Baurecht

Geplanter Schweinemastbetrieb verletz Nachbarrechte nicht

Aktenzeichen  B 2 K 17.803

Datum:
14.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 23963
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchV § 1 Abs. 3 4.
BImSchG § 19
UVPG, § 10 Abs. 4
UmwRG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten und den Beigeladenen durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Das Gericht kann über die Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Parteien nach § 101 Abs. 2 VwGO auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.
II.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Das mit Baugenehmigung vom 06.09.2017 genehmigte Bauvorhaben des Beigeladenen verstößt gegen keine zu Gunsten des Klägers drittschützende Vorschrift (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (1.). Der Kläger kann auch nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b UmwRG die Aufhebung der Baugenehmigung verlangen (2.).
1. Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten durch das mit Baugenehmigung vom 06.09.2017 genehmigte Bauvorhaben ist nicht gegeben. Eine Baunachbarklage kann ohne Rücksicht auf die etwaige objektive Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung nur dann Erfolg haben, wenn die erteilte Genehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die gerade auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten kann darüber hinaus wirksam geltend gemacht werden, wenn durch das Vorhaben das objektiv-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird, dem drittschützende Wirkung zukommen kann.
a) Der Baugenehmigungsbescheid vom 06.09.2017 verstößt nicht in einer Weise gegen die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG -, die eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten bedeuten würde. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss eine Baugenehmigung inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Diesen Anforderungen genügt eine Baugenehmigung, wenn die mit dem Bescheid getroffene Regelung (Art. 35 BayVwVfG) für die Beteiligten des Verfahrens (Art. 13 BayVwVfG) – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U. v. 22.1.1993 – 8 C 57/91 -, juris Rn. 15). Beteiligter in diesem Sinne ist auch der Kläger als Nachbar (Art. 66 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung – BayBO). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (BayVGH, B. v. 22.4.2009 – 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich dabei nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baubescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen (Lechner in: Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 68 Rn. 466).
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die streitgegenständliche Baugenehmigung hinreichend bestimmt. Die Genehmigung hat eindeutig ausschließlich den Neubau des Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube auf dem Grundstück Fl.-Nr. cccc/1 der Gemarkung … zum Gegenstand. Das weitere Vorhaben des Beigeladenen betreffend den Umbau des im Ort bestehenden Tierhaltungsbetriebs auf dem Grundstück Fl.-Nr. bbbb der Gemarkung … ist nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Bezeichnung des Vorhabens im Baugenehmigungsbescheid vom 06.09.2017 „Neubau eines Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube in …, Gemarkung …, Fl.-Nr. cccc/1“, die dem geänderten Bauantrag vom 27.03.2017 (s. o.) entspricht, und den in Bezug genommenen und mit Genehmigungsvermerk versehenen Plänen der vorgelegten Bauplanmappe, die allesamt das Vorhaben auf dem Grundstück Fl.-Nr. cccc/1 der Gemarkung … darstellen. Dass abweichend hiervon auch der Umbau des im Ort bestehenden Tierhaltungsbetriebs auf dem Grundstück Fl.-Nr. bbbb der Gemarkung … Gegenstand der Baugenehmigung ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass mit Nrn. 3 und 4 der Baugenehmigung Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht wurden (s. o.) und diese auch das weitere Vorhaben betrachten, nicht. Nrn. 3 und 4 der Baugenehmigung vom 06.09.2017 sind dahingehend auszulegen, dass die mit den Gutachten prognostizierten Immissionswerte durch das Vorhaben, das bereits durch die in Bezug genommenen und mit Genehmigungsvermerk versehenen Pläne konkretisiert wurde, einzuhalten sind. Dass mit der Bezugnahme auf die Gutachten der Gegenstand der Baugenehmigung über die genannten Pläne hinaus erweitert werden soll, ist Nrn. 3 und 4 der Baugenehmigung nicht zu entnehmen. Durch die Einbeziehung der Gutachten in die Baugenehmigung wird deren Umfang auch nicht unklar. Vielmehr ergibt sich aus den Gutachten eindeutig, dass diese zwei Vorhaben betrachten von denen eines der Neubau des streitgegenständlichen Schweineaufzucht- und Maststalles – nunmehr nach Änderung des Bauantrages (s. o.) – mit einer geschlossenen Güllegrube ist. So beziehen sich die schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016 nach ihrem Titel und den dem Gutachten zugrunde gelegten Unterlagen auf zwei Vorhaben: „Erweiterung des bestehenden Abferkelstalls mit Neubau eines Wartesauenstalls, Bauplanmappe …, […] sowie Neubau eines Schweineaufzucht- und Maststalles mit 2 offenen Güllebehältern, Bauplanmappe …“ (Schalltechnische Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016, S. 1 und 4). Auch die Immissionsprognose der … GmbH mit Anlagen vom 30.11.2016 und deren Überarbeitung vom 19.06.2017 beziehen sich nach deren Titel und deren Inhalt auf zwei Vorhaben, so lautet der Titel: „Immissionsprognose für Geruch und Ammoniak durch zwei Schweinehaltungen im Umfeld der Ortslage … (Gemarkung …*)“, und die Anlagenbeschreibung bezeichnet die „beiden zu betrachtenden Anlagen“ als „Erweiterung in der Ortslage“ und „Aussiedlung“ verbunden mit Abbildungen von Planzeichnungen (Immissionsprognose der … GmbH vom 30.11.2016, S. 1, 8 und 11; Immissionsprognose der … GmbH vom 19.06.2017, S. 1, 7 und 10).
b) Dass für das Vorhaben eine Baugenehmigung erteilt wurde und keine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG – begründet keine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten.
aa) Die Wahl des Verfahrens zur Genehmigung des Neubaus des Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube kann eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten nicht begründen. Denn der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, in dem die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden muss, ist nicht drittschützend (BVerwG, U. v. 20.8.2008 – 4 C 11/07 -, juris Rn. 41).
Der Neubau des Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube für 1176 Mastschweine und 672 Ferkel hätte allenfalls zusammen mit der Haltung von 182 Sauen auf dem Grundstück Fl.-Nr. bbbb der Gemarkung … als gemeinsame Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV – i. V. m. Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG bedurft. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 4. BImSchV i. V. m. Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 4. BImSchV wäre bei Vorliegen der Voraussetzungen einer gemeinsamen Anlage nach § 1 Abs. 3 4. BImSchV das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG durchzuführen gewesen.
Der mit Baugenehmigung vom 06.09.2017 genehmigte Neubau eines Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube für 1176 Mastschweine und 672 Ferkel erreicht als Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG nicht den eine Genehmigungsbedürftigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 4. BImSchV i. V. m. Anhang 1 4. BImSchV auslösenden Umfang. Die Grenzen von 1500 Mastschweinplätzen nach Nr. 7.1.7.2 Anhang 1 4. BImSchV und von 4500 Ferkelplätzen nach Nr. 7.1.9.2 Anhang 1 4. BImSchV sowie der Wert von 100 der Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die vorgenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden als gemischter Bestand nach Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 4. BImSchV, werden nicht erreicht. Die Summe der Vom-Hundert-Anteile beträgt 93,33, zusammengesetzt aus 78,4 v. H. der Mastschweinplätze und 14,93 v. H. der Ferkelplätze.
Allenfalls zusammen mit der Haltung von 182 Sauen auf dem Grundstück Fl.-Nr. bbbb der Gemarkung … käme eine Genehmigungsbedürftigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 3 4. BImSchV i. V. m. Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 4. BImSchV als gemeinsame Anlage in Betracht, da der Wert von 100 der Summe der Vom-Hundert-Anteile bis zu denen die Platzzahlen der einzelnen Tierarten jeweils ausgeschöpft werden als gemischter Bestand nach Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 4. BImSchV überschritten würde, da zu den 93,33 v. H. für den Schweineaufzucht- und Maststall für die Haltung der 182 Sauen 32,5 v. H. der 560 Sauenplätze nach Nr. 7.1.8.2 Anhang 1 4. BImSchV zu addieren wären. Eine Addition findet jedoch nicht statt.
bb) Für den Neubau des Schweineaufzucht- und Maststalles mit einer geschlossenen Güllegrube ist vielmehr zutreffend ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt worden. Denn es war nach Art. 55 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung – BayBO – eine Baugenehmigung erforderlich, da kein anderes Gestattungsverfahren gem. Art. 56 Satz 2 BayBO i. V. m. § 13 BImSchG die Baugenehmigung einschließt. Das Vorhaben ist nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 3 4. BImSchV genehmigungsbedürftig, da in Bezug auf den Schweineaufzucht- und Maststall und die Sauenhaltung die Voraussetzungen einer gemeinsamen Anlage nach § 1 Abs. 3 4. BImSchV nicht gegeben sind. Denn es besteht zwischen den Anlagen kein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang nach § 1 Abs. 3 Satz 2 4. BImSchV, dessen Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Danach besteht ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang, wenn die Anlagen auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen.
Die Anlagen liegen bereits nicht auf demselben Betriebsgelände (§ 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 4. BImSchV). Als Betriebsgelände im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur die Grundstücksfläche anzusehen, auf der sich die jeweilige Anlage befindet, auch benachbarte Flurstücke sind grundsätzlich geeignet, ein einheitliches Betriebsgelände zu bilden. Ein einheitliches Betriebsgelände und ein räumlicher Zusammenhang liegen nicht mehr vor, wenn die Anlagen keine Einheit bilden, wobei kleinräumige Unterbrechungen zwischen den einzelnen Anlagen, etwa durch einen Verkehrsweg oder einen kleinen Wasserlauf der Annahme eines einheitlichen Betriebsgeländes nicht entgegenstehen (OVG Lüneburg, B. v. 30.11.1999 – 7 M 4274/99 -, juris Rn. 6). Es ist davon auszugehen, dass jede Anlage ein Gelände umgibt, dass dieser nach der Verkehrsanschauung noch zugerechnet wird (Zufahrtswege, Begrünung, Abstellflächen u. a.). Überschneidet sich dieses Umfeld einer Anlage mit dem einer benachbarten Anlage, befinden sich beide Anlagen auf demselben Betriebsgelände (Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 91. EL September 2019, 4. BImSchV § 1 Rn. 25). Als Hilfserwägung kann dienen, ob es noch zweckmäßig wäre, die Anlagen gemeinsam einzufrieden. Gemessen hieran liegen der Schweineaufzucht- und Maststall mit einer geschlossenen Güllegrube und die Sauenhaltung nicht auf demselben Betriebsgelände. Denn die Grundstücke Fl.-Nrn. cccc/1 und bbbb grenzen zwar direkt aneinander an, aber die Anlagen bilden keine Einheit, da das sie umgebende Gelände, dass ihnen jeweils noch zuzurechnen ist, sich nicht überschneidet. Denn die Stallgebäude liegen ca. 330 m voneinander entfernt und es befindet sich zwischen ihnen als Trennung landwirtschaftlich genutztes Ackerland.
Darauf, dass die Anlagen nach § 1 Abs. 1 Satz 4 4. BImSchV, wie zur gemeinsamen Betrachtung nach § 1 Abs. 3 4. BImSchV erforderlich (vgl. OVG NRW, U. v. 16.3.2016 – 8 A 1576/14 -, juris Rn. 44; vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 91. EL September 2019, 4. BImSchV § 1 Rn. 26), durch denselben Betreiber betrieben werden, kommt es aufgrund des Fehlens des engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhangs nach § 1 Abs. 3 Satz 2 4. BImSchV (s. o.) nicht an. Betreiber einer Anlage ist der, der die Anlage in seinem Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führt, d. h. derjenige, der unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Gegebenheiten bestimmenden Einfluss auf die Einrichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Betreiber ist danach bei rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise derjenige, dem die Entscheidung über die für die Erfüllung umweltrechtlicher Pflichten relevanten Umstände obliegt. Betreiber in diesem Sinne kann auch eine Personenmehrheit sein. Nur ein Anlagenbetreiber liegt daher vor, wenn zwar verschiedene Träger der einzelnen Anlagen geschaffen worden sind, diese aber in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis zueinanderstehen, dass letztlich eine Person, eine bestimmte Personenmehrheit oder aber die Gesamtheit den bestimmenden Einfluss auf den Betrieb der Gesamtanlage hat (OVG NRW, U. v. 16.3.2016 – 8 A 1576/14 -, juris Rn. 46; vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2017 – 22 CS 17.1702 -, juris Rn. 27; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 4 Rn. 30). Hiernach werden der Schweineaufzucht- und Maststall mit einer geschlossenen Güllegrube und die Sauenhaltung durch denselben Betreiber betrieben, da mit der …Schweinehaltungs KG als Betreiberin des streitgegenständlichen Schweineaufzucht- und Maststalles und dem Beigeladenen als Betreiber der Sauenhaltung zwar verschiedene Träger der einzelnen Anlagen vorliegen, aber letztlich der Beigeladene auf beide Anlagen bestimmenden Einfluss hat, indem er die Sauenhaltung selbst betreibt und die Geschäfte der … Schweinehaltungs KG als alleiniger persönlich haftender Gesellschafter führt (§§ 164, 125, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs – HGB).
c) Soweit geltend gemacht wird, die Erschließung (§ 35 Abs. 1 bzw. Abs. 2 des Baugesetzbuchs – BauGB) des Vorhabens sei nicht gesichert und der Brandschutz sei nicht gewährleistet, kann sich hieraus eine Rechtsverletzung des Klägers in eigenen Rechten nicht ergeben. Denn das Erfordernis der gesicherten Erschließung ist nicht nachbarschützend, da es allein dem öffentlichen Interesse der geordneten städtebaulichen Entwicklung dient (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 136. EL Oktober 2019, § 30 Rn. 56). Auch die allgemeinen Anforderungen an den Brandschutz in Art. 12 BayBO und alle diejenigen Brandschutzanforderungen, die nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes dienen, sind nicht nachbarschützend; Nachbarschützender Charakter kommt nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (BayVGH, B. v. 30.1.2018 – 15 ZB 17.1459 -, juris Rn. 16). Eine Verletzung von brandschutzbezogenen Regelungen, die in diesem Sinne dem Schutz des Klägers dienen sollen, macht der Kläger schon nicht geltend und ist auch, insbesondere aufgrund des Abstands des Wohnhauses des Klägers vom Stallgebäude von ca. 400 m, nicht ersichtlich. Die vom Kläger als in Bezug auf den Brandschutz nicht ausreichend angesehene Dachkonstruktion des Stallgebäudes aus Nagelplattenbindern mit Stahltrapezblechen sowie das geltend gemachte Fehlen einer ausreichenden Feuerwehrzufahrt und einer Befestigung zum Umfahren des Stalls betreffen jeweils Anforderungen des Brandschutzes, die den Benutzern des Stallgebäudes dienen.
d) Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten ist auch nicht aufgrund der vom Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube ausgehenden Immissionen gegeben. Bezüglich schädlicher Umwelteinwirkungen bei Außenbereichsvorhaben hat das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine ausdrückliche Regelung erfahren (BVerwG, U. v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 -, BVerwGE 159, 187-194, Rn. 11). Danach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Diese Regelung verweist auf die Begriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG (BVerwG, U. v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 -, BVerwGE 159, 187-194, Rn. 12). Danach sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Solche Immissionen sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG u. a. auf Menschen einwirkende Luftverunreinigungen und Geräusche. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen, geringeren oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U. v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 -, BVerwGE 159, 187-194, Rn. 12; BVerwG, U. v. 30.9.1983 – 4 C 74/78 -, juris Rn. 11).
aa) Von dem Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube gehen keine für den Kläger erheblichen, also unzumutbaren Geruchsimmissionen aus.
Ist die Schwelle der Erheblichkeit (s. o.) – wie bei Geruchsimmissionen – nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Schweineställen verursachten Gerüche darf als Orientierungshilfe auf die Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL – zurückgegriffen werden, wobei sich die schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte allerdings verbietet und die GIRL nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung angewendet werden darf (BVerwG, U. v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 -, BVerwGE 159, 187-194, Rn. 12, 15). Die GIRL darf als Orientierungshilfe im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens herangezogen werden, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (BayVGH, B. v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.1890 -, juris Rn. 12). Nach Nr. 4.6 GIRL ist im Genehmigungsverfahren im Regelfall auf die Gesamtbelastung aus der vorhandenen Belastung und der Zusatzbelastung durch die neu hinzutretende Anlage abzustellen. Allerdings kann unter den Voraussetzungen der Nr. 3.3 GIRL von einer Ermittlung der Vorbelastungen abgesehen werden. Nach Nr. 3.3 GIRL soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionsrichtwerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2% der Jahresgeruchsstunden) überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht. Diese Einschätzung der GIRL, die auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruht, auf deren Grundlage einheitliche Maßstäbe und Beurteilungsverfahren für die immissionsschutzrechtliche Bewertung von Gerüchen sichergestellt werden sollen, bildet einen zulässigen Bagatellvorbehalt; wobei die Einschätzung, wann eine geruchliche Einwirkung Bagatellcharakter hat, eine außerrechtliche Fachfrage darstellt (BVerwG, U. v. 19.4.2012 – 4 CN 3/11 -, BVerwGE 143, 24, juris Rn. 16). Aufgrund der Begrenzung der klageweisen Geltendmachung auf subjektive Rechte (§ 42 Abs. 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, s. o.) ist dabei ausschließlich entscheidend, ob dieses sog. Irrelevanzkriterium auf dem Grundstück des Nachbarn selbst eingehalten ist (BayVGH, B. v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.1890 -, juris Rn. 13). Erweist sich die prognostizierte Zusatzbelastung als geringfügig und damit als irrelevant, darf von einer Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung abgesehen werden (BayVGH, B. v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.1890 -, juris Rn. 14). Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.3 GIRL können sich, wenn um ein Wohngebiet herum eine Vielzahl von Anlagen existiert, deren Beitrag zur Geruchsimmissionssituation in der Wohnbebauung jeweils irrelevant ist, Kumulationen ergeben, bei denen Immissionswertüberschreitungen nicht auszuschließen sind. In Fällen in denen übermäßige Kumulationen befürchtet werden, ist eine Möglichkeit zur Vermeidung von Immissionswertüberschreitungen, zusätzlich die Gesamtbelastung im Istzustand in die Beurteilung einzubeziehen und zu prüfen, ob bei der bereits vorhandenen Belastung noch ein Beitrag von 0,02 toleriert werden kann.
Gemessen an diesen Maßstäben verursacht der Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube am Anwesen des Klägers keine unzumutbaren Geruchsimmissionen. Denn der vom Vorhaben zu erwartende Immissionsbeitrag erhöht die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant, da er nicht den Wert von 2% der Jahresgeruchsstunden übersteigt. Dies ergibt sich aus der Immissionsprognose für Geruch und Ammoniak durch zwei Schweinehaltungen im Umfeld der Ortslage … (Gemarkung …*) der … GmbH vom 19.06.2017, nach der die Zusatzbelastung durch den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube am Anwesen des Klägers 0,02, also 2% der Jahresgeruchsstunden beträgt (S. 57 der Immissionsprognose vom 19.06.2017). Dass die Geruchsbelastung durch das Vorhaben am Anwesen des Klägers diesen Wert nicht übersteigt, ist seit Stellungnahme des Klägers vom 05.03.2020 zur mit gerichtlichem Schreiben vom 20.02.2020 in Aussicht gestellten Beweiserhebung zwischen den Beteiligten unstreitig.
Es war vorliegend auch nicht fachlich erforderlich, zur Vermeidung von unzumutbaren Geruchsimmissionen am Anwesen des Klägers die Gesamtbelastung im Istzustand in die Beurteilung einzubeziehen, da ohne diese Einbeziehung gesichert ist, dass die Geruchsimmissionen durch den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube am Anwesen des Klägers zumutbar sind. Denn nach Würdigung der Umstände des Einzelfalls kann das Hinzutreten des Schweineaufzucht- und Maststalles mit geschlossener Güllegrube mit einer Zusatzbelastung, die 2% der Jahresgeruchsstunden nicht übersteigt, nicht zu einer unzumutbaren Gesamtbelastung führen. Es liegt mit diesem Hinzutreten keine Kumulation von Geruchsimmissionen von Anlagen mit jeweils irrelevanten Immissionsbeiträgen vor, die nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.3 GIRL eine Einbeziehung der Gesamtbelastung im Istzustand erforderlich machen würde, da sich die übrigen Tierhaltungen in dem Ortsteil … befinden und damit nicht als Vielzahl von Anlagen ein Wohngebiet umgeben. Abweichend von der Situation, die den Auslegungshinweisen der GIRL zugrunde liegt, ist die Schutzwürdigkeit der Wohnbebauung im Ortsteil …, in dem sich das Anwesen des Klägers befindet, gegenüber der Belastung mit Geruchsimmissionen gemindert. Denn bei dem Ortsteil … handelt es sich um ein faktisches Dorfgebiet (§ 5 der BaunutzungsverordnungBauNVO), das von Viehhaltung geprägt ist. Von den 16 Wohnhäusern des Ortsteils verfügen 5 Anwesen über Viehhaltung. Eine Kumulation von Anlagen mit irrelevanten Immissionsbeiträgen, die selbst in dieser Situation am Anwesen des Klägers in ca. 400 m Entfernung vom streitgegenständlichen Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen befürchten lässt, liegt mit den insgesamt genehmigten Anlagen, dem Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube im Außenbereich sowie der Zuchtsauenhaltung und den Rinderhaltungen der Anwesen … 1 (96 Rinderplätze und Kälberplätze) und … 8 (123 Rinderplätze) und den kleineren Tierhaltungen im Ortsteil … nicht vor.
bb) Von dem Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube gehen auch keine für den Kläger erheblichen, also unzumutbaren Geräuschimmissionen aus. Denn das Vorhaben hält die Grenzwerte für ein Dorfgebiet (s. o.) am Anwesen des Klägers von tags 60 dB(A), also in der Zeit von 6 bis 22 Uhr, und von nachts 45 dB(A), also in der Zeit von 22 bis 6 Uhr, nach Nrn. 6.1 und 6.4 der nach § 48 BImSchG erlassenen Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – ein. Dies ergibt sich aus den schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016, Bericht Nr. … Dieses Gutachten betrachtet sowohl die Erweiterung der Sauenhaltung des Beigeladenen als auch den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrübe. Danach verursacht der Schweineaufzucht- und Maststall am Anwesen des Klägers, bezeichnet als IO 1, keine Immissionen, die die Grenzwerte für ein Dorfgebiet überschreiten. Der Beurteilungspegel ohne die Futteraufbereitung und Soja-Anlieferung gemeinsam mit der Sauenhaltung des Beigeladenen beträgt tags 46,5 dB(A) und nachts 26,5 dB(A) (Schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016, S. 27). Der Beurteilungspegelanteil aus der Futteraufbereitung, die ca. 1,5 Stunden dauert und alle 2 Wochen erfolgt, beträgt am Anwesen des Klägers 57 dB(A). Der Beurteilungspegelanteil aus der Soja-Anlieferung, die ca. 30 Minuten dauert und alle 10 bis 12 Wochen erfolgt, beträgt 49 dB(A). Diese Werte halten zusammen mit dem Beurteilungspegel ohne Futteraufbereitung und Soja-Anlieferung den Tagesgrenzwert der TA Lärm für ein Dorfgebiet am Anwesen des Klägers ein (Schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016, S. 28 f.).
Aufgrund der Einhaltung der Grenzwerte der TA Lärm sind für den Kläger unzumutbare Geräuscheinwirkungen durch den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube vorliegend auszuschließen, unabhängig davon, ob es sich bei dem Vorhaben um eine landwirtschaftliche Tierhaltung im Sinne des § 201 BauGB handelt. Zwar wäre das Vorhaben, das nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftig ist (s. o.), nach Nr. 1 Abs. 2 lit. c TA Lärm vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen, wenn es eine landwirtschaftliche Anlage darstellt, wofür nach § 201 BauGB Voraussetzung ist, dass das Futter für die Tierhaltung überwiegend auf den zum Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Vorliegend kann jedoch unabhängig davon, ob die TA Lärm direkt auf das Vorhaben Anwendung findet, mit der Einhaltung der Grenzwerte eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten durch Geräuschimmissionen ausgeschlossen werden. Denn bei Vorliegen einer landwirtschaftlichen Anlage wären allenfalls geringere Anforderungen an den Lärmschutz zu stellen. Nach Nr. 1 Abs. 2 lit. c TA Lärm sind nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wegen der besonderen Privilegierung der Landwirtschaft vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen. Da solche Anlagen lediglich im Außenbereich oder in Dorfgebieten errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen, was in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO in der Formulierung der vorrangingen Rücksichtnahme zum Ausdruck kommt (BayVGH, B. v. 03.5.2016 – 15 CS 15.1576 -, juris Rn. 23).
2. Der Kläger kann auch nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b UmwRG die Aufhebung der Baugenehmigung vom 06.09.2017 verlangen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 3 Nr. 1 UmwRG kann ein Kläger die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG verlangen, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist.
Mit der Baugenehmigung für den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrübe liegt zwar eine Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a UmwRG vor, da mit der Baugenehmigung eine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG gegeben ist. Es bestand jedoch keine Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens.
a) Für den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrübe für 1176 Mastschweine und 672 Ferkel bestand keine Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 7 Abs. 2 UVPG i. V. m. Anlage 1 UVPG, da das Vorhaben den eine solche Vorprüfungspflicht auslösenden Umfang nicht erreicht. Die Grenzen von 1500 Mastschweinplätzen nach Nr. 7.7.3 Anlage 1 UVPG und von 4500 Ferkelplätzen nach Nr. 7.9.3 Anlage 1 UVP sowie der Wert von 100 der Summe der Vom-Hundert-Anteile bis zu denen die vorgenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden als gemischter Bestand nach Nr. 7.11.3 Anlage 1 UVPG, werden nicht erreicht. Die Summe der Vom-Hundert-Anteile beträgt 93,33, zusammengesetzt aus 78,4 v. H. der Mastschweinplätze und 14,93 v. H. der Ferkelplätze.
b) Für den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube bestand auch nicht zusammen mit der Haltung von 182 Sauen auf dem Grundstück Fl.-Nr. 1021 der Gemarkung … die Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 10 Abs. 3, § 7 Abs. 2 UVPG. Zwar würden die Vorhaben zusammen den Wert von 100 der Summe der Vom-Hundert-Anteile nach Nr. 7.11.3 Anlage 1 UVPG erreichen, da zu den 93,33 v. H. für den Schweineaufzucht- und Maststall für die Haltung der 182 Sauen 32,5 v. H. der 560 Sauenplätze nach Nr. 7.8.3 Anlage 1 UVPG zu addieren wären. Die Vorhaben lösen aber nicht nach § 10 Abs. 3 UVPG zusammen die Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung aus, da es sich nicht um kumulierende Vorhaben nach § 10 Abs. 4 UVPG handelt. Denn die Vorhaben stehen nicht in einem engen Zusammenhang nach § 10 Abs. 4 Satz 2 u. 3 UVPG, dessen Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Denn der Einwirkungsbereich der Vorhaben überschneidet sich zwar (aa) und die Vorhaben sind auch funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen (bb), aber die Anlagen sind nicht mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden (cc).
aa) Der Einwirkungsbereich des Schweineaufzucht- und Maststalls mit geschlossener Güllegrube und der Sauenhaltung überschneidet sich gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UVPG. Einwirkungsbereich im Sinne des UVPG ist nach § 2 Abs. 11 UVPG das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind. Umweltauswirkungen im Sinne des UVPG sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UVPG unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen u. a. eines Vorhabens auf die Schutzgüter nach § 2 Abs. 1 UVPG. Maßgebend für die Frage, in welchem Gebiet Umweltauswirkungen eines Vorhabens für dessen Zulassung relevant sind, sind nach der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 2 Abs. 11 UVPG die fachrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen, da das UVPG keine eigenständigen, von den fachrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen unabhängigen, materiellen Anforderungen für die Zulassung eines Vorhabens enthält (BT-Drs. 17/164, S. 85). Eine Eingrenzung dahingehend, dass die Überschneidung an einer bestimmten Stelle erfolgen muss, beispielsweise betreffend den Schutz von Menschen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UVPG) an Wohngebäuden, ist § 10 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UVPG nicht zu entnehmen (vgl. VG Münster, U. v. 11.4.2019 – 2 K 6781/17 -, juris Rn. 45). Für den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube bestimmt sich die Relevanz von Umwelteinwirkungen für dessen Zulassung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. § 3 Abs. 1 u. 2 BImSchG (s. o.). Für die Sauenhaltung im faktischen Dorfgebiet (s. o.) bestimmt sich die Relevanz von Umwelteinwirkungen für deren Zulassung nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, § 3 Abs. 1 u. 2 BImSchG.
(1) Die Einwirkungsbereiche der Geruchsimmissionen der Vorhaben überschneiden sich, da in einem geographischen Gebiet Umwelteinwirkungen beider Vorhaben auftreten, die für die Zulassung der Vorhaben relevant sind. Der Einwirkungsbereich in diesem Sinne beginnt in dem Gebiet, in dem die Geruchsimmissionen eines Vorhabens den Wert von 2% der Jahresgeruchsstunden übersteigen. Denn nach Nr. 3.3 der GIRL, die im Rahmen der Bestimmung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG als Orientierungshilfe im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens herangezogen werden kann, ist bei Geruchsimmissionen, die den Wert von 2% der Jahresgeruchsstunden einhalten, davon auszugehen, dass eine Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (s. o.). Demnach überschneiden sich die Einwirkungsbereiche der Geruchsimmissionen des Schweineaufzucht- und Maststalls mit geschlossener Güllegrube und der Sauenhaltung. Dies ergibt sich aus der Immissionsprognose der … GmbH vom 19.06.2017. Danach überschneiden sich nordwestlich und nordöstlich des Ortsteils … Bereiche in denen Geruchsimmissionen von 2 bis 6% der Jahresgeruchsstunden auftreten (Immissionsprognose der … GmbH vom 19.06.2017, S. 52 f.).
(2) Auch in Bezug auf Geräuschimmissionen überschneiden sich die Einwirkungsbereiche der Vorhaben. Für Geräuschimmissionen kann zur Bestimmung des Gebietes, in dem Umweltauswirkungen für die Zulassung eines Vorhabens im Sinne des § 2 Abs. 11 UVPG relevant sind, auf Nr. 2.2 TA Lärm abgestellt werden (OVG Lüneburg, B. v. 11.03.2019 – 12 ME 105/18 -, juris Rn. 38). Nach den schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016 haben der Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube und die Sauenhaltung einen Einwirkungsbereich im Sinne von Nr. 2.2 TA Lärm, der sich überschneidet. Zwar erreicht der der Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrübe an keinem der Immissionsorte, die im Ortsteil …, südwestlich und südlich der Sauenhaltung liegen, den für einen Einwirkungsbereich im Dorfgebiet (s. o.) nach Nr. 2.2 lit. a TA Lärm erforderlichen Beurteilungspegel von tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A) (Anlagen 1.1 und 4 der schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016). Jedoch ist ein gemeinsamer Einwirkungsbereich der Vorhaben nach Nr. 2.2 lit. b TA Lärm gegeben, da die Vorhaben jeweils Geräuschspitzen verursachen, die am gemeinsamen Immissionsort 1. Obergeschoss des Wohnhauses … 12, Fl.-Nr. eeee (IO 4.2) der Gemarkung … den Immissionsrichtwert für ein Dorfgebiet (s. o.) von tags 60 dB(A) erreichen. Denn die durch die Futterschrotung auf dem Betriebsgelände der Sauenhaltung Fl.-Nr. bbbb verursachten Geräuschspitzen und die durch die Soja-Anlieferung am Schweineaufzucht- und Maststall verursachten Geräuschspitzen erreichen am IO 4.2 Teilsummenpegel von 68,5 dB(A) für die Futterschrotung und 61,4 dB(A) für die Soja-Anlieferung (Anlage 5 der schalltechnischen Untersuchungen der … Ingenieurgesellschaft mbH vom 03.11.2016).
bb) Der Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube und die Sauenhaltung sind gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 UVPG funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen. Ein solcher Zusammenhang von Vorhaben kann in einem gemeinsamen betrieblichen und wirtschaftlichen Zweck liegen und darin zum Ausdruck kommen, dass der oder die Vorhabenträger ihr Vorgehen durch ineinander übergreifende Betriebsabläufe oder in sonstiger Weise planvoll und koordiniert durchführen; er ist nicht gegeben, wenn die Vorhaben beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden (BT-Drs. 18/11499, S. 83 in Anschluss an BVerwG, U. v. 17.12.2015 – 4 C 7/14, 4 C 8/14, 4 C 9/14, 4 C 10/14, 4 C 11/14 -, BVerwGE 153, 361-367, Rn. 18). Vorliegend sind ineinander übergreifende Betriebsabläufe gegeben, da im Rahmen der Sauenhaltung die Ferkel erzeugt werden sollen, die dann im Schweineaufzucht- und Maststall zunächst aufgezogen und dann gemästet werden sollen.
cc) Jedoch sind der Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube und die Sauenhaltung nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3 UVPG mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden. Diese Voraussetzung findet auf die Vorhaben Anwendung, da es sich jeweils um Anlagen im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 3 UVPG handelt, die von sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahmen abzugrenzen sind (vgl. § 2 Abs. 4 UVPG; BT-Drs. 18/11499, S. 83). Gemeinsame betriebliche oder bauliche Einrichtungen sind technische oder bauliche Anlagen, Grundstücke oder ein gemeinsamer Maschinen- und Gerätepark, die nicht nur einem der beteiligten Vorhaben dienen, sondern zur Durchführung aller beteiligten Vorhaben eingesetzt werden (BT-Drs. 18/11499, S. 83). Gemeinsame betriebliche oder bauliche Einrichtungen sind beispielsweise eine gemeinsame Trinkwasserversorgung aus einem Eigenbrunnen (BVerwG, U. v. 18.6.2015 – 4 C 4/14 -, BVerwGE 152, 219-228, Rn. 26), eine gemeinsam genutzte Eigenbedarfstankstelle (BVerwG, U. v. 17.12.2015 – 4 C 7/14, 4 C 8/14, 4 C 9/14, 4 C 10/14, 4 C 11/14 -, BVerwGE 153, 361-367, Rn. 22), eine gemeinsame Stromversorgung und eine gemeinsame Löschwasserzisterne (OVG NRW, U. v. 16.3.2016 – 8 A 1576/14 -, juris Rn. 51, 77).
Gemessen hieran sind der Schweineaufzucht- und Maststall mit einer geschlossenen Güllegrube und die Sauenhaltung nicht mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden. Aus den mit Genehmigungsvermerk versehenen Plänen des Schweineaufzucht- und Maststalles mit geschlossener Güllegrube (Bl. 28 u. 30 ff. der Bauplanmappe) ergibt sich, dass die beiden Vorhaben nicht baulich miteinander verknüpft sind. Aus dem Umstand, dass die Schweine im Rahmen der Sauenhaltung erzeugt und dann in den Schweineaufzucht- und Maststall verbracht werden, ergibt sich keine gemeinsame Betriebseinrichtung, da es sich bei den Schweinen nicht um eine betriebliche Einrichtung handelt, sondern um das im Rahmen des übergreifenden Betriebsablaufs erzeugte Produkt (s. o.).
Auch sonst sind keine gemeinsamen betrieblichen Einrichtungen vorhanden. Dies ergibt sich aus der mit dem Bauantrag vorgelegten Aufstellung von Kriterien für eine Betriebstrennung (Bl. 12 der Bauplanmappe). Danach verfügen die beiden Stallgebäude jeweils über ein Futterlager und eine Güllegrube und für beide Anlagen bestehen gesondert Futterlager sowie gesondert Güllelagerkapazitäten, für die Sauenhaltung an der Hofstelle 650 m³ und für den Schweineaufzucht- und Maststall – nach der geänderten Planung (s. o.) laut mit Genehmigungsvermerk versehenem Plan des geschlossenen Güllebehälters (Bl. 32 der Bauplanmappe) – ca. 1800 m³. Es ergibt sich auch nicht aus den Anlagenbeschreibungen der zu beiden Anlagen erstellten Geruchsgutachten, dass der mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung genehmigte Güllebehälter über die Lagerung der Gülle aus dem Schweineaufzucht- und Maststall hinaus auch der Lagerung von Gülle aus der Sauenhaltung dient. Die in beiden Gutachten drei Absätze umfassende Beschreibung der beiden Schweinehaltungen (Immissionsprognose der … GmbH vom 30.11.2016, S. 12; Immissionsprognose der … GmbH vom 19.06.2017, S. 11) besteht aus einem einleitenden Absatz zu beiden Anlagen und je einem Absatz zu der Sauenhaltung und dem Schweineaufzucht- und Maststall. Am Ende des dritten Absatzes zum Schweineaufzucht- und Maststall werden zwei Güllebehälter (Immissionsprognose vom 30.11.2016, noch vor der Änderung des Bauantrages, s. o.) bzw. wird ein Güllebehälter erwähnt, der neben dem Stallgebäude errichtet werden soll, um den anfallenden Wirtschaftsdünger bis zur Ausbringung zwischenlagern zu können. Dieser Satz bezieht sich aufgrund der Gliederung der Anlagenbeschreibungen in je einen Absatz zu jeder Anlage lediglich auf den Schweineaufzucht- und Maststall. Dass lediglich im Rahmen der Anlagenbeschreibung zum Schweineaufzucht- und Maststall die Zwischenlagerung des anfallenden Wirtschaftsdüngers Erwähnung findet, ist darin begründet, dass beim Umbau der Sauenhaltung die an der Hofstelle vorhandene Lagerkapazität für Gülle (Aufstellung Bl. 12 der Bauplanmappe) nicht verändert wird.
Auch das von beiden Vorhaben jeweils zur Futteraufbereitung genutzte Fahrzeug des beauftragten Futtermittelunternehmens und die Maschinen des lokalen Maschinenrings, die für beide Vorhaben genutzt werden, sind keine gemeinsamen betrieblichen Einrichtungen, die den Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube und die Sauenhaltung im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 3 UVPG miteinander verbinden. Bei diesen Fahrzeugen und Maschinen handelt es sich jeweils um betriebliche Einrichtungen des Futtermittelunternehmens bzw. des Maschinenrings, die zwar zur Durchführung beider Vorhaben eingesetzt werden, diese aber nicht verbinden. Denn das jeweils zur Futteraufbereitung genutzte Fahrzeug und die Maschinen des Maschinenrings sind nicht dazu bestimmt, speziell dem Schweineaufzucht- und Maststall mit geschlossener Güllegrube und der Sauenhaltung zu dienen; sie sind vielmehr dazu bestimmt, einer Vielzahl unbestimmter Vorhaben, die funktional und wirtschaftlich nicht aufeinander bezogen (vgl. oben) sein müssen, zu dienen. Das jeweils zur Futteraufbereitung eingesetzte Fahrzeug stellt auch nicht im Rahmen der einzelnen Futteraufbereitungen eine die Vorhaben verbindende gemeinsame betriebliche Einrichtung dar, da für die Sauenhaltung und die Schweineaufzucht mit anschließender Mast jeweils unterschiedliches und damit auch gesondert aufzubereitendes Futter benötigt wird.
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
II.
Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da der Beigeladene mit der Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


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