Baurecht

Erfolglose Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheids

Aktenzeichen  M 29 K 17.1437

Datum:
22.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21962
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Nr. 7
BayBO § 71

 

Leitsatz

1. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist entscheidend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine unbebaute Fläche ist – im Sinne einer Baulücke – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Gemeinde muss bei der Festsetzung von Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind, die damit verfolgten Belange des Gemeinwohls und die schützenswerten Interessen der Eigentümer unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes im Rahmen der Abwägung in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt bei baulichen Außenbereichsanlagen nur dann nicht in Betracht, wenn sich das betroffene Grundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die naturgegebene – also insbesondere landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche – Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.   
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der angefochtene Vorbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO.
Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Erteilung des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen, in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von drei Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren.
Die gestellten Fragen konnten insgesamt verneint werden, da das streitgegenständliche und genehmigungspflichtige Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Maßgeblich für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des beantragten Doppelhauses ist § 35 Abs. 2 BauGB, weil das streitgegenständliche Grundstück, wie der Augenschein bestätigt hat, im Außenbereich liegt und das Bauvorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist. Als sonstiges Vorhaben liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange jedenfalls nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB vor.
1. Das streitgegenständliche Grundstück liegt im Außenbereich. Es handelt sich bei dem Grundstücksbereich, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, nicht um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB und es besteht kein (qualifizierter) Bebauungsplan im Sinne des § 30 BauGB für das Grundstück.
In der Rechtsprechung ist geklärt, nach welchen Kriterien die Abgrenzung des Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Außenbereich (§ 35 BauGB) zu erfolgen hat. Danach ist für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs entscheidend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 2.66 – juris Rn 17; B.v. 2.4.2007 – 4 B 7/07 – juris Rn. 4). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist einzelfallbezogen zu entscheiden. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – juris Rn. 11 m.w.N.). Denn bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 5 f.). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an. Entscheidend ist grundsätzlich der tatsächlich vorhandene Bestand. Auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46/16 – juris Rn. 5). Die Darstellungen im Flächennutzungsplan sind bei der Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich ebenfalls unerheblich.
Dies alles zugrunde gelegt, ist im vorliegenden Fall von einer Lage am Ortsrand auszugehen, die dem Außenbereich zugehört.
Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil endet hier nördlich des streitgegenständlichen Grundstücks an den letzten Baukörpern auf den Nachbargrundstücken Fl.Nrn. 1045/35, 1045/5 und 1045/6 und im Westen mit dem benachbarten Mehrfamilienhaus auf der Fl.Nr. 1045/34. In östlicher Richtung schließt sich an die Vorhabenfläche eine vielfach größere, zum Zeitpunkt des Augenscheins anscheinend landwirtschaftlich genutzte und völlig unbebaute Freifläche an, die noch weiter östlich und südlich durch Baumbestand begrenzt ist. Dieser Teil ist unzweifelhaft dem Außenbereich zuzuordnen. Ebenfalls gilt das für die südlich liegende freie Landschaft mit landwirtschaftlicher Nutzung. Das streitgegenständliche Grundstück selbst wird wohl zurzeit als Garten genutzt, dort befinden sich zwei Baumreihen mit Sträuchern und mehrere Holzhütten bzw. Gartenhäuschen, sowie ein Gewächshaus und Pflanzbeete. Dem östlich an das streitgegenständliche Grundstück angrenzenden unbefestigten, schmalen und grasbewachsenen Weg kommt nach dem Ergebnis des Augenscheins offensichtlich keine trennende Wirkung zu, da schon eine deutliche optische Abgrenzung zu den umliegenden Grün- und Ackerflächen fehlt. Dieser dient ersichtlich in erster Linie der landwirtschaftlichen Nutzung oder kann von Spaziergängern genutzt werden.
Der somit insgesamt entstehende Eindruck einer einheitlichen großen Außenbereichsfläche, an der das Grundstück FlNr. 1045/7 in seiner gesamten Ausdehnung teilnimmt, wird auch nicht durch die Bebauung auf dem Hinterliegergrundstück N.straße 48r, Fl.Nr. 1045/34 gestört. Einen Bebauungszusammenhang zugunsten des klägerischen Grundstücks in dem Sinne, dass es gleichsam als Baulücke erscheint, stellt die genannte hierzu westlich gelegene Bebauung nicht her.
Eine unbebaute Fläche ist – im Sinne einer Baulücke – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint; diese Voraussetzung muss auch bei einer auf mehreren oder allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgebenen unbebauten Fläche erfüllt sein. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich um Außenbereich. Auch über das Vorliegen einer Baulücke ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung der konkreten Gegebenheiten (BVerwG, B.v. 2.4.2007 – 4 B 7.07 – juris Rn. 4). Maßgebliche Kriterien sind u.a. der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich. Die wachsende Größe der Freifläche ist ein Indiz dafür, dass ein Bebauungszusammenhang eher zu verneinen ist (BVerwG, U.v. 1.12.1972 – IV C 6.71 – juris Rn. 22; B.v. 12.3.1999 – 4 B 112/98 – juris Rn. 22). Letztlich maßgebend für die Betrachtungsweise ist die Verkehrsauffassung mit der Folge, dass es entscheidend jeweils auf die Lage des Einzelfalls ankommt. Mit den Begriffen „Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit“ soll eine gewisse – trotz vorhandener Lücken – bestehende räumliche Verklammerung gekennzeichnet und damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das unbebaute Grundstück gleichsam „gedanklich übersprungen“ werden kann, weil es ein verbindendes Element in Gestalt der Verkehrsanschauung gibt, die das unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 15/84 – juris Rn. 15).
Von einer Baulücke kann danach nicht ausgegangen werden. Die Bebauung nördlich des Vorhabengrundstücks verläuft in östlicher Richtung beidseitig an der N.straße entlang. Auch die sich dort auf Hinterliegergrundstücken befindenden Wohnhäuser liegen bei Weitem nicht so weit südlich wie das geplante Vorhaben. Das angrenzende, südlich in den Außenbereich ragende Mehrfamilienhaus auf der Fl.Nr. 1045/34 vermag daher zur Bebauung auf der südlichen Seite der N.straße keinen Bebauungszusammenhang in dem Sinne, dass das streitbefangene Grundstück lediglich als eine Baulücke erscheint, zu vermitteln und führt nicht zu einer Umklammerung des streitgegenständlichen Grundstücks. Im Hinblick auf die insgesamt vorhandenen Baustrukturen ist keine Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit in Bezug auf die Bebauung an der N.straße zu erkennen. Das streitgegenständliche Grundstück stellt sich zusammen mit den südlich und östlich angrenzenden Freiflächen nicht lediglich als bloße Baulücke dar.
2. Das nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Wohnbauvorhaben der Kläger im Außenbereich beeinträchtigt als sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB.
2.1. Ob das Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB der Darstellung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen widerspricht, hält das Gericht zwar für zweifelhaft. Der Flächennutzungsplan vom 19. September 2016 weist das streitgegenständliche Grundstück als „Sonstige Grünfläche“ aus.
Dabei ist von einer sogenannten „Negativplanung“ durch die Beigeladene nicht auszugehen. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist u.a. auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Ein solcher Fall ist nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Darstellungen/Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen (BVerwG, B.v. 15.03.2012 – 4 BN 9/12 – juris Rn. 3, zu Bebauungsplänen).
Die Grünfläche hat als Darstellung im Flächennutzungsplan städtebauliche Bedeutung und dient in erster Linie der Naherholung der Bewohner, der Verbesserung des Kleinklimas und der Auflockerung der Bebauung. Wegen der Unbestimmtheit der Nutzungsmöglichkeiten sollte auch der Nutzungszweck von Grünflächen möglichst konkret bezeichnet werden, um eine gerechte Abwägung mit den nachbarlichen Belangen zu ermöglichen (Kröninger/Aschke/Jeromin, BauGB, § 5 Rn. 15). Die Darstellung „Grünfläche“ muss im Vergleich zur Ausweisung „Flächen für die Landwirtschaft“ als eine striktere und stärker belastende Planung angesehen werden; das öffentliche Interesse muss diese Art der Darstellung im Vergleich zu weniger belastenden rechtfertigen. Darstellungen als Flächen für die Landwirtschaft tragen – häufig eigentumsrechtlich nur nachvollziehend – der dort herrschenden Nutzungsart Rechnung und begründen planungs- und eigentums- bzw. entschädigungsrechtlich den situationsgemäßen Ausschluss zur Entwicklung als Bauland. Hierüber greift die Darstellung als Grünfläche regelmäßig hinaus. Zur Auflockerung der bebauten Gebiete, aus ökologischen Gründen und für die in § 5 Abs. 1 Nr. 5 BauGB beispielhaft genannten speziellen Zwecke ist das städtebauliche Erfordernis regelmäßig zu begründen (Darlegung in der Begründung zum Flächennutzungsplan). In der „freien Landschaft“ müssen andere bzw. besondere städtebauliche Gründe nachgewiesen werden, es sei denn, es sollen dort die in Nr. 5 genannten speziellen Zwecke verwirklicht werden (EZBK/Söfker, BauGB, § 5 Rn. 36-44).
Die Darstellung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen vom 19. September 2016 weist einerseits keinen in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB genannten Zweck aus (Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe).
Andererseits muss die Gemeinde bei der Festsetzung von Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind, die damit verfolgten Belange des Gemeinwohls und die schützenswerten Interessen der Eigentümer unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes im Rahmen der Abwägung in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfG, B.v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01 – juris Rn. 13). Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Abwägungsgebot verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U.v. 12.12.1969 – IV C 105.66 – f juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 24.7.2008 – 15 N 06.796 – juris Rn. 17).
Vorliegend kann aus der Begründung des Flächennutzungsplans eine Abwägung für die Festsetzung einer Grünfläche auf dem streitgegenständlichen Grundstück nicht nachvollzogen werden. Es ist zwar zuzugeben, dass es sich vorliegend um ein Außenbereichsgrundstück handelt, das grundsätzlich von Bebauung freizuhalten ist. Jedoch hat die Beigeladene mit dem neuen Flächennutzungsplan vom 19. September 2016 die Darstellung auf dem streitgegenständlichen Grundstück von „Wohnbaufläche“ zu „Sonstige Grünfläche“ geändert. Da Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, hatten die Kläger – wenn auch kein potentielles Baurecht wie es im Innenbereich der Fall wäre – jedoch jedenfalls eine sie begünstigende Position inne, die durch die Änderung der Darstellung entfallen ist und bei der Abwägung zur Änderung des Flächennutzungsplans zu berücksichtigen ist. Lediglich die Darstellung von Wohnbauflächen an anderer Stelle im Gemeindegebiet begründet nicht die Darstellung einer Grünfläche auf dem klägerischen Grundstück. Auch die Begründung zum Flächennutzungsplan vom 19. September 2016, den … See von heranrückender Wohnbebauung freizuhalten, kann die Darstellung nicht allein erklären, insbesondere da der Bereich östlich des streitgegenständlichen Grundstücks ebenfalls zum Außenbereich gehört und im Zeitpunkt der Augenscheinnahme zumindest bis zu der Begrenzung durch den Baumbestand landwirtschaftlich genutzt wurde.
Es kann im vorliegenden Fall jedoch offen bleiben, ob das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), da bei der Frage, ob ein Vorhaben nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist, schon der Verstoß gegen einen der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange genügt (BayVGH, U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 54). Jeder einzelne der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange unabhängig davon, ob er durch andere noch verstärkt wird, ist also für sich genommen geeignet, eine Zulassung zu verhindern (BVerwG, B.v. 8.11.1999 – 4 B 85.99 – juris Rn. 10).
2.2. Das Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt nach der gefestigten (obergerichtlichen) Rechtsprechung den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Deshalb sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen. Der Belang wird schon dann beeinträchtigt, wenn durch das Vorhaben die Fläche der naturgegebenen Bodennutzung entzogen wird. Außenbereichsvorhaben mit anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Bestimmung sind deshalb im Regelfall unzulässig. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt bei baulichen Außenbereichsanlagen nur dann nicht in Betracht, wenn sich das betroffene Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die naturgegebene – also insbesondere landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche – Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (BVerwG, B.v. 8.7.1996 – 4 B 120.96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 12.2.2019 – 15 ZB 18.255 – juris Rn. 17). Die natürliche Eigenart der Landschaft kann auch dann beeinträchtigt sein, wenn ein Vorhaben im Anschluss an eine bebaute Ortsrandlage an einem Standort im Außenbereich errichtet werden soll. Es kommt dabei nicht maßgeblich darauf an, ob das Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt oder ob es etwa durch Bäume oder Hecken der Sicht entzogen ist. Der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft beinhaltet nämlich nicht nur eine optisch-ästhetische Komponente, sondern dient insbesondere auch der Bewahrung der funktionellen Bestimmung der Landschaft (BVerwG, B.v. 30.4.1969 – 4 C 63.68 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 11.8.2011 – 15 ZB 11.1214 – juris Rn. 5). Allein der Umstand, dass das Baugrundstück rein tatsächlich – etwa mit Blick auf die vorhandenen Bäume und Sträucher – wie ein großflächiger Garten genutzt wird, kann nicht dazu führen, dass von der natürlichen Eigenart der Landschaft im Bereich des Vorhabenstandorts nichts mehr übrig bleibt (BayVGH, B.v. 12.2.2019 – 15 ZB 18.255 – juris Rn. 17). Vielmehr hat die vorhandene und als Außenbereich zu qualifizierende Grünfläche, wie auch der Augenschein ergeben hat, ihre typische Außenbereichsfunktion noch nicht verloren. Es handelt sich bei dieser von baulicher Nutzung freien Grünfläche für den unbefangenen Betrachter zweifellos um einen Teil der sich in Richtung Süden und Osten erstreckenden freien Naturlandschaft.
2.3. Ob im vorliegenden Fall zudem der Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtigt ist, kann ebenfalls dahinstehen. Mit der Errichtung des geplanten Gebäudes entsteht zwar keine Splittersiedlung, weil das Gebäude fraglos Bestandteil des Ortsteils würde. In Rede steht aber, ob mit der Zulassung des Vorhabens ein Ausufern des Ortsteils in den Außenbereich hinein eingeleitet wird. Voraussetzung für die Annahme einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange ist aber, dass die Gefahr einer Zersiedelung konkret zu befürchten ist und bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Ortsrandlage nicht verhindert werden könnten (BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris Rn. 30). Das Vorhaben könnte möglicherweise eine negative Vorbildwirkung haben. Es könnte dazu führen, dass sowohl auf dem östlichen Teil des streitgegenständlichen Grundstücks als davon östlich und südlich von den bereits vorhandenen Anwesen der N.straße in zweiter bzw. dritter Reihe weitere Wohnhäuser entstehen. Eine – durch verbindliche Bauleitplanung nicht geordnete – Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist (BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29/81 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 12.5.2017 – 15 ZB 16.1567 – juris Rn. 39).
Da das geplante Vorhaben aber jedenfalls die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt, war die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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