Baurecht

Erfolgloses vorläufiges Rechtsschutzbegehren eines Grundstücksnachbarn gegen genehmigten Bau einer Wohnanlage für Mitarbeiter

Aktenzeichen  15 CS 20.4

Datum:
25.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9512
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 122 Abs. 2 S. 3
BauGB § 34
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

Eine Wohnanlage für Mitarbeiter kann ein Wohngebäude sein. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 7 S 19.1743 2019-12-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich als Grundstücksnachbar im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 80 Abs. 5 VwGO) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (Bescheid vom 27.8.2019) zur Errichtung einer „Wohnanlage für Mitarbeiter“.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2019 den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen den genannten Bescheid erhobenen Klage (RO 7 K 19.1744) abgelehnt. Der Antragsteller sei durch die Baugenehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Das streitgegenständliche Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich nach Maßgabe des § 34 BauGB zulässig und verletze weder einen Gebietserhaltungsanspruch noch einen etwaigen „Gebietsprägungsanspruch“ (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) des Antragstellers. Es sei im Verhältnis zum Antragsteller auch nicht rücksichtslos. Im Übrigen seien die Abstandsflächen „zum Antragstellergrundstück hin klar eingehalten“ Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Mit Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Wegen der Einzelheiten der im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholenden Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17. Januar 2020 verwiesen.
Der Antragsgegner (Schriftsatz vom 13.2.2020) und die Beigeladene (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 6.2.2020) beantragen jeweils, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie im Klageverfahren (RO 7 K 19.1744) sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine vom angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts abweichende Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der im Eilverfahren vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers zu Recht abgewiesen. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist zu bemerken:
Das Verwaltungsgericht hat offengelassen, ob die Eigenart der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Bauvorhabens (§ 34 BauGB) – je nach „Grenzziehung“ der die Baugrundstücke prägenden Umgebungsbebauung – als Mischgebiet oder (reines bzw. allgemeines) Wohngebiet zu werten ist, weil es sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichts bei der Wohnanlage für Mitarbeiter eindeutig um ein Wohngebäude (und nicht um einen Beherbergungsbetrieb) handelt, das in jedem der genannten Gebiete bauplanungsrechtlich zulässig wäre. Der in der Beschwerdebegründung nunmehr vorgebrachte Einwand des Antragstellers, es handele sich bei der Wohnanlage zwar (wegen fehlender typischer Dienstleistungen) nicht um einen Beherbergungsbetrieb, gleichwohl jedoch wegen fehlender „Dauerhaftigkeit“ bzw. wegen „Mehrfachbelegung“ nicht um „Wohnen“ im Sinne der BauNVO, sondern um „Ferienwohnungen“, ist demgegenüber nicht stichhaltig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte für eine „nur tage- oder wochenweise Vermietung bestehen“ und nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen die „Vermietung der Apartments jeweils längerfristig geplant ist“. Die „notwendige Privatheit“ der Mitarbeiter in den Wohneinheiten (auch bei den vier als „Doppelzimmer“ bezeichneten Einheiten) sei damit gewährleistet. Diese Wertung des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden, zumal die Wohnanlage schon nach ausdrücklicher Maßgabe der Baugenehmigung nur für Mitarbeiter (= Arbeitnehmer) der Beigeladenen zur Verfügung steht.
Der weitere Einwand des Antragstellers, die streitgegenständliche Nutzung sei nicht „wohngebietsverträglich“ und „rücksichtslos“, weil sich die Wohnanlage „qualitativ“ von einem Ein- oder Zweifamilien-Wohnhaus unterscheide, wie das Ausmaß der Grundfläche sowie die Anzahl der genehmigten Stellplätze „(8 statt 2)“ belege, außerdem sei bei einer „Belegung von maximal 32 Personen, die … im Schichtdienst Tag und Nacht zur Arbeit fahren“ eine dem „Gebietscharakter abträgliche Verfremdung“ und „Wildparkerei“ zu befürchten, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben weder nach „Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung“ (auch nicht „wegen seiner Dimension“) der Eigenart des Baugebiets widerspricht (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO und zum etwaigen „Gebietsprägungs[erhaltungs]anspruch“ z.B. BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.) noch (etwa wegen der genehmigten Stellplätze oder der Anzahl der Wohneinheiten) ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) vorliegt. Das Beschwerdevorbringen wiederholt demgegenüber im Wesentlichen lediglich das erstinstanzliche Vorbringen und behauptet pauschal etwaige „Rücksichtslosigkeiten“, ohne damit jedoch die Wertung des Verwaltungsgerichts und insbesondere die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht bei seiner gerichtlichen Entscheidung vorgenommenen Interessenabwägung substantiiert in Zweifel ziehen zu können.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Antragsteller trägt billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit auch einem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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