Baurecht

Erneuerung eines Bade- und Bootshauses

Aktenzeichen  M 11 K 16.609

Datum:
10.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 55913
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 30 Abs. 3, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 7

 

Leitsatz

Im Falle einer Bootshütte wird das zulässige Maß der Nutzung in jedem konkreten Fall durch das durch die festgesetzte Art der Nutzung Bedingte und objektiv Erforderliche begrenzt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Landratsamts vom 10. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind; im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO) prüft die Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB.
Danach war die beantragte Baugenehmigungen nicht zu erteilen, da das beantragte Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ging in seinem Urteil vom 15. Juli 2005 (a. a. O.) von einer Außenbereichslage sowie davon aus, dass die Regelungen im Baulinienplan von 1932 als Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplans fortgelten; dem ist das Gericht in seinem Urteil vom 23. November 2006 und vom 4. Februar 2010 (a. a. O.) gefolgt; daran wird festgehalten. Insbesondere haben sich im Rahmen des Augenscheins keine neuen Erkenntnisse ergeben, die die Lage des streitgegenständlichen Grundstücks im Außenbereich in Frage stellen, da seither, bis auf einen bloßen Ersatzbau im angrenzenden Innenbereich, keine Gebäude in der näheren Umgebung neu errichtet wurden.
Im Übrigen nimmt das Gericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des Bescheids des Beklagten vom 10. Februar 2012 sowie entsprechend §117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des Bescheids vom 4. Februar 2011, auf die Klageerwiderung des Beklagten vom 20. April 2016, auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 4. Februar 2010 (Az.: M 11 K 09.906 und M 11 K 09.3561) und auf die rechtliche Würdigung unter Nummer II des Beschlusses vom 9. Juli 2008 (Az.: 1 ZB 07.346) Bezug, die es sich jeweils ausdrücklich zu eigen macht.
Ergänzend wird folgendes ausgeführt:
Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 22.06.1990 – 4 C 6/87 – juris Rn. 19 ff.), wonach regelmäßig keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die Überschreitung des in der Nachbarschaft verwirklichten Maßes der baulichen Nutzung gegeben ist, passt nicht auf die vorliegende Konstellation. Hier wird durch einen Baulinienplan, der als einfacher Bebauungsplan fortgilt, die zulässige Art der Nutzung festgesetzt. Aus der zutreffenden Rechtsprechung, zuletzt dem Urteil vom 4. Februar 2010 (M 11 K 09.906 und M 11 K 09.3561) folgt, dass die Festsetzung der Bebauung mit Boots- oder Badehütten als die zulässige Art der Nutzung – vorbehaltlich etwaiger abweichender planerischer Vorstellungen einer Gemeinde – notwendigerweise das zulässige Maß der baulichen Nutzung auf das objektiv aufgrund der Nutzungsart „Boots- oder Badehütte“ noch erforderliche und diesem Nutzungszweck dienende Maß beschränkt. Art und Maß der Nutzung sind in einem derartigen Fall mithin nicht hinreichend voneinander dergestalt trennbar, dass diese beiden Kriterien unabhängig voneinander beurteilt werden können, anders als z. B. im Falle von Wohnnutzung (vom Einfamilienhaus bis zum Hochhaus). Aus der Lage des Vorhabens zur Errichtung einer Bootshütte im Außenbereich alleine kann daher nicht geschlossen werden, dass das in der Umgebung vorhandene Maß ohne weiteres übernommen oder gar überschritten werden darf, da im Falle einer Bootshütte das zulässige Maß der Nutzung in jedem konkreten Fall durch das durch die festgesetzte Art der Nutzung Bedingte und objektiv Erforderliche begrenzt wird.
Auch ist der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtigt. In der Legalisierung des Bestandes, der insbesondere die vorhandene Unterkellerung einschließen würde, würde jedenfalls die Verfestigung einer Splittersiedlung liegen, da ein nach Art und damit auch Maß nicht zulässiges Vorhaben genehmigt würde. Es ist nicht auszuschließen, dass hiervon eine negative Vorbildwirkung für die Umgebung ausgeht. Auch stellt sich die vorliegende Splittersiedlung nicht als hinreichend verfestigt dar, so dass eine mögliche weitere Verfestigung ausgeschlossen werden könnte. Die überkommene Siedlungsstruktur bezieht sich ihrem Ursprung nach auf Bade- und Bootshütten. Auch die Änderung der Nutzung einer Bootshütte zu Wohnzwecken oder die Intensivierung der Wohnnutzung einer Bootshütte kann zur Verfestigung einer Splittersiedlung beitragen (vgl. BVerwG, U. v. 14.04.2000 – 4 C 5/99). Die Legalisierung des klägerischen Bestands, der mit der betriebenen Wohnnutzung über das Zulässige und Überkommene hinausgeht, insbesondere was die beantragte Unterkellerung angeht, wäre der nächste Schritt zur weiteren Verfestigung der Wohnnutzung in diesem Bereich.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben