Baurecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem straßenausbaubeitragsrechtlichen Verfahren

Aktenzeichen  6 ZB 20.166

Datum:
24.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16932
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG BY aF Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Wenn die übliche Nutzungsdauer einer Ortsstraße abgelaufen ist, ist die Beitragsfähigkeit einer Erneuerungsmaßnahme daher auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Erneuerungsbedürftigkeit auf in der Straße verlegte defekte Wasserrohre zurückgeht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 17.1542 2019-12-05 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Dezember 2019 – Au 2 K 17.1542 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 6.830,14 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.
1. Die beklagte Gemeinde zog den Kläger als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 100/12 mit Bescheid vom 21. April 2017 für die 2016 erfolgte Erneuerung des G-wegs zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.830,14 € heran. Nach Einlegung eines Widerspruchs, über den nicht entschieden wurde, und Erhebung einer Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Ausbaumaßnahme stelle eine Erneuerung und Verbesserung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG (a.F.) dar, da die Straße erstmals 1972 oder 1973 technisch hergestellt worden und somit die technische Nutzungsdauer von 25 Jahren abgelaufen gewesen sei. Die Anlage G.weg/F. straße beginne an der westlichen Einmündung der F. straße in die R. straße und ende an der Kreuzung des G-wegs mit dem Eichberg und dem E.weg. Die erneuerte Teilstrecke überschreite ein Viertel der gesamten Straßenlänge. Die Beklagte habe die Straße zu Recht als Anlieger straße im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 1 ihrer Ausbaubeitragssatzung (ABS) eingestuft.
2. Die vom Kläger fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO liegen nicht vor.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
Durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 26. Juni 2018 (GVBl S. 449) wurde rückwirkend zum 1. Januar 2018 die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verboten (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG n.F.). Allerdings verbleibt es für Beiträge und für Vorauszahlungen, die – wie hier – bis zum 31. Dezember 2017 durch Bescheid festgesetzt worden sind, nach Maßgabe der Übergangsvorschriften in Art. 19 Abs. 7 und 8 KAG bei der früheren, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Rechtslage, die sich aus dem Kommunalabgabengesetz selbst (KAG a.F.) und dem auf seiner Grundlage wirksam erlassenen gemeindlichen Satzungsrecht ergibt.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags rechtmäßig ist. Die Einwände des Klägers werfen keine Zweifel auf, die weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfen.
aa) Der Zulassungsantrag des Klägers zieht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass beitragsrechtlich auf den Straßenzug „G.weg/F. straße“ beginnend an der Einmündung der F. straße in die R.straße bis zur Kreuzung des G-wegs mit den Straßen Eichberg und E.weg als beitragsrechtlich maßgebliche Einrichtung abzustellen sei, nicht mit schlüssigen Argumenten in Zweifel.
Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass bei einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme grundsätzlich auf die einzelne Orts straße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG a.F. abzustellen ist. Wo eine solche Orts straße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten (vgl. etwa BayVGH, B.v. 9.7.2019 – 6 ZB 18.2370 – juris Rn. 8; B.v. 6.12.2017 – 6 ZB 17.1104 – juris Rn. 7; U.v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl 2012, 206 Rn. 41; U.v. 28.1.2010 – 6 BV 08.3043 – BayVBl 2010, 470 Rn. 12). Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme.
In Anwendung dieses Maßstabs ist das Verwaltungsgericht nach Inaugenscheinnahme des Straßenzugs zu dem überzeugenden Ergebnis gekommen, dass die Anlage G.weg/F. straße an der Kreuzung mit den Straßen Eichberg und E.weg endet und nicht den nördlichen Teil des G-wegs ab dieser Kreuzung mitumfasst, da bei natürlicher Betrachtungsweise diese Kreuzung eine deutliche Zäsur und damit das Ende der abgerechneten Anlage darstellt. Die Kreuzung hebe sich vom sonstigen Verlauf der in Hanglage befindlichen Einrichtung deutlich sichtbar ab und stelle eine örtlich deutlich sichtbare Unterbrechung des Straßenverlaufs des G-wegs dar, weil ausschließlich diese Kreuzung relativ eben ausgebaut sei und sich beide kreuzenden Fahrbahnen fortsetzen würden. Demgegenüber treten die vom Kläger vorgebrachten Merkmale der gleichen Straßenbreite und der gleichen Straßenausstattung in der Gesamtbetrachtung zurück. Im Übrigen wendet sich der Kläger mit dieser Rüge gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO jedoch nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder die Grenzen richterlicher Überzeugungsbildung überschritten worden wären. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich sachwidrig und damit objektiv willkürlich wäre, gegen Denkgesetze verstieße oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachten würde (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2020 – 15 ZB 19.1987 – juris Rn. 22 m.w.N.). Derartige Mängel der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung zeigt der Kläger nicht auf. Er setzt vielmehr dem aus den Erkenntnissen des Augenscheinstermins gewonnenen Eindruck des Verwaltungsgerichts lediglich seine eigene Bewertung entgegen. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. auch BayVGH, B.v. 3.7.2017 – 6 ZB 16.2272 – juris Rn. 13 m.w.N.).
bb) Damit ist die weitere Rüge des Klägers hinfällig, es könne schon wegen des Verhältnisses von ausgebauter Teilstrecke zur gesamten Straßenausdehnung keine beitragsfähige Erneuerung vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine beitragsfähige Erneuerung oder Verbesserung – in Abgrenzung zu einer beitragsfreien Instandhaltungsmaßnahme – in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die ausgebaute Teilstrecke mindestens ein Viertel der gesamten Straßenlänge umfasst (BayVGH, U.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 10.7.2019 – 6 CS 19.987 – juris Rn. 13). Das ist vorliegend der Fall. Bei einer Gesamtlänge der Anlage von ca. 364 m überschreitet die Ausbaustrecke mit ca. 150 m Fahrbahn und von ca. 145 m Gehweg ein Viertel der Gesamtlänge.
cc) Die Beitragsfähigkeit der Ausbaumaßnahme steht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus anderen Gründen in Zweifel.
Unter einer beitragsfähigen Erneuerung ist die – über eine bloße Instandsetzung hinausgehende – Ersetzung einer infolge bestimmungsgemäßer Nutzung nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit abgenutzten Orts straße durch eine gleichsam „neue“ Orts straße von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart zu verstehen, also eine Maßnahme, durch die eine erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung beträgt die übliche Nutzungsdauer von Straßen 20 bis 25 Jahre (vgl. BayVGH, U.v. 11.12.2015 – 6 BV 14.586 – juris Rn. 15; U.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Nach diesen Kriterien handelt es sich bei der streitigen Straßenbaumaßnahme ohne Zweifel um eine beitragsfähige Erneuerung. Die übliche Nutzungsdauer war für den G.weg/F. straße als der maßgeblichen Orts straße im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. bei Durchführung der Baumaßnahmen im Jahr 2016 überschritten. Nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten war die Straße spätestens 1973 technisch fertig gestellt worden. Das erneuerte Straßenteilstück war auch tatsächlich abgenutzt. Dass es vor dem Wasserrohrbruch 2016 keine größeren Schäden aufwies, ist unerheblich. Maßgeblich ist allein der Zustand der Straße unmittelbar vor Beginn der Erneuerungsmaßnahme (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2007 – 6 BV 04.496 – juris). Zu diesem Zeitpunkt, also nach dem Wasserrohrbruch, war das in Hanglage befindliche Straßenteilstück durch eine großflächige Unterspülung aufgrund des Wasserrohrbruchs unstreitig zerstört und damit erneuerungsbedürftig. Die Entwicklung zur Verschlissenheit verläuft individuell unterschiedlich und hängt vom konkreten „Lebenslauf“ der Straße ab (vgl. HessVGH, B.v. 25.5.2009 – 5 D 1060/09 – juris). Ein beachtlicher Erneuerungsbedarf kann daher ohne weiteres auch kurzfristig durch einen Wasserrohrbruch ausgelöst werden.
Wenn die übliche Nutzungsdauer – wie hier – abgelaufen ist, ist die Beitragsfähigkeit einer Erneuerungsmaßnahme daher auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Erneuerungsbedürftigkeit auf in der Straße verlegte defekte Wasserrohre zurückgeht (vgl. Driehaus in ders. , Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2020, § 8 Rn. 294c). Dies gilt selbst dann, wenn – wie der Kläger behauptet – offenbleibt, ob die Erneuerungsbedürftigkeit ausschließlich oder weitgehend auf ein Verschulden der Feuerwehr zurückzuführen ist. Der Kläger trägt vor, dass das im G.weg auf der Höhe seines Anwesens verlegte Wasserrohr aufgrund einer unsachgemäßen Druckspülung oder Übung durch die örtliche Feuerwehr geplatzt sei und anschließendes mangelhaftes Schadensminimierungsmanagement den Schaden vergrößert habe. Dass bei Maßnahmen an Wasserrohren Fehler unterlaufen können, ist nicht lebensfremd und gehört zum „Lebensschicksal“ einer Straße. Sachverhalte dieser Art sind ebenso wie das Unterlassen von nicht beitragspflichtigen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten nach Ablauf der üblichen Nutzungsdauer im Rahmen der Feststellung des objektiven Erneuerungsbedarfs grundsätzlich irrelevant und können allenfalls im Rahmen des dem Beitragswesen immanenten Grundsatzes der Erforderlichkeit zum Tragen kommen.
dd) Der von der Beklagten als beitragsfähig angesetzte Aufwand ist nicht zu beanstanden und war insbesondere auch für die Erneuerungsmaßnahme erforderlich.
Für die Beurteilung der Erforderlichkeit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KAG) ist der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde gewählte Lösung „sachlich schlechthin unvertretbar“ ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2016 – 6 BV 16.856 – juris – Rn. 30 m.w.N.). Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten an. Denn ab diesem Zeitpunkt ist die Beitragspflicht der Anlieger dem Grunde und der Höhe nach kraft Gesetzes unveränderbar.
Die sachliche Beitragspflicht entstand gemäß § 3 Abs. 1 der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 28. April 2009 mit (dem tatsächlichen und rechtlichen) Abschluss der Maßnahme und Feststellbarkeit des Gesamtaufwands. Nach Aktenlage war dies mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung Ende Oktober 2016 der Fall. Zu diesem Zeitpunkt bestanden keine substantiierten Kenntnisse, dass die Feuerwehr, wie der Kläger vermutet, den Wasserrohrbruch und damit den Erneuerungsbedarf der Straße schuldhaft verursacht sowie den Schaden vergrößert hat. Gleiches gilt für das behauptete Verschulden der Gemeinde. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten bestanden also für die Beklagte keine greifbaren Anhaltspunkte für eigenes oder fremdes Verschulden. Es bestand daher zu diesem Zeitpunkt auch kein Anlass für Aufklärungsmaßnahmen seitens der Beklagten, die eine Verschiebung des Entstehungszeitpunkts zur Folge hätten haben können (vgl. OVG NW, U.v. 23.01.2001 – 3 A 2373/93 – juris). Die Beklagte nahm an, der Einbruch der Straße sei auf einen Wasserrohrbruch ohne Fremd- oder Eigenverschulden zurückzuführen (zur Unbeachtlichkeit des Ausbaumotivs vgl. BayVGH, B.v. 21.07.2009 – 6 ZB 06.3102 – juris). Die Zulassungsschrift formuliert diesbezüglich nur Vermutungen ohne substantiierte Darlegungen wie zum Beispiel der Benennung des angeblichen Zeugen für ein Verschulden der Feuerwehr, zumal eine Kenntnis der Gemeinde von einem Verschulden der Feuerwehr zu oben genannten Entstehungszeitpunkt erforderlich gewesen wäre. Eine Verschiebung des Entstehenszeitpunkts der sachlichen Beitragspflichten im Hinblick auf gebotene gemeindliche Aufklärungsmaßnahmen ist daher nicht anzunehmen. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Gemeinde zunächst davon ausging, dass es sich um einen Versicherungsfall handle, für den eine Versicherung aufkomme und nicht – auch – die Anlieger. Die unstreitig öffentlich vom Bürgermeister geäußerte Ansicht, dass die Kosten der Maßnahme von der gemeindlichen Haftpflichtversicherung gedeckt würden, kann rechtlich auch nicht als Vorausverzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen oder als hierauf gerichtete Zusicherung gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gewertet werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.2006 – 6 B 03.2332 – juris Rn. 31 f.).
Die Zulassungsschrift zeigt schließlich nicht auf, dass die Anschaffung neuer Granitsteine sachlich unvertretbar gewesen wäre. Soweit der Kläger die Anlage eines 40 cm breiten Randstreifens an der Ostseite des G-wegs ebenfalls als reparaturbedingte Kosten ausgeschlossen haben möchte, handelt es sich jedenfalls um eine beitragsfähige Verbesserung des G-wegs nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F., denn durch diese Maßnahme wird der G.weg vorteilhaft verändert. Eine beitragsfähige Verbesserung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Zustand der Orts straße nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht (insbesondere räumlicher Ausdehnung, funktionaler Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) von ihrem ursprünglichen Zustand im Herstellungszeitpunkt in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat (vgl. BayVGH, U.v. 11.12.2015 – 6 BV 14.584 – BayVBl 2016, 348 ff. m.w.N.). Der Kläger trägt selbst vor, dass dieser Streifen dazu dient, die Stabilität der Sockel der Grundstückseinfassungen zu gewährleisten, welche als Folge des Wasserrohrbruchs abzusacken drohten. Damit ist die Stützmauer für die dauerhafte Sicherung des G-wegs vorteilhaft, notwendig und erforderlich.
ee) Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe den G-weg zu Unrecht als Anlieger straße eingestuft.
§ 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS definiert Anliegerstraßen als Straßen, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen. Als Anliegerverkehr ist in diesem Zusammenhang der Verkehr anzusehen, der zu den angrenzenden Grundstücken hinführt oder von ihnen ausgeht (Ziel- und Quellverkehr). Dem Anliegerverkehr ist darüber hinaus auch der kleinräumige Ziel- und Quellverkehr aus dem betreffenden Bauquartier zuzuordnen; denn bei diesem handelt es sich nicht um „durchgehenden innerörtlichen Verkehr“, wie er zur Einstufung als Haupterschließungsstraße erforderlich wäre (BayVGH, U.v. 31.7.2018 – 6 B 18.481 – juris Rn. 20; U.v. 9.2.2012 – 6 B 10.865 – juris Rn. 20). Dagegen sind nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 ABS Haupterschließungsstraßen Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen und nicht Hauptverkehrsstraßen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. Lediglich „daneben“, gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein (BayVGH, B.v. 15.7.2019 – 6 ZB 19.157 juris Rn. 7; U.v. 31.7.2018 – 6 B 18.481 – juris Rn. 19; B.v. 17.2.2016 – 6 ZB 14.1871 – juris Rn. 20; B.v. 27.7.2012 – 6 ZB 12.848 – juris Rn. 5; U.v. 9.2.2012 – 6 B 10.865 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Begriffswahl „ganz überwiegend“ soll also verdeutlichen, dass es nicht um rechnerisch exakte Größenordnungen, sondern, wie es dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entspricht, um einen Schwerpunkt gehen soll.
Danach ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Straßenzug „F.traße/G.weg“ überwiegend der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, da sie überwiegend von dem Verkehr geprägt wird, der zu den angrenzenden Grundstücken hin- und wegführt. Keine andere Straße ist auf sie angewiesen, um eine Verbindung zum sonstigen Verkehrsnetz zu erhalten. Dass Anlieger aus dem weiteren Umfeld des klägerischen Anwesens den G.weg zum Erreichen der Haupt straße nutzen, ist bei objektiver Betrachtung des Straßennetzes nicht gewollt. Kleinräumiger Ziel- und Quellverkehr des Bauquartiers zählt noch zum Anliegerverkehr. Abgesehen davon sucht sich der Verkehr häufig eine Bahn, die auch von zufälligen, nicht mit der Verkehrsplanung und dem Straßenbau zusammenhängenden Gründen abhängig ist. Vereinzelte kleinräumige Umfahrungen gehören deshalb noch nicht zum durchgehenden innerörtlichen Verkehr (BayVGH, B.v. 15.7.2019 – 6 ZB 19.157 – juris Rn. 8).
b) Den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) hat der Kläger schon nicht ausreichend dargelegt. Für die Behauptung, das Verwaltungsgericht weiche von der Senatsrechtsprechung zur Abschnittsbildung, zur Anrechnung der Kosten der Reparatur aus einem kausalen Schadensereignis und zur Einordnung einer Straße als Anlieger- oder Haupterschließungsstraße ab, fehlt die erforderliche Gegenüberstellung abstrakter und entscheidungserheblicher Rechtssätze, welche die angebliche Abweichung erkennen ließe. Der Sache nach rügt der Kläger eine fehlerhafte Anwendung der Rechtssätze durch das Verwaltungsgericht, die keine Divergenz begründet und für die im Übrigen in der Sache nichts ersichtlich ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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