Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windkraftanlagen – Vorprüfung nach UVPG

Aktenzeichen  22 ZB 16.304

Datum:
16.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 52323
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1-4, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BayBO Art. 6, Art. 82 Abs. 1, Art. 83 Abs. 1
UVPG § 3a S. 1, S. 4, § 3c S. 1, S. 6
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1
UmwRG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b, S. 2, Abs. 3 S. 1
BNatSchG § 44 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Zu den nach § 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorzulegenden Unterlagen gehören auch die Unterlagen, die zur Prüfung erforderlich sind, ob dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) entgegenstehen, die einen nach § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB beachtlichen Belang des Naturschutzes darstellen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die gerichtliche Überprüfung der Vorprüfung nach § 3a S. 4 UVPG beschränkt sich auf eine Plausibilitätskontrolle. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich daher darauf, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, insbesondere ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen zutreffend ausgelegt hat. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 K 15.253 2015-12-11 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Kulmbach vom 26. Februar 2015 zur Errichtung und zum Betrieb von sieben Windkraftanlagen des Typs Nordex N 117 (sog. Windpark Schimmendorf). Die Gesamthöhe der Windkraftanlagen beträgt jeweils 199 m. Das Wohnhaus der Klägerin, das sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets befindet, ist von der nächstgelegenen Windkraftanlage nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts „mehr als 1000 m“ entfernt, nach den Angaben der Hauptbeteiligten ca. 1059 m. Die übrigen sechs Windkraftanlagen haben dem Verwaltungsgericht zufolge Abstände von ca. 1100 m, ca. 1300 m (zwei Windkraftanlagen), ca. 1500 m, ca. 1600 m und ca. 1700 m zum klägerischen Anwesen. Die Drittanfechtungsklage der Klägerin wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 11. Dezember 2015 abgewiesen. Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache), § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) und § 122 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) nicht hervortreten.
A. Ernstliche Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7 und 7a m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch sein könnte. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 -2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Nicht zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang „voll umfängliche“ Verweisungen der Klägerin auf Ausführungen auf nicht genau bestimmten Seiten eines erstinstanzlichen Schriftsatzes (vgl. S. 8, S. 13 der Antragsbegründung) sowie Verweisungen auf Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ohne genaue Angabe einer Fundstelle (vgl. S. 19, S. 21 der Antragsbegründung). Damit wird dem Darlegungsgebot, das die Prüfung durch das Berufungsgericht im Zulassungsverfahren erleichtern soll, nicht genügt (vgl. dazu z. B. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198 m. w. N.).
1. Die Klägerin wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass Art. 82 Abs. 1 BayBO (sog. 10-H-Regelung) unabhängig von der Frage, ob diese Rechtsnorm drittschützenden Charakter hat, hier wegen der Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht anwendbar ist. Die Klägerin stellt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts aber nicht durch schlüssige Gegenargumente ernstlich in Frage.
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Beigeladene vor dem Ablauf des 4. Februar 2014 einen vollständigen Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beim Landratsamt Kulmbach eingereicht hat. Die Einwände der Klägerin sind nicht geeignet, dieser Annahme die Grundlage zu entziehen.
a) Die Bedenken der Klägerin gegen das Argument des Verwaltungsgerichts, das Landratsamt habe mit Schreiben vom 12. Februar 2014 die Vollständigkeit der Antragsunterlagen bestätigt und auf dessen Sichtweise komme es maßgeblich an, sind zwar nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Wirkung einer verbindlichen Feststellung hat eine derartige Bestätigung wohl nicht. Anhaltspunkte dafür, dass derartigen Bestätigungen ähnlich wie den sog. Freistellungserklärungen nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG Regelungscharakter zukommen soll, lassen sich wohl weder § 10 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BImSchG noch § 7 Abs. 1 und 2 der 9. BImSchV noch Art. 83 Abs. 1 BayBO entnehmen. Es ist wohl auch nicht zu erkennen, dass das Landratsamt hier im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG eine Regelung treffen und nicht nur Informationen über den Fortgang des Verfahrens geben wollte. In Betracht kommt allenfalls, dass das Landratsamt bei der Prüfung der Vollständigkeit des Antrags einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum hat, von dem es hier Gebrauch gemacht hat (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. IV, § 4 der 9. BImSchV Rn. 3). Jedenfalls handelt es sich hier um eine Frage, die nicht im Zulassungsverfahren geklärt werden kann. Das Verwaltungsgericht hat aber auch darauf abgestellt, dass vor dem Ablauf des 4. Februar 2014 tatsächlich ein vollständiger Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beim Landratsamt Kulmbach vorgelegen hat. Insofern hat die Klägerin keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen.
b) Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderlich war. Die erforderlichen Angaben nach § 4 der 9. BImSchV hätten gefehlt. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht schlüssig, welche Unterlagen die Klägerin überhaupt meint. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG darf sich zwar nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde aber ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 20.12.2011 -9 A 31.10 – NuR 2012, 403/404 m. w. N.). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass und inwiefern das Landratsamt diesen Einschätzungsspielraum überschritten haben sollte. Das Landratsamt hat die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 6 UVPG in einem Aktenvermerk vom 11. Februar 2014 dokumentiert. Hierauf geht die Klägerin in ihrer Antragsbegründung in keiner Weise ein.
c) Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die Untere Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 26. März 2014 eine Ergänzung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, nämlich eine Nachkartierung zum Schwarzstorch, verlangt habe. Dies reicht aber nicht als schlüssiges Argument gegen die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags am 4. Februar 2014 aus.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG sind dem Genehmigungsantrag die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 15.7.2016 – 22 BV 15.2169 – Rn. 29) gehören hierzu auch die Unterlagen, die zur Prüfung erforderlich sind, ob dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) entgegenstehen, die einen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beachtlichen Belang des Naturschutzes darstellen. Dies ergibt sich auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV. Soweit die Zulässigkeit oder die Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen ist, sind danach die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen; die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen bestimmen sich nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften. Wie im Urteil vom 15. Juli 2016 aufgezeigt, liegt ohne spezielle artenschutzrechtliche Prüfung ein vollständiger Genehmigungsantrag bei Windkraftanlagen in vielen Fällen nicht vor. Zu beachten ist andererseits aber auch, dass die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags nur „zur Prüfung“ erforderliche Unterlagen, nicht aber notwendig auch genehmigungsfähige Unterlagen voraussetzt. Es ist also nicht erforderlich, dass ein vorzulegendes Gutachten der Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachlichen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der Annahme der Vollständigkeit solange nicht entgegen, als die fragliche Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht.
Im vorliegenden Fall bewertete die Untere Naturschutzbehörde die Datengrundlage im Hinblick auf die Schwarzstorchdichte des Umfeldes als wenig belastbar und nicht ausreichend für die artenschutzrechtliche Beurteilung. Grund hierfür war nach Auffassung der Unteren Naturschutzbehörde das den bisherigen artenschutzrechtlichen Untersuchungen zugrunde liegende untypische, kühle und nasse Frühjahr des Jahres 2013, in dem viele Schwarzstörche das Brutgeschäft abgebrochen und eine ungewöhnlich geringe Flugaktivität gezeigt haben sollen (Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde vom 26.3.2014). Das Verwaltungsgericht hat dieses Schreiben dahingehend gewürdigt, dass derartige Nachforderungen während der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange der Komplexität und dem Umfang des Verfahrens geschuldet seien und sich aufgrund der Vielzahl der zu beteiligenden Stellen auch bei äußerst detailreichen Unterlagen nie gänzlich vermeiden ließen. Die Klägerin ist diesen Argumenten nicht entgegen getreten.
d) Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zwingend erforderliche Unterlagen insbesondere betreffend „die Erschließung zu erheblichen Abweichungen“ erst mit Schreiben vom 5. Oktober 2014 nachgereicht habe. Dieser Vortrag ist zu unsubstantiiert und zudem unschlüssig. Ein Vorlageschreiben vom 5. Oktober 2014 betreffend die Erschließung befindet sich nicht in den Akten, lediglich ein solches vom 8. August 2014. Die Klägerin zeigt auch nicht auf, welche Art von Erschließung sie meint. Nachträgliche Änderungen der Erschließung würden zudem nichts daran ändern, dass vorher ein vollständiger Genehmigungsantrag vorgelegen hat.
e) Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Abstandsflächenübernahmeerklärungen erst nach dem 4. Februar 2014 nachgereicht worden seien. Auch hieraus ergibt sich kein schlüssiges Gegenargument. Es mag zwar sein, dass die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Unterlagen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG) auch die zur Prüfung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. Art. 6 BayBO nötigen Angaben umfassen. Dazu gehören wohl auch Pläne, die zeigen, inwieweit Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst liegen können (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO) bzw. inwieweit sie sich auf Nachbargrundstücke erstrecken würden. Die Genehmigungsbehörde kann dann prüfen, ob und inwieweit gegebenenfalls die Erteilung von Abweichungen in Betracht kommt (Art. 63 BayBO), und insofern gebotene Anhörungen betroffener Grundstückseigentümer durchführen (vgl. BayVGH, B. v. 19.8.2014 – 22 CS 14.1597 – ). Weshalb von vornherein Abstandsflächenübernahmeerklärungen vorliegen müssten, erschließt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht.
2. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass eine betroffene Einzelperson auch dann Rechtsfehler bei der Durchführung der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG mit Erfolg rügen könne, wenn diese Rechtsfehler (möglicherweise) nicht drittschützende Belange wie den Artenschutz beträfen. Die Klägerin hält die dies verneinende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für unzutreffend.
a) Die Bedenken der Klägerin sind insofern nicht ganz von der Hand zu weisen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangt werden, wenn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG steht eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls, die nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Hierauf können sich nach § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG auch Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO berufen. Einschränkungen des Prüfungsmaßstabs des § 3a Satz 4 UVPG, wonach es darauf ankommt, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, ergeben sich hieraus nicht. Für die Klagebefugnis ist allerdings wohl eine mögliche Betroffenheit in einem materiellen subjektiven Recht zu verlangen (VGH BW, B. v. 5.4.2016 – 3 S 373/16 – ZNER 2016, 157 m. w. N.: Verneinung der möglichen Betroffenheit bei einer Entfernung von 2,2 km zwischen Anlagenstandort und Grundstück des Rechtsmittelführers; offen BayVGH, B. v. 8.6.2015 -22 CS 15.686 u. a. Rn. 48). Jedenfalls handelt es sich auch hier um eine Frage, die nicht im Zulassungsverfahren geklärt werden kann.
b) Selbst wenn die Klägerin aber grundsätzlich eine mangelnde Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der Vorprüfung in Bezug auf den Artenschutz rügen könnte, würde sich aus ihren Darlegungen kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls insofern den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügt hätte.
Zum Einen lässt die Klägerin den Zeitpunkt der auf die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls folgenden verfahrenslenkenden Entscheidung außer Acht. Diese Entscheidung hat das Landratsamt am Beginn des Genehmigungsverfahrens getroffen und gemäß § 3c Satz 6 UVPG in einem Aktenvermerk vom 11. Februar 2014 dokumentiert. Welche Bedeutung nachträgliche Erkenntnisse der zuständigen Behörde in diesem Zusammenhang haben sollten, zeigt die Klägerin nicht auf. Der Verwaltungsgerichtshof verweist hierzu noch auf § 3a Satz 1 UVPG, wonach das Landratsamt „unverzüglich nach Beginn des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens“ festzustellen hat, ob gemäß § 3c Satz 1 UVPG eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP besteht (vgl. dazu auch BayVGH, B. v. 4.7.2016 -22 CS 16.1078 – Rn. 28).
Die Darlegungen der Klägerin beziehen sich zum Anderen nicht – wie geboten – auf das Prüfprogramm nach § 3a Satz 4 i. V. m. § 3c Satz 1 UVPG, sondern auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG. Die Vorprüfung hat auf der Grundlage geeigneter, ausreichender Informationen zu erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden. Die Vorprüfung hat eine verfahrenslenkende Funktion und ist deshalb in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt mit der Folge, dass sich die gerichtliche Überprüfung der Vorprüfung nach § 3a Satz 4 UVPG auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich daher darauf, ob die Vorprüfung – im maßgeblichen Zeitpunkt – entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, insbesondere ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen zutreffend ausgelegt hat (vgl. auch BayVGH, B. v. 19.8.2015 -22 ZB 15.457 – Rn. 27). Die Klägerin vermag eine Verletzung dieser von ihr selbst zutreffend zitierten Rechtsgrundsätze nicht darzulegen, weil sie insofern nur pauschale Behauptungen zum Fehlen der Genehmigungsvoraussetzungen aufstellt und sich nicht z. B. mit der nach der maßgeblichen Einschätzung der Behörde geeigneten Grundlage einer bloß überschlägigen Prüfung auseinandersetzt. Hierauf hat der Beklagte im Zulassungsverfahren zu Recht hingewiesen.
3. Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, dass die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG drittschützend seien und die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts als unzutreffend gerügt. Die Klägerin hat insofern aber keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen.
Die Rechtsauffassung der Klägerin kann aus der bisherigen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht abgeleitet werden, auch nicht aus dem Beschluss vom 19. August 2015 – 22 ZB 15.458 – Rn. 30 ff.. Mit dieser Frage hat sich der Verwaltungsgerichtshofs in dem genannten Beschluss nicht befasst. Er hat lediglich die artenschutzrechtlichen Einwände des dortigen Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, dass objektiv-rechtliche Fehler nicht dargelegt seien; eines Eingehens auf die Frage der Verletzung subjektiver Rechte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bedurfte es dann nicht mehr. Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof in anderen Entscheidungen keine Grundlage für die Annahme eines drittschützenden Charakters dieser Verbote gesehen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 14.9.2015 -22 ZB 15.1028 – Rn. 54). Sonstige Argumente, die den drittschützenden Charakter der artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG nahelegen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen, insbesondere auch keine konkreten diesbezüglichen Aussagen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Das Vorbringen der Klägerin, dass es das Verwaltungsgericht versäumt habe, zu überprüfen, ob die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe im Gesamtergebnis ausreichend waren, ist daher nicht entscheidungserheblich.
4. Rechtsverletzungen durch impulshaltige Geräusche „Heultöne“, „schlagartige Geräusche“, Infraschall, Schattenschlag, Discoeffekte und optisch bedrängende Wirkungen sind in der Begründung des Zulassungsantrags lediglich behauptet, aber nicht dargelegt worden. Im Hinblick auf die für Beeinträchtigungen durch Infraschall und optisch bedrängende Wirkungen bedeutsame Entfernung von mehr als 1000 m zur nächstgelegenen Windkraftanlage hätte dazu besonderer Anlass bestanden. Auch auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Verlässlichkeit der von der Beigeladenen vorgelegten Lärmimmissionsprognose der CUBE Engineering GmbH, zum Verbot eines ton- oder impulshaltigen Anlagenbetriebs (Bescheidsauflage Nr. III.B.4), zur Sicherstellung des Schutzes vor Schattenwurf (Bescheidsauflage Nr. III.C.1) und zur besonderen Konfiguration der sieben Windkraftanlagen hätte die Klägerin eingehen müssen, um insofern eventuell die Zulassung der Berufung zu erreichen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der landesrechtliche Art. 82 Abs. 1 BayBO den Inhalt des bundesrechtlichen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und auch den Inhalt des ebenfalls bundesrechtlichen § 3 Abs. 1 BImSchG nicht verändert. Die Anwendbarkeit der TA Lärm auf Windkraftanlagen ist vom Bundesverwaltungsgericht bejaht worden (U. v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – NVwZ 2008, 76 Rn. 13).
B. Besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten werden von der Klägerin ebenfalls nur behauptet, nicht aber – wie gesetzlich geboten – dargelegt. Es genügt nicht, Rechtsfragen aufzulisten, ohne auf deren Entscheidungserheblichkeit einzugehen und die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten herauszuarbeiten.
C. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt. Zur Frage, ob Drittschutz durch Art. 82 Abs. 1 BayBO denkbar ist, fehlen Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit angesichts der Tatsache, dass das Verwaltungsgericht auch mit der Anwendbarkeit der Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO argumentiert hat. Die Frage, wann vollständige Unterlagen i. S. d. Art. 83 Abs. 1 BayBO vorliegen, lässt sich nicht in dieser Allgemeinheit und Pauschalität beantworten. Zur Frage des Drittschutzes durch die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG fehlt es an der Darlegungen von Anhaltspunkten, dass insofern überhaupt Klärungsbedarf besteht. Zur Frage, ob die Klägerin als betroffene Einzelperson die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung einwenden könnte, fehlt es ebenfalls an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit bzw. der Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls.
D. Die geltend gemachte Divergenz ist ebenfalls nur behauptet, nicht aber – wie gesetzlich geboten – dargelegt. Die Klägerin benennt zwar Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs, aus denen sich ihr günstige Rechtsfolgen ergeben sollen, benennt aber nicht dort aufgestellte abstrakte Rechtssätze und stellt ihnen keine vom Verwaltungsgericht aufgestellten widersprechenden abstrakten Rechtssätze gegenüber. Für die Aufstellung eines abstrakten Rechtssatzes, dass sich betroffene Einzelpersonen auf die Verletzung artenschutzrechtlicher Verbote berufen könnten, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten. Wenn man den zitierten Entscheidungen den abstrakten Rechtssatz entnehmen könnte, dass sich betroffene Einzelpersonen auf die aus welchen Gründen auch immer zu bejahende Erforderlichkeit einer UVP berufen können, dann würde es immer noch an einer Darlegung der Klägerin fehlen, dass das angefochtene Urteil auf einer solchen Divergenz beruhen könnte; es fehlt an einer Darlegung, dass ein derartiges Erfordernis im vorliegenden Fall bestehen könnte.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG.


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