Baurecht

Erfolgreicher Normenkontrollantrag gegen die Aufhebung der Änderung eines Bebauungsplanes

Aktenzeichen  1 N 19.447

Datum:
9.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41392
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1
VwGO § 47

 

Leitsatz

1. Grundsätzlich kann ein Bebauungsplan – abgesehen von der Erklärung als unwirksam in einem gerichtlichen Normenkontrollverfahren – nur in dem für die Normsetzung geltenden Verfahren aufgehoben werden. Der durch die Normsetzung gesetzte Rechtsschein ist deshalb durch dessen förmliche Aufhebung zu beseitigen, wenn der Fehler nicht geheilt oder heilbar ist. Dabei gelten für die Aufhebung bzw. Änderung eines Bebauungsplans die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen.  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Planung, die durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen ist, darf auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein. Die Grenzen der unzulässigen Gefälligkeitsplanung sind erst dann überschritten, wenn die Planung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen.  (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Aufhebung des Bebauungsplans Nr. … „…“ 1. Änderung vom 29. Januar 2019, bekanntgemacht am 13. Februar 2019, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg. Die am 29. Januar 2019 beschlossene und am 13. Februar 2019 bekanntgemachte Aufhebung des Bebauungsplans Nr. … „…“ 1. Änderung ist unwirksam.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das ein Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41; B.v. 20.9.2005 – 4 BN 46.05 – BauR 2006, 352). Bei der Aufhebung eines Bebauungsplans sind die Belange der Eigentümer in die Abwägungsentscheidung einzustellen, deren Eigentumsrechte durch die Aufhebung betroffen sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.1990 – 4 B 143.90 – NVwZ-RR 1991, 524). Dies gilt auch dann, wenn ein Bebauungsplan wegen erkannter Nichtigkeit aufgehoben wird (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.1986 – 4 C 22.83 – BVerwGE 75, 142). Der aufgehobene Bebauungsplan – 1. Änderung sah zugunsten der Antragstellerin insbesondere Festsetzungen in Form der Erhöhung der maximal zulässigen Wandhöhe sowie der Baufenster für die Garage/Carport bzw. Stellplätze vor, sodass sie durch deren Aufhebung in abwägungsrelevanten Belangen betroffen ist. An ihren beschränkten Aufhebungsantrag ist der Senat allerdings nicht gebunden. Die Antragstellerin hat zwar die Aufhebungssatzung nur insoweit angegriffen, als die zeichnerische Festsetzung „WH6“, der Bauraum für die bestehende Garage und die textliche Festsetzung A 3.2. des Bebauungsplans – 1. Änderung aufgehoben wurden. Stellt sich eine Satzung – so wie hier – als unwirksam dar, so kann bei fehlender Teilbarkeit die Aufhebung insgesamt erfolgen, da das Normenkontrollgericht nicht befugt ist, durch seine Entscheidung ein planerisches Ergebnis festzustellen, das letztlich eine Veränderung des zugrunde gelegten städtebaulichen Konzepts der Gemeinde bewirkt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – DVBl 1992, 37).
2. Die auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans – 1. Änderung gestützte klarstellende Aufhebung des Bebauungsplans erfolgte zu Unrecht, da die Antragsgegnerin unzutreffend von einer reinen Gefälligkeitsplanung ausgegangen ist (2.1). Eine auf städtebauliche Gründe gestützte Aufhebung des Bebauungsplans – 1. Änderung ist jedenfalls mangels ausreichender Berücksichtigung der Eigentümerinteressen abwägungsfehlerhaft (2.2). Dies führt zur vollständigen Aufhebung der Aufhebungssatzung (2.3).
2.1 Dem Bebauungsplan – 1. Änderung fehlt es nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit, sodass eine (klarstellende) Aufhebung des von der Antragsgegnerin deshalb für unwirksam erachteten Bebauungsplans nicht erfolgen kann.
Grundsätzlich kann ein Bebauungsplan – abgesehen von der Erklärung als unwirksam in einem gerichtlichen Normenkontrollverfahren – nur in dem für die Normsetzung geltenden Verfahren aufgehoben werden. Dies gilt aus Rechtssicherheitsgründen auch dann, wenn der Bebauungsplan an einem zur Ungültigkeit führenden Fehler leidet (BVerwG, B.v. 12.12.1990 – 4 B 143.90 – NVwZ-RR 1991, 524; U.v. 21.11.1986 – 4 C 22.83 – BVerwGE 75, 142). Der durch die Normsetzung gesetzte Rechtsschein ist deshalb durch dessen förmliche Aufhebung zu beseitigen, wenn der Fehler nicht geheilt oder heilbar ist. Dabei gelten nach § 1 Abs. 8 BauGB für die Aufhebung bzw. Änderung eines Bebauungsplans die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen.
Der Bebauungsplan – 1. Änderung erweist sich nicht als reine Gefälligkeitsplanung. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16; U.v. 27.3.2013 – 4 C 13.11 – BVerwGE 146, 137). Eine Planung, die durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen ist, darf auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2009 – 4 BN 13.09 – BauR 2010, 569). Die Grenzen der unzulässigen Gefälligkeitsplanung sind erst dann überschritten, wenn die Planung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf.5-VII-14 – BayVBl 2017, 153; BayVGH, U.v. 29. 9.2020 – 1 N 16.1258 – juris Rn. 17). Dabei gilt das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit für jede einzelne Festsetzung des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2004 – 4 CN 4.03 – BVerwGE 120, 239; U.v. 31.8.2000 – 4 CN 6.99 – DVBl 2001, 377). Ob eine mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht vereinbare Gefälligkeitsplanung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist auch die Entstehungsgeschichte der Satzung in den Blick zu nehmen (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 – 15 N 08.3431 – juris Rn. 24).
Hieran gemessen fehlt es dem Bebauungsplan – 1. Änderung nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Nach der Begründung des Bebauungsplans wird versucht, ein gegenüber dem Bestandsgebäude deutlich höheres Gebäude ins Landschaftsbild des Landschaftsschutzgebiets zu integrieren und gleichzeitig auch den Erhalt und/oder das Aufstocken des vorhandenen Gebäudes zu ermöglichen. Um eine weitere bauliche Erhöhung des Gebäudes im Landschaftsschutzgebiet zu vermeiden, werden Dachaufbauten für unzulässig erklärt. Durch den für alle Seiten festgesetzten unteren Höhenbezugspunkt soll gewährleistet werden, dass die festgesetzte Wandhöhe nicht durch Abgrabungen erhöht wird. Außerdem wird im Bereich der Stellplätze und der Garage die Bestandssituation festgesetzt, da hierdurch die Eingriffe in den natürlich gewachsenen Hang vermindert werden können. Die Bebauungsplanänderung trifft zudem Regelungen zur baulichen Gestaltung und zur Grünordnung, um eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu vermeiden und eine harmonische Einbindung zu erreichen.
Diese Ausführungen in der Begründung, die sich in den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspiegeln, lassen eine hinreichende städtebauliche Zielsetzung erkennen. Die Erhöhung der Wandhöhe auf 6 m ist zwar aus Gründen der Gleichbehandlung mit dem östlich gelegenen Grundstück FlNr. … nicht rechtlich geboten gewesen. Der Senat hält nach Durchführung einer Ortseinsicht an der Auffassung im Urteil vom 2. Februar 2012 (Az. 1 N 09.368) fest, dass angesichts der topographischen Lage der Bauparzelle auf dem Grundstück FlNr. … Gründe für eine Höhendifferenzierung des Wohngebäudes vorliegen. Dass die Anhebung der Wandhöhe rechtlich nicht geboten ist, steht jedoch einer planerischen Entscheidung der Gemeinde bei Vorliegen städtebaulicher Gründe nicht entgegen. Die Festsetzungen im ursprünglichen Bebauungsplan zur Wandhöhe, Dachneigung und zur Geschossigkeit sind zwar nicht widersprüchlich, da sich mit diesen Festsetzungen bei Errichtung eines Neubaus zwei Vollgeschosse verwirklichen lassen. Städtebauliche Gründe sind hier jedoch insbesondere in der Ermöglichung einer Aufstockung des Bestandsgebäudes zu sehen. Das bisherige Bestandsgebäude weist einen gegenüber der nach dem Bebauungsplan zulässigen Grundfläche deutlich geringeren Grundriss auf. Unter Berücksichtigung der im Ursprungsbebauungsplan vorgesehenen talseitigen Wandhöhe von 5 m sowie der Dachneigung von 32 Grad erscheint eine – städtebaulich vorzugswürdige – Aufstockung des Bestandsgebäudes, das eine Raumhöhe von ca. 3 m hat, nicht sinnvoll, unabhängig davon, dass es zweifelhaft ist, ob bei den Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans im Bestand ein zweites Vollgeschoss realisierbar ist. Dies ergibt sich für den Senat nachvollziehbar aus den Planungsskizzen in dem seitens der Antragstellerin eingeholten Gutachten vom 15. Juni 2020. Für den Senat ist auch nicht erkennbar, dass die Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans hierzu nur vorgeschoben sind. Der im Verfahren nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB ausgelegte Vorentwurf des Bebauungsplans – 1. Änderung (Planfassung 30.6.2015) sah die Festsetzung eines Höhenbezugspunkts von 647,50 ü.N.N. vor und enthielt in der Begründung keine Angaben mit Bezug auf eine Aufstockung unter Erhalt des Bestands. Die in der beschlossenen Fassung vorgenommenen Änderungen erfolgten ausweislich der Protokolle über die Abwägung aufgrund einer Aufmessung der Höhenlage des Gebäudes nach einem Ortstermin. Hiernach wurde die Höhenkote entsprechend angepasst, um grundsätzlich auch den Erhalt und/oder das Aufstocken des vorhandenen Gebäudes zu ermöglichen (vgl. Normaufstellungsakte Bebauungsplan – 1. Änderung Bl. 1421). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine Aufstockung für die Beteiligten nicht in Betracht kam und die Ausführungen in der Begründung nur der Verdeckung einer unzulässigen Gefälligkeitsplanung dienen sollten. Die Anhebung der Wandhöhe ist somit objektiv auch von städtebauliche Gründen getragen. Hinsichtlich der weiteren Festsetzungen im Bebauungsplan – 1. Änderung ist nicht erkennbar, dass es ihnen an einer städtebaulichen Zielsetzung fehlt. Die Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans lassen eine hinreichende städtebauliche Motivation erkennen. Der Senat hält daher an seiner Rechtsauffassung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. 1 NE 20.259), dass die Grenze zur Gefälligkeitsplanung überschritten sein dürfte, nicht mehr fest. Auch wenn sich nach der Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte für eine Gefälligkeitsplanung entnehmen lassen, nachdem der Senat in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2012 (Az. 1 N 09.368) den Ausgangsbebauungsplan auch im Hinblick auf das Grundstück der Antragstellerin bestätigt hatte, genügt dies letztlich nicht, um eine reine Gefälligkeitsplanung anzunehmen.
Auf weitere – unheilbare Mängel – hat die Antragsgegnerin die von ihr beabsichtigte klarstellende Aufhebung des Bebauungsplans – 1. Änderung nicht gestützt.
2.2 Die Aufhebung des Bebauungsplans – 1. Änderung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als wirksam. Zwar ist es der Antragstellerin unbenommen, aus städtebaulichen Gründen im Weg einer konstitutiven Aufhebung des Bebauungsplans – 1. Änderung zu den Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans mit einer deutlicheren Höhenstaffelung zurückzukehren.
Hier ist aber bereits nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin über eine klarstellende Aufhebung hinaus den Bebauungsplan – 1. Änderung auch für den Fall seiner Wirksamkeit aufheben wollte. Im Übrigen erfordert die Aufhebung eines wirksamen Bebauungsplans eine fehlerfreie Abwägungsentscheidung. Denn auch bei der Aufhebung eines Bebauungsplans sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB). Die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 – 4 B 71.17 – ZfBR 2018, 601). Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
Die vorgenommene Abwägung genügt diesen Anforderungen nicht. Der Abwägung liegt unzutreffend die Unwirksamkeit des Bebauungsplans – 1. Änderung wegen der angenommenen Gefälligkeitsplanung zu Grunde. Sie berücksichtigt damit nicht hinreichend die Eigentumsbelange der Antragstellerin, da sie zu Unrecht davon ausgeht, dass aufgrund der Unwirksamkeit des Bebauungsplans – 1. Änderung durch die Aufhebung des Bebauungsplans keine relevante Wertminderung für das Grundstück der Antragstellerin zu erwarten steht, die auch eine Entschädigungspflicht nach § 42 Abs. 2 BauGB auslösen kann. Dieser Abwägungsfehler ist beachtlich, da er offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Letzteres ist der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2016 – 4 B 21.15 – juris Rn. 10). Besteht bei einem offensichtlichen Mangel hiernach die konkrete Möglichkeit, dass die Gemeinde, wenn sie den abwägungsbeachtlichen Belang zutreffend ermittelt und bewertet hätte, im Ergebnis anders geplant hätte, ist der Mangel für die Wirksamkeit des Plans beachtlich (BVerwG, U.v. 9.4.2008 – 4 CN 1.07 – BVerwGE 131, 100). Hier ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin auch in Kenntnis einer Entschädigungspflicht die Aufhebungssatzung beschlossen hätte, zumal sie im Rahmen des Ursprungsbebauungsplans für die Bauparzelle 4 auf dem Grundstück FlNr. … zur Vermeidung einer Entschädigungspflicht von einer Reduzierung des Baurechts abgesehen hat.
2.3 Die dargestellten Mängel führen zur vollständigen Aufhebung der Aufhebungssatzung. Mit dem Bebauungsplan – 1. Änderung hat die Antragsgegnerin ein Regelwerk in Kraft gesetzt, dessen einzelne Bestimmungen von ihr in Verfolgung städtebaulicher Ziele abwägend in einen Gesamtzusammenhang gestellt worden sind. Ein hypothetischer Wille, mit einem „Restbestand“ den Aufhebungsbebauungsplan aufrechterhalten zu wollen, kann nicht angenommen werden. Die beantragte beschränkte Aufhebung einzelner Festsetzungen würde zu einer Planung führen, die dem Planungswillen der Antragsgegnerin nicht entspricht (vgl. auch die Ausführungen der Antragsgegnerin über die Abwägung der Einwendungen im Normaufstellungsverfahren, wonach eine isolierte Aufhebung der Festsetzungen nicht in Betracht kommt, Normaufstellungsakte Aufhebung Bl. 431).
Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nummer I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie den angegriffenen Bebauungsplan (§ 10 Abs. 3 BauGB).


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