des Rauchens außerhalb des Gaststätte ausgehen, führt in Hinblick auf den für das Wohnhaus des Klägers errechneten Beurteilungspegel von 37,7 dB(A) und den für Dorf- und Mischgebiete beachtlichen Beurteilungspegel zur Nachtzeit von 45 dB(A) ebenfalls nicht zur Annahme einer Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerten Rücksichtnahmegebots gegenüber dem Kläger.
III. Aus diesen Gründen sind die Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, ist es angemessen, dass er seine außer-gerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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