Baurecht

Gebietsverträglichkeit eines Büro- und Geschäftshauses im Kerngebiet

Aktenzeichen  M 8 K 17.5742

Datum:
26.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10680
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 7
BayBO Art. 64 Abs. 2
BayVwVfG Art. 24, Art. 37 Abs. 1
BauVorlV § 3

 

Leitsatz

Ein Büro- und Geschäftshaus, in welchem bis zu 450 Personen in den Bürobereichen arbeiten (zzgl. der Beschäftigten im Einzelhandel), Kundenverkehr im Rahmen der Ladenöffnungszeiten bzw. üblichen Büroöffnungszeiten erfolgt und in dem gängige Büro- und Verkaufstätigkeiten erfolgen, stellt bezogen auf diese Nutzungsart und -weise kein atypisches Büro- und Geschäftshaus noch im Kerngebiet eine atypische Nutzung dar. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 9. November 2017 verletzt die Klägerin nicht in ihren nachbarschützenden Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, a.a.O.). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und der Nachbar ist darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08/2132 – juris Rn. 3).
Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Vorhaben verstößt weder hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots, noch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht oder im Übrigen gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 Bayerische Bauordnung (BayBO) – das Vorhaben ist jedenfalls ein Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 6 BayBO (Besprechungsbereich im Erdgeschoss für bis zu 200 Personen bestimmt) – zu prüfen sind.
2. Die Baugenehmigung ist hinreichend bestimmt gemäß Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), weshalb insbesondere die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit drittschützenden Normen des Bauplanungsrechts durch das Gericht erfolgen kann.
2.1 Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen.
Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 84 m.w.N.). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 20.05.1996 – 2 B 94.1513, BayVBl. 1997, 405 f.; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
Wenn die Baugenehmigung selbst oder die der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung einer Baugenehmigung führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte der Klägerin begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m.w.N.).
2.2 Sowohl der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid als auch die hierdurch zum Bestandteil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen sind hinreichend bestimmt, nachvollziehbar und eindeutig.
2.2.1 Der Genehmigungsbescheid an sich ist hinreichend bestimmt.
Die Formulierungen und Begründungen bezüglich des Genehmigungsinhalts, der Auflagen, der Abweichungen und der Hinweise sowie der Nachbarwürdigung sind klar und nachvollziehbar; der Regelungsgehalt wird ohne weiteres deutlich. Durch den Verweis auf die weiteren Anlagen zur Baugenehmigung (Hinweis 8. auf Seite 9 des streitgegenständlichen Bescheids) ist zudem eindeutig ersichtlich, was – neben dem Bescheidinhalt im engeren Sinne und den Bauvorlagen nach § 3 BauVorlV – vom Prüfumfang bzw. von der Genehmigungswirkung der Baugenehmigung umfasst sein soll: vor allem die bereits in der Genehmigung erwähnte Betriebsbeschreibung (Auflage 3.; vgl. Bl. 294 f. der Behördenakte), das Immissionsgutachten (Auflage 7.A.; vgl. Bl. 179 ff. der Behördenakte) und das Verkehrsgutachten (Hinweis 2.; vgl. Bl. 121 ff. der Behördenakte).
2.2.2 Hinsichtlich der Lagepläne, Grundrisse und Ansichten als wesentliche Bestandteile der Bauvorlagen nach § 3 BauVorlV besteht kein Grund zur Beanstandung. Die Lage, die Maße und die Gestalt der baulichen Anlagen und der Teile hiervon werden eindeutig und nachvollziehbar dargestellt.
2.2.2.1 Die Kritik der Klägerin an der fehlenden Regelung der Hotelvorfahrt und des Taxistandplatzes in Bezug auf das geplante benachbarte Hotel betrifft nicht das streitgegenständliche Verfahren. Jedenfalls ist die konkrete Ausgestaltung und Einrichtung einer diesbezüglichen Haltebzw. Entladezone nicht Gegenstand der Baugenehmigung, wie aus Hinweis 2. der Baugenehmigung zum Ausdruck kommt. Auf die Ausführungen im Urteil vom 26. Februar 2018 (M 8 K 16.2434 – dort unter Ziffer 2.2.2.1) wird ergänzend Bezug genommen. Im Übrigen gilt auch für andere möglicherweise für das Bauvorhaben erforderliche Haltverbote oder sonstige verkehrsrechtliche Anordnungen, dass diese nicht Gegenstand der Baugenehmigung sind und nicht sein können.
2.2.2.2 Die Betriebsbeschreibung vom 19. Juni 2017, ergänzt am 24. Oktober 2017, ist ebenfalls hinreichend bestimmt.
Hinsichtlich der Ladehofgarage ist eindeutig festgelegt, dass die Hauptzeiten für die Ver- und Entsorgung wochentags zwischen 06:00 und 18:00 Uhr liegen und ein Lademeister vor Ort bei jedem ankommenden Fahrzeug die Einweisung beim Rangiervorgang vorzunehmen hat – hierauf sind die Anlieferer in den schuldrechtlichen Vereinbarungen hinzuweisen (vgl. Ergänzung zur Betriebsbeschreibung vom 24.10.2017). Der Ladehof kann gleichzeitig von maximal 3 Lkw mit maximal 7,5 t angefahren werden. Dies ergibt sich auch aus der planerischen Darstellung im Erdgeschossplan zum streitgegenständlichen Vorhaben. Eine Widersprüchlichkeit dieses Konzepts der Be- und Entladung der Waren und des Abfalls, verursacht durch die Nutzungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück (und dem Grundstück mit Fl.Nr. …), ist für das Gericht nicht erkennbar.
Auch für die Büro- und Ladennutzung ergibt sich keine Unbestimmtheit. Neben der o.g. Betriebsbeschreibung, die für die Ladenflächen im Erdgeschoss sich auf die (allgemeinen) Ladenöffnungszeiten (nach Gesetz über den Ladenschluss; vgl. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG) bezieht, stellt das Anschreiben und die Erläuterungen zum Bauantrag vom 19. Juni 2017 (Bl. 22 der Behördenakte) ausführlich dar, welche konkrete Nutzung in dem geplanten Gebäude aufgenommen wird. Wie sich aus den Grundrissplänen ergibt, sind Einzelhandelsnutzungen im Erdgeschoss geplant. Hinsichtlich der Büronutzung sei nur auf die Angabe der maximalen Mitarbeiterzahl in den Bürobereichen, die maximale Kapazität des Besprechungsraumes im Erdgeschoss und die Aufteilungsmöglichkeiten der Büroräumlichkeiten hingewiesen. Eine noch detailliertere Beschreibung ist nicht erforderlich.
2.2.3 Auch das Verkehrsgutachten zum Bauantrag der Firma … + … vom 23. August 2017 ist hinreichend bestimmt. Die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens auf den öffentlichen Straßenraum in der Umgebung sind eindeutig, vollständig und in sich stimmig dargestellt.
2.2.3.1 Die dargestellte verkehrliche Ausgangssituation (S. 2 – 9 des Verkehrsgutachtens) entspricht im Grunde den Feststellungen des Gerichts im Rahmen seiner Augenscheine (insbesondere dem Augenschein am 19. Januar 2015 im Verfahren M 8 K 14.90), ist dementsprechend vom Gericht nachprüfbar und einwandfrei.
Die Ausführungen zur Erschließungssituation und zum motorisierten Individualverkehr, zum öffentlichen Personennahverkehr und zum Fußgänger- und Radverkehr sowie zur längerfristigen Änderung der Erschließungssituation für den motorisierten Individualverkehr und zum ruhenden Verkehr sind nicht zu beanstanden.
Soweit die Klagepartei die Ausführungen zur Verkehrsbelastung als unzutreffend und mit den Feststellungen des Gerichts für unvereinbar bezeichnet, ist dem nicht zu folgen. Die gerichtliche Feststellung, dass zum Zeitpunkt des Augenscheins am 19. Januar 2015 die Ein- und Durchfahrt in die bzw. durch die …straße mit normalen Pkws durch den Lieferverkehr für das Hotel der Klägerin erheblich beeinträchtigt wird (S. 6 des diesbezüglichen Augenscheinsprotokolls), bestätigt vielmehr auch das Gutachten (S. 5 des neuen Verkehrsgutachtens). Die unstreitig im Kreuzviertel, in welchem die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen liegen, gegebene angespannte Verkehrssituation stellt auch das Gutachten nicht in Abrede, wenn es von einer niedrigen bzw. mäßigen Verkehrsbelastung ohne gravierende Staus ausgeht (S. 5 und S. 29 des Verkehrsgutachtens). Denn mangels Eignung der engen Straßen des Kreuzviertels für den Durchgangsverkehr ist die Verkehrsbelastung offensichtlich und gerichtsbekannt geringer als zum Beispiel die Belastung des nahe gelegenen mehrspurigen …platzes in Richtung Norden. Dies wird im Gutachten auch durch die Verkehrszählung aus den Jahren 2014 und 2016 belegt (Bestandsbelastung Tagesverkehr Gesamtverkehr ca. 22.000 Kfz/Tag im Querschnitt hinsichtlich des …platzes gegenüber 3.500 Kfz/Tag in der im Kreuzviertel vergleichsweise stark befahrenen …-Straße, S. 7 des neuen Verkehrsgutachtens). Vor diesem Hintergrund ist auch die Aussage zutreffend, dass es sich bei der Kreuzung …-Straße/ …straße – als am stärksten belastete Kreuzung im Kreuzviertel – um einen eher gering belasteten Knotenpunkt handelt. Die ermittelten Werte der Verkehrszählung sind ebenfalls eindeutig und plausibel. Auf die zeitweise auftretenden Verkehrsbehinderungen weist auch das Gutachten hin. Die Stellungnahme des Mitarbeiters der Beklagten vom 10. August 2017 steht ebenfalls nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des Gutachtens, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass es sich bei einem Mitarbeiter der Beklagten um keine Person handelt, die über besondere Fachkompetenz im Hinblick auf verkehrliche Belange verfügt.
2.2.3.2 Auch die Ermittlung des Verkehrsaufkommens (S. 9 – 16 des Verkehrsgutachtens), welches durch die in diesem Verfahren streitgegenständliche Büro- und Einzelhandelsnutzung ausgelöst wird, ist hinreichend bestimmt.
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich einer Verkehrsprognose in einem Planfeststellungsverfahren davon ausgeht, dass diese mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d.h. methodisch fachgerecht zu erstellen ist. Die Überprüfungsbefugnis des Gerichts erstreckt sich allein darauf, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, ob die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2013 – 9 B 30/12 – juris Rn. 10).
Das erkennende Gericht hält diese Grundsätze – zumal im Rahmen einer Nachbarkonstellation – auf das vorliegende Verkehrsgutachten für entsprechend anwendbar, weshalb sich die Prüfung der Richtigkeit und Eindeutigkeit im Wesentlichen auf eine Plausibilitätsprüfung beschränkt. Dies entspricht im Übrigen auch der bereits oben dargestellten Prüfung von Bauvorlagen in Nachbarrechtskonstellationen.
Dieser Überprüfung hält die Ermittlung des Verkehrsaufkommens stand. Die Berechnungsansätze stützt das Gutachten auf die Angaben der Beigeladenen, auf Tabellenwerte und eigene Erfahrungssätze der Gutachter. Diese sind nicht zu beanstanden.
Die „Prognoseeckdaten Einzelhandel“ sind nachvollziehbar – insbesondere unter Berücksichtigung der Anlage 5 zum Verkehrsgutachten – ermittelt worden. Es ist zwar aufgrund der Betriebsbeschreibung und Beschreibung des Vorhabens nicht zwingend angezeigt, die Geschossfläche/Arbeitsplatz auf 35 m² zu erhöhen. Angesichts der Begründung des Gutachtens, dass aufgrund der Lage und Hochwertigkeit des Objekts eine sehr hohe Belegungsdichte von 16,5 m² Geschossfläche/Arbeitsplatz nicht angemessen sein dürfte, ist dies jedoch plausibel und daher nicht zu beanstanden. Eine Belegung mit 221 Beschäftigten könnte realistisch der Nutzungspraxis entsprechen. Auch der Anteil der mit dem motorisierten Individualverkehr anreisenden Beschäftigten von 20% erscheint angesichts der guten verkehrlichen Anbindung durch den öffentlichen Personennahverkehr und der zentralen Innenstadtlage nachvollziehbar.
Das Verkehrsaufkommen/Tag für die Büronutzung wird auf diesen Grundlagen in sich stimmig auf 161 Kfz-Fahrten/Tag festgelegt. 45 Kfz der Beschäftigten (20% von 221 Beschäftigten) fahren an und ab (also 90 Kfz-Fahrten/Tag). Auch die Annahme von 25 Kfz von an- und abfahrenden Kunden der Büronutzer ist angesichts des Ansatzes in der Anlage 5 nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Andienung mit 11 Lkw/Tag.
Dass sich das Gutachten nicht zur Anlieferung für Besprechungen bzw. Veranstaltungen mit bis zu 200 Personen verhält, führt nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Aus der Beschreibung des Bauvorhabens ergibt sich, dass es sich hierbei um außergewöhnliche, seltene Ereignisse handelt und diese folglich nicht geeignet sind, um das regelmäßig ausgelöste Verkehrsaufkommen zu bestimmen. Zudem stehen die entsprechenden Räumlichkeiten nach der Vorhabenbeschreibung nur den Mietern zur Verfügung, sodass sich der Kreis der regelmäßig anzuliefernden Beschäftigten im Gebäude zumindest erheblich mit den Teilnehmern einer solchen Veranstaltung überschneiden wird, weshalb sich der zusätzliche Anlieferbedarf nicht erheblich verändern dürfte. Dies alles sind jedenfalls keine Entscheidungen, die in der Baugenehmigung getroffen werden müssen.
Die „Prognoseeckdaten Einzelhandel“ sind ebenfalls in sich stimmig und verständlich – insbesondere unter Berücksichtigung der Anlage 6 zum Verkehrsgutachten. Die Verkaufsfläche für den Einzelhandel wurde (gerundet) richtig angesetzt. Die Annahme von 30 Kunden je Tag und 100 m² Verkaufsfläche (vorliegend also 126 Kunden/Tag) ist ebenso plausibel wie Kopplungseffekte (Überschneidung mit anderen Besorgungen) von 65% und einem Anteil der mit dem motorisierten Individualverkehr anreisenden Kunden von 60%.
Das Verkehrsaufkommen/Tag für die Einzelhandelsnutzung wird auf diesen Grundlagen in sich stimmig auf 80 Kfz-Fahrten/Tag festgelegt. Darin enthalten sind neben dem Beschäftigtenverkehr und dem Kundenverkehr eine Lkw-Anlieferung/Tag. Letzteres ist anhand des realistischen Ansatzes von 0,3 Lkw-Anlieferungen je Tag und je 100 m² Verkaufsfläche nachvollziehbar.
Ein substantiierter Vortrag der Klägerin, warum diese Ansätze unrichtig sein sollten, erfolgte nicht.
Die Ermittlung des gesamten Verkehrsaufkommen des Bauvorhabens und des Vorhabens auf dem benachbarten Grundstück von 840 Kfz-Fahrten/Tag, davon 74 Kfz-Fahrten/Tag für Anlieferungen ist nicht zu beanstanden. Ergänzend wird auf die Ausführungen im Urteil vom 26. Februar 2018 (M 8 K 16.2434 unter Ziffer 2.2.3.2) Bezug genommen.
Das Gutachten der Firma … + … zum ursprünglichen Bauvorhaben auf dem benachbarten Grundstück Fl.Nr. … mit 150 Hotelzimmern (vgl. M 8 K 16.2434) ist für das vorliegend streitgegenständliche Vorhaben ohne Relevanz, da es sich (überwiegend) auf eine Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück bezieht und somit keinerlei Aussage zu einer Büronutzung trifft.
2.2.3.3 Auch das Erschließungskonzept (S. 21 des Verkehrsgutachtens) ist hinreichend bestimmt.
Die geplante Tiefgarage für die Büro- und Einzelhandelsnutzung mit 68 Stellplätzen wird über die Einfahrt in der …straße, westlich der Ladehofgarage, erschlossen. Die Anfahrt kann laut dem Gutachten nur von Osten kommend erfolgen (Einbahnstraßenregelung im westlichen Teil der …straße), die Abfahrt kann auch nach Westen erfolgen. Dieses Konzept ist schlüssig.
Für die Kunden der streitgegenständlichen Nutzungen stehen ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung, was das Gutachten nachvollziehbar darlegt (vgl. S. 8 und 22 des Verkehrsgutachtens)
Auch das Anlieferungskonzept für die streitgegenständlichen Nutzungen sowie das geplante Hotel auf dem Grundstück mit Fl.Nr. … ist hinsichtlich der Erschließung klar und eindeutig dargestellt. Insoweit kann zunächst auf die obigen Ausführungen zur Betriebsbeschreibung Bezug genommen werden. Im Übrigen führt das Gutachten unmissverständlich aus, welche Lkw über welche Straßen anbzw. abfahren sollten, um verkehrliche Probleme zu vermeiden. Der Vorgang des Rückwärtsrangierens in der …straße, um in die Ladehofgarage zu gelangen, wird ebenso klar beschreiben wie die unproblematische Ausfahrt. Weiter wird ausdrücklich festgelegt, dass der Ladevorgang insgesamt in 20 Minuten (inklusive Ein- und Ausfahrt) abgewickelt werden kann. Diese Annahme ist – insbesondere bei dem zwingenden Erfordernis eines Einweisers – realistisch. Die der Stellungnahme des klägerischen Gutachters … beigefügten Verweildauern der das klägerische Hotel beliefernden Fahrzeuge belegen sogar diese Annahme. Obwohl jenes Hotel auch mit Fahrzeugen von bis zu 12,5 t beliefert wird, betrug der Mittelwert 18 Minuten (S. 4 jenes Gutachtens). Warum ein Ladevorgang von zwanzigminütiger Dauer vor diesem Hintergrund unmöglich sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht.
2.2.3.4 Die Ausführungen zu den verkehrlichen Auswirkungen des Bauvorhabens (S. 23-29 des Verkehrsgutachtens) sind schließlich ebenfalls nicht im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot zu beanstanden.
Das Gutachten verwendet zur Ermittlung der verkehrlichen Auswirkungen des Neuverkehrs eine Simulationssoftware, die zu plausiblen Ergebnissen gelangt, die ausführlich erläutert werden. Die Klagepartei stellt nicht substantiiert dar, warum die diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten nicht realistisch sein sollen.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Prognose des Gesamtverkehrs. Ebenso sind die dargestellten Spitzenbelastungen auf solider Tatsachengrundlage ermittelt worden. Hinsichtlich der Kreuzung …-Straße/ …straße wurden die Erwägungen hierzu nachvollziehbar vertieft, da es sich um die am stärksten belastete Einmündung im Quartier handelt.
2.3 Angesichts all dessen kommt auch keine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (Art. 24 BayVwVfG) durch ein Ermittlungsdefizit der Beklagten in Betracht.
Zwar ist es die Obliegenheit der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Amtsermittlung (Art. 24 BayVwVfG) als auch der Beigeladenen als Bauherrin im Rahmen ihrer Mitwirkung am Verwaltungsverfahren (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG), vollständige, unzweideutige und im Einzelnen auch nachprüfbare und aus sich selbst heraus ausreichend schlüssige Bauvorlagen einzureichen bzw. der Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung zu Grunde zu legen (vgl. Gaßner in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 80; VG München, U.v. 11.4.2016 – M 8 K 15.597 – juris Rn. 22). Dies entspricht im Übrigen auch der normativen Wertung, die § 13 BauVorlV für das Baugenehmigungsverfahren zu entnehmen ist (vgl. VG München, U.v. 28.11.2016 – M 8 K 16.1795 – juris Rn. 27).
Wie soeben ausgeführt, sind jedoch sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene dieser Obliegenheit nachgekommen.
Dass die Beklagte bei ihrer Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ausschließlich auf die Bauvorlagen, insbesondere das Verkehrsgutachten der Beigeladenen abgestellt hat, ist nicht zu beanstanden. Da die Beigeladene die für das Bauvorhaben erforderlichen Unterlagen, wie Verkehrsgutachten, vorzulegen hat (Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO), spricht nichts dagegen, auch nur diese, soweit sie wie hier nachvollziehbar und eindeutig sind, der Genehmigungsentscheidung zu Grunde zu legen. Die Erstellung eigener Gutachten durch die Beklagte ist vor diesem Hintergrund weder angezeigt noch sinnvoll und widerspricht dem Grundsatz, dass der Bauherr alle zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen einzureichen hat, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO.
2.4 Abschließend sei darauf hingewiesen, dass selbst wenn man der Klägerin folgen und eine Fehlerhaftigkeit und Widersprüchlichkeit der Bauvorlagen in einzelnen Aspekten annehmen würde, sie diese nicht substantiiert vorgetragen hat und für das Gericht im Übrigen auch nicht ersichtlich ist, warum eine Beurteilung der nachbarrechtlichen Belange der Klägerin anhand der umfangreichen Bauvorlagen für sie nicht möglich sein soll. Wie sich gerade an ihrem Vortrag zu den Anlieferungsbewegungen und zu den Detailfragen der Anlieferung zeigt, ist für die Klägerin im Grunde und in den wesentlichen Aspekten klar, welchem Vorhaben sie sich ausgesetzt sieht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Kubatur und die Nutzung des Vorhabens, welche von der Klägerin hinsichtlich der Unbestimmtheit der Bauvorlagen nicht beanstandet werden.
Vor dem Hintergrund, dass vorliegend in materieller Hinsicht streitentscheidend die Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist, worauf sich ein Nachbar nur im Falle der Unzumutbarkeit des Vorhabens berufen kann und nicht bereits dann, wenn das Vorhaben objektiv in formeller und materieller Hinsicht dem Baurecht widerspricht, dürfen die Anforderungen an die Bauvorlagen also nicht überspannt werden. Der Nachbar ist folglich darauf beschränkt, nur solche Bauvorlagen rügen zu können, die so unvollständig und unklar sind, dass für ihn, die Bauaufsichtsbehörde und das Gericht auf keine Weise eine Beurteilung der Rücksichtslosigkeit in Betracht kommt. Solch ein Fall ist hier – wie aufgezeigt – aber nicht hinreichend vorgetragen oder ersichtlich.
3. Die Baugenehmigung verletzt keine drittschützenden Vorschriften des Bauplanungsrecht (Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. §§ 29 ff. Baugesetzbuch – BauGB).
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend allein nach § 34 BauGB, da das gemäß § 173 Abs. 3 Bundesbaugesetz (BBauG) und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge für das streitgegenständliche Grundstück keine Baulinie vorsieht und das streitgegenständliche Grundstück im unbeplanten Innenbereich liegt.
3.1 Eine Verletzung drittschützender Rechte hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung liegt nicht vor.
Das Vorhaben und die Grundstücke der Klägerin befinden sich ein einem faktischen Kerngebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO) (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 – juris Rn. 39; VG München, U.v. 19.1.2015 – M 8 K 14.90 – juris Rn. 172 ff.).
3.1.1 Eine Verletzung des Drittschutz vermittelnden Gebietserhaltungsanspruchs (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018 – 9 BV 16.1694 – juris Rn. 18 und 20 m.w.N.) kommt nicht in Betracht, da das Vorhaben – Büro- und Geschäftshaus – gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im faktischen Kerngebiet allgemein zulässig ist.
3.1.2 Das Vorhaben ist auch gebietsverträglich.
3.1.2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 21.3.2002 – 4 C 1.02 – BVerwGE 116, 155; B.v. 28.2.2008 – 4 B 60.07 – BayVBl 2008, 542) sind die in den Baugebieten der §§ 2 bis 9 BauNVO allgemein (regelhaft) zugewiesenen Nutzungsarten ebenso wie die Vorhaben, die ausnahmsweise zugelassen werden können, unzulässig, wenn sie den jeweiligen Gebietscharakter gefährden und deshalb gebietsunverträglich sind. Das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit eines Vorhabens im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung rechtfertigt sich nach dieser Rechtsprechung aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die typisierende Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt. Die vom Verordnungsgeber festgelegte typische Funktion der Baugebiete, ihr Gebietscharakter, schließt das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit der in einem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten ein. Die Zulässigkeit von Nutzungen in den einzelnen Baugebieten hängt insbesondere von deren Immissionsverträglichkeit ab. Dabei gefährdet ein in einem Baugebiet regelhaft zulässiges Vorhaben den Gebietscharakter und ist gebietsunverträglich, wenn das Vorhaben bezogen auf den Gebietscharakter dieses Gebiets auf Grund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Ausgangspunkt und Gegenstand dieser typisierenden Betrachtungsweise ist das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Zu fragen ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, die für das Baugebiet typischen Nutzungen zu stören. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe des betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer der Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeit, ausgehen. Entscheidend ist dabei nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Auf die immissionsschutzrechtlich relevante Lärmsituation kommt es im Hinblick auf die im Gebiet geschützte Ruhe nicht ausschlaggebend an. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Gebietscharakter als solchen stören. Bei der Beurteilung dieser Atypik ist in zweifacher Weise eine typisierende Betrachtung anzustellen, einmal im Hinblick auf die Bestimmung der Nutzungsart und einmal im Hinblick auf das Gebiet selbst (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.1986 – 4 C 31.83 – NVwZ 1986, 643; B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – juris; BayVGH, U.v. 29.12.2003 – 25 B 98.3582 – BayVBl 2004, 751). Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle mit der Zulassung des Vorhabens nach seinem Gegenstand, seiner Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung wie insbesondere die Art und Weise der Betriebsvorgänge, der Umfang, die Häufigkeit und die Zeitpunkte dieser Vorgänge, der damit verbundene An- und Abfahrtsverkehr sowie der Einzugsbereich des Betriebs (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – juris). Diese Sichtweise rechtfertigt sich daraus, dass die Baunutzungsverordnung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Gestalt einer Baugebietstypologie konkretisiert, die ihrerseits auf der typisierenden Zuordnung bestimmter Nutzungsarten und baulicher Anlagen zu einem oder mehreren der Baugebiete beruht. Zu diesen für die Gebietsverträglichkeit wesentlichen Merkmalen gehört deshalb je nach der Art des zuzulassenden Gewerbebetriebes auch der mit ihm regelmäßig verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr sowie die von diesem bewirkten Geräusch- und sonstigen Immissionen. Ob dann, wenn von dem Vorhaben selbst keine gebietsunverträglichen Störungen ausgehen, die Auswirkungen des dem Vorhaben zuzurechnenden Verkehrs für sich allein die Schwelle zur Störung überschreiten, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1990 – 4 B 121.90 – NVwZ 1991, 267; BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 –, juris Rn. 42).
Die Verneinung der Gebietsverträglichkeit im Hinblick auf die Verschlechterung der allgemeinen Verkehrssituation kommt, wenn überhaupt, nur in Extremfällen in Betracht. Dies wäre unter Umständen dann denkbar, wenn das Vorhaben eine über die üblicherweise von einem solchen Vorhaben zu erwartende Verkehrsmehrung hinausgehende und dann für das Gesamtgebiet nicht mehr verträgliche Verkehrsmehrung nach sich zöge (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 –, juris Rn. 44).
Kerngebiete im Sinn des § 7 BauNVO sind Gebiete für zentrale Funktionen in der Stadt mit vielfältigen Nutzungen und einem urbanen Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs. Sie dienen darüber hinaus auch in beschränktem Umfang dem Wohnen. Kerngebiete dienen dabei vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur, § 7 Abs. 1 BauNVO. Allgemein zulässig sind Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Garagen, Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie Betriebsinhaber und Betriebsleiter und sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen eines Bebauungsplans, § 7 Abs. 2 BauNVO. Alle allgemein, aber auch die ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten haben dabei grundsätzlich aufeinander Rücksicht zu nehmen. Ein Kerngebiet ist aber generell durch ein höheres Störpotential sowie ein geringeres Ruhebedürfnis geprägt, so dass Störungen in einem gewissen Maß hinzunehmen sind (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 –, juris Rn. 43).
3.1.2.2 Unter Anwendung dieser Maßstäbe liegt in dem Vorhaben keine für ein Kerngebiet atypische Nutzung vor, die den Gebietscharakter gefährdet, weshalb das Vorhaben gebietsverträglich ist.
Ein Büro- und Geschäftshaus, in welchem bis zu 450 Personen in den Bürobereichen arbeiten (zzgl. der Beschäftigten im Einzelhandel), in welchem Kundenverkehr im Rahmen der Ladenöffnungszeiten bzw. üblichen Büroöffnungszeiten erfolgt und in dem gängige Büro- und Verkaufstätigkeiten erfolgen, stellt weder bezogen auf diese Nutzungsart und -weise ein atypisches Büro- und Geschäftshaus, noch im konkreten Kerngebiet um die …straße eine atypische Nutzung dar. Es finden sich – wie sich aus dem Augenscheinsprotokoll im Verfahren M 8 K 14.90 ergibt – in der näheren Umgebung zu den klägerischen Grundstücken und dem Vorhabengrundstück einige vergleichbare Nutzungen mit ähnlicher Nutzungsart und –weise und ähnlichem Umfang. Es sei nur auf die Anwesen …straße 6 und 8 hingewiesen, die (fast) ausschließlich gewerblich genutzt werden und in ihrer Kubatur und Nutzfläche dem streitgegenständlichen Vorhaben entsprechen dürften, wenn nicht sogar dieses übertreffen dürften.
Für eine über die normalerweise mit einem Büro- und Geschäftshaus dieses Ausmaßes hinausgehende Verkehrsmehrung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
3.2 Das Maß der baulichen Nutzung, die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, und die Bauweise (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind dagegen bereits grundsätzlich nicht drittschützend (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 – 4 B 53/94 – juris Rn. 4; B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.9.2008 – 1 CS 08.2201 – juris Rn. 1; B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris Rn. 9; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3; B.v. 30.9.2014 – 2 ZB 13.2276 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 5.42017 – M 8 S7 17.1207 – juris Rn. 22), weshalb sich die Klägerin auf eine subjektive Rechtsverletzung diesbezüglich nicht berufen kann.
3.3. Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen das drittschützende, bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
3.3.1 Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 22 m.w.N.). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9).
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe es Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12 m.w.N.). Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; B.v. 9.2.2015 – 2 CS 15.17 n.v.).
3.3.2 Hinsichtlich einer Verschlechterung der allgemeinen Erschließungs- und Verkehrssituation durch ein Vorhaben ist in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass dies grundsätzlich nicht zur Rücksichtlosigkeit des Vorhabens führt. Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte – im Regelfall hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums und keinen Anspruch darauf, dass eine bisher gegebene Verkehrslage aufrechterhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris Rn. 29; OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48; U.v. 10.10.2012 – 2 K 99/12 – juris Rn. 144).
Der durch ein Vorhaben verursachte und diesem zuzurechnende Fahrzeugverkehr bzw. die mit diesem verbundenen Auswirkungen auf die Nutzung eines Nachbargrundstücks können sich – abgesehen von der Lärmbelastung – aber dann als rücksichtslos darstellen, wenn sich die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird bzw. mangels ausreichender Parkmöglichkeiten (im Bereich der öffentlichen Verkehrsflächen oder auf dem Vorhabengrundstück) der durch das Vorhaben bewirkte Park- oder Parksuchverkehr den Nachbarn unzumutbar beeinträchtigt oder wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des Nachbargrundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 32; B.v. 25.08.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; jeweils m.w.N.).
Im Rahmen der Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Bauherrn und andererseits dem Nachbarn nach Lage der Dinge zuzumuten ist, ist allerdings auch die Situationsvorbelastung des Grundstücks des Nachbarn zu berücksichtigen (vgl. OVG Bremen, B.v. 18.10.2002 – 1 B 315/02 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 5.3.2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 48).
3.3.3 Unter Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorhaben im Hinblick auf das prognostizierte, durch das Vorhaben ausgelöste Verkehrsaufkommen nicht rücksichtlos. Der Prüfung kann dabei – wie oben dargelegt – das plausible Verkehrsgutachten zu Grunde gelegt werden.
Zunächst ist festzustellen, dass das neue Verkehrsgutachten an mehreren Stellen von konservativen Prämissen ausgeht und damit eher auf das (im Hinblick auf die entstehende zusätzliche Verkehrsbelastung) schlechteste realistische Szenario (bzw. eines der schlechteren Verkehrsszenarien) abstellt. So wird die heutige Anbindungssituation dem Gutachten zu Grunde gelegt und nicht eine (von Seiten der Beklagten) geplante Änderung der Erschließungssituation, die sich auf den Verkehrsfluss eher positiv auswirken würde (S. 4 f. des Verkehrsgutachtens). Zudem werden Maximalwerte hinsichtlich der Verkehrsbelastung angesetzt, „um auf der sicheren Seite zu liegen“ (S. 6 des Verkehrsgutachtens). Aus all dem folgt, dass diese nachvollziehbaren „worst-case“- bzw. „worse-case“-Szenarien für eine Beurteilung der Zumutbarkeit einer derartigen negativen – und eben gerade nicht optimalen – Verkehrsentwicklung für die Klägerin geeignet sind.
Anhand des schlüssigen Verkehrsgutachtens sind keine chaotischen Verkehrsverhältnisse, Einschränkungen der bestimmungsgemäßen Nutzung der klägerischen Grundstücke oder unzumutbare Beeinträchtigungen durch Park- oder Parksuchverkehr, mithin keine Rücksichtlosigkeit, zu befürchten.
3.3.3.1 Angesichts des nachvollziehbaren und differenzierten Verkehrskonzepts sind keine chaotischen Verkehrsverhältnisse zu erwarten, die die Klägerin in ihren Rechten verletzen könnten.
Das Gericht verkennt bei seiner Bewertung nicht die angespannte Verkehrssituation im Kreuzviertel, insbesondere im Bereich der …straße.
Diese ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig, wie sich aus der Bezugnahme der Beteiligten auf das Augenscheinsprotokoll vom 19. Januar 2015 (M 8 K 14.90) im Rahmen des Augenscheins am 26. Februar 2018 zeigt. Am 19. Januar 2015 stellte das Gericht ausdrücklich fest, dass zum Zeitpunkt des Augenscheins die Ein- und Durchfahrt in die bzw. durch die …straße mit normalen Pkws durch den Lieferverkehr für das Hotel der Klägerin erheblich beeinträchtigt wird (S. 6 des diesbezüglichen Augenscheinsprotokolls). Auch zum Zeitpunkt des Augenscheins am 26. Februar 2018 war der Verkehrsfluss in der …straße durch dem klägerischen Hotelbetrieb zuzuordnende Entsorgungsfahrzeuge und Abfall auf der Fahrbahn beeinträchtigt. Dem Gericht ist zudem bewusst, dass die ruhige Verkehrslage am Morgen des 26. Februar 2018 nicht einem typischen Wochentag entspricht.
Jedoch ist gerade diese Vorbelastung im Rahmen der Abwägungsentscheidung, ob ein Vorhaben für den Nachbarn unzumutbar ist, zu berücksichtigen. Denn für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ganz maßgeblich selbst für die Verkehrsstörungen in der …straße verantwortlich ist. Ein Anlieferkonzept für das klägerische Hotel ist weder aus den Behördenakten noch anhand der Feststellungen der beiden Augenscheinstermine erkennbar. Vielmehr erfolgt die Anlieferung nach dem Windhundprinzip: der Anliefernde, der zuerst die Ladezone des klägerischen Hotels erreicht, kann diese nutzen, alle anderen, später ankommenden Anlieferenden müssen warten bis die Ladezone frei wird oder auf der Fahrbahn im öffentlichen Straßenraum halten – unter Beeinträchtigung des Durchgangsverkehrs. Dies entspricht nicht nur den Feststellungen in den beiden Augenscheinsterminen, sondern wird bestätigt durch die Aufstellung des klägerischen Gutachter … Im Erfassungszeitraum waren vier Mal maximal fünf Anlieferfahrzeuge gleichzeitig anwesend, zehn Mal drei Anlieferfahrzeuge gleichzeitig anwesend und durchschnittlich zwei bis drei Anlieferfahrzeuge gleichzeitig anwesend. Die Ladezone des Hotels der Klägerin ist jedoch nicht geeignet, gleichzeitig insbesondere fünf Fahrzeuge aufzunehmen. Durch den Anlieferverkehr für das klägerische Hotel werden also unter anderem die Verkehrsbeeinträchtigungen im Bereich der …straße mitverursacht.
In Anbetracht dessen verfügt die Klägerin über keine besonders schutzwürdige Rechtsstellung, da sie selbst in erheblichem Umfang zu der angespannten Verkehrssituation beiträgt. Somit kann vorliegend nur bei einer besonders gravierenden Verschlechterung der Verkehrssituation von unzumutbaren chaotischen Zuständen ausgegangen werden.
Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits die Verkehrszunahme diese Schwelle nicht überschreitet. Das Verkehrsgutachten geht in sich stimmig von einem gesamten Neuverkehrsaufkommen von 839 Kfz-Fahrten/Tag (inklusive des Lieferverkehrs) aus. Auf das hier streitgegenständliche Büro- und Geschäftshaus (samt des Lieferverkehrs) entfallen davon 241 Kfz-Fahrten/Tag (161 auf die Bürnutzungen, 80 auf den Einzelhandel; S. 13 des Verkehrsgutachtens).
Dieses Aufkommen wäre jedoch um das Bestandsverkehrsaufkommen, ausgelöst durch die Nutzungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück, zu reduzieren. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist vor diesem Hintergrund entscheidend auf den Prognosefall inklusive dieses Bestandsverkehrs abzustellen und hierbei auf die morgendlichen und abendlichen Belastungsspitzen, welche für die Zumutbarkeit der Verkehrsbelastung für einen Nachbarn von besonderer Bedeutung sind. Betrachtet man die ermittelten Werte im neuen Verkehrsgutachten, ist festzustellen, dass gerade im Hinblick auf Belastungsspitzen an der Kreuzung …-Straße/ …straße, welche die Klägerin am meisten betreffen dürften – so auch ihr eigener Vortrag –, diese nur moderat ansteigen werden (1,53% bis 12,67%, vgl. S. 27 des Verkehrsgutachtens). Eine solche moderate Erhöhung der maximalen Belastung um bis zu 12,67% ist jedoch nicht unzumutbar. Dies gilt insbesondere, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in Sammelstraßen wie der …-Straße Spitzenbelastungen von 400 bis zu 800 Kfz/Stunde von den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Ausgabe 2006 (RASt 06) als verkehrsverträglich bezeichnet werden (vgl. dort auf S. 31 i.V.m. S. 2 des Verkehrsgutachtens). Diese rechtlich unverbindlichen Richtlinien können zwar als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 36 m.w.N.), enthalten aber keine festen Vorgaben zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer Verkehrsbelastung im Einzelfall. Jedoch deutet eine deutliche Unterschreitung der noch verkehrsverträglichen Verkehrsstärke darauf hin, dass derartige Belastungen allgemein üblich und daher zumutbar sind.
So liegt der Fall auch hier, da vorliegend nur eine maximale Spitzenbelastung von 312 Kfz/Stunde an der Kreuzung …-Straße/ …straße ermittelt wurde. Sogar in einer Wohn Straße, in der im Gegensatz zu den Straßen im Kreuzviertel ausschließlich Wohnen – verbunden mit der diesbezüglichen besonderen Schutzbedürftigkeit – vorhanden ist, wird nach den RASt 06 eine Verkehrsstärke von bis zu 400 Kfz/Stunde als verkehrsverträglich eingestuft (vgl. dort S. 29).
Zudem ist eine chaotische bzw. eine erhebliche Verschlechterung der Verkehrssituation durch den zusätzlichen Verkehr angesichts der in den Bauvorlagen niedergelegten Konzepte nicht zu befürchten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Anlieferung. Durch das Anlieferkonzept mit Einweiser und vorab vergebenen 20-Minuten-Zeitabschnitten für Anfahrt, (Ent-)Ladevorgang und Abfahrt ist hinreichend sichergestellt, dass es gerade nicht zu (Rück-)Staus von der …straße in die anderen Straßen im Kreuzviertel kommt. Denn die anliefernden Fahrzeuge blockieren nur für die kurze Dauer des Rangiervorgangs die …straße; der (Ent-)Ladevorgang erfolgt dann nicht im öffentlichen Straßenraum – darauf sind die Anlieferer wiederum in den schuldrechtlichen Vereinbarungen hinzuweisen (vgl. Ergänzung zur Betriebsbeschreibung vom 24.10.2017). Angesichts von maximal neun Anlieferungen/Stunde (drei Lkw-Stellplätzen in der Ladehofgarage; je 20 Minuten pro Ladevorgang) ist die …straße bei einer realistischen Dauer eines Rangiervorgangs von einer halben Minute deshalb maximal für 4,5 Minuten/Stunde aufgrund ihrer Enge nicht passierbar. Während eines Rangiervorgangs von einer halben Minute Dauer ist zudem anhand der ermittelten Daten im Verkehrsgutachten damit zu rechnen, dass innerhalb dieses Zeitraums nicht viel mehr als ein Kfz die …straße befahren wird (127 Kfz/Stunde: 60 x 0,5) und möglicherweise durch den Rangiervorgang kurzfristig an einer ungehinderten Benutzung der …straße gehindert wird. Im Übrigen – z.B. durch den Ausfahrvorgang (vorwärts) – ist die Benutzbarkeit der Straße allenfalls geringfügig beeinträchtigt – vergleichbar mit dem Ausfahrvorgang eines Pkw aus der …garage. Diese Verkehrsstörungen sind hinnehmbar, da es sich bei der …straße um keine stark befahrene Straße innerhalb des Gevierts handelt, wie die ermittelten Daten im neuen Verkehrsgutachten belegen. Die bisherigen Belastungsspitzen von lediglich 41 bis 108 Kfz/Stunde erhöhen sich durch das Vorhaben auf 63 bis 127 Kfz/Stunde und liegen damit immer noch deutlich unter den Werten für die …-Straße und die …straße. Zudem ist die Einfahrt in die …straße von Westen (vom …berg) kommend durch Verbotsschild (Einbahn Straße) untersagt.
Inwiefern die Klägerin durch diese Erhöhung der Verkehrsbelastung in der …straße in ihren Rechten verletzt sein soll, ist schließlich nicht ersichtlich; ein substantiierter Vortrag der Klagepartei fehlt hierzu. Es ist zu berücksichtigen, dass die Zufahrt zur Ladehofgarage in der …straße über 100 m von der Kreuzung …-Straße/ …straße entfernt ist; die Entfernung zur Hotelvorfahrt des klägerischen Hotels beträgt über 200 m. Aufgrund dieser Distanzen und obiger Ausführungen sind (Rück-)Staus, die die Klägerin im Bereich ihrer Tiefgaragenzufahrt und der Hotelvorfahrt betreffen könnten, bereits äußerst unwahrscheinlich. Es darf dabei zudem unterstellt werden, dass die Beigeladene sich an ihr eigenes schlüssiges Konzept hält. Nur dieses Anlieferkonzept ist auch genehmigt.
3.3.3.2 Eine Einschränkung der bestimmungsgemäßen Nutzung der klägerischen Grundstücke als Hotelbetrieb wird durch den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr nicht erfolgen.
Solche kämen überhaupt nur dann in Betracht, wenn durch das Vorhaben ein Verkehrsaufkommen ausgelöst würde, welches die Benutzung der für den (genehmigten) Betrieb des klägerischen Hotels notwendigen Einrichtungen auf deren Grundstücken unmöglich oder zumindest unzumutbar machen würde. Konkret kommt vor allem eine Beeinträchtigung der Tiefgaragenzufahrt zum Hotel der Klägerin in der …straße und der Hotelvorfahrt am …platz in Betracht. Eine diesbezügliche unzumutbare Beeinträchtigung ist angesichts des Vorstehenden jedoch äußerst unwahrscheinlich.
3.3.3.3 Unzumutbare Beeinträchtigungen der Klägerin durch den durch das Vorhaben ausgelösten Park- und Parksuchverkehr sind anhand der Bauvorlagen, insbesondere der Betriebsbeschreibung und des Erschließungskonzepts im Verkehrsgutachten, ebenfalls nahezu ausgeschlossen. Denn der eigentliche Parkverkehr findet in der der Beigeladenen gehörenden …garage sowie der neu zu errichtenden Tiefgarage statt, also nicht im öffentlichen Straßenraum und zudem räumlich weit entfernt von den klägerischen Grundstücken. Wendevorgänge im öffentlichen Straßenraum sind daher nicht zu erwarten. Im Übrigen geht das Verkehrsgutachten von keiner Mangellage an öffentlich zugänglichen (Kurzzeit-)Parkplätzen im öffentlichen Straßenraum aus (S. 8 des Verkehrsgutachtens). Insgesamt wird anhand des Verkehrsgutachtens deutlich, dass durch die zu errichtenden bzw. von der Beigeladenen bereitzustellenden Stellplätze sichergestellt ist, dass sich die Parkplatzsituation trotz des zusätzlichen Verkehrsaufkommens verbessert und nicht verschlechtert.
Sollte es im Einzelfall zu von der Betriebsbeschreibung oder dem Verkehrsgutachten abweichendem Verhalten kommen, wäre dies nicht vom Regelungsgegenstand der Baugenehmigungen umfasst und kann daher auch nicht zur Rücksichtlosigkeit des genehmigten Bauvorhabens führen. Bauordnungsrechtliche bzw. straßenrechtliche Maßnahmen wären dann angezeigt.
3.3.3.4 Zu keiner anderen Beurteilung kommt man, wenn man – wie bereits oben geschehen – das benachbarte Bauvorhaben mit seinen Auswirkungen berücksichtigt. Ergänzend wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 26. Februar 2018 (M 8 K 16.2434) Bezug genommen.
3.3.3.5 Soweit es im Übrigen zu Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch das Vorhaben kommt, hat die Klägerin diese hinzunehmen. Potentielle kurzzeitige Verkehrsbehinderungen führen noch nicht zur Unzumutbarkeit eines Vorhabens. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die bisher gegebene Verkehrslage aufrechterhalten bleibt, und keinen Anspruch darauf, dass sie den öffentlichen Straßenraum bevorzugt nutzen darf.
3.3.4 Auch im Übrigen ist das Vorhaben nicht rücksichtslos
3.3.4.1 Das Vorhaben ist im Hinblick auf seine Kubatur kein übergroßer, erdrückender Baukörper, da er in seiner Kubatur etwa der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück entspricht.
3.3.4.2 Im Hinblick auf die durch das Vorhaben verursachten (Lärm-) Immissionen ist keine Rücksichtslosigkeit ersichtlich.
(Lärm-) Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie geeignet sind, erhebliche Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt auch in Bezug auf Lärmauswirkungen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 40).
Für die Beurteilung der betriebsbedingten Lärmimmissionen des zugelassenen Vorhabens sind die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm, nunmehr in der Fassung vom 1. Juni 2017) maßgeblich. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 23).
Vorliegend sind keine erheblichen Belästigungen der Klägerin zu befürchten.
Das Immissionsgutachten der Firma … und … vom 18. August 2017 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt und die Beachtung der darin enthaltenen Anforderungen beauflagt (Auflage Nr. 7 A). Insbesondere wurden die Einhaltung der TA Lärm samt Immissionsrichtwerte für das Kerngebiet und die lärmschutzrechtlichen Erfordernisse in Bezug auf den Ladehof und die Tiefgarage beauflagt.
Ein substantiierter Vortrag der Klagepartei, warum diese Festlegungen zur Wahrung ihrer Rechte nicht ausreichend sein sollten, fehlt.
3.3.4.3 Auch aus dem Einwand, dass für das Vorhaben die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich ist, ergeben sich keine Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung. Da das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen ist, scheidet eine Rechtsverletzung durch Nichtberücksichtigung eines Planungsbedürfnisses schon deswegen aus, weil ein Planungsbedürfnis bei einem Innenbereichsvorhaben kein selbständiger Ablehnungsgrund ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.1980 – 4 C 3/78 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 18.9.2008 – 1 ZB 06.2294 – juris Rn. 37).
4. Die Baugenehmigung verletzt auch im Übrigen keine drittschützenden Vorschriften, die im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO zu prüfen sind.
Das Vorhaben verstößt insbesondere nicht gegen die drittschützenden Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 BayBO i.V.m. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO).
Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist vorliegend anwendbar (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 – juris Rn. 55 ff.), sodass hinsichtlich der südlichen Außenwand kein von der Klägerin zu rügender Abstandsflächenverstoß vorliegt.
5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Klägerin gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich somit selbst einem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung er-folgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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