Baurecht

Gerichtlicher Vergleich nach außergerichtlicher Einigung

Aktenzeichen  8 B 17.16

Datum:
6.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 131746
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 106 S. 2

 

Leitsatz

Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die in einer außergerichtlichen Einigung enthaltenen nicht vollstreckbaren Absichtserklärungen, Beschreibungen und Erläuterungen in einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag aufgenommen werden. Das Gleiche gilt, soweit einzelne Punkte unter dem Vorbehalt behördlicher Entscheidung stehen und dies den Beteiligten bewusst ist. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 K 14.404 2015-03-31 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

A. Zur gütlichen Erledigung des Rechtsstreits unterbreitet der Senat den Beteiligten gemäß § 106 Satz 2 VwGO folgenden Vergleichsvorschlag:
I. Die Klägerin und die Beklagten treffen folgende Vereinbarungen, wobei die Anlagen 1 bis 7 Bestandteil dieses Vergleichs werden:
1. Herstellung des Randwegs und Grenzen der Rekultivierung:
Die Klägerin nimmt von ihrer bisherigen Forderung Abstand. Dieser Weg kann 3 m breit plus Graben und mit 5 m Sicherheitsabstand inklusive Fangdamm gemäß Querschnitten Anlage 1 und Anlage 2 und gemäß Verlauf Anlage 3 im Bereich der Flurstücke Nrn. …, …, …, …, …, …, … (alle Grundstücke – auch im Folgenden – Gemarkung R……) und dabei auf FlNr. … entlang der Grundstücksgrenze zu FINr. … (N……) errichtet werden. Die Beklagte zu 2 passt die Rekultivierungsplanung entsprechend an. Im Norden des Abbaugebiets schließt die Böschungskante an die vorhandene Böschungskante im Bereich der Flurstücke … und … an und verläuft von dort Richtung Osten mit mindestens 5 m Sicherheitsabstand zu den südlichen Grenzen der Flurstücke … und … Ein Fangdamm im Bereich FINr. … ist nicht erforderlich. Im Bereich der nordöstlichen Ecke der das Abbaugebiet begrenzenden Grundstücke wird das Gelände landschaftsverträglich ausgerundet. Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, die vorgenannten Regelungen exakt einzuhalten und den Randweg bis 31.12.2020 herzustellen.
2. Art und Umfang der Rekultivierung:
Der Gemeinderat der Klägerin hat sich nunmehr dazu entschlossen, eine naturnahe, pflegearme und mit wenig Herstellungsaufwand verbundene Nutzung der ihr zu übergebenden Rekultivierungsfläche des Tagebaus K… anzustreben. Verbunden damit ist das Bestreben, diese Fläche mit einem Natur- und Geologielehrpfad im Zuge des geplanten „S…wegs“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Ruhemöglichkeiten zu schaffen. Eine entsprechende Planung wurde von der Klägerin bei dem Büro M… aus H… in Auftrag gegeben. Die Planungen werden vorab mit der Beklagten zu 2, der Klägerin sowie der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Die bestehende Steilwand kann in Teilbereichen erhalten bleiben und Vögeln als Nist- und Brutplatz dienen. Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, die Rekultivierung entsprechend den vorgenannten Vorstellungen der Klägerin einschließlich der mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmten Bepflanzung bei der Bergbehörde zur Genehmigung zu beantragen und nach Erteilung der Genehmigung umzusetzen.
Dabei sind sich die Beteiligten darüber einig, dass die von der Klägerin angestrebte Nutzung der Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Miltenberg bedarf, die auch Entscheidungsbehörde hinsichtlich der angestrebten ökologischen Aufwertung und der Einstufung in Stufe 2 ist.
Die Klägerin und die Beklagte zu 2 sind sich weiter darüber einig, dass das Rekultivierungsziel mit Abnahme durch die Untere Naturschutzbehörde und Eintragung der Ökopunkte auf das Konto der Klägerin erreicht ist.
3. Terrassierung und Höhenlagen:
Bedingt durch die Topographie mit den bergseitig deutlich größeren Hanghöhen und die den Abbaubereich in der südöstlichen Ecke durchquerenden Trasse der geplanten Umgehung, wird die der T…straße zugewandte Terrasse, die im Landschaftspflegerischen Begleitplan vom 19.06.2003 (Anlage 4 zur Urkunde vom 03.08.2004) so bezeichnete „Streuobstwiese“ flächengleich im nördlichen Abbaubereich bei der Bergbehörde von der Beklagten zu 2 zur Genehmigung beantragt und nach Erteilung der Genehmigung ersatzweise geschaffen. Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, sämtliches bei der Gewinnung von Sand und Kies anfallende, nicht verwertbare Abraummaterial aus dem neuen Abbaugebiet „K…“ zur Rekultivierung des alten Abbaugeländes zu verwenden.
4. Abschluss der Rekultivierung:
Als Zeitpunkt für den Abschluss der Rekultivierung vereinbaren die Klägerin und die Beklagte zu 2 den 31. Dezember 2020.
5. Rücknahme des Abbauantrags „K…- …“:
Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, den bisher nur ruhenden Abbauantrag für das Teilgebiet „K…- …“ (M…kirche) beim Bergamt Nordbayern zurückzunehmen.
6. Ausbau T …straße:
Der Anbau und die Ertüchtigung der T…straße erfolgen durch die Beklagte zu 2 nach Vorgabe des Planungsbüros J… sowie der Straßenbaufirma Z…- …, M… Der Anbau und die Ertüchtigung erstrecken sich vom M… bis zum Friedhof. Die Wegstrecke ist im Plan Anlage 4 gelborange dargestellt. Der Ausbau der T…straße durch die Beklagte zu 2 hat mit Beendigung der Rekultivierungsarbeiten zu erfolgen. Technisch verpflichtet sich die Beklagte zu 2 wie folgt:
„Die bisherige Straße wird gereinigt und von losen Bestandteilen befreit. Der 1 m breite Anbau wird ausgeschachtet und mit einer 30 cm starken Kiesfrostschutzschicht aufgefüllt und verdichtet. Beide Flächen werden zur gegenseiteigen Bindung mit einer Asphaltarmierung belegt und dann mit einer mindestens 5 cm starken Binderschicht 0/16 überzogen. Abschließend wird über die gesamte Fläche eine mindestens 8 cm starke Tragdeckschicht gezogen. Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich zur vorstehenden Ausführung. Die Parteien sind sich darüber einig, dass diese Ausführung der Richtlinie für ländlichen Wegebau entspricht.“
7. Straßenschäden im restlichen Bereich der T…straße:
Die Beklagte zu 2. zahlt an die Klägerin einen Pauschalbetrag von 10.000,00 € für die Ausbesserung der weiteren T…straße.
8. Auffüllung des Grundstücks Flur-Nr. … (ehemals vorgesehen für Kläranlage):
Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, unentgeltlich die seitens der Beklagten zu 2 mit Abraummaterial aus dem Gelände von Werk 2 der Firma R… und dann seitens der Klägerin in Eigenverfüllung vorgenommene Teilauffüllung des Flurstücks … zu vervollständigen und die Profilierung (Anschluss an die Nachbargrundstücke) auszuführen. Eventuell erforderliche Untersuchungen des von der Beklagten zu 2 beigebrachten Verfüllmaterials und eine etwa für die Maßnahme einzuholende Genehmigung sind Aufgabe der Beklagten zu 2. Die Maßnahme wird bis zum 31.12.2020 entsprechend dem Geländeschnitt (Anlage 5 und Anlage 6), einschließlich der in den Schnitten mit gestrichelter Linie dargestellten Niveauangleichung auf FlNr. … durchgeführt. Die Klägerin wird vor Durchführung von Verfüllarbeiten über die bevorstehende Maßnahme ebenso in Kenntnis gesetzt wie darüber, welches Material eingebaut wird. Die Beklagte zu 2 ist ausschließlich für die boden- und grundwasserverträgliche Tauglichkeit des von ihr eingebrachten Materials verantwortlich, nicht jedoch für die des Materials der bisherigen Eigenverfüllung durch die Klägerin.
9. Weitere Vertragsverpflichtungen:
Die Klägerin und die Beklagte zu 2 verpflichten sich zur Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus der notariellen Urkunde, Urkundenrollen-Nummer … vom 03.08.2004, soweit vorliegend nichts anderes erwähnt oder anderes geregelt ist.
10. Neues Abbaugebiet „K…- …“ und Verkauf der Fläche des Feldwegs FINr. …:
10.1 Die Klägerin und die Beklagte zu 2 verpflichten sich gegenseitig zu Grundstücksabtretungen bzw. zur Abtretung von Teilflächen einzelner Grundstücke durch Errichtung einer entsprechenden notariellen Urkunde. Dabei wird inhaltlich folgendes vereinbart:
a) Die Klägerin überträgt das Grundstück FINr. … mit einer Fläche von 1.980 qm, gelegen im neuen Abbaugebiet „K…- …“ an die Beklagte zu 2. Als Kaufpreis werden 7,00 €/qm, insgesamt 13.860,00 €, vereinbart. Der Erwerb erfolgt wie das Grundstück liegt und steht, frei von Miet- oder Pachtverhältnissen.
b) Die Beklagte zu 2 überträgt an die Klägerin unentgeltlich zusätzlich zu den gemäß notarieller Urkunde vom 03.08.2004 (dort VII Ziffer 1 und 3) abzutretenden Flächen, die Flächen, die sich aus dem in Ziffer 1 vereinbarten Verlauf des neuen Feldwegs ergeben, gelegen entlang der Abbaugebietsgrenze. Es handelt sich um die FlNr. … (ca. 1.220 qm) und … (ca. 1.250 qm), jeweils gesamt, und den Teilbereich aus FlNr. … bis zur Ostgrenze des künftigen Weges (ca. 977 qm) sowie die Wegeteilflächen aus FlNr. … (ca. 76 qm), … (ca. 50 qm) und … (ca. 90 qm). Insgesamt beträgt die Abtretungsfläche gemäß Buchstabe b) ca. 3.664 qm. Die Vermessung wird seitens der Beklagten zu 2 nach Herstellung des Wegs beantragt. Die Abtretung der Flächen erfolgt lastenfrei, wie sie liegen und stehen. Die Vermessungskosten trägt die Beklagte zu 2. c) Die Beklagte zu 2 überträgt an die Klägerin entsprechend Plan Anlage 7 (dort rot umrandet) unentgeltlich eine Teilfläche von ca. 3.586 qm aus FlNr. … zur Erweiterung des gemeindlichen Grundstücks FlNr. …, so dass sich eine Gesamtfläche von 10.000 qm ergibt. Die Übertragung erfolgt lastenfrei, wie die Abtretungsfläche steht und liegt, nicht zum Zwecke einer Bebauung und ohne Zusage besonderer Beschaffenheit. Die Vermessungskosten trägt die Klägerin.
d) Die Beklagte zu 2 überträgt das Grundstück FlNr. … (Fläche 1.337 qm) unentgeltlich an die Klägerin. Die Abtretung des Grundstücks erfolgt wie es steht und liegt.
10.2 Die sich aus dem Abbau des Grundstücks FlNr. … ergebenden Ökopunkte (derzeit ca. 12.000 Wertpunkte) werden auf die Klägerin übertragen. Die Beklagte zu 2 und die Klägerin werden die Voraussetzungen hierfür gemäß § 17 Abs. 2 BayKompV schaffen, auch wenn die Klägerin nicht Eigentümerin von FlNr. … wird.
10.3 Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, nach Abschluss der Maßnahmen im Abbaugebiet „K…- …“ dem Bergamt Nordbayern den Abschlussbetriebsplan bis 31.01.2021 zur Genehmigung vorzulegen. Dieser muss den Abbau der Förderanlagen enthalten. Nach Genehmigung des Abschlussbetriebsplans sind die Anlagen unmittelbar abzubauen.
11. Weitere Abbauanträge:
Die Beklagte zu 2 verpflichtet sich, für sich und ihre Rechtsnachfolger sowie für verbundene Unternehmen auf der Gemarkung R… im Ortsteil K… ab heute ohne vorherige Zustimmung der Klägerin keinerlei weitere Anträge auf Abbau in Zukunft zu stellen.
12. Vermessungskosten:
Die Vermessungskosten für den neu zu errichtenden Feld Weg trägt die Beklagte zu 2 allein. Soweit nichts anderes geregelt ist, tragen die Klägerin und die Beklagte zu 2 die Kosten für die Vermessung sowie Notar- und Grundbuchkosten je zur Hälfte.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
B. Der Vergleich kommt gemäß § 106 Satz 2 VwGO zustande, wenn ihn die Beteiligten schriftlich annehmen. Der Klägerin und den Beklagten wird aufgegeben, bis spätestens 20. Oktober 2017, 24 Uhr (Eingang beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in 80539 München, Ludwig Straße 23) zu erklären, ob sie den Vergleichsvorschlag annehmen.

Gründe

Die Beteiligten haben sich bereits vorab, mit Zustimmung des Gemeinderats der Klägerin, auf den Inhalt des Vergleichsvorschlags geeinigt. Vor diesem Hintergrund ist eine vergleichsweise Lösung des Rechtsstreits aus Sicht des Senats sinnvoll. Auch wenn Streitgegenstand hier nur die Auslegung eines notariellen Vertrags in Bezug auf den zu schaffenden Weg und die Grenzen des Abbaugebiets ist (vgl. A. I. 1.), erscheint eine umfassende Einigung angesichts der umfangreichen Rechtsbeziehungen der Beteiligten und des notwendigen Interessenausgleichs erstrebenswert. Die außergerichtlich erzielte Einigung, die offensichtlich auf eine umfangreiche Lösung strittiger Fragen abzielt, ist daher zu begrüßen.
Aufgrund der Vorgeschichte geht der Senat davon aus, dass die von den Beteiligten erarbeiteten Vergleichspunkte (abgesehen von unwesentlichen redaktionellen Modifikationen, etwa in A. I. 3 und in A. I. 8) nur unverändert und als Gesamteinigung vorgeschlagen werden können. Es bestehen insofern keine Bedenken dagegen, dass auch nicht vollstreckbare Absichtserklärungen, Beschreibungen und Erläuterungen in den Vergleichsvorschlag aufgenommen werden. Gleiches gilt, soweit einzelne Punkte unter dem Vorbehalt behördlicher Entscheidungen stehen. Der Senat geht davon aus, dass dies den Beteiligten bewusst ist und dass der Vergleichsvorschlag ungeachtet dessen so gewollt war.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben