Baurecht

Erfolgloser Eilantrag eines Nachbarn gegen ein – wohl rechtswidriges – Außenbereichsvorhaben

Aktenzeichen  15 CS 17.2575

Datum:
23.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 520
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3, § 113 Abs. 1 S. 1, § 122 Abs. 2 S. 3, § 146 Abs. 4 S. 6
BauGB § 34 Abs. 1, Abs. 2, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 3
BayBO Art. 6, Art. 59 S. 1
TA Lärm Nr. 2.8, Nr. 3.2.1, Nr. 6.1

 

Leitsatz

1 Ein allgemeiner Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht – unabhängig davon, ob das Grundstück des Nachbarn im Außenbereich oder Innenbereich liegt – nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei einer Unterschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB(A) durch die von einem Vorhaben ausgehende Lärmzusatzbelastung kann ohne Weiteres von der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Ganzen ausgegangen werden kann (wie BayVGH BeckRS 2016, 55752 Rn. 34 ff.; BeckRS 2017, 133274 Rn. 9). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Verwaltungsgericht kann sich die erforderliche Sachkunde zu entscheidungserheblichen Tatsachen und Fachfragen (auch) durch die Verwertung von im Verwaltungsverfahren eingeholten bzw. von den Beteiligten vorgelegten sachverständigen Äußerungen im Wege des Urkundsbeweises verschaffen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 S 17.1763 2017-11-30 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich als Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke [FlNr. … (mit einem Wohnhaus bebaut) und nördlich angrenzend FlNr. … (unbebaut), jeweils Gemarkung O…] gegen eine dem Beigeladenen unter dem 10. April 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau einer Metallbau-Werkstatt mit Büro und Betriebsleiterwohnung“ auf dem östlich benachbarten Baugrundstück (vormals FlNr. …; heute laut Angaben im „BayernAtlas-plus“ FlNr. ……).
Der Baugenehmigungsbescheid enthält diverse „immissionsschutzfachtechnische Auflagen“ – die nach Rücknahme einer vom Beigeladenen hiergegen erhobenen Klage (RN 6 K 17.792) – zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sind. Gemäß Auflage Nr. 9 zum Genehmigungsbescheid sowie laut Stempel der Baugenehmigungsbehörde ist ein im Auftrag des Beigeladenen von der K… und … GmbH erstelltes Lärmgutachten vom 30. März 2017 Bestandteil der Baugenehmigung. Dieses Gutachten prognostiziert u.a. basierend auf Angaben des Beigeladenen zum Betriebsablauf (vgl. Seite 7 „Betriebsbeschreibung“) sowie auf Messungen, die vom Gutachterbüro in einer vergleichbaren Werkstätte durchgeführt wurden [Seite 13: Ansatz eines Innenraumpegels über den gesamten Betriebszeitraum 77,5 dB(A)], in der Umgebung Beurteilungspegel für die aus dem Betrieb des genehmigten Vorhabens resultierende Zusatzbelastung bis zu 49 dB(A) [für das Anwesen der Antragsteller als Immissionsort „I 2“: 39 dB(A)] sowie kurzzeitige Geräuschspitzen bis zu 81 dB(A) [für das Anwesen der Antragsteller: 62 dB(A)] bei einer Prognoseunsicherheit in einem Bereich zwischen +/- 1,3 dB(A) bis +/- 2,4 dB(A). Das Gutachten resümiert (vgl. Zusammenfassung Seite 20):
„Unter Berücksichtigung der zugrunde gelegten Emissionsansätze und maximalen Häufigkeiten für die lärmrelevanten Vorgänge werden die Immissionsrichtwerte der TA Lärm (…) an den untersuchten Immissionsorten I 1 bis I 5 der umliegenden schützenswerten Gebäuden innerhalb des Dorf- / Mischgebiets um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
Bei Unterschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte von 6 dB kann nach Abschnitt 3.2.1 der TA Lärm von einer detailliierten Untersuchung der Vorbelastung abgesehen werden.
Die zulässigen kurzzeitigen Geräuschspitzen gemäß der TA Lärm (…) von 90 dB(A) am Tag und 65 dB(A) in der Nacht werden ebenfalls eingehalten.“
Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer am 17. Mai 2017 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 10. April 2017 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 30. November 2017 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht kam nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass die Anfechtungsklage der Antragsteller gegen die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren ergangene Baugenehmigung mangels Rechtsverletzung voraussichtlich keinen Erfolg habe. Das im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) gelegene Bauvorhaben des Beigeladenen verletze nicht das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Antragsteller. Insbesondere hielten sich die Lärmbelastungen im Bereich des Zumutbaren, unabhängig davon, ob das Wohngrundstück der Antragsteller in einem faktischen Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO) oder in einer sog. Gemengelage situiere. Auch gehe von dem Bauvorhaben keine einmauernde Wirkung aus, zumal die erforderlichen Abstandsflächen gegenüber den Nachbargrundstücken eingehalten würden.
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie tragen vor, ein metallverarbeitender Produktionsbetrieb widerspreche als wesentlich störender Gewebebetrieb schon den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der ein Dorfgebiet vorsehe. Zudem könne das Vorhaben Lärmgrenzen für ein Dorfgebiet überschreiten und daher schädliche Umwelteinwirkungen i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen. Das Bauvorhaben sei tatsächlich aufgrund der Zäsurwirkung eines unmittelbar nördlich des Baugrundstücks verlaufenden Baches („Sixtengraben“) dem planungsrechtlichen Innenbereich zuzurechnen. Dort widerspreche es als wesentlich störender Gewerbebetrieb den Anforderungen eines faktischen Dorfgebiets am Maßstab von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO und füge sich auch im Übrigen nicht in die nähere Umgebung gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Auch wenn man das Vorhabengrundstück dem Außenbereich zuordnete, wäre das Vorhaben nicht nur gem. § 35 Abs. 2 BauGB objektiv-rechtlich unzulässig, sondern verletze auch ihre Rechte als Nachbarn. Zum einen verstoße die Baugenehmigung zu ihren Lasten gegen das Rücksichtnahmegebot. Tatsächlich sei mit erheblich stärkeren Lärmbelästigungen durch die Metallbau-Produktionsanlage zu rechnen und zu befürchten, dass Lärmgrenzwerte überschritten würden. An einem nach den Auflagen der Baugenehmigung einzuhaltenden Beurteilungspegel für ihr Grundstück von lediglich 39 dB(A) seien im Vergleich zu Geräuschpegeln von Flüstern von 30 dB(A) und leiser Musik von 40 dB(A) Zweifel angebracht. Das Verwaltungsgericht hätte sich nicht abschließend auf die gutachterliche Bewertung durch das vom Beigeladenen beauftragte Gutachterbüro stützen dürfen, sondern hätte ein unabhängiges Gutachten einholen müssen; zumindest hätte eine schriftliche Auskunft der Immissionsschutzbehörde des Landratsamts eingeholt werden müssen. Eine bloße Prüfung auf Plausibilität sei nicht ausreichend gewesen. Es sei nicht erwiesen, dass durch Einhaltung eines nicht nachvollziehbaren Lärminnenpegels von 77,5 dB(A) gem. Nr. 12 der immissionsschutzfachlichen Auflagen des Baugenehmigungsbescheids die zulässigen Grenzwerte außen eingehalten würden. Insbesondere sei in den Sommermonaten damit zu rechnen, dass aufgrund einer nicht ausreichenden Belüftung die Fenster geöffnet würden. Dann könne das angestrebte Schalldämmmaß nicht eingehalten werden. Eine Lüftung der Halle nach Maßgabe der Baugenehmigung von maximal einer Stunde pro Tag über geöffnete Tore und Türen sei für die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften sicherlich nicht ausreichend. Die Baugenehmigung sei deshalb sogar nichtig. Darüber hinaus stehe ihnen, selbst bei Lage des Vorhabens im Außenbereich, ein Gebietserhaltungsanspruch zu. Für ihr Wohngebäude gelte das Schutzniveau eines Dorfgebietes. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes müsse sich ein Nachbar gegen ein Außenbereichsvorhaben in gleicher Weise zur Wehr setzen können wie gegen ein unmittelbar benachbartes Innenbereichsvorhaben. Es sei mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, dass den Eigentümern eines Innenbereichsgrundstücks der Gebietserhaltungsanspruch versagt werde, nur weil das rechtswidrige Vorhaben sich selbst auf einem zwar unmittelbar angrenzenden, jedoch möglicherweise im Außenbereich gelegenen Grundstücks befinde. Schließlich sei das Abstandsflächenrecht verletzt. Der noch zu errichtende Gebäudeteil werde vermutlich eine Höhe von 12 m aufweisen, wohingegen der Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze nur 7,15 m betrage.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 10. April 2017 anzuordnen.
Der Beigeladene beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und trägt hierzu u.a. vor, dass § 35 Abs. 2 BauGB nicht grundsätzlich nachbarschützend sei. Der Nachbarschutz außerhalb der Grenzen eines (faktischen) Plangebiets bestimme sich nur nach dem Rücksichtnahmegebot; der sog. Gebietserhaltungsanspruch greife nicht. Die Antragsteller seien keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt. Die Ausführungen der Antragsteller zur Lage des Vorhabens im bauplanungsrechtlichen Innenbereich seien nicht überzeugend. Sollte dennoch von einer Innenbereichslage auszugehen sein, läge eine sog. Gemengelage – und kein faktisches Dorfgebiet – vor, sodass dann aus diesem Grund der Gebietserhaltungsanspruch ausscheide. Zudem sei das Vorhaben unter Berücksichtigung der im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2017 vorgelegten ergänzenden Betriebsbeschreibung (vgl. Bl. 44 der VG-Akte RN 6 S. 17.1763), des Lärmgutachtens vom 30. März 2017 sowie der Lärmschutzauflagen in der Baugenehmigung als „nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb“ einzuordnen. Abstandsflächen seien nicht Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren gewesen; unabhängig davon halte das Vorhaben in Richtung des Grundstücks der Antragsteller mit einer Wandhöhe von 5,72 m einen genügenden Abstand von 7,15 m zur Grundstücksgrenze ein.
Der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt.
1. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach der im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu entnehmen, dass die Antragsteller durch die angefochtene Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von den Antragstellern vorgebrachten Gesichtspunkte vermögen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht zu entkräften, dass die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung keine im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfenden Vorschriften verletzt, die auch ihrem Schutz als Nachbarn zu dienen bestimmt sind (zur sog. Schutznormtheorie vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Die Nachbaranfechtungsklage wird daher voraussichtlich erfolglos bleiben. Aus diesem Grund ist die vom Verwaltungsgericht getroffene Interessenabwägung zutreffend, dass das Interesse des Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 212a BauGB) das gegenläufige Interesse der Antragsteller überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben.
a) Die angefochtene Baugenehmigung verletzt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den sog. Gebietserhaltungsanspruch, da weder für das Baugrundstück ein Bebauungsplan existiert noch die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens hinsichtlich der Nutzungsart sich nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet.
Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen. Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (grundlegend BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Allerdings liegen – soweit nach Aktenlage ersichtlich – weder das Baugrundstück noch die Nachbargrundstücke innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans. Entgegen der Rechtsansicht des Landratsamts geht der Senat nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ferner davon aus, dass das Bauvorhaben (anders als das Wohnhaus der Antragsteller) nicht im bauplanungsrechtlichen Innenbereich (§ 34 BauGB), sondern im Außenbereich i.S. von § 35 BauGB situiert. Der Senat nimmt auf die umfangreiche und inhaltlich überzeugende Begründung des Verwaltungsgerichts (Seiten 9 – 11 des Beschlusses vom 30. November 2017) Bezug, § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Die Erwägungen in der Beschwerdebegründung vermögen diese Beurteilung nicht zu erschüttern. Ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden. Eine unbebaute Fläche ist – als „Baulücke“ – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen – grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude. Für die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich können topografische Verhältnisse, wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse usw.) eine Rolle spielen, sodass solche Hindernisse je nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben können. Die Berücksichtigung solcher optisch erkennbarer Umstände kann mithin zwar dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang ausnahmsweise nicht am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird allerdings das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (Zum Ganzen: BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40.87 – NVwZ 1991, 879 = juris Rn. 22; B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 12.5.2017 – 15 ZB 16.1567 – juris Rn. 8 m.w.N.). In Anwendung dieser Grundsätze erscheint es unter Berücksichtigung der in den vorgelegten Akten enthaltenen Lagepläne sowie der amtlichen Flurkarte samt Luftbild im „BayernAtlas-plus“ sehr unwahrscheinlich, dass – wie die Beschwerdebegründung erwägt – der an der nördlichen Grenze des Baugrundstücks verlaufende Bach die Grenze zwischen Innenbereich (südlich hiervon) und Außenbereich (nördlich hiervon) markiert. Dieser Bach dürfte zum einen aufgrund seiner geringen Breite und zum anderen aufgrund seiner erheblichen Entfernung von ca. 75 – 80 m zu den südlich von ihm gelegenen Wohnhäusern auf den Grundstücken des Beigeladenen und der Antragsteller keine den unbeplanten Innenbereich definierende topgrafische Marke darstellen können, zumal die Landschaft ausgehend vom mittleren Punkt der Ostgrenze des Baugrundstücks nicht nur nach Norden (über den Bach hinaus), sondern auch nach Westen hin weitläufig von relevanter Bebauung frei ist.
Aufgrund der im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach festzustellenden Lage des Baugrundstücks im Außenbereich scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch aus, weil sich das Bauvorhaben dann nicht in demselben (faktischen) Baugebiet befindet wie das Wohngrundstück der Antragsteller (BayVGH, B.v. 13.1.2014 – 2 ZB 12.2242 – juris Rn. 12). In einem solchen Fall fehlt es von vornherein an einem bestehenden typisch wechselseitigen Verhältnis einer bodenrechtlichen Austausch- und Schicksalsgemeinschaft (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 6; VG München, U.v. 8.8.2012 – M 9 K 11.3750 – juris Rn. 23). Aufgrund dieses Umstands sind rechtliche Unterschiede hinsichtlich der Einschlägigkeit des Gebietserhaltungsanspruchs im Vergleich zwischen einem Innenbereichsvorhabens gem. § 34 Abs. 2 BauGB und einem Außenbereichsvorhaben gem. § 35 BGB (auch wenn dieses an den Innenbereich angrenzt) mit Blick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sachlich gerechtfertigt bzw. besteht zwischen den genannten Fallgruppen schon keine Vergleichbarkeit. Ein allgemeiner Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht – unabhängig davon, ob das Grundstück des Nachbarn im Außenbereich oder Innenbereich liegt – nicht (vgl. z.B.: BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 15 ZB 10.1047 – juris Rn. 6; B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – Rn. 24; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309). Die Frage, ob das genehmigte Vorhaben als metallverarbeitender Produktionsbetrieb nach typisierender Betrachtung die Voraussetzungen eines wesentlich störenden Gewerbebetriebs erfüllt, der in einem faktischen Dorfgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 26.10.2009 – 9 CS 09.2104 – juris Rn. 4 ff.; SächsOVG, B.v. 28.9.2012 – 1 B 313/12 – juris Rn. 10 ff.), stellt sich mithin im vorliegenden Fall nicht. Ebenso kann dahinstehen, ob sich das Wohnhaus der Antragsteller in einem faktischen Dorfgebiet oder in einer sog. Gemengelage (vgl. BayVGH, B.v. 23.10.2017 – 15 ZB 16.1975 – juris Rn. 7, 8: dort keine Geltung des Gebietserhaltungsanspruchs) befindet. Auch wenn Vieles dafür spricht, dass die Baugenehmigung für ein Außenbereichsvorhaben objektiv-rechtlich am Maßstab von § 35 Abs. 2 BauGB rechtswidrig ist, folgt hieraus keine Nachbarrechtsverletzung der Antragsteller. Letztere sind hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen Nachbarschutzes von vornherein auf das Rücksichtnahmegebot beschränkt (BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 13.1.2014 – 2 ZB 12.2242 – juris Rn. 12); hierzu im Folgenden.
b) Nach Aktenlage sowie nach Maßgabe der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) erscheint es ebenfalls als unwahrscheinlich, dass aufgrund der zu prognostizierenden Lärmbelastung das drittschützende Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Antragsteller durch die Baugenehmigung verletzt ist.
aa) Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend aufgrund der Außenbereichslage des genehmigten Vorhabens über § 35 Abs. 2 i.V. mit Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet und hierüber auch „gebietsübergreifend“ im Verhältnis zwischen einem Grundstück im Innenbereich und einem Grundstück im Außenbereich gilt (BayVGH, B.v. 13.1.2014 – 2 ZB 12.2242 – juris Rn. 16) – kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).
(Lärm-) Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie geeignet sind, erhebliche Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Für die Beurteilung der betriebsbedingten Lärmimmissionen des zugelassenen Vorhabens sind die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm, nunmehr in der Fassung vom 1. Juni 2017) maßgeblich. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 22).
bb) Der Senat geht davon aus, dass nach diesen Maßstäben die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots hinsichtlich der von der Nutzung der genehmigten Werkhalle ausgehenden Lärmbelastung aller Voraussicht nach gegenüber den Antragstellern eingehalten sind.
Bei der Lärmbeurteilung hat die vom Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Untersuchung vom 30. März 2017 unter Heranziehung der Immissionsrichtwerte gem. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA-Lärm für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete in der Sache – wie von den Antragstellern gefordert – hinsichtlich ihres Wohngrundstücks die Schutzwürdigkeit eines Dorfgebiets zugrunde gelegt. Hiernach sind die zu erwartenden Beurteilungspegel für den Tageszeitraum mit einem Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und für den Nachtzeitraum mit einem solchen von 45 dB(A) (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA-Lärm) und die zu prognostizierenden kurzzeitigen Geräuschspitzen (vgl. Nr. 2.8 TA Lärm) mit den sich aus Nr. 6.1 Satz 2 TA-Lärm ergebenden Maximalpegeln – also 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts – zu vergleichen.
Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte auf Grund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung (vgl. Nr. 2.4 Satz 2 TA Lärm) die Immissionswerte nach Nr. 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm kann für die Lärmprognose die an sich gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 TA Lärm für die Erfassung der Gesamtbelastung gebotene Ermittlung der Vorbelastung im Hinblick auf Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der zu überprüfenden Anlage – hier des genehmigten Bauvorhabens des Beigeladenen – die nach Nr. 6 TA Lärm einschlägigen Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB(A) unterschreiten. Hieraus folgt, dass bei einer Unterschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB(A) durch die vom streitgegenständlichen Vorhaben ausgehende Lärmzusatzbelastung ohne weiteres von der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Ganzen ausgegangen werden kann (BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 34 ff.; B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.767 – juris Rn. 9). Dies ist nach den Ergebnissen der Lärmbegutachtung vom 30. März 2017 vorliegend der Fall: Hiernach sind infolge der bestimmungsgemäßen Nutzung des genehmigten Vorhabens am Immissionsort „I 2“ (Nordseite des Wohnhauses der Antragsteller auf FlNr. ……) eine Lärmzusatzbelastung in Höhe eines Beurteilungspegels von tagsüber 39 dB(A) sowie kurzzeitige Geräuschspitzen mit Maximalpegeln von tagsüber 62 dB(A) zu prognostizieren. Der Beurteilungspegel liegt 21 dB(A) unterhalb des o.g. Tages-Immissionsrichtwerts gem. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA-Lärm; der zu prognostizierende Wert für kurzzeitige Geräuschspitzen wird um 18 dB(A) im Vergleich zum Maximalwert gem. Nr. 6.1 Satz 2 TA-Lärm unterschritten. Auf Nachtwerte (vgl. Nr. 6.4 TA Lärm) kommt es nicht an, weil laut Auflage Nr. 11 zum streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid die Betriebszeiten des Metallbaubetriebs auf den Zeitraum von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr an Werktagen beschränkt ist. Auch bei Berücksichtigung eines Zuschlags von 6 dB(A) für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gem. Nr. 6.5 TA Lärm für die nach dem Genehmigungsbescheid zulässige Betriebszeit an Werktagen zwischen 6:00 Uhr und 7:00 Uhr liegt die Belastung der Antragsteller deutlich unterhalb des Relevanzwerts gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 TA Lärm.
Die Einhaltung von bestimmten Beurteilungspegeln und Maximalpegeln für einzelne Geräuschspitzen in der Nachbarschaft wird auch durch die Auflagen Nr. 14 und Nr. 15 zum streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid vom 10. April 2017 vorgegeben [in Anlehnung an das Gutachten für die Nordfassade des Wohnhauses der Antragsteller: Beurteilungspegel 39 dB(A), maximale kurzzeitige Geräuschspitzen: 62 dB(A)]. Nach dem Lärmschutzgutachten erscheint es gewährleistet, dass diese Immissionswerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – NVwZ-RR 2014, 175 = juris Rn. 15; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 22; B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061). Die Einhaltung der Zumutbarkeitsgrenzen nach TA Lärm wird insbesondere über diverse weitere „immissionsschutzfachtechnische Auflagen“, wonach in der Werkstatthalle ein Innenpegel von 77,5 dB(A) einzuhalten ist (Nr. 12), Türen und Fenstern geschlossen zu halten und bestimmte Vorgaben für Be- und Entladevorgänge zu beachten sind (Nr. 16 – Nr. 19), bestimmte Schalldämmmaße für Außenwände, Dach, Fenster (Lichtband), Türe und Tore der Werkstatthalle (Nr. 20) sowie Vorgaben für das Abstellen von Personenkraftwagen (Nr. 21) einzuhalten sind, sichergestellt.
cc) Sollte von einer Gemengelage auszugehen sein und deshalb für die maßgeblichen Immissionsrichtwerte im Vergleich zu Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA-Lärm ein Aufschlag geboten sein, wäre erst recht von der Einhaltung der Zumutbarkeitsgrenzen auszugehen.
dd) Die Einwände der Antragsteller gegen das vom Beigeladenen in Auftrag gegebene Lärmgutachten vom 30. März 2017 sind zu pauschal und undifferenziert, um in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz dessen Grundlagen ernsthaft zu erschüttern (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2009 – 15 CS 09.21 – juris Rn. 9).
Soweit die Antragsteller vortragen, dass im Sommer mit einer Öffnung der Fenster zu rechnen sei und dann das angestrebte Schalldämmmaß nicht eingehalten werden könne, wird ohne nähere Ausführungen ein auflagenverletzendes Verhalten unterstellt. Die Antragsteller vermochten aber – entgegen der Annahme des Gutachtens, das einen Anlagenbetrieb mit geschlossenen Fenstern offenbar als möglich erachtet – nicht nachvollziehbar aufzuzeigen, dass diese Auflage nicht eingehalten werden kann und dass deshalb von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots auszugehen sei. Ihr Einwand, dass eine Lüftung der Halle nach Maßgabe der Baugenehmigung von maximal einer Stunde pro Tag über geöffnete Tore und Türen „für die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften sicherlich nicht ausreichend“ sei bleibt spekulativ. Sollte an heißen Tagen auch eine technische Klimatisierung keine arbeitsschutzrechtlichen Standards gewährleisten, müsste der Beigeladene dann notfalls den Betrieb an diesen Tagen einstellen.
Soweit die Antragsteller in der Sache rügen, das Gutachten sei ein nicht unabhängig erstelltes Parteigutachten, besteht insbesondere im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kein Anlass, deshalb ein weiteres „neutrales“ Gutachten einzuholen (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2010 – 14 CS 10.816 – juris Rn. 31; VG Arnsberg, B.v. 12.1.2015 – 4 L 1204/14 – juris Rn. 49). Sogar in einem verwaltungsgerichtlichen Klage- / Hauptsacheverfahren kann seitens des Gerichts grundsätzlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, sich die erforderliche Sachkunde zu entscheidungserheblichen Tatsachen und Fachfragen durch die Verwertung von im Verwaltungsverfahren eingeholten bzw. von den Beteiligten vorgelegten sachverständigen Äußerungen im Wege des Urkundsbeweises zu verschaffen (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2010 – 8 B 15.10 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 13.1.2016 – 22 ZB 15.1506 – juris Rn. 14 m.w.N.). Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens stellt selbst in einem Klageverfahren nur dann einen Aufklärungsmangel am Maßstab von § 86 Abs. 1 VwGO dar, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil das bereits vorliegende Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (BVerwG, U.v. 18.6.2003 – 4 A 70.01 – NVwZ 2004, 100 = juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG, B.v.28.3.2013 – 4 B 15.12 – ZfBR 2013, 479 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 68 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 118.2014 – 10 A 2589/13 – juris Rn. 19; HessVGH, B.v. 21.1.2010 – 9 B 2936/09 – juris Rn. 9).
Die vom Beigeladenen in Auftrag gegebene schalltechnische Untersuchung vom 30. März 2017 wurde von den Antragstellern allerdings weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren durch Aufzeigen konkreter, erheblicher Fehler angegriffen. Der Vortrag in der Beschwerdebegründung, dass im Vergleich zu dem Ergebnis der Begutachtung tatsächlich mit erheblich stärkeren Lärmbelästigungen durch die Metallbau-Produktionsanlage zu rechnen sei, bleibt unsubstanziierte Behauptung, die das Gutachtenergebnis nicht zu erschüttern vermag (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2015 – 22 CS 15.481 – juris Rn. 23). Soweit die Nachvollziehbarkeit des in Auflage Nr. 12 vorgegebenen Innenpegels, auf dem die Immissionsprognose für die benachbarte Umgebung beruht, bezweifelt wird, wird im Gutachten vom 30. März 2017 sachverständig ausgeführt, dass dieser auf Messungen basiert, die von dem beauftragten Ingenieurbüro in einer vergleichbaren Werkstätte durchgeführt wurde. Hiermit setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.
c) Der Einwand, das Vorhaben halte die Abstandsflächen nicht ein, ist schon deshalb irrelevant, weil Art. 6 BayBO nicht Gegenstand des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren war. Die angefochtene Baugenehmigung wurde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilt. Die Feststellungswirkung der Genehmigung ist deshalb auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO genannten Kriterien beschränkt. Die Prüfung der Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO ist darin grundsätzlich nicht vorgesehen; eine Abweichung (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) wurde weder beantragt, noch erteilt. Eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragsteller durch die angefochtene Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 9 ZB 14.2853 – juris Rn. 8; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508).
d) Unabhängig davon, dass hierzu nichts Konkretes mit der Beschwerde vorgetragen wurde (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ist ferner nicht ersichtlich, dass von dem streitgegenständlichen Vorhaben eine gegen das Rücksichtnahmegebot (s.o.) verstoßende erdrückende, abriegelnde oder einmauernde Wirkung zu Lasten der Antragsteller ausgehen könnte (zu den eher engen Voraussetzungen vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; .v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508). Mit Blick auf die Höhe des geplanten Werkstattgebäudes (9,33 m über Gelände am höchsten Dachpunkt) und darauf, dass sich das genehmigte Gebäude des Beigeladenen und das Wohnhaus der Antragsteller auf FlNr. … nicht unmittelbar gegenüberstehen – sondern versetzt zueinander liegen und dabei nach dem Lageplan ein Abstand zwischen dem südwestlichen Eck des genehmigten Gebäudes und dem nordöstlichen Eck des Wohnhauses der Antragsteller von ca. 24 m besteht –, vermag der Senat insbesondere nicht zu erkennen, wie durch das Hinzukommen der genehmigten Bebauung auf dem Antragstellergrundstück ein objektiv begründetes Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Hinterhof-„bzw. „Gefängnishofsituation“ hervorgerufen werden könnte.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Antragsteller tragen billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, weil jener einen Antrag gestellt und sich damit auch einem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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