Baurecht

Erfolgloser Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Maschinenhalle mit Holzaufbereitung für einen forstwirtschaftlichen Betrieb

Aktenzeichen  AN 3 S 17.01233

Datum:
25.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 74 Abs. 1 S. 2, § 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5, § 113 Abs. 1 S. 1
BauGB BauGB § 35, § 212a Abs. 1
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Im Rahmen einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung werden von einem vom genehmigten Umfang abweichenden Gebrauch ausgehende Beeinträchtigungen nicht geprüft. (Rn. 27) (red. LS Andreas Decker)
2 Das bauplanungsrechtliche Erfordernis einer gesicherten Erschließung hat keine nachbarschützende Funktion; selbiges gilt für den vermeintlichen Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans. (Rn. 35 f.) (red. LS Andreas Decker)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2017 wurde dem Beigeladenen durch den Antragsgegner die Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle mit Holzaufbereitung für den forstwirtschaftlichen Betrieb auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, das im Außenbereich nach § 35 BauGB liegt, genehmigt. Das gemeindliche Einvernehmen der … wurde mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 mit 15:0 Stimmen erteilt. In Ziffer 12 des Bescheides wurde das Schallschutzgutachten der Firma … vom 20. April 2017 – Nr. 090-5438 – zum Bestandteil gemacht.
Folgende Auflagen wurden dem Beigeladenen gemacht:
Ziffer 10: Die Bestimmungen der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm“ vom 26.8.1988, veröffentlicht in der Ausgabe Nr. 26 des „Gemeinsamen Ministerialblattes“ (GMBl S. 503) vom 28.8.1988, sind einzuhalten.
Ziffer 11: Der Beurteilungspegel, der vom Betrieb der Maschinenhalle mit Holzbearbeitung einschließlich des Kunden- und Lieferverkehr ausgehenden Geräusche darf im benachbarten MI-Gebiet die in der TA Lärm unter Ziffer 6.1 c) genannten reduzierten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung möglicher Summenwirkungen mit weiteren, auf die Immissionsorte einwirkenden bestehenden und geplanten Anlagen, außerhalb von Gebäuden von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) und im benachbarten WA-Gebiet die unter Ziffer 6.1 d) genannten reduzierten Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschreiten. Die Immissionsorte (IP 1 und IP 2) sind gemäß Ziffer A.1.3 anzunehmen. Die Nachtzeit beträgt 8 Stunden; sie beginnt um 22:00 Uhr und endet um 6:00 Uhr. Der Immissionswert für die Nachtzeit gilt auch dann als überschritten, wenn ein Messwert den Immissionswert und mehr als 20 dB(A) überschreitet. Als Bezugszeitraum für den Beurteilungspegel während der Nachtzeit ist die ungünstigste volle Nachtstunde heranzuziehen. Die ungünstigste Nachtstunde ist nur aus der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr herauszugreifen.
Ziffer 13: Die Nutzung der Maschinenhalle darf von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr stattfinden. In dieser Zeit sind folgende Nutzungseinschränkungen zu beachten:
Die Kreissägennutzung darf maximal von 9:00 bis 17:00 Uhr von Montag bis Samstag erfolgen (8h).
Die Kettensägennutzung darf maximal von 9:00 bis 17:00 Uhr von Montag bis Samstag erfolgen (8h).
Die Teleskopladearbeiten dürfen 1 Stunde während der Betriebszeit (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) werktags stattfinden.
Es dürfen maximal je 2 An- und Abfahrten mit Traktoren je Werktag stattfinden (wie beantragt und geprüft).
Es dürfen je 2 An- und Abfahrten für einen Mitarbeiter stattfinden. Maximal sind vier Mitarbeiter tätig (wie beantragt und geprüft).
Hinweis: die Ziffer 7.2 „seltene Ereignisse“ sind bei vorliegendem Betrieb in Baugenehmigungsverfahren nicht zu berücksichtigen.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am 5. Juli 2017, ließ die Antragstellerin Klage erheben. Gleichzeitig wurde am selben Tag beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 28. Juni 2017 (AN 3 K 17.01234) gegen die Baugenehmigung vom 2. Juli 2017 anzuordnen. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. … und …, die südlich des geplanten Vorhabens liegen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, das Bauvorhaben beeinträchtige massiv das Eigentum der Antragstellerin, insbesondere durch Lärmeinwirkungen und Kraftfahrzeugverkehr.
Auf Seite 12 des Gutachtens sei ausgeführt, „dass einzig bei anfallendem Kalamitätsholz die Lagerung bzw. Weiterverarbeitung außerhalb des Waldes und somit im Bereich der Maschinenhalle erfolgen muss, nach Angaben des Auftraggebers ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Fall äußerst selten und nur über eine begrenzte Zeitdauer auftritt. Weitere relevante Geräuschimmissionen sind nicht vorhanden.“ Das Schallschutzgutachten stehe im Widerspruch zu den vom Bauherrn gemachten Angaben. Der Bauherr bewirtschafte 12 ha Wald, dieser werfe einen Ertrag von 200-264 Festmeter/Jahr ab. Dafür benötige man keine 48 Wochenstunden Kreissägebetrieb, keine 4 Mitarbeiter und keine Halle in den Abmessungen von 15 x 30 m, wie vom Bauherrn beantragt. Eine Investition dieser Größenordnung trage sich nicht durch den Ertrag von 12 ha, sondern erfordere zwingend Holzzukauf und Holzhandel. Der Beigeladene hätte auch in der Vergangenheit bereits Holz zur Weiterverarbeitung angekauft.
Es sei deshalb davon auszugehen, dass in der Maschinenhalle mit Holzaufbereitung erheblich mehr Holz verarbeitet werde als ausschließlich Kalamitätsholz. Die Lärmbelastung sei deshalb weit größer als im Schallschutzgutachten.
Im Schallschutzgutachten seien für den direkt angrenzenden Immissionspunkt IO-1 Werte von 52,6 und 53,4 berechnet worden, wohingegen für die mehr als viermal weiter entfernten Immissionspunkte IO 2/3/4 Werte zwischen 49,5 und 51,8 gemessen worden seien. Normalerweise wäre ein Unterschied von 3 dB(A) zu erwarten mit jeder Abstandsverdoppelung. Bei einem vierfachen Abstand müssten also die Werte der weiter entfernten Immissionspunkte um ca. 6 dB(A) geringer sein als die vom IO-1. Der in der schalltechnischen Untersuchung berechnete Unterschied zwischen IO-1 und IO-2/3/4 belaufe sich auf lediglich 1,6 bis 3,1 anstatt der zu erwartenden 6 dB(A).
Des Weiteren sei das Grundstück des Bauherrn dem Außenbereich zuzuordnen. Bei der genehmigten Maschinenhalle handele es sich jedoch nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, da es an einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb fehle, dem diese Maschinenhalle mit Holzaufbereitung dienen könnte. Ein sonstiges Vorhaben wie das vorliegende sei im Außenbereich nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigen würde und seine Erschließung gesichert sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil das Vorhaben insbesondere den Darstellungen des derzeitig gültigen Flächennutzungsplans widerspreche, welcher für den maßgeblichen Bereich Fläche für die Landwirtschaft vorsehe. Da der Bauherr lediglich 12 ha Wald bewirtschafte, für einen forstwirtschaftlichen Betrieb jedoch 17 ha erforderlich seien, fehle es bereits an der erforderlichen Größe. Der Bauherr betreibe somit weder einen forstwirtschaftlichen noch einen landwirtschaftlichen Betrieb.
In unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück liege ein Kinderspielplatz. Die öffentlichen Feld und Waldwege seien für den zu erwartenden Schwerlastverkehr nicht geeignet. Schließlich sei laut der öffentlichen Bekanntmachung der Tagesordnung zur 16. Sitzung des Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses unter Tagesordnungspunkt 3 lediglich der Antrag zum Neubau einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle zur Beratung und Beschlussfassung vorgesehen gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das erforderliche Einvernehmen der Stadt … zum genehmigten Bauplan nicht erteilt worden sei.
Die Antragstellerin hätte festgestellt, dass Vorbereitungsarbeiten zur Realisierung des Bauvorhabens bereits durchgeführt würden. Insbesondere werde bereits Bodenaushub getätigt. Damit nicht vor Abschluss des Rechtsstreits vollendete Tatsachen geschaffen würden, wird beantragt die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 28. Juni 2017 gegen die vom Landratsamt … erteilte Baugenehmigung (AZ: …*) vom 2. Juni 2017 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2017 führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, die Antragstellerin könne sich im vorliegenden Fall ausschließlich auf die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen. Auf das Problem einer ausreichenden Erschließung oder auf die Frage der Privilegierung könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Selbiges gelte für das planungsrechtliche Einvernehmen der Stadt … Einzig in Betracht kämen schädliche Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Da jedoch die Grenzwerte der TA Lärm ausweislich des Schallgutachtens eingehalten seien, scheide eine Rechtsverletzung der Antragstellerin aus. Es liege auch kein Grund vor, das Ergebnis der Untersuchung anzuzweifeln, sie sei schlüssig und ineinander stimmig. Insbesondere sei der Einwand zu verwerfen, die Immission am IO-1 müsse wegen des geringen Abstands zum Bauvorhaben deutlich höher sein. Die Antragstellerin verkenne, dass sich der IO-1 im Vergleich zu den restlichen IOs auf der schallabgewandten Seite befinde. Anlage 3 der Untersuchung (Bl. 133 der Verfahrensakte) zeige eindeutig, dass sich der Großteil der Flächenschallquellen südlich der geplanten Maschinenhalle befinde und deshalb eine Abschirmung durch das Gebäude stattfinde. Zu beachten sei auch, dass das Gelände nach Süden Richtung … mit einer Hangkante um ca. 15 m ansteige, Kapitel 2 der Untersuchung bzw. Blatt 114 der Verfahrensakte. In Kapitel 6 der Untersuchung (Bl. 122 der Verfahrensakte) sei auch ausdrücklich erwähnt, dass die Berechnung die Abschirmung durch Gebäude und Gelände sowie deren Reflexionen berücksichtigt werde.
Zudem gehe die Antragstellerin irrig davon aus, dass Auflage 13 (Kreis- und Kettensäge Nutzung darf maximal von 9:00 bis 17:00 Uhr von Montag bis Samstag erfolgen (max. 8 Stunden)) dem Beigeladenen mehr erlaube, als das, was die Schalluntersuchung als Prognosegrundlage verwende. Tabelle 4 der Untersuchung stelle auf der Grundlage der letzten Aufzählungen in Tabelle 2 eine „worst case“ Betrachtung dar. Es sei also die Nutzung komplett ohne Holzverarbeitung untersucht worden (Tabelle 3) und auch mit maximaler Holzverarbeitung (8 Stunden pro Tag, Tabelle 4). Bei beiden Untersuchungen sei als Ergebnis festzuhalten, dass sämtliche Grenzwerte eingehalten würden. Hintergrund dieser beiden getrennten Untersuchungen sei, dass der Beigeladene Holzverarbeitung nur äußerst selten und nur über eine begrenzte Zeitdauer durchführe und daher keine verlässliche Durchschnittsangabe für eine einzelne Prognose vorliege. Insofern sei vom Gutachter sicherheitshalber zusätzlich eine „worst case“ Betrachtung durchgeführt worden, bei welcher jedoch auch alle Lärmwerte eingehalten worden seien. Diese Vorgehensweise sei mit der Auflage 13 im angefochtenen Bescheid übernommen worden. Darauf zurückzuführen sei übrigens auch der vermeintliche Widerspruch, welchen die Antragstellerin auf Seite 4 der Antragsbegründung darzulegen versuche.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2017 nahm der Beigeladene Stellung und führte im Wesentlichen aus:
Im Gegensatz zum Kalamitätsholz werde das Nutzholz vom Beigeladenen direkt an die Forstbetriebsgemeinschaften … verkauft und nicht zur Maschinenhalle gefahren, geschweige denn dort verarbeitet. Lediglich das minderwertige Kalamitätsholz (aus Käferbefall und Windbruch) werde in der Maschinenhalle zu Brennholz verarbeitet.
In Bayern liege der durchschnittliche Holzzuwachs bei ca. 12 fm/ha im Jahr. Dies ergebe bei einer Fläche von 12 ha einen nachhaltig zu erwirtschaftenen Ertrag von ca. 150 fm. Erfahrungsgemäß fiele davon ca. ein Drittel an Brennholz an also ca. 50 fm. Dies entspreche ca. 80 Ster gespaltenen, geschlichtetem Holz. Für die Herstellung eines Ster Brennholzes seien bei den Maschinen des Beigeladenen ca. 20 Minuten Kettensägenarbeit, 20 Minuten Spaltarbeit und 20 Minuten Kreissägenarbeit anzusetzen. 80 Ster Brennholz entsprächen somit einer Maschinengesamtlaufzeit von jährlich lediglich ca. 80 Stunden bzw. 10 vollen Arbeitstagen. Selbst wenn man aber den jährlichen Ertrag, wie von der Antragstellerin behauptet, mit bis zu 264 fm/ha ansetze, ergäbe dies nur eine gesamte Maschinenlaufzeit von 127 Stunden bzw. 16 vollen Arbeitstagen pro Jahr.
Ein wie von Antragstellerinseite behaupteter Holzhandel oder Sägewerkbetrieb sei mehr als abwegig. Durch die Begrenzung der An- und Abfahrten auf zwei pro Tag und die maximale Anzahl an Mitarbeitern von vier (bei denen es sich hauptsächlich um Familienmitglieder und Freunde handele) sei ein Holzhandel oder Sägewerkbetrieb nicht realisierbar. Ein Gewerbebetrieb mit Holzzukauf und Holzhandel sei in der Maschinenhalle weder beabsichtigt noch rechtlich zulässig. Es handele sich jedoch bei dem Vorhaben um einen privilegierten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dies hätte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in … am 1. Februar 2016 bestätigt. Nach dessen Aussage liege die Mindestfläche zur Erlangung der Privilegierung bei 10 ha Wald.
Im Übrigen finde der behauptete Schwerlastverkehr nach Abschluss der Bauphase nicht statt. Des Weiteren erfolge der weit überwiegende Teil der An- und Abfahrten nicht am Kinderspielplatz vorbei, sondern über den teilweise geteerten Flurbereinigungsweg nach Osten Richtung Staatsstraße …
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Streitgegenstand vorliegenden Antrags ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der dem Beigeladenen durch den Antragsgegner mit Bescheid vom 2. Juni 2017 erteilten Baugenehmigung zur Errichtung einer Maschinenhalle mit Holzaufbereitung für den landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerinseite und der Antragsgegnerin sowie des Beigeladenen gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rn. 152), wobei vorrangig die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.
Nach diesen Grundsätzen muss der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ohne Erfolg bleiben.
Nach Überzeugung der Kammer hat die Klage gegen die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 2. Juni 2017 keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste.
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z.B. BVerwG v. 6.10.1989 – 4 C 40.87 – juris).
Auf Grund der im vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Überprüfung ist festzustellen, dass das geplante Vorhaben des Beigeladenen voraussichtlich keine drittschützenden Normen, auf die sich die Antragstellerin berufen kann, verletzt. Es ruft weder schädliche Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB hervor noch verletzt es das Gebot der Rücksichtnahme in anderer Weise.
Der Prüfungsumfang bezieht sich dabei nur auf die Rechtmäßigkeit des Inhalts der erteilten Baugenehmigung. Davon nicht umfasst sind von einem abweichenden Gebrauch ausgehende Beeinträchtigungen.
1. a) Soweit sich die Antragstellerin gegen die von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen wendet, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass durch das Vorhaben am Anwesen der Antragstellerin nicht zumutbare schädliche Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorgerufen werden und es sich damit als rücksichtslos erweist. Einzig dieser Belang im Katalog des § 35 Abs. 3 BauGB vermittelt als einfach-gesetzliche Ausformung des Gebots der Rücksichtnahme von sich heraus Drittschutz.
Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist in § 3 Abs. 1 BImSchG definiert. Vorliegend kommen als schädliche Umwelteinwirkungen lediglich Lärmimmissionen in Betracht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Schädlichkeit beurteilt sich nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Je nach Gebietscharakter, in dem das Vorhaben errichtet werden soll, ergeben sich unterschiedliche Grenzwerte.
Das Grundstück der Antragstellerin liegt entsprechend des Bebauungsplans Nr. … „westlich von …“ in einem allgemeinen Wohngebiet (WA). Das Grundstück der Antragstellerin befindet sich zwischen dem IO-3 und IO-3. Nach 6.1 d) der TA Lärm liegen die Immissionsrichtwerte bei tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A). In der schalltechnischen Untersuchung der Firma … wurden zwei Szenarien gemessen (Nr. 6 des Gutachtens): zum einen der Beurteilungspegel ohne Berücksichtigung der Weiterverarbeitung von Kalamitätsholz (Szenario 1) und einmal mit Berücksichtigung der Weiterverarbeitung von Kalamitätsholz (Szenario 2). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es daher unerheblich, ob, wie viel und wie lange der Beigeladene in der Maschinenhalle Kalamitätsholz weiterverarbeitet, da eben auch Messungen für den Fall vorgenommen wurden, dass maximal 8h von 9:00 bis 17:00 Uhr eine Verarbeitung von Holz stattfindet. Ferner wurde auch lediglich eine Untersuchung für die Tageszeit durchgeführt, da eine Nachtnutzung von Ketten- und Kreissägen nicht beantragt und dementsprechend nicht genehmigt wurde.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an dem schalltechnischen Gutachten. Wie aus Anlage 3.1 des Gutachtens ersichtlich, liegt die Flächenschallquelle am unteren Rand der geplanten Maschinenanlage. Die Ausdehnung des Schalls wird damit nach Süden kaum abgeschirmt, nach Norden jedoch durch eben jene Maschinenhalle. In Kombination mit dem nach Süden ansteigenden Gelände scheint es schlüssig, dass sich die gemessenen Beurteilungspegel am IO-1 und IO-4 im zweiten Szenario nicht wie erwartet wesentlich unterscheiden, da trotz einer deutlichen näheren Lage des IO-1 zum Vorhaben eine Abschirmung des Lärms stattfindet.
Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass am IO-3 im Falle des Szenario 1 ein Beurteilungspegel von tagsüber 29,7 dB(A) (im EG) und 29,9 dB(A) (im OG) gemessen wurden. Im zweiten Szenario wurden tagsüber 50,6 dB(A) (im EG) und 50,7 dB(A) (im OG) gemessen. Am IO-2 wurde im Szenario 1 ein Beurteilungspegel von tagsüber 29,6 dB(A) (im EG) und 30,9 dB(A) (im OG) gemessen. Im zweiten Szenario wurden tagsüber 50,3 dB(A) (im EG) und 51,8 dB(A) (im OG) gemessen. Relevante kurzzeitige Geräuschspitzen können bereits bei alleiniger Berücksichtigung des Abstandsmaßes ausgeschlossen werden.
Der tatsächliche Beurteilungspegel am Grundstück der Antragstellerin dürfte sich zwischen den eben genannten Werten befinden. Ungeachtet davon halten die gemessenen Werte sowohl am IO-3 als auch am IO-2 in beiden Szenarien den Immissionsrichtwert von 55 dB(A) ein, was nur den Rückschluss zulässt, dass am Grundstück der Antragstellerin auf Grund dessen Lage der Wert von 55 dB(A) ebenfalls eingehalten wird.
Die Kammer geht daher davon aus, dass durch das genehmigte Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorgerufen werden.
b) Soweit die Antragstellerin die gesicherte Erschließung des Vorhabens bezweifelt, wird damit keine Position angesprochen, die der Antragstellerin subjektiv-öffentliche Abwehrrechte vermittelt (BayVGH, B.v. 29.6.1984 – 26 B 82 A.395).
Selbiges gilt für den vermeintlichen Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans, weshalb es dahinstehen kann, ob das Vorhaben privilegiert ist oder nicht (VG Augsburg, U.v. 11.7.2013 – Au 5 K 12.1023). Die Antragstellerin ist nicht Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit an einem gesetzmäßigen Verwaltungsvollzug (vgl. BayVGH v. 29.5.1995 – 14 CS 95.879).
2. Darüber hinaus ist auch das dem § 35 BauGB innewohnende allgemeine Gebot der Rücksichtnahme zugunsten von Nachbarn nicht verletzt.
Anhaltspunkte für eine anderweitige Rücksichtslosigkeit des Vorhabens sind nicht erkennbar und wurden auch nicht vorgetragen.
Nach alldem ist festzustellen, dass im Hinblick auf das Erfordernis einer Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die allein sich die Antragstellerin berufen könnte, nach summarischer Prüfung ein Erfolg ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juni 2017 nicht wahrscheinlich scheint. Dies spricht für ein überwiegendes Interesse des Beigeladenen am Beibehalten der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der ihr erteilten Baugenehmigung. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage dennoch höher zu bewerten, sind nicht ersichtlich, so dass es bei der vom Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB getroffenen Entscheidung bleibt.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juni 2017 war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert: §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs.


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