Baurecht

Erfolgreiche Klage gegen Untersagung einer gewerblichen Alttextilsammlung

Aktenzeichen  M 17 K 16.1241

Datum:
11.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG KrWG §§ 17, 18

 

Leitsatz

1. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 KrWG ist, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen, einzuhalten. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 17 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 KrWG ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nur vereinbar, wenn die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleibt und die Prüfung im Einzelfall erfolgt. Ein Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung ist im Hausmüllbereich nach geltendem Recht nicht vertretbar; zur Sicherung der Europarechtskonformität muss eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ob die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG im Einzelfall widerlegt ist, bestimmt sich danach, ob durch den Marktzugang eines gewerblichen Sammlers im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Grundstrukturen der Entsorgung, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung nach Maßgabe seiner organisatorischen Grundentscheidungen ins Werk gesetzt hat, wesentlich umgestaltet werden müssten. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG ist – vorbehaltlich des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall – widerlegt, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen privaten – auch gemeinnützigen – Sammlungen nicht mehr als 10-15 % des gesamten zu erwartenden Sammelaufkommens entzogen werden. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2016 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Formell sind die Bescheide nicht zu beanstanden.
1.1. Das Landratsamt … war als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i.d.F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl S. 5), sowie Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO), und damit für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagung zuständig.
Durch die Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Landratsamts ist das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Gemäß Art. 37 Abs. 1 LKrO ist das Landratsamt Kreisbehörde und, soweit es rein staatliche Aufgaben wahrnimmt, Staatsbehörde (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2013 – 20 ZB 13.805 – juris Rn. 5). § 4 Abs. 1 Nr. 2 AbfZustV ermächtigt die Kreisverwaltungsbehörde als Staatsbehörde und nicht den örE. Das Landratsamt als eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen und insoweit „von Amts wegen“ Neutralität zu wahren. Es ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht sowie gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39/07 – NvWZ 2010, 44 f.; VG Würzburg, B.v. 6.6.2013 – W 4 S. 13.441 – juris Rn. 29, B.v. 22.5.2013 – W 4 S. 13.327 – juris Rn. 29; VG Ansbach, U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 33; OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 7). Zudem wurde die Aufgabe des örE hier mit Verordnung vom 6. Dezember 1993 gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayAbfG dem Beigeladenen als Zweckverband für Abfallwirtschaft übertragen. Damit besteht eine ausreichende organisatorische Trennung (st. Rspr. der Kammer, vgl. VG München, B.v. 25.9.2013 – M 17 S. 13.2480 – UA S. 9f.).
1.2. Die Klägerin wurde vor dem Erlass mit Schreiben vom 11. November 2015 gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.
2. Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 ist aber materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 17 KrWG für eine Untersagung nicht erfüllt sind.
2.1. Rechtsgrundlage der Untersagung im angefochtenen Bescheid ist § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG.
Hiernach ist eine angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) einer ordnungsgemäßen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG) und schadlosen (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG) Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Wann öffentliche Interessen entgegenstehen, ist wiederum in § 17 Abs. 3 KrWG geregelt.
2.1.1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist wegen des Charakters der Untersagung als Dauerverwaltungsakt derjenige der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 57; BayVGH, B.v. 30.01.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 24; B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris Rn. 25).
2.1.2. Die §§ 17, 18 KrWG sind mit höherrangigem Recht vereinbar (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris).
Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können (BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08 – BVerwGE 134, 154/163 Rn. 36). Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 10).
Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar (st. Rspr. der Kammer, vgl. VG München, U.v. 9.7.2015 – M 17 K 14.1415). Zwar stellen die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85). Diese sind jedoch entgegen der Auffassung der Klagepartei nach Art. 106 Abs. 2 AEUV europarechtlich gerechtfertigt. Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die eingehenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – DVBl 2013, 1537 – juris Rn. 12 ff.) betreffend die Entsorgung von Alttextilien. Danach stellt die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen – entgegen der Auffassung der Klagepartei – eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV dar, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem örE zugewiesen werden kann. Die damit verbundenen Beschränkungen der europarechtlich gewährten Freiheiten sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerechtfertigt, soweit andernfalls die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet ist oder jene Rechte zur wirtschaftlich annehmbaren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Indem § 17 Abs. 3 KrWG den Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert und insbesondere § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als widerlegliche Vermutung ausgestaltet ist, wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG den europarechtlichen Anforderungen gerecht. Die Vorschrift sieht auch keine europarechtswidrige pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle an die örE vor, sondern stellt die Einräumung exklusiver Rechte unter den Vorbehalt der „Erforderlichkeit“. Durch die Ausnahmetatbestände wird der Möglichkeit gewerblicher Sammlungen nach Maßgabe der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt. § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG sind dabei restriktiv, d. h. europarechtskonform auszulegen, damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.
2.1.2. Die Vorschriften der §§ 17 und 18 KrWG sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf die gewerbliche Sammlung von Alttextilien anwendbar, denn nach einhelliger Meinung handelt es sich bei den fraglichen Alttextilien um „Abfall“ im Rechtssinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG; VG München, U.v. 10.04.2014 – M 17 K 12.6238 – UA S. 13; OVG NW, U.v. 21.09.2015 – 20 A 2219/14 – juris Rn. 55 ff.; OVG NW, B.v. 20.01.2014 – 20 B 331/13 – NWVBl. 2014, 300; VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 27.11.2014 – 17 L 2471/14 – juris Rn. 37; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174). Die von der Klägerin vorgetragenen Argumente mögen bei einer Weitergabe von Altkleidern beispielsweise an „Second-Hand-Shops“ oder an Kleiderkammern karitativer Einrichtungen zum Tragen kommen; werden Alttextilien – wie hier vorgetragen – jedoch in Sammelcontainer gegeben, liegt eine „Entledigung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG vor, weil nach der Aufgabe der Sachherrschaft über die Alttextilien lediglich eine bloße Hoffnung auf Wiederverwendung der Gegenstände nach einem Sortierungsprozess besteht (VGH BW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – DVBl 2013,1517 Rn. 29 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08 – BVerwGE 134, 154 zu § 13 KrWG-/AbfG; OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmer ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände, denn diese Motive geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll. Der von der Klägerin angeführten Forsa-Umfrage kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Der Abgebende gibt mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhen in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf (vgl. im Einzelnen OVG NW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13 – juris Rn. 13 ff.). Soweit ersichtlich, wird in den meisten Gerichtsentscheidungen zur gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus Haushalten stillschweigend von der Abfalleigenschaft ausgegangen und diese daher nicht weiter begründet und schon nicht bezweifelt.
2.1.3. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen (§ 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG). Der Beklagte stützte die Untersagung nicht auf Bedenken gegen die Zuverlässigkeit, die hierzu im Übrigen auch nicht angehört wurde (BayVGH B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 47).
Im Übrigen greifen die vom Beigeladenen aufgeworfenen Sachverhalte nicht, um eine Unzuverlässigkeit der Klägerin zu begründen, die bis Ende Juni 2016 vom beigeladenen Zweckverband als drittbeauftragtes Unternehmen zur Alttextilsammlung im Landkreis eingesetzt wurde.
Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vorausgesetzt. Nach verbreiteter Auffassung (OVG NW, U.v. 07.05.2015 – 20 A 316/14 – juris Rn. 45 ff.; NdsOVG, B.v. 17.05.2016 – 7 ME 43/16 – juris; dazu kritisch: BayVGH B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 47 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 1.10.2015 – 7 C 8.14) beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z.B. VGH BW, B.v. 04.03.2014 – 10 S 1127/13 – GewArch 2014, 245). Soweit das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 1.10.2015 – 7 C 8.14 – juris Rn. 31) ausführt, dass nicht ersichtlich sei, warum ein Rückgriff auf gewerberechtliche Grundsätze aus Sachgründen geboten sein sollte, erging diese Entscheidung zu der Rechtsfrage, inwieweit Personengesellschaften Sammler im Sinne von § 3 Abs. 10 KrWG sein können. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in diesem Kontext ausführt, dass das Anzeigeverfahren nach § 18 KrWG vor allem zur Prüfung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4, Abs. 3 KrWG diene und daher die zuständige Behörde prüfen können soll, ob die erfassten Abfälle einer „ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden“, und ob „der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen“ (vgl. BT-Drs. 17/6052 S. 88), orientiert sich diese Prüfung zwar in erster Linie in der Tat an Art und Umfang der Sammlung und knüpft nicht an persönliche Eigenschaften an. Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Prüfung der „Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen“, dessen personenbezogener Normzweck sich aus dem unzweideutigen Wortlaut des § 18 Abs. 5 KrWG ergibt.
Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z.B. BVerwG, U.v. 02.02.1982 – 1 C 146/80 – NVwZ 1982, 503; OVG RhP, B.v. 20.12.2010 – 6 B 11259/10.OVG – m.w.N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH BW, B.v. 04.03.2014 – 10 S 1127/13 – GewArch 2014, 245).
Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und Art. 14 des Grundgesetzes (GG) insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 – 20 B 607/13 – juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12- juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 – 9 K 2303/13 – juris).
Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12 – juris). Soweit der Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin jedoch daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, indem sie nicht nur unvollständige Angaben zur Verwertung, sondern auch falsche bzw. in jedem Fall unglaubwürdige Aussagen zu der zu erwartenden Sammelmenge gemacht habe, vermag das Gericht dem gemessen an den dargestellten Anforderungen nicht zu folgen.
Gleichwohl der Anzeige u.a. Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Ver-wertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen sind, stehen die von der Klägerin getätigten Angaben ihrer Zuverlässigkeit nicht entgegen. Bereits in der Anzeige der gewerblichen Sammlung vom 3. September 2015 gab die Klägerin an, mittels 20 Containern im Landkreis, mit einer Jahressammelmenge von ca. 39 t eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen durchführen zu wollen (vgl. Übersicht über das geplante Sammlungsgebiet, Bl. 9 BA). Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin klar, dass eine Sammlung nicht mit einer Anzahl von 40 Containern, sondern mit 20 Containern durchgeführt werde. Es liegt auf der Hand, dass aus der irrtümlichen Nennung einer höheren Containeranzahl aufgrund eines Büroversehens des Klägerbevollmächtigten, das auf Nachfrage umgehend ausgeräumt wurde, keine Unzuverlässigkeit abgeleitet werden kann.
Auch die Angabe über die Sammelmenge erfüllt den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG. Denn diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Unabhängig davon, wie viele Tonnen pro Container realistischerweise angesetzt werden können, ist durch die getätigten Angaben der Klägerin eine Prüfung der rechtlichen Voraussetzung jedenfalls möglich. Im Übrigen dürfte die konkrete Sammelmenge in der Tat maßgeblich von dem Standort des jeweiligen Containers abhängen. Die Erfahrung aus parallelen Gerichtsverfahren zeigt zudem, dass in weit überwiegendem Ausmaß im Durchschnitt ca. 2t / Container von gewerblichen Sammlern angesetzt werden (VG München, U.v. 21.05.2015 – M 17 K 14.392 – UA S. 22). Auch die Angaben zu dem Verwertungs- und Entsorgungs Weg stehen der Zuverlässigkeit nicht entgegen, da dieser in ausreichendem Umfang dargelegt wurde (s. dazu 2.1.4.)
Der Beigeladene geht auch fehl in der Annahme, dass die Klägerin verpflichtet wäre, zusätzlich zu der vorgelegten gemeindebezogenen Standortliste (Bl. 9 BA) anzugeben, in welchen konkreten Ortsteilen, ggf. mit adressgenauer Standortbezeichnung, gesammelt werden soll, und daher eine unrichtige und unvollständige Anzeige vorliegen würde (VG München, U.v. 11.6.2015 – M 17 K 14.4616 – UA S. 27 ff.). Zwar führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. April 2013 (20 CS 13.377 – juris Rn. 10) aus, dass es verständlich erscheine, dass die untere Abfallbehörde das sammelnde Unternehmen aufforderte, nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG („Ausmaß“) weitere Angaben zu machen, insbesondere auch dazu, an welchen Standorten und in welcher Anzahl im Stadtgebiet die stationären Container („flächendeckend“) aufgestellt werden sollen, um die Einhaltung normativer Grundlagen gewährleisten zu können. Daraus lässt sich allerdings nach Meinung des Gerichts nicht entnehmen, dass der gewerbliche Sammler zur Vorlage von Containerstandortlisten mit genauen Adressen (Anschrift mit Straße und Hausnummer) verpflichtet wäre. Zumal der dem zitierten Beschluss des BayVGH zugrundeliegende Bescheid vom 29. November 2012 keine Anordnung zur Vorlage konkreter Containerstandorte enthielt (vgl. erstinstanzliches Verfahren: VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S. 12.1130 – juris Rn. 4). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 26.9.2013 – 10 S 1345/13 – juris Rn. 28 ff.), der sich das erkennende Gericht anschließt, gebietet der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG ausdrücklich keine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Container-standortlisten mit genauen Adressen vorzulegen. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet, in welcher Gemeinde soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es zwar nicht zu beanstanden sein, wenn die Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Anordnung der adressgenauen Benennung der einzelnen Containerstellplätze findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, U.v. 27.02.2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, B.v. 16.10.2012 – W 4 S. 12.833 – juris).
Allein die Anzeige einer gewerblichen Sammlung parallel zum laufenden kommunalen Auftrag, die womöglich – so jedenfalls vom Beigeladenen vorgetragen – eine Verletzung des bilateralen Vertragsverhältnisses (§ 241 BGB) darstelle, rechtfertigt noch keine für eine Untersagung ausreichenden Zuverlässigkeitsbedenken. So ist eine Negativprognose nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin wohl auch mit Blick auf das endende Vertragsverhältnis am 30. Juni 2016 ihre unternehmerischen Ziele verfolgt. Sollte sich die Klägerin mit ihrem Geschäftsgebaren vertragswidrig gegenüber dem Beigeladenen verhalten, so stünden diesem ausreichend zivilrechtliche Möglichkeiten zu, gegen diese vermeintliche Vertragsverletzung vorzugehen. Bedenken jedenfalls, die ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 – 20 B 607/13 – juris), sind in dem Verhalten der Klägerin augenscheinlich nicht ersichtlich. Dass bei prognostischer Betrachtung gerade keine Gefahr besteht, dass es im Fall der Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird und die Klägerin die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 – 9 K 2303/13 – juris), stellt auch der Beigeladene grundsätzlich nicht in Abrede (Schreiben des Beigeladenen vom 5. November 2015, Bl. 39 BA). Schließlich übernahm die Klägerin bis zur Neuausschreibung im Jahr 2016 für ihn die Sammlung und Verwertung im Rahmen einer Drittbeauftragung.
2.1.4. Die Untersagung kann auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt werden: Die Untersagung einer Sammlung wäre nach dieser Vorschrift zulässig, wenn die von der Klägerin gesammelten Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Nach § 17 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG), und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG). Diese Voraussetzungen sind von der Klägerin detailliert, transparent und nachvollziehbar nachzuweisen (BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 – AN 11 K 12.02212 – juris Rn. 34; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 25; VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 – W 4 S. 13.145 – juris Rn. 33ff.; U.v. 14.5.2013 – W 4 K 12.1139 – juris Rn. 27ff.).
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen keine Zweifel daran, dass die von der Klägerin erfassten Alttextilien einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Das Landratsamt hat seinen Bescheid auch nicht auf eine nicht ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle gestützt.
Der Vortrag des Beigeladenen, dass es nach wie vor an Angaben darüber fehle, durch wen, an welchem Ort und auf welche Weise die aussortierten Abfälle entsorgt würden, ist nicht geeignet, die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der durch die Klägerin gesammelten Abfälle infrage zu stellen.
Die Klägerin hat mit ihrer konkretisierten Anzeige vom 3. September 2015 und in ihrem Schreiben vom 3. Februar 2016 die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr erfassten Altkleider ausreichend detailliert und nachvollziehbar dargelegt.
Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 41) an, wonach die gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG in der Anzeige geforderten Darlegungen der zuständigen Behörde die Prüfung ermöglichen sollen, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung i.S.d. § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG der gesammelten Abfälle erfolgt. Hierzu ist eine Prognose anzustellen, deren Tatsachengrundlage in der Regel die Angaben des gewerblichen Sammlers in der Anzeige bilden (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 5.15 – juris Rn. 20). Hingegen muss die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an die Verwertung nicht mit der für ein behördliches Erlaubnis- oder Genehmigungsverfahren erforderlichen Sicherheit feststehen (BVerwG a.a.O. Rn. 26). In der Anzeige sind die innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der vorgesehenen Verwertungswege (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG) darzulegen, um die Klärung der Frage zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorliegen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit haben die Anforderungen an die ordnungsgemäße Darlegung den Besonderheiten verschiedener Abfallmärkte und insbesondere den spezifischen Möglichkeiten typischer Sammlergruppen Rechnung zu tragen (BVerwG a.a.O. Rn. 26). Der Umfang der Darlegungspflicht ist daher im Hinblick auf die konkreten Entsorgungsstrukturen differenzierend zu bestimmen. Von Bedeutung ist insoweit, ob für eine Abfallfraktion etablierte Verwertungswege bestehen und ob ein durch den aktuellen Marktpreis indiziertes bestehendes ökonomisches Interesse an der Verwertung besteht. Zu berücksichtigen ist ferner auch, ob der gewerbliche Sammler die Verwertung selbst durchführt oder die gesammelten Abfälle – im Rahmen einer langjährigen (funktionierenden) Geschäftsbeziehung – an ein oder mehrere (bekannte und bewährte) Entsorgungsunternehmen weiterveräußert und ob diese Unternehmen ihren Sitz im In- oder Ausland haben (BVerwG a.a.O. Rn. 27).
a) Nach diesen Grundsätzen erfüllt die Anzeige der Klägerin die Darlegungsanforderungen des § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG hinsichtlich des vorgesehenen Verwertungsweges (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 42). Hierzu muss die Klägerin aufzeigen, dass der gesamte Abfall hinsichtlich Sammelmenge und -zeitraum von einem oder mehreren Entsorgungsunternehmen abgenommen wird (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 5.15 – juris Rn. 28). Das Bundesverwaltungsgericht hat im Falle eines sog. Kleinsammlers von Altmetallen auch darauf abgestellt, ob in einer Abfallfraktion eine hohe Recyclingquote zu verzeichnen ist, so dass alles dafür spricht, dass in diesem Marktsegment eine effektive Ressourcennutzung verwirklicht wird und die Verwertungswege funktionieren (BVerwG a.a.O.). In einem solchen Bereich erfüllt der Sammler seine Anzeigepflicht regelmäßig durch eine nachvollziehbare Schilderung eines pauschalen Verwertungsweges, durch die namentliche Benennung des oder der Unternehmen, an die er die gesammelten Abfälle zu liefern beabsichtigt, und durch geeignete Belege, dass diese willens und in der Lage sind, die Abfälle der Sammlung anzunehmen, wobei eine schriftliche Erklärung der Annahmebereitschaft im Umfang und im Zeitraum der Sammlung ausreicht (BVerwG a.a.O.; VGH BW, B.v. 26.9.2013 – 10 S 1345/13 – juris Rn. 37). Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, diese Grundsätze nicht auch auf Altkleidersammlungen anzuwenden. Denn zum einen kommt derartigen Abfällen im Vergleich zu den Altmetallen jedenfalls kein höheres Gefährdungspotential zu. Zum anderen handelt es sich um „klassische“ Verwertungsabfälle, die werthaltig sind und für die etablierte Verwertungswege bestehen. Es spricht somit auch in diesem Marktsegment vieles für eine effektive Ressourcennutzung und damit für funktionierende Verwertungswege.
Vor diesem Hintergrund genügen die Angaben der Klägerin zur Darlegung des vorgesehenen Verwertungsweges i.S.d. § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG. Sie hat in der Anzeige und in späteren Ergänzungen aufgezeigt, dass sämtliche Sammelware aus den Containern im Landkreis auf der Grundlage eines Andienungsvertrages an ihre Schwestergesellschaft … in … geliefert werde. Bei dieser handele es sich um einen für das Lagern, Behandeln und Verwerten von Bekleidung und Textilien zertifizierten Entsorgungsbetrieb, der das zweitgrößte Textilsortierwerk Deutschlands mit einer Kapazität von rund 23.000 t/Jahr betreibe. Die Klägerin hat auch den mit der … abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 27./30. November 2015 vorgelegt (Bl. 54 BA), in welchem sich die Vertragspartnerin verpflichtet, die gesamte von der Klägerin angetragene Menge an Alttextilien in Form der von Fehlwürfen und Fremdstoffen bereinigten Originalsammelware abzunehmen, die Lieferungen ordnungs- und gesetzmäßig zu behandeln und die Klägerin von jeglicher Inanspruchnahme freizustellen. Damit hat die Klägerin einen Verwertungs Weg nachvollziehbar geschildert, das Unternehmen, an das sie die gesammelten Abfälle zu liefern beabsichtigt, namentlich benannt und in geeigneter Weise belegt, dass dieses willens und in der Lage ist, die Abfälle der Sammlung anzunehmen. Ferner hat die Klägerin ausgeführt, dass die gesammelte Ware bei der … sortiert und anschließend exportiert werde; eine Verwertung finde in den genannten Betrieben im Ausland nicht statt. Die Klägerin hat damit ausreichend dargelegt, dass sämtliche bei ihrer Sammlung im Landkreis anfallenden Altkleider im gesamten Zeitraum der Sammlung von ihrer Geschäftspartnerin angenommen und dort zur Vorbereitung zur Wiederverwendung bzw. sonstigen Verwertung sortiert werden (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 43).
b) Die Klägerin hat des Weiteren auch die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG ausreichend dargelegt (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 44). Das Bundesverwaltungsgericht hat bei sog. Kleinsammlern bereits einen pauschalen Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse im betreffenden Marktsegment ausreichen lassen, weil dem am Anfang der Entsorgungskette stehenden (Klein-)Sammler Ausführungen zu den konkreten Umständen der endgültigen Verwertung nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich seien. Dieser sei vielmehr auf die Angaben der Unternehmen in der Verwertungskette angewiesen, deren Zusammensetzung sich marktbedingt ändern könne. Des Weiteren lasse sich der Weg der Abfälle jedenfalls nach der Vermischung mit den Abfällen anderer Sammler auf den weiteren Verwertungsstufen nicht mehr nachvollziehen. Die ggf. gebotenen Überwachungsmaßnahmen seien insoweit auf den verschiedenen Stufen der Entsorgungskette vorzunehmen (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 5.15 – juris Rn. 28).
Es kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob sich diese Grundsätze unbesehen auf die Verhältnisse auf dem Alttextiliensektor übertragen lassen. Dagegen könnte sprechen – wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ausführte (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 45) -, dass hier das eigentliche Sammeln der Alttextilien nicht typischerweise von Kleinsammlern vorgenommen wird, die ihre Sammelerträge an einen Zwischenhändler abgeben und keinen ausreichenden Einblick in die weiteren Abläufe der Verwertungskette haben. Vielmehr sind im Altkleidersektor typischerweise auf jeder Stufe der Verwertungskette größere und unter Umständen bundesweit oder sogar darüber hinaus agierende Unternehmen eingebunden, die in vielen Fällen auch durch Tochter- und Schwesterunternehmen miteinander verflochten sind. Vor diesem Hintergrund zwingen die vom Bundesverwaltungsgericht bei den Kleinsammlern angestellten Zumutbarkeits- und Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht zu einer vergleichbar weitgehenden Herabstufung der Darlegungsanforderungen im Hinblick auf die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung bei Alttextilien. Denn gerade wegen der häufigen Verflechtungen der auf den verschiedenen Stufen der Verwertungskette stehenden Unternehmen dürften die Sammler hier wesentlich weitgehendere Einblicke in und in vielen Fällen auch Möglichkeiten der Einflussnahme auf die weiteren Verwertungswege der gesammelten Abfälle haben. Ein pauschaler Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse in diesem Marktsegment dürfte somit nicht zur Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausreichen. Andererseits können an die gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG erforderliche Darlegung betreffend die hier streitgegenständliche Abfallfraktion der Alttextilien und -schuhe mit dem Bundesverwaltungsgericht nicht dieselben Anforderungen gestellt werden, wie sie bei gefährlichen Abfällen zu stellen wären (BVerwG a.a.O. Rn. 23 ff.). Die Anforderungen an die ordnungsgemäße Darlegung dürften daher im Hinblick auf die konkreten Entsorgungsstrukturen differenzierend zu bestimmen sein (BVerwG a.a.O. Rn. 26). Hierbei kann zum einen darauf abgestellt werden, dass für die Abfallfraktion der Alttextilien etablierte Verwertungswege bestehen. Der Marktpreis indiziert ein hohes ökonomisches Interesse an der Verwertung. Zu berücksichtigen ist ferner auch, dass das von der Klägerin mit der Verwertung beauftragte (Schwester-)Unternehmen sich vertraglich verpflichtet hat, die gesetzlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung einzuhalten und die Klägerin von eventueller darauf bezogener Inanspruchnahme freizustellen. Die Klägerin hat in Anlage 4 ihrer Anzeige (Bl. 7 BA) auch die weitere Behandlung des Sammelgutes bei dem beauftragten Unternehmen dargelegt. Danach finden zwei Vorsortierungen sowie eine Nachsortierung statt, in denen das Sammelgut in bis zu 32 Bekleidungsarten und anschließend nach Qualität, Farbe, Zustand etc. sortiert wird. Es schließt sich eine sog. Shopsortierung an, in der das Sammelgut in prozentual verschieden hohen Anteilen nach verschiedenen Kategorien (sog. Creme-Qualität, Exportkleidung, Putzlappen und Rohstoffe) auf die verschiedenen Abnehmer (eigene Second-hand-Shops und Großhandel) verteilt werden. Nach den verschiedenen Sortierungsvorgängen liegen somit Handelswaren vor, die einen Marktwert besitzen und nicht mehr dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 KrWG unterfallen, weshalb sie auch nicht mehr der Pflicht zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung unterliegen.
Hinsichtlich des Verbleibs der ca. 10% Residualstoffe hat die Klägerin angegeben, dass diese der kostenpflichtigen Entsorgung in Deutschland zugeführt würden. Sie hat hierzu noch ergänzend vortragen lassen, dass die bei der Sammlung anfallenden Fehlwürfe und sonstigen Abfälle an die Firmengruppe …, einen Konzern mit Sitz im Inland, zur Entsorgung weitergeleitet würden. Diese Angaben erscheinen ausreichend, um den Verwertungs- und Entsorgungs Weg – auch hinsichtlich der nicht verwertbaren Restabfälle – nachvollziehen und ggf. erforderliche Überwachungsmaßnahmen auf den verschiedenen Stufen der Verwertungskette vornehmen zu können (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 28; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 46).
2.1.5. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen:
Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG wäre dies der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
a) Dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten des örE zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG), hat weder der Beklagte noch der Beigeladene dargetan.
Für eine derartige „Verhinderung“ wäre – auch im Hinblick auf die Europarechtskonformität – eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlungen auf den örE unerlässlich, wobei auf die gesamten Entsorgungspflichten i.S. des § 20 KrWG und nicht nur auf die hier relevante Fraktion der Alttextilien abzustellen ist. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nur vereinbar, wenn die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleibt und die Prüfung im Einzelfall erfolgt. Ein Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung ist im Hausmüllbereich nach geltendem Recht nicht vertretbar, sondern es muss zur Sicherung der Europarechtskonformität eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um eine Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen bejahen zu können (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 31 ff.; B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 31 ff.). Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Erfüllung des Entsorgungsauftrags (insgesamt) nicht mehr gesichert wäre, wenn die Fraktion der Altkleider – ganz oder teilweise – von der Überlassungspflicht ausgenommen wäre. Die Darlegungslast obliegt insoweit der Verwaltung (VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 31; OVG NW, B.v. 19.7.2013 – 20 B 122/13 – juris Rn. 15). Auf das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung hat sich der Beklagte zu Recht bisher nicht berufen.
b) Vorliegend ist aber auch nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG) auszugehen. Es greift keine der Vermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein.
aa) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der örE oder dessen Beauftragter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, es sei denn, dass die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
Die Kammer hat ebenso wenig wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 28) Zweifel daran, dass das vom Beigeladenen bereitgestellte System eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung von Abfällen i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG darstellt, welche in den Schutzbereich der Regelvermutung fällt. Zwar ist unter einer „haushaltsnahen“ getrennten Erfassung von Abfällen in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Über das Tatbestandsmerkmal der „sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung“ werden aber auch sonstige Erfassungssysteme erfasst, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können und somit das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen (OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 66 f. m.w.N.). Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein, soweit für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle besteht (OVG NW a.a.O. Rn. 68; Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 Rn. 146). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und es sind auch keine Anhaltspunkte dagegen ersichtlich, dass der Beigeladene bzw. sein Drittbeauftragter im Landkreis ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Containern anbietet. Dabei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein sonstiges hochwertiges System i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Soweit die Klägerin dem gegenüber die Hochwertigkeit danach beurteilen will, ob der Beigeladene – gemessen an der Ausschreibung der Drittvergabe zum 1. Juli 2016 – ein dem „üblichen Schema“ überlegenes Verwertungsschema anbietet, verfehlt sie den rechtlichen Maßstab des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Dass ihre Sammlung dem gegenüber leistungsfähiger wäre, hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin nicht dargelegt (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 28; vgl. BT-Drs. 17/1705; Frenz in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, § 17 KrWG Rn. 171).
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt eine widerlegbare Vermutung auf. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des örE durch eine gewerbliche Sammlung ist danach im Regelfall auszugehen (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 50). Da eine Untersagung gewerblicher Sammlungen jedoch eine Beschränkung unionsrechtlicher Grundsätze, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit (Art. 34, 35 AEUV) darstellt (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 31 ff., insb. 34 ff.), ist sie nach Art. 106 Abs. 2 AEUV nur gerechtfertigt, soweit anderenfalls die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des örE bzw. dessen Beauftragter verhindert wird (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 48 ff.). Denn die flächendeckende und diskriminierungsfreie Entsorgung von Haushaltsabfällen, wozu auch sortenreine Abfallfraktionen wie Alttextilien gehören, stellt eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse dar (BVerwG a.a.O. Rn. 41; s.o.) und fällt damit in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des Art. 106 Abs. 2 AEUV.
Aufgrund der genannten unionsrechtlichen Vorgaben muss die Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG im Einzelfall widerlegt werden können, wenn die streitbefangene gewerbliche Sammlung auch im Zusammenwirken mit anderen privaten – auch gemeinnützigen – Sammlungen nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE führt (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 50 ff.). Ob die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG im Einzelfalle widerlegt ist, bestimmt sich deshalb danach, ob durch den Marktzugang eines gewerblichen Sammlers im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Grundstrukturen der Entsorgung, die der örE zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung nach Maßgabe seiner organisatorischen Grundentscheidungen ins Werk gesetzt hat, wesentlich umgestaltet werden müssten (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 51). Dazu sind die Auswirkungen auf die vom örE zu erzielende Sammelmenge zu ermitteln. Denn die vorgehaltene Entsorgungsstruktur ist nur schutzwürdig, soweit sie bedarfsgerecht auf die zu erwartende Sammelmenge zugeschnitten ist, da insoweit Einbußen, die sich durch den Marktzutritt anderer Sammler abzeichnen, einen organisatorischen und strukturellen Anpassungsbedarf nach sich ziehen können (BVerwG a.a.O. Rn. 52). Hierzu ist zunächst der status quo zu ermitteln, d.h. der Anteil des örE am Gesamtaufkommen der Sammlungen. Dieser Anteil wird durch bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen mitgeprägt, wobei insbesondere die gemeinnützigen Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG einzubeziehen sind (BVerwG a.a.O. Rn. 55 f.). Mit anderen Worten schmälert der Anteil der gemeinnützigen Sammlungen den Anteil des örE. Auf dieser Grundlage sind die zu erwartenden Veränderungen zu betrachten, wobei neben der streitgegenständlichen insbesondere auch weitere angezeigte und sofort vollziehbar, aber noch nicht bestandskräftig untersagte Sammlungen als mögliche Zusatzbelastungen in den Blick zu nehmen sind (BVerwG a.a.O. Rn. 53 f.). Denn angezeigte, aber untersagte Sammlungen entfallen erst dann als mögliche Zusatzbelastung, wenn die Untersagung bestandskräftig geworden ist (BVerwG a.a.O. Rn. 54). Die so ermittelten zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Sammler sind sodann den tatsächlichen bzw. auf der Grundlage konkreter Planungen erwarteten Sammelmengen des Entsorgungsträgers gegenüberzustellen und hiernach die Rückgänge bzw. die verminderten Steigerungspotenziale auf Seiten des Entsorgungsträgers zu prognostizieren und zu bewerten (BVerwG a.a.O. Rn. 58).
Gemessen an diesen Grundsätzen führt die Sammlung der Klägerin nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 31).
Zu ermitteln sind in einem ersten Schritt die Anteile des örE sowie der rechtmäßig durchgeführten privaten Sammlungen am Gesamtaufkommen. Die maßgeblichen Tatsachen ergeben sich hierfür aus der von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 20. März 2017 vorgelegten Tabelle nach dem Stand vom 20. März 2017, die auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2017 aktuelle Gültigkeit für sich beanspruchen. Danach betrug der Anteil des Beigeladenen am gesamten Sammelaufkommen im Landkreis im Jahr 2016 eine Menge von 709 t. Dem gegenüber beläuft sich der Anteil der in o.g. Tabelle unter Nummern 33 bis 38 aufgeführten angezeigten gemeinnützigen Sammlungen (zusammen) auf ca. 184 t. Weitere private Sammlungen sind nicht in die Betrachtung des status quo einzubeziehen, weil diese entweder bestandskräftig oder sofort vollziehbar untersagt oder die Anzeigen zurückgenommen wurden. Somit beträgt das gesamte Sammelaufkommen an Altkleidern und Textilien im Landkreis … (709 t zzgl. 184 t =) 839 t. Damit entfällt auf den örE ein Marktanteil von ca. 79,4%.
Im zweiten Schritt ist sodann eine Prognose der anstehenden Veränderungen durch die streitgegenständliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen vorzunehmen. Dabei sind zum einen weitere gewerbliche Sammlungen einzustellen, die zwar angezeigt, aber noch nicht bestandskräftig untersagt sind, insbesondere solche, deren Untersagung für sofort vollziehbar erklärt wurde. Denn diese entfallen als mögliche Zusatzbelastungen erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung (BVerwG a.a.O. Rn. 54). Der Anteil dieser Sammlungen beträgt nach den angezeigten Sammelmengen entsprechend der o.g. Tabelle insgesamt 39,3 t (vgl. Nr. 10, 18 der vorgelegten Tabelle, Stand 20.03.2017). Auf die gewerblichen Sammlungen, die danach noch als mögliche Zusatzbelastung im Raum stehen, entfallen somit nur der Anteil der Klägerin von 39 t sowie eine Sammlung mit einer erwarteten Sammelmenge von 300 kg (Nr. 10 der Tabelle), insgesamt daher 39,3 t, d.h. ca. 4,4% des gesamten bisherigen Sammelaufkommens von 893 t. Die mögliche Steigerung des Anteils der privaten (gemeinnützigen und gewerblichen) Sammlungen am gesamten Sammelaufkommen beträgt somit 39,3 t, mithin ca. 25% gegenüber (vorher) ca. 20,6%. Dies ergibt einen zu prognostizierenden Rückgang des Anteils des örE um ca. 4,4% auf ca. 75% (vgl. Berechnung BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 33, dort mit den zwischenzeitlich nicht mehr aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2015).
Ausgehend davon ist im vorliegenden Falle die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG widerlegt. Dies ist – vorbehaltlich des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall – anzunehmen, wenn die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Irrelevanzschwelle unterschritten wird, d.h. wenn dem örE durch die streitbefangene gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen privaten – auch gemeinnützigen – Sammlungen nicht mehr als 10-15% des gesamten zu erwartenden Sammelaufkommens entzogen werden (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 Rn. 51 ff., insb. 59). Ist diese Irrelevanzschwelle überschritten, so bleibt es bei der Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG (BVerwG U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 60). Danach ist die Regelvermutung hier widerlegt, weil die zu erwartende Zusatzbelastung des örE durch die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen privaten Sammlungen nach der oben durchgeführten Berechnung nur noch ca. 4,4% beträgt und damit die Irrelevanzschwelle unterschreitet.
Die vom Beigeladenen vorgetragene Berechnungsmethode, die auch das Verwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 22. März 2017 anwendet (Az.: 7 K 700/14 – juris), kann der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O. Rn. 60) so nicht entnommen werden.
Sollte allein das Verhältnis zwischen dem Anteil der gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen unter Berücksichtigung der streitgegenständlichen angezeigten Sammlung (223,3 t) zu der Gesamtsammelmenge (893 t) bzw. zu der tatsächlichen Sammelmenge des örE (709 t) maßgeblich sein (25% bzw. 31,5%), käme dies quasi einer Monopolstellung des örE gleich, da der verbleibende Marktanteil von 10-15% in der Regel bereits bei weitem durch bestehende gemeinnützige Sammlungen aufgebraucht sein dürfte. Diese Berechnung würde damit zu einer europarechtsbedenklichen Auslegung des § 17 KrWG führen („unzulässiger absoluter Konkurrentenschutz“).
Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris) lässt sich die Berechnungsmethode des Beigeladenen nicht in Einklang bringen. Denn die „zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Sammler sind den tatsächlichen […] Sammelmengen des örE gegenüberzustellen und hiernach die Rückgänge bzw. verminderten Steigerungspotentiale auf Seiten des Entsorgungsträgers zu prognostizieren und zu bewerten“ (Hervorhebungen durch den Verf.; BVerwG, a.a.O., Rn. 58). Ob es sich um eine wesentliche Beeinträchtigung handelt, ist anhand einer „Bewertung der Auswirkungen des Marktzutritts eines gewerblichen Sammler“ (BVerwG, a.a.O., Rn. 53) und „Beurteilung der Veränderung“ (BVerwG, a.a.O., Rn. 57; „zusätzlich beabsichtigte Veränderung des Sammelumfeldes“, Rn. 54) vorzunehmen. Daher greift es zu kurz, würde man – ungeachtet dessen verwaltungspraktikabler Anwendung – schlicht auf den Marktanteil aller gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen am Gesamtmarkt bzw. an der Sammelmenge des örE abstellen. Schließlich geht es um die Folgen des Hinzutretens weiterer privater Sammlungen und dessen Auswirkungen auf den Anteil des Entsorgungsträgers am gesamten Sammelaufkommen (hier: 709 t zzgl. 184 t, damit 893 t; BVerwG, a.a.O. Rn. 55).
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bei seiner Berechnung den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unberücksichtigt gelassen habe, der gerade auf ein „Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ abstelle. Denn der BayVGH berücksichtigt in seiner Prognose der anstehenden Veränderungen (BayVGH, a.a.O., Rn. 33) gerade weitere gewerbliche Sammlungen, die zwar angezeigt, aber noch nicht bestandskräftig untersagt sind, insbesondere solche, deren Untersagung für sofort vollziehbar erklärt wurde.
Der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen der Irrelevanzschwelle für seine Argumentation ins Feld geführte Verweis des Bundesverwaltungsgerichts auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (VGH BW B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 und OVG NW U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14, auf die das BVerwG, a.a.O., Rn. 59 Bezug nimmt) und sein Hinweis, dass das Bundesverwaltungsgericht sich ebenso den absoluten Mengenanteil der gewerblichen Sammlung (und nicht lediglich die relative Veränderung des Anteils) zur Grundlage seiner Berechnungen gemacht habe, greift ebenfalls deutlich zu kurz. Der Verweis des Bundesverwaltungsgerichts auf die beiden obergerichtlichen Entscheidungen bezieht sich allein auf die Höhe der Irrelevanzschwelle von 10-15%, ohne dass sich das Bundesverwaltungsgericht deren Berechnungsmethoden im Einzelnen zu Eigen machte. Dies folgt bereits daraus, dass das Bundesverwaltungsgericht u.a. der Nichteinbeziehung der gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose (OVG NW, a.a.O., Rn. 186) sowie einer anschließenden Einzelfallprüfung (BVerwG, a.a.O., Rn. 60) eine deutliche Absage erteilte. Zudem weist der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seiner zitierten Entscheidung nicht über die Irrelevanzschwelle von 10-15% entscheiden musste.
Die Argumentation des Beklagten und des Beigeladenen, dass es für die notwendige Gesamtbetrachtung der Belastung des örE nicht zielführend sei, wenn immer nur der streitgegenständliche Einzelfall für sich genommen geprüft werde, da ansonsten die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des örE immer, bis hin zu einem Marktanteil gegen null, verneint werde, wenn die streitgegenständliche Sammlung eine beantragte Sammelmenge von weniger als 10% des gesamten Sammelaufkommens habe, erscheint genauso berechtigt wie der Einwand, dass eine wesentliche Beeinträchtigung davon abhänge, ob zum Entscheidungszeitpunkt zufällig weitere Sammlungen angezeigt seien. Gleichwohl mag dies die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht infrage zu stellen. Denn die Beurteilung der Frage, ob die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG widerlegt ist, bestimmt sich danach, ob durch den Marktzugang eines gewerblichen Sammlers im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Grundstrukturen der Entsorgung, die der örE zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung nach Maßgabe seiner organisatorischen Grundentscheidung ins Werk gesetzt hat, wesentlich umgestaltet werden müssten. Zu welchem Zeitpunkt der Beklagte den Untersagungsbescheid erlässt, liegt in seiner Hand. Solange die Irrelevanzschwelle unterschritten ist, kann eine Untersagung jedenfalls nicht auf die Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gestützt werden. Zum anderen kann von der Irrelevanzschwelle bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nach unten abgewichen werden. So kann berücksichtigt werden, ob der örE die Entsorgung der betreffenden Abfallfraktion ausweislich seines Anteils an der Gesamtsammelmenge dominiert oder nicht (bei einem Marktanteil von unter 50% kann jedenfalls nicht mehr von einer entsprechenden Dominanz gesprochen werden) und folglich Einbußen in größerem oder kleinerem Umfang ohne wesentliche Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit hinnehmen kann (BVerwG, a.a.O., Rn. 59). Dies kann aber vorliegend dahinstehen, da in dem zu entscheidenden Fall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegen. Hier dominiert der örE die Entsorgung der betreffenden Abfallfraktion ausweislich seines Anteils an der Gesamtsammelmenge von knapp 80%. Überdies ist davon auszugehen, dass die Folgen gewerblicher Sammlungen den örE praktisch nicht allein treffen werden, da gemeinnützige Sammlungen im Landkreis in nicht unerheblichem Umfang von ca. 184 t/Jahr Alttextilien sammeln, so dass bei einem Mengenentzug von weniger als 40 t drastische Anpassungen weniger realistisch werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Sammelmenge im Landkreis eine steigende Tendenz aufweist (2014: 560 t; 2015: 660 t; 2016: 709 t) und die Sammlung des Beigeladenen mittlerweile von 134 Sammelcontainern an 78 Standorten auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet wurde.
Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen keine Hinweise dahingehend, dass sich beispielsweise Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der örE in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat, oder es zu anderen spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
Durch das Unterschreiten der Irrelevanzschwelle wird die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG widerlegt, so dass keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE anzunehmen ist.
bb) Auch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG enthaltene Vermutungsregelung trägt hier nicht. Nach dieser Vorschrift ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird. Hierfür wurde vom Beklagten, den insoweit die Darlegungslast trifft (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01693 – juris Rn. 76; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 28; U.v. 7.8.2012 – AN 11 K 02212 – juris Rn. 37), bislang nichts vorgetragen. Im Gegenteil teilte der Beigeladene in seiner Stellungnahme vom 5. November 2015 (S. 3, Bl. 36 BA) mit, dass eine Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund der verhältnismäßig geringen Mengen an Alttextilien gemessen am Gesamtabfallaufkommen nicht bestehe.
cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Beigeladenen kann die Untersagung auch nicht auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gestützt werden, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE anzunehmen ist, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 35).
Die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG greift auch dann, wenn der örE die Entsorgungsleistungen nicht selbst erbringt, sondern ausschreibt und diese Ausschreibung durch gewerbliche Sammlungen unterlaufen würde (vgl. die amtliche Begründung, BT-Drs. 17/6052, S. 88). Dieses Kriterium, das seine endgültige Formulierung durch einen im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungsvorschlag erhalten hat, soll verhindern, dass durch die gewerbliche Sammlung eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb im konkreten Fall von vornherein erheblich erschwert oder nach Erteilung des Entsorgungsauftrags an einen Wettbewerber gar unterlaufen wird (vgl. Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, BT-Drs. 17/7505 S. 44, und Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, ebenda S. 3). Die Regelung zielt somit auf die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung (Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 184). Sie steht – im Gegensatz zu den Fällen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG – nicht unter dem Vorbehalt, dass die gewerbliche Sammlung wesentlich leistungsfähiger ist, weil die entsprechende Einschränkung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sich nach ihrem Wortlaut nicht auf die Nummer 3 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG bezieht (Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 185). In der Kommentarliteratur werden deshalb Bedenken geäußert, ob diese strenge Vermutungsregel noch eine durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigte Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit gewerblicher Sammler darstellt (eingehend Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 36 f., 185 ff.; ferner Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 Rn. 155 f.; Frenz in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, § 17 KrWG Rn. 179 f.). Eventuellen Bedenken im Hinblick auf die Unionsrechtskonformität der Regelvermutung kann dadurch begegnet werden, dass die Schwelle eines erheblichen Erschwerens oder Unterlaufens der Vergabe nicht zu niedrig angesetzt wird. Erforderlich ist daher eine deutlich fühlbare Erschwerung oder gar Ausschaltung der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe (Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2016, KrWG § 17 Rn. 134 ff.; Frenz a.a.O. Rn. 182; Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 36). Die an einem Ausschreibungsverfahren beteiligten Bieter müssen nämlich mit einem Konkurrenzverhältnis zu gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen rechnen (Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 186). Wegen des systematischen Bezugs der Nummer 3 in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE ist hier, wie auch bei der Nummer 1 desselben Satzes, nicht isoliert auf die Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung abzustellen, sondern auf deren Zusammenwirken mit anderen Sammlungen.
Gemessen daran wird durch die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die transparente und diskriminierungsfreie Vergabe nicht erschwert oder unterlaufen.
Zum einen wird die Neuvergabe der vom Beigeladenen zu erbringenden Entsorgungsleistungen durch die Sammlung der Klägerin nicht erschwert, etwa weil aufgrund des Zugriffs anderer Sammler auf den Marktanteil des örE eine Kalkulation der zu erwartenden Sammelmengen erschwert oder unmöglich wäre. Weil der örE in der Regel in der Lage sein dürfte, bei der Formulierung der Ausschreibungsbedingungen die Existenz oder das mögliche Hinzutreten gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen hinreichend zu berücksichtigen (Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2016, KrWG § 17 Rn. 134 ff.), ist für das Eingreifen der Regelvermutung erforderlich, dass die Wettbewerbsbedingungen wegen des Hinzutretens gewerblicher Sammlungen derart unsicher werden, dass eine Teilnahme an der Vergabe nicht mehr attraktiv ist (Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 186 f. m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn der Beigeladene hat die einschlägigen Entsorgungsleistungen nach Ende der Drittbeauftragung des von der Klägerin übernommenen Unternehmens mit Ablauf des 30. Juni 2016 zum 1. Juli 2016 ausgeschrieben und das Vergabeverfahren durch den Zuschlag an ein anderes Unternehmen erfolgreich abgeschlossen. Wie im zugrundeliegenden Eilverfahren bereits angemerkt, konnte die von der Klägerin angegebene Sammelmenge dabei in der Kalkulation berücksichtigt werden, weil die Anzeige bereits am 3. September 2015 erfolgte. Sie war dem Beigeladenen somit im Zeitpunkt der Ausschreibung aufgrund seiner Beteiligung im Anzeigeverfahren (§ 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG) bereits bekannt.
Zum anderen wird die Vergabe durch die Sammlung der Klägerin auch nicht unterlaufen. Insoweit hat die Prüfung nach dem oben dargestellten Regelungszweck den Zeitraum nach der Vergabe, also nach Zuschlagserteilung und Beginn des Auftragsverhältnisses in den Blick zu nehmen. Nach dem bereits dargestellten Mengenverhältnis der Sammlung der Klägerin und anderer privater Sammlungen gegenüber dem Marktanteil des Beigeladenen ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erkennbar, dass letzterer bzw. das von ihm beauftragte Unternehmen auf derart geringe Sammelmengen beschränkt wäre, dass die Wahrnehmung seiner Entsorgungsaufgabe – auch unter Berücksichtigung eines eventuellen Steigerungspotentials – nicht mehr möglich wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass im Landkreis große private Unternehmen durch eigene Sammlungen maßgebliche Anteile des gesamten Aufkommens an Alttextilien an sich ziehen und so zu Lasten kleinerer Sammler einen Wettbewerb im Vergabeverfahren umgehen würden. Denn der Beklagte hat ausweislich der vorgelegten Übersicht sämtliche angezeigten (größeren) gewerblichen Sammlungen untersagt und diese Untersagungen sind auch – bis auf die oben genannten, zahlenmäßig nicht erheblich ins Gewicht fallenden – bestandskräftig geworden. Zwar kann die Vergabe auch dadurch unterlaufen werden, dass ein gewerblicher Sammler, der sich nicht am Ausschreibungsverfahren beteiligt oder keinen Zuschlag erhalten hat, nun eine eigene Sammlung durchführt (Frenz a.a.O. Rn. 183; Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 188; Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, § 17 Rn. 75). Eine solche Situation könnte hier vorliegen, weil die Klägerin, die durch Übernahme des vorher drittbeauftragten Unternehmens bis Ablauf des 30. Juni 2016 selbst Drittbeauftragte des Beigeladenen war, sich nun aber aufgrund der Neuausschreibung zum 1. Juli 2016 und Zuschlagserteilung an ein anderes Unternehmen in der Position eines Konkurrenten befindet. Angesichts der dargestellten Mengenverhältnisse droht die Sammlung der Klägerin jedoch auch unter diesem Aspekt nicht die Vergabe der Entsorgungsleistungen durch den Beigeladenen zu unterlaufen (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 38).
2.1.6. Somit greift keine der Regelvermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, eine anderweitige konkrete und vor allem wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des örE wurde vom Beklagten bzw. vom Beigeladenen nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind Beeinträchtigungen, also unterhalb der Schwelle einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drs. 17/6052, S. 87).
Der Sammlung der Klägerin im angezeigten Umfang stehen daher keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen, so dass die Untersagung in Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 rechtswidrig ist.
3. Sie ist zusammen mit der Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), der Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheides vom 10. Februar 2016) und der Auferlegung der Kosten (Nr. 4) aufzuheben. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids dürfte zwar für sich genommen rechtmäßig sein. Allerdings fehlt es infolge der gerichtlichen Aufhebung der Untersagungsverfügung an einer sofort vollziehbaren Grundverfügung, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG.
4. Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie mit ihrem Antrag nicht durchgedrungen ist, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 20.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben